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Rundfunk und Geschichte

Mitteilungen des Studienkreises Rundfunk und Geschichte Informationen aus dem Deutschen Rundfunkarchiv

23. Jahrgang Nr. 4- Oktober 1997

Altred Braun und die Hörfunkreportage

Kommentare in Stuttgarter Medien nach 1945

Die DDR im Spiegel ihrer Objekte, Bilder und Töne

Konstruktivismus und Systemtheorie

Medienunternehmer vom 18. bis 20. Jahrhundert

Lesen im Umbruch

Dokfilmfestival in

Deutsches Rundfunk-Museum in

Rezensionen

Bibliographie

Mitteilungen des Studienkreises Rundfunk und Geschichte

Informationen aus dem Deutschen Rundfunkarchiv

Jahresregister 1997

Zitierweise: RuG- ISSN 0175-4351 Redaktion: Ansgar Diller Edgar Lersch Redaktionsanschrift

Dr. Ansgar Diller, Deutsches Rundfunkarchiv Frankfurt am Main - Berlin, Bertramstraße 8, 60320 Frankfurt am Main, Tel. 069-15687212, Fax 069-15687200 Dr. Edgar Lersch, Süddeutscher Rundfunk, Historisches Archiv, Neckarstraße 230, 70190 Stuttgart, Tel. 0711-9293233, Fax 0711-9292698 Redaktionsassistenz: Dr. Stefan Niessen Herstellung: Michael Friebel Redaktionsschluß: 24. November 1997 Das Inhaltsverzeichnis von »Rundfunk und Geschichte« wird ab Jg. 23 (1997), H. 1, im INTERNET (http://hsozku lt. geschichte.hu-berlin .de/zeitschr/RuGe/rugindex. htm) angeboten. Inhalt

23. Jahrgang Nr. 4/0ktober 1997

Aufsätze Steffen Jenter Altred Braun. Ein halbes Jahrhundert im Dienst des Rundfunks Sein Weg in den Medien und die Entstehung der Hörfunkreportage 195 Stefan Kursawe Stimmen der »Stunde Eins« Politische Kommentare im Stuttgart der unmittelbaren Nachkriegszeit 208 Thomas Beutelschmidt Out of fashion oder mega in? Die DDR im Spiegel ihrer Objekte, Bilder und Töne Eine Bestandsaufnahme 224

Miszellen Konstruktivismus und Systemtheorie in der Medienforschung Einführende Bemerkungen (Christian Filk) 233 Medienunternehmer vom 18. bis 20. Jahrhundert Eine Tagung in Büdingen (Marcus Scholler) 238 »Lesen im Umbruch. Forschungsperspektiven im Zeitalter von Multimedia« Ein Symposium in Frankfurt am Main (Edgar Lersch) 240 Dialog mit einem Mythos Symposium und VII. Hochschultage aus Anlaß des 40. Leiziger Dokfilmfestes (Rüdiger Steinmetz) 242 Manfred von Ardenne (1907- 1997) {ROdiger Steinmetz) 244 Hannes KOpper (1897 - 1955) (Hans-Uirich Wagner) 245 Walter Ohm (1915- 1997) (Hans-Uirich Wagner) 248 Das Deutsche Rundfunk-Museum. Das Auf und Ab einer Berliner Institution Referat auf der Jahrestagung des Studienkreises in Potsdam (Heide Riede!) 249 Hörspiele der 50er und 60er Jahre Dokumentationsprojekt an der Universitat OsnabrOck (Carmen Vosgröne) 251 Internationale Jahrestagung der IASA 1997 in Muscat (Oman) (Anke Leenings) 252 Jahrestagung der IASA-Landergruppe Deutschland/ Deutschschweiz 1997 in Basel (Anke Leenings) 252 Abschied von Hongkong. BFBS schließt Studio in der Kronkolonie (Oliver Zöllner) 253 192 Rundfunk und Geschichte 23 (1997)

Rezensionen Karl Christian Führer: Wirtschaftsgeschichte des Rundfunks in der Weimarer Republik (Wolfgang Mühi-Benninghaus) 255 Peter Paul Kubitz: Der Traum vom Sehen. Zeitalter der Televisionen. Katalog zur Ausstellung im Gasometer Oberhausen (Oliver Zöllner) 255 Calling 1939-1945. CD bzw. Musikkassette (Muriel Favre) 256 Niklas Luhmann: Die Realität der Massenmedien (Reinhold Viehoff) 257 : Baukasten zu einer Theorie der Medien (Christian Filk I Michael Malachewitz) 259 Ralf Hohlfeld I Gernot Gehrke: Wege zur Analyse des Rundfunkwandels Leistungsindikatoren und Funktionslogiken im »dualen Fernsehsystem« (Rüdiger Steinmetz) 260 Diana lljine I Klaus Keil: Der Produzent. Das Berufsbild des Film- und Fernsehproduzenten in Deutschland (Christian Filk) 261 Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland I Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hrsg.): Chancen und Risiken der Mediengesellschaft (Christian Filk) 262 AGil GEP I KIM (Hrsg.): Jahrbuch Fernsehen 199611997 (Christian Filk) 263 Europäische Audiovisuelle lnformationsstelle: Statistisches Jahrbuch (Christian Filk) 263 Heinrich Koppers: Joseph Wirth (Ansgar Diller) 264 Hans Cohrssen: Einer der auszog, die Welt zu verändern (Michael Crone) 265 Werner Hecht (Hrsg.): alles was Brecht ist .. . (Ansgar Diller} 266 Britta Scheideler: Zwischen Beruf und Berufung. Zur Sozialgeschichte der deutschen Schriftsteller von 1880 bis 1930 (Edgar Lersch} 266 Dagmar Barnouw: Ansichten von Deutschland (Wolfgang Mühi-Benninghaus) 268 Hans-Michael Bock I Wolfgang Jacobsen (Hrsg.): Recherche: Film, Quellen und Methoden der Filmforschung (Wolfgang Mühi-Benninghaus) 269 Georg Seeßlen: Natural Born Nazis (Christian Filk) 270 Tim Page: Derailed in Uncle Ho's Victory Garden (Oliver Zöllner) 271 Inhalt 193

Bibliographie Rundfunkbezogene Hochschulschriften aus kommunikationswissenschaftliehen Fachinstituten Sektion für Publizistik und Kommunikation der Ruhr-Universitat Bochum {Heike Ritter) 272 Zeitschriftenlese {74) {1 .5.- 31 .8.1997) {Rudolf Lang) 273

Mitteilungen des Studienkreises Rundfunk und Geschichte Jahrestagung und Mitgliederversammlung des Studienkreises Rundfunk und Geschichte 1997 in Potsdam {Edgar Lersch) 277

Informationen aus dem Deutschen Rundfunkarchiv CDs mit Tondokumenten Bertolt Brechts erschienen 279 CD »Frauenstimmen 1908- 1997« 279 CDs »0-Ton Berlin. Kalter Krieg im Äther« 280 Aufnahmen des Reichssenders Straßburg im Deutschen Rundfunkarchiv 280

Jahresregister 1997 194 Rundfunk und Geschichte 23 (1997)

Autoren der längeren Beiträge

Dr. Thomas Beutelschmidt, Stubenrauchstr. 11, 12161 Berlin

Christian Filk, Riehler Gürtel 1, 50735 Köln

Steffen Jenter, Bayerischer Rundfunk, Redaktion »B 5 aktuell«, Rundfunkplatz 1, 80306 München

Stefan Kursawe, Sophienstraße 3-5, 68165 Mannheim

Dr. Heide Riedel, Deutsches Rundfunk-Museum, Hammarskjöldplatz 1, 14055 Berlin

Marcus Schüller, Universität Köln, Seminar für Wirtschaftschafts- und Sozialgeschichte, Albertus-Magnus-Piatz, 50923 Köln

Prof. Dr. Rüdiger Steinmetz, Universität Leipzig, Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft, Augustusplatz 9, 04109 Leipzig Steffen Jenter

Altred Braun Ein halbes Jahrhundert im Dienst des Rundfunks Sein Weg in den Medien und die Entstehung der Hörfunkreportage*

Über 50 Jahre lang ist Alfred Braun tor die Ra­ santer sind die erhaltenen Briefe von und an diohörer in Berlin ein Begriff gewesen. Seine Braun im Archiv des Theaterwissenschaftlichen Stimme war von den Anfangen des Rundfunks in Instituts der Freien Universität Berlin, die seinen den 20er Jahren bis zu Brauns Tod 1978 popu­ engen beruflichen Kontakt mit dem Coupletsan­ lär - egal ob sie Ober die Berliner Funk-Stunde, ger Otto Reutter belegen. Bislang nicht zitierte den Berliner Rundfunk oder den Sender Freies Dokumente gibt es aus der Zeit von Brauns Berlin zu hören war. Durch seine Tätigkeit hat Emigration. Sie stammen aus dem Politischen Braun dem Rundfunk mit zum Leben verholfen. Archiv des Auswärtigen Amts in Sonn. Daneben Als einer der ersten ging er das Wagnis ein, live wurden im Bundesarchiv Berlin zahlreiche Do­ Ober Ereignisse zu berichten, und war somit ent­ kumente eingesehen. scheidend an der Entstehung der Hörfunkrepor• tage beteiligt. Seine ungewöhnliche Biographie ist voller Widersprache - beruflich erfolgreich, Ein Radiomann der ersten Stunde machte er persönlich und politisch zahlreiche Wendungen durch. Altred Johann-August Braun wurde am 3. Mai 1888 in Berlin geboren und wuchs im Herzen der Darstellungen zu Altred Brauns Leben und Stadt auf, der er sich zeitlebens eng verbunden Rundfunkarbeit sind rar. Braun selbst hat in den fOhlte - in der Gegend rund um den Alexander­ 60er Jahren in zwei BOchem bei der platz. Er war das einzige Kind der Eheleute Au­ Berliner Funk-Stunde festgehalten.1 Es sind kei­ gust Braun, einem Stellmacher/Wagenbauer, ne Tagebacher oder andere persönliche Doku­ und Hulda Henriette Braun (geb. Koglin), die mente in einem Nachlaß erhalten. Neben der lange Jahre als Büglerin arbeitete. Der Sohn Presse hat vor allem der Rundfunk einige Bei­ schlug zunächst den Oblichen Bildungsweg ein trage dem Pionier gewidmet. Einen ersten und besuchte ab 1894 die Volksschule.e Zwei Überblick lieferte Brauns Patensohn Goetz Kron­ Jahre lang zog er halbtags, ohne Wissen seiner burger zusammen mit Klaus Lindemann.2 Die Mutter, als Schusterjunge durch die Hauser um frOhe Hörspielarbeit Brauns wurde in der Disser­ den Bayerischen Platz und lernte, dem Volk aufs tation von Elmar Lindemann beleuchtet.3 Dane­ Maul zu schauen.9 Schon damals fiel seinen ben widmete ihm Sibylle Bolik einen Radio­ Lehrern auf, daß Braun ein guter Erzähler war. Essay.4 Zuletzt hat Hans-Uirich Wagner eines Was ihm spater als Reporter zugute kommen seiner Hörspiele beim Berliner Rundfunk unter­ sollte, nutzte er im Schulalltag. Einmal improvi­ sucht.S ln seiner Dissertation Ober den Frankfur­ sierte er so gut, daß er einen Aufsatz aus einem ter Rundfunkreporter Paul Laven erwahnt Frank Heft vorlas, in dem nichts stand, und bekam Biermann Braun mehrfach. 6 Oie vorhandenen darauf eine Eins. Nach der Volksschulzeit be­ Darstellungen weisen jedoch große LOcken und suchte Braun ab 1902 mit einem Begabtensti­ Ungenauigkeiten auf. So macht beispielsweise pendium der Stadt Berlin eine Lehrerbildungs­ Klaus Winker in seiner Dissertation Altred Braun anstalt, um sich auf das Abitur vorzubereiten.10 7 falschlieherweise zum NSDAP-Mitglied. Fehler Den Schulbesuch hat Braun bald wieder auf­ wie dieser sollen hier klargestellt und bestehen­ gegeben, da den 17jahrigen Max Reinhardts de LOcken verkleinert werden. Der Beitrag kon­ Schauspielschule am Deutschen Theater in Ber­ zentriert sich bewußt auf die Reportertätigkeit in lin lockte. Mit einem Schiller-Monolog konnte er der Weimarer Republik und verzichtet darauf, die Aufnahmejury Oberzeugen: Braun wurde Brauns Hörspiele oder die Reportagen in späte• Freischaler in Max Reinhardts Haus, der We­ ren Jahren zu untersuchen. sendonkvilla, und bekam zusatzlieh ein Jahr der Schauspielausbildung ( 1905/1906) geschenkt. 11 Bislang offenbar nicht zitierte Quellen fanden Von 1907 bis 1923 stand Braun auf der Bohne sich in mehreren Archiven. Im Deutschen Rund­ des Berliner Schillertheaters und feierte beim funkarchiv Berlin ist ein bislang nicht verzeichne­ Publikum große Erfolge. ln diese Zeit fallt auch ter »Aktenbestand SFB« hinterlegt, der rund 20 Brauns Heirat mit Frieda Frank, ebenfalls einer Ordner zu Brauns Intendantenzeit beim Sender Schauspielerin, die ihren Beruf nach der Ehe­ Freies Berlin in den 50er Jahren enthalt. lnteres- schließung aufgab. Acht Jahre spater, 1928, 196 Rundfunk und Geschichte 23 (1 997) kommt die Tochter des Ehepaares Braun auf die ln zahlreichen Produktionen der SendebOhne Welt: Henriette-Maria, genannt Etta. Brauns trat Braun als Regisseur und Darsteller auf. Die­ zweites Standbein neben dem Theater war der se Doppelfunktion war typisch - ungern gab er Film.12 Mitgewirkt hat er unter anderem in »Die die Dinge aus der Hand. Manche Zeitgenossen Spieler« (1919) und »Rosenmontag« (1924). warfen ihm deshalb eine Monopolstellung vor. »Die Spieler« war eine Produktion der Asslan­ Seine Tätigkeit als Sprecher, Hörspieler und Re­ Film-Continentale (Berlin), die unter der künstle• porter verschaffte Braun einen kaum vorstellba- rischen Leitung Altred Brauns stand. Allerdings . ren Bekanntheitsgrad. Er stand mitten im gesell- r .. wurde bei der Asslan nur dieser eine Film her­ schaftliehen Leben und berichtete Ober gestellt.13 Prominenz, Kultur und Sport, zugleich war er Wie hat nun dieser Mann der BOhne und des Mitglied in zahlreichen Vereinen. Als Reporter Films zum neu entstandenen Rundfunk gefun­ wurde Altred Braun so populär, daß er parallel den? Nach Brauns Worten war es umgekehrt, zu seiner Rundfunkarbeit noch in Filmen mitwirk­ der Rundfunk kam zu ihm. Was spater zum ln­ te, um sich selbst zu spielen. Beispiele dafür halt seines Lebens werden sollte, hatte für Braun sind: »1 000 Worte Deutsch« (1930) und »Die zunächst keinen Anreiz, er war im Entstehungs­ Galavorstellung der Fratellinis« (1932). Gleich­ jahr des Rundfunks bereits 35 Jahre alt. Da war zeitig pflegte Braun Bekanntschaften mit zahlrei­ es ein Risiko, seine gesicherte Stellung beim chen Größen des Berliner Kulturlebens, so mit Theater aufzugeben. Den Ausschlag für den dem Berliner Humoristen und Coupletsanger Rundfunk gab offenbar die Freundschaft zu sei­ Otto Reutter, den er zum Rundfunk holte.21 nem Logenbruder Friedrich Georg Knöpfke, dem Die Popularität hatte aber auch ihre Schat­ Direktor der Berliner Funk-Stunde. Die Angaben tenseiten. Am Ende der Weimarer Republik wur­ zum ersten Auftritt vor dem Mikrofon der Berliner de Braun zur Zielscheibe politischer Kritik von Funk-Stunde sind widersprüchlich: War es Ende rechts und links. Im Herbst 1929 war er ge­ 1923 oder erst 1924?14 Die meisten Quellen meinsam mit Knöpfke der SPD beigetreten. Dies nennen das spätere Datum. Wahrscheinlich war verursachte einen erheblichen Pressewirbel,22 Braun erstmals am 10. Mai 1924 zu hören, wie hielt die Linke und ihre Programmpresse aber Kurt Pinthus angibt.15 Braun selbst nennt als nicht davon ab, gegen das Gehalt Brauns zu Datum seines zweiten Mikrofoneinsatzes den polemisieren.23 28. August 1924.16 Somit kann als sicher gelten, Bereits 1932 tlatte der politische Einfluß der daß Braun im Laufe des Jahres 1924 seine Tä• Nationalsozialisten auf den Rundfunk zugenom­ tigkeit als freier Mitarbeiter für die Funk-Stunde men. Erinnert sei daran, unter welchen Schwie­ aufgenommen hat.17 Im November 1924 unter­ rigkeiten die Brecht-Produktion »Die heilige Jo­ schrieb er einen Vertrag als Leiter der Sende­ hanna der Schlachthöfe« im April 1932 über den bOhne und Programmsprecher. Die Position des Sender ging.24 Trotz dieser gewagten Auffüh• Chefreporters erfand er schließlich selbst hinzu. rung beschloß der Aufsichtsrat der Funk-Stunde Braun widmete sich bei seinem Eintritt in die im Mai 1932, den Vertrag mit Altred Braun um Funk-Stunde . zunächst den Vorbereitungen für fünf Jahre zu verlangern.25 Der Rechten blieb die SendebOhne, mit der er 1925 starten wollte. Braun ein Dorn im Auge. So beschwerte sich der Populär wurde er bei den Berlinern aber schon Bund der Frontsoldaten »Der Stahlhelm« im Juli zuvor - als Chefsprecher. Nach den ersten Hör• 1932 darüber, Brauns Reportagen über deut­ spielversuchen, die ganz der klassischen Büh• sche Städte seien zu oberflachlich. Dadurch nentradition verpflichtet waren, wagte sich Braun worden die Werte des deutschen Volkstums allmahlich an neue Formen heran. So versuchte nicht genügend gewOrdigt.26 Schließlich wurden er, zeitgenössische Autoren für das Medium zu nach der nationalsozialistischen Machtübernah• gewinnen. Mit dem Schriftsteller Hermann Ka­ me unliebsame Direktoren und Redakteure ab­ sack begründete er die »Stunde der Leben­ gesetzt- auch in Berlin. Am 7. August 1933 wur­ den«.18 Daneben widmete er sich dem Jugend­ de Altred Braun in Schutzhaft genommen und in programm des Senders.19 Braun engagierte sich das Konzentrationslager Oranienburg eingelie­ nicht nur am Mikrofon, sondern war auch betei­ fert. Er verbrachte dort sechs Wochen. Allzu ligt an den ersten Ansatzen zur Ausbildung von schlecht wurde Braun offenbar nicht behandelt. Mitarbeitern für den Rundfunk. 1929 wurde er Spater schrieb er einen fragwürdigen Brief an Dozent an der Rundfunkversuchsstelle der den Kommandanten des Lagers, in dem er sich Staatlichen Akademischen Hochschule für Musik rOhrselig für dessen Verhalten bedankt. 27 1934 in Berlin - als Kursleiter im Bereich Sprecherzie­ konnte Braun in die Schweiz emigrieren.28 hung und künstlerischer Vortrag.20 Jenter: Alfred Braun 197

Pionierleistung als Radioreporter nichts zu tun haben mußten. Jeden Tag übte er ein paar Stunden lang, indem er beispielsweise ln den 20er Jahren hatte sich die Sprache des einen Stuhl detailliert beschrieb. Er machte dies Zeitungsjournalismus weitestgehend ausgebil­ um Gegenstände, die ihn umgaben, besse~ det. Der Rundfunk mußte sie noch finden und schildern und damit dem Hörer vermitteln zu setzte dabei vor allem auf Experimente. Was die können. 36 Es lag nahe, sich in den ersten Repor­ Hörfunkreportage eigentlich war, darüber herr­ tagen mit dem Sport zu beschäftigen. Altred schte zunächst Verwirrung - die Begriffe Repor­ Braun wählte ihn ganz bewußt als Thema der tage und Rundfunkreporter setzten sich erst Berichterstattung, lag die Dramatik doch in der Mitte 1927 durch. Gekennzeichnet wurden damit Natur der Sache.37 Zudem war die Chance, bei aktuelle Formen der Berichterstattung, im Ge­ den Hörern Erfolg zu haben, groß. Denn die gensatz zu den Aufgaben eines Ansagers oder Sportbegeisterung kannte in der Zeit der Weima­ Sprechers und zur geschriebenen Reportage. rer Republik keine Grenzen. Nach dem ersten Exemplarisch für das Bestreben, zu einer Be­ Versuch auf dem Fußballplatz folgten in Berlin griffsklärung zu gelangen, ist ein Beitrag des 1926 weitere Sportreportagen - mit Braun unter Schriftstellers Hermann Kasack. Am Beispiel Al­ anderem vom Sechstagerennen im Sportpalast fred Brauns kennzeichnet er die Radioreportage und von der Pferderennbahn in Karlshorst. Dabei als Stegreifkunst, die von der Einmaligkeit des wurde eine Arbeitsteilung zwischen Rundfunkre­ Ereignisses lebe.29 Für Hans Bodenstedt, Inten­ porter und Sportfachmann eingeführt. Braun dant des Nordischen Rundfunks in Hamburg, schilderte die Stimmung - die Lage, wie es die war die Einordnung der Hörfunkreportage als Berliner nannten. Die Reportage Ober den Renn­ künstlerisches Genre entscheidend - eine Art verlauf Oberließ er einem Sportjoumalisten. Zeittheater. 30 ln zahlreichen Presseartikeln wur­ de Altred Braun später kurzum als Erfinder der 1927 Oberquerten die US-Fiieger Chamberlain Reportage bezeichnet.31 Dennoch läßt sich ein und Levine per Flugzeug den Ozean und lande­ Entstehungsdatum der Reportage, das eindeutig ten am Pfingstsonntag von New York kommend Braun zuzuordnen wäre, nicht bestimmen.32 in Berlin. Trotz weitreichender Absperrungen ge­ Einen ersten Versuch, das Funkstudio auf lang es Braun, auf das Tempelhofer Flugfeld zu dem Dachboden des Vox-Hauses zu verlassen, kommen. Nachdem die Polizei den Zugang frei­ unternahm Braun in der Silvesternacht 1924/25. gegeben hatte, waren mehr als 100 000 Men­ Er plazierte sein Mikrofon an die Kranzierecke schen zum Landeplatz gekommen.38 Braun be­ an der Berliner Friedrichstraße. So konnte er live schränkte sich in seiner ersten Reportage nicht von der Straße berichten. Braun hatte den auf die reine Information. ln den minutenlangen Sprung ins kalte Wasser gewagt. Aus dem Pausen zwischen den neuesten Meldungen in­ Künstler war mit dieser Reportage ein Hörfunk• szenierte er eine große Wortrevue Ober den journalist geworden. Auch bei anderen Sende­ nächtlichen Rummel auf dem Tempelhofer Feld. gesellschaften übernahmen Künstler aus dem Mit den tausenden Schaulustigen waren auch Theater- und Konzertbereich sowie Feuilleton­ Gaukler, Musiker und Würstchenverkäufer auf mitarbeiter der Tageszeitungen diese Rolle.33 dem Flugfeld anwesend. Die ganze Nacht hin­ Braun selbst wertete den Bericht vom Kranz­ durch lieferte Braun Milieuschilderungen - er ab­ Iereck nur als ersten Schritt auf dem Weg zur solvierte einen regelrechten Reportagemarathon. Rundfunkreportage. Bis diese zu einem regel­ Insgesamt zog sich die aus Reportagen, Mel­ mäßigen Bestandteil des Programms wurde, dungen, Interviews und der Übertragung von dauerte es bei der Berliner Funk-Stunde noch Reden bestehende Berichterstattung Ober drei einige Jahre. Tage hin. Die Kritiker der Rundfunkzeitschriften Eine der ersten größeren Livereportagen Al­ lobten voller Begeisterung. Man fOhlte sich als fred Brauns war dem Fußball gewidmet. Schon Ohrenzeuge eines welthistorischen Ereignisses am 1. November 1925 hatte Bemhard Ernst in und erkannte die Chancen, die in einer kurzfristi­ Münster erstmals ein Fußballspiel Obertragen.34 gen Programmänderung lagen. Nach Ansicht der Einige Zeit später, wohl Anfang 1926, wagte sich Kritik war der Rundfunk in den Dienst histori­ auch Braun auf den Fußballplatz. Er reportierte schen Erlebens getreten.39 Kurt Weill sprach ein Spiel zwischen Hertha BSC und Preußen von einem glänzenden Gelingen und bewertete Berlin.35 Glaubt man Brauns eigener Schilde­ Brauns Leistung als zielbewußt und zukunfts­ rung, waren diese und spätere Übertragungen weisend.40 Noch in der ersten Nacht riefen Zu­ ein großer Erfolg. hörer aus allen Teilen Deutschlands begeistert Wie ein Schauspieler hat Altred Braun zu im Funkhaus an und schickten Telegramme.41 Hause das Reportieren geprobt. Er stellte sich immer wieder Aufgaben, die allerdings mit dem eigentlichen Thema der nächsten Reportage gar 198 Rundfunk und Geschichte 23 (1997)

Brauns Reportagen aus Tempelhof waren eine den veranderten politischen Rahmenbedingun­ Initialzündung fOr die aktuelle Berichterstattung. gen, die der aktuellen Rundfunkarbeit mehr Frei­ ln der Rundfunkpresse setzte sich der Begriff raum boten. Dieser Wandel war für die politisch der Reportage allmahlich durch, deren Leben­ Verantwortlichen kein großes Risiko. Denn die digkeit wurde begroßt Zur Berichterstattung eig­ Radiomacher setzten bei ihrer Zuhörerschaft ein nete sich nach Ansicht der Kritik sowohl das All­ Bedürfnis nach positiver Identifikation mit Perso­ tagsieban als auch sensationelle Ereignisse wie nen und Ereignissen voraus. Die Berichterstat­ die Ankunft der Ozeanflieger. Die aktuelle Repor­ tung diente haufig dazu, das nationale Selbst­ tage galt bald als Nonplusultra des Rundfunk­ bewußtsein zu heben. FOr die Arbeit Altred journalismus.42 Nicht nur in Berlin, auch in Stutt­ Brauns sind in dieser Hinsicht die Berichte Ober gart und Frankfurt erkannten die Rundfunkge­ Luftfahrtpioniere exemplarisch. sellschaften, daß die Forderung der Hörer nach Aktualitat am besten mit dem Mittel der Reporta­ Das beschriebene Reportagefieber fahrte dazu, ge zu erfüllen war.43 Altred Braun sporte nach daß sich die Radiomacher ihrer Sache mit der der Reportage vom Tempelhafer Flugfeld die Zeit zu sicher wurden. Sie setzten zunehmend Verpflichtung, daß das Mikrofon des Rundfunks auf die gleichen Themen und schilderten sie im­ Oberall sein mußte, wo die Möglichkeit zum Erle­ mer monotoner. Die Berliner Funk-Stunde und ben gegeben war - ob in Politik, Kultur oder Altred Braun gerieten ins Blickfeld der Kritik.46 Sport. Mehr als bislang sollten kOnftig aktuelle Braun machte seinerzeit zwar nicht alle Repor­ Geschehnisse dargestellt werden. tagen selbst. Bei wichtigen Ereignissen hatte er Trotz des Erfolges der Reportagen setzten allerdings eine Art Berichterstattungsmonopol, die Radiomacher nicht allein auf die Abbildung das haufig beanstandet wurde. Viele hofften der Wirklichkeit. Vielmehr wurden Realitat und deshalb auf Hans Flesch. Der wechselte im Fiktion in einigen Reportagen vermischt. Ein Sommer 1929 von seinem Posten als Runfunkin­ Beispiel dafor ist die Berichterstattung der Funk­ tendant in Frankfurt am Main auf die gleiche Stunde Ober ein Zille-Fest aus dem Berliner Ver­ Position nach Berlin. Nach seinem Amtsantritt gnogungszentrum Lunapark im Sommer 1927. machte er sich daran, die Funk-Stunde neu zu Auch hier hatte Braun bereits am Nachmittag organisieren, und baute eine eigenstandige Ak­ geprobt. Abends versuchte er dann, entlang ei­ tuelle Abteilung auf, eine Art Reportageboro.47 ner genau festgelegten Route, ausgesuchte Ver­ Doch Braun behielt fast alle seine Ämter, nur das gnOgungsstatten zu beschreiben. Bei der Kritik Literaturressort seiner Schauspielabteilung muß• kam diese inszenierte Reportage nicht gut an. te er an Edlef Köppen abgeben.4B Obwohl Braun Umgekehrt wurden Brauns Sendespiele im an den ersten Versuchen zur Ausbildung von Laufe der Zeit immer mehr von seiner Reporter­ Rundfunkmitarbeitern beteiligt war, setzte er sich tatigkeit beeinflußt, beispielsweise in dem Sen­ im eigenen Haus vehement gegen den Nach­ despiel »Die Nacht von Berlin« am 30. Juli 1927. wuchs zur Wehr. Ein Beispiel dafor war der Hier flossen reportageartige Elemente in die In­ Kompetenzstreit zwischen Braun und dem neu­ szenierung eines Berliner Nachtbummels ein.44 en, hochgelobten Sportreporter Burghard von Diese Vermischung von Fiktion und Realitat Reznicek.49 könnte ihre Ursache in der Verwurzelung Brauns Trotz aller Kritik - die Reportage blieb eine als Schauspieler haben. Vielleicht lag es an der populare Programmform Beispielsweise hat die engen Verbindung der Rundfunkmitarbeiter mit Aktuelle Abteilung 1930 unter Altred Braun etwa dem Theater, daß Zeitungsjournalisten die Re­ 164 Reportagen gebracht, davon 86 Ober den porterleistungen eines Altred Braun zur Kunst Sport. Darin enthalten sind auch Reportagerei­ erhoben. Der Chef des Feuilletons beim Berliner hen, beispielsweise Ober »Berliner Betriebe«.so Tageblatt, Fred Hildenbrandt, sprach am 12. Als Neuerungen wurden eingefahrt: »Stimme Oktober 1927 von einer »mündlichen Schriftstel­ zum Tag« (Betrachtung zu einem aktuellen Er­ lerei«.45 eignis), »Sprechstunden am Mikrofon« (Hörerfra• Zu den bedeutendsten Reportageleistungen gen), die Reportagereihe »Von der Arbeit« und Brauns gehören seine abendfOlienden Großim• eine »Wiener Woche« .51 provisationen. Dabei ließ er sich an fanf oder zehn Stellen Berlins fOr sein Mikrofon eine Sprachleitung freihalten und raste im Wagen ei­ nen Abend lang von Station zu Station, um den Hörern ein Bild ihrer Stadt zu geben. Großberich• te dieser Art wurden im Oktober 1928 unter dem Titel »Mit dem Mikro durch Berlin« gestartet und danach regelmaßig veranstaltet. Daß die Repor­ tage einen solchen Boom erlebte, lag auch an Jenter: Alfred Braun 199

Ausgewählte Hörfunkreportagen renden Trauerchoral laßt er immer wieder für Altred Brauns sich wirken. Dabei gibt er den Hörern eine Ori­ entierung, indem er die Gerausehe zuvor an­ Im folgenden werden Reportagen Brauns aus kündigt. Länger anhaltende Pausen vermitteln seiner Zeit bei der Berliner Funk-Stunde genauer das Gefühl von Trauer und Betroffenheit. Die untersucht - Berichte, die als Mitschnitte überlie• Fähigkeit, im richtigen Moment zu schweigen, ist fert sind. Dieser Weg wurde gewahrt, um die bis­ eine der besonderen Leistungen Brauns bei die­ herige Analyse durch den akustischen Hörein• ser Reportage. So gelingt es, den Trauerzug druck zu erweitern. Zwei der untersuchten Re­ zum Ereignis nicht nur für die Anwesenden, son­ portagen werden im folgenden vorgestellt. dern auch für die Zuhörer zu machen. Aus der Am 6. Oktober 1929 berichtete Alfred Braun in späteren Sicht eines sozialistischen Kritikers be­ Berlin über den Trauerzug für den drei Tage zu­ nutzt Braun dieses Mittel, um Stresemann zu he­ vor verstorbenen Reichsaußenminister und frü• roisieren. Gleichzeitig wird in der Kritik der ab­ heren Reichskanzler Gustav Stresemann.S2 Al­ sichtslos wirkende Einsatz von Pausen als hohe fred Braun hatte sein Mikrofon gegenüber dem Reporterkunst anerkannt. 54 Das Geheimnis von Haus des Auswärtigen Amtes in der Wilhelm­ Brauns Bericht liegt darin, nicht alle optischen straße postiert. 53 Von diesem Standort aus ließ Eindrücke in einem fortlaufenden Wortschwall zu er die Trauergemeinde an sich vorOberziehen schildern, sondern den akustischen Eindruck und gab die Stimmung wieder. des Ereignisses sparsam zu erganzen. Die Re­ Beim Abhören hinterlaßt diese Reportage portage ist in den hörbaren Gesamteindruck ein­ noch heute einen ungemein starken Eindruck. gefügt. Friedrich Knilli spricht von verschiedenen Altred Braun findet instinktiv das rechte Maß der Codes, derer sich radiophone Rhetorik bedienen Worte. Seine Stimme ist gedampft, und er be­ kann: Geräusche, Musik, Stimme, Intonation und gleitet mit ruhigem, sanftem Ton den Trauerzug. Wortwahl. Gerausehe und Stille werden als Den roten Faden seiner Reportage bildet der je­ akustische Allegorien genutzt.55 Dieser Repor­ weilige Aufenthaltsort des Zuges. Braun be­ tagestil blieb jahrzehntelang Vorbild für die stimmt die raumliehe Orientierung durch Ortsan­ Funkberichterstattung. Der Schauspieler Braun gaben und Zuordnungen. Dabei entgehen ihm machte aus dem ereignislosen Staatsakt eine auch Details nicht. Seine Sprechgeschwindigkeit stimmungsvolle Inszenierung und entsprach hat Braun dem Ereignis angepaßt. Wie der damit seiner eigenen Vorstellung, wonach der Reichspräsident folgt auch der Reporter im Reporter Mitspieler eines Zeittheaters ist, das Sehnttempo der Trauergemeinde. Die eigentli­ beinahe ganz ohne Dichtung auskommt. che Kunst ist es, diesen handlungsarmen Vor­ gang anschaulich in Szene zu setzen. Um die Am 10. Dezember 1929 berichtete Alfred Braun Stimmung des Ereignisses einzufangen, benutzt aus Stockholm Ober die Verleihung des Nobel­ Braun Elemente, die sich als literarisch bezeich­ preises für Literatur an Thomas Mann. Brauns nen lassen: Bilder, Symbole und Metaphern. Be­ Reportage ist komplett im Berliner Tageblatt sonders detailliert beschreibt er das Auswärtige nachgedruckt, wahrend vom ursprünglichen Tondokument nur 50 Sekunden Oberliefert Amt. Braun macht hier einen Kunstgriff, indem er 56 die Umgebung in einen Bezug zu dem zu schil­ sind. Sein Bericht war offenbar so gelungen, demden Ereignis setzt. Sie wird so zur Kulisse ~aß sich die Zeitung entschloß, ihn ohne jede seiner Schilderung. Besonders gelungen ist die­ Änderung zu drucken. Die Reportage aus ser dramaturgische Kniff, als Braun seine Beob­ Stockholm laßt erkennen, wie weit Brauns Per­ achtungen zu einer Todesmetapher formt: sönlichkeit in die Berichterstattung miteinfloß. Er beherrschte den Ton für das Repräsentative mit »Nur ein Viertel des Riesenportals klappt vor dem großer Natürlichkeit. Und das, obwohl seine Be­ Eintretenden auf, der in den Hausflur gehen will. Die­ richterstattung mit großen Schwierigkeiten ver­ se TOr, aufgerissen jetzt und offenstehend, dahinter bunden war. König Gustav von Schweden hatte die Leere des Hausflurs - das gibt ein Bild, irgendein nämlich untersagt, das Mikrofon im Saal aufzu­ GefOhl von Abschied, Weggehen, Tod.« stellen. Auf Anregung eines Technikers griff Die Umgebung wird zum Verkünder des Todes. Braun zu einer List: Er stellte sich in eine Nische Diese reflektierenden Passagen werden nur ab im Saal und versteckte sich hinter einem Wand­ und zu von Informationen über den aktuellen teppich. Um die Feier nicht zu stören, konnte er Aufenthaltsort des Trauerzuges unterbrochen. nur flüstern. 57 Die Frosterreportage war geboren. Zudem fallt in Brauns Reportage auf, daß er das Trotz des Flüstems und des gedämpften Ereignis selbst nie als traurig bezeichnet, und Klangs seiner Stimme, leistet Braun, was er sich dennoch Trauer ausdrückt. Neben Bildern und immer vorgenommen hat - die Vermittlung von Metaphern benutzt er die Originaltöne des Er­ Stimmungsbildern. Dazu beschreibt er die Ge­ eignisses. Vor allem den im Hintergrund zu hö- sichter der Preisträger, die im Saal der Zeremo- 200 Rundfunk und Geschichte 23 (1997) nie beiwohnen. Die Zeit bis Themas Mann den Ein ungewöhnlicher Lebensweg Preis aus den Händen des Königs erhalt, über• ab 1933 brückt Braun mit Beschreibungen Ober den Saal und dessen Erbauer. Er informiert Ober die Ar­ Für die Zeit nach 1933 werden die Informationen beiten der Preisträger und über die Geschichte Ober Altred Braun immer spärlicher. ln vielen des Nobelpreises. Zusatzlieh erwähnt er die Presseartikeln und Aufsatzen der Nachkriegszeit einzige Frau unter den Geehrten, Selma Lager­ bleibt die Phase zwischen der Freilassung aus JOt. Insgesamt wird deutlich, daß sich Braun auf dem Konzentrationslager Oranienburg und sei­ seine Reportage gut vorbereitet hat. Die lange ner späteren Tätigkeit als Intendant des Senders Zeit des Wartens ware sonst nicht zu füllen ge­ Freies Berlin unerwähnt. Damit sind rund 20 Jah­ wesen. Seine Reportage verwebt mühelos Ele­ re seines Lebens ausgespart. Um dies hier zu mente des aktuellen Geschehens mit Hinter­ vermeiden, werden nun Brauns Lebensweg grundinformationen. Interessant ist die Schilde­ nach 1933 und seine Rundfunkarbeit überblicks• rung, weil sie zwischen dem aktuellen Gesche­ artig bis zum Ende verfolgt. hen, Rückblicken und Vorschauen wechselt. Braun denkt an die Hörer und versucht sich in Brauns Entlassung beim Rundfunk folgte der deren Erlebniswelt zu versetzen. Dies geschieht, relativ kurze Aufenthalt im Konzentrationslager indem er mit nachvollziehbaren Vergleichen ar­ Oranienburg. Im Januar 1934 durfte Alfred Braun beitet: Den Saal der Preisverleihung setzt er in mit seiner Familie in die Schweiz emigrieren. Die Beziehung zu Berliner Theatersalen, die Was­ Ausreise aus Deutschland wurde möglich, weil serwege Stockholms vergleicht er mit den Kanä• er einen Vertrag mit dem Schauspielhaus Zürich len von Venedig und das Gewimmel in den Stra­ erhielt. Dort spielte er rund ein Jahr lang kleinere ßen der schwedischen Hauptstadt mit dem Trei­ Rollen. 1935 wechselte er zum Stadttheater Ba­ ben in einer Stadt Südeuropas. So läßt er Bilder sel - als Schauspieler und Regisseur. 58 Brauns in den Köpfen seiner Zuhörer entstehen, die Biographie nimmt allmählich groteske Züge an. einfach sind und unter denen sich die Radiohö• Denn eben noch als ehemaliges SPD-Mitglied rer schnell etwas vorstellen können. Er benutzt und KZ-Haftling den Nationalsozialisten ent­ für seine Reportage bekannte Bezugsgrößen. kommen, versuchte er von Basel aus ständig, Braun gelingt es, seine Spreche trotz des rehabilitiert zu werden. Brauns Ziel war die ständigen Flüstems dem Rhythmus des Ge­ Rückkehr zum Rundfunk in Deutschland. Seine schehens anzupassen. Am Ende, bei der eigent­ Anwalte kontaktierten die Auslandsorganisation lichen Preisübergabe an Themas Mann, werden der NSDAP. Braun diente sich dem Nazi-Regime seine Satze kürzer. Nachdem die Schilderung geradezu an. Dies belegt unter anderem ein bisher eher reflektierend war, geht es jetzt, dem bislang unveröffentlichter Brief von Brauns An­ Handlungsablauf entsprechend, Schlag auf walt Aribert Elsholz. Eisholz schreibt im Septem­ Schlag: HändeschOtteln, Verbeugen, Beifall und ber 1936 Ober seinen Mandanten Altred Braun: die Nationalhymne. Am Ende repartiert Braun nur noch den Ablauf der Ereignisse. Als der »Er gehört nicht zu den sogenannten Emigranten und Beifall für Themas Mann aufbraust, wagt er es will - insbesondere auch von den in der Schweiz schließlich, sich von seinem Flüsterton zu lösen an[s)ässigen Parteistellen - nicht zu den Emigranten oder den diesen nahestehenden Kreisen gerechnet und der Begeisterung im Saal auch stimmlich werden. ( ... ) Im Herbst desselben Jahres [1934] trug Ausdruck zu verleihen. Brauns Reportage funk­ man ihm auf, die Rolle des >Dr. Seidel< in dem tioniert, weil sie die Spannung bis zum Schluß deutsch-feindlichen StOck >Professor Mannheim< zu halt, obwohl sich die ganze Zeremonie lange spielen. Mein Mandant lehnte ab. ( ...) Auf Grund sei­ hinzieht. Daß dies, trotz der eingeschränkten ner Weigerung wurde mein Mandant vom lOrieher Sicht hinter dem Wandteppich mühelos gelingt, Schauspielhaus fristlos entlassen. Die Entlassung ist als besondere Leistung zu bewerten. erfolgte kurz vor Weihnachten 1934. Mein Mandant geriet dadurch in eine große Notlage. Dieser Vorfall dUrfte ein Beweis fOr die Einstellung meines Mandan­ ten sein.«59 Im Oktober 1936 ließ Braun Ober einen Adjutan­ ten Adolf Hitlers, den Hauptmann a.D. Wiede­ mann, beim Reichssendeleiter Eugen Hada­ movsky vorfühlen, ob eine ROckkehr zum Rundfunk möglich wäre. Gleichzeitig holte die Auslandsorganisation der NSDAP Ober das Auswärtige Amt in der Schweiz Informationen zu Braun ein. ln diesem bislang ebenfalls unveröf• fentlichten Dokument berichtet der deutsche Jenter: Alfred Braun 201

