Musik in DDR-Filmen. Wolfgang Thiel
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Medienwissenschaft: Berichte und Papiere 166, 2016: Musik in DDR-Filmen. Redaktion und Copyright dieser Ausgabe: WolfgangThiel, Hans J. Wulff. ISSN 2366-6404. URL: http://berichte.derwulff.de/0166_16.pdf. Letzte Änderung: 3.5.2016. Inhalt: Musikland DDR in Bild und Ton / Wolfgang Thiel Musikfilme, Musikdokumentationen, Opern- und Operettenfilme, Musicals, Revuefilme der DDR / zusammengestellt von Wolfgang Thiel u. Hans J. Wulff Wolfgang Thiel: Musikland DDR in Bild und Ton Die nachfolgende Filmographie weist über 150 Leipzig und Weimar sowie ein flächendecken- musikbezogene Lang- und Kurzfilme, Opern- des Netz aus (Volks-) Musikschulen. Für ein le- und Ballett-Adaptionen, Spiel-, Dokumentar- bendiges Musiktheater verbürgten sich die vier und Animationsfilme, Komponisten- und Inter- renommierten Opernhäuser in Berlin, Leipzig preten-Porträts von DEFA und ostdeutschem und Dresden. Aber auch auf den 70 Bühnen der Fernsehen aus, die das vielfältige Musikleben in Drei-Sparten-Theater wurden Opern und Ope- der DDR sowohl dokumentieren als auch nach retten auf gutem Niveau aufgeführt. den ideologischen Vorgaben und politischen Er- wartungen im Sinne einer „sozialistischen Mu- Weitgehend ausgespart in der filmischen Doku- sikkultur“ interpretieren und modellieren. Unter mentation blieb allerdings der große Bereich der statistischem Aspekt ist davon auszugehen, dass (vornehmlich evangelischen) Kirchenmusik mit künftig noch weitere Funde (speziell im Bereich ihrer reichen Chorlandschaft sowie hervorragen- des Kurzfilms und aus der Anfangszeit der ost- den Kantoren und Organisten. Dieses Faktum deutschen Filmproduktion) zu erwarten sind. verweist neben den bisher erwähnten Vorzügen Aber schon jetzt widerspiegelt diese filmische auf ideologisch und politisch bedingte Defizite Chronologie, die mit der Verfilmung von Wolf- hin. Wurde von den Regisseuren der sichere Be- gang Amadeus Mozarts Oper „Die Hochzeit des reich der Adaption von Repertoire-Opern und Figaro“ 1949 beginnt und 1990 mit einem histo- Operetten verlassen und der Versuch unternom- rischen Porträtfilm über denselben Komponisten men, originäre Werke im Bereich des Musik- schließt, wichtige Aspekte der DDR-Musikkul- films zu schaffen, begleitete diese Vorhaben oft tur mit ihrer sorgfältigen Erbe-Pflege, dem Leis- eine in puncto Parteilichkeit und volksfremden tungsvermögen international bekannter Klang- Formalismus nörgelnde Kritik. Gefragt war ge- körper, Chöre und Solisten, dem Bemühen um diegenes filmisches Handwerk ohne formale eine eigen geprägte Gegenwartsmusik und den Experimente und Innovationen. Versuche in Möglichkeiten und Grenzen einer dem Kom- diese Richtung zogen wie im Falle der Fernseh- merz weitgehend enthobenen, aber durch öko- filmoper FETZERS FLUCHT (1962) eine von Par- nomische und kulturpolitische Zwänge regulier- tei und Regierung gelenkte wütende Pressekam- ten Musikszene. Ein auch für europäische Maß- pagne nach sich, die auch zu persönlichen Kon- stäbe reiches Musikleben gestalteten in diesem sequenzen im Berufsleben der Autoren führte. kleinen Land über 80 staatliche Sinfonie- und Rundfunkorchester, viele