Brand Eins Magazin
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brandeins.de brand eins 23. Jahrgang Heft 03 März 2021 10 Euro Zeigen,brandeins C 50777 was möglich ist Von Selbstständigen lernen Schwerpunkt: frei arbeiten RETHINK THE OBVIOUS IN THE GROUP. Der Himmel ist blau. Und Wasser nass. Manche Dinge sind so offensichtlich, dass sie wirklich jeder weiß. Was die wenigsten wissen: Die Hälfte der BCGler hat nie Wirtschaftswissenschaften studiert. Say what? Ja genau. In der Group gehen wir die großen Themen von morgen an. Und das schaffen wir nur, wenn unterschiedliche Denkweisen zusammenkommen und Menschen aus verschiedenen Disziplinen gemeinsam an einem Strang ziehen. Bereichere auch du die Group mit deinem Wissen aus den Naturwissenschaften, Jura, Psychologie, Medizin oder was du deine Lieblingsdisziplin nennst. Was zählt, ist dein Blick über den Tellerrand. Alles andere bringen wir dir bei. Welcome to the Group. Mehr unter: ohnebwl.bcg.de BCG_MintExoten_212x280_brandeins_51L.indd 1 26.01.21 15:40 Editorial Frei sein • Ich rede gern mit Selbstständigen. Selbst in diesen Zeiten, in denen viele von ihnen den Tief- punkt sehen, schauen sie nach vorn. Die Kultur ist abgeschaltet? Ja, das ist übel, für alle von uns, und das ist auch Proteste wert. Aber gleichzeitig müssen sich die Kulturschaffenden über- legen, wie sie überleben – die Schauspielerin Dana Geissler zum Beispiel hat eine Firma für Video-Trainings gegründet, die Autorin Franziska Hauser gibt Sprachunterricht (S. , ). Honoriert wird solche Initiative nicht unbedingt. Die Künstlersozialkasse, die eine Art Grundsicherung für Künstler und Publizisten organisiert, hat Franziska Hauser erst einmal vor die Tür gesetzt: Sie übe eine nichtkünstlerische Arbeit nun mehr als geringfügig aus, damit seien die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt (S. ). Vielleicht ist solche Eigeninitiative einer der Gründe dafür, dass Selbstständige bei der staat- lichen Unterstützung gern übersehen werden. Andere sind lauter, haben stärkere Interessen- vertretungen – und viele, die auf eigene Rechnung arbeiten, auch schlicht nicht die Zeit, sich darum zu kümmern. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen, stellt der Ökonom Alexander Kritikos klar, seien jedenfalls bis heute nicht auf diese Erwerbsform eingestellt (S. , ). Das ist angesichts von rund vier Millionen Selbstständigen mit und ohne Beschäftigte bitter Fotografie: genug, und es wird bedrohlich, wenn man bedenkt, dass sie in einer künftigen Ökonomie eine André Hemstedt & Tine Reimer wichtige Rolle spielen werden. Denn Selbstständige sind eben nicht nur die aus der Sozialver- sicherung gedrängten Paketboten oder Uber-Fahrer: Es sind die IT-Spezialisten, die lieber frei als fest angestellt sind, die meisten Künstler, Berater, Händler, Gastronomen – kurz: viele von denen, die wir für eine prosperierende und lebendige Wissensgesellschaft brauchen. Doch die Entscheidung für Freiheit auch bei der Erwerbsform ist dem Sozialstaat so suspekt wie vielen von denen, die er vertritt. Honorarärzte zum Beispiel, also Ärzte und Ärztinnen, die ohne Festanstellung im Krankenhaus aushelfen, dürfen dort inzwischen nicht mehr beschäftigt werden, auch weil