Generalkonsul in Basel, Foerster, im November nach und nach rehabilitiert worden war: Von 1936 Ober Alfred Braun: Oktober 1939 bis FrOhjahr 1940 arbeitete er ge­ legentlich außer für das Fernsehen auch für den »Während seines hiesigen Aufenthalts habe ich nie etwas Nachteiliges über ihn gehört. ( ... ) Braun ist bei Film, vom Frühjahr 1940 an bis Mitte 1941 war seinen deutschen Kollegen am Stadttheater als aus­ er Regieanwärter beim Film, um schließlich Mitte sergewöhnlich tüchtiger Künstler und als aufrechter 1941 fest bei der UFA-Filmkunst in Berlin unter­ deutscher Mann geachtet und beliebt. W1e mir aus zukommen.64 Zunächst hatte er durch Vermitt­ diesen Kreisen mitgeteilt wird, spricht Braun nie über lung des Schauspielers Emil Jannings Ende seine Schutzhaft und meidet die Gesellschaft der 1939 bei der UFA begonnen. Als Sprecher ver­ üblen Emigranten. ( ... ) ln einer Unterredung hat er diente er sein Geld in unverfänglichen Filmen hier erklärt, er habe die zahlreichen Versuche, ihn in wie »Lustiger Streit im Schwimmstadion«. Grö• die Front gegen Deutschland einzuspannen, rundweg ßere Probleme sollte es ihm spater bereiten, daß abgelehnt, obwohl ihm sehr große Geldsummen an­ geboten worden seien. ( ... ) Er lehne grundsätzlich er als Regieassistent Veit Harlans arbeitete, und derartige Angebote ab, weil er nicht gegen, sondern das bei antijüdischen Hetz- und nationalsoziali­ für sein deutsches Vaterland tätig sein wolle. ( ... ) Die stischen Propagandafilmen wie »Jud Süß«· Angaben des Braun scheinen mir glaubwürdig zu »Opfergang« oder »Kolberg«.ss Harlan fahrt in sein.«60 seiner Autobiographie Stationen seiner Zusam­ Alle Versuche Brauns, nach Deutschland zu­ menarbeit mit Braun auf. Er erinnert sich, daß er sich bei Goebbels for Braun einsetzte. 56 rückzukehren, scheiterten zunächst am Wider­ stand des Propagandaministeriums in Berlin. Minister Goebbels ordnete an, die Angelegenheit Alfred Braun als erledigt zu betrachten, da dieser Die Zeit nach dem Krieg und beim SFB einer der exponiertasten Vertreter des vergan­ genen Systems und eingetragenes SPD-Mitglied Altred Braun sollte nach Ende des Krieges er­ gewesen sei.61 1936 folgte Braun einer Berufung neut Pionier werden. Diesmal zunächst in Stutt­ an die Akademie für Musik und Theater in Anka­ gart und kurz darauf wieder in seiner Heimat­ ra. Der ehemalige Berliner Opernintendant Carl stadt Berlin. Die Aufbauarbeit nach dem Kriege Ebert holte ihn in die Türkei und machte seinen war fast schwieriger als bei der Funk-Stunde in engen Freund zum Professor und Leiter der der Zeit der Weimarer Republik. Denn Altred Abteilung Schauspiel. Braun war vorbelastet - und das gleich zweifach. Positiv gesehen als einer, der Erfahrung hatte Diese Emigration muß Braun schwergefallen als Rundfunkmann. Und negativ gesehen als ei­ sein. Er hatte Sehnsucht nach Berlin, dem er ner, der sich allzusehr mit dem NS-Staat arran­ sich so verbunden fOhlte. Außerdem vermißte er giert hatte. 1945 arbeitete Braun für kurze Zeit die Rundfunkarbeit Mitte August 1939 war bei Radio Stuttgart vor allem als Sprecher, ohne Braun mit einer Gruppe türkischer Schüler auf jedoch deutlichere Spuren zu hinterlassen. einer Studienreise in Berlin, als der Krieg aus­ Braun wirkte bei einigen Hörspielen mit - teils als brach. Trotz bestehender Ausreisemöglichkeiten Bearbeiter oder Sprecher, teils als Autor. Nach­ blieb er in Deutschland. Daß er Oberhaupt in vollziehen lassen sich ein Einsatz als Reporter Berlin bleiben durfte, hatte er offenbar der Für• und mehrere als Sprecher des Programms der sprache des damaligen deutschen Botschafters Militärregierung. Schon im November 1945 in Ankara, des Ex-Reichskanzlers Franz von schied er aus seinem festen Vertrag aus, blieb Papen, zu verdanken.62 Zunachst arbeitete aber noch rund ein halbes Jahr als freier Mitar­ Braun einen Monat, von Mitte September bis beiter in Stuttgart. Es liegt nahe, daß die Ameri­ Mitte Oktober 1939, für die als kaner Braun wegen seiner politischen Vergan­ Kriegsberichterstatter im polnischen Lodz. Die genheit wieder loswerden wollten.67 Reportagen vom Kriegsschauplatz erfolgte ohne Ihn selbst lockte langst wieder seine Heimat­ Nennung seines Namens. Er schilderte mit den stadt Berlin - wie 1939 bei der ROckkehr nach Augen eines Zivilisten eine Fahrt von Berlin nach Deutschland. Inzwischen war ein Kontakt mit Warschau. Nach seiner ROckkehr Obernahm dem Berliner Rundfunk entstanden, dem Sender Braun fOr kurze Zeit die aktuelle Abteilung im im Osten Berlins für die sowjetische Besat­ Fernsehrundfunk - er interviewte, sprach Fuß• zungszone, der aus den Raumen des Funkhau­ ballreportagen und spielte in Stocken. Außerdem ses in der Masurenallee sendete. Braun wollte berichtete er am 18. Juli 1940 im Rundfunk vom wieder zurück in sein altes Funkhaus und festlichen Einzug einer siegreichen Division machte sich kaum Gedanken darüber, sich wo­ durch das Brandenburger Tor in Berlin.63 möglich wie im Dritten Reich, erneut mit den Fal­ 1941 trat Alfred Braun in die Reichsfilmkam­ schen zu arrangieren. So bemühte sich derBer­ mer und die Kameradschaft deutscher Künstler liner Rundfunk bereits im Marz 1946, Braun eine ein. Dies erfolgte, nachdem Braun vom NS-Staat Einreisegenehmigung für Berlin zu verschaffen. 202 Rundfunk und Geschichte 23 (1997)

Die Personaldirektion des Senders ging sogar so wüchsiges Berlinertum, sein Existenzproblem, weit, daß sie glaubte, »für seine antifaschistische ohne diese Stadt nicht leben zu können, das für Einstellung bürgen zu können«.68 Im Januar Verständnis sorgte.80 1947 kehrte Braun im Alter von 59 Jahren an die Mit viel Engagement machte sich Braun an Stätte seines früheren Wirkens zurück.69 Er be­ die Arbeit, den SFB zu führen. 81 Doch für einen gann eine neue Berlin-Sendung, ein »Berliner Mann der Praxis, der immer alles ausprobieren Stelldichein«.7o Daneben unternahm er einige wollte, mußten die unzähligen Verwaltungsauf­ Ausflüge ins Reporterfach.71 Akzente setzte er gaben eine große Belastung sein.82 Nach knapp vor allem durch seine Hörspielarbeit Die Tätig• dreijähriger Amtsführung endete Brauns Vertrag keit beim Ost-Berliner Rundfunk sollte Braun 1957. Er stellte sich noch einmal für eine Über• noch einige Probleme bereiten. Vorgeworfen gangszeit als Programmdirektor zur Verfügung, wurde ihm vor allem, sich allzubald gewendet zu schied aber nach seinem 70. Geburtstag im Jahr haben. Braun selbst hat dagegen seine Arbeit 1958 endgültig aus seiner festen Tätigkeit aus. stets als unpolitisch betrachtet. 72 Als sich die Dem SFB blieb Braun noch lange Zeit als freier Situation in Berlin zuspitzte, war Anfang 1950 Mitarbeiter verbunden. Geehrt wurde er in den kein Platz mehr für Braun beim Berliner Rund­ Folgejahren mehrfach: 1958 erhielt Braun im funk, er kündigte seinen Vertrag. Braun mußte Namen des Berliner Senats den Berliner Baren, sich zum Abschied den Vorwurf des Dilettantis­ 1971 bekam er das Bundesverdienstkreuz am mus gefallen lassen. So begeistert sie Braun ge­ Bande, und 1973 wurde er zum 50jahrigen Be­ holt hatten, so emotionslos ließen ihn die Ost­ stehen des Rundfunks in Deutschland mit der Berliner Verantwortlichen schließlich gehen.73 Hans-Bredow-Medaille ausgezeichnet. 83 Das Ende seiner Arbeit für den Berliner Rund­ funk bedeutete für Braun, sich erneut der Film­ Die letzten 15 Jahre seines Lebens verwandelte regie zuzuwenden.74 Seine Nachkriegsfilme sich Altred Braun in die Figur des Spreekiekers, hatten beim Publikum durchaus Erfolg. Der Film der alle zwei Wochen Zwiesprache mit seinen »Stresemann« wurde 1957 mit der Goldmedaille Hörern hielt. 1962 entstand diese Berlin gewid­ des Europarats und dem Bundesfilmpreis aus­ mete Sendereihe. ln seinen Spreekieker-Sen­ gezeichnet. 75 Die Kritik aber war mit dem filmi­ dungen dachte Braun gemeinsam mit den Hö• schen Ergebnis nicht zufrieden. Sie sprach von rern Ober Berlin nach, machte Erinnerungen einem grob zusammengefügten Bilderbogen, plastisch, zitierte fast vergessene Dichterworte gravierenden Fehlern, Unbeholfenheit und einem und verband so fast unmerklich die Gegenwart Beispiel für die künstlerische Misere des deut­ mit der Vergangenheit. Goetz Kronburger berich­ schen Films. 76 tet, daß 1968 Brauns Sehkraft so nachgelassen Brauns Arbeit als Filmregisseur war nur eine hatte, daß er kein Manuskript mehr schreiben kurze Episode. Viel wichtiger für ihn, den Rund­ oder lesen konnte. Er ließ sich Dichterzitate funk und die Berliner, sollte die nächste Aufgabe vorlesen, prägte sich den genauen Wortlaut ein sein, die auf ihn wartete: die Position des Inten­ und sprach rund 20 Minuten lang ohne Manu­ danten beim neugegründeten Sender Freies skript den Text der jeweiligen Spreekieker-Folge Berlin (SFB).77 Doch aus vielen Lagern kamen frei ins Mikrofon. Durch mehr als ein halbes Bedenken gegen Braun - vor allem wegen seiner Jahrhundert hindurch war der Rundfunk for Vergangenheit im Dritten Reich und beim Ost­ Braun die Lust seines Lebens. Am 3. Januar Berliner Rundfunk. Dennoch wurde er 1954 zum 1978 starb Altred Braun - vier Monate vor sei­ Programmdirektor und in einem gesonderten nem 90. Geburtstag. Wahlgang zum Intendanten gewählt. Er war da­ Berlin hat Braun auch nach seinem Tod nicht mals bereits 66 Jahre alt. Mit der Wahl Brauns vergessen. Zur Erinnerung an den Rundfunk­ wollte sich die Presse nicht abfinden. Vor allem pionier wurde 1983 in Charlottenburg ein Denk­ die Zeitung »Berliner Welt am Sonnabend« und mal in Form einer Bronzeskulptur seiner Be­ SPD-nahe Blatter wie der »Telegraf« kamen mit stimmung übergeben. Und da steht er jetzt, der immer neuen, in aller Regel zutreffenden Enthül• Spreekieker, am lburger Ufer Ecke Arcostraße: lungen über seine Vergangenheit im Dritten breitbeinig, knorrig, die Pfeife in der Hand und Reich. 78 Vehement wurde Brauns ROcktritt ge­ schaut über den Fluß. 84 fordert. Seine Position beim SFB war durch die Pressekampagne jedoch nie ernsthaft gefahrdet. Dies lag vor allem an der breiten Unterstützung, die Braun bei den Rundfunkhörern Berlins und dem Berliner Verband der Rundfunk- und Fern­ sehteilnehmer fand.79 Braun wurde vieles ver­ ziehen, spielte er doch in politischen Fragen meist die Rolle eines Naiven. Es war sein ur- Jenter: Alfred Braun 203

Resümee Zeit zu treffen. Was er spater als Ziel jedes Re­ porters definierte, namlich Mitspieler auf der Alfred Braun hat von Berlin aus wie kaum ein BOhne eines Zeittheaters zu sein, das hat er von anderer das neue Medium Rundfunk gepragt. Anfang an instinktiv umgesetzt. Dabei blieb Ob Reportagen, Hörbilder oder Hörspiele - Braun wandlungsfahig und verstand es, sich in Oberall ist sein Einfluß erkennbar. Brauns eigent­ Sprache und Stimme gefühlvoll den Themen liche Pionierleistung liegt dabei auf dem Gebiet seiner Berichterstattung anzupassen. Dieser der Hörfunkreportage. Als erstem gelang es ihm, Fahigkeit hat er es wahrscheinlich zu verdanken, ein Ereignis nicht nur in Form von Fakten zu daß er mit seinem Reportagestil auch in der schildern. Mit dem Bericht vom Tempelhofer Nachkriegszeit noch bei den Hörern ankam - Flugfeld verhalf er 1927 einer Reportageform ganz im Gegensatz zu manchem seiner Kolle­ zum Durchbruch, die auch die Umstande eines gen. Ereignisses berücksichtigte und die Stimmung Braun ·ließ in seine Reportagen zahlreiche vor Ort wiedergab. Damit legte er den Grund­ Bilder und Methaphern einfließen. Eines seiner stein für ahnliehe Versuche bei anderen Rund:. wichtigsten Stilmittel war es, die Umgebung im funkgesellschaften, die das Genre Hörfunkrepor• Hinblick auf das zu repartierende Ereignis zu in­ tage schließlich fest etablierte. Zwar gab es im terpretieren. So gelang es ihm, Stimmungen zu Rundfunk der Weimarer Republik andere her­ transportieren. Braun zuzuhören war auch des­ ausragende Reporter, doch Braun zeichnete halb so fesselnd, weil seine Reportagen drama­ sich durch eine einzigartige Vielfalt an Themen turgisch aufgebaut waren. Dank guter Vorberei­ und deren Umsetzung aus. tung hatten sie eine klare Linie . und waren Alfred Brauns Erfolg basierte vor allem auf gleichzeitig immer wieder überraschend. Trotz seiner Experimentierfreude. Es gelang ihm, ohne dieser Inszenierung von Ereignissen blieb Braun größere theoretische Reflexionen das Richtige offen far das aktuelle Geschehen, das er genau zu tun. Trotz des Vorlaufers Pressereportage beobachtete. Die Wirkung seiner Berichte wurde geschah dies praktisch ohne Vorbilder oder auch durch den bewußten Einsatz seiner facet­ Traditionen. Der enge politische Rahmen der tenreichen und unverkennbaren Stimme unter­ Rundfunkarbeit in der Weimarer Republik hat ihn stützt. nicht daran gehindert, sich mutig auf das Neue So geradlinig Brauns Weg zum Erfolg gewe­ einzulassen. ln Konflikt mit den Berliner Zensur­ sen ist, so wandelbar waren andererseits · seine gremien ist Braun nie geraten, weil sich diese Überzeugungen. Es ist schwierig, aus heutiger seiner politischen Zuverlassigkeit sicher sein Sicht diesen ungewöhnlichen Werdegang zu be­ konnten. Als die Freiraume wuchsen, nutzte urteilen. An dieser Stelle soll auch keine Schuld­ Braun diese far mehr Reportagen. Nach dem frage geklart oder ein endgültiges Urteil gefallt Sport wurden auch Politik und Kultur zu Themen werden. Sicher ist aber, daß sich Braun haufig seiner Berichterstattung. ln nur wenigen Jahren mehr als unbedingt nötig mit den politisch Ver­ gelang es Braun und seinen Kollegen, fast alle antwortlichen arrangiert hat. Vor allem die Rück• heute bekannten Radioformen zu entwickeln. kehr 1939 nach Berlin und die Zusammenarbeit Sein Talent im Umgang mit der Sprache, ge­ mit Veit Harlan bleiben aufgrund der vorange­ fördert und entwickelt durch seine Bühnentatig• gangenen Erfahrungen mit dem NS-Staat un­ keit, nutzte er für das neue Medium Rundfunk. verstandlich. Der Wunsch, wieder aktiv und po­ Aus dem Schauspieler Alfred Braun wurde in pular zu sein, eine gewisse künstlerische Eitel­ kurzer Zeit ein Hörfunkjournalist Allerdings ein keit und das große Heimweh nach Berlin waren anderer, als man sich das heute vorstellt. Braun Braun offenbar wichtiger als eine feste politische ging seine Reportertatigkeit fast ohne kritische und moralische Überzeugung. Seine Kooperati­ Distanz zum Gegenstand der Berichterstattung on mit dem Dritten Reich ging aber nie soweit, an. Ob Ozeanflug, Verfassungsfeier oder Fuß• daß Dritte darunter zu leiden gehabt hatten. Und ballspiel - wie die Hörer am Radio ließ sich auch Braun selbst war in diesen Jahren trotz der Braun haufig selbst von den Ereignissen gefan­ vorhandenen Arbeitsmöglichkeiten in seinem gennehmen. Doch journalistische Distanz kann Wirken deutlich eingeschrankt. von einem ehemaligen Schauspieler auch kaum Festzuhalten bleibt, daß Altred Braun, zumin­ erwartet werden. Brauns Berichterstattung hatte dest öffentlich, sich mit seiner persönlichen Ver­ andere Ziele. Wie ein Schauspieler auf seine gangenheit praktisch kaum auseinandergesetzt Rolle, ließ er sich als Reporter auf die Ereignisse hat. Die mangelnde Auseinandersetzung mit der ein. Damit wollte er seine Zuhörer teilhaben und eigenen Vergangenheit erklart sich möglicher• miterleben lassen - so plastisch und anschaulich weise damit, daß Braun immer großen Zuspruch wie nur möglich. durch seine Hörer erfahren hatte. Sie stellten Mit einer temperamentvollen und leicht pa­ ihm eine Art Freibrief für seine wandelbaren thetischen Sprache gelang es ihm, den Ton der Überzeugungen aus. So wie Alfred Braun Berlin 204 Rundfunk und Geschichte 23 (1997) geliebt hat, wurde er auch von den Berlinern Anmerkungen verehrt. Bis zum Ende blieb ihm der Erfolg treu, der ihn schließlich auf den Intendantenposten * Zusammenfassung der Diplomarbeit Altred Braun des SFB führte. Unter diesen Umstanden mag er (1888 - 1978) - ein halbes Jahrhundert im Dienst kaum eine Notwendigkeit gesehen haben, sein des Radios. München 1996. eigenes Handeln in Frage zu stellen. Vgl. Alfred Braun: Achtung, Achtung, Hier ist Ber­ Alfred Brauns Reportagen sind in der Weima­ lin! Aus der Geschichte des Deutschen Rund­ rer Republik und auch in spateren Jahren fast funks in Berlin 1923-1932. Berlin 1968; Altred durchweg positiv aufgenommen worden. Einzi­ Braun: Der Spreekieker. Berlin 1965. ger Kritikpunkt war sein Hang, alles in eigener 2 Vgl. Goetz Kronburger I Klaus Lindemann: Altred Regie zu machen. Im übrigen genoß Braun eine Braun, 3.5.1888 - 3.1.1978. Ein Leben für den Popularitat, wie sie zumindest für einen Radio­ Rundfunk. SFB-Archivnummer: 27 /11 194 1-111. mann heute kaum mehr vorstellbar ist. Als ein­ zigartiger Schilderer des Berliner Milieus traf er 3 Vgl. Elmar Undemann: Literatur und Rundfunk in den Nerv seiner Zuhörer. Wahrend Kritiker und Berlin 1923-1932. Studien und Quellen zum lite­ rarischen und literarisch-musikalischen Programm Fachleute bei seinen Hörspielen geteilter Mei­ der »Funk-Stunde« AG Berlin in der Weimarer nung waren, ist das Urteil im Hinblick auf seine Republik. Bd. 1. Diss. Göttingen 1980. Reportagen eindeutig: Sie waren und sind ein Vorbild für die Hörfunkberichterstattung. Die Re­ 4 Vgl. Sibylle Bolik: Ein Pionier am Werk. Altred Braun zum 100. Geburtstag. Hörfunkmanuskript portage vom Trauerzug für Gustav Stresemann zur Sendung vom 3.5.1988. SWF-Archivnr.: 580- ist ein Beispiel dafür. 1998. Trotz der vorliegenden Ergebnisse bietet sei­ ne Rundfunkarbeit genug Stoff für weitere Unter­ 5 Vgl. Hans-Uirich Wagner: Alfred Braun und sein suchungen. Vor allem die zahlreichen Hörspiele Spiel vom Frieden - ein Essay zum Hörspiel »Ro­ meo und Julia«. Hörfunkmanuskript zur Sendung Alfred Brauns könnten Schwerpunkt künftiger in MDR-Kultur vom 17.5.1993. MDR-Archivnr.: Arbeiten sein. Daneben ware es interessant, 100 213 000 1. seine Arbeit beim Film genauer zu analysieren. Obwohl Alfred Braun ein Kind seiner Zeit war, 6 Frank Biermann: Paul Laven. Rundfunkberichter­ könnte der Hörfunkpionier auch den Radioma­ stattung zwischen Aktualität und Kunst. Münster chern ·von heute manche Anregung geben. Sei­ 1989. ne Reportagen sind mehr als ein anachronisti­ 7 Vgl. Klaus Winker: Fernsehen unterm Haken­ sches Dokument. ln Zeiten, in denen Ein­ kreuz. Organisation, Programm, Personal. Köln schaltquoten die Programme bestimmen und 1994, s. 353. immer ahnlicher machen, würde man sich haufig 8 Angaben laut Auskunft von Brauns Tochter Etta die Kreativitat eines Alfred Braun wünschen. Bei Ament am 8.5.1996. einigen Rundfunkanbietern gibt es bereits An­ 9 Vgl. die Schilderung Altred Brauns in: Stephan satze, wieder mehr Reportagen ins Programm Pflicht: Achtung! Achtung! - Hier ist Berlin. Rund­ zu nehmen. Angesichts einer immer unüber• funkpionier Altred Braun erzählt. Gesprächspart• sichtlicher werdenden Medienwelt muß das Ra­ ner: Dr. Stephan Pflicht. Sprecher: Percy Adlon. dio künftig auf unverkennbare Formen setzen. Produktion: Bayerischer Rundfunk 20.1.1975. Mit­ Die Reportage ist dazu besonders gut geeignet. schnitt, ohne Archivnummer. Sie verbindet die Möglichkeiten der Information 10 Vgl. den Lebenslauf Altred Brauns, unterschrie­ und Unterhaltung mit der Glaubwürdigkeit und ben am 15.4.1946 in Schlechtbach. Bundesarchiv Persönlichkeit des Berichterstatters. Etwas mehr Berlin (BA Berlin), Personalakte Altred Braun. Mut und Experimentierfreude, wie in der An­ 11 Vgl. Interpress Archiv: Braun, Altred Johann. Nr. fangszeit des Mediums Rundfunk, kann den 100/24.4.1978, Harnburg 1978, S. 2. Programmen nur guttun. Wenn es bestehen will, muß das Radio auch heute noch taglieh neu er­ 12 Vgl. o.V.: Das Künstlerporträt Altred Braun. ln: funden werden. , 28.4.1949. 13 Vgl. Gerhard Lamprecht: Deutsche Stummfilme 1919. Berlin 1968, S. 268; Ulrich J. Klaus: Deut­ sche Tonfilme Jg. 1 (1929130). Berlin 1988, S. 143. 14 Vgl. Nordwestdeutscher Rundfunk (Hrsg.): Den Schrittmachern des deutschen Rundfunks. Harn­ burg 1948, Bildunterschrift neben S. 25; Vgl. Kurt Wagenführ: Altred Braun gestorben. ln: Fernseh­ Informationen, Jg. 29 (1978), Nr. 1, S. 11; lrmela Schneider (Hrsg.): Radio-Kultur in der Weimarer Jenter: Alfred Braun 205

Republik. Eine Dokumentation. TObingen 1984, S. 30 Vgl. Hans Bodenstedt: Reportage. Vortrag, gehal­ 234. ten am 23. September 1930 in Wien anläßlich der Tagung des Programmausschusses der deut­ 15 Vgl. Kurt Pinthus: Die Dichtung. ln: Funk-Stunde schen Rundfunkgesellschaften. Als Manuskript AG (Hrsg.): FOnf Jahre Berliner Rundfunk. Ein gedruckt. [o.O. o.J.], S. 95-103. ROckblick 1923-1928. Berlin [o.J.], S. 96. 31 Vgl. dpa: Deutschlands erster Rundfunkreporter Vgl. Rudolf-GOnter Wagner: Wenn auch die Jahre 16 ist tot, 3.1.1978; W. Kinnigkeit: Neben Hindenburg enteilen .... Schauspieler, KOnstler, Typen im al­ populärster Berliner. Braun - der erste Rundfun­ ten und neuen Berlin. Berlin 1977, S. 59-67. kreporter. ln: SUddeutsche Zeitung, 3.5.1968; Ri­ 17 Vgl. Ludwig Kapeller: Pioniere der Hörspielkunst chard Walter: Alfred Braun: Und so begann das ln: Funk Jg. 2 (1925), H. 36, S. 441. neue Jahr vor 50 Jahren. ln: Welt am Sonntag, Berliner Lokalteil, 29.12.1974; Kurt Stahlschmidt: 18 Vgl. Alfred Braun: Das erste Jahrzehnt im Berliner Altred Braun. ln: Komitee FIOchtlingsdank (Hrsg.): Vox-Haus. ln: Rundfunk und Fernsehen Jg. 7 FIOchtlingsdank. Eine Chronik. Berlin 1954, S. XV; (1959), H. 1/2, S. 62-71. Zur »Stunde der Leben­ Munzinger Archiv: Internationales Biographisches 5 den« vgl. Martina Fromhold: Literarische Mosa­ Archiv, 22.4.78- Lieferung 16/78- K- 5772 : Al­ iksteine fOr die »Funk-Stunde«. ln: Mitteilungen tred Braun, d[eu]t[scher]. Regisseur und Rund­ StRuG Jg. 14 (1988), Nr. 3, S. 272-278. funkpionier. 19 Vgl. Sabine Schiller-Lerg: Walter Benjamin und 32 Vgl. Wolf Bierbach: Paul Laven (1902-1979). ln: der Rundfunk. Programmarbeit zwischen Theorie Mitteilungen StRuG Jg. 5 (1979), Nr. 4, S. 173. und Praxis. MOnehen 1984, S. 78. 33 Vgl. Heinz Grothe: Der letzte Rundfunkmann der 20 Vgl. Arnulf Kutsch: Rundfunkwissenschaft im ersten Stunde. Zum 85. Geburtstag Alfred Brauns Dritten Reich. Geschichte des Instituts fOr Rund­ am 3. Mai. ln: epd/Kirche und Rundfunk 1973, Nr. funkwissenschaff der Universität Freiburg. MOn­ 16, S.4. ehen 1985, S. 26-36. 34 Vgl. Bernhard Ernst: Fußballspiel im Rundfunk. 21 Vgl. u.a. Handschriften in der Bibliothek des The­ Die Erfahrungen der ersten deutschen Übertra• aterwissenschaftlichen lnstitus der Freien Uni­ gung in MOnster. ln: Der Deutsche Rundfunk Jg. 3 versität Berlin, Inventar-Nummer: A 3412. (1925), H. 46, S. 2982 f. 22 Braun selbst gibt 1928 als Eintrittstermin an. Dies 35 Vgl. Alfred Braun: Ein Klingelzeichen: Mikrofon ist aber offenkundig falsch. Vgl. Fragebogen der läuft. Elfmeter vor dem Hertha-Tor. ln: Berliner Reichsfilmkammer/Fachschaft Film. Berlin, 19.3. Morgenpost, 21.8.1973. 1941. ln: BA Berlin, Personalakte Altred Braun; o.V.: Altred Braun - Sozialdemokrat. ln: Berliner 36 Vgl. Goetz Kronburger. ln: Hans-Joachim Werbke: Herold, 10. -16.11.1929; o.V.: Was geht im Rund­ ZeitZeichen: 3. Januar 1978 - Todestag des funk vor? ln: Germania, 14.11.1929; o.V.: Politi­ Rundfunkreporters und Journalisten Altred Braun. sierung des Rundfunks. ln: Deutsche Allgemeine WDR 3.1.1983. WDR-Archiv 35-830103, S. 2f. Zeitung, 15.11.1929. 37 Vgl. Altred Braun. ln: Rosemarie Eick: Gespräch 23 Vgl. G. L., Funkstatist Volksgemurmel im Funk­ mit Altred Braun. Aufnahme: Juli 1969. SDR­ haus. FOr tonf Stunden Probe - ganze zwei Mark. Archiv 60- 12 301/1-11. Wie lebt ein Funkstatist? ln: Arbeiter-Sender Jg. 4 38 Vgl. Altred Braun: Flieger hielten Berlin in Atem. (1931), Nr. 49, [o.S.]. Mehr als hunderttausend Menschen waren aus 24 Christian Hörburger: Ein demokratisches Doku­ dem Häuschen. ln: Berliner Morgenpost, 23.8. ment. Bertolt Brecht, Die heilige Johanna der 1973. Schlachthöfe- Altred Braun zum 100. Geburtstag. 39 Vgl. Paul Kettel: Der Rundfunk im Dienste histori­ ln: Funk-Korrespondenz (1988), Nr. 19, S. P 9. schen Erlebens. ln: Der Deutsche Rundfunk Jg. 5 25 Vgl. Niederschrift Ober die Aufsichtsratssitzung (1927), H. 25, S. 1706. der Funk-Stunde AG am 9.5.1932. ln: BA Berlin R 40 Vgl. Wll. [Kurt Weill]: Chamberlain auf deutschen 78/583. Wellen. ln: Der Deutsche Rundfunk Jg. 5 (1927}, 26 Vgl. Der Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten an H. 25, S. 1714. Rundfunkkommissar Dr. Bredow vom 8.7.1932. 41 Vgl. Dö.: Als es in den Karnickelohren zu krackeln ln: BA Berlin R 78/585. begann. Die erste Reportage entstand unter dem 27 Vgl. W.: Kronzeuge Altred Braun. ln: Telegraf, Regenschirm. Vor 25 Jahren begann der Rund­ 25.5.1954. funk in zwei Stuben. ln: Neue Zeit, 27.10.1948. 28 Vgl. Eisholz an Auslandsorganisation der NSDAP 42 Vgl. o.V.: Rundfunk-Reportage. Mit dem Mikro (Abschrift). 28.9.1936. Politisches Archiv des Aus­ durch Breslau. ln: Der Deutsche Rundfunk Jg. 5 wärtigen Amts, Inland II AlB, R 99 582. (1927), H. 24, S. 1650. 29 Vgl. Hermann Kasack: Mikroreportage. ln: Die 43 Vgl. o.V.: Sommer der Musik. ln: Der Deutsche Sendung Jg. 6 (1929), H. 36, S. 587f. Rundfunk Jg. 5 (1927), H. 26, S. 1785f.; K.W. [Karl Walter): Kunst, Vorträge und Sport im Stutt- 206 Rundfunk und Geschichte 23 (1997)

garter Sender. ln: Der Deutsche Rundfunk Jg. 5 62 Vgl. -R.: Für »Freies Berlin« nicht geeignet. ln: (1927), H. 26, S. 1786. Telegraf, 28.2.1954; Wi .: Auch Altred Braun ist wieder da. Eine Laufbahn mit vielen Kurven. ln: 44 Vgl. - Femen -: »Die Nacht von Berlin«. Bei der Der Morgen, 6.12.1945. Aufnahme des Hörfilms. ln: Funk Jg. 4 (1927), H. 33, s. 261. 63 Kurt Wagenführ: Altred Braun gestorben. ln: Fern­ seh-Informationen Jg. 29 (1978), Nr. 1, S. 12. 45 Fred Hildenbrandt: Alfred Braun. ln: Berliner Ta­ geblatt (Abendausgabe), 12.10.1927. 64 Vgl. Anlage zum Fragebogen Altred Braun vom 2.7.1947. BA Berlin, Personalakte Altred Braun. 46 Vgl. H[ans] Tasiemka: Krisis des aktuellen Rund­ funks. ln: Der Deutsche Rundfunk Jg. 7 (1929), H. 65 Wolf Littmann: Ton ab, Kamera läuft. Reportage 14, s. 423. über Reportagen. Bayreuth 1984, S. 98. 47 Vgl. l.bd. (Lothar Band]: Erfrischende Vitalität im 66 Vgl. Veit Harlan: Im Schatten meiner Filme. Gü• Berliner Rundfunk. Hans Fleschs Reformen. ln: tersloh 1966, S. 101f., 116, 134, 143, 146. Eides­ Funk Jg. 6 (1929), H. 27, S. 118. stattliche Erklärung von Veit Harlan. Hamburg, 21.10.1946. BA Berlin, Personalakte Altred Braun. 48 Vgl. H. Ta. [Hans Tasiemka]: Dr. Hans Flesch beginnt. Die Berliner Funk-Stunde wird umorga­ 67 Vgl. SDR Wortdokumentation: Altred Braun bei nisiert. ln: Der Deutsche Rundfunk Jg. 7 (1929), Radio Stuttgart. Computerausdruck 11 .3.1996, S. H. 27, S. 872; Vortragsmanuskript von Hans 1-4; SDR Historisches Archiv: Braun an Taylor Jr. Flesch, Juni 1929. BA Berlin R 78/580. (Capt., Chief, Radio Branch); Taylor Jr. an Braun. [o.O.] 8.6.1946; Bestätigung von Taylor Jr. , 49 Vgl. u.a. Protokoll der Erweiterten Vorstands­ [o.O.), 8.6.1946. Sitzung der Funk Stunde Berlin, 31.10.1929. BA Berlin R 78/580. 68 Personaldirektion des Berliner Rundfunks an die Ausländische Abteilung der Zentral-Kommandan­ 50 Vgl. Funk-Stunde A.G. (Hrsg.): Das Berliner tur Berlin. Berlin, 21.3.1946. BA Berlin, Personal­ Rundfunkjahr 1930. Ein Rückblick. 1. Januar 1930 akte Altred Braun. - 31. Dezember 1930. Berlin [o.J.], S. 209-217. 69 Vgl. R.W.: Die Rückkehr Altred Brauns. ln: Der 51 Vgl. Funk-Stunde A.G. (Hrsg.): Die Programmge­ Kurier, 17.1.1947. staltung der Funk-Stunde A.G . in der Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1931. Berlin [o.J.], S. 7- 70 Vgl. o.V.: Neue Berlin-Sendungen des Rundfunks. 12. ln: Neues Deutschland, 13.11.1948. 52 Vgl. Deutsches Rundfunkarchiv Frankfurt am 71 Vgl. o.V.: Abfuhr für Radio Berlin. ln: Der Tag, Main 73 U 3141. 21.11.1948. 53 Vgl. Altred Braun: Frosterreportage aus Stockholm 72 Vgl. Bruno Rossow: Rundfunkalltag - aus der landete einwandfrei in Berlin. ln: Berliner Morgen­ Pförtnerloge beobachtet. Erinnerungen aus den post, 22.8.1973. ersten Jahren des demokratischen Rundfunks. ln: Beiträge zur Geschichte des Rundfunks Jg. 16 54 O.V.: Der Weg zur sozialistischen Reportage. ln: (1982), H. 3, S. 50f. Beiträge zur Geschichte des Rundfunks Jg. 2 (1968), H. 2, S. 54-59. 73 Vgl. o. V.: Braun verläßt Berliner Rundfunk. ln: Der Tag, 3.2.1950. 55 Vgl. Friedrich Knilli: Deutsche Lautsprecher. Ver­ suche zu einer Semiotik des Radios. Stuttgart 74 Vgl. H. R.: Das Porträt. Alfred Braun. ln: Filmwo­ 1970, s. 86. che, 15.9.1952; E.G .: »Die göttliche Jette«. ln: Stuttgarter Zeitung, 1.8.1961; Katholisches Institut 56 Vgl. Berliner Tageblatt, 11.12.1929; Deutsches für Medieninformation (Hrsg.): Lexikon des Inter­ Rundfunkarchiv Frankfurt am Main 66 U 3054. nationen Films. Bd. 10. Reinbek bei Harnburg 57 Vgl. Braun (wie Anm. 53). 1995, s. 6800. 58 Vgl. u.a. Stephan Stompor: Künstler im Exil: in 75 Vgl. Hans-Peter Kochenrath: Kontinuität im deut­ Oper, Konzert, Operette, Tanztheater, Schauspiel, schen Film. ln: Wilfried von Bredow I Rolf Zurek Kabarett, Rundfunk, Film, Musik- und Theaterwis­ (Hrsg.): Film und Gesellschaft in Deutschland. senschaft sowie Ausbildung in 62 Ländern. Teil1. Dokumente und Materialien. Harnburg 1975, S. Frankfurt am Main 1994, S. 209-212, 388f. 288. 59 Eisholz an Auslandsorganisation, (wie Anm. 28). 76 Vgl. o. V.: Weisungen aus Bonn: Stresemann. ln: Jg. 11 (1957), Nr. 5, S. 43ft. 60 Foerster an die Auslandsorganisation der NSDAP, 11.11.1936. Politisches Archiv des Auswärtigen n Vgl. o. V.: Hörer gesucht. Sender Freies Berlin. ln: Amts, Inland II AlB, R 99 582. Der Spiegel Jg. 8 (1954), Nr. 24, S. 26f. 61 Vgl. Persönlicher Referent des Reichsministers 78 Vgl. u.a. -R: Für »Freies Berlin« nicht geeignet. ln: für Volksaufklärung und Propaganda an Wiede­ Telegraf, 28.2.1954; -R: Noch einmal: Der Fall mann, 5.7.1937. BA Berlin, Personalakte Altred Braun. ln: Telegraf, 10.3.1954; Wolfgang Weinert: Braun. Spannungen um den künftigen SFB. ln: Die Welt, 29.3.1954; Berlin verlangt: Altred Braun, Veit Jenter: Alfred Braun 207