Berufschöre und zahl- Schwer hatte es auch der heitere Musikfilm, der reiche professionelle Kammerensembles. Hinzu oft schon im Vorfeld der Produktion mit ideolo- kamen angesehene Ausbildungsstätten wie die gischen Vorgaben überfrachtet wurde, sodass Musikhochschulen in Ost-Berlin, Dresden, Leichtigkeit, Frohsinn, Eleganz und Witz bereits Musik in DDR-Filmen // Medienwissenschaft, 166, 2016 /// 2 im Drehbuch auf der Strecke blieben. Schwer der Filmemacher. Einheimische Rockgruppen hatte es ebenfalls der Jazz in den 1950er Jahren. und populäre aus dem sozialistischen Ausland Erst seit dem Spielfilm AUF DER SONNENSEITE sowie westdeutsche Agitprop-Sänger und Kaba- (1962) mit Manfred Krug in der Hauptrolle wur- rettisten wurden auf ihren Konzertreisen beglei- de zumindest der Dixieland als musikdramatur- tet und porträtiert. Zu einem eigenen Sub-Genre gische Möglichkeit für eine fröhliche Vertonung entwickelten sich seit 1975 die DISCO-FILME des „sozialistischen Alltags“ zunehmend einge- mit ihren nur wenige Minuten langen Porträts setzt. und Titel-Präsentationen von Jazzern, Rockern, aber auch mit nicht-musikalischen Themen. Im didaktischen Bereich gab es in den vier Jahr- zehnten eine Vielzahl von Komponisten-Por- Das mannigfaltige Spektrum der Sujets und träts. Bach, Beethoven, Händel waren hierbei Genres sei abschließend am Produktionsjahr mehrfach vertreten. Hinsichtlich der zeitgenös- 1980 demonstriert: ein Kabarett-Film mit der sischen DDR-Komponisten fehlte Hanns Eisler, Musik von Gerd Natschinski, Konrad Wolfs und die Auswahl ging mit Ausnahme von Paul SOLO SUNNY, vertont von Günther Fischer, ein Dessau (1974) – als einem auch fachlich hervor- weiterer Spielfilm rund um eine Neuinszenie- ragenden Vertreter neuer Musik – hauptsächlich rung von Mozarts dramma giocosa DON GIO- vom Vorhandensein kommunistischer Biografi- VANNI, Animationsfilme als grafische Interpre- en und staatstragender kulturpolitischer Ansich- tation bekannter Musikstücke, die Fernsehfas- ten wie im Falle von Ernst Hermann Meyer sung einer zeitgenössischen Kammeroper, ein (1975; 1985) aus. Dokumentarfilm über einen 72jährigen Musik- automatensammler und eine TV-Reportage über Nach dem Kurswechsel der Kulturpolitik in den das Kindermusiktheater in Leipzig: eine Palette 1970er Jahren – hin zu mehr Unterhaltung mit unterschiedlicher film-musikalischer Zeugnisse leicht eskapistischem Touch – gerieten nunmehr über das Musikland DDR, das für den Nutzer neben klassischen Künstlern und Künstlerinnen des folgenden Verzeichnisses keine terra incog- wie Gisela May oder Peter Schreier (beide nita bleiben wird. 1977) auch vermehrt Rockmusiker ins Visier Musikfilme, Musikdokumentationen, Opern- und Operettenfilme, Musicals, Revuefilme der DDR Zusammengestellt von Wolfgang Thiel und Hans J. Wulff Inhalt: Die Texte der folgenden chronologischen Filmo- – Filmographie graphie der musikbezogenen Filme aus allen Gattun- – Verzeichnis der Discofilme gen wurden entweder nach Autopsie der Filme ge- – Bibliographie schrieben oder den üblichen Quellen entnommen. Besondere Erwähnung verdient die Datenbank der DEFA-Stiftung (http://www.defa-stiftung.de/defa- Filmographie stiftung-home), die detaillierteste Angaben zugäng- lich