Ausgezeichnet! 2014 Die Preise Und Bestenlisten
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Ausgezeichnet! 2014 Die Preise und Bestenlisten www.schallplattenkritik.de Vorwort 3 Liebe Freunde guter Musik, bewahrung gibt, solange auch die allerneuste „Konserve“, das Streaming, nur ein Ersatz- oft werde ich gefragt, vehikel ist wie die gute alte Schallplatte auch – warum wir, im Zeitalter so lange bleiben wir beim alten Namen. Aber der Digitalisierung, im- wir haben auch beschlossen: Ab sofort ver- mer noch an dem altmo- anstalten die Juroren des PdSK ein jährliches dischen Wort „Schallplat- „Bestenlistenkonzert“ (Seite 79). Das erste tenkritik“ festhalten. Nun, findet am 15. Juni 2014 in Ludwigshafen statt, im Unterschied zu einem mit drei Ensembles, die zu den Besten der Bild oder einem Buch Besten gehören! kann man sich die Musik nicht an die Wand hängen oder ins Regal stellen. Musik ist eine In unserem neuen „Ausgezeichnet!“-Heft Luftkunst. Sie existiert real nur in dem Augen- finden Sie sämtliche CD- und DVD-Titel, blick, da sie gespielt wird. Seit der Erfindung die es im Laufe des Jahrgangs der Tonaufzeichnung gibt es allerdings die 2013 auf die Bestenlisten Illusion, dass man diesen Augenblick festhal- des Preises der deutschen ten könne: Eine Erfindung des Teufels, wie Schallplattenkritik ge- Christian Morgenstern (Seite 13) einmal po- schafft haben. Dazu alle lemisch behauptet hat! Künstler, Titel und La- bels, die von uns einen Tatsächlich können Wachsplatte, Vinylschei- Jahres- oder Ehrenpreis be, Musikkassette, Tonband und so weiter, bis erhalten (ab Seite 6). Eine hin zu CD, MP3-Download oder Streaming, kleine Geschichte un- ein Live-Ereignis nur zum Teil abbilden. Die- seres Preises finden Sie se „Konservenmusik“ hat zwar ganze eige- auf Seite 5. Die neu- ne Rezeptionsweisen hervorgebracht. Doch en Termine für das zugleich beweisen alle diese Scheiben, ob sie Quartett der Kritiker rund sind oder nicht: Das lebendige Musik- finden Sie ab Seite 81. Alle 139 Juroren, für Erleben bleibt einzigartig, unkopierbar. Es die diese Broschüre die die Bilanz der Arbeit gibt seit kurzem Labels, die nur im Netz an- eines vollen Jahres ist, stellen sich ab Seite 84 bieten, keine „Hardware“ mehr produzieren. vor. Jetzt, da die Musik offenbar gar keine runde „Platte mit Schall“ mehr braucht (Karl Valen- tin, Seite 13), sondern unsichtbar aufbewahrt Viel Spaß beim Stöbern wünscht werden kann, im Datenstrom, ist die Illusion, man könne den Augenblick festhalten, größer denn je. Wir stecken zurzeit mitten in einem Umbruch. Und solange nicht klar ist, wohin Dr. Eleonore Büning (Vorsitzende) die Reise geht, solange es keinen schönen Begriff für die neuen Formen der Musikauf- 4 Wie arbeitet der Preis der deutschen Schallplattenkritik? Alles, was auf eine CD oder DVD passt und bis zu Weltmusik, Folklore und Kinderplat- im deutschsprachigen Raum neu auf den ten. Viermal im Jahr nominieren die Jurys Markt kommt, wird vom Preis der deutschen die besten Titel eines Quartals. Diese No- Schallplattenkritik kritisch unter die Lupe ge- minierungsliste wird veröffentlicht, ebenso nommen. Um die Unabhängigkeit der Juro- die Liste der „Besten“, die aus der Bewertung renschaft zu gewährleisten, sind