Harlans Regie-Assistent, darf nicht den neuen Sender >Freies Berlin< leiten. ln: Berliner Welt am Sonnabend, 17.4.1954. 79 Vgl. Gesellschaft der früheren Rundfunk-Ange­ stellten e.V. Berlin. Erklärung. ln: Der Tagesspie­ gel, 25.4.1954; Verband der Berliner Rundfunk­ und Fernsehteilnehmer, Berliner Hörerverband, Berlin-Charlottenburg. Erklärung. ln: Der Tages­ spiegel, 1./2.5.1954. 80 Vgl. Walter Hoffmann-Axthelm zum Tode von A. B. ln: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins Jg. 74 (1978), H. 2, S. 420. 81 Vgl. Altred Braun: Ein Jahr Sender Freies Berlin. ln: Rundfunk und Fernsehen Jg. 3 (1955}, H. 2, S. 157-160. 82 Friedrich Wilhelm Hymmen: Funkdirigent und Programmwart Zum Tod Altred Brauns. ln: Frank­ furter Allgemeine Zeitung, 5.1.1978. 83 Vgl. LM: Berliner Bär für Altred Braun. ln: Volks­ blatt, 4.5.1958; Bernd Phillipp: Die »Braunsche Röhre<< nicht erfunden, aber viel, viel mehr. ln: Die Welt, Lokalteil Berlin, 4.1.1978. 84 Vgl. Nes: Spreekieker in Bronze zur Erinnerung an Altred Braun. ln: Berliner Morgenpost, 4.5. 1983; Wilfried Zierke: Flunkern und Flüstern ge­ hörte zum Geschäft. ln: Berliner Morgenpost, 1.5.1988. Stefan Kursawe

Stimmen der »Stunde Eins« Politische Kommentare im Stuttgart der unmittelbaren Nachkriegszeit*

Mit dem Einmarsch der alliierten Truppen in kungen umgingen, zeigt sich exemplarisch bei Deutschland und der Kapitulation vom 8. Mai der Untersuchung der Wochenkommentare von 1945 lag das Informationsmonopol bei den Be­ Radio Stuttgart und der Leitartikel der »Stuttgar­ satzungsmachten. Nach der in den Medien tat­ ter Zeitung« (StZ) sowie der »Stuttgarter Nach­ sachlich vorhandenen »Stunde Null«, sollten richten« (StN) bis einschließlich Juni 1947. Die deutsche Journalisten nach dem Willen der Sie­ Kommentare bzw. Leitartikel sind deshalb von ger aber bald wieder - unter von Zone zu Zone besonderem Interesse, da zu vermuten ist, daß unterschiedlichen Bedingungen - bei der Bericht­ diese angesichts der zunachst beschrankten erstattung mitarbeiten. ln der US-Zone durften (partei-)politischen Ausdrucksmöglichkeiten, die Deutsche seit Herbst 1945 wieder hinter das Mi­ politischen Aussagen der Nachkriegszeit kom­ krophon, bereits im August 1945 vergab die In­ primiert widerspiegeln. Dies gilt besonders für formation Control Division (ICD) die ersten Li­ die Leitartikel, die idealtypischerweise »die zenzen fOr Zeitungen. Vorzensur im unter direk­ Quintessenz oder die Flagge der Zeitung« sein ter amerikanischer Kontrolle verbliebenen Rund­ sollten.S Kann der Leitartikel als Indikator für die funk und strenge Nachkontrollen, beschrankte politische Richtung einer Zeitung verstanden Nachrichtenauswahl sowie Themenrestriktionen werden, so sind solche Verallgemeinerungen in den Zeitungsredaktionen kennzeichneten bis beim Rundfunk allerdings nicht uneingeschrankt September 1946 die Arbeitsbedingungen der zulassig. Das Programm eines Senders besteht Journalisten. Dann lockerte die ICD schrittweise nicht nur aus Politik- und Kultursendungen, son­ die Bestimmungen. Somit befanden sich die dern bietet ein tagesbegleitendes Angebot. Die­ deutschen Journalisten der unmittelbaren Nach­ ses war bei Radio Stuttgart schon seit Dezember kriegszeit in einer Zwickmühle. Einerseits war es 1945 im Ansatz vorhanden und entwickelte sich ein wesentlicher Teil ihrer Arbeit - neben der Be­ stetig.s Daher richtet sich das Erkenntnisinteres­ seitigung des auf den Nationalsozialismus zu­ se neben einer Annaherung an die medialen rückzuführenden Informationsdefizits -, an der Themenagenden der frOhen Nachkriegszeit auf Reeducation der deutschen Bevölkerung mitzu­ deren Unterschiede in Presse und Rundfunk. wirken und ihr die Demokratie nahezubringen. Welche Themen prasentierten die Kommentato­ Andererseits mußte dies aber innerhalb eines ren, in welchen Bereichen gab es Differenzen, weisungsabhangigen Rahmens und unter Kon­ und welche Gründe können for diese Auswahl trolle einer Besatzungsmacht erfolgen. Wie sich angeführt werden? DarOber hinaus ist zu fragen, die Berichterstattung in der US-Zone in der wie sich die verschiedenen Kontrollmodalitaten Realitat aber las oder anhörte, ist bislang unzu­ in den beiden Medien auf die Politikvermittlung reichend erforscht, Darstellungen Ober die me­ auswirkten. Wie konnten die deutschen Journa­ dialen Inhalte der Nachkriegszeit liegen kaum listen zum politischen Willensbildungsprozeß, vor.1 Ein Hauptgrund dafor ist im Rundfunk die der ja ausdrücklich gefördert werden sollte, bei­ »gigantische MaterialfOlie angesichts standig tragen, wenn ihnen Zensoren scharf auf die Zei­ ausgeweiteter Programme«,2 die ihre Entspre­ len bzw. die Lippen sahen und nicht konforme chung in der »phanomenalen ZeitschriftenbiOte« Aussagen den Arbeitsplatz kosten konnten? Zu­ fand, die der informationshungrigen Öffentlich• satzlich ist die politische Ausrichtung des jeweili­ keit der Nachkriegszeit Rechnung trug.3 gen Mediums zu untersuchen - wobei zwischen Von den medienpolitisch sehr problemati­ der StZ und der StN auch intramediar Unter­ schen Grundvoraussetzungen waren aber nicht schiede bestehen -, um zu prüfen, ob sich aus nur die bloße Nachrichtengebung und die Be­ der Analyse des damaligen journalistischen Ist­ richterstattung betroffen, sondern auch das Gen­ Zustandes Schlußfolgerungen für das entste­ re der Kommentare bzw. Leitartikel.4 Nur in die­ hende System der bundesrepublikanischen Me­ sen durfte nach dem angloamerikanischen dien ergeben. Finden sich in den Kommentaren Grundsatz der strikten Trennung von Meinung der »Stunde Eins« Hinweise auf das spatere und Nachricht ge- und bewertet werden, die deutsche Mediensystem? Kontrollen in diesem Bereich waren besonders streng. Wie die ersten deutschen Nachkriegskom­ mentatoren mit den ihnen auferlegten Beschran- Kursawe: Stimmen der »Stunde Eins<( 209

Quellenbasis und Methodik zwölf Kommentaren und Josef Eberle mit sechs Kommentaren. Die übrigen Leitartikel wurden vor Radio Stuttgart, die Rundfunkstation des im und nach dem Lizenzträgerwechsel von zahlrei­ September 1945 neugegründeten Landes Wort­ chen Gastkommentatoren übernommen, die temberg-Baden, strahlte von Oktober 1945 bis zum großen Teil nur einen Leitartikel verfaßten. Juni 1946 die »Radio Wochenschau« (RWS} Über 70 fast ausschließlich mannliehe Leitartikler aus. Diese wurde von dem aus dem britischen aus den verschiedensten Organisationen, Par­ Exil zurückgekehrten SPD-Mann Fritz Eberhard teien und Verwaltungsstellen trugen in 319 (1896- 1982} gestaltet. Nach dessen bis heute Kommentaren, davon 34 Kurzkommentare, dem ungeklärtem Ausscheiden im Mai 1946 Ober­ amerikanischen Bestreben nach Meinungsplura­ nahm der aus Amerika repatriierte und in der lismus Rechnung.10 Weimarer Republik ebenfalls der Sozialdemo­ Im Gegensatz zur StZ war die Zahl der kratie nahestehende Fritz Ermarth (1909- 1948} Kommentatoren in den Mitte November 1946 li­ im Juli 1946 die samstagliehe Sendung. Der zensierten StN begrenzt. Die Zeitung erschien in ausgezeichnete Sendeplatz von 19.30 bis 19.45 der Regel dreimal wöchentlich, fast in jeder Aus­ Uhr belegt die Bedeutung, welche die Pro­ gabe mit einem bis drei politischen Kommenta­ grammverantwortlichen der Sendung beimaßen. ren auf der zweiten Seite. Ein Großteil der ins­ Sie wurde unter dem Titel »Der Politische Wo­ gesamt 161 Kommentare im untersuchten Zeit­ chenbericht« (PWB} bis Ende Juni 1947 fortge­ raum wurden von den, nun ebenfalls in ihren setzt, als Ermarth Intendant wurde? Rund 80 politischen Anschauungen in hohem Maße Prozent der Manuskripte der Wochenkommenta­ übereinstimmenden, drei Lizenztragern Henry re sind als Sende- bzw. Honorarbelege, erhalten. Bemhard (38 Leitartikel}, Erwin Schoettle (1899- Das politisch unausgeglichen Lizenznehmer­ 1976}, SPD (27}, und Otto Färber (1892-1993}, trio der StZ, bestehend aus Karl Ackermann CDU-nah (18}, übernommen. Weitere Kommen­ (1908-1996}, Josef Eberle (1901-1986} und tatoren waren Anton Frey (22}, Fritz Eberhard Konsul a.D. Henry Bernhard (1896-1960}, veröf• (9}, Frank E.W. Drexler (t 1974} (10} sowie ein fentlichte seit der Gründung der Zeitung im nicht zu identifizierender Kommentator, der mit September 1945 in fast jeder Ausgabe einen, dem Kürzel »bö« zeichnete (13}. Die wenigen seltener auch drei kurze politische Kommen­ sonstigen Autoren kommentierten nur vereinzelt. tar(e} auf der ersten Seite.S Die StZ erschien bis Parteienvertreter kamen (außer den Landtags­ August 1948, mit Ausnahme des Zeitraums von abgeordneten Bernhard und Schoettle sowie April bis Juli 1946, durchgängig ·nur zweimal in Eberhard} nicht zu Wort; gleichfalls keine Vertre­ der Woche, davon einmal samstags. Hauptauto­ ter der Landesregierung oder der staatlichen ren von Leitartikeln waren zunächst Ackermann, oder kommunalen Administration.11 damals noch KPD-nah (25 Kommentare}, und Die Leitartikel beider Zeitungen waren nicht Bernhard, FDP/DVP (24 }. Eberle, anfanglieh ausdrücklich als Meinung gekennzeichnet, son­ SPD-nah, seit Mitte 1946 bei der DVP anzusie­ dern jeweils mit einer kurzen, oft pointierenden deln, hielt sich zunächst mit nur zwei Kommenta­ Überschrift versehen. Die Untersuchung basiert ren zurück. Weitere häufig Kommentierende wa­ somit auf 55 Wochenkommentaren von Radio ren Anton Frey (1901-1990} (12}, Willi Bohn Stuttgart und 480 Zeitungskommentaren. (1900-1985}, KPD (8}, Richard Schmid (1899- Um diese Textmengen systematisch in den 1986}, SPD (7}, Robert Götz (5}, sowie Fritz Griff zu bekommen wurde eine sogenannte Eberhard (6}, der neben seiner Tätigkeit bei Ra­ »Kunstseite« gebildet, auf die die Textmenge dio Stuttgart auch für die StZ und später die StN umgerechnet wurde. Dadurch werden die unter­ kommentierte. Zwar gehörten politische Gegen­ schiedlichen Textformate vergleichbar. satze zum Wesen der Gruppenzeitungen, doch Ermarths Kommentare machen durchschnitt­ erwiesen sich diese im Falle der StZ - insbeson­ lich vier Kunstseiten aus, diejenigen Eberhards, dere zwischen Ackermann und Bernhard - als zu der langsamer sprach, dagegen viereinhalb. ln stark. Eine fruchtbare Entwicklung des Blattes der Regel behandelten die Radiokommentare konnte nicht gewahrleistet werden. Nachdem mehrere Schwerpunktthemen, auf die sich die zusatzlieh aus der Bevölkerung ein wachsender Seitenanzahl verteilt. Füllt ein Thema zumindest kommunistischer Einfluß beklagt wurde, kam es eine Viertei-Kunstseite, wurde der entsprechen­ im September 1946 zu einem Wechsel der Li­ de Seitenumfang diesem Thema zugerechnet. zenztrager der StZ und zwei Monate später zur Die Länge der Leitartikel variiert stark. Es gibt Gründung der StN.9 Die neuen Verantwortlichen Kurzkommentare, die einer halben Kunstseite der StZ, die politisch besser harmonierten, wa­ entsprechen, aber auch Kommentare mit einem ren Erich Schairer (1887-1956}, ein bekennen­ Umfang von bis zu dreieinhalb Kunstseiten. Die der Linkssozialist, der zwölf Kommentare verfaß• anstelle eines langen Leitartikels in den StN te, Franz Karl Maier (1910-1984} mit ebenfalls häufig abgedruckten zwei oder drei Kommentare 210 Rundfunk und Geschichte 23 (1997) sind oftmals genauso lang wie ein Leitartikel der 9. Die »Medien«: Diesem Bereich werden alle StZ. Den Kommentatoren der StN stand deutlich Aussagen Ober Presse und Rundfunk zugeord­ mehr Platz zur Verfügung. Die Mehrzahl der net. Kommentare hat einen Umfang zwischen ein­ 10. Die »Kultur«: Darunter fallen neben kultu­ einhalb und zweieinhalb Kunstseiten. Da die rellen Ereignissen primar Fragen der Bildungs­ Leitartikel nicht selten mehrere Themen behan­ politik. deln, wurde in diesem Fall das Hauptthema oder 11. Der »Kalte Kriege<: Dieser Bereich bildet gegebenenfalls die verschiedenen Hauptthemen den sich entwickelnden Ost-West-Konflikt ab. des Kommentars der Seitenanzahl zugeordnet. 12. Die »Wahlen« umfassen die Vorbereitun­ Ziel war es, die Textmenge des jeweiligen Kom­ gen und Ergebnisse der seit Januar 1946 statt­ mentars möglichst vollstandig zu erfassen. The­ findenden Wahlen in deutschen Gebieten unter men, die wegen des geringen Umfangs (ein oder alliierter Besatzung, aber auch Erörterungen zwei Satze) nicht als Hauptthema klassifiziert Ober das Wahlsystem. werden konnten, blieben unberücksichtigt.12 13. Den »Parteien« werden alle die Außerun• ln den Kommentaren sind Ober 40 einzelne gen eingeordnet, die sich mit den neu- bzw. wie­ Themen behandelt worden, die 14 Obergreifen­ dergegründeten politischen Parteien befaßten, den Kategorien zugeordnet werden können: auch solche von Parteienvertretern in der StZ 1. Die »territoriale und wirtschaftliche Gestal­ 14. Die »sonstigen Themen«: Unter dieser tung Deutschlands«: Darunter fallen Aussagen Rubrik werden alle Themen erfaßt, die nicht un­ über die deutsche Einheit bzw. Teilung, die ter die übrigen Kategorien fielen. deutschen Grenzen und auch die Erörterungen Der Übergang zwischen den Kategorien ist der Besitzverhaltnisse an Rhein, Ruhr und Saar. teilweise fließend. Beispielsweise können Aus­ Hierzu zahlen auch die Probleme des künftigen sagen im Zusammenhang mit den »internationa­ deutschen Wirtschaftssystems. len Konferenzen« auch im Bereich »Kalter 2. Die »internationalen Konferenzen«: Unter Krieg« wiedergegeben werden, da diese Kate­ diesen Bereich fallen alle Konferenzen, auf de­ gorien zumindest 1947 eng zusammengehörten. nen die Siegermachte über Deutschland oder Deshalb wird bei der Wiedergabe der Aussagen andere Staaten verhandelten, aber ebenso die deren Signifikanz für die Darstellung eines The­ Berichterstattung Ober die neugegründeten Ver­ menbereichs berücksichtigt. einten Nationen. 3. Die »Entnazifizierung«: Unter diesem Punkt werden die personelle Sauberung von ak­ Themenagenden tiven Parteigangern der NSDAP und der Nürn• berger Prozeß zusammengefaßt. Dritter wichti­ Das zentrale Thema in den Kommentaren der ger Aspekt war die Auseinandersetzung mit den frühen Nachkriegszeit im Kommunikationsraum Ursachen und Triebfedern des Nationalsozialis­ Stuttgart, welches rund ein Fünftel der Agenda in mus und des Militarismus. Rundfunk und Presse ausmachte, war die »Ent­ 4. »Soziale Themen«: Darunter fallen Pro­ nazifizierung« (vgl. Tab. 1 ). ln der Presse domi­ bleme der Versorgungslage, der Flüchtlinge oder nierte es starker als im Rundfunk, denn in den beispielsweise auch die Situation der deutschen Printmedien blieb der Anteil aller anderen The­ Jugend. men unter 10 Prozent. Im Rundfunk lag dagegen 5. Die »politischen Gremien und Administrati­ mit den »internationalen Konferenzen« ein zwei­ on«: Dies beinhaltet die kommunale und staatli­ tes Hauptthema vor. che Verwaltung, die entstehenden politischen Deutliche Unterschiede waren bei den Themen Volksvertretungen sowie Verfassungsfragen. mit internationalem Charakter und den »Partei­ 6. Der »Aufbau«: Dieser Rubrik werden alle en« zu sehen. Die außenpolitische Orientierung Themen zugeordnet, die sich mit dem wirtschaft­ der Wochenkommentare bei Radio Stuttgart tritt lichen und politischen Aufbau der Nachkriegsge­ klar hervor, wenn man die Kategorien zusam­ sellschaft befaßten. menfaßt, die von internationalen Akteuren do­ 7. Die »internationalen Themen«: Darunter miniert wurden. Die »internationalen Themen«, fallen, abgesehen von außen- und innenpoliti­ die »internationalen Konferenzen«, die »territori­ schen Vorgangen anderer Lander, auch das ale und wirtschaftliche Gestaltung« und der Thema Atomwaffen. »Kalte Krieg« brachten es in den Wochenkom­ 8. Die »Interessengruppen«: Hierzu zahlen mentaren von Radio Stuttgart auf 45 Prozent, alle Aussagen Ober die Kirchen, Gewerkschaften wahrend der Anteil dieser Themen in den Leitar­ und sonstige Verbande sowie Überlegungen, die tikeln der Presse mit 24 Prozent deutlich gerin­ sich den Problemen der Arbeiterschaft widme­ ger lag. Bei der Zusammenfassung der innnen­ ten. politisch orientierten Kategorien ergibt sich eine Konzentration der Presse auf diesen Bereich: 211 Rundfunk und Geschichte 2~ . (1997)

Tabelle 1: Rundfunk Entnazifizierung soziale Themen Aufbau politische Gremien/Administration internationale Themen territoriale/wirtschaftliche Gestaltung Parteien sonstige Themen Wahlen Kalter Krieg Medien Interessengruppen internationale Konferenzen Kultur ~--~------_.--~------~ 30 25 20 15 10 5 0 5 10 15 20 25 30 Prozent Prozent I DRadio, n = 227,75 Seiten DZeitungen, n =500,75 Seiten

Themen in Prozent, Wochenkommentare Radio Stuttgart - Leitartikel StuttgarterTagespresse September 1945 bis Juni 1947

Tabelle2: RWS mit Fritz Eberhard internationale Konferenzen Entnazifizierung territoriale/wirtschaftliche Gestaltung internationale Themen Aufbau Wahlen politische Gremien/Administration soziale Themen sonstige Themen Parteien Interessengruppen Kalter Krieg Kultur 35 30 25 20 15 10 5 0 5 10 15 20 25 30 35

Prozent Prozent , I ORWS, Fritz Eberhard n = 86,25 Seiten DStZ Jahr 1 = 179,75 Seiten

Themen in Prozent, RWS mit Fritz Eberhard (Oktober 1945 bis Mai 1946)­ StZ Jahr 1 (September 1945 bis Mitte September 1946) 212 Rundfunk und Geschichte 23 (1997)

Tabelle 3: PWB mit Fritz Ermarth Entnazifizierung internationale Themen territoriale/wirtschaftliche Gestaltung Kalter Krieg Aufbau internationale Konferenzen soziale Themen politische Gremien/Administration sonstige Themen Medien Wahlen Parteien Interessengruppen Kultur ~~------~----~-L~------~ 30 25 20 15 10 5 0 5 10 15 20 25 30 Prozent Prozent I DPWB, Fritz Ermarth n= 141,3 OStZ Jahr 2 und StN n = 321

Themen in Prozent, PWB mit Fritz Ermarth (Juli 1946 bis Juni 1947) - StZ Jahr 2, (September 1946 bis Juni 1947) und StN