macht. Nur im Ausnahmefall haben wir die TV- Das folgende Verzeichnis der musikbezogenen Fil- Produktionen des Deutschen Fernsehfunks (DFF) me der DEFA verzeichnet neben Lang- auch eine bzw. des Fernsehens der DDR aufgenommen – hier große Anzahl von Kurzfilmen. Nur im Ausnahmefall ist die archivalische Erschließung der Bestände noch haben wir Produktionen des DDR-Fernsehens aufge- ganz in den Anfängen. nommen, die mit den üblichen Hilfsmitteln kaum Wir haben nicht nur Musikfilme und -dokumen- dokumentierbar sind. tationen im engeren Sinne in die Liste aufgenom- men, sondern auch Spielfilme, für die zwar (außer Musik in DDR-Filmen // Medienwissenschaft, 166, 2016 /// 3 der Begleitmusik) nur je ein Lied komponiert wurde, (Claus Holm) hat nur Essen, Trinken und Frauen im das jedoch signifikant populär wurde. Kopf. Er ist Stammgast im Wirtshaus von Windsor, ohne jemals die Zeche zu bezahlen, und von den Bür- Für Hinweise danken wir Jonas Menze. gersfrauen des Ortes ist keine vor ihm sicher. Diesmal hat er es gleich auf zwei abgesehen, Frau Fluth (Sonja Ziemann) und Frau Reich (Camilla Spira). Bei den beiden ist er allerdings an die falschen geraten. Zu- 1949 sammen mit den Dorfbewohnern schmieden sie einen Plan, den dicken Tunichtgut für immer davonzujagen. Figaros Hochzeit; DDR 1949, Georg Wildhagen. 105 min. Adaption der Mozart-Oper Le nozze di 1951 figaro. Die Schauspieler wurden in den Gesangsparts von Tänze und Lieder aus aller Welt; DDR 1951, professionellen Sängern synchronisiert. Im Einzelnen: Bruno Kleberg. Susanna = Angelika Hauff / Erna Berger; Gräfin Rosi- 14 min. Dokumentarfilm. ne = Sabine Peters / Tiana Lemnitz; Marcellina = Elsa Ausschnitte aus den Kulturprogrammen der Jugendde- Wagner / Margarete Klose; Dr. Bartolo = Victor Jan- legationen der Nationen Brasilien, Frankreich, Bulga- son / Eugen Fuchs; Basilio = Alfred Balthoff / Paul rien, Deutschland, China, Nordkorea und der Sowjet- Schmidtmann; Don Curzio = Franz Weber / Kurt Rei- union (UdSSR) während der III. Weltfestspiele in Ost- mann; Antonio = Ernst Legal / Willi Sahler; Cherubi- Berlin. no = Willi Puhlmann / Anneliese Müller; Barbarina = Katharina Mayberg / Elfriede Hingst. 1954 Kammerdiener Figaro möchte die Zofe Susanna heira- ten. Graf Almaviva, als Herr der beiden, will sein Recht auf die erste Nacht geltend machen. Figaro Einmal ist keinmal; DDR 1954/55, Konrad Wolf. kommt durch ein früher gegebenes Heiratsversprechen 98 min. Heimatfilm. Musik: Günter Kochan. an die alte Haushälterin Marzelline in Bedrängnis. Die Der Film gilt als Wolfs Hommage an den sowjeti- Gräfin ist eifersüchtig auf Susanna. Und der Page schen Musical-Regisseur Grigori Alexandrow, bei Cherubin ist unsterblich in die Gräfin verliebt. Die dem Wolf am WGIK gelernt hatte. vielen Verwicklungen und Intrigen bringen die Hoch- Die Erlebnisse eines von seiner ernsten Musik über- zeit in Gefahr. Doch Figaro rettet sie mit List und Ge- zeugten Düsseldorfer Komponisten (Horst Drinda), schick, trägt zur Versöhnung von Graf und Gräfin bei der einen Onkel (Paul Schulz-Wernburg) im ostdeut- und bringt letzteren dazu, endlich auf das unmenschli- schen Klingenthal besucht. Dort verliebt er sich in che „Recht auf die erste Nacht“ zu verzichten.