alle Juroren durch die Jurys resultiert. Außerdem trifft sich ehrenamtlich und ohne Honorar tätig. Sie einmal jährlich der Jahresausschuss. Die Zu- teilen sich auf in 29 Fachjurys. Für jede Mu- sammensetzung dieses Gremiums wechselt. siksorte sind fünf Fachjuroren zuständig, das Der Jahresausschuss prüft und hört die Vor- musikalische Spektrum reicht von der Kam- schläge durch, die von den Gesamtjuroren für mer- über die Chormusik bis zu Oper und den Jahres- und Ehrenpreis nominiert worden Konzert, von Historischen Aufnahmen über sind. Daraus wählt er bis zu zwölf Jahresprei- den Jazz bis zum Hörbuch, von Pop und Rock se, drei Ehrenpreise und den Preisträger der über Independent, Blues und Black Music „Nachtigall“. Der amtierende Vorstand mit Dr. Christian Kröber (Schatzmeister), Dr. Eleonore Büning (1. Vorsitzende), Mike Kamp und Dr. Christoph Vratz (von links nach rechts) bei der Mitgliederversammlung am 14. September 2013 im Bonner Haus der Kultur. 5 Sie vergaben die Jahrespreise 2013 und kürten die Ehrenpreisträger 2014: Torsten Fuchs, Norbert Hornig, Ulrich Olshausen, Johann Kneihs, Christian Tjaben, Ludolf Baucke, Kai Luehrs-Kaiser, Eleonore Büning, Manfred Gillig-Degrave, Peter Fuhrmann, Matthias Inhoffen (von links nach rechts). Sie wurden gezeichnet von Kat Menschik. Was ist der Preis der deutschen Schallplattenkritik? Im Jahr 1963 taten sich eine Handvoll Musik- Geschichte, etlichen Namensänderungen und kritiker zusammen und gründeten den Preis nach einem Zerwürfnis mit den Geldgebern der deutschen Schallplattenkritik. Ziel des Un- des Preises, wozu auch der Bundesverband ternehmens war es, für den schon damals, vor Musikindustrie gehörte, machten sich die Ju- mehr als fünfzig Jahren, von Werbung über- roren 1988 selbständig und gründeten einen formten Tonträgermarkt eine zuverlässige „e.V.“ Qualitätskontrolle zu installieren, klare Emp- fehlungen zu geben und auf diese Weise den Derzeit gehören 139 Musikkritiker aus Diskurs über Musik und Fragen der Interpre- Deutschland, Österreich und der Schweiz zur tation zu fördern. Nach einer wechselhaften Jurorenschaft. 6 Die Jahrespreise 2013 Julia Lezhneva Nur wenige Sänger wissen schon so früh über Unbekanntes, Brillantes neben Empfindsa- sich selbst so genau Bescheid wie Julia Lez- mes. Und Lezhneva imponiert mit intensivem hneva. Die russische Sopranistin, 23, fühlt Espressivo, makelloser Technik, blendenden sich noch mit einem Bein in der Ausbildung Attacken, fließender Leichtigkeit in den Ver- und lässt sich nur auf Repertoire ein, welches zierungen und einer silberhellen Tessitura, die „gut“ ist für ihre quecksilberhelle, koloratur- auch im tieferen Register ihren festen Kern bewegliche Stimme. Als sie nach ihrem ers- nicht verliert. Seit dem Debüt von Cecilia Bar- ten Soloalbum mit Rossini-Arien (verlegt von toli mit „Antiche arie“ hat die Plattengeschich- Naïve) vom Major-Label Decca unter Vertrag te so ein Wunder nicht mehr erlebt. genommen wurde, setzte sie hartnäckig ihre Eleonore Büning Bedingungen durch. Der Erfolg gibt ihr Recht: Staunenswert perfekt, zugleich überraschend Alleluia gewagt wirkt dies Konzeptalbum mit virtuosen Solo-Motetten von Antonio Solo-Motetten aus dem späten 17. und frühen Vivaldi, Nicola