Auf die »Entnazifizierung«, die »politischen Gre­ »Kultur« und die »Medien«, besetzte die RWS mien und Administration«, die »Wahlen«, die mit 16 Prozent, die StZ aber mit fast 30 Prozent. »Parteien« und »Interessengruppen« entfielen Anders präsentieren sich die Agenden bei 44 Prozent der Leitartikel, wahrend sich von den dem Vergleich der Themenverteilung des ge­ Radiokommentaren nur knapp 34 Prozent der samten PWB mit Fritz Ermarth (Juli 1946 bis Beitrage mit diesen Themen befaßten. Die teil­ Juni 1947) mit beiden Tageszeitungen seit Mitte weise mehr am alltagliehen Leben orientierten September bzw. November 1946 (vgl. Tab. 3). Kategorien, wie die »sozialen Themen«, der Die Themenverteilung war allgemein deutlich »Aufbau«, die »Kultur«, die »Medien«, und die einheitlicher und die BerOcksichtigung der Kate­ »sonstigen Themen« hatten im Rundfunk einen gorien in beiden Medien ausgeglichener. Die Anteil von gut 22 Prozent, in der Presse aber außenpolitischen Themen nahmen auch in die­ von Ober 30 Prozent. Die Entstehung dieser sem Zeitraum mit 44 Prozent die dominante Agenda wird durch die Teilung des Untersu­ Stellung im PWB ein, die Leitartikel der Zeitung chungszeitraums in zwei Perioden deutlich (vgl. lagen nun aber bei einem Anteil von Ober 30 Tab. 2). Prozent. Die Innenpolitik beherrschte zu 41 Pro­ Der Anteil an außenpolitisch orientierten The­ zent weiterhin die Pressekommentare, der PWB men, die »internationalen Themen«, die »inter­ lag jedoch nun bei 31 Prozent. Die Obrigen Ka­ nationalen Konferenzen«, die »territoriale und tegorien und die »sonstigen Themen« näherten wirtschaftliche Gestaltung« und der »Kalte sich mit 29 Prozent in der Presse und 25 Pro­ Krieg«, lag in der RWS fOr diesen Zeitraum bei zent im Rundfunk ebenfalls einander an. knapp 47 Prozent, während die StZ in den Leit­ artikeln in diesen Bereichen nur auf 14 Prozent Demnach waren die Wochenberichte bei Radio kam. Auf die innenpolitisch orientierten Themen, Stuttgart stark außenpolitisch orientiert, wahrend die »Entnazifizierung«, die »politischen Gremien die Presse primar die innenpolitischen Probleme und Administration«, die »Wahlen«, die »Partei­ besetzte. Vor der Lockerung der Vorschriften im en« und »Interessengruppen« entfielen in dieser Bereich der Nachrichtenkontrolle durch die ICD Zeit bei der StZ Ober 56 Prozent, bei der RWS Ende September 1946 offenbarte sich diese Tat­ gut 37 Prozent. Die mehr dem alltagliehe Leben sache deutlich. Nach diesem Datum blieben die zugewandten Bereiche, die »sozialen Themen«, medienspezifischen Präferenzen bestehen, al­ der »Aufbau«, die »sonstigen Themen«, die lerdings ist eine Annäherung in allen Themenbe­ reichen festzustellen. Vernachlässigt man per- Kursawe: Stimmen der »Stunde Eins« 213 sönliche Themenvorlieben, ist zu vermuten, daß nen nur selten dezidiert eine politische Position die Lockerung der amerikanischen Vorgaben bezogen wurde. Hier sollten nicht Meinungen und so der bessere und vielfaltigere Nachrich­ geaußert, sondern informiert werden. Dadurch tenfluß zu einer homogeneren Themenverteilung aber, daß Eberhard »die russische Aktion gegen in den Wochenkommentaren Fritz Ermarths und die ostdeutschen landwirtschaftlichen Groß• den Leitartikeln der Stuttgarter Tagespresse seit grundeigentümer und die britische Aktion gegen September 1946 führte. die westdeutschen Schwerindustriellen« als »auf lange Sicht wichtiger« beschrieb »als vieles, was sonst in einem künftigen Friedensvertrag stehen Gegenüberstellung der Themen mag«, 15 belegte Eberhard, daß er vor dem Hin­ tergrund einer umfassenden politischen saube­ Zunachst ist das völlige Fehlen lokaler bzw. re­ rung die Hinwendug zum Sozialismus als unmit­ gionaler Themen und Bezugnahmen auffallig. telbare Gegenwartsaufgabe begriff. Weder die Leitartikel noch die Wochenkommen­ Ermarth führte seit Juli 1946 die Werbung für tare enthielten z.B. Bemerkungen zur notwendi­ die personelle Sauberung fort. Sein Hauptan­ gen Integration der neu zugewanderten Bevölke• liegen war in Anbetracht des Wiederaufbaus ei­ rung. Die unterschiedlichen Reichweiten von ne rasche Lösung des Entnazifizierungspro­ Radio Stuttgart (für ganz Nordwürttemberg und blems: »Rache - nein! Aber Sauberung! Und Nordbaden) und der Stuttgarter Tagespresse sauberung heißt: Sauber werden. ( .. .)-und das (für den Großraum Stuttgart) hatten keinen Ein­ ist eine der vordringlichen politischen Aufgaben, fluß auf die Themenauswahl der untersuchten die in diesem Jahr 1947 bewaltigt werden müs• Kommentare. sen.«16 Unter den haufigen Stichworten »Um­ kehr und »Versöhnung« waren die Mitlauter sein Entnazifizierung Thema.17 Er wollte eine »Brücke« bauen und sah bei vielen Menschen eine »Bereitwilligkeit Die Entnazifizierung hatte für beide Medien we­ ( ... )von dem tragischen Irrtum abzurücken«, der gen ihrer immensen Bedeutung quantitativ den­ zur Katastrophe geführt hatte.18 selben hohen Stellenwert. Vor September 1946 Nachdem in den Zeitungen und Zeitschriften gab es darüber allerdings große Unterschiede in seit September 1946 auch die Entnazifizierung der Berichterstattung in Rundfunk und Tages­ kommentiert werden durfte, kam es über den presse. Wahrend Fritz Eberhard und dann seit »Fall Maier/Simpfendörfer« zu wahren Kommen­ Juli 1946 Fritz Ermarth in den Wochenkommen­ tarschlachten zwischen der StZ und den StN, in taren die Maßnahmen der Besatzer im Rahmen denen die unterschiedlichen Auffassungen der der personellen Sauberung (vor allem das Be­ beiden Zeitungen bezüglich der personellen freiungsgesetz) erlauterten, wandten sich die sauberung sichtbar wurden.19 Stein des Ansto­ Kommentatoren der StZ, die zunachst die deut­ ßes war die Zustimmung des Ministerprasiden­ sche Innenpolitik nicht kommentieren durften, ten Reinhold Maier (DVP) sowie des spateren der Auseinandersetzung mit Nationalsozialismus Kulturministers Wilhelm Simpfendörfer (CDU) und Militarismus zu (s.u.). zum Ermachtigungsgesetz am 23. Marz 1933 im ln den Wochenkommentaren kamen Eber­ Reichstag. Simpfendörfer hatte darüber hinaus hard und Ermarth ihrer Aufgabe nach, für die 1936 in einem Zeitschriftenartikel zur Reichs­ unpopulare personelle Sauberung und die Maß• tagswahl für Hitler geworben, wie dies im Marz nahmen der Besatzer zu werben. Eberhard 1947 durch eine Veröffentlichung der StZ be­ stellte stets die Notwendigkeit dar, die Entnazifi­ kannt wurde.20 zierung als moralischen Testfall innerdeutsch zu Der Mitherausgeber der StZ Franz Karl regeln.13 Mit der Kommentierung des Befrei­ Maier, der im Fall Hjalmar Schacht zum öffentli• ungsgesetzes im Marz 1946 hatte Eberhard al­ chen Anklager bestimmt wurde, forderte seit No­ lerdings - untypisch für die der Militarverwaltung vember 1946 als orthodoxer Verfechter des Be­ konformen Wochenkommentare - seine Schwie­ freiungsgesetzes dazu auf, R. Maier als Betrof­ rigkeiten. Er beschrieb zwar den Vorteil der indi­ fenen und Simpfendörfer als Hauptschuldigen im viduellen Nachprüfung, sprach aber dann von Sinne des Befreiungsgesetzes einzustufen.21 der :.schweren Operation, die dem deutschen Als F. K. Maier schließlich die Anklageschrift ge­ 4 Volk bevorsteht.«1 Der Kommentar war sehr gen R. Maier und Simpfendörfer im Januar 1947 pessimistisch gehalten, Eberhard war sich der selbst einreichte, bezogen die Kommentatoren schweren Hypothek bewußt, als die sich das der StN demgegenüber eine realpolitische, ge­ Befreiungsgesetz erweisen sollte. Ebenfalls im maßigtere Position. Nachdem F. K. Maier wie­ Rahmen der Entnazifizierung machte Eberhard derholt polemisch die Haltung der beiden Politi­ im Februar 1946 eine der wenigen politischen ker als undemokratisch22 kritisierte und das Aussagen in den Wochenkommentaren, in de- :.gesetzwidrige Verhalten« des Befreiungsmini- 214 Rundfunk und Geschichte 23 (1997) sters Gottlob Kamm (SPD) beklagte, der untätig Die Kommentatoren der StN dagegen waren in bliebe,23 gaben die Herausgeber der StN ein allen Belangen verstärkt um Ausgleich bemüht, gemeinsam unterzeichnetes »Wort zur Klärung« die Leitartikel waren weniger pointiert gehalten, ab;24 Bemhard hatte zuvor bereits vor einer die Sprache milder. »krampfhaften Ausweitung« der Entnazifizierung Die Auswechslung der Lizenzträger und die gewarnt.25 Wahrend F.K. Maier in der StZ die Lizensierung einer zweiten Zeitung durch die Politiker angriff, um, wie Erich Schairer im Fe­ Amerikaner hatte demzufolge zum Ergebnis, daß bruar 1947 betonte, das »zarte Pflänzchen« beide Blätter gegenober der originären binnen­ Demokratie zu pflegen26 - tatsachlich aber das konfliktträchtigen StZ »ein jeweils einheitlicheres, Ziel verfolgte, die Koalitionsverhandlungen Ende gegenOber dem anderen Blatt abgegrenztes 1946 zu beeinflussen und Simpfendörfer »abzu­ Profil entwickelten«.32 Dabei zeigte sich, daß sagen«27 - stellten sich die Herausgeber der StN beide Zeitungen dasselbe Ziel verfolgten, näm• schützend vor die Parlamentarier. Sie beklagten lich die Grundsteinlegung für eine neue Demo­ deren schwierige Aufgaben des Aufbaus und kratie. Dazu wurden aber zwei völlig konträre verurteilten F.K. Maiers Anschuldigungen als Wege beschritten. Denn während die StZ gerade »rechthaberische und dialektische Selbstge­ in der Auseinandersetzung mit der Vergangen­ rechtigkeit« .28 So gab zwar in den StN der heit eine Stärkung der Demokratie sah, vertraten streng katholische Otto Färber nach der Veröf• die StN die Position, »eine Abrechnung gefährde fentlichung des Artikels Simpfendörfers von 1936 die zarte Pflanze der Demokratie, ihr Wachstum seinen »inneren Widerwillen« zu, versuchte aber könne dadurch schwer beeinträchtigt, mögli• die Sachlage zu relativieren. Färber betonte, cherweise gar zerstört werden.«33 »wer Minister stürzen oder machen will, muß Mit welch großer Emotionalität das Themen­ sich also im klaren sein, ob er Stabilität oder un­ feld EntnazifiZierung bisweilen diskutiert wurde - fruchtbare Unruhe beabsichtige«.29 ln diesem der »Fall Maier/Simpfendörfer« beschäftigte Sinne sprachen sich die drei Herausgeber der auch andere Medien in Deutschland34 -, zeigt StN Ende Marz 1947 dafür aus, daß nun Schluß die Reaktion des sonst so zurückhaltenden Fritz sein müsse mit dem »Wühlen in alten Zeitschrif­ Ermarths, der im PWB in diesem Fall einen ein­ tenbanden und Büchern«. Der inzwischen erfolg­ deutigen Standpunkt bezog. Er hatte bereits te Rücktritt Simpfendörfers wurde begrüßt, da Mitte Februar 1947 in diesem Zusammenhang das Parlament nun ruhig arbeiten könne.30 Ab­ vor einer »schleichenden Reaktion« und vor gesehen von der tatsachlichen Sorge um die »Keime[n] eines politischen Extremismus« ge­ Demokratie war es aber die Intention der Lizenz­ wamt.35 Seine für den PWB vergleichsweise träger der StN, die Diskussion um die Entnazifi­ unmißverständliche Stellungnahme rechtfertigte zierung aus den Schlagzeilen zu bringen und er dadurch, daß ein solcher »Krebsschaden« das Befreiungsgesetz abzuschließen. Der wie er den Fall Simpfendörfer nannte, im Inter­ »Wettlauf« um die kleinen Parteigenossen hatte esse aller Parteien und Organisationen behoben begonnen.31 werden müsse. Dessen ROcktritt forderte er nicht ln beiden Zeitungen spiegelten sich in dieser ausdrücklich, gestand aber ein, »als Vater von ersten lebhaften öffentlichen Auseinanderset­ zwei Jungens, die hier nächstes Jahr zur Schule zung die unterschiedlichen Auffassungen der gehen, darf ich anfügen: >Mir wäre wohler, Kommentatoren über die Aufgabe der Presse in wenn ... <« .36 Durch diese sehr subjektive Aussa­ einer Demokratie wider. Die Leitartikler der StZ ge stellte er sich gegen die von ihm an anderer und dort vorrangig F .K. Maier sahen ihre Rolle Stelle geforderte Pflicht der Überparteilichkeit darin, im Rahmen eines aktiv-politischen Journa­ des Kommentators (s.u.). lismusverständnisses auf alle Mißstande laut Im Bereich der »Auseinandersetzung mit Na­ und scharf hirlZuweisen und selbst tatig zu wer­ tionalsozialismus und Militarismus« bezog Fritz den, um diese zu beseitigen. ln der Art einer au­ Eberhard in der RWS eine ambivalente Position. ßerparlamentarischen Opposition, die die Volks­ Zum einen vertrat er die Kollektivschuldthese, vertretung bei jeder Gelegenheit konfliktfreudig die zunächst Teil des amerikanischen Reeduca­ angriff, schlug sich diese Haltung im Bereich der tionprogramms war. 37 Zum anderen sprach er »Entnazifizierung« deutlich nieder. Die Kommen­ sich aber auch gegen diese aus und betonte in tatoren der StN dagegen mahnten zur Beson­ einer zeitgenössisch-traditionalistischen Position nenheit und reagierten nur. Dabei konnte man die Opferrolle des Individuums gegenOber einer sich des Eindrucks nicht erwehren, daß Proble­ »Unsittlich(en) und maßlos(en)« Führungsclique, me, mit denen sich der Landtag beschäftigten womit er den Rezipienten eine Selbstentschuldi­ sollte, in den Leitartikeln der Stuttgarter Tages­ gung lieferte.38 presse diskutiert wurden. Maier hatte als »Oppo­ Den Militarismus und die Schwierigkeiten der sitionsführer« die Landtagsabgeordneten der Deutschen mit der Weimarer Demokratie sah StN zu einem Schlagabtausch herausgefordert. Ermarth im Januar 1947 nicht in einer Kontinui- Kursawe: Stimmen der »Stunde Eins« 215 tatslinie vom Kaiserreich zum NS-Regime be­ 1946 mehrten sich dann die Stimmen, die die gründet. Bismarck etwa beschrieb er als Opferrolle des deutschen Volkes betontenso und Staatsmann der »weisen Maßigung«,39 den man darauf hinwiesen, daß nicht nur den Deutschen auch außenpolitisch nicht als »engstirnigen sa­ Schuld anhing. Eberle wies beispielsweise im belrasselnden Reaktionär« bezeichnen könne.40 Februar 1947 darauf hin, daß die anderen Natio­ Der selbstbewußte Exilant Ermarth Obernahm nen Deutschland nicht verdammen dürften, denn aber durch seine deutliche Frontstellung gegen »die Welt wußte viel mehr und viel Genaueres den Nationalsozialismus die Position eines War­ Ober die Nazigreuel als wir«. Dennoch seien die ners und moralischen Gewissens für den Hö• Völker der Welt 1936 nach Berlin gekommen, rer.4 1 Ermarth war zwar in seinen politischen um »dem Massenmörder Hitler, der er schon vor Aussagen noch zurückhaltender als Eberhard, dem Krieg war«, die Hand zu schütteln. 51 Da doch formulierte er deutlicher, bestimmter und selbst das Ausland erst nach der Errichtung des bisweilen auch zynischer als der spätere Inten­ Protektorats Böhmen und Mahren ernsthafte dant des Süddeutschen Rundfunks.42 Ähnlich Schritte gegen Hitler eingeleitet hatte, konnte der wie in der Frage der personellen Säuberung Leser nach dieser Argumentation mit gutem suchte Ermarth auch für die Vergangenheitsbe­ Gewissen auf das eigene Verhalten im Dritten wältigung den Weg zu einem Neuanfang. Die Reich zurückschauen. Frage »Warum das geschah?« sei sinnlos. Die ln den StN wurde die Vergangenheitsbewälti• Frage »Wohin von hier? Wie geht es weiter« war gung seit November 1946 seltener thematisiert die, die er stellte.43 So wurde letztlich eine direk­ als in der StZ, die Kommentatoren bezogen aber te Auseinandersetzung vermieden. noch deutlicher Position. Die bürgerlich-konser• ln der StZ kam die Auseinandersetzung mit vative Ausrichtung der StN vertrat am nachhal­ der Vergangenheit in Ober 30 Kommentaren, tigsten Henry Bernhard, seine Kommentare zu vorzugsweise im Frühjahr 1946 (1947 verlor das diesem Thema waren Kompendien der Schuld­ Thema an Gewicht) zur Sprache. Da zahlreiche restriktion. Ende 1946 sah er beispielsweise die Kommentatoren verschiedenster politischer Verantwortung für die Vergangenheit bei »inte­ Richtung Stellung nahmen, funktionierte in die­ ressensochtigen« industriellen Kreisen, die er sem Fall das Prinzip der Gruppenzeitung. So jedoch dezidiert von der Klasse der Industriellen gab beispielsweise Karl Ackermann im Oktober trennte. Allerdings wurden die Schuldigen auch 1945 die radikal-marxistische Deutung des Na­ noch als »eminent unpolitisch« dargestellt, so tionalsozialismus wider. Er wies auf die Vergrö• daß zwar eine moralische Schuld bestand, eine ßerung des »Bruderzwist(s)« durch die SPD hin, politische aber allein bei Hitler lag.S2 Hier offen­ der die parlamentarische Demokratie vollends bart sich die Hilflosigkeit der bOrgerlieh-konser­ unterhöhlt hatte, so daß »die von der Schwerin­ vativen Kreise, die für den Nationalsozialismus dustrie hochgepäppelte Nazidiktatur ( ... ) darauf­ denselben Erklärungsansatz hatten wie die so­ hin einen leichten Sieg« errungen hatte.44 Nach zialistischen Gruppierungen, nämlich die Schuld Henry Bernhard aber war - so schrieb er im Mai des Großkapitals, das sie aber aus Rücksicht 1946 - der Nationalsozialismus dem deutschen auf die eigene Schicht bzw. Parteifreunde nicht Volk aufgezwungen worden. Dies wurde durch in Bausch und Bogen verdammen konnten. äußere Faktoren, wie die »politische Unreife« Im Laufe des Frühjahrs 1947 wurde sichtbar, und die schlechte Wirtschaftslage, begünstigt. daß die StN vom Thema Vergangenheitsbewäl• Der Militarismus war für ihn auf die Heeresfüh• tigung ablenken bzw. es abschließen wollten. So rung begrenzt, die einfachen Soldaten beschrieb rief Anten Frey Ende März dazu auf, die deut­ er als die »Überlisteten und Betrogenen•.45 sche Vergangenheit nicht nur unter dem Blick­ Auch für Josef Eberle wurde der Militarismus im winkel des Nationalsozialismus' zu beurteilen, Februar 1946 von außen durch eine »Militär• um nicht »in unlogischer Weise uns selbst zu kaste« in das zuvor gesunde Volk hineingetra­ diffamieren«.53 Das nationale Selbstbewußtsein gen.46 ln weiteren Kommentaren nutzte Bem­ der Journalisten war in den StN größer, und die­ hard die Vergangenheitsbewältigung zu Hinwei­ se suchten einen modus vivendi für das deut­ sen auf die Diktatur in der UdSSR.47 Die Ten­ sche Volk, ohne eine Transformation von Staat denz, auf andere Mißstande hinzuweisen, um und Gesellschaft. von der eigenen Vergangenheit abzulenken, ln Rundfunk und Presse manifestierte sich in deutete sich hier an. der Auseinandersetzung mit Nationalsozialismus Einigkeit herrschte unter den Kommentatoren und Militarismus in unterschiedlicher Ausprä• der StZ aber darüber, daß es keine Kollektiv­ gung die Tendenz, den Kreis der Schuldigen auf schuld gebe. ln diesem Sinne dienten vorzugs­ unmittelbar an den Massenvernichtungen Betei­ weise Widerstandler, aber auch verdienstvolle ligte und eine geringe Anzahl von 55-Mitgliedern Deutsche48 als Beweis für die Existenz des · zu begrenzen.54 Die »Ablehnung der Kollektiv­ »anderen Deutschlands«.49 Seit September schuld der Deutschen unter Hitler ging dann ( ... ) 216 Rundfunk und Geschichte 23 (1997) einher mit verdächtig kollektiv klingenden Ankla­ Rolle gespielt hatte. Elemente des Reeducation­ gen gegen andere«.55 Der Aufbauprozeß rOckte programms waren auch bei Ermarth in diesem 1947 in den Medien in den Vordergrund, und die Bereich sichtbar. Hatte aber Eberhard stärker Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, die auf die europäische Entwicklung geblickt, berich­ ohne ein erkennbares Konzept erfolgte, verlor an tete Ermarth gesamtglobal und warf beispiels­ Gewicht. ln den Presse- und Rundfunkkommen­ weise auch einen Blick in die »Randgebiete der taren kündigte sich die »gewisse Stille in den Gobi«, in denen sich nach seinen Aussagen 50er Jahren« an.56 »wirklich Fuchs und Wolf gute Nacht sagen«.61 Deskriptive Berichte Ober Lateinamerika, Afrika, Internationale Themen Asien bzw. das Common Wealth62 wiesen in die Richtung der One-World sowie auf einen Objek­ Die international orientierten Themen offenbar­ tivitätsanspruch und das Bestreben, eine große ten die Beschränkungen und Vorgaben der Themenbreite zu präsentieren. Ein Hauptanlie­ Amerikaner klar in den Inhalten und der Theme­ gen war dem US-Emigranten Ermarth die Be­ nagenda. Der Rundfunk hatte zunächst das Mo­ richterstattung Ober die USA. Dabei diente ihm nopol auf die internationale Berichterstattung, mit die idealtypische Darstellung der amerikanischen der das InformationsdefiZit der NS-Zeit kontrol­ Demokratie als Mittel der Reeducation, so als er liert Oberwunden werden sollte. im November 1946 Ober die Kongreßwahlen be­ Statt zu informieren wurde in den Wochenbe­ richtete.53 Nachdem aber Eberhard die UN in richten zunächst dezidiert »umerzogen«, was den Mittelpunkt gestellt und sich haufig Ober sich in einer belehrenden Form der Kommentie­ Großbritannien geäußert hatte, wurde der Hörer rung widerspiegelte. Dies zeigte sich nachdrück• nun von Ermarth mit Hinweis auf das amerikani­ lich bei Fritz Eberhard in der Berichterstattung sche Beispiel belehrt. Die Tendenz, daß die Ober die »internationalen Konferenzen«, der er Journalisten Demokratievermittlung gernaß ihrer ein Viertel seiner Zeit widmete. Das Thema geistigen Herkunft oder Vorliebe betrieben, Eberhards war die im Oktober 1945 gegründete »wirkte eher verwirrend als klärend« .64 Insge­ UNO. Der Berichterstatter nutzte die Vorgange samt verlor die Umerziehung aber an Bedeu­ im UN-Sicherheitsrat, die er Ober die BBC ver­ tung. folgte, als demokratischen Anschauungsunter­ Zusatzlieh wurden die internationalen Kate­ richt für sein Publikum: So betonte er in der vor gorien dazu genutzt, die Politik der Besatzungs­ dem UN-Sicherheitsrat ausgetragenen Iran-Krise macht zu rechtfertigen. Was den »Kalten Krieg« im FrOhjahr 1946, daß »das Recht zu sprechen 57 anbetraf, war die UdSSR fOr Ermarth im August ( ...) auch dem Schwachen gewahrt« wurde. 1946 der negative Akteur gegenOber den USA, Eberhard hob den »Schwachen« hervor, der im die nach dem Motto »leben und leben lassen« zurückliegenden Jahrzwölft in Deutschland keine die Verständigung suchten.65 Ermarth hoffte Stimme gehabt hatte und nun wieder gehört durchgängig auf die Vermeidung einer europäi• werden sollte. Deshalb war für Eberhard ganz schen und damit deutschen Teilung und zentral, nicht nur daß diskutiert wurde, sondern schwankte zwischen Aspiration, indem er - wie­ »daß für den Frieden wichtige Entwicklungen derum ein sehr naives Rezipientenbild vor Au­ auch dann von den Staatsmannern öffentlich gen - auf den »guten Willen«66 vertraute, und diskutiert werden, wenn einer der Beteiligten das resignativem Realismus. ln diesem Sinne wor­ nicht wonscht, aus welchem Grund auch immer. den die USA es nicht zulassen, daß »in Europa Wenn nur einer der Beteiligten im Interesse des sich neue totalitäre Regime ausbreiten«, was fOr Friedens die Diskussion beantragt, so soll sie Ermarth im Mai 1947 »eine sehr beruhigende stattfinden. Und zwar soll es dabei gleichgültig Botschaft« war.67 Ausdrücklich antikommuni­ sein, ob dieser Antragsteller klein oder groß, stisch außerte Ermarth sich selbst nicht. Die machtlos oder mächtig ist. «58 Die Eberhardsche schärfsten Aussagen wurden der »New York Berichterstattung war getränkt von solchen pla­ Times« entnommen, die er haufig im Sinne eines kativ bis naiven Demonstrationsbeispielen fOr 59 Meinungsführers nutzte. Dadurch kennzeichnete eine funktionierende Demokratie. Damit folgte er die amerikanische Herkunft der Aussagen und er ganz konzentriert den Reeducationvorstellun­ entzog sich selbst der Stellungnahme. Hatte gen der US-Besatzungsmacht.60 schon Eberhard nur selten selbst gewertet, hielt Bei Ermarth, der den »internationale Konfe­ Ermarth sich noch starker zurück. renzen« nur knapp neun Prozent seiner Zeit Nachdem die Presse seit September 1946 widmete, standen im außenpolitischen Bereich auch die internationale Politik kommentieren die »internationalen Themen« (ca. 13 Prozent durfte, zeigte sich, daß die Schwelle zur Über• gegenOber knapp zehn Prozent bei Eberhard) windung von Informationsdefiziten tor die ~tz in und dann der »Kalte Krieg« (ca. zwölf Prozent) diesem Bereich hoch lag. Fand sich vor Ande­ im Mittelpunkt, der bei Eberhard noch keine rung der !CD-Richtlinien und dem Lizenztrager- Kursawe: Stimmen der »Stunde Eins« 217 wechsel nur ein rund 15prozentiger Anteil an erinnert fühlten« .75 Amerika erschien in den Themen mit internationalem Charakter (»inter­ Leitartikeln der StN als Retter der freien Welt, die nationale Themen« sechs Prozent, »territoriale US-Außenpolitik wurde von Bernhard im Februar und wirtschaftliche Gestaltung« knapp fünf Pro­ 1947 als »fest und ruhig«, als »real und nüch• zent, »internationale Konferenzen« zwei Pro­ tern« bewertet. 76 Von einer »Art Kreuzzug ge­ zent, »Kalter Krieg« gut ein Prozent), so änderte gen den Bolschewismus« könne keine Rede sich das im zweiten Jahr der StZ kaum: sein.77 ln den Kommentaren schwang Hoffnung »Internationale Themen« wurden mit drei Pro­ auf eine friedliche und gütliche Lösung mit, doch zent fast gar nicht mehr besprochen, die seit der gescheiterten Außenministerkonferenz »internationalen Konferenzen« und der »Kalte war die Entschlossenheit zur Einheit der West­ Krieg« kamen durch die Verschärfung des Ost­ zonen erkennbar, und im Juli 1947 stellte ein West-Konflikts und die Moskauer Außenmini• Kommentator fest: »Der Ostblock steht.« 78 sterkonferenz im Frühjahr 1947 auf etwas Ober Zusammenfassend laßt sich für die Themen fünf Prozent, die »territoriale und wirtschaftliche mit internationalem Charakter festhalten, daß Gestaltung« stiegen auf mehr als sechs Prozent. sich eine im quantitativen Umfang ahnliehe Kom­ Im Rahmen eines aktiven Journalismusverständ• mentierung in Wochenberichten und Leitartikeln nisses dominierten in den Leitartikeln der StZ in­ bei bedeutenden Ereignissen, beispielsweise bei nerdeutsche Themen. der Außenministerkonferenz im Frühjahr 1947, Die StN hingegen nutzten die Ausweitung zeigte. Dabei wurde deutlich, daß auch ein des Spektrums von Nachrichten und Informatio­ Großteil der »Leitartikler« die Politik der US-Be­ nen. So entfielen zwölfeinhalb Prozent der Kom­ satzungsmacht, als der Vorbildnation schlecht­ mentare auf die »internationalen Themen«, zehn hin, rechtfertigte und unterstützte, wenn auch in Prozent auf die »territoriale und wirtschaftliche der StZ andere Meinungen zu lesen waren. Gestaltung«, sieben Prozent auf den »Kalten Gleichzeitig wurde die sowjetische Position in Krieg« und fünf Prozent auf die »internationalen der Tagespresse kritischer hinterfragt als in den Konferenzen«. Viel nachdrücklicher als im Rund­ Wochenberichten, in denen sich Ermarth und funk unter Ermarth standen in der StN die Nach­ Eberherd konsequent daran hielten, daß Kritik barnationen und vorrrangig der Gedanke Euro­ an den Besatzungsmachten zu unterbleiben pas im Vordergrund. Insbesondere der ehemali­ hatte. Der amerikanische Einfluß machte sich im ge Privatsekretar Stresemanns, Bernhard, ver­ Rundfunk auch bei der Erörterung der deutschen trat in fast schon übertriebener Weise die euro­ Ostgrenzen bemerkbar, die in der Presse im Fe­ päische Idee, die nach der Byrnes-Rede und bruar 1947 nachdrücklich beklagt wurde,79 im Churchills Europa-Reden in Zürich und Fulton PWB zwei Monate später jedoch durch Zensur von der deutschen Publizistik aufgegriffen wur­ aus der Agenda fiel. ao de.68 So forderte der Konsul a.D., die Deutschen sollten »vorleisten«, d.h. »alle Entwicklungen, Innenpolitische Themen die einer europäischen Einigung zustreben, ( ...) Bei der Kommentierung der übrigen innenpoliti­ schaffen und begünstigen«. 69 schen Themen zeigte sich in Rundfunk wie Der »Kalte Krieg« wurde in den Leitartikeln Presse eine breite Unterstützung und Werbung der Zeitungen verschieden wahrgenommen. Vor für die Demokratie als Folge des Umerziehungs­ dem Lizenzträgerwechsel kam es in der StZ zu einer abweichenden Beurteilung der Ostzone,10 gedankens. Unterschiede in der Kommentierung ergaben sich bezüglich der neuen württember• die bis zur Verleugnung des Ost- West Konflikts gisch-badischen Verfassung, die in der Presse reichte.71 Die sich abzeichnende Gefahr der schon sehr früh und ausführlich, in den Wochen­ Teilung der Welt wurde in der StZ seit Septem­ kommentaren von Radio Stuttgart aber erst im ber 1946 gesehen und mit dem Scheitern der zeitlichen Umfeld des Plebiszits im November Außenministerkonferenz im Frühjahr 1947 ent­ 1946 thematisiert wurde. Oie StZ veröffentlichte täuscht hingenommen.72 Dabei wurde die Posi­ im April 1946 vor der Wahl zur Verfassungge­ tion der USA z. T. verständnisvoll erörtert. Ende benden Versammlung nach zwei verfassungs­ Juni 1946 begann die negative Bewertung der geschichtlichen Kommentaren vom spateren russischen Besatzungsmacht in den Leitartikeln der StZ,13 die aber erst seit dem Frühjahr 1948 Vorsitzenden des Verfassungsausschusses Wil­ helm Keif81 zwei Kommentare von Wolfgang durchgängig zu beobachten war.74 Hausmann, FOP/OVP,82 und Richard Schmid, ln den StN wurde der Ost-West-Konflikt seit SP0.83 Das Prinzip der Gruppenzeitung funktio­ November 1946 deutlicher angesprochen, das nierte also in diesem Fall. ln der Folgezeit ka­ positive Amerikabild war durchgängig, die Sicht men mit Ackermann84 und Erich Schairer wieder der UdSSR betont kritisch: Fritz Eberherd sprach dezidiert sozialistische Elemente zum tragen, im November 1946 davon, »daß die Einwohner wobei Schairer die »geschickte Formulierung« der Ostzone sich heute oft an das Dritte Reich 218 Rundfunk und Geschichte 23 (1997)

des Sozialisierungsparagraphen hervorhob aber interpretieren, wie Fritz Ermarth im März 1947 interessanterweise das festgeschriebene' Ver­ ausführte.95 Allgemein folgte Ermarth so, ahnlieh haltniswahlrecht kritisierte.85 Während dann Jo­ wie Eberhard, in seinen Kommentaren den sef Eberle einen Tag vor Landtagswahl und »Zehn Geboten«, welche die !CD-Offiziere im Verfassungsplebiszit dem Leser riet, die Verfas­ Mai 1946 in einem »Entwurf zu einer Erklärung sung zu befOrworten, um den »gegenwärtigen Ober Rundfunkfreiheit in Deutschland« den Lan­ Schwebezustand« zu beenden,86 klagte Ermarth desregierungen und dem Länderrat Obermittel­ am selben Tag im PWB, daß er sich den Verfas­ ten, und die in mehr oder weniger veränderter sungstext nicht frOher angesehen hatte, »als es Form in die späteren Rundfunkgesetze eingin­ noch Zeit gewesen ware, laut und nachhaltig ge­ gen. 96 Gegenober dem im Rundfunk verfolgten gen verschiedene Bestimmungen zu protestie­ Prinzip der Überparteilichkeit wurde den Parteien ren und vielleicht sogar Kräfte im Lande zu mo­ in den Leitartikeln der StZ zeitweise ein Forum bilisieren, um eine Abänderung zu erzielen.«87 eingeräumt, wo paritätisch mit Namen und Par­ Auch wenn er die Konstitution mit knapper Mehr­ teizugehörigkeit gekennzeichnete Parteienvertre­ heit angenommen sehen wollte, kritisierte er ve­ ter zu Wort kamen97 und kritisch Funktion, Auf­ hement das Verhältniswahlrecht und das Fehlen gabe und System der Parteien erörterten. 98 einer zweiten Kammer und forderte zu einer baldigen Verfassungsänderung auf.88 Deshalb Soziale Themen, Medien, Sonstiges konnte es ein Wähler nach Ermarth durchaus Die »sozialen Themen« wurden in der Presse verantworten, »sogar gegen die Annahme der häufiger angesprochen als im Rundfunk, da sich Verfassung zu stimmen«.89 Auch bei den »Wah­ Eberhard in diesem Bereich zurückhielt. Nach­ len« zeigte sich, daß diese nach September dem in den Leitartikeln der StZ bis zum Sommer 1946 im Rundfunk nur in der zeitlichen Nähe 1946 die Probleme der deutschen Jugend be­ zum Ereignis kommentiert wurden, in der Presse sprochen wurden, 99 trat dann die Versorgungs­ aber grundsätzliche Fragen vor und nach dem lage in den Vordergrund. Diese schlug sich als Urnengang besprochen wurden.90 Hauptthema ebenfalls in den Agenden des PWB ln dem Streit um die Koalitionsbildung in und der StN eindringlich nieder. Allerdings beton­ WOrttemberg-Baden, der wiederum ahnlieh en­ te Ermarth, »in wie gOnstiger Situation wir hier in gagiert wie beim Thema »Entnazifizierung« ge­ der amerikanischen Zone uns ( ... ) befinden«,100 fahrt wurde, manifestierte sich wieder die poli­ und sprach von einer »Übergangskrise«.1 01 tisch unterschiedliche Färbung der beiden Zei­ Wenn er sich ansatzweise kritisch äußerte, so tungen. Während in der StZ seit Oktober 1946 Oberwog doch wieder die Verteidigung und Ent­ gefordert wurde, daß die SPD »Oberall wo sie damonisierung der Besatzungsmacht. nicht ohne Kompromisse die politische FOhrung ln der StZ wurden die Kommentatoren dage­ Obernehmen kann« in die profilträchtige Opposi­ gen deutlicher. Unter Überschriften wie »Hun­ tion gehen sollte,91 plädierte Eberhard in den ger«,102 »Butter und keine Kanonen« 103 oder StN nach der Wahl unter der Überschrift »Oppo­ »Unser taglieh Brot«104 wurden im zweiten sition ja! Gegen die Not« fOr eine große Koaliti­ Halbjahr 1946 Prognosen fOr die weitere Ent­ on. 92 Ermarth besprach dagegen im PWB nur wicklung gestellt. Die Leitartikel waren nicht sehr kurz und sehr gemäßigt die Ergebnisse. Er optimistisch, aber geprägt von einer großen Ent­ wonschte ebenfalls eine Opposition, ohne sich schlossenheit, die Situation zu meistem. Selbst­ aber auf einen Koalitionspartner fOr die KPD hilfe, der Kampf gegen Schwarzhandel oder festzulegen, und betonte gleichzeitig, :.kein Mundraub waren weitere Themen der StZ.105 Kommunist« zu sein. 93 Die Kommentatoren der StN hofften bei den Die durchgängige Zurockhaltung bei Radio »sozialen Themen« auf supranationale Zusam­ Stuttgart in der Innenpolitik machte sich nach­ menarbeit, die Solidarität in der Bevölkerung drOcklich bei der Nichtberocksichtigung der sowie auf eine deutsche Wirtschaftseinheit Hilf­ »Parteien« und »Interessengruppen« bemerk­ losigkeit, fast schon Jammer und Ohnmacht, die bar. Beide Themen wurden lediglich im Zusam­ in gezwungen wirkenden Optimismusbezeugun­ menhang mit anderen Themen, wie den »Wah­ gen ihren Ausdruck fanden, kennzeichneten die len« behandelt. Eberhard verwies ausdrucklieh Position der ebenfalls von der Versorgungslage auf die seit Ende 1945 bei Radio Stuttgart vor­ betroffenen Leitartikler der StN .1 06 handene Sendung »Parteien diskutieren«, die Auffällig ist, daß die StZ im Frohjahr 1947 nur den Parteien ein Präsentations- und Diskussi­ einmal auf dieses Thema einging, dies al­ onsforum einraumte, als er sich einer Stellung­ noc~ lerdtngs sehr konkret: ln einem mit :.Majordo­ nahme zur Frage der Verschmelzung von SPD mus« gezeichneten Kommentar wurde radikal­ und KPD im Januar 1946 »aus Zeitmangel« ent­ marxistisch eine gewerkschaftliche Beteiligung zog.94 Der Wochenkommentar sollte demnach an der Kontrolle der Lebensmittellieferungen und kein Parteiforum sein, sondern vorrangig Fakten Kursawe: Stimmen der »Stunde Eins« 219

-Verteilungen gefordert - einer der deutlichsten von einem starken Umerziehungsimpetus ge­ Belege für die betont sozialistische Ausrichtung prägte KommentierunQ in der »Wochenschau« der StZ nach dem Austausch der Lizenzträ• stand einer nach innen blickenden und ebenfalls ger.107 Gerade im ersten Halbjahr 1947 trat aber erzieherisch gefärbten Berichterstattung in den die Versorgungslage in den Kommentaren der Leitartikeln der StZ gegenüber. Dabei offenbarte StN und von Radio Stuttgart als Thema hervor sich der Reeducationgedanke in der RWS we­ und verschwand zumindest in der britischen gen des US-Einflusses viel nachdrücklicher. Die Presse von offizieller Seite »nicht aus den Themenagenden der Kommentare beider Medi­ Schlagzeilenc.108 · en waren in dieser Phase wegen des einge­ Mit dem Anspruch auf eine objektive Bericht­ schränkten Handlungsspielraums der Tages­ erstattung und Kommentierung traten sowohl der presse sehr unterschiedlich. Die Entnazifizierung PWB wie auch die StN im Bereich »Medien« war aber in beiden Medien als ein dominantes hervor, der in der StZ so gut wie keine Rolle Thema klar erkennbar. spielte. Ermarth setzte sich zu Beginn seiner Die Leitartikel der StZ waren bis zum Lizenz­ Kommentatortätigkeit ausdrücklich mit diesem trägerwechsel im September 1946 ein Forum der auseinander. Er betonte die erläuternde Fakten­ politischen Meinungen, aus welchem allerdings präsentation und stellte diese vor die eigene ein links-sozialistisches Moment hervorstach. Beziehung zum wiedergegebenen Ereignis, Die politische Kommentierung in der RWS mit denn »jeder einzelne ( ... ) wird versuchen kön• Fritz Eberhard war einheitlich und mit modera­ nen, bestimmte Schlußfolgerungen - seien sie tem sozialistischen Gedankengut durchmischt zustimmender oder ablehnender Art - fOr sich Nach dem Lizenzträgerwechsel der StZ und selbst zu ziehen.«109 Nach Ermarth sollte ein der Grandung der StN wurde die Kommentie­ Kommentator ein »Sprecher der Wahrheit« sein, runQ .der Tagespresse seit Ende 1946 polarisier­ er sah aber, daß eine wertungsfreie Berichter­ ter. ln den Leitartikeln zeigten sich zwei Zeitun­ stattung nicht möglich war.11 o Er bemerkte auch gen mit einer jeweils deutlichen politischen Aus­ die problematische Grundvoraussetzung - nicht richtung; es stand eine »linke« Zeitung einer nur seiner Sendung - für die Schaffung eines »rechten« gegenüber.114 Gleichzeitig spiegelte neuen politischen Bewußtseins in der Bevölke• sich in der Art der Kommentierung, die eindeutig rung, denn die »seelischen Empfangsgeräte« scharfer und pointierter wurde, die sich entwik­ seien durch Krieg und die Notzeiten abge­ kelnde größere Freiheit der Presse in der US­ stumpft.111 Vor dem Hintergrund der jeden Tag Zone seit September 1946 wider. Allerdings trat neu zu sichernden Lebensgrundlage erschien der größere journalistische Aktionsradius thema­ der Aufbau oder die Vergangenheitsbewältigung tisch nur in den StN hervor, die der internationa­ in einem differenzierten Licht. Versuchte Ermarth len Berichterstattung ein stärkeres Gewicht ver­ so eine für den Hörer transparente Berichterstat­ liehen. Dadurch wurde aber die Berichterstattung tung zu erreichen, hinterfragten die StN kritisch der Tagespresse insgesamt vielfältiger. die Medien und ihre Funktion bei Politikvermitt­ Zur gleichen Zeit bestimmte der Reeduca­ lung bzw. demokratischem Aufbau. Kernthemen tiongedanke weiter den Inhalt der stark unter der StN waren die Organisationsform der Presse dem Einfluß der amerikanischen Kontrolloffiziere im besetzten Deutschland112 sowie der journa­ stehenden Wochenkommentare, nahm jedoch listische Umgangston in den Medien. Wurde dies insgesamt in den PWB unter Ermarth ab und vor allem bei der Berichterstattung Ober den Fall wurde durch die Ideale der Objektivitat und Neu­ Maier/Simpfendörfer deutlich,113 besetzten die traUtat ergänzt. StZ den Bereich »Medien« fast gar nicht. Statt Die Themenagenden von Rundfunk- und dessen ergriffen die Leitartikler hier am deut­ Pressekommentaren näherten sich nach Sep­ lichsten die politische Initiative. tember 1946 einander an, doch durch die starke außenpolitische Orientierung des PWB blieben Differenzen bestehen. Diese wurden mitbe­ Fazit stimmt durch die in den Wochenkommentaren unter Eberhard und Ermarth erkennbaren Re­ Faßt man die vielfältigen und nach zunächst striktionen, die politische Stellungnahmen und pessimistisch-zögerlichem Beginn 1946 lebhafter pointierte Aussagen nicht zuließen. Dadurch werdenden Stimmen der »Stunde Eins« aus konnten bestimmte Themengebiete, die in den Stuttgart zusammen, so zeigt sich folgendes Er­ Leitartikeln besprochen wurden, nicht in den gebnis: ln der FrOhphase der Kommentare bei PWB gelangen (z.B. die »Parteien«). So wurde Radio Stuttgart und der Stuttgarter Tagespresse die von amerikanischen Vorgaben beeinflußte traten die Eingriffe der Amerikaner in das Infor­ Themenauswahl für die Wochenkommentare mationssystem klar hervor und bestimmten die durch auferlegte Regeln ergänzt. ThemenauswahL Eine außenpolitisch orientierte, 220 Rundfunk und Geschichte 23 (1997)

ln den Wochenkommentaren von Radio Stutt­ Anmerkungen gart und den Leitartikeln der Stuttgarter Tages­ presse offenbarten sich verschiedene Formen * Zusammenfassung der Magisterarbeit Politische der Politikvermittlung. Parteipolitische Stallung­ Kommentare bei Radio Stuttgart und der Stuttgar­ nahmen und Meinungen, die den Leser - wenn ter Tagespresse 1945- 1947. Mannheim 1996. schon nicht überzeugen - so doch beeinflussen 1 Vgl. Barbara Mettler: Demokratisierung und Kalter sollten, waren in den Leitartikeln von Beginn an Krieg. Zur amerikanischen Informations- und vorhanden. Das aktive Journalismusverständnis Rundfunkpolitik in Westdeutschland 1945-1949. zeigte sich, abgesehen von der pointierten Spra­ Berlin 1975; Edgar Lersch: Rundfunk in Stuttgart che, in der betont innerdeutschen Themenaus­ 1934-1949. Stuttgart 1990; ROdiger Bolz: Rund­ wahl der Kommentatoren der StZ nach dem Li­ funk und Literatur unter amerikanischer Kontrolle. zenztragerwechsel. Deutlich wurde diese Inten­ Das Programmangebot von Radio MOnehen tion auch in den verschiedenen Konflikten zwi­ 1945-1949. Wiesbaden 1991; FOr den Printbe­ schen den Zeitungen, die seit November 1946 in reich lediglich: lngrid Laurien: Politisch-Kulturelle Zeitschriften in den Westzonen 1945-1949. Ein den Leitartikeln ausgetragen wurden. Demge­ Beitrag zur politischen Kultur der Nachkriegszeit. genüber waren die Wochenkommentare bei Ra­ Frankfurt am Main u.a. 1991; Print und Funk im dio Stuttgart anders angelegt. Eberhard und im Vergleich bisher nur: Edgar Lersch: Radio Stutt­ besonderen Ermarth besetzten nach angloame­ gart und die Stuttgarter Tagespresse 1945-1948. rikanischem Vorbild die Rolle des Informations­ ln: Edgar Lersch u.a. (Hrsg.): Stuttgart in den er­ vermittlers. Die beiden Kommentatoren wollten sten Nachkriegsjahren. Stuttgart 1995, S. 443- nicht werten, sondern im Rahmen einer erläu• 477. Lersch bearbeitet die auch hier untersuchten ternden Vorgehansweise zur politischen Willens­ Leitartikel der Stuttgarter Tagespresse, wobei er bildung beitragen. Der Hörer sollte nicht über• gleichzeitig einen Überblick zu Programmstruktur und -inhalt von Radio Stuttgart gibt. zeugt werden, er sollte verstehen. Die Kommen­ tare sollten weiter als Gesamtposition des Rund­ 2 Bolz: Rundfunk (wie Anm. 1), S. 10. funks erscheinen und ausgewogen sein. 3 Christoph Kleßmann: Die doppelte Staatsgron­ Zum einen hatte sich damit im Kommunikati­ dung. Deutsche Geschichte 1945-1955. Göttingen onsraum Stuttgart das Prinzip der Gruppenzei­ 1991, S. 161 . tung nicht bewahrt. Die Leitartikel der StZ und 4 FOr die medienpolitischen Rahmenbedingungen in der StN spiegeln eine Entwicklung wieder, nach der US-Zone vgl. Mettler: Demokratisierung (wie der mindestens zwei Zeitungen für eine ausge­ Anm. 1). glichenere Kommentierung sorgten als eine Gruppenzeitung. Dieses System setzte sich spa­ 5 Elisabeth Noelle-Neumann u.a. (Hrsg .): Fischer Lexikon Publizistik Massenkommunikation. Frank­ ter auch in der außenpluralistisch konzipierten furt am Main 1990, S. 78. und privatwirtschaftlich organisierten Presse der Bundesrepublik durch. Zum anderen traten in 6 Zu Aufbau und Programmentwicklung von Radio den Wochenrückblicken von Radio Stuttgart Stuttgart, vgl. Lersch: Rundfunk (wie Anm. 1). Prinzipien zutage, die sich spater im gesetzlich 7 Im Obrigen gab es bei Radio Stuttgart in dem un­ festgelegten Programmauftrag der nach binnen­ tersuchten Zeitraum keine weiteren eigenprodu­ pluralistischen Prinzipien angelegten öffentlich• zierten Kommentare. rechtlichen Rundfunkanstalten wiederfinden soll­ 8 Über den Aufbau und die weitere Entwicklung der ten. Stuttgarter Tagespresse vgl. Lersch: Tagespresse Das Mediensystem der Bundesrepublik (wie Anm. 1), S. 458ff. sowie ausfOhrlicher die Deutschland, wie es bis zur Einführung privater Diplomarbeit von Petra Postert: Die Stuttgarter Rundfunkanbieter 1984 Bestand hatte, war dem­ Zeitung 1945 bis 1949. Entstehung und Entwick­ nach schon 1947 in den Wochenkommentaren lung einer Lizenzzeitung (eingereicht beim Di­ von Radio Stuttgart und den Leitartikeln der plomstudiengang Journalistik an der Katholischen Stuttgarter Tagespresse in seinen GrundzOgen Universität Eichstätt 1996). erkennbar. Fritz Eberhard, Fritz Ermarth, Henry 9 Zu den verschiedenen Spekulationen Ober das Bernhard und die anderen Kommentatoren der Scheitern des ersten Uzenzträgertrios der StZ »Stunde Eins«, die sich in dem problematischen und die Motive der ICD zur GrOndung einer zwei­ Spannungsfeld zwischen Restriktionen, demo­ ten Gruppenzeitung in Stuttgart vgl. Ulrich kratischem Pioniergeist, politischem Eifer und Bausch: Good bye Schwäbische Obrigkeit. ln: Lersch u.a. (Hrsg.): Stuttgart (wie Anm. 1), S. individueller Meinung bewegten, können somit 427f. als Mitbegründer des Mediensystems angese­ hen werden, das die Entwicklung zu einer stabi­ 1O Zusätzlich zu den Leitartikeln gab es in der StZ len deutschen Demokratie - in welchem Maß auf der zweiten Seite Kurzkommentare. Dort leg­ auch immer- beeinflußt hat. ten unter dem Titel »Was sagen Sie dazu?« rela­ tiv regelmäßig Uzenzträger und andere Autoren Kursawe: Stimmen der »Stunde Eins« 221

ihren Standpunkt zu einem Thema dar. Ebenfalls 30 Vom Willen zur Verständigung. ln: StN, auf der zweiten Seite wurden unregelmäßig weite­ 29.3.1947. re, nicht ausdrücklich als Meinung gekennzeich­ 31 Vgl. Bernhard Neidiger: Entnazifizierung und Be­ nete Kommentare veröffentlicht, die sich sowohl völkerungsstimmung aus der Sicht der Stuttgarter mit politischen, als auch kulturellen Themen aus­ Stadtverwaltung. ln: Lersch u.a. (Hrsg.): Stuttgart einandersetzten. ln die Untersuchung gingen aber (wie Anm. 1), S. 131-174, hier S. 162. nur die Leitartikel der ersten Seite ein. 32 Lersch: Radio Stuttgart (wie Anm. 1), S. 465. 11 Im übrigen Zeitungsteil kam es unregelmäßig zu weiteren kurzen Kommentaren von verschiedenen 33 Ralph Giordano: Die zweite Schuld oder Von der Autoren, die nicht in die Untersuchung eingingen. Last, ein Deutscher zu sein. Hamburg, Zürich 1987, 95. 12 Die Kommentatoren gaben besonders im ersten s. Jahr der StZ (September 1945 bis zum Lizenzträ• 34 Vgl. Nun doch Spruchkammer. Franz Karl Maier gerwechsel im September 1946) grundsätzliche verfolgt die Ermächtigungsleute. ln: DER SPIE­ Stellungnahmen ab, bei denen sie viele Themen­ GEL Jg. 2 (1947), H. 8, S. _1; Inszenierung und bereiche kurz streiften. Dieses Vorgehen ist Aufführung einer Tragikkomödie. ln: Neue Zei­ durchgängig und gleichfalls bei der StN zu beob­ tung, 3.2.1947, S. 7. achten, auch wenn es auch seit Ende 1946 ins­ gesamt zurückgeht. Diese Unterthemen ebenfalls 35 PN, 15.2.1947, S. 5. Ermarth gab an. daß er, zu berücksichtigen hätte jedoch den Rahmen ge­ nachdem »fast jeder, der sprechen kann«, sich zu sprengt. dem Thema geäußert habe, »im Rahmen der Sendereihe >Volk und Staat< meinen Beitrag in 13 Vgl. z.B. Programmnachweis (PN), 24.11.1945, epischer Breite zu diesem Fall« geben werde. RWS, S. 7. Weiter ging er auf den Fall ein im PWB vom 22.2.1947, der aber nicht überliefert ist; vgl. PWB 14 PN, 9.3.1946, RWS, S. 1. 22.3.1947, S. 6. 15 PN , 9.2.1946, RWS, S. 7. 36 PN, 22.3.1947, PWB, S.5. 16 PN, 4.1.1947, PWB, S. 6. 37 PN, 4.5.1946, RWS, S. 7. 17 PN, 19.10.1946, PWB, S. 4. 38 PN, 2.3.1946, RWS, S. 2. 18 Ebd., S. 5. 39 PN, 18.1.1946, PWB, S. 1. Der Rekurs auf Bis­ 19 Zu dem Fall Maier/Simpfendörfer allgemein vgl. marck bot sich am 75. Jahrestag der Kaiserpro­ Hermann Vietzen: Chronik der Stadt Stuttgart klamation von Verssilles an. 1945-1948. Stuttgart 1972, S . . 105; zu dessen 40 Ebd., S. 4. Auswirkung auf die Interpretation des Befreiungs­ gesetzes vgl. Lutz Niethammer: Die Mitläuferfa• 41 So wünschte er im September 1946 allen, die in brik. Die Entnazifizierung am Beispiel Bayerns. »wahnsinniger Verblendung« auf die Änderung Berlin, Bonn 1982, S. 474; zur Kommentierung des deutschen Gesamtschicksals in der Form ei­ des Falls Maier/Simpfendörfer in der Stuttgarter nes bewaffneten Konflikts zwischen den Groß• Tagespresse vgl. zusätzlich Lersch: Radio Stutt­ mächten hofften, daß »die Atombomben ihnen um gart (wie Anm. 1), S. 469ff. die Ohren platzen«. PN, 28.9.1946, PWB, S. 2. 20 Vgl. StZ, 19.3.1947. Simpfendörfer hatte im März 42 Hitler war für Ermarth - »auch äußerlich<< - ein 1936 im »Evangelischen Weg« publiziert. Vertreter des »balkanischen Oberkellner-Typus<<. PN, 18.1.1947, PWB, S. 3. 21 Eine traurige Geschichte. ln: StZ, 27 .11 .1946; Gleiches Recht für alle. ln: StZ, 7.12.1946. 43 PN, 24.8.1946, PWB, S. 5. 22 Leitartikel mit dem Titel »Wenn«. ln: StZ, 44 Deutsche Probleme. ln: StZ, 6.10 .1945. 5.2.1947. 45 Legende und Wirklichkeit. ln: StZ, 8.5.1946. Der 23 Hier stehe ich. ln: StZ, 1.2.1947. Unterschied zwischen militaristischer Gesinnung der Wehrmachtsführung und der Manipulierbarkeil 24 Der Kommentar war mit »Die Herausgeber« ge­ der unteren Ränge wurde Bernhard dann auch zeichnet, ein deutlicher Beleg für deren hohes von den amerikanischen Zensoren als »raffinierte Maß an politischer Übereinstimmung. ln: StN, Zweideutigkeiten« angekreidet, die der deutsche 12.2.1947. Leser falsch aufnehmen konnte. Vgl. Lersch: Ta­ 25 Wozu der Lärm? ln: StN, 28.1.1947. gespresse (wie Anm. 1), S. 464. 26 Der Unterschied. ln: StZ, 19.2.1947. 46 Von Stalingrad nach Damaskus. ln: StZ, 23.2.1946. 27 So Franz Karl Maier in einem Interview. ln: DER SPIEGEL Jg. 2 (1947), H. 39, S. 4. 47 Vgl. Für Recht und Freiheit. ln: StZ, 14.9.1946. 28 StN, 12.2.1947. 48 Z.B. Albert Schweitzer, der in der StZ vom 12.10.1946 in dem »Menschlichkeit<< überschrie- 29 An der Grenze des Tragbaren. ln: StN, 22.3.1947. 222 Rundfunk und Geschichte 23 (1997)

benen Kommentar von Waldemar Kurtz gewürdigt auf in »Blick über die grüne Grenze« polemisch wurde. angriff. ln: StZ, 9.4.1946. 49 So wurde im Juli 1946 Karl Gördeler als »leuch­ 71 So Kar! Ackermann, der meinte, der »Eiserne tendes Vorbild« und »Träger der Substanz des Vorhang« sei in deutschen Köpfen durch »Greuel­ geistigen Widerstandes« bezeichnet. ln: Paul J. propaganda« zur »chinesischen Mauer« gewor­ Stürmer in »20. Juli 1944«. ln: StZ, 20.7.1946. den. Ost-West. ln: StZ 13.6.1946. Vgl. dazu auch: Lersch: Radio Stuttgart (wie Anm. 1), S. 463f. 50 So Erich Schairer, der Ende 1946 feststellte, daß die schweren Verbrechen der NS-Zeit nicht 72 Erich Schairer: Ende einer Illusion. ln: StZ, »von«, sondern »an« den Deutschen begangen 14.6.1947. worden seien. Das deutsche Verbrechen. ln: StZ, 73 So befürchtete Richard Schmid fOr den Versuch 31.12.1946. einer freien Meinungsäußerung in der SBZ, daß 51 Heute wie gestern. ln: StZ, 22.1.1947. »man Kamm und ZahnbOrste zurechtlegen ( ... ) müsse, für den Fall, daß es in der Morgendämme• 52 ln eigener Sache. ln: StN, 29.12.1946. rung an der GlastOre schellt.« Unabhängigkeit. ln: 53 Das Ende Preußens. ln: StN, 27.3.1947. Frey zi­ StZ, 28.6.1974. tierte einen englischen Zeitungsbericht und si­ 74 Vgl. Lersch: Radio Stuttgart (wie Anm. 1), S. 472. cherte so seine Aussage ab. 75 Für Recht Freiheit und Kultur. ln: StN, 12.11.1946. 54 Zu dieser Entwicklung und den Umgang mit der deutschen Schuld vgl. Ulrich Herbert, Olaf Groh­ 76 Der Zwischenfall Acheson. ln: StN, 22.2.1947. nert: Zweierlei Bewältigung. Vier Beiträge über 77 Moskau: Ende oder europäischer Anfang. ln: StN. den Umgang mit der NS-Vergangenheit in den 24.4.1947. beiden deutschen Staaten. Harnburg 1992, S. 7f. 78 StN. 19.7.194 7. zitiert nach lersch: Radio Stutt­ 55 Giordano: Schuld (wie Anm. 33), S. 266. gart (wie Anm. 1), S. 471. 56 Hermann LObbe, zitiert nach Herbert, Grohnert: 79 Im Konsens mit allen großen Parteien (außer der Bewältigung (wie Anm. 54), S. 13. KPD) wurde diese vor allem in den StN beklagt; 57 PN, 30.3.1946, RWS, S. 2. nach Otto Färber z.B. war alles westlich der Oder­ Neiße-Linie seit »1 000 Jahren« deutsch. Revisi­ 58 PN, 30.3.1946, RWS, S. 3. on nach 1 000 Jahren. ln: StN, 4.2.1947. 59 Eberhard, der gelernte Pädagoge, war mit allzu 80 Ermarth wollte darauf hinweisen, daß bei einem plakativen Umerziehungsversuchen nicht glück• Diktat der Oder-Neiße-Linie man aufhören müsse, lich. Er sah dadurch die »gesamte Arbeit an Radio »vom Geringsten in Deutschland zu verlangen. Stuttgart in ihrer Wirkung gestört«, konnte sich daß er an demokratische oder christliche Grund­ aber offensichtlich nicht gegen die ICD durchset­ sätze im Leben der Völker untereinander glaube«. zen. Eberhard zitiert nach Lersch: Rundfunk (wie Diese Passage wurde jedoch gestrichen. PN, Anm. 1), S. 90. 12.4.1947; PWB, S. 3. 60 Zum Konzept der Reeducation ausführlich: Karl­ 81 Vgl. Anfänge des Verfassungslebens. ln: StZ, Ernst Bungenstab: Umerziehung zur Demokratie? 13.4.1946; WOrttembergische Verfassungskämp• Re-education-Politik im Bildungswesen der US­ fe. ln: StZ, 16.4.1946. Zone 1945-1949. DOsseidorf 1970, S. 13-68. 82 Vgl. Um was geht es bei der Verfassung? ln: StZ, 61 PN, 14.6.1947, PWB, S. 5. 22.6.1946. 62 Vgl. PN, 1.3.1947, PWB, S. 5f. 83 Vgl. Verfassungsfragen. ln: StZ, 4.6.1946. 63 Vgl. PN, 9.11.1946, PWB, S. 7. 84 Ackermann sah in der Verfassunggebenden Ver­ 64 laurien: Zeitschriften (wie Anm. 1), S. 276. sammlung wegen der geringen Wahlbeteiligung keine »eindeutige Erklärung des Volkswillens«. 65 PN, 31.8.1946, PWB. S. 4. Vorentscheidung zur Verfassung. ln: StZ. 3.7. 66 PN, 12.4.1947, PWB, S. 4. 1946. 67 PN, 3.5.1947, PWB, S. 5. 85 Die Verfassung. ln: StZ, 13.11.1946. 68 Laurien: Zeitschriften (wie Anm. 1), S. 254. 86 Der Spatz in der Hand ... ln: StZ, 23.11.1946. 69 Probleme des Frieden. ln: StN, 25.2.1947. Er rief 87 PN, 23.11.1946, PWB, S. 4. auch zu einer überparteilichen, europäischen Zu­ 88 Ebd. sammenarbeit auf. Vgl. Gefährlicher Unfug. ln: StN, 4.2.1947. 89 PN, 23.11 .1946, PWB, S. 5. 70 Der UdSSR sehr gewogen war der Kommentar 90 Das Wahlsystem wurde im ersten Halbjahr 1946 von Robert Götz »Hinter dem Eisernen Vorhang«. von Kommentatoren aller Partei-Couleur einge­ ln: StZ 30.3.1946, den Henry Bernhard kurz dar- hend diskutiert, auch hier funktionierte das Prinzip der Gruppenzeitung. Kursawe: Stimmen der »Stunde Einsec 223

91 Erich Schairer: Der Wahlsieg der CDU. ln: StZ, 108Kurt Koszyk: Pressepolitik für Deutsche 1945- 19.1 0.1946; Erich Schairer: Am Kreuzweg. ln: 1949. Berlin 1986, S. 147. StZ, 30.11.1946; sowie ähnlich zwei weitere 109pN, 20.7.1946, PWB, S. 2. Kommentare am 4.12.1946 und am 14.12.1946. Vgl. dazu: Lersch: Radio Stuttgart (wie Anm. 1), 110Ebd. S. 468f. ln der Folgezeit wurde die Koalition von der StZ bei jeder Gelegenheit torpediert, so in 111 PN, 20.7.1946, PWB, S. 1. Hermann Matthes: Die Koalition. ln: StZ, 21 .12. 112so z.B. Henry Bernhard: Betrachtungen in eigener 1946; Karl Römer: Schon wieder? ln: StZ, 4.1. Sache. ln: StN, 18.12.1946. ln ihnen vermerkte er 1947. wegen »bedenkliche[n] Eifer-Erscheinungen« po­ 92 StN, 26.11 .1946. Neuerlich forderte er in einer sitiv, daß es bislang keine Parteipresse gebe. ln unglücklichen Wortwahl eine Koalition der »natio­ der Folgezeit entwickelte sich auch in dieser Fra­ nalen Konzentration«: 39 + 32 + 19 + 10 = 100. ge ein kurzer Disput in den Kommentaren der StN ln: StN , 10.12.1946. und der StZ. 93 PN, 30.11 .1946, PWB, S. 5. 113Eberhard beklagte z.B. in »Gefahr des Irrtums«, daß die Berichte der »Neuen Zeitung« über den 94 PN, 12.1.1946, RWS, S. 9. »Fall Maier/Simpfendörfer« von den Lesern als offizielle Aussagen der Besatzungsmacht ver­ 95 Ermarth gab an, daß er mit dem Gebot vertraut standen werden könnten. ln: StN, 8.2.1947. (sei), »daß ein Rundfunkkommentator überpartei• lich und objektiv zu sein bestrebt sein muß, daß 114zur Polarisierung der Stuttgarter Tagespresse seit heisst, seine Berichte und Kommentare sollen November 1946 vgl. Lersch: Radio Stuttgart (wie nicht einer Partei in unsachlicher Weise nützen Anm. 1), S. 465ff. oder schaden«. PN, 22.3.1947, S. 4. 96 Vgl. Hans Bausch: Rundfunkpolitik nach 1945. Teil1 . Munchen 1980, S. 72. Neben Meinungsplu­ ralismus, Chancengleichheit in bezug auf die Sendezeit sowie objektive Nachrichtenauswahl und Berichterstattung sollte den »festangestellten Sprechern, Kommentatoren oder Programmver­ fassern« nicht gestattet sein, »bei Sendungen ( .. .) ihre Namen zur Werbung für irgendeine politische Partei herzugeben.« 97 So z.B. wurden zur Bymes-Rede im September 1946 vier Parteistellungnahmen in einer Ausgabe anstelle eines Kommentars veröffentlicht. Vgl. StZ, 11 .9.1946. 98 Z.B. Anton Frey, der die notgedrungene Zurück• haltung und programmatische Übereinstimmung der Parteien in der frühen Nachkriegszeit thema­ tisierte: Die Parteien. ln: StZ, 27.3.1946. 99 Z.B. Henry Bernhard: Politische Aufgaben. ln: StZ, 22.9.1945; Karl Ackermann: Laßt der Jugend ihr Recht. ln: StZ, 11.6.1946. 1oopws, 31 .5.1947. 101PWB, 3.5.1947. 102Kommentator war Karl Aberle, Ober den nichts bekannt ist. ln: StZ, 10.7.1946. 103Autor war Karl Ackermann. ln: StZ, 31.8.1946. 104 Rainer Wittlinger, Ober den keine Angaben vorlie­ gen, kommentierte. ln: StZ, 30.10.1946. 105vgl. z.B. Karl Ackermann: Angst vor Demokratie. StZ, 18.5.1946. 106so z.B. »bö«: Optimismus macht nicht satt. ln: StN, 22.4.1947; Henry Bemhard, der die Papier­ kürzungen beklagte: Pressenot.ln: StN 3.5.1947. 107stadt und Land. ln: StZ, 16.4.1947. Thomas Beutelschmidt

Out of fashion oder mega in? Die DDR im Spiegel ihrer Objekte, Bilder und Töne. Eine Bestandsaufnahme•

»Aus dem Osten kommt nicht nur das Licht. Gele­ tierte der kleine ORB als einzige Anstalt bewußt gentlich bläst von dort auch ein kräftiger Wind: gut aus östlichem Blickwinkel subjektive »Ansichten geeignet, die Köpfe klar, das (westliche) Blickfeld zur Lage der Nation« als Omnibus-Film, indem freizumachen für eine unverstellte und von Vorurtei­ er bekannten DEFA-Regisseuren wie Lothar len freie Sicht auf Kunst und KOnstler aus dem ande­ Wamecke, Egon Günther, Volker Koepp, Helke ren Deutschland.« Missalwitz und zusätzlich Katharina Thalbach, Aus dem Flyer der Ausstellung »Ostwind« Leander Haußmann bzw. - sozusagen als Gast­ Die materiellen wie ideellen Welten der DDR Oscar-Preisträger Pepe Danquart eigenwillige sind aufgrund der erfolgreichen bundesrepubli­ Stellungnahmen mit der Kamera ermöglichte. kanischen Transformation weiterhin dem Aus­ Im übrigen verzichteten die privaten Anbieter verkauf, der Zerstörung und der Auflösung preis­ - ungeachtet ihrer Fensterprogramme wie Spie­ gegeben. Sie erhalten im allgemeinen nach wie gei-TV (VOX) - einmal mehr auf diese Form der vor keine Schonfristen oder Anerkennungen, medialen Grundversorgung und kommentierten auch wenn sich längst ihre Substanz, Aus­ auf ihre Art sehr symbolisch (und treffend) den drucks- und Alternativkraft als (politisch) unwirk­ Gang der Geschichte mit dem Opus »Der Unter­ sam und ungefährlich erwiesen haben. Zudem gang des Römischen Reiches« zur Primetime sind kulturelle Halbwertzeiten kurz. Je länger der (Kabel1). Systemwechsel zurückliegt, desto mehr verblas­ sen, zerfallen und verlieren sich die Relikte, Spu­ ren und Zeichen des FrOheren und Anderen im Forschungsprojekte realen Alltag, im öffentlichen und privaten Raum. Verfolgen kann man diesen fortschreitenden Auch als (wissenschaftlicher) Untersuchungsge­ Bedeutungsverlust unter anderem am aktuellen genstand scheint die Kultur der sozialistischen Beispiel des Fernsehangebots anläßtich des Gesellschaft nun weitgehend bewältigt, abgelegt Tags der Deutschen Einheit am 3. Oktober. Vor und erschöpft. Hunderte (!) von Forschungs­ allem die Öffentlich-Rechtlichen Obten Political projekten bemühten sich bereits - oft im Ver­ Correctness und Oberboten sich mit populi­ gleich und in Abgrenzung zu westlichen Parallel­ stischer Partystimmung, staatstragenden Feier­ entwicklungen - um eine mehr oder weniger dif­ lichkeiten, prominent besetzten Gesprächsrun• ferenzierte Aufarbeitung des ostdeutschen Staa­ den und historischen Reminiszenzen. Bei aller tengebildes bis 1989/90: Allein bis 1993 sollen vermeindlichen Vielfalt an Rückblicken und an­ Ober 750 Vorhaben initiiert worden sein, deren gesprochenen Problemfeldern stellten sie doch Ergebnisse und (Be-)Wertungen meist stan­ mit Macht das scheinbar Verbindende in den desgemäß in Publikationen der klassischen Dis­ Vordergrund und vernachlässigten wohl kalku­ ziplinen mit sozialen, wirtschaftlichen oder poli­ liert das Trennende: Zur Einstimmung am Vor­ tisch-ideologischen Schwerpunkten vorgelegt1 abend eine Dieter Thomas Heck-Gala »Guten und vielfach an anderer Stelle rezensiert wurden. Abend Deutschland« und als »Skurriles und Neben dieser offiziellen Bestandsaufnahme und Nachdenkliches« danach »Die verflixten sieben Abrechnung mit der Makrogeschichte wurden Jahre« (ARD) sowie alternativ (?) ein Carolin zwischenzeitlich aber auch kleine Phänomene Reiber-Liederabend »So schön ist unser oder typische Besonderheiten des einmal »real Deutschland«, die Diskussion »Stillstandort existierenden Sozialismus« in den Blick genom­ Deutschland« und die Reportagen »Wächst zu­ men: von Themen wie Fußball2 und Leistungs­ sammen, was zusammengehört?« (ZDF). Am sport3, Sprachwitz4 und StraßennamenS, volks­ »Tag der Einheit« selbst füllten dann neben di­ eigene Kameras6 und Zweirader7, Grenzan­ versen Dokumentationen zu den Themen Re­ lagans und Soldatenröcke9, Erotik10 und Straf­ publikflucht, Umbau in der Industrie und Land­ vollzug11 reicht inzwischen die bunte Palette der wirtschaft oder -Vergangenheit ein »Fest­ einschlägigen, meist populär in Wort und Bild akt« und »Festzug« (ZDF) sowie die Übertra• verfaßten und durchaus erfolgreichen Veröffent• gungen des »Bürgerfestes« in Stuttgart (SWF 3) lichungen. die Kanäle. Herrschte bei diesen Sendungen DarOber hinaus wird auch fOr den Bildschirm meist die westliche Sichtweise vor, so präsen- und die Leinwand versucht, beliebte Klassiker Beutelschmidt: Out offashion oder mega in? 225 und Kultfiguren wiederzubeleben. Die Vermark­ Über die dortige kontinuierliche Arbeit hinaus tungspraktiken reichen von der Lizenzausgabe konnten auch dieses Jahr eine Reihe ergan­ früherer Episoden des »Sandmann« von Ger­ zender Veranstaltungsprojekte mit architektoni­ hardt Beherndt12 über die Animation der »Dige­ schen, künstlerischen, alltagsgeschichtlichen dags« von Johannes Hegenbarth und »Abra­ und medialen DDR-Aspekten realisiert werden, faxe« von Lona Rietschel13, die seit 1955 aufla­ die unbekannte Materialien präsentiert, Rück• genstark im »Mosaik«-Heftchen ein großes Pu­ schauen ermöglicht und neue Zusammenhange blikum finden und bei den in Deutschland ge­ erschlossen haben: machten Comic-Serien heute sogar Marktführer - die Sonderschau »Augenzeuge Auftrags­ sind, bis zu Kompilationen komisch anmutender kunst« des Kunstfonds Sachsen und seines Do­ Musikfilme mit »tanzenden Babuschkas« und kumentationszentrums Kunst in der DDR in der »singenden Mechanikern« aus den Traumfabri­ Magdalenenburg, Festung Königstein (30.4. - ken Osteuropas1 4. Vielleicht findet ja sogar noch 31 .10.1997):16 Eine erste und teilweise Präsen• Hollywood-Regisseur Steven Spielberg Gefallen tation der von der Treuhand an die neuen Bun­ an dieser etwas anderen »lost world« und insze­ desländer Sachsen und Thüringen übertragenen niert in altbewahrter Manier (als Horrorvision Bestande an (Auftrags-)Malerei, Grafik und Pla­ oder Kommödie?) das fiktive Auferstehen des stik, die als Vorbereitung einer umfassenden Sozialismus .. . Ausstellung in 1998 dienen soll; - die Sonderausstellung »Lust & Last. Leipzi­ ger Kunst seit 1945« im Germanischen Natio­ Ausstellungen nalmuseum Nürnberg (15.5. - 7.9.1997) bzw. im Museum der Bildenden Künste Leipzig (2.10 . - 1 Aber alle rationalen und reflexiven oder anekdo­ 31.12.1997): 7 Ein imposanter, bis in die Ge­ tischen und unterhaltenden Auseinandersetzun­ genwart reichender Überblick mit verschiedenen gen reichen nicht aus, um auch sinnlich das Höhepunkten an Gemälden, Skulpturen und Phänomen DDR ·mit seinen spezifischen Sym­ Photographien aus der DDR, die in der Region bol- und Gebrauchswerten lebendig zu halten Leipzig einen ihrer herausragenden Standorte und zu bewahren. Denn erst durch die Überreste künstlerischer Produktion, Ausbildung und Dis­ jenseits schriftlich, photographisch oder kinema­ kussion hatte; tographisch fixierter Beweisstocke wurde und - die Präsentation »Aufbau West - Aufbau Ost. wird die kollektive und individuelle Identität des Die Planstädte Wolfsburg und Eisenhüttenstadt Landes sichtbar sowie seine Werte, Traditionen in der Nachkriegszeit« im Deutschen Histori­ oder Ziele auch heute nachvollziehbar und -prüf• schen Museum Berlin (16.5.- 12.8.1997):18 Eine bar. detailreiche Aufarbeitung architektonischer, öko• Letzte direkte Konfrontationen mit den ent­ nomischer, politischer und kultureller Aspekte funktionalisierten Dingen, den überlieferten Bil­ zweier städtischer Neugründungen im Span­ dern und Tönen, den verbliebenen Dokumenten nungsfeld Sozialismus versus Kapitalismus, wo­ erlauben da nur noch institutionalisierte Orte der bei sich deutliche Unterschiede, gleichzeitig aber Bewahrung, Begegnung und Erinnerung wie Ar­ auch verblüffende Parallelen offenbaren; chive und Museen. Hier werden die Quellen zum - die Fernsehausstellung »Der Traum vom Se­ konkreten Anschauungsmaterial und Zeugnis hen. Zeitalter der Televisionen« im Gasometer einer zwar ambivalenten, aber doch von vielen Oberhausen (30.5. - 15.10.1997):19 Hier sind getragenen und gelebten Wirklichkeit. Deshalb wesentliche Entwicklungslinien der Geschichte ist es wichtig, sich nicht nur auf das Spektakula­ des DDR-Fernsehens durch einzelne Inszenie­ re, Exklusive und Kunstvolle einer Repräsen• rungen sowie Zusammenstellungen ästhetisch tationskultur zu stützen, sondern gleichfalls das und inhaltlich typischer Sendungen der Publizi­ Banale, Massenhafte und Prosaische zu sam­ stik und Unterhaltung berücksichtigt; meln bzw. zu sichern, was zwei unterschiedliche - die Ausstellung »Boheme und Dikatatur in Museumskonzeptionen voraussetzt: Bewegt sich der DDR: Gruppen, Konflikte, Quartiere. 1970 beispielsweise das prestigeträchtige Deutsche bis 1989« im Deutschen Historischen Museum Historische Museum in der Hauptstadt Berlin in Berlin (4.9.- 16.10.1997):20 Eine qualitativ hoch­ seinen Qualitätsmaßstäben auf hohem Niveau, wertige Sammlung von erstmals im Zusammen­ so bezieht das Dokumentationszentrum All­ hang gezeigten Kunstwerken, Objekten, Doku­ tagskultur der DDR im provinziellen Eisenhüt• menten und Medien der verschiedenen Facetten tenstadt als »Sachzeugenarchiv« und »offenes einer ostdeutschen Subkultur und Aussteigers­ Depot« bewußt scheinbar wertlose oder zu­ zene mit individuellen Verweigerungsstrategien, nächst unattraktive Objekte bei der Auswahl und die sich - geprägt durch Aktionismus und Selbst­ Sammlung seiner Exponate mit ein.15 inszenierung - eine intellektuelle und künstleri- 226 Rundfunk und Geschichte 23 (1997) sehe Infrastruktur mit produktiven Freiräumen nen die vom Internationalen Designzentrum Ber­ ertrotzt haben; lin besorgte Präsentation neuer Produkte und - die Werkschau »Ostwind. FOnf deutsche Unternehmen, von Technik und Design, von Maler aus der Sammlung der GrundkreditBank« und Marketing unter dem Titel in Berlin (5.9.1997 - 8.1.1998):21 Eine sorgfältig »Wegbereiter. Innovationen und Design aus abgestimmte GegenOberstellung exemplarischer Berlin und Brandenburg« an den Standorten Tafelbilder von Altenbourg, Heisig, Mattheuer, Berlin, Frankfurt (Oder) und Leipzig im Laufe Metzkes und TObke, deren eigenständiges dieses Jahres,26 zum anderen die »Einkaufs­ Schaffen Ober die engen DDR-Grenzen hinaus messe für Konsumgüter aus Brandenburg, Maßstäbe gesetzt hat; Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen­ - Veranstaltungen im Rahmen der diesjährigen Anhalt, Thüringen, Berlin-Ost« als »Ostprodukte­ Berliner Festwochen, die ebenfalls DDR-spezifi­ Schau« in DOsseidorf mit 870 Konsumgüterher• sche Themen im Vergleich zu Strömungen in der stellern von Florena-Kosmethik Ober RFT­ alten BRD aufgreifen wie unter anderem das Eiektronik bis zu Eminett-Tricotagen (1.9. - zentrale Ereignis »Deutschlandbilder. Kunst aus 3.9.1997).27 einem geteilten Land«22 als eine repräsentative Bilanz der Nachkriegskunst mit ihren »harten Wendungen« (Paul Klee) im Martin Gropiusbau Editionen von Tondokumenten sowie parallel die »Positionen künstlerischer Photographie in Deutschland seit 1945« in der Da die genannten Veranstaltungen und Projekte Berlinischen Galerie (7.9.1997 - 11.1.1998)23, in der Regel auf Literalität und Visualitat fußen begleitet von diversen Film-, Video-, Musik-, und »Sich nach wie vor die Edition moderner Theater-, Hörspiel- und Literaturprogrammen24: Quellen des 20. Jahrhunderts fast ausschließlich ln einer kaum wiederholbaren Dichte und Breite auf die Reproduktion von Dokumenten der werden hier Retrospektiven geboten, die vor al­ Schriftlichkeit bezieht«28, sollen sich die folgen­ lem auch alle umstrittenen, sperrigen und experi­ den Ausführungen mit der meist ausgeblendeten mentellen Ergebnisse der ostdeutschen Medien und vemachläßigten Oralität befassen. Neben einem größeren Publikum vorstellen; dem Schriftstück, dem Photo, dem Film und den - die Sonderausstellung »D.D.R. - Deutsche Werken der Bildenden Kunst haben die Ton­ Dekorative Restbestande« auf dem ega-Ausstel­ träger mit Archivaufnahmen und Radiomitschnit­ lungsgelände in Erfurt, organisiert durch das ten bislang eine untergeordnete Rolle gespielt, dortige Stadtmuseum und den Kulturverein Wa­ obwohl das Hören die Wahrnehmung erlebter ren/ MOritz (13.9. -19.10.1997): Oie Zusammen­ wie fremder Geschichte ergänzt. Deshalb darf stellung von mehr als 1 000 Exponaten versteht hier nicht nur auf die Ausstellung »0-Ton-Berlin. sich als eine »Archäologie mit Augenzwinkern« Kalter Krieg im Äther« als ein »akustischer Spa­ und will fOr Ost und West einen unverstellten ziergang« durch die Berliner Stadtgeschichte Blick auf die verschattete ODR-AIItagskultur er­ von 1947 bis 1961 im Zentrum für Berlin-Studien möglichen; (18.9. - 29.11.1997) verwiesen werden - eine - die Ausstellung »Hinterlassenschaften aus Kooperation des Deutschen Rundfunkarchivs, ZK und Ministerrat« der Sammlung industrielle des DeutschlandRadios und des Senders Freies Gestaltung in Berlin (16.10.1997 - 15.2.1998): Berlin, aus der eine BegleitbroschOre mit 0-Ton­ Das Design der Möbelausstattungen in den Füh• Texten und Chronik hervorging sowie eine Aus­ rungsetagen von Partei- und Staatsführung of­ wahl tor eine Doppel-CD mit Programmaus­ fenbart im Geschmack kleinbOrgerlicher Funk­ schnitten aus den östlichen und westlichen tionäre eine banale Asthetik der Macht; Rundfunkarchiven der Stadt, »dem großen - die Retrospektive und das Symposium »Dia­ akustischen Gedächtnis mit wunderbaren und log mit einem Mythos. Asthatische und politische entsetzlichen Tönen. «29 Entwicklungen des Leipziger Dokumentarfilm­ Wie auch die anderen CO-Veröffentlichungen Festivals in vier Jahrzehnten« parallel zur 40. aus DDR-Bestanden beweisen, werden gegen­ Leipziger Dokumentarfilmwoche (31.1 0. - 1.11. Ober dem bloßen Manuskript bei den konkreten 1997):25 Anhand von Filmpreisträgem, Erfah­ Sprechakten zwischen der betonten wie unfrei­ rungsberichten und Analysen wird versucht, die willigen Selbstdarstellung und der semantischen Geschichte dieses renommierten Festivals zwi­ wie symbolischen Botschaft nicht nur akustische schen propagierter Weltoffenheit und praktizier­ und atmosphärische EindrOcke vermittelt, son­ ter Parteilichkeit zu beleuchten; dern auch die paralinguistischen Aspekte der - und schließlich zwei etwas andere Veranstal­ DDR-spezifischen Kommunikationsrituale: Varie­ tungen, die nicht retrospektiv angelegt sind, son­ tät, Betonung, Rhythmus, Duktus, Stil der dern im Kontrast die ökonomischen Entwick­ sprachlichen Außerungen, Satzbau und Vokabu­ lungen nach der Wende thematisieren: zum ei- lar, Idiolekt und Dialekt, redundante Pathosfor- Beutelscbmidt: Out of fashion ()der mega in? 227 mein und rhetorische Banalitäten, sozialistische tantendes Systems keine Macht mehr entfalten, Emphase und moralischer Impetus, zynische Anpassung fordern oder Lebensstile diktieren, Kalte und emotionale Ausbrüche, patriarchali­ auf der anderen aber noch einmal das Vergan­ sche Dominanz und Unterwerfungsgesten, Bai­ gene in Gestalt individuellen Selbstverstand­ fallskundgebungen und musikalische Inszenie­ nisses oder des jeweiligen Zeitgeistes ganz rungen. unmittelbar überliefern und nahebringen. Auf Das Deutsches Rundfunkarchiv hat sich in diese Weise entsteht durch das gesprochene Zusammenarbeit mit dem Deutschen Histori­ Wort, den gesungenen Text und die intonierte schen Museum mit seiner Editionsreihe »Stim­ Melodie eine »Erfahrungs- und Erzahlgemein­ men des 20. Jahrhunderts«3o zunächst auf die schaft, in der sich Oberlieferte Elemente, Spolien unmittelbare Nachkriegszeit und die erste Deka­ der untergegangenen DDR erhalten und umbil­ de des DDR-Staates konzentriert. Aus den Ober den.c32 1 300 überlieferten Wortdokumenten des Rund­ 1947 gründete Ernst Busch -von den Nazis funks allein bis 1955 wurden längere Passagen als »Barrikaden-Tauber« diffamiert - mit »Lieder zu historischen Eckdaten und gesellschaftlichen der Zeit« einen durch die sowjetische Militar­ Ereignissen ausgewählt, wobei die meist aus­ regierung lizensierten Schallplattenverlag, der führlichen und sinnvoll illustrierten Beihefte mit neben »Etema« für die »klassischen Meister­ editorischen Angaben, thematischen Einfüh• klange« unter dem Label »Amiga« alsbald auch rungen und sachlichen Erklärungen wichtige In­ ein Unterhaltungs- und Tanzrepertoire sowie das formations- und Orientierungshilfen bieten: Re­ »sozialistische Musikschaffen« anbot. Als Teil den, Ansprachen, Ankündigungen, Appelle, Be­ des »VEB Deutsche Schallplatten« geriet das fehle, Gelöbnisse, Einweihungen, Ehrungen so­ Unternehmen am 1. April 1953 direkt unter wie Reportagen und Kommentare. Im Mittelpunkt Staats- und Parteiaufsicht Den Funktionaren stehen insgesamt nicht nur die obligatorische war nicht entgangen, daß »doch die Schallplatte StaatsgrOndung, die Präsidentenwahl oder Par­ nicht nur ein fester Bestandteil der modernen teikonferenzen, sondern auch die vielen Ehrun­ Hausmusik geworden [ist], sondern zugleich gen des Genossen Stalin als Namensgeber der auch ein wichtiger Helfer für den Rundfunk sowie »ersten sozialistischen Straße« (Frankfurter Al­ für chorische Übertragungen bei Kundgebungen lee in Berlin) bzw. »erste sozialistische Stadt und Feiern sowie ein immerwahrender Propa­ Deutschlands« (Stalinstadt bzw. Eisenhütten• gandist volksnaher Gesange. «33 Der Betrieb stadt), die Weltfestspiele der Jugend oder ande­ behielt dann bis 1990 sein Monopol für die Tan­ re Feierlichkeiten und Sporterfolge. Dabei kom­ tragerproduktion der leichten (und lauten) Muse. men sowohl Pieck, Grotewohl, Ulbricht, Honek­ Nach der Privatisierung durch die Treuhand­ ker oder Becher als offiZielle Repräsentanten zu Anstalt Obernahm zunachst ein Kieler Auto­ Wort als auch bekannte Reporterstimmen, be­ handler die Geschafte, bevor dann 1993 geisterte Funktionare, junge Pioniere und Aktivi­ »Eterna« von der Edel Company Music AG und sten wie Adolf Hennecke. »Amiga« von der BMG Ariola (heute BMG Darüber hinaus gibt in diesem Jahr das Entertainment GSA) mit der Devise »Erhaltens­ SOjahrige Bestehen der ehemaligen Plattenfirma wertes zu erhalten und Neues zu fördern«34 er­ »Amiga« einen willkommenen Anlaß, sich auch worben wurden. Seitdem vermarkten die alten der doch so wirksamen Popularkultur zuzuwen­ und neuen Mitstreiter den umfangreichen Back­ den. Das dort erschienene CEuvre offenbart so­ katalog in Neuauflagen, Samplem oder Cover­ wohl vordergründig jeden »ideologiegeleiteten versionen35 und erreichen Ober Radio-Serien diktatorischen Konstruktionsversuch«31 als auch bzw. TV-Dokumentationen36 vor allem natürlich hintergründig jene dissonanten Zwischentöne in den neuen Bundeslandern ein treues Publi­ und unterschwelligen Signale des Eigensinns, kum, was ihnen manches Lob einbringt wie etwa der Kritik oder der Verweigerung. Dabei war ins­ den »Preis für herausragende Leistungen im besondere die Musik einem Wechselspiel von Hörfunk zur Förderung des Zusammenwachsens Berücksichtigung und Ablehnung westlicher Ge­ Deutschlands«. schmacker und Moden unterworfen. Kultcharak­ Von 1947 bis 1990 sind insgesamt rund ter erlangen heute im Gegensatz zu frOher nicht 8 700 Titel in den Plattenstudios, dem Rundfunk mehr die um Adaption bemühten Titel, sondern und Fernsehen aufgenommen und verOffentlieht die Eigengewachse, welche die Produkte des worden, wobei 5 000 Einheiten auf »Etema«, einstmals verpönten kapitalistischen Kulturimpe­ 2 200 auf »Amiga« - die damit jedoch allein 50 rialismus' dezidiert konterkarieren. Ihre Aus­ Prozent der Gesamtstockzahlen absetzte - und drucksformen, Themen und Interpreten können der Rest auf die kleineren Labels »Litera« jetzt gleichermaßen mit emotionaler Anteilnahme (Wortbeitrage), »Nova« (zeitgenössische Musik), und kognitiver Distanz rezipiert und goutiert wer­ »Schola« (Unterrichtsmaterial) und »Aurora« den, weil sie auf der einen Seite als Reprasen- (die spatere Ernst Busch-Edition) entfiel. Die ab- 228 Rundfunk und Geschichte 23 (1997)

soluten Zahlen dürfen aber nicht darOber hin­ ehe nach Evergreens, unveröffentlichten Rarita­ wegtauschen, daß viele populare Titel oftmals ten oder (Erkennungs-)Melodien aus DEFA- und nur in Kleinauflagen erschienen und als begehrte Fernsehfilmen, fOr deren Vertrieb unter eigenem »Bückware« nur einigen Wenigen vorbehalten Label »Barbarossa« er sich die Rechte Ober das waren. Diese Knappheit laßt sich sowohl auf Deutsche Rundfunkarchiv bzw. von der BMG politische (Zensur-)Maßnahmen als auch auf die Ariola sichern konnte. 41 Überrascht von der permante Materialknappheit zurückführen, die starken Publikumsresonanz reagierte dann nicht nur in den Anfangsjahren zu Improvisatio­ schließlich auch der (nun gesamtdeutsch operie­ nen zwang: »Die >Amiga<-Tanzplatte verfolgt rende) Musikkonzern und stellte unter dem Oberdies nicht nur den Zweck der guten Zer­ Motto »Auferstanden aus Archiven« seinerseits streuung, sondern sie sichert dem Verlag zu­ Kompilationen42 und Neuauflagen vor, für die gleich die Rohstoffbasis, da ja bekanntlich fOr sogar die Titelmusik der »Aktuellen Kamera«, jede neu zu erwerbende Schallplatte zwei alte das (Kinder-)Lied »Sandmann, lieber Sand­ abgegeben werden mossen.«37 mann« und die Fernsehfilmreihe »Das un­ ln den letzten Jahren verfügte die Musikpro­ sichtbare Visier« ausgewahlt wurden. duktion in der DDR Ober eine jahrliehe Kapszitat Somit gibt es eine stattliche Reihe mit vielen von 13 Millionen Langspielplatten, fünf Millionen kulturhistorisch relevanten wie asthetisch signifi­ Musikkassetten und vier Millionen Singles bei kanten Titeln, die nun auch der DDR-Forschung 250 bis 300 Neuerscheinungen bei etwa zehn bzw. fOr die journalistische Recherche oder für Prozent Lizenzobernahmen. Dies bescherte der Unterrichtszwecke leicht zuganglich sind. Inter­ Planwirtschaft bei festen Verkaufspreisen (eine essant erscheinen vor allem die bisweilen expe­ LP beispielsweise 16,10 Mark) allein 1989 einen rimentellen, avantgardistischen und kritisch-ironi­ Umsatz von 305 Millionen Mark. Die höchste schen Interpretationen, deren damaliges Er­ Auflage Oberhaupt erzielte der Sanger und TV­ scheinen sicher auch mutigen Entscheidungen Entertainer Frank Schöbe! mit 1,4 Millionen ver­ einiger Funktionare in den für Musik und Unter­ kauften Exemplaren seiner Platte »Weihnachten haltungskunst zustandigen (Haupt-)Verwaltun­ in Familie«. Tantrager der Rockformationen gen des Kulturministeriums bzw. den Staatlichen Puhdys, Karat oder City konnten insgesamt etwa Komitees fOr Rundfunk bzw. Fernsehen und 25 Millionen mal verkauft werden - Erfolge, an dem entsprechenden Sekretariat des ZK der denen sie sogar nach der Wende mit bereits SED mit seinen Sachressorts zu verdanken ist: knapp einer Millionen CDs anknüpften. von literarischen Lesungen, Hörspielen und Vor der spater üblichen Mikrorillenplatte aus Theaterarbeiten43 Ober den Jazz44 und das Kunststoff (im Westen seit 1948 serienreif) Chanson bis zu den Genres Schlager45 bzw. diente von Beginn an bis Ende der 50er Jahre den unterschiedlichen Richtungen des bereits zuerst die vom Grammophon stammende erwahnten Pop und Rock, die nach ihrer Verur­ Schellackplatte als Tragermedium. Ab 1957 teilung auf dem elften (Kultur-)Pienum der Partei wurden die technischen Voraussetzungen fOr die 1965 erst mit dem Machtwechsel von Ulbricht zu Stereophonie geschaffen, die jedoch erst ab Honecker bzw. nach dem achten (Reform-)Par­ 1964 fOr den Massenmarkt von Bedeutung war. teitag zu Beginn der 70er Jahre eine gewisse 1971 kam dann alternativ die Musikkassette hin­ Rehabilitierung erfuhren.46 Berücksichtigt wur­ zu, und 1984 entstanden auch digitale Auf­ den konkret die zu DDR-Zeiten kulturpolitisch nahmen. Eine eigene Fertigung moderner Com­ unliebsamen, streng reglementierten und bis­ pact Discs ließ sich jedoch nicht mehr realisie­ weilen verbotenen Combos wie Renft oder Ka­ ren, da die Wirtschaftsführung unter Ganter Mit­ russell. DarOber hinaus finden sich neben der tag hierfür trotz der vorhandenen Binnennach­ außergewöhnlichen Veronika Fischer, der unbe­ frage keine Notwendigkeit sah. quemen Barbara Thalheim, den gefühlsbetonten Auf die Idee einer zweiten Auswertung be­ Arrangements von Holger Biege auch wieder die rühmter und popularer Darbietungen kam nach Höhepunkte von Multitalent Manfred Krug im der Wende zunachst der DDR-erfahrene RIAS­ Verkauf, der zwischen 1962 bis zu seiner Aus­ Moderator Olaf Leitner, der schon 1993 eine reise nach der Ausbürgerung Wolf Biermanns Maßstabe setzende vierteilige Zusammenstel­ den Jazz, den gesprochenen Text und das Lied lung verantwortete38 und dem bald andere zu einer einmaligen Synthese verbunden hatte. nacheiferten. Zunachst kam Myriam Broger als BMG Ariola realisierte außerdem Wieder­ DJ auf den Geschmack des DDR-Groove und auflagen ehemaliger Stars wie Barbel Wachholz, veröffentlichte aufregende lnstrumentaltite(39 - Ute Freudenberg oder dem Iegendaren Frank ein Szene-Trend, dem das Berliner Label »Grau­ Schöbet. Und hinzuweisen ist schließlich auf die zone« folgte40. Zudem durchforstete Charly nun wieder verfOgbaren Plattenproduktionen der Ocasek, frOher selbst Gesangsaktivist und »Ami­ Interpreten, die gleichzeitig als Gastgeber großer ga«-Produzent, die Archivbestande auf der Su- Unterhaltungssendungen des DDR-Fernsehens Beutelschmidt: Out offashion oder mega in? 229

