Neresheim Und Das Härtsfeld in Der Vor- Und Frühgeschichte (2000)
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Neresheim und das Härtsfeld in der Vor- und Frühgeschichte Bernhard Hildebrand Das Härtsfeld um Neresheim bildet den men abgebildet und es wird deutlich, östlichsten Teil der Schwäbischen Alb dass die Unterteilung primär der Geo- und wird durch das Kocher-Brenz-Tal logie folgt, obwohl nach Aussage der nach Westen hin vom übrigen Albkör- Begleitschriften zu den Naturraumkar- per abgetrennt. Seit der Geographi- ten auch noch weitere Faktoren wie Kli- schen Landesaufnahme der Bundesan- ma und Vegetation berücksichtigt wur- stalt für Landeskunde und Raumfor- den. Auch vom geologischen Unter- schung1 wird die Hochfläche des Härts- grund her unterscheiden sich die Teil- feldes im Gebiet des Ostalbkreises wei- räume beträchtlich. Im nordwestlichen ter in sogenannte Naturräume unter- Härtsfeld ist die Weißjurahochfläche teilt, die in Karte 01 zusammen mit un- noch von einer mächtigen Schicht aus serem heutigen Siedlungsgebiet darge- Feuersteinlehm überlagert, die in den stellt werden. Schon diese einfache Kar- anderen Naturräumen fehlt. Im inneren te mit Siedlungen, landwirtschaftlich ge- Härtsfeld besteht die Oberfläche fast nutzten Flächen und Waldflächen zeigt ganz aus Weißjura Zeta, während im die Berechtigung dieser Einteilung und Nordöstlichen Härtsfeld der Weißjura erste Unterschiede zwischen den Teil- Epsilon vorherrscht, der hier noch teil- räumen: Während sich der größte Na- weise von Riesauswurfmassen überla- turraum, das Nordwestliche Härtsfeld gert wird. Als Naturraum 096.34 wird (mit der Ordnungsziffer 096.30) um schließlich noch das Egertal um Bopfin- Waldhausen und Ebnat als fast ge- gen und Aufhausen zum Härtsfeld ge- schlossene Waldfläche mit nur wenigen rechnet. Der weiße Jura Alpha und der Rodungsinsel zeigt, ist der anschließen- Ipf als der am weitesten vorgeschobene de Naturraum des Inneren Härtsfeldes Zeugenberg der Ostalb liefern die (096.32) dagegen fast schon eine ge- Gründe dafür. Diese Zone der Härts- schlossene Siedlungsfläche. Im dritten feld-Randhöhen unterscheidet sich aber Naturraum, dem nordöstlichen Härts- hinsichtlich Klima und Vegetation schon feld (096.33) dominieren wiederum die ganz erheblich von der eigentlichen weitläufigen Waldgebiete. Albhochfläche. Nach Osten hin ist noch der kleine Naturraum der Hohen Ries- Naturräume und Geologie alb (098.00) zu erwähnen, der zwar nicht mehr zum Härtsfeld gehört, für Nach welchen Kriterien die Unterteilung unsere Untersuchung aber dennoch re- in die einzelnen Naturräume vorge- levant ist, da ein Teil der Gemarkung nommen wurde, zeigt die Karte 02: Neresheim-Schweindorf zur Hohen Hier werden die geologischen Forma- Riesalb gehört. tionen2 zusammen mit den Naturräu- 23 Geologie des Härtsfeldes Geologie und naturräumliche Gliederung Jagst Kocher Härtsfeld- Randhöhen Jagst 096.34 096.30 Nordwestliches Härtsfeld Eger Nordöstliches Härtsfeld 098.00 096.33 096.32 Hohe Riesalb Inneres Härtsfeld 024 6810 km Egau Weißer Jura Epsilon Weißer Jura Alpha Lehm Brauner Jura Delta-Zeta Bunte Breccie Brauner Jura Gamma Feuersteinlehm Brauner Jura Beta Weißer Jura Zeta 14. Karte 02 Standortfaktoren men. Allenfalls