Porpora, Georg Friedrich Händel und Wolfgang 18.Jahrhundert, akkompagniert von einem Amadeus Mozart. Julia Lez- Spitzenorchester der historischen Auffüh- hneva, Il Giardino Armonico, rungspraxis. Die Auswahl der Werke, teils für Leitung: Giovanni Antonini. Kastraten komponiert, stellt Bekanntes neben Decca 478 5242 (Universal) Dove è amore è gelosia Mit seinem einzigartigen Fundus von origi- spiel der Solisten des Prager Nationaltheaters nalen Dekorationen und Kostümen, einer in- mit dem vom Dirigenten Vojtĕch Spurný an- takten Bühnentechnik und -maschinerie und gefeuerten Hoforchester Schwarzenberg und nicht zuletzt einem umfangreichen Archiv der stilsicheren Regie Ondřej Havelkas ist – präsentiert sich das frisch renovierte Schloss- verbunden mit einem aus dem Dornröschen- theater im böhmischen Český Krumlov als schlaf geweckten Genius Loci – ein phänome- ein Juwel der barocken Theaterbaukunst. Die nales Gesamtkunstwerk entstanden. von Giuseppe Scarlatti komponierte, nea- Ludolf Baucke politanisch inspirierte Buffo-Oper „Dove è amore è gelosia“ („Wo Liebe ist, gibt es auch Giuseppe Scarlatti Eifersucht“) wurde in diesem Theater 1768 aus „Dove è amore è gelosia“. Anlass einer Fürstenhochzeit uraufgeführt. Lenka Máčiková, AleššBriscein, Kateřina Kněžikova, Jaroslav Die Aufzeichnung der Produktion am Origi- Březina; Hoforchester Schwar- nalschauplatz zieht lustvoll und sachkundig so zenberg, Ltg. Vojtech Spurn, viele Register barocken Bühnenzaubers, dass Regie: Ondřej Havelka. anderthalb Stunden lang nur vergnügt gehört Opus Arte DVD OA 1104 D bzw. und geschaut wird. Im perfekten Zusammen- Blu-ray BD 7120 D (Naxos) Die Jahrespreise 2013 7 Alfred Cortot Alfred Cortot gilt als Altmeister der Klavier- in dieser Box enthalten. Sie ist das Vermächt- zunft und als Inkarnation der französischen nis einer Zeit, die man umso mehr anstaunt, je Klavierschule schlechthin. Verwunderlich weniger die jungen Pianisten heute daraus zu ist dies, wenn man bedenkt, dass man sich lernen scheinen. Hinreißend. erstmals jetzt, dank dieser Jubiläumsediti- Kai Luehrs-Kaiser on, ein umfassendes und genaueres Bild die- ses Pianisten machen kann. Das Ergebnis ist frappierend. Cortot war nicht nur ein elegan- ter Individualist, der es sich leisten konnte, Persönlichkeit über Fehlerfreiheit zu stellen. Seine Rubati sind von größerer Freiheit und Radikalität, als sie heute je ein Pianist wagen Anniversary Edition würde. Die salonhafte Feinheit, fast möch- Alfred Cortot. te man sagen: die „Dekadenz“ seiner Schu- 40 CDs, EMI 704907 2 5 mann- und Chopin-Deutungen überwältigen gerade deshalb, weil sich Cortot seinem Hörer in nichts anbequemt. Auch die bislang unter- drückten, späten Beethoven-Aufnahmen sind Cecilia Bartoli Es gibt die traditionelle Linie der „Norma“- rigenten. Es ist dies der gewiss risikoreichste Lesarten, mit Maria Callas, Joan Sutherland Wurf unter ihren bisherigen Opern-Gesamt- oder Edita Gruberova. Und es gibt Cecilia Bar- aufnahmen: ein Dokument des Singens – und toli. Streitbar für die einen, überraschend für Denkens – in Alternativen. Fast ein Wunder, alle. Bartoli hat mit der „Norma“ ausgerech- zumal in den ausgedünnten Zeiten der Opern- net diese vielleicht berühmteste, berüchtigtste