(und Rundfunks) fungierten: Gunther Emmerlieh - das klassische Erbe an internationalen (u.a. »Showkolade«) oder Helga Hahnemann Kampfliedern in Form von nicht nur musikhisto­ (»Ein Kessel Buntes«). risch wertvollen Kompilationen mit den wichtig­ Zusatzlieh kommen sogar das »bekenneri­ sten patriotischen Kompositionen der Arbeiter­ sche« Lied und andere Spielarten des »soziali­ bewegung und den nun vaterlandslosen Staats­ stischen Musikschaffens« noch einmal zu spaten hymnen der DDR und Sowjetunion in ver­ Ehren und Veröffentlichungen. So hat BMG schiedenen (Orchester- und Chor-)Fassungen Ariola beispielsweise eine geschickt arrangierte bzw. als provokatives Kontrastprogramm die Collage aus Redeauszogen, politischen Kampf­ (schrage) Neubearbeitung einiger Höhepunkte liedern, und Stimmen vertrauter Fernsehlieblinge dieses bis dato sakrosanten Liedgutes52. wie »Frau Elster« und »Herr Fuchs« heraus­ Insgesamt für viele eine sentimentale oder gebracht.47 Im Gegensatz zu den Iangeren Aus­ klarende Begegnung mit der eigenen Vergan­ schnitten auf den erwähnten Produktionen des genheit, aus der in jedem Fall gelernt werden Deutschen Rundfunkarchivs/Deutsehen Histori­ kann: »Wenn wir heute zusammen kamen und schen Museums wurden hier gezielt kurze Zitate uns anhören wOrden, was wir damals, einzeln mit dem richtigen Stichwort, der sicheren Pointe und manchmal sogar im Kollektiv, gedichtet und oder der vertrauten Strophe zu einem unterhalt­ in Noten gebracht, dann würde uns vielleicht samen Potpourri gemixt, das wohl in seiner wieder das Gefühl überfallen, daß wir das nach­ Kurzweiligkeit und Vielseitigkeit eine breite Käu• ste Lied machen müssen, das bessere, das ferschicht anspricht, gleichzeitig aber auch in noch treffendere, das zu der Sache, die wir da­ seiner Verkürzung, Oberflachlichkeit und mals noch nicht wissen konnten.«53 schwarz-weißen Darstellung als denunziatorisch und diskreditierend empfunden werden kann und stereotype Vorurteile von einer provinziellen, Anmerkungen naiven und kuriosen Lebensgemeinschaft in ei­ nem nicht ernst zu nehmenden Staat bestatigt. * Der Beitrag führt die zusammen mit Julia MOIIer- Alle anderen Kollektionen präsentieren ihre Novak verfaßten Betrachtungen »Im Osten nichts Titel jedoch glücklicherweise in der ursprüngli• Neues« weiter, die in RuG Jg. 22 (1996), H. 4, S. chen Lange und Version. Die Palette umfaßt 263-265, erschienen sind. derzeit Vgl. Thomas Heimann u.a.: Forschungsprojekte - eine thematische Auswahl an Interpreten mit zur DDR-Geschichte. Ergebnisse einer Umfrage Klassikern des propagandistischen Liedgutes des Arbeitsbereiches DDR-Geschichte im Zen­ wie von dem »Kundschafterlied« über »Fritz, der trum fOr Europäische Sozialforschung der Univer­ Traktorist« bis »Wenn die Leute unser Land sität Mannheim, o.J. [1995]. Diese Erhebung verlassen«4B; stand in unmittelbarem Zusammenhang mit dem - Mitschnitte bedeutender Veranstaltungen wie Arbeitsauftrag der Enquete-Kommission »Aufar­ die begeistert gefeierten und vom Berufsverbot beitung von Geschichte und Folgen der SEC­ Diktatur in Deutschland«, deren Materialien vom Wolf Biermanns überschatteten Events »Jazz Deutschen Bundestag in 18 Teilbänden heraus­ und Lyrik« 1964 und 1965 mit Manfred Krug, gegeben wurden. Baden-Baden, Frankfurt am 4 Eberhard Esche, Gerd E. Schäfer u.a. 9 oder die Main 1995. Aufzeichnung einer er- und bekämpften Insze­ nierung des Mecklenburgischen Staatstheater 2 Vgl. Horst Friedemann (Hrsg.): Sparwasser und Mauerblümchen. Die Geschichte des Fußballs in Schwerin unter der Regie von Christoph der DDR 1949-1991. Essen 1991 und 1996. Eine Schroth, die am 4. November 89 uraufgeführt Dokumentation vieler Vereinsgeschichten und und zum »Fest der Einheit« am 3. Oktober 90 wichtiger Spiele, zu denen auch die legendären wiederholt wurde. Die Aufführung galt als ironi­ deutsch-deutschen Begegnungen auf internatio­ sches und gleichwohl ernst gemeintes Ab­ nalem Parkett zählen. schiednehmen vom »Arbeiter- und Bauern­ 3 Vgl. Grit Hartmann: Goldkinder. Die DDR im Spie­ staat«, als eine Art »Trauerarbeit« und wurde gel ihres Spitzensports. Leipzig 1997. ln Reporta­ nachtraglieh als »Teil des intellektuellen Auf­ gen und Gesprächen wird die Geschichte der bruchs« interpretiert, »der die revolutionären Er­ Licht- und Schattenseiten des DDR-Sports doku­ eignisse des Herbstes 1989 vorbereiten half«SO; mentiert, der als Leistungsbeweis des Sozialis­ - die Lieder der »Kiub«-Abende: Als früher mus' im Systemvergleich auf Kosten der Beteilig­ Ausdruck der von Partei- und Staatsführung be­ ten eine besondere Rolle spielte. grüßten »Singebewegung« entstand 1966 der 4 Wrtze erwiesen sich stets als Zeichen latenter Kri­ »Hootenanny«- und spater »Oktober-Klub«, in tik an politischer Bevormundung sowie an Er­ dem nicht nur die FDJier mit Songs gegen Aus­ scheinungen der Mangelgesellschaft Vgl. Claus beutung und Faschismus bzw. für Sozialismus Mahn/Lothar Otto (Hrsg.): Alles fOr das Volk- das und Frieden unterhalten (und belehrt) wurden 51; Beste fOr uns. Witze aus der DDR. Leipzig 1994 230 Rundfunk und Geschichte 23 (1997)

sowie Reinhard Wagner (Hrsg.): DDR-Witze. 1991. Das Buch gibt mit Interviews und Photos Walter schützt vor Torheit nicht, Erich währt am eine Bestandsaufnahme der Willkür und Recht­ längsten. Berlin 1994f. und ders.: Teil 2. Lieber losigkeit in DDR-Gefängnissen. von Sitte gemalt, als vom Sozialismus gezeichnet. Berlin 1996. 12 Nach fünf Videoeditionen erschien unter dem Co­ pyright des ORB und MDR eine neue Folge mit 5 Vgl. Kari-Heinz Gärtner u.a.: Berliner Straßenna­ falschem Titel »Unser Sandmännchen« bei Atlas men. Ein Nachschlagewerk für die östlichen Be­ Pietures/ BMG Video 1997. zirke. Berlin 1995. Gerade in der wiedervereinten 13 Ost-Film in Babelsberg bzw. Media Publishing in Hauptstadt läßt sich am ideologischen Streit um Stuttgart produzierten 1996 und 1997 bereits Pi­ Namensgebungen im öffentlichen Raum die Be­ lotfilme. deutung symbolischer Formen für die nationale und lokale Identität ablesen. 14 So das Werbematerial für die Mixtur »East Side Story« unter der Regie von Dana Raga, Anda­ 5 Traditionell wurden in Sachsen photo- und kino­ Filmsl WDRI Canal+. Deutschland 1997. technische Apparate wie beispielsweise die auch in den Westen exportierte Praktica des VEB 15 Über die Konzeption dieser Einrichtung der Leiter Pentacon gefertigt. Vgl. Richard Hummel: Spie­ Andreas Ludwig und Gerd Kuhn: Objektkultur des gelreflexkameras aus Dresden. Leipzig 1995, DDR-Alltags - Versuch einer Annäherung, in ei­ sowie Stefan Scheibe!: Mittelformat »Ost«. Stutt­ nem von ihnen auch herausgegebenen Tagungs­ gart 1993. band zum gleichen Thema: Alltag und soziales Gedächtnis. Die DDR Objektkultur und ihre Mu­ 7 Vgl. Jörg Engelhardt: Schwalbe, Duo, KultmobiL sealisierung. Harnburg 1977, S. 13-24, hier S. 15. Vom Acker auf den Boulevard. Berlin 1995. ln Wort und Bild wird die Entwicklung eines erfolg­ 15 Da erst zu der geplanten Übersichtsausstellung in reichen Kleinrollers dargestellt, der als robustes Dresden ein Katalog erscheinen wird, sei an die­ und erschwingliches Vehikel von 1963 bis 1986 ser Stelle nur auf den transkribierten Eröffnungs• im VEB Fahrzeug- und Gerätewerk Simson Suhl vortrag von Kari-Siegbert Rehberg: Festungshaft produziert wurde und vom Gebrauchsgegenstand für die DDR-Kunst. TU Dresden o.J. (1997] (Un­ zum Trendmobil avancierte. Darüber hinaus läßt veröffentlichtes Manuskript} hingewiesen. eine weitere Neuerscheinung gleich das gesamte Verkehrswesen der DDR ironisch Revue passie­ 17 Vgl. Herwig Guratzsch/G. Ulrich Großmann ren . Vgl. Andreas Kämper!Reinhard Ulbrich: Grü• (Hrsg.): Lust & Last. Leipziger Kunst seit 1945. ner Pfeil und Ferkeltaxe. Ein ostdeutsches Fahr­ Stuttgart 1997. tenbuch. Köthen 1997. 18 Dazu der Foto- und Aufsatzband von Rosemarie 8 Vgl. Jürgen Ritter!Peter Joachim Lapp: Die Gren­ Beier (Hrsg.): Aufbau West - Aufbau Ost. Die ze. Ein deutsches Bauwerk. Berlin 1997. Von der Planstädte Wolfsburg und Eisenhüttenstadt in der Demarkationslinie über feste Sperranlagen bis zur Nachkriegszeit. Stuttgart 1997. Erinnerungsstätte wird die politische, technische 19 Siehe auch das reich bebilderte Katalogbuch von und soziale Geschichte der deutsch-deutschen Peter Paul Kubitz: Der Traum vom Sehen. Zeital­ Grenze dokumentiert. ter der Televisionen. Berlin 1997, S. 150-167. Vgl. 9 Vgl. Klaus-Uirich Keubke!Manfred Kunz: Unifor­ die Rezension in diesem Heft S. 255f. men der Nationalen Volksarmee der DDR 1956- 20 Eine materialreiche Übersicht bieten die Kura­ 1986. Berlin 1990. Noch vor der Wende sollte toren Paul Kaiser/Ciaudia Petzold: Ausstellung diese minutiöse Darstellung aller Dienst-, Sport­ Boheme und Diktatur in der DDR: Gruppen, Kon­ und Ausgehbekleidungen verschiedener Waffen­ flikte, Quartiere. 1970 bis 1989. Berlin 1997. gattungen und Dienstgrade in den »soziali­ stischen Streitkräften« erscheinen - sicher heute 21 Vgl. Dieter Brusberg/Bärbel Mann (Hrsg.): Ost­ ein Sammlerstück, das von seinem Wortlaut bis wind. FOnf deutsche Maler aus der Sammlung der zu seinen Farbretuschen DDR-Typisches bewahrt GrundkreditBank. Berlin 1997. hat. 22 Vgl. Eckhart Gillen (Hrsg.): Deutschlandbilder. 10 Auf Initiative der Zeitschrift »Das Magazin«, die Kunst aus einem geteilten Land. Berlin/Köln 1997. als »Playboy der DDR« die Wende überlebte, Schon im Vorfeld legte der Kurator als Leiter ei­ wurden private Aufnahmen ausgestellt und veröf• nes Forschungsprojektes zur Kunst in der sozia­ fentlicht, die sich signifikant von den kommer­ listischen Gesellschaft beim Berliner Museums­ ziellen Bildern aus dem Westen unterscheiden. pädagogischen Dienst zusammen mit Günter Vgl. Das Magazin (Hrsg.): Die nackte Republik. Feist und Beatrice Viemeisel eine umfangreiche Aktfotografien von Amateuren aus 40 Jahren All­ Aufsatzsammlung vor: Kunstdokumentation SBZI tag im Osten. Berlin 1993. Vgl. auch die Strategi­ DDR 1945-1990. Aufsätze, Berichte, Materialien. en und Praktiken der Geschlechter in der DDR, Köln 1996. geschildert von Katrin Rohnstock (Hrsg.): Erotik 23 Vgl. Ulrich Domröse (Hrsg.): Positionen künstleri• macht die Häßlichen schön. Sexueller Alltag im scher Photographie in Deutschland. Berlin 1997. Osten. Berlin 1995. 24 Vgl. alle Themen, Titel und Veranstalter im text­ 11 Vgl. Torsten Heyme/Felix Schumann: »Ich kam reichen Programm-Prospekt der Berliner Fest- mir vor wie'n Tier« . Knast in der DDR. Berlin Beutelschmidt: Out offashion oder mega in? 231

spiele GmbH (Hrsg.): Joumal47. Berliner Festwo­ terfreunde« musikalische Ve~üngungen politi­ chen 1997. Berlin 1997, und im speziellen das scher Lieder. »Arbeitsbuch« zur gleichnamigen Ausstellung im 36 Z.B. die zehnteilige Hörfunksendung »Die Ge­ Berliner Haus am Waldsee von Lutz Dammbeck: schichte des Ostrock - Made in Eastem Ger­ Herakles-Konzept. Archäologie der Erinnerung. many« oder die Zusammenstellung beliebter Berlin 1997. DDR-Videoclips in »Ost-Rock« Teil1 (70er Jahre) 25 Vgl. die Aufsatzsammlung bzw. Auswertung des und Teil 2 (80er Jahre), produziert vom MDR Festivalarchivs mit einem Daten und Dokumen­ 1995. tenteil von der Leipziger DOK-Filmwochen GmbH 37 Gustav Leuteritz (wie Anm. 33). (Hrsg.): Weiße Taube auf schwarzem Grund. 40 Jahre Internationales Leipziger Festival für Do­ 38 Die Auswahl »Deutscher Demokratischer Beat. kumentar- und Animationsfilm. Berlin 1997. Vgl. Vom Anfang bis zur Wende«, Zweitausendeins auch in diesem Heft S. 242ft. 1993, enthält neben kurzen Redeauschnitten zum elften Plenum der SED frühe Tanzformationen der 26 Vgl. Angela Schönbarger (Hrsg.): Wegbereiter. 60er Jahre, die renommierten Gruppen der 70er Innovationen und Design aus Berlin und Branden­ sowie die jungen Wilden zum Ende der Republik. burg. Berlin 1997. 39 Vgl. »l'amigamore. Tanzmusik von 1963 bis 27 Vgl. Düsseldorfer Messegesellschaft GmbH: 1970«, L'age d'or 1995. »Ostprodukte-Schau«. Essen 1997, mit einer Auf­ listung aller Firmen in den Kategorien Food, Non­ 40 Vgl. »Theo Schumann-Combo« und »Uve Schi­ Food und Dienstleistung einschließlich Adressen. kore und seine Gruppe«. 28 Joachim-Felix Leonhard: Dokumente des Rund­ 41 Die Edition Barbarossa bietet neben bewährten funks - Zeichen der Zeit. ln: Buchhandelsge­ Größen der DDR-Musikszene von Bayon über schichte Jg. 1995, H. 4, S. B 154-164, hier S. 156. Stern-Combo Meissen bis Thomas Natschinski und dem »ersten ultimative(n) DDR-Heavy-Metai­ 29 Die für diese Zusammenstellungen verantwort­ Sampler« mehrere »Hit-Raritäten aus dem Rund­ liche Marianne Weil auf der hinteren Umschlagsei­ funkarchiv der DDR« in der Reihe (»Super«-) te der CD »0-Ton-Berlin. Kalter Krieg im Äther«. »Beatkiste« sowie weitere »Raritäten von gestern Vgl. auch die Annotation in diesem Heft S. 280. und heute« unter »Rockballaden«, Volume 1 bis 30 Vgl. »Parteiauftrag: Ein neues Deutschland«, Teil 3, bzw. Original-Filmmusiken mit »Walter Ku­ I (1948-1959), 1996, Teil II (1949-1958), 1997, biczek. Heisse Spur«, 1996. Vgl. RuG Jg. 22 »Stalinallee - Stalinstadt. Tondokumente 1952- (1996), H. 3, S. 298f. 1955«, 1997, sowie (mit leichten Überschnei• 42 Vgl. »Big Beat« mit einer Zusammenstellung älte• dungen) im direkten Vergleich und Kontrast mit rer Tanzmusik, die populistischen Reihen »Die westdeutschen Äußerungen: »Wir sind wieder schönsten Rockballaden«, »Jugendliebe. Das wa­ wer«, 1995. Vgl. RuG Jg. 22 (1996), H. 1, S. 98; ren unsere Hits«, die neunteilige »DT64 Story«, Jg. 23 (1997), H. 1, S. 92; Jg. 23 (1997), H. 2/3, »Das Beste aus der DDR. Rock - Pop - Kult« mit 189f. s. einem informativen Lexikon-Booklet. 31 Kuhn/Ludwig: Objektkultur (wie Anm. 15), S. 16f. 43 Bei Barbarossa findet sich u.a. »Heiner Müller. 32 Der Feuilletonist Michael Rutschky sieht in dieser Germanie 3. Gespenster am toten Mann/Momm­ nun freiwilligen und bewußten Rekonstruktion sens Block«, 1997; unter BMG erscheint zum 100. überhaupt erst die Voraussetzung für eine ost­ Geburtstag des Autors 1998 »Bertolt Brecht - deutsche Identität: Wie erst jetzt die DDR ent­ Werke. Eine Auswahl« mit 20 CDs und einem steht. Vermischte Erzählungen. ln: Merkur Jg. 49 Textheft. (1995), H. 9/10, S. 851-864, hier S. 856. 44 Vgl. die fünfteilige Zusammenstellung »Jazz in 33 Gustav Leuteritz: Chöre und Zeitlieder vertau­ Deutschland aus dem Amiga-Archiv 1947-1965«, sendfältigt. ln: Tägliche Rundschau, 3.2.1950. BMG 1997. Über die politische Einflußnahme auf das Musik­ 45 Vgl. »Das Amiga-Schlagerarchiv 1947-1957« mit geschehen äußerten sich die Verantwortlichen frühen Schellackaufnahmen, BMG 1996. erst nach der Wende. Vgl. Peter Wickellother Müller (Hrsg.): Rockmusik und Politik. Analysen 46 Vgl. Michael Rauhut: Beat in der Grauzone. DDR­ und Interviews. Berlin 1995. Rock 1964 bis 1972 - Politik und Alltag. Berlin 1993. Vgl. Rezension in: Mitteilungen StRuG Jg. 34 Vgl. den Firmenkatalog »Amiga 50 Jahre jung« 20 (1994), H. 4, S. 244f. Bezogen auf alle vier sowie die ausführliche Pressemappe zum Jubilä• Jahrzehnte DDR ders: »Wir müssen etwas Besse­ um mit einer Kurzfassung zur Geschichte der res bieten«. Rockmusik und Politik in der DDR. ln: Traditionsmarke. Deutschland Archiv Jg. 30 (1997), H. 4, S. 572- 35 Zum Jubiläum startete BMG eine Initiative und bot 587; vgl. außerdem Olaf Leitner: Rockszene DDR. west- wie ostdeutschen Interpreten alte Hits zur Aspekte einer Massenkultur im Sozialismus. Neueinspielung an: »Und wir gingen auf uns zu ... Reinbek 1983. Liedervereinigung«. Zuvor erschienen mit »Singt 47 Vgl. »Die Schalmei hat immer Recht« mit aus­ mit uns!« der» Linkssentimentalen Transportarbei- führlichem Textteil, BMG 1996. 232 Rundfunk und Geschichte 23 (1997)

48 Über BMG (in Kooperation mit DeutschlandRadio) »Die Partei hat immer Recht. Eine Dokumentation in Liedern«, 1997, bzw. Ober Barbarossa die Sammlung »Blaue Wimpel im Sommerwind. Lie­ der der jungen Pioniere«, 1997. 49 Vgl. »Jazz - Lyrik - Prosa«, BMG 1995. 50 Vgl. »Die Freie Deutsche Jugend stOrmt Berlin. Ein FDJ-Lieder-Abend«, Barbarossa 1994; Zitat: Thorsten Maß im beiliegenden Textheft 51 Vgl. »Oktober-Klub - Das Beste«, Barbarossa 1995, und »Oktober-Klub. Hootenanny«, BMG 1996. 52 Vgl. einerseits >>Hymnen. Dem Morgenrot entge­ gen«, Barbarossa 1995 andererseits »Bolschewi­ stische Kurkapelle Schwarz-Rot. Werke«, Platten­ meister/ D.D.R. 1993. 53 Die ehemalige Präsidentin des Komitees fOr Un­ terhaltungskunst, Gisela Steineckert, in einem Covertext zu »Unterm Arm die Gitarre«, 1981 ; zi­ tiert nach der Beilage zur CD »Oktober-Klub«, 1996. Miszellen

Konstruktivismus und Systemtheorie Elemente eines Systems diene dem Aufbau und in der Medienforschung der Erhaltung der eigenen Struktur.10 Einführende Bemerkungen Neben dem Konzept der »Autopoiese« ist das der »Selbstreferentialität« von großer Be­ deutung. Der Begriff der »Selbstreferentialität« »Die Funktion der Massenmedien liegt nachalldem im Dirigieren der Selbstbeobachtung des Gesell­ meint im konstruktivistisch-systemtheoretischen schaftssystems - womit nicht ein spezifisches Objekt Zusammenhang: Es gebe Systeme, die befähigt unter anderen gemeint ist, sondern eine Art, die Welt seien, Beziehungen zu sich selbst auszubilden in System (nämlich Gesellschaft) und Umwelt zu und diese zu unterscheiden von Beziehungen zu spalten. Es geht um eine universale, nicht um eine ihrer Umwelt.11 Dem Gros der hier einschlägig objektspezifische Beobachtung.« 1 zu nennenden Studien geht es, vereinfacht ge­ Niklas Luhmann sprochen, darum, die zentrale These zu OberprO­ fen, ob und inwieweit das Massenmediensystem Paradigma im transdisziplinären Diskurs einer modernen funktional-differenzierten Ge­ ln den letzten Jahren wurden Varianten des sellschaft mit konstruktivistisch-systemtheoreti­ Konstruktivismus2 respektive der Systemtheorie3 schen Instrumentarien analysiert werden kann. einer größeren wissenschaftlichen und publizi­ stischen (Teii-)Öffentlichkeit bekannt und eta­ Evolution, Ausdifferenzierung, blierte sich im Diskurs der unterschiedlichsten Autonomisierung sozial-, kultur- sowie humanwissenschaftliehen Konstruktivistisch-systemtheoretische Modelle Disziplinen. Eine ganze Anzahl von Autoren - der Massenmedien setzen bereits in der Per­ Autorinnen finden sich hier leider nur wenige4 - spektivierung der (Vor-)Geschichte des Mas­ haben verstärkt seit den frohen 80er Jahren den senmediensystems spezifisch konzeptuelle Ak­ Versuch unternommen, 5 das konstruktivistisch­ zente.12 Nach der Durchsatzung des Buch­ systemtheoretische Theoriedesign, insbesonde­ drucks und der sukzessiven lnstitutionalisierung re das Konzept der »Theorie autopoietischer des Informationsaustauschs im 15. und 16. Systeme«, fOr die Analyse der Massenkommuni­ Jahrhundert seies-so der Tenor- im 17. Jahr­ kation und der Massenmedien; so auch des hundert, reguliert nach dem ökonomischen Prin­ Rundfunks (zumeist des Fernsehens), zu adap­ zip von Angebot und Nachfrage, zur Ausbildung tieren.s der periodischen Presse gekommen.13 . Als Ausgangspunkt fOr die Konstituierungs­ Prämissen, Theoreme, Konzepte phase des (massen-)medialen Systems wählen Ein konstruktivistisch und/oder systemtheore­ die Autoren das 18. Jahrhundert. Im Rekurs auf tisch basiertes Konzept grenzt sich von dem Luhmanns systemtheoretische Darstellung des traditionellen Verständnis der Genese, Konstitu­ Begriffs der »öffentlichen Meinung« in der bar­ 4 ierung und Kommunikation einer Gesellschaft gerliehen Gesellschaft1 wird ausgefOhrt, wie im ab. Mit der Umstellung auf Systemtheorie wird Zuge der funktionalen Ausdifferenzierung der ein grundlegender Perspektivenwechsel im Sin­ Gesellschaft in unterschiedliche soziale Teilsy­ ne Thomas S. Kuhns7 vollzogen, nämlich der steme (Wirtschaft, Politik, Wissenschaft, Recht Übergang von der Idee hierarchisch-administrati­ usw.) die »öffentliche Meinung« mit besonderen ver Steuerung zum Gedanken gesellschaftlicher Funktionen entstand.15 Selbststeuerung. Dabei orientieren sich kon­ Durch die Ausdifferenzierung, so der sy­ struktivistisch-systemtheoretisch intonierte Mo­ stemtheoretische Argumentationsduktus, sei die dellvorstellungen maßgeblich an der Luhmann­ gesellschaftliche Komplexität erhöht worden, schen »Theorie sozialer Systeme«. 8 womit eine Steigerung der »Kontingenz des Dieser Theorie wird der »Autopoiesisc-Ge­ rechtlich und politisch Möglichen« einhergehe. danke entlehnt, der urspronglich auf die chileni­ Das soll heißen: »Die Selektion von Ereignissen schen Neurophysiologen Humberto R. Maturans aus einer Welt unendlicher Kontingenz in Form und Francisco J. Varela zurockgeht.9 Das Theo­ von Themen öffentlicher Kommunikation war rem der »Autopoiesis« (Neologismus, zusam­ entwicklungsgeschichtlich genau in dem Augen­ mengesetzt aus griech. >auto< = selbst und blick unvermeidlich, als diese Ereignisse nicht >poiein< = machen) besagt, daß Systeme sich mehr irrelevant fOr das Operieren anderer Sozi­ selbst erzeugende Einheiten seien. Das Zu­ alsysteme waren.«16 sammenspiel bzw. die Operationsweise der Die spezifische Leistung der Massenmedien wird in der Bereitstellung von Themen und Bei- 234 Rundfunk und Geschichte 23 (1997)

tragen fOr die öffentliche Kommunikation gese­ sehen Terminologie als »Programme« bezeich­ hen: »Wahrend alle anderen Systeme aus­ net.22 Dies bedeutet: Das Massenmediensystem schließlich Ober Themen ihrer Subsystemischen wird durch spezifische Programme in die Lage Kommunikation verfügen ( ... }, kommuniziert das versetzt, die besonderen (lnformations-}BedOrf­ publizistische System potentiell alle Themen des nisse eines Systems zu befriedigen, dessen Er­ umfassendsten Sozialsystems Gesellschaft, al­ wartungen zu erfüllen. lerdings immer in einer spezifisch publizistischen Eine weitere spezifiZierte These lautet, daß Kreation.«17 Dem Operieren des Massenme­ es sich bei dem System der Massenmedien um diensystems liegt die Unterscheidung von öffent• ein autopoietisch operierendes, ein sich selbst­ lichkeitsrelevanten/öffentlichkeitsirrelevanten erzeugendes System handele. Diesen komple­ Gesichtspunkten eines Themas oder eines Bei­ xen Sachverhalt beschreibt beispielsweise Frank trags zugrunde.18 Diese Unterscheidung sei Marcinkowski: Das System »ist insoweit in der charakteristisch fOr die Ausbildung des Medien­ Lage, nicht nur Themen und Beitrage, sondern systems, denn die System/Umwelt-Differenz ver­ auch Aufmerksamkeit, also beide Ressourcen liefe entlang der Unterscheidung von öffent• der Selbstreproduktion des Systems in gewis­ lich/nicht öffentlich. sem Umfange selbst zu beschaffen. Genau darin Die Majorität der Autoren faßt Massenmedien liegt die Einheit des Systems, nämlich in der unter den Luhmannschen Begriff des »generali­ autopoietischen Reproduktion der Elemente des sierten Kommunikationsmediums«.19 Dies meint, Systems durch Elemente des Systems«.23 daß in einer Situation die korrelative Unterstel­ Die Primärfunktion des Massenmediensy­ lung und Anwendung bestimmter Erwartungshal­ stems besteht in der Ermöglichung der Selbst­ tungen und Erwartungserwartungshaltungen (bei beobachtung moderner Gesellschaften.24 Mar­ Luhmann sind dies Steuerungsmedien wie bei­ cinkowski sieht den Sprachgebrauch von spielsweise Geld, Liebe, Wahrheit} den Erfolg »Selbstbeobachtung der Gesellschaft« durch die des Zustandekommens von Kommunikation Behauptung legitimiert: »Die Verbreitungsmedi­ wahrscheinlicher werden lassen. en der Massenkommunikation ermöglichen die Das Verständnis von Massenmedien als ge­ zunachst technische und nachfolgend auch rol­ neralisierte Kommunikationsmedien ermöglicht lenmäßige Separierung der Selbstbeobachtung es, konstruktivistisch-systemtheoretischen The­ des umfassenden Sozialsystems Gesellschaft in sen hinsichtlich der Rolle des Publikums zu fol­ Form eines ausdifferenzierten publizistischen gen. ln Kontrastierung zu konventionellen Auf­ Systems. Gesellschaftliche Selbstbeobachtung fassungen der Kommunikations- oder Medien­ ist durch die Herausbildung eines publizistischen wissenschaft wird dem Publikum selbstredend Systems langfristig stabilisiert und durch struktu­ eine konstitutive Rolle im medialen Prozeß zu­ relle Vorgaben gesteuert. «25 Die gesamtgesell­ geschrieben.20 Die These besagt, daß Publizität schaftliche Bedeutung des Massenmediensy­ nur als »Gemeinschaftsleistung von Journalis­ stems kommt nochmals in den Worten zum mus und Publikum«21 denkbar sei. Durch Selek­ Ausdruck: »Publizistik Obersetzt Sachverhalte in tionsoperationen des Journalismus entstanden Kommunikationen, sie ermöglicht Kommunikati­ somit Themen und Beitrage, die sich als Korn­ on als gesellschaftliche Operation und damit Ge­ munikationsangebote an das potentielle Publi­ sellschaft Oberhaupt. «26 kum wenden. Indem sich das Publikum zur An­ nahme des Kommunikationsangebots entschei­ Analyse, Evaluierung, de, werde es zum »aktuellen Publikum« und (Oe-)Regulierung des Rundfunks somit zum Miterzeuger von Publizität. Um das Publikum in seiner Differenziertheit Ein besonderes Augenmerk soll in diesem Zu­ beschreiben zu können, bedarf der Code des sammenhang dem dualen Rundfunksystem gel­ Massenmediensystems öffentlich/nicht öffentlich ten.27 Im Grunde geht es dem Gros der Autoren einer Prazisierung. Dies leistet im Anschluß an vornehmlich darum zu zeigen, daß der seit Jahr­ Luhmann die Einführung von »Secundarcodes«. zehnten unter öffentlich-rechtlich kontrollierter Mit Hilfe von Secundarcodes sei eine Steuerung Gesetzgebung stehende und einem starken Ein­ konkreter Operationen im Mediensystem mög• fluß der Parteipolitik ausgesetzte Rundfunk sich lich. ln den verschiedensten massenmedialen als Folge der Zulassung privatwirtschaftlicher Subsystemen (beispielsweise Wirtschafts-, Wis­ Anbieter zu einem autonomisierten, politisch ab­ senschafts- oder Sportpublizistik) wOrden spe­ gekoppelten, selbstorganisierenden massen­ zialisierte Sekundärcodes generiert. Die in Ab­ medialen Subsystem entwickle.28 hängigkeit vom primären Code öffentlich/nicht FOr diese These werden in erster Linie die öffentlich entwickelten Sekundärcodes regulieren Ergebnisse der empirischen Medienforschung den »Kontakt« zur Umwelt. Die so gewonnenen geltend gemacht. Diese belegen eine Auswei­ Informationen werden in der systemtheoreti- tung und Differenzierung der Medienangebote Miszellen 235 des Rundfunks sowohl hinsichtlich der Kanale Exemplarisch seien drei Einwande vorge­ als auch hinsichtlich der ausgestrahlten Pro­ bracht: gramme. Der Massierung der Programmangebo­ Erstens bleibt es fraglich, ob und wie sich das te auf der Produzentenseite stehe eine zuneh­ Massenmediensystem als autopoietisches Sy­ mende Individualisierung der Rezipienten ge­ stem konzeptualisieren laßt. Das Autopoiese­ genüber. Konzept sollte der Beschreibung biologischer Sei der öffentlich-rechtliche Rundfunk noch Systeme vorbehalten bleiben.33 Bei sozialen Sy­ durch politische, rechtliche und ökonomische stemen handelt es sich - dies haben Kritiker der Instrumentarien des politisch-administrativen Sy­ Übertragung des »Autopoiesis«-Theorems auf stems zu kontrollieren gewesen, wird gemut­ soziale Systeme angemerkt, z.B. Peter M. Hejl maßt, sei dies im Falle eines sich ausbreitenden und Siegtried J. Schmidt34 - nicht um selbster­ und differenzierenden Massenmediensystems haltende Systeme im Sinne von »autopoiein«; ungleich schwerer. Der dualisierte und autono­ denn die Elemente, Komponenten zerfallen oder misierte Rundfunk, so prognostizieren einige . werden verbraucht, und die Möglichkeit, sie neu Autoren, werde sich weiter autonomisieren und zu bilden oder zu substituieren, besteht nicht. Politik und Recht deutlich an Einfluß verlieren.29 Zweitens bleibt offen - die vorherrschende ln der Applikation der konstruktivistisch­ empirische Kommunikations- bzw. Medienfor­ systemtheoretischen Entwürfe greifen Autoren schung im Blick -. wie solch hochtheoretische zumeist nicht auf die Datenauswertung eigener Entwürfe überhaupt auf definite Untersuchungs­ empirischer Untersuchungsdesigns - entspre­ anordnungen appliziert werden sollen. Es wird chend ihrer theoretischen Prämissen- zurück,3o nicht hinreichend deutlich, welchen Schritten fol­ sondern es werden einschlägige Studien oftmals gend die konstruktivistisch-systemtheoretischen in der Sprache der Systemtheorie reformuliert Theoriedesigns (mit Ausnahme der handlungs­ und reinterpretiert. sowie entscheidungstheoretischen Konzepte) Vorausschauend werden Stimmen laut, die auf praktikable empirische Problemstellungen für »eine gewisse Distanzierung gegenüber den herruntertransformiert werden können. ( ... ) engen Verwertungsinteressen der Medien­ Drittens ist kritisch zu fragen, ob solchen politik und der Akteure des Fernsehsystems zu­ Entwürfen in ihrem akribischen Bestreben, dem gunsten einer Stärkung der Theorie- und Metho­ Konstruktivismus bzw. der Systemtheorie kom­ denentwicklung im Kontext exemplarischer em­ promißlos zu folgen und das Massenmediensy­ pirischer Studien zu verschiedenen Bereichen stem als autopoietisches System zu beschrei­ des sich verändernden Fernsehsystems«31 plä• ben, nicht gewisse Entwicklungen im Mediensek­ dieren. Dazu finden sich eine ganze Anzahl tor - wie beispielsweise Konzentrationsprozesse durchaus diskussionswürdiger Vorschlage und oder Monopolbildungen unter den Program­ Hinweise.32 manbietern -zwangsläufig entgehen müssen. Christian Filk, Köln Resomee 1 Niklas Luhmann: Die Realität der Medienmedien. Sicherlich markieren konstruktivistisch-system­ Opladen 21996, S. 173. Vgl. die Rezension in die­ theoretische Modeliierungen der Massenmedien sem Heft S. 257ft. multiple Anschlußstellen in der medien- bzw. 2 Typologisch ist zu differenzieren bzw. zu nuancie­ kommunikationswissenschaftliehen Diskussion ren zwischen (1) sozialem, (2) methodischem und implizieren zahlreiche kognitive Impulse für (auch Erlanger), (3) radikalem, (4) kognitivem ihre Kombattanten, was insbesondere die Theo­ sowie (5) operativem Konstruktivismus. Vgl. dazu rie der Realitatskonstruktion, Logik und Funktion (1) Peter BergerfThomas Luckmann: Die gesell­ des Systems betrifft. Dem ist wohl kaum zu wi­ schaftliche Konstruktion der Wirklichkeit. Eine dersprechen. Theorie der Wissenssoziologie. Frankfurt am Main Jedoch sei folgender - ambivalent zu nen­ 1969; (2) Peter Janich (Hrsg.): Entwicklungen der nender Umstand - zu bedenken gegeben: Sind Methodischen Philosophie. Frankfurt am Main die konstruktivistisch-systemtheoretischen Mo­ 1992; (3) Siegtried J. Schmidt (Hrsg.): Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus. Frankfurt am dellierungen des Mediensystems in ihren Grund­ Main 1987 und Siegtried J. Schmidt (Hrsg.): Ko­ zügen zwar nachvollziehbar, so stößt eine Reihe gnition und Gesellschaft. Der Diskurs des Radika­ von Ansatzen in ihren (historischen und empiri­ len Konstruktivismus 2. Frankfurt am Main 1992; schen) Anwendungen auf Schwierigkeiten. ln der (4) Ralf NOse u.a.: Über die ErfindungJen des Konkretisierung werden die konstruktivistisch­ Radikalen Konstruktivismus. Kritische Gegenar­ systemtheoretischen Probleme im allgemeinen gumente aus psychologischer Sicht. Weinheim und die der medien- und/oder kommunikations­ 1991; Norbert Groeben: Literaturwissenschaft als wissenschaftlichen Varianten im besonderen in empirisch-interdisziplinäre Kulturwissenschaft. ln: ihrer Grundsatzliehkeil offensichtlich. Ludwig Jäger/Bemd Switalla (Hrsg.}: Germanistik in der Mediengesellschaft. München 1994, S. 79- 236 Rundfunk und Geschichte 23 (1997)