der alte Spruch, dass es auf dem Härtsfeld einen Kittel kälter Wer heute das Härtsfeld besucht, erlebt ist, lässt sich heute noch nachvollziehen. eine Kulturlandschaft von besonderem Dabei ist schon der Landschaftsname Reiz mit schmucken Dörfern, weiten so aussagekräftig wie kaum ein ande- Wald- und Ackerflächen und einer gu- rer: Die ursprüngliche Schreibung als ten Infrastruktur. Die Faktoren, die das Hertfeld von 1095/1098 n. Chr. wird Leben der Menschen seit der Vor- und von der Sprachwissenschaft heute als Frühgeschichte bis weit ins 19. Jahrhun- das harte (steinige) waldfreie Gelände dert hinein entscheidend bestimmten, übersetzt und schon eine Beschreibung werden heute kaum noch wahrgenom- von Ladislaus Suntheim aus der Zeit um 24 1500 gibt dieser Deutung mehr als Landwirtschaft gut geworden. Noch zur recht: Campidurus latine, in teutsch Zeit der Oberamtsbeschreibung des das Hertfeld, ain rauch pergig vellsig Jahres 18726 war der Ertrag an Getrei- stainigs Länndle 3 . Noch deutlicher ist de pro Morgen Land nur gut halb so die Bezeichnung aus dem Volksmund hoch wie in den Gemarkungen am durch einen Begriff, der wohl in Stutt- Riesrand. gart entstand. Aus dortiger Sicht be- gann bereits hinter der Remsbrücke in 3. Klima Schwäbisch Gmünd der Balkan und das Aus heutiger Sicht wird das Klima auf Härtsfeld wurde abwertend als Schwä- dem Härtsfeld als sehr gesund betrach- bisch Sibirien bezeichnet. tet. Für die Menschen früher waren Tatsächlich war das Leben auf dem aber die im Vergleich zum Albvorland Härtsfeld früher weitaus härter als im niedrigeren Durchschnittstemperaturen Albvorland. Die Standortfaktoren für und die kürzeren Vegetationsperioden eine Besiedlung der Albhochfläche sind eine zusätzliche Erschwernis. grundlegend für eine Beurteilung der Siedlungsgeschichte und werden des- 4. Rohstoffe/Bodenschätze halb im folgenden kurz aufgezählt. Wenigstens in dieser Beziehung hat das Härtsfeld einiges zu bieten. Noch im 1. Wasserversorgung 19. Jahrhundert wurden z. B. die aus- Durch die Verkarstung gibt es im größ- gedehnten Bohnerzvorkommen um Mi- ten Teil des Härtsfeldes weder Quellen chelfeld und Dorfmerkingen intensiv noch fließende Gewässer. Besonders ausgebeutet, die Oberamtsbeschrei- die Dörfer des Nordwestlichen Härtsfel- bung berichtet von tausenden von Zent- des waren jahrhundertelang von per- nern, die im Tagebau gewonnen und in manentem Wassermangel betroffen4 . den Schwäbischen Hüttenwerken in Die Menschen versuchten zwar durch Wasseralfingen weiterverarbeitet wur- Anlage von Sammelbecken für das Re- den7 . Ein weiterer Rohstoff ist der Feu- genwasser (sogenannten Hülben oder ersteinlehm des Nordwestlichen Härts- Hülen) und durch Zisternen, die aus feldes. Seine Eignung für die Töpferei Dachrinnen gespeist wurden, die beweist allein schon der Name Häfner- Grundversorgung sicherzustellen, die Ebnat im 18. und 19. Jahrhundert8 . dadurch bedingte Wasserqualität war aber so schlecht, dass unter anderem Fundstellen und Bodendenkmale: noch in der Neuzeit die Säuglingssterb- Zeugen der Siedlungsgeschichte lichkeit dramatisch über der des Albvor- landes lag5 . In trockenen Sommern Trotz zum Teil ungünstiger Standortfak- mussten die Dörfer Waldhausen, Ebnat toren, die sich durch die vor- und früh- und Hülen ihr Trinkwasser gar aus den geschichtlichen Anbaumethoden noch Quellen des Albvorlandes mit Fuhrwer- einmal relativieren, scheint das Härts- ken holen. feld dennoch für die Menschen attraktiv gewesen zu sein. Dies legen zumindest 2. Bodenqualität 98 Einträge in der Archäologischen Hier hat sich im Volksmund der Begriff Kartei des Kreisarchivs nahe, die ar- vom stoiniga Äckerle bis heute gehal- chäologische Fundstellen und Boden- ten. Die Ertragsbedingungen der Härts- denkmale des Härtsfeldes betreffen. feldböden sind erst durch die moderne Eine Denkmalgattung tritt dabei beson- 25 ders hervor: Nicht weniger als 364 vor- geschichtliche Grabhügel sind bis heute vom Härtsfeld bekannt. Diese vergleichsweise hohe Zahl an Fundstellen und Bodendenkmalen bildet eine gute Basis um die Siedlungsge- schichte des Härtsfeldes zu beurteilen. Sie ist das Resultat einer mehr als 100- jährigen archäologischen Forschung, deren Geschichte allerdings nicht im Vordergrund der folgenden Spurensu- che stehen soll. Genauso wenig ist be- absichtigt, zum wiederholten Mal eine komplette Übersicht zur Vor- und Früh- geschichte zu geben oder einzelne Fundstellen besonders hervorzuheben. Hier sei auf die zahlreichen und durch- weg modernen Darstellungen in den Anmerkungen verwiesen9 . Vielmehr sol- len die besonderen Verhältnisse des Härtsfeldes sowie seine Siedlungsge- schichte im Mittelpunkt stehen. Zentrale Fragen sind dabei 1. die Entstehung un- 15. Steinbeil von Unterriffingen. seres heutigen Siedlungsbildes, 2. die Aus: Fundberichte aus Schwaben Gründe für die Besiedlung dieser Land- NF 18.II, 1962-1966, Tafel 40,5 schaft und natürlich 3. der Vergleich mit den Nachbarlandschaften, der erst eine Einordnung der Verhältnisse auf dem Der älteste Fund Härtsfeld gestattet. Ein Steinbeil, dass in den frühen 60er Steinzeitjäger auf dem Härtsfeld? Jahren bei Drainagearbeiten auf der Flur Mähder, Gemarkung Bopfingen- Auf dem Härtsfeld gibt es keine größe- Unterriffingen, gefunden wurde, ist das ren Höhlen wie z. B. im Rosenstein bei bisher älteste Fundstück von der Härts- Heubach oder die Ofnet-Höhle bei Utz- feldhochfläche10 . Das Beil, das in dieser memmingen. Deshalb überrascht das Form auch in gleichzeitigen Siedlungen Fehlen altsteinzeitlichen Fundmaterials vorkommt, stammt aus dem frühesten nicht. Das Härtsfeld liegt aber fast vor Abschnitt der Jungsteinzeit, der bandke- der Haustür der Ofnet-Höhle bei Utz- ramischen Kultur. memmingen, die in der Altsteinzeit von Mit den Bandkeramikern erreichen un- den Jägern und Sammlern der Epoche sere Gegend um 5500 v. Chr. Einwan- aufgesucht wurde, ein sicheres Indiz, derer aus dem Donauraum, die eine dass die Härtsfeldlandschaft zumindest neue Lebensweise und eine neue Kultur zum Jagdrevier der damaligen Men- ins Land bringen. Anders als die einhei- schen gehört hat, genauso wie in der mischen Jäger und Sammler leben die folgenden Mittelsteinzeit, für die eben- Bandkeramiker als Bauern in kleinen falls Funde auf dem Härtsfeld fehlen. Dorfgemeinschaften, betreiben Vorrats- 26 Das Härtsfeld in der Jungsteinzeit ca. 5500 - 2300 v. Chr. Goldberg 024 6810 km Weißer Jura Epsilon Weißer Jura Alpha Lehm Siedlung Brauner Jura Delta-Zeta Bunte