sich die angestellten Kollegen nie mit ihnen solidarisierten. Und wer das Schulsystem nicht mehr aushält, hat mehr Unterstützung zu erwarten, wenn er in Frührente geht, als wenn er noch einmal etwas Neues anfangen will (S. , ). Zu hoffen bleibt, dass das Übergangsschmerzen sind. Nicht nur, weil sich gerade jetzt für Freiberufler ganz neue Chancen eröffnen. Selbstständige, so belegt die Forschung, sind auch glücklicher, weniger überlastet, Prozent von ihnen würden weiterarbeiten, auch wenn es finanziell nicht mehr nötig sein sollte (S. ¡, ). So manche, die zurzeit ins Home Office verbannt sind (und keine Kinder haben), können das nachfühlen, die Frage ist, ob sie auch nach dem Lockdown um den gewonnenen Freiraum kämpfen. Selbstständigkeit ist auch eine Geisteshaltung. – Gabriele Fischer, Chefredakteurin [email protected] Redaktion brand eins, Friesenweg (Haus ¦ –), §§¨ Hamburg Titelbild: Sebastian Schneider brand eins 03 /21 3 Inhalt Schwerpunkt: frei arbeiten Menschenbilder Keine Illusionen Draußen Selbstständigkeit ist kein Handi- Zauberkünstler sind hart von der Künstler und Publizisten cap, sondern die Normalität Krise betroffen – und besonders verlieren in der Pandemie ihre der Arbeitswelt Von Wolf Lotter einfallsreich bei ihrer Bewältigung Krankenversicherung. Einen Von Alexander Krex wenig bekannten Missstand er- Frei arbeiten in Zahlen läutert Gabriele Fischer Gesammelt von Ingo Eggert Die Freiheit und ihr Preis Was bringt die Selbstständigkeit? Kaltgestellt Zwei Millionen Sonderfälle Zwei Frauen und zwei Männer Nicolai Schäfer kämpft für Der deutsche Staat lässt Selbst- ziehen persönliche Bilanzen eine Berufsgruppe, ständige im Stich, sagt der Von Mariam Misakian der die freie Arbeit verboten Ökonom Alexander Kritikos im wurde: Honorarärzte. Ein Interview mit Peter Laudenbach Von Lockdown-Losern Interview von Sophia Bogner und Glücksrittern und Paul Hertzberg Frei und mächtig Fragen an Stephan A. Jansen Noch nie waren Firmen so sehr „Und jetzt sagen Sie: auf Freelancer angewiesen wie Glücklich in Kopenhagen, Mmmhmm“ heute. Neue Kooperationen zwi- unglücklich in Kentucky Die Schauspielerin Dana Geissler schen Festangestellten und Wo arbeitet es sich als Freier gut? hat ein ideales Krisengeschäft: Freien beschreibt Sarah Sommer Und wo schlecht? Sie coacht Menschen für Video- Antworten von Johannes Böhme konferenzen – auch unseren „Die Grenze ist porös“ Autor Hannes M. Kneissler Freiberufler werden die US- Es gibt ein Leben Gesellschaft verändern, nach der Schule prophezeite der Bestsellerautor Isabell Probst hilft Lehrern beim Daniel Pink vor 20 Jahren. Ausstieg aus dem Beruf. Wie er die Lage heute einschätzt, Über die Motive sprach sie mit a Den Schwerpunkt gibt es als Hörversion sagte er Dirk Böttcher Sophia Bogner und Paul Hertzberg unter b1.de /audioversion Einstieg Was Wirtschaft treibt Das Präsidentenduell Donald Trump versprach ein Editorial Wem gehört die Welt Wirtschaftswunder. Doch wie Mikroökonomie: und wem das Bier? sieht seine Schlussrechnung im Ein Schlachter in Argentinien Es gibt Unternehmer, die Vergleich mit seinem Vorgänger Die Welt in Zahlen aus guten Gründen auf Barack Obama aus? Eine ¡ Social Media: Ihnen gefällt das Eigen tum an ihrer Firma Analyse von Anabelle Körbel das nicht – die Veränderung verzichten. Über zwei von Linkedin Protagonisten der Bewegung Was Menschen bewegt ¡ Markenkolumne: berichtet Hilmar Poganatz Der Veggie-Multi – Allos § Am Boden ¡ Das geht: Mach dich vom Acker! – Nichts für Feiglinge In Südafrika haben Wildtierfarmer Lasertechnik zum Saatschutz ist die Entwicklung neuer lange gutes Geld verdient und ¡ Wirtschaftsgeschichte: Pharmazeutika. Das zeigt der nebenbei Nashörner und Löwen Schnittmuster für den Blick in die Bilanz des geschützt. Wegen Corona ist Wandel – die Unternehmerin Impfstoffherstellers Biontech dieses Geschäft nun am Ende – Aenne Burda von Patricia Döhle und es stellt sich die Frage nach einer Alternative. Eine Reportage von Johannes Dieterich 4 brand eins 03/21 „Wir haben in Deutschland immer noch die gleichen Strukturen wie zu Zeiten der Montanunion.“ – Nicolai Schäfer, S. 86 Abbildungen Abgehängt: Künstler ohne Kasse Illustration: Alexander Glandien Trickreich: Jan Logemann Foto: André Hemstedt und Tine Reimer Findig: Dana Geissler Foto: Regina Recht Wertvoll: Nashörner Foto: Mark Lewis Ausstieg ¡ Was wäre, wenn … … die Welt wieder auf Atomkraft setzte? Ein Szenario von Christoph Koch ¡§ Prototyp: R2D2 auf Gras Von Frank Dahlmann ¡¡¡ Leichte Sprache: Diese Rechnung bezahlen wir nicht! Eine Pressemitteilung übersetzt von Holger Fröhlich ¡¡ Leserservice und Impressum ¡¡ Letzte Seite – das brand eins- Gewinnspiel brand eins 03/21 5 Mikroökonomie Die kleinste wirtschaftliche Einheit: der Mensch Verdienst, Grundkosten, Altersvorsorge Ein Schlachter Shiraz Murad verdient mit seiner Schlachterei im Monat nach Abzug aller Kosten wie Ladenmiete, Verbrauchs- und Material- in Argentinien kosten oder Unternehmenssteuern rund Euro. Davon zahlt er für die Familienkrankenversicherung Euro, für die Altersvor- Text und Foto: Martina Katz sorge Euro. Die Miete für das Dreizimmer-Apartment, in dem Murad mit seiner Familie lebt, beträgt Euro. Strom kostet ihn , Euro, Gas und Wasser je Euro. Seiner Familie und ihm bleiben also knapp Euro für sonstige Ausgaben. Was bedeutet Ihnen Arbeit? Ich arbeite, um Geld zu verdienen und um mich weiterzuentwi- ckeln. Dafür verkaufe ich nicht nur Fleisch, sondern kreiere auch meine eigenen Burger und Würste. Ich beziehe nur Weiderind, das mein Mitarbeiter in einem Schlachthaus in Buenos Aires schlachtet. Die Tiere zerlegen wir auch selbst. Was ist das Wichtigste in Ihrem Leben? Meine Religion und meine Familie. Beide haben mir geholfen, mich in einem nichtmuslimischen Land als Gläubiger zu etablie- ren. Ich kann mich hier ohne Diskriminierung bewegen. Was ist Ihr größtes Problem, und wie gehen Sie damit um? Wegen der hohen Nachfrage in anderen Ländern und weil immer Shiraz Murad, 56, wanderte als Dreijäh- mehr Land in Sojafelder umgewandelt wird, komme ich manch- riger mit seinen Eltern von Südafrika nach mal nicht an genug Weiderind. Fragt ein Fünf-Sterne-Hotel nach Buenos Aires aus. Mit 15 begann er in Kilo Tenderloin, kann ich das nicht immer liefern. Dann muss einem Gemüseladen zu arbeiten. Danach ich den Kunden überzeugen, ähnlich zartes Hüftfilet zu nehmen. folgten Jobs im Verkauf und in einem Was tun Sie, wenn Sie sich etwas Besonderes