109; (5) Niklas Luhmann: Erkennen als Konstruk­ Erkenntnis. Die biologischen Wurzeln des tion. Bern 1988. Die Erstellung eines synopti­ menschlichen Erkennens. Sem/München 21991 ; schen Überblicks über diese Konstruktivismen Heinz von Foerster: Sicht und Einsicht. Versuche wäre eine gleichermaßen dankbare wie lohnende einer operativen Erkenntnistheorie. Braun­ Aufgabe. schweig/V\Iiesbaden 1985 sowie Ernst von Gla­ sersfeld: Wissen, Sprache, Wirklichkeit. Arbeiten 3 Hier ist natürlich in erster Linie auf die funktional­ zum radikalen Konstruktivismus. Braunschweigt strukturelle Systemtheorie Niklas Luhmanns zu Wiesbaden 1987. Als jüngere Arbeiten seien bei­ verweisen, die sich als eigenständige Weiterent­ spielhaft genannt Ernst von Glasersfeld: Radikaler wicklung der strukturell-funktionalen Theorie der Konstruktivismus. Ideen, Ergebnisse, Probleme. Gesellschaft Talcott Parsons' ausnimmt. Vgl. Ni­ Frankfurt am Main 1997; Gerhard Roth: Das Ge­ klas Luhmann: Warum AGIL? ln: Kölner Zeitschrift hirn und seine Wirklichkeit. Kognitive Neurobiolo­ für Soziologie und Sozialpsychologie Jg. 40 gie und ihre philosophischen Konsequenzen. (1988), S. 127-139 und Luhmann: General Theory Frankfurt am Main 1997 sowie Olaf Breidbach: and American Sociology. ln: Herbert J. Gans Die Materialisierung des Ichs: Zur Geschichte der (Ed.): Sociology in America. Newbury Park (Cal.} Hirnforschung im 19. und 20. Jahrhundert. 1990, s. 253-264. Frankfurt am Main 1997. 4 Vgl. dazu etwa für den Bereich der Kommunikati­ 10 Vgl. beispielsweise Maturana: Erkennen (wie onswissenschaft die hervorragende Studie von Anm. 9), S. 138-235; Luhmann: Soziale Systeme Margret Lünenborg: Journalistinnen in Europa. (wie Anm. 8}, S. 60ft., 296ft., 354ft. und Niklas Eine international vergleichende Analyse zum Luhmann: Die Gesellschaft der Gesellschaft. [1 . Gendering im sozialen System Journalismus. Teilband] Frankfurt am Main 1997, insb. S. 16- Opladen 1997. 127. 5 Vgl. den systemischen Ansatz von Manfred Rühl: 11 Vgl. Peter M. Hejl: Sozialwissenschaft als Theo~e Die Zeitungsredaktion als organisiertes soziales selbstreferentieller Systeme. Frankfurt am Ma1n, System. Sielefeld 1969. New York 1982, S. 189-397; Luhmann: Soziale 6 Vgl. zusammenfassend etwa Wemer Faulstich: Systeme (wie Anm. 8), S. 57ft., 198ft., 546ft., Systemtheoretische Medientheorien. ln: W~rner 593ft., 604-609, 623ft. sowie Luhmann: Die Ge­ Faulstich: Medientheorien. Einführung und Uber­ sellschaft der Gesellschaft [2. Teilband], S. 866- sicht. Göttingen 1991, S. 150-176; Horst Holzer: 1149. Die gesellschaftstheoretische Perspektive. ln: 12 Zum Problem der Historisierung und Zäsurierung Horst Holzer: Medienkommunikation. Eine Einfüh• aus systemtheoretischer Sicht vgl. Niklas Luh­ rung . Opladen 1994, S. 87-184; Klaus Merten u.a. mann: Das Problem der Epochenbildung und die (Hrsg.): Die Wirklichkeit der Medien: Eine Einfüh• Evolutionstheorie. ln: Hans Ulrich Gumbrecht/Ur­ rung in die Kommunikationswissenschaft. Opla­ sula Link-Heer (Hrsg.): Epochenschwellen und den 1994; Gernot Gehrke!Ralf Hohlfeld: Zur Sy­ Epochenstrukturen im Diskurs der Literatur- und stemhaftigkeit des Rundfunks. ln: Gernot Gehr­ Sprachhistorie. Frankfurt am Main 1985, S. 1~ ~3~. kaiRalf Hohlfeld: Wege zur Theorie des Rund­ Vgl. zu den gleichen Aspekten aus konstruktiVISti­ funkwandels. Fernsehorganisationen zwischen scher Sicht Gebhard Rusch: Geschichtsschrei­ publizistischen Zielvorstellungen und systemi­ bung und Konzept der Geschichte. ln: Gebhard schem Eigensinn. Opladen 1996, S. 176-318 so­ Rusch: Erkenntnis, Wissenschaft, Geschichte. wie Christian Filk: Zur Medienforschung der 90er Von einem konstruktivistischen Standpunkt. Jahre - Ein transdisziplinärer Literaturbericht ln: Frankfurt am Main 1987, S. 420-481 . Zu ver­ Themas Meyer (Hrsg.): Medien, Politik, politische schiedenen Modeliierungen der Genese des Me­ Bildung. Bonn 1996, S. 167-204. diensystems vgl. Michael Giesecke: Der Buch­ 7 Vgl. Themas S. Kuhn: Die Struktur wis~enschaftli­ druck in der frühen Neuzeit. Eine historische cher Revolutionen. Frankfurt am Main 1 1990. Fallstudie Ober die Durchsatzung neuer Informati­ ons- und Kommunikationstechnologien. Frankfurt 8 Vgl. Niklas Luhmann: Theorie sozialer Systeme. am Main 1991, S. 21-61 ; Michael Giesecke: Sin­ Grundriß einer allgemeinen Theorie. Frankfurt am nenwandel, Sprachwandel, KulturwandeL Studien 2 Main 1988. Die differenztheoretischen sowie lo­ zur Vorgeschichte der Informationsgesellschaft gischen Prämissen des Konstruktivismus und der Frankfurt am Main 1992, S. 73-121, 209-243; Ni­ Systemtheorie seien an dieser Stelle vernachläs• klas Luhmann: Veränderungen im System gesell­ sigt. schaftlicher Kommunikation und die Massenmedi­ 9 Zu den Grundlagen konstruktivistischen Denkans en. ln: Oskar Schatz (Hrsg.): Die elektronische vgl. einschlägig Humberto R. Maturana: Erken­ Revolution. Graz u.a. 1975, S. 13-30; Luhmann: nen. Die Organisation und Verkörperung von Die Gesellschaft (wie Anm. 10}, insb. S. 291-315; Wirklichkeit. Ausgesuchte Arbeiten zur biologi­ Frank Marcinkowski: Publizistik als autopoieti­ schen Epistemologie. Braunschweig/V\Iiesbaden sches System. Politik und Massenmedien. Eine 21985; Francisco J. Varela: Kognitionswissen­ systemtheoretische Analyse. Opladen 1993, S. schaft - Kognitionstechnik. Eine Skizze aktueller 35-46; Bemd Blöbaum: Journalismus als soziales Perspektiven. Frankfurt am Main 1990; Humberto System. Geschichte, Ausdifferenzierung und Ver­ R. Maturana/Francisco J. Varela: Der Baum der selbständigung. Opladen 1994, S. 127-178; Sieg­ tried Weischenberg: Journalistik. Theorie und Pra- Miszellen 237

xis aktueller Medienkommunikation, Bd. 1. Me­ das Mediensystem Luhmann: Die Realität (wie diensysteme, Medienethik, Medieninstitutionen. Anm. 1), S. 37ft., 117ft., 127ft. Opladen 1992, S. 77-170; Siegtried Weischen­ 23 Marcinkowski: Publizistik (wie Anm. 12), S. 112. berg: Journalistik. Theorie und Praxis aktueller Medienkommunikation, Bd. 2. Medientechnik, 24 Vgl. Luhmann: Die Realität (wie Anm. 1), S. 173f. Medienfunktionen, Medienakteure. Opladen 1995, S. 13-69; Siegtried J. Schmidt: Die Selbstorgani­ 25 Marcinkowski: Publizistik (wie Anm. 12), S. 118. sation des Sozialsystems Literatur im 18. Jahr­ 26 Ebd., S. 123. hundert. Frankfurt am Main 1989, S. 28-64, 409- 438, passim sowie Stefan Seeling: Organisierte 27 Ein systemtheoretisch versiertes Modell des Fern­ Interessen und öffentliche Kommunikation. Eine sehens, das explizit mit Aktanten operiert, skiz­ Analyse ihrer Beziehungen im deutschen Kaiser­ ziert Siegtried J. Schmidt: Einleitung. Handlungs­ reich (1871 bis 1914). Opladen 1996, S. 78-169. -rollen im Fernsehsystem. ln: Werner Faulstich (Hrsg.): Vom >Autor< zum Nutzer. Handlungsrollen 13 Vgl. Giesecke: Der Buchdruck (wie Anm. 12}, S. im Fernsehen. München 1994, S. 13-26. 362f., 366, 372, 376, 388, 391' 393-398, 485f. und Franz Dröge/Gerd G. Kopper: Der Medien­ 28 Vgl. beispielsweise Heribert Schatz: Zusammen­ Prozeß. Zur Struktur innerer Errungenschaften fassung der Ergebnisse und Schlußfolgerungen der bOrgerliehen Gesellschaft. Opladen 1991, S. für die Theoriebildung und die weitere Forschung. 42-57. ln: Heribert Schatz (Hrsg.): Fernsehen als Objekt Und Moment des sozialen Wandels. Faktoren und 14 Vgl. Niklas Luhmann: Öffentliche Meinung. ln: Folgen der aktuellen Veränderungen des Fernse­ Politische Vierteljahresschrift Jg. 11 (1970), S. 2- hens. Opladen 1996, S. 371 -382; Gehrke/Hohl­ 28; Niklas Luhmann: Öffentliche Meinung. ln: feld : Wege zur Theorie (wie Anm. 6), S. 275-318 Wolfgang R. Langenbucher (Hrsg.): Politik und sowie Marcinkowski: Publizistik (wie Anm. 12), S. Kommunikation. Über öffentliche Meinungsbil­ 151-244. ln Opposition dazu befinden sich jedoch dung. MOnehen/Zürich 1979, S. 29-61 ; Niklas auch vereinzelt systemtheoretisch argumentie­ Luhmann: Gesellschaftliche Komplexität und öf• rende Studien. Vgl. beispielhaft Markus Stöckler: fentliche Meinung. ln: Niklas Luhmann. Soziologi­ Politik und Medien in der lnformationsgesell­ sche Aufklärung 5. Konstruktivistische Perspekti­ schaft. Ein systemtheoretisch basierter Untersu­ ven. Opladen 1990, S. 170-182 und Niklas Luh­ chungsansatz. Münster/Harnburg 1992, S. 292- mann: Die Beobachtung der Beobachtung im poli­ 305. tischen System. Zur Theorie der öffentlichen Mei­ nung. ln: Jürgen Wilke (Hrsg.): Öffentliche Mei­ 29 Vgl. dazu mit unterschiedlichen Akzenten etwa nung. Theorie, Methode, Befunde. Freiburg 1992, Ortried Jarren: Folgenforschung- ein kommunika­ s. 77-86. tionswissenschaftlicher Ansatz zur Steuerung der Rundfunkentwicklung? ln: Otfried Jarren (Hrsg.): 15 Vgl. insbesondere Niklas Luhmann: Öffentliche Medienwandel - GesellschaftswandeL 10 Jahre Meinung. ln: Niklas Luhmann: Politische Planung. dualer Rundfunk in Deutschland. Eine Bilanz. Aufsätze zur Soziologie von Politik und Verwal­ Berlin 1994, S. 355-379; Ulrich Saxer: Medien­ tung. Opladen 1971, S. 9-34 und Luhmann: Ge­ und Gesellschaftswandel als publizistikwissen­ sellschaftliche Komplexität (wie Anm. 14), S. 170- schaftlicher Forschungsgegenstand. ln: Jarren 182. (Hrsg.): Medienwandel - Gesellschaftswandel, S. 16 Marcinkowski: Publizistik (wie Anm. 12), S. 40. 331-354; Otfried Jarren: Das duale Rundfunksy­ stem - politiktheoretisch betrachtet. ln: Walter 17 Ebd., S. 50. Hömberg/Heinz Pürer (Hrsg.): Medien-Transfor­ mation. Zehn Jahre dualer Rundfunk in Deutsch­ 18 Vgl. die Diktion des (binären) Codes etwa bei land. Konstanz 1996, S. 69-80 und Ulrich Saxer: Luhmann: Die Realität (wie Anm. 1) , S. 32-48; Medientransformation - Bilanz nach einem Jahr­ Marcinkowski: Publizistik (wie Anm. 12), S. 53-71; zehnt dualen Rundfunks in Deutschland. ln: Höm• Blöbaum: Journalismus (wie Anm. 12), S. 233- berg/Pürer (Hrsg.): Medien-Transformation, S. 19- 240,256-318. 44. 19 Vgl. u.a. Luhmann: Soziale Systeme (wie Anm. 8), 30 Zu den wenigen Ausnahmen zählen Ralf Hohl­ S. 220-225; Luhmann: Kommunikationsmedien feld/Gernot Gehrke: Wege zur Analyse ' des (wie Anm. 10), S. 190-412 sowie Helmut Willke: Rundfunks. Leistungsindikatoren und Funktions­ Systemtheorie. Eine Einführung in die Grundpro­ logiken im »dualen Fernsehsystem«. Opladen bleme der Theorie sozialer Systeme. Stutt­ 4 1995 und Schatz (Hrsg.): Fernsehen (wie Anm. gart/Jena 1993, S. 228-244. 28). 20 Zwischen Publizität und Medialität wird oftmals 31 Schatz: ebd., S. 381f. nicht scharf unterschieden. 32 Vgl. etwa Schatz: Fernsehen (wie Anm. 28) und 21 Marcinkowski: Publizistik (wie Anm. 12), S. 80. Hohlfeld/Gehrke: Wege zur Analyse (wie Anm. 22 Vgl. im allgemeinen zu Codierung und Program­ 30), S. 266-269. Vgl. die Rezension in diesem mierung Luhmann: Soziale Systeme (wie Anm. 8), Heft S. 260f. S. 432-436; Luhmann: Die Gesellschaft (wie Anm. 10), S. 359-393 und im besonderen mit Blick auf 238 Rundfunk und Geschichte 23 (1997)

33 Eine solche Sichtweise widerspricht nicht grund­ sind. Dieser Typ von »Unternehmern«, zu denen sätzlich einer Anwendung des Paradigmas der die geistig kreativ Schaffenden (z.B. Autoren) Selbstorganisation auf soziale Systeme. ebenso gehören wie die untemehmerischen Ma­ 34 Vgl. Peter M. Hejl: Konstruktion der sozialen Kon­ nager (z.B. Verleger), unterscheidet sich vor al­ struktion. Grundlinien einer konstruktivistischen lem in zwei Aspekten von Unternehmern auf an­ Sozialtheorie. ln: Schmidt (Hrsg.). Der Diskurs deren, d.h. »normalen« und eingespielten Märk• (wie Anm. 2), S. 303-339 und Siegtried J. ten: erstens durch die Überzeugung und den Schmidt: Konstruktivismus in der Medienfor­ hohen Grad einer meist intrinsischen Motivation, schung: Konzepte, Kritiken, Konsequenzen. Jn: ein bestimmtes Produkt auf den Markt bringen Merten u.a. (Hrsg.): Die Wirklichkeit (wie Anm. 6), s. 592-623. zu müssen, fOr das es eigentlich (oder zunächst) keinen Markt gibt. Ein zweites Charakteristikum besteht in der Bereitschaft; vor allem ökono• misch innovatorische Lösungen zu suchen. ln einem historischen Längsschnitt Ober knapp drei Medienunternehmer vom Jahrhunderte lassen sich 18. bis 20. Jahrhundert 1. die spezifischen Besonderheiten und Pro­ Eine Tagung in Büdingen bleme auf einzelnen Kunst- bzw. Medienmarkten analysieren, Die Vortrage auf Schloß Büdingen vom 3. bis 5. 2. deren konkrete ökonomische Lösungen April 1997 rundeten die zweiteilige Reihe Ober rekonstruieren, solche Markte funktionsfähig zu Medienunternehmer seit dem 18. Jahrhundert gestalten, und ab. Der Schwerpunkt der Vortrage lag diesmal 3. laßt sich dabei empirisch eine Unterneh­ im 20. Jahrhundert. Günther Schutz, Seminar für mer-Typologie herauskristallisieren, deren Unter­ Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universi­ scheidungskriterien auf die dominierenden Inter­ tät Köln, stellte bei seiner Eröffnung die Typisie­ essen (Aktivitatsfelder) und Unternehmerischen rung und Kategorisierung der Medienunterneh­ Ziele abstellen. mer in den Mittelpunkt. ln Verbindung mit den Über die »Verleger der populären Presse Ergebnissen der vorangegangenen Veranstal­ nach 1945« referierte Andreas Vogel, Wissen­ tung sollte versucht werden, eine Definition des schaftliches Institut fOr Presseforschung, Köln. Medienunternehmers herauszuarbeiten, die es Nach seiner Einschätzung trifft die Annahme ei­ erlaubt, diesen von anderen Unternehmern ab­ nes typischen Medienunternehmers in der Ver­ zugrenzen und seine spezifischen Eigenschaf­ lagsbranche fOr das letzte Viertel des 20. Jahr­ ten, seine Entfaltungsmöglichkeiten und sein hunderts nicht bzw. nicht mehr zu. Jenseits der Umfeld zu kennzeichnen. Tagespresse haben seit den 70er Jahren in der Johannes Ludwig, Freie Universität Berlin Pressewirtschaft eigene Faktoren die Abkehr analysierte »Unternehmer zwischen Kunst und von hierarchischen Strukturen erzwungen. Heute Kommerz«. Er stellte dabei einen Gegensatz erscheint für die Produktion und Distribution nur fest, der dieser Problemstellung implizit ist: noch in vier von zehn ausweisbaren Pressegat­ Kunst, Literatur und Medien auf der einen, Kom­ tungen die Einbindung eines Presseverlags not­ merz und Marktmechanismus auf der anderen wendig. Sodann laßt sich immer schwerer fas­ Seite. Tatsachlich muß zwischen zwei polaren sen, wer in einem Verlag verlegerische Aufga­ Fallen unterschieden werden: Entweder finden ben wahrnimmt und welchen Anteil an seiner Ar­ Produkte aus Kunst, Publizistik bzw. Medi­ beitszeit diese Tatigkeit bindet. Schließlich gibt en(branchen) ihren Markt, oder dies ist nicht (auf es im Feld der Eigentümerverleger und der als Anhieb) der Fall. Kunst, Literatur und Medien Verlagsleiter »angestellten Verleger« immer zeichnen sich durch viele Eigenschaften aus, de­ mehr Stimmen, die der Meinung sind, sie seien ren Marktfähigkeit vergleichsweise gering ist. Im in erster Linie »normale« Produktmanager. Die »Normalfall« haben wenig marktgangige Güter im Vortrag in den Mittelpunkt gestellte Popular­ indes im »freien Spiel der Kratte« keine Chance presse wird heute zumeist unter dem Begriff der und werden nicht (mehr) angeboten. So gesehen »Publikumszeitschriften« erfaßt. Im Referat wur­ dürften viele Werke der Kunst und viele Medien­ den exemplarisch fOnf Verlage unterschiedlicher angebote gar nicht existieren: Nach rein wirt­ Größe vorgestellt. Hierbei zeigten sich einerseits schaftlichen Regeln rechnen sie sich nicht. Den­ typische GrOnderkonstellationen: Das Gespann noch spielen die Medien eine wichtige Rolle. aus inhaltlichem Fachmann und Drucker; der Dies wird durch spezifische Akteure auf diesen Journalist, der zum Verleger wird; der Selfma­ Markten ermöglicht: Unternehmer, die sich auf deman, der sein Hobby zur publizistischen Beru­ die ökonomische Gratwanderung einlassen, fung macht; der Sproß einer erfolgreichen Verle­ Produkte anzubieten, die a priori nicht marktfähig gerfamilie. Je größer jedoch die Unternehmen und je vielfaltiger ihr Zeitschriftenspektrum wer- 0 Miszellen 239

den, desto stärker verteilt sich die klassische tung. Von 1937 bis 1940/42, als das Einheits­ Verlegertätigkeit auf mehrere Personen. programm im Juni 1940 des seit dem 1. Januar Dirk Bavendamm, Reinbek, untersuchte die 1939 sogenannten Großdeutschen Rundfunks Entwicklung »Vom Buchverlag zum Medienkon­ begann und damit ein weiterer Schritt zur Zen­ zern. Die Firma in Gütersich unter tralisierung getan wurde, schwand auch die Ge­ Leitung von Reinhard Mohn und familienfremden staltungsmacht der Intendanten zusehends, die Managern: Motivationen, Konzepte, Visionen«. allerdings auch schon zuvor durch zensurieren­ Bei der Bertelsmann AG, so der Referent, lassen de Eingriffe der Rundfunkzentrale und durch die sich aus den Biographien der Vorstandsmitglie­ auf den Intendantenkonferenzen ausgegebenen der folgende »Erfolgsfaktoren für Medienunter­ Richtlinien für die Programmgestaltung einge­ nehmer« ableiten: wirtschaftswissenschaftliches schränkt waren. ln der dritten Phase bis Kriegs­ Know-how, möglichst Promotion, erfolgreiche ende änderte sich an dieser Situation nichts Bewährungs- und QualifiZierungslaufbahn inner­ mehr, wobei Intendanten, die nicht an die halb des Unternehmens, die in der Regel drei bis Kriegsfronten verpflichtet waren, sich zuneh­ vier Stufen umfaßt, bevor die Berufung in den mend unterbeschäftigt fOhlten und Ober die ihnen Vorstand erfolgt. Zur Zeit des Vorstandsvorsit­ noch zustehenden Befugnisse im unklaren ge­ zenden Reinhard Mohn (bis 1981} lag die aus­ lassen wurden. sichtsreichste Startposition für diesen Aufstieg in Rainer Gries, Universität Jena, betrachtete der Funktion des persönlichen Assistenten, unter »Werbeunternehmer- >Wir-Menschen< . Auf dem seinem Nachfolger Mark Wössner (seit 1983} Weg zu einer kollektiven Biographie«. Die Wer­ kam der Unternehmensbereich Industrie hinzu, befachleute, insbesondere die freiberuflich täti• den Wössner frOher selbst geleitet hatte. Diese gen Werbeberater, sind die »Ghostwriter« der Erfolgsfaktoren sind im Kontext von Motivatio­ Wirtschaft und Gesellschaft, mit deren Identitäts• nen, Konzepten und Visionen zu sehen. Hierzu und Mentalitätsbausteinen sich der Referent be­ zählen u.a. die Entwicklung der Familienfirma schäftigte. Sie sind »Ghostwriter« insofern, als von einem Buchverlag zu einem universal, in fast sie im Auftrag eines produzierenden Unterneh­ allen Medienbereichen tätigen Unternehmen mens die werbliche Außenkommunikation für ein sowie dessen internationale Weiterentwicklung Produkt beraten, gestalten und durchführen, oh­ zu einem der drei »global players«. Dazu gehört ne in der Öffentlichkeit dabei in Erscheinung zu auch die für Bertelsmann typische Unterneh­ treten. Für eine erfolgreiche Ansprache im Inter­ menskultur wie die Gewinnbeteiligung der Mitar­ esse des werbungtreibenden Unternehmens er­ beiter. Diese Unternehmenskultur wurde Ober halten die stets Namenlosen zwar Honorare, den Generationswechsel in der Führungsspitze müssen jedoch um Anerkennung und Achtung von Mohn zu Wössner hinweg kontinuierlich tra­ sowohl seitens der Unternehmer als auch sei­ diert. Als besonderes »Markenzeichen« der Fir­ tens der Gesellschaft barmen. Die spezifische ma Bertelsmann gilt somit ein »unternehmens­ Stellung dieser Gruppe im Wirtschafts- wie im kulturell inspiriertes Medienmanagement«. kommerziell ausgerichteten Kommunikations­ Ansgar Diller, Deutsches Rundfunkarchiv, prozeß führt zu spezifischen kollektiven Erfah­ Frankfurt am Main, stellte die »>Führer der Sen­ rungen und, damit einhergehend, zu kollektiven der< - Die Rundfunkintendanten im >111. Reich< als kompensatorischen Bemühungen der »Werbe­ Medienunternehmer« vor. Die Rundfunkinten­ Unternehmer«, die der Referent am Beispiel der danten von 1933 bis 1945, so führte er aus, Pioniere der deutschen Werbung bis Mitte der wurden am Gängelband der staatlichen Reichs­ 60er Jahre skizzierte. Diese Erfahrungen lassen Rundfunk-Gesellschaft bzw. des Propaganda­ sich aus den zahlreich vorhandenen Ego­ ministeriums geführt. Meist nach dem Kriterium Dokumenten herauslesen. Der biographiege­ der Parteitreue rekrutiert, wurden die etwas schichtliche Zugang kann ein fruchtbarer Weg zu mehr als zwei Dutzend Personen, die in meist einer Geschichte der Werbung und der Massen­ jungen Jahren erstmals in das Amt eines Inten­ beeinflussung sein, die sich als Kultur- und als danten gelangten, von Goebbels selbst ausge­ Mentalitätsgeschichte versteht. wählt und waren ihm damit direkt verpflichtet. Siegtried Lokatis, Berlin, referierte Ober »Die Drei Phasen können in der Entwicklung des Planer und die Leiter der Verlage. Handlungs­ Rundfunks in den Jahren des Nationalsozialis­ spielraume und Karrieremuster von Führungs• mus unterschieden werden, in denen sich Macht kadern im Publikations- und Zensursystem der und Ohnmacht auch der Intendanten widerspie­ DDR«. Anhand zahlreicher Fallbeispiele stellte geln: ln der Phase von 1933 bis 1937 mit der der Referent typische Schicksale von »Medien­ Umorganisation des Rundfunks zu einem In­ unternehmern« der früheren DDR dar. strument in der Hand ausschließlich des Propa­ Hans-Michael Bock, CineGraph - Hamburgi­ gandaministeriums besaßen die Intendanten nur sches Centrum für Filmforschung, widmete sich Befugnisse auf dem Gebiet der Programmgestal- den »Filmproduzenten im späten Kaiserreich 240 Rundfunk und Geschichte 23 (1997) und der Weimarer Republik«. Bock skizzierte ih­ den angemessenen Rang im Zeitalter der Au­ re Typologie anhand der Biographien von sechs diovision gaben, wurden von Suhrkamp und Un­ Filmproduzenten, die die frOhe Filmindustrie in seld, die in seiner direkten bzw. indirekten Deutschland entscheidend mitpragten: Oskar Nachfolge standen, ausgebaut und verfeinert Messter, Jules Greenbaum, , Joe zum Typus des anspruchsvollen, kritisch-literari­ May, , und Sey­ schen Verlegers, der als Verlegerpersönlichkeit mour NebenzahL Bei allen Einschränkungen an­ auch in die Öffentlichkeit tritt. Oie Folge markiert gesichts der schwierigen Quellenlage lassen allerdings nicht eine Aufeinanderfolge von Gene­ sich einige Gemeinsamkeiten herausarbeiten: rationen dieses Verlegertypus, sie wird vielmehr 1) Den Anfang machen die Pioniere (Messter, von Fischer Ober Suhrkamp zu Unseid moduliert Greenbaum, Oavidson), die sich ab 1895 als durch den Medienwandel vom Film Ober den Grander dem Film zuwandten und bis zum Rundfunk zum Fernsehen und interpungiert Kriegsbeginn Firmengruppen aufbauten, die je­ durch den politischen und kulturellen Zusam­ weils mehrere Bereiche der Filmwirtschaft kon­ menbruch in den 40er Jahren. Wahrend Fischer zernartig verbanden. Oie Firmen von Messter die große anspruchsvolle Prosaliteratur förderte und Davidson (PAGU) waren Ende des Krieges und dem »Autor mit Werk« folgte, suchte Suhr­ Grundpfeiler der Ufa; der Höhepunkt der Karrie­ kamp das »Literarische« der Literatur neu auf. ren war überschritten. Wahrend sich Messter Unseid entwickelte das Konzept einer Fusion (der einzige Nicht-Jude unter den Genannten) von Literatur und Wissenschaft. Oie Nachfolge­ anschließend der eigenen Legendenbildung als diskussion im Hause Suhrkamp wird auch die »Vater der deutschen Filmindustrie« widmete, Frage nach der Rolle der Verlegerpersönlichkeit starben Greenbaum und Davidson in den 20er im Digitalzeitalter zu lösen haben. Jahren nach vergeblichen Versuchen, an die Marcus SchOIIer, Köln früheren Erfolge anzuknüpfen. 2) Die »Moguln« (May, Oswald) kamen um 1910 als Autoren-Regisseure zur Filmindustrie. Erfolg mit künstlerischen Ideen ließ sie bald auch »Lesen im Umbruch. in die Produktion (meist eigener Werke) einstei­ Forschungsperspektiven im gen. Sie konnten den Boom der deutschen Film­ produktion im Krieg und in der Inflation (Export) Zeitalter von Multimedia« nutzen. Nach der Konsolidierung zeigte sich, Ein Symposium in Frankfurt am Main daß ihren Firmen eine solide kaufmännische Basis fehlte. Ab Mitte der 20er Jahre arbeiteten Das »Forschungsinstitut Lesen und Medien« der sie Oberwiegend in abhängiger Position als Re­ »Stiftung Lesen« an der Johannes-Gutenberg­ gisseure, bis die nationalsozialistische Macht­ Universitat Mainz veranstaltete am 27./28. Juni Obernahme sie ins Exil zwang. 1997 im Hause der einige Wochen zuvor einge­ 3) Oie Film-Manager (Pommer, Nebenzahl) weihten Deutschen Bibliothek in Frankfurt am stiegen ebenfalls in schon bestehende Struktu­ Main ein Interdisziplinares Symposium zum ak­ ren der Filmwirtschaft ein. Teils in eigenen Fir­ tuellen Stand der Leseforschung bzw. zu den men, teils leitend im Rahmen der Ufa hatten sie Aufgaben, die sich unter dem Aspekt der ver­ als künstlerisch engagierte Produzenten großen netzten multimedialen Zukunft den verschiede­ Einfluß auf die kreative Seite des Films. Zugleich nen Disziplinen stellen. Bemerkenswert auf dem stellten sie jedoch die Verbindung zu den kauf­ Symposium waren - for sich genommen - viel­ männisch-organisatorischen Notwendigkeiten leicht weniger die einzelnen Vortrage als viel­ her. Bei allen Karrieren (mit Ausnahme des »na­ mehr das Faktum einer Interdisziplinaren und tionalen« Meester) ist eine internationale Aus­ Intermediaren Tagung, die gepragt war von der richtung festzustellen. Es zeigt sich zugleich eine gemeinsamen Anstrengung, die Nutzung von starke Abhängigkeit von den politisch-ökono• Presse und Buch, Hörfunk und vor allem Fern­ mischen Zeitlaufen, deren Wechseltalle die An­ sehen und - eher am Rande - auch der neuen, passungstahigkeit traditioneller Wirtschaftszwei­ interaktiven Medien in ihrem gegenseitigen Be­ ge (einschließlich Printmedien) überfordern. zug zu behandeln. Diese Bewertung gilt auch Der abschließende Vortrag thematisierte er­ dann, wenn man feststellt, daß bei allem Bemü• neut Unternehmer aus dem Bereich der Buch­ hen um eine medienObergreifende Analyse ge­ verlage. Helmut Schanze, Siegen, wahlte hierzu legentlich die vertrauten Polemiken gegen die »Samuel Fischer, Peter Suhrkamp, Siegtried Übermacht der »Glotze« und den damit einher­ Unseid - Zu einer Verlegertypologie des 20. gehenden Verlust der Lesekultur zu vernehmen Jahrhunderts« aus. Samuel Fischer gilt als der waren. Vor allem die Vertreter der Kommunikati­ vorbildgebende Verleger der klassischen Mo­ onswissenschaft waren darum bemOht, die Dis­ derne. Seine Verlagsprinzipien, die dem Buch kussion zu versachlichen, Umfrageergebnisse Miszellen 241 und sonstige Erkenntnisse der Rezeptionsfor­ schung im Vortrag des Zürcher Kommunikati­ schung zu relativieren und auf deren jeweilige onswissenschaftlers Heinz Bonfadelli. Das Sta­ begrenzte Leistungsfahigkeit zu verweisen. Sie tement des SWF-Medienforschers Walter Kling­ klarten Ober methodische Grundannahmen auf ler demonstrierte - obzwar in aller Kürze - nicht und wiesen darauf hin, in welchem Maße unhin­ nur die vorhandenen Meßinstrumente und Da­ terfragte kulturelle Werturteile, z.B. auch hinter tenbestande, sondern auch die in den Medien­ einer undifferenzierten Hochschätzung des Le­ forschungsabteilungen ausgearbeiteten Frage­ sens verborgen sein können. stellungen und Argumentationslinien. Ein Bei­ Medienhistorische Perspektiven kamen zur spiel dafor war die »Langzeitstudie Massen­ Sprache, da einerseits ein weiter Bogen vom kommunkation«, die seit 1964 unter maßgebli• Mittelalter bis in die Gegenwart und die nahe Zu­ cher Leitung von Marie-Luise Kiefer Oetzt Hono­ kunft geschlagen wurde. Andererseits wurden rarprofessorin for Medienökonomie in Wien) in die Veranderungen im Nutzungsverhalten der etwa FOnfjahresabstanden durchgeführte wurde. verschiedenen Medien in den letzten Jahrzehn­ Empirische Kommunikationsforschung ist teu­ ten thematisiert. ln dieser Zeit hat sich zweifellos er, vor allem dann, wenn sie auf »qualitative« nicht nur die Relation des Zeitbudgets bei der Fragestellung Antworten geben will und nicht al­ Nutzung von Zeitung/Buch und Hörfunk/Fern• lein »Quoten«, d.h. Kontakte mit dem Medium sehen verschoben. Auch soziodemographische pro Zeiteinheit abfragen und damit allein für Entwicklungen, erweiterte Freizeitraume und das kurzfristige Marketingstrategien instrumentali­ Ausbildungsniveau sind fOr die Mediennutzung siert werden soll. Wie gefahrdet derartige Unter­ wichtige Faktoren usw. suchungen auch im Umfeld des öffentlich-recht• Verstandlieherweise wurde auch auf diesem lichen Rundfunks sind, wurde nicht nur durch Symposium angesichts der - zumindest auf den den Hinweis belegt, daß die letzte Befragung der ersten Blick - Obermachtigen Konkurrenz der Langzeitstudien »Massenkommunikation« 1 nicht elektronischen Medien und vor allem des Fern­ mehr allein von den Rundfunkanstalten bzw. ih­ sehens, das in Deutschland rund um die Uhr den ren Werbetöchtern finanziert wurde und nur mit Empfang von Ober 20 Kanalen erlaubt, Alarm Hilfe von Geldmitteln aus dem Etat des Bun­ geschlagen. Mochte man Hinweise auf SPIE­ desministeriums für Forschung und Technologie GEL-Berichte zum ROckgang intellektueller Fä• weitergeführt werden konnte. Auch Klingler higkeiten bei Kindern auf Grund des Fernseh­ raumte ein, daß es immer schwieriger werde, konsums, den Hirnforscher festgestellt haben Projekte mit komplexeren Fragestellungen wie wollen, noch als voreilige Zweckmeldungen be­ die Kutturstudie2 oder die Kinderstudie3 zu fi­ zeichnen, so sprechen doch die reinen Nut­ nanzieren, mit deren Hilfe die Ober den Tages­ zungszahlen der regelmaßigen ZeitungslektOre bedarf hinausgehenden, schier unoberschauba­ der 14- bis 29jahrigen eine deutliche Sprache: ren Datensammlungen etwa der GfK-Forschung hier ist innerhalb von 20 Jahren, das heißt von ausgewertet werden könnten, auch hinsichtlich 1977 bis 1997, ein ROckgang von 76 auf 56 Pro­ des Verhältnisses der Nutzung elektronischer zent festzustellen. Dieser Befund ist vor allem Medien und der LektOre von Büchern und Zei­ dann alarmierend, wenn die Zeitungslektore als tungen. Wert an sich betrachtet wird, wenn allein schon Was durch die Langzeitstudien und einige aus der quantitativen Bestimmung von Leserzah­ Hinweise von Klingler zur Differenzierung von len und Lesedauer weitreichende Folgerungen Erkenntnissen der Radio- und Fernsehnutzung fOr die Qualitat der politischen Öffentlichkeit und berichtet wurde, ergänzte insbesondere der das Funktionieren der parlamentarischen Demo­ Konstanzer Literatursoziologe und ausgewiese­ kratie gezogen werden. ne Kenner der Geschichte des Lesens Erich Insgesamt schienen dem beobachtenden Schön mit einigen Thesen aus den vorhandenen Teilnehmer des Symposiums die Vertreter der - sogenannten qualitativ orientierten Erkenntnis­ meist kommerziellen bzw. im Auftrag der Buch­ sen der Leserforschung. So werde in den Lang­ und vor allem der Zeitungsverlage durchgefOhr­ zeitbeobachtungen deutlich, daß das erhöhte ten - Leserforschung in ihrer Argumentation ein­ Fernsehangebot im großen und ganzen weder gleisiger und interessengeleiteter zu sein als die fOr das Fernsehen verwandte Zeitdauer ver­ beispielsweise die inzwischen in allen öffentlich• längert noch die Lesedauer dramatisch verkOrzt rechtlichen Rundfunkanstalten etablierte Medien­ habe, und dies gelte auch bei mancher Ver­ forschung, zumindest was die Differenzierung schiebung im Detail. Lesen bleibe eine Basis­ der Fragestellung und den Reflexionsgrad Ober qualifikation, die in der Gegenwart nur instru­ die Leistungfähigkeit der methodischen Instru­ menteller eingesetzt werde, da das Gros der Be­ mentarien angeht. Bestätigt wurde dieser Ein­ völkerung in Beruf und beruflicher Bildung und druck der Defizite einer Ober Werbe- und Markt­ Fortbildung durchschnittlich erheblich mehr lese forschung kaum hinausgehenden Leserfor- als frOher. ln jedem Falle rOcklauflg sei der Kon- 242 Rundfunk und Geschichte 23 (1997) sum von Belletristik. Doch müsse man in diesem von Rationalisierung beitragen, ein wissen­ Zusammenhang auch beim Lesen belletristi­ schaftlicher zumal. scher Literatur berücksichtigen, daß Unterhal­ Aus Anlaß der 40. Leipziger Dokumentar­ tung und eskapistische Zuwendung zum Fern­ und Kurzfilmwoche bzw. des Internationalen Do­ sehen früheres Lesen von »Groschenromanen«, kumentar- und Animationstilrn-Festivals - wie es Comics und anderen gleichfalls der Verachtung heute heißt - veranstalteten das Institut für Kom­ der Gebildeten anheimgefallene Druckerzeug­ munikations- und Medienwissenschaft und das nisse ersetzt. Gestützt wurden die von Schön Dokfilmfest mit Unterstützung der Hochschule insgesamt vorgetragenen Befunde zumindest für Film und Fernsehen »Konrad Wolf« Pots­ teilweise durch Untersuchungen in Österreich, darn-Babelsberg am 31. Oktober und 1. Novem­ die neben anderem der Wiener Kommunikati­ ber 1997 ein Symposium zu ästhetischen und onswissenschaftler Wolfgang R. Langenbucher politischen Entwicklungen des Festivals in vier vorstellte. Jahrzehnten. Es geriet nicht nur zum Dialog mit Die dem Kundigen vertrauten tieferen kultur­ dem Mythos »Dokfilmwoche«, sondern auch geschichtlichen Zusammenhange zwischen Ora­ zum Dialog zwischen Zeitzeugen und Medien­ litat und Literalitat in der sprachlichen Vermitt­ wissenschaftlern, wie zwischen Ostdeutschen lung, die immer eng verknüpft waren mit dem und Westdeutschen. Klar wurde: Die quantitative Bildersehen, ließ Hartmut Eggert, Germanist an Beteiligung am Festival hat nach der Wende der Freien Universitat Berlin, zum Ende der Ver­ nachgelassen - sie ging von etwa 50 000 Besu­ anstaltung noch einmal aufscheinen. Die in den chern zu DDR-Zeiten auf 18 000 im Jubiläums• vergangenen 200 Jahren fixierte Kultur des »Stil­ jahr 1997 zurück .,., die emotionale Beteiligung len« Lesens und ihre HochschatzunQ habe in der (ehemaligen) Programmverantwortlichen, den Jahrhunderten davor keineswegs die Ver­ der Regisseure und Kritiker aber nicht. mittlung von individuellem und kulturellem Ge­ Die ersten beiden Kultur- und Dokumentar­ dachtnis bestimmt, und auch im multimedialen filmwochen fanden 1955 und 1956 jeweils im Zeitalter sieht er die Grenzen zwischen Bilder­ November statt, noch unter gesamtdeutschen sehen und Lesen wieder verschwimmen, mit Vorzeichen. Aber die politische Großwetterlage noch offenen Konsequenzen. zwischen den weltpolitischen Blöcken anderte Es ist zu hoffen, daß mit dem Frankfurter sich - hin zum Hauptantagonismus von Sozia­ Symposium ein weiterer Schritt in Richtung einer lismus und Kapitalismus: auf der einen Seite interdisziplinären, intermediaren For$chung - und konsequentere Anwendung der Prinzipien des dies auch mit historischer Perspektive - getan sozialistischen Realismus, Ausgrenzung von werden konnte, der nicht ohne Konsequenzen »dekadenten« und »revisionistischen« Künst• bleibt. lern; auf der anderen Seite Ausgrenzung von Edgar Lersch, Stuttgart DDR-Filmen und Gasten bei den Dokfilm­ Festivals in Oberhausen und Mannheim auf 1 Vgl. Klaus Berg I Marie Luise Kiefer (Hrsg.): Mas­ Druck des Interministeriellen Ausschusses der senkommunikation V. Eine Langzeitstudie zur Bundesregierung. Nach einer dreijahrigen Un­ Mediennutzung und Medienbewertung 1964 - terbrechung wurde die Veranstaltung als inter­ 1995. Baden-Baden 1996. nationale Leipziger Dokumentar- und Kurzfilm­ 2 Vgl. Semward Frank u.a.: Kultur und Medien. An­ woche fortgesetzt. 1964 trafen sich in Leipzig die gebote - Interessen - Verhalten. Baden-Baden profiliertasten Dokumentarfilmer der Welt: Grier­ 1991 . son, Cavalcanti, lvens, die Witwe Flahertys, Le­ 3 Vgl. Walter Klingler/Jo Groebel: Kinder und Medi­ acock, Leiser, Marker, Montague, Rotha, Storck, en 1990. Baden-Baden 1994. Wright, Alvarez und andere. Das aus diesem Anlaß entstandene »Familienfoto« ist typisch für den Mythos Leipzig: Es tauscht Ober mancherlei politische und dokumentar-ästhetische Differen­ Dialog mit einem Mythos zen hinweg, aber gemeinsam blieb doch das Engagement für die Würde des Menschen. Der Symposium und VII. Hochschultage aus Regisseur Stanley Forman, Mitglied des interna­ Anlaß des 40. Leipziger Dokfilmfestes tionalen Ehrenpräsidiums ab Anfang der 60er Jahre, erinnerte sich auf dem Symposium an die Mythen leben ursprünglich im religiösen Um­ Freundschaften, die Ober die Machtblöcke hin­ kreis. Ihre Inhalte sind nicht rational, sie sollen weg geschlossen wurden, aber auch an einen einfach geglaubt werden. Mythen tragen zur »Sozialismus mit menschlichem Antlitz« (Dub­ Aneignung verstellter Wirklichkeit bei; sie haben cek) in der CSSR und an die Nicht-Zulassung per definitionem ein Defizit an Wahrheit. Ein von Peter Watkins' dokumentarischer Inszenie­ Dialog kann zur Entmythologisierung im Sinne rung »The War Game«. Miszellen 243

Dieser doppelte, zwiespältige Charakter wur­ waltung Film des Kulturministeriums hatte einen de wahrend des Symposiums immer wieder wichtigen Einfluß. Entscheidend für die Geneh­ deutlich: Leipzig war eine Heimat, auch fOr Re­ migung der jeweils nächsten »Dokfilmwoche« gisseure und Kritiker aus dem Westen, selbst und auch fOr die Filmauswahl war aber die Kul­ wenn thematische und formale Ausgrenzung, turabteilung des ZK der SED unter Kurt Hager. wenn (Selbst-)Zensur stattfand, selbst wenn Das geht aus den schriftlichen Archivquellen man/trau zu den zeitweise Gemaßregelten des hervor. ln der Erinnerung der Beteiligten fanden Systems gehörte. zwar durchaus »Konsultationen mit der ZK­ For die westdeutschen/westlichen Kritiker Abteilung für internationale Beziehungen statt« wurden Kabinenvorführungen nicht offiziell vor­ (Ritterbusch), aber es wurde in der Auswahl­ führbarer DDR-Filme organisiert, weil die Leitung kommission offen diskutiert Ober die Auswahl wie auch die Abteilung Agitation und Propagan­ aus den von den einzelnen Landern gemeldeten da des ZK der SED deren Informationsbedarf Filmen (Jordan). Vor diesem Hintergrund ist Ri­ befriedigen wollten. Und in der fünften Etage des chard Ritterbuschs Aussage mehrdeutig: »Die Messehauses saß die Staatssicherheit und hörte Auswahlkommission machte das Festival in er­ mit. Die 50 000 Leipziger Zuschauer ahnten von ster Linie für die Bevölkerung«. Kabinenvorführung und Stasi nichts und sahen Radiger Steinmetz (Leipzig) rekonstruierte Leipzig dennoch als Fenster zur Welt. auf der Grundlage schriftlicher Unterlagen Ent­ Einen doppelten Charakter hatte auch die scheidungsstrukturen der »Dokfilmwoche« im ROckkoppelung durch die Berichte und Kritiken Umfeld des 11. Plenums des ZK der SED im in den West-Medien. Zum einen waren Regis­ Dezember 1965, das einen kulturellen Kahl­ seure und Festivalleitung froh Ober die Wahr­ schlag bewirkte. ln dieser Zeit fand ein Rich­ nehmung der Filme, zum anderen konnten allzu tungsstreit statt zwischen einer gemäßigten positive westliche Kritiken in der Kulturabteilung Gruppe um den »Dokfilmwochen«-Direktor Wolf­ des ZK der SED, der eigentlichen Festivallei­ gang Harkenthai und den Ersten Sekretar des tung, und in der Hauptverwaltung Film des Kul­ Clubs der Filmschaffenden, Berthold Rose, auf turministeriums wie im Staatlichen Rundfunk­ der einen und Annelie Thomdike, Vorsitzende komitee eher das Gegenteil, namlich Mißtrauen, des Ehrenprasidiums, und Andrew Thorndike, bewirken. Westliche Kritiker wiederum ließen Jury-Vorsitzender, auf der anderen Seite. Die nicht all ihre Kritik in die Feder fließen, denn sie einen wollten eine »Dokfilmwoche« der Begeg­ wollten ja auch im nächsten Jahr wieder nach nung und des Forums for fortschrittliche Filme, Leipzig eingeladen werden, und das nicht nur als die Thomdikes wollten es aber zum Instrument »SZ«, als Selbstzahler (Heinz Klunker, Sonn­ der Agitation gegen Kapitalismus und Revan­ tagsblatt, Weltwoche, Deutschlandarchiv, dann chismus machen. Die Hardliner wurden durch Deutschlandfunk). So wurden sie »durch Geld das 11. Plenum gestärkt, das Niveau der folgen­ dressiert« (Wilhelm Roth, Kritiker aus Frankfurt den Filmjahre gesenkt, der Direktor mit vorge­ am Main): »Bei grundsätzlicher Kritik wurde man schobenem Grund »parteimaßig zur Verantwor­ ausgeladen, Einzelfilmkritik war frei«. Auf der tung gezogen«. anderen Seite fanden die Kritiker und Teilneh­ Eine grundsatzliehe Debatte über die Aussa­ mer »Gegeninformationen zum Westfernsehen gekraft schriftlicher Quellen im Verhältnis zu den und dessen Einseitigkeit« (Jutta Voigt, Berlin, Erinnerungen von Zeitzeugen löste Steinmetz' ehemals Ost). Zwischen »Kampfarena und La­ Nachweis aus, daß der Regisseur Konrad Wolf destation fOr die eigene Batterie, zwischen ein Dreivierteljahr nach dem 11. Plenum seine Großmut und Kleinmut, zwischen Wut, Depres­ kritische Haltung gegenOber den Plenumsbe­ sion und Euphorie« schwankte Leipzig fOr Jutta schlOssen aufgab, sie gegenober der Partei wi­ Voigt. Sie fand die »Dokfilmwoche« »schlimm, derrief und Selbstkritik Obte. »Wir wußten, wie aber nie gleichgültig«. Heinz Kersten (Filmkritiker man mit Kritik und Selbstkritik umging, wir waren u.a. für RIAS, Frankfurter Rundschau und ja gelernte DDR-Bürger«, so Richard Ritter­ Deutschland Archiv) schrieb aus Leipzig, dem busch. For die wissenschaftliche Bearbeitung »kommunikativsten Festival«, an »gegen Ost­ der Film- und auch der Fernsehgeschichte die­ Banausen und West-Ignoranten«. ser Zeit wird es von entscheidender Bedeutung Wie fand die Filmauswahl statt? Richard Rit­ sein, eine Balance zu finden zwischen nicht de­ terbusch und Gonter Jordan waren in den 80er nunziatorisch gebrauchten schriftlichen Quellen Jahren Mitglieder der Auswahlkommission. Sie und nicht apologetisch verwendeter Oral History. waren Sozialisten und »standen hinter dem Auf­ Bisher Oberwiegt noch die Oral History. trag- das wollten wir so.« Ihre »Entscheidungen Fesselnde Erinnerungen an die »Wandlun­ waren politischer, vielleicht sogar ästhetischer gen und Übergange nach 1989« ließ die erste Natur« (Ritterbusch). Es gab mehrere verschie­ Nach-Wende-lntendantin des Festivals, Christi­ dene Ebenen der Einflußnahme. Die Hauptver- ane MOckenberger, wach werden. Sie schilderte, 244 Rundfunk und Geschichte 23 (1997)

wie der Übergang in eine Zeit ohne Zensur, in polnische Werkschau ins Fahrwasser der Nie­ ein Niemandsland, in ein Umfeld der Festival­ derschlagung des Prager Frühlings. Konkurrenz und der ungewissen Zukunft statt­ Zwei filmische Werke, die in Leipzig wesentli­ fand. Das erste Nach-Wende-Festival 1990 che Rollen gespielt hatten, wurden wahrend des knüpfte an Traditionen der »Dokfilmwoche« an - Symposiums gewürdigt: Michail Romms Film der abgelöste Direktor Ronald Trisch half noch »Der gewöhnliche Faschismus« - von Romms als Berater mit - und benutzte das Budget, das in Mitarbeiterin Maja Turowskaja - und das Werk der DDR beschlossen worden war. Ein »Crash von Santiago Alvarez, das in Leipzig immer wie­ ohne Kurs« (MOckenberger) fand erst 1991 statt, der ausgezeichnet wurde- von Amir Labaki, In­ bevor bis 1993 Grundzüge eines Konzepts und tendant des Dokumentarfilm-Festivals in Sao einer Überlebensstrategie entwickelt werden Paolo. Interessant war auch der Blick auf die konnten. Der damalige Programmdirektor Klaus Kommunikationen des Leipziger mit den west­ Wischnewski fand das noch heute gepflegte deutschen Festivals in Mannheim und Oberhau­ Motto: »Sehen, was wirklich los ist«. ROck­ sen. blickend skurril, aber in der Zeit unertraglich: fünf Am Mythos Dokumentarfilm in Leipzig wird Umzüge in zwei Jahren und ein selbsternannter sich noch mancher Quellenforscher und Zeit­ Berater aus dem Westen, der das Festival auf­ zeuge abarbeiten müssen. Die Erforschung der kaufen und vermarkten wollte. Filmgeschichte in der DDR steht noch am An­ Zur Akzeptanz des Festivals heute stellten fang, auch aus Gründen des Zugangs zu den Hans-Jörg Stiehler und Radiger Steinmetz eine Quellen. Sie zu intensivieren und - beinahe noch Publikums- und Medienresonanz-Studie vor. wichtiger - sie korrespondierend zu asthetischen Thomas Beutelschmidt beleuchtete die schwieri­ und politischen Entwicklungen in der Bundesre­ ge, weil subversive und daher tabuisierte Rolle, publik zu gestalten (z.B. zum Wirken des Inter­ die Video in den 80er Jahren wahrend der ministeriellen Ausschusses im Zeichen des Kal­ »Dokfilmwoche« spielte. 1985 hatte die Hoch­ ten Krieges), bleibt eine noch zu unternehmende schule für Film und Fernsehen (HFF) Konrad Aufgabe. Nur so laßt sich »sehen, was wirklich Wolf in Potsdam-Babelsberg ihre erste Video­ los war«. werkstatt, und 1987 wurden auch elektronisch Rüdiger Steinmetz, Leipzig produzierte Beitrage in das Programm der Dokwoche aufgenommen. Mit Ausnahme Tho­ mas Grimms, der in geschlossenen Vorführun• gen seine Orai-History-Videos drehen konnte, Manfred von Ardenne (1907- 1997) wurde dem neuen Ausdrucksmittel Video und der damit einhergehenden Spontaneitat in der Dies ist das Jahrhundert der Massenmedien und DDR mißtraut. der großen Industrien, die ihre Gerate und Inhal­ Über »Leipzig als Forum und Anregung der te vermarkten. Einzelne Tüftler und Erfinder ha­ Jungen« referierte Dieter Wiedemann, Rektor ben darin keinen Platz mehr. Manfred von Ar­ der HFF in Potsdam-Babelsberg. Über 200 denne war einer der wenigen letzten Tüftler, die Nachwuchsfilme aus der HFF liefen seit 1961 in durch ihre individuellen Fahigkeiten große tech­ Leipzig. Dabei hatten die Arbeiten der Filmstu­ nische Entwicklungen in Gang setzten. Er wurde denten zeitweise die Funktion, etwas zu zeigen, am 20. Januar 1907 in Harnburg als Sohn des was sonst nicht gezeigt wurde, des anderen spateren Oberregierungsrats Egmont Baron von Blicks auf die Gesellschaft der DDR. Wolfgang Ardenne und dessen Frau Adela, geb. Mutzen­ Klaue, ehemaliger Direktor des Staatlichen Film­ becher, geboren. Als Jugendlicher verwandelte archivs der DDR, blickte zurück auf die Retro­ er sein Zimmer zeitweise in ein Chemie- oder spektiven wahrend der »Dokfilmwochen«, die Röntgenlabor bzw. in eine Sendestation. Schon 1962 begonnen und nach der Wende vom Bun­ im Alter zwischen 14 und 17 Jahren trug er We­ desarchiv-Filmarchiv fortgesetzt wurden. Es sentliches zur Empfangsverbesserung des noch handelte sich um Werkschauen, um reprasenta­ ganz jungen Radios bei: Er entwickelte empfind­ tive Landerquerschnitte und um thematische lichere Emptanger und mehrstufige Verstarke­ »Retros«. Machbarkeit, d.h. Zuganglichkeil zu rendstufen, schrieb darober bereits Aufsatze in Archiven und Quellen, und auch ein Stück Fachzeitschriften. Ein Naturtalent, das die Schu­ Selbstzensur waren nach Klaue die wesentlichen le nicht brauchte. ln den meisten Fachern außer Engpasse bei der sonst weitgehend unbe­ in den naturwissenschaftlichen hatte er große schrankten Programmgestaltung. Die Zeiten Probleme. konnten aber auch die Retrospektiven in Be­ Von Ardenne erwarb mehrere Patente, lange drängnis bringen. So sollte die »Retro« zum vor dem Erwachsenwerden: das erste reichte er französischen Dokumentarfilm 1966 am Abend drei Wochen nach dem Erwerb der Primareife vor dem Beginn abgesagt werden; 1968 kam die am Berliner Friedrich-Realgymnasium am 25. Miszellen . .•. 245

September 1923 ein. Mit 18 Jahren nahm er ein zog er aus seiner Vergangenheit den Schluß, Studium der Physik, Chemie und Mathematik an jetzt für ein anderes System arbeiten zu wollen: der Berliner Universität auf, das ihn nur vier Se­ fOr die Sowjetunion. Im Kaukasus, wohin er mit mester lang fesselte. Die Radio-Firma Loewe seinem gesamten Labor übersiedelte, war er war auf ihn aufmerksam geworden und nutzte wesentlich an der Entwicklung der Atombombe seine Verbesserungen. So entwickelte er 1925 beteiligt und erhielt hierfür und für anderes meh­ bei der Firma Loewe Mehrfachröhren und Breit­ rere Stalin-Preise. ln seiner Autobiographie bandverstarker, um die Tonqualität des Radios »Sechzig Jahre fOr Forschung und Technik« (2. zu verbessern, und verwirklichte 1927 eine Auflage 1988) nennt er die Atombomben-Ent­ »HiFi-Anlage« mit 50-Watt-Endverstarker und wicklung die »Bearbeitung einer Spezialaufgabe elektrodynamischem Tiefton- sowie elektrostati­ der UdSSR-Regierung« von 1946 bis 1951 und schem Hochton-Lautsprecher, lange bevor die rühmt sich, damit zum atomaren Patt zwischen HiFi-Norm gesetzt war. Nach dem Besuch bei den Großmachten beigetragen zu haben. Lee de Forest in New York 1927 begann er Nach seiner Übersiedlung in die DDR war der 1928, sich mit der Entwicklung von Elektronen­ Adlige privilegiert. Seit 24. März 1955 besaß er strahlrOhren zu befassen, was Ober den Leucht­ ein Forschungslabor am Weißen Hirsch in Dres­ fleck-Abtaster (Fiying Spot Scanner) zum mo­ den, forschte und entwickelte dort - ohne staatli­ dernen elektronischen Fernsehen führte. che Kontrolle, mit jeglicher staatlicher Unterstüt• Am 14. Dezember 1930, mit 23 Jahren, rea­ zung. Auch in der DDR erhielt er den National­ lisierte er die erste Fernsehbild- und Filmüber• preis, den Lenin-Preis und den Vaterlandischen tragung mit Hilfe von Elektronenstrahlröhren auf Verdienstorden. Sein Labor, in dem in seinen der Sender- und auf der Empfangsseite. Im besten Zeiten etwa 500 Mitarbeiter beschäftigt FrOhjahr 1931 führte er seine in der Bildauflö• waren, entwickelte elektronische medizinische sung verbesserten Entwicklungen den Direktio­ Gerate, bis er sich in den 60er Jahren der heute nen von Telefunken, Fernseh AG und Reichs­ noch umstrittenen Krebs-( Sauerstoff-)Mehr­ post vor. Auf der Berliner Funkausstellung des schritt-Therapie zuwandte. Etwa 600 deutsche Jahres 1931 hatte Ardennes elektronisches und internationale Patente nahm der Ausnahme­ Fernsehsystem Premiere. For Arnold und Rich­ Tüftler, der in allen politischen Systemen dieses ter (ARRI) in MOnehen entwickelte er 1930 ein Jahrhunderts begehrt und geehrt war, entgegen. Tonaufzeichnungsverfahren mit Hilfe elektroni­ Auf der Funkaustellung 1933 traf von Arden­ scher Röhren, das die »Triergon«-Tonfilmpaten­ ne mit Hitler zusammen; auf Stalins Datscha te von Vogt, Massolle und Engel, die bei der verbrachte er Sommerurlaube; Ulbricht (»ein Tobis lagen, umging. Mann der Tat, der schnell das Wesentliche er­ Unter den Erfindungen und Entwicklungen kannte«) begrOßte von Ardenne am Tag nach dieser Zeit seien noch eine Vorstufe des Farb­ dessen ROckkehr 1955 in Dresden; Grotewohl fernsehens (1931), ein Projektions-Elektronen­ nahm ihn 1959 als Mitglied einer Staatsdelegati­ strahl-Oszillograph und ein Vorläufer der Vidi­ on mit in den Nahen Osten und nach China; Ho­ con-Aufnahmeröhre (1933), ein Röntgenbild• necker verlängerte gleich nach seiner Amtsober­ wandler (1934) sowie die Entwicklung von Fern­ nahme 1972 den privaten Status des Ardenne­ sehempfängern für die C. Lorenz AG Berlin lnstituts. Eine politische Rolle spielte von Arden­ (1935) genannt. Zunächst Lorenz, dann die ne noch einmal als Alterspräsident der neuge­ Reichspost und Siemens waren in dieser Zeit wählten Volkskammer nach dem 18. März 1990. seine Vertragspartner. 1936 und 1937 legte Ar­ Am 26. Mai 1997 ist Manfred von Ardenne, kurz denne in seinen Labors die Grundlagen fOr die nach Vollendung seines 90. Lebensjahres, in Radartechnik und für das Raster-Elektronen­ Dresden gestorben. mikroskop, womit er sich bis Kriegsende weiter ROdiger Steinmetz, Leipzig beschäftigte. Einen Elektronenbeschleuniger konstruierte und baute von Ardenne im Jahr 1943. Hannes Küpper (1897- 1955) Als von Ardenne im Dezember 1930 ein voll­ elektronisches Fernsehbild hergestellt hatte, Schauspieler, Dramaturg, Schriftsteller, Hörspiel• meinte er, daß es noch 20 Jahre dauern würde, regisseur, Fernsehpionier, Radrennfahrer - die bis sich das Fernsehen neben dem Film und Liste der Tätigkeiten des Mannes, dessen 100. dem Radio etabliert haben würde. Er hatte recht, Geburtstag sich am 25. Dezember jährt, ist lang. aber nur deswegen, weil der Krieg dazwischen­ Zwar taucht er immer wieder in einzelnen Ab­ kam. handlungen auf, doch selten wissen die entspre­ FOr die Nationalsozialisten setzte er seine chenden Darstellungen voneinander. Häufig ist Talente ein und wurde dafür noch 1945 zum sein Bild daher nur lOckenhaft nachgezeichnet, Reichs-Forschungsrat ernannt. Nach dem Krieg da man bislang vergeblich eine biographische 246 Rundfunk und Geschichte 23 (1997)

Obersicht mit all den vielfältigen Facetten sucht. lern durch die Herausgabe der Zeitschrift »Der Das folgende Portrat kann diese freilich nur kurz Scheinwerfer« in den Blickpunkt des Interesses. skizzieren. »Die Zeitschrift ist wegen ihres großen und teil­ Geboren am 25. Dezember 1897 in Oossel­ weise ungewöhnlichen Themenspektrums und dorf, sind die ersten Stationen des Rheinländers: der großen Bandbreite ihrer Autoren« bedeutend seit 1918 Schauspielunterricht in der Heimat­ sowie als »Versuch, moderne Themen, doku­ stadt an der Hochschule für BOhnenkunst Du­ mentarische Methoden und eine demokratische mont-Lindemann, ab 1921 erste BOhnenenga­ Massenkultur mit Alltagsorientierung zu etablie­ gements am Frankfurter Künstlertheater und am ren«, urteilt Petra Lohse 1992 Ober die Essener Schauspielhaus Zürich. Seit 1924 freier Schrift­ Theaterzeitschrift 3 Nahezu alle in der Weimarer steller, heißt es lapidar. ln diesem Zusammen­ Republik wichtigen Namen der Literatur- und hang irrlichtert der Name Hannes Kopper das Kunstszene sind in den Diskussionen der Hefte erste Mal durch die Bertolt-Brecht-Forschung. vertreten.4 Doch damit nicht genug: Hannes Der um nur ein Jahr jüngere, aber bereits KOpper tadelt noch vor Beginn seiner Essener sehr erfolgreiche Autor Bertolt Brecht verleiht Theatertatigkeit in der Spielzeit 1927/28 das Hannes KOpper 1927 den Lyrikpreis der Zeit­ Projekt der Stadt Essen ein, Kurt Weill, Bertolt schrift »Die Literarische Welt«. Brecht, von der Brecht und Carl Koch mit einer »Ruhrrevue«, ei­ Berliner Zeitschrift zum Juror berufen, antwortet ner »Symphonie der Arbeit«, zu beauftragen. mit einem spektakulären Aufsatz auf die Flut der Das großangelegte »Ruhrepos« scheitert aller­ Einsendungen, die bei ihm nur Hohn und Spott dings, wahrscheinlich aufgrund einer gezielten fanden.1 Er schrieb: »Vielleicht wird keiner ver­ antisemitischen Intrige in Essen. 5 ln diese Phase stehen, warum ich dieser bitteren Einleitung be­ der Theaterarbeit in der Ruhrprovinz fallen auch durfte, um nunmehr meinen Vorschlag zum Ab­ KOppers Kontakte zum Rundfunk. Intendant druck eines Songs vorzubringen, den ich in ei­ Ernst Hardt wird auf den vielseitigen Mann auf­ nem Radsportblatt fand.« Brecht schlägt vor, merksam, und Erik Reger, WERAG-Mitarbeiter Hannes KOpper für dessen Poem »He! He! The fOr Bucherscheinungen auf dem Gebiet des lron Man!« den Preis zu verleihen, obwohl dieser Dramas und des Theaters einerseits sowie en­ sich gar nicht an dem Wettbewerb beteiligt hatte. ger Freund und redaktioneller Mitarbeiter des Ein paar Zeilen aus diesem Gedicht Ober den »Scheinwerfers« andererseits, fahrt mit ihm bei­ Radrennfahrer Reggie Mac Namara seien zitiert: spielsweise ein Rundfunkgespräch zum Thema »Zwischen Berlin und der Provinz«.s »He! He! The lron Man! Es kreist um ihn die Legende, Dieser Gegensatz zwischen der Metropole daß seine Beine, Arme und Hände Berlin und der Ruhrgebiet-~rovinz bestimmt die wären aus Schmiedeeisen gemacht Arbeit Hannes KOppers in all diesen Jahren. Er zu Sidney in einer taghellen Nacht sehnt sich sehr bald nach Berlin zurück, zumal He, he! the lron Man! seine avantgardistische Zeitschrift immer wieder ( ...) Dicke Kabelstränge seine Nerven wären angefeindet wird und auch seine gelegentlichen Hochgespannt mit Volt-Kraft und Amperen ( ... ) Essener Regien, wie die von Ernst Barlachs Zu einem neuen Cäsar war er erdacht, »Sündflut« 1932, zur Zielscheibe der NS-Presse daher die ungeheure eiserne Macht. werden. 1933 wechselt er als Dramaturg und He, he! the lron Man! Und bleibt auch alles nur Legende, Regisseur zunächst ans Düsseldorfer Schau­ so ist doch eines wahr: spielhaus, 1937 ans Deutsche Schauspielhaus Ein Menschenwunder ist es - Reggie Mac Namara! nach Hamburg. Es entsteht »eine Reihe eigen­ He, he! the lron Man!« williger, manchmal vielleicht auch gewaltsamer Inszenierungen; Kleist und der junge Schiller Brechts Verdikt Ober die zeitgenössische Ly­ >lagen< ihm besonders. Ein Gastspiel am Wiener rik als epigonal und rührselig sowie die Brüskie• Burgtheater, wahrend des [Zweiten Welt-]Krie­ rung der Meinungsträger durch die Auszeich­ ges, mit einem schlechten Stück( ... ) brachte ihm nung eines in der Literaturwissenschaft als so­ einen eklatanten Mißerfolg«, berichtet der Kölner genannte »Neue Sachlichkeit« klassifizierten Theatermacher Hans J. Weitz.7 Poems löste eine langanhaltende Debatte aus. 1939/40 zieht sich Hannes KOpper wieder Hannes KOpper aber, der bereits zuvor einige einmal zurück. ln Berlin findet er ein neues Betä• wenige Textveröffentlichungen vorzuweisen tigungsfeld. Aus dem Theatermann wird ein hatte, macht das Gedicht 1927 schlagartig be­ Femsehpionier. Im Mai 1939 wird ihm die Stelle kannt.2 eines Regisseurs und Ersten Dramaturgen beim ln Berlin nunmehr berüchtigt, wechselt KOp­ Berliner Fernsehen angeboten. Die politisch per noch im selben Jahr auf den Posten eines nicht ganz unumstrittene Rolle, die KOpper in Dramaturgen an die Essener Stadtischen BOh­ dieser Position beim Paui-Nipkow-Sender bis nen. ln der Folge bis 1933 rOckt KOpper vor al- September 1944 einnimmt, zeichnet die Darstel- Miszellen 247 lung von Klaus Winker zum Fernsehen im Dritten nes KOpper in Berlin. »Ein schwerer Verlust«, Reich umfassend nach. 8 Mehrere der ersten »mit der jungen Fernsehgeschichte auf alle Zei­ Gehversuche auf dem Gebiet des Fernsehfilms ten verbunden«, »ein eigentümlicher, ein merk­ verbinden sich mit dem Namen Hannes KOpper. würdiger Mann« - so melden die Nachrufe.12 Je­ Aus der Vielzahl seien die Regie von »Der rote de Disziplin, ob Literatur-, Zeitschriften-, Thea­ Unterrock« (1939), »Station D im Eismeer« ter-, Hörspiel- oder Fernsehgeschichte, be­ (1940) oder »Der Gast. Nach einem Lustspiel schrankte sich in der Folge darauf, von der Rolle von Fritz Koschka« (1943) angeführt.9 dieses Mannes auf ihrem Gebiet zu berichten. Eine letzte berufliche Etappe schließlich führt Hans-Uirich Wagner, Wiesbaden den inzwischen 48jahrigen Hannes KOpper un­ mittelbar nach dem Ende des Krieges vom Fern­ Bertolt Brecht: Kurzer Bericht Ober 400 (vierhun­ sehen zum Hörspiel. Im Sommer 1945 erhalt er dert) junge Lyriker. ln: Die Literarische Welt, eine Anstellung als Hörspielregisseur beim Berli­ 4.2.1927, S. 1. Vgl. auch in: Ders.: Werke. Große ner Rundfunk in der Masurenallee. Obwohl er kommentierte Berliner und Frankfurter Ausgabe. Band 21. Schriften I. Frankfurt am Main/Berlin sich dort mehrere Male gegenOber Anschuldi­ 1992, s. 191ft., s. 666-669. gungen zu verteidigen hat, deren Gegenstand sein Verhalten bei der Fernsehentwicklung im 2 Vgl. Helmut Lethen: Neue Sachlichkeit 1924- 1932. Studien zur Literatur des »Weißen Sozialis­ Dritten Reich bildet, behauptet KOpper seine 2 Stellung beim sowjetisch kontrollierten Sender mus«. Stuttgart 1975, S. 66f. Auf KOppers spät• expressionistische, futuristisch-vitalistische Text­ bis Ende 1949. Über 20 Hörspielinszenierungen collage »Die Sache ist die«, die er 1924 zusam­ tragen seinen Stempel, angefangen von der men mit Maxim Vallentin (1904-1987) veröffent­ Funkeinrichtung des Spektakularen Programm­ lichte, damals ebenfalls Schauspieler am Zürcher auftaktes durch Lessings »Nathan der Weise« Schauspielhaus, danach ein bekannter kommu­ (2.8.1945), Ober die Adaption des Brecht-Dra­ nistischer Agitprop-Autor, Moskau-Exilant und mas »Mann ist Mann« (18.7.1946) bis zu Theatermacher in der DDR, kann hier nur verwie­ Zuckmayers »Der Schinderhannes« (31.3.1949). sen werden. Gerühmt werden speziell seine Klassiker-Insze­ 3 Petra Lohse: Neue Sachlichkeit in der Essener nierungen, deren sprachliche Ausdruckskunst Zeitschrift »Der Scheinwerfer« (1927-1933). Sie­ sich auf die »Rezitation des Gedichttextes« be­ gen 1992, S. 38. Zum Stellenwert der Zeitschrift schrankt und deren Sprechstil gleichzeitig als vgl. auch Jochen Meyer: Berlin - Provinz - Litera­ »modernes Pathos« begrOßt wird.10 Obwohl rische Kontroversen um 1932. Marbach 1985. KOpper mit der Inszenierung von Stocken wie 4 Der redaktionelle Nachlaß von Hannes KOpper »Mister Smith schreibt ein Buch« (8.5.1947), aus dieser Zeit befindet sich im Deutschen Litera­ »Die Bresche« (5.11 .1947) und »Oberst Kus­ turarchiv Marbach am Neckar. Veröffentlicht ist min« (21.12.1947) auch ausgesprochen sowjeti­ bislang der Briefwechsel mit Heinrich Mann; Sieg­ sche Propagandaarbeiten umsetzen muß, ver­ tried Sudhof: Heinrich Mann und Hannes KOpper. scharft sich der Druck auf ihn dergestalt, daß er ln: Arbeitskreis Heinrich Mann 1977/2, H. 10, S. 2- immer haufiger ausweicht, sich parallel zur 8. Funktatigkeit wieder der Theaterarbeit zu 5 Das spannende dreiteilige Doku-Hörspiel des widmen beginnt (J. B. Priestley: Lindenbaum. WDR von D. Stephan Bock »Das ist das wilde Dresdner Staatstheater. Mai 1948; Eugene Geheul unserer täglichen Arbeit oder Komm her­ O'Neill: Trauer muß Elektra tragen. Theater am aus Du Schönheit von MOiheim« zeichnet dieses KurfOrstendamm. Oktober 1948) und schließlich Scheitern der »Eroica der Arbeit« auf künstle• risch-journalistische Weise nach. WDR. 28.12. - wie auch andere Mitarbeiter, die parteilos 1991, 14.3.1992, 28.3.1992. bleiben wollen - seinen Dienst in der sowjetisch kontrollierten Enklave in der Masurenallee 6 Vgl. hierzu Joachim-Felix Leonhard (Hrsg.): Pro­ quittieren muß.11 grammgeschichte des Hörfunks in der Weimarer Der Epilog zu dieser wechselvollen berufli­ Republik. MOnehen 1997, S. 1130. Zur Beziehung Brecht, KOpper und Hardt vgl. KOpper an Hardt, chen Medienlaufbahn streift kurzgefaßt die vor­ 5.4.1928 in: Jochen Meyer (Hrsg.): Briefe an Ernst Obergehende Tatigkeit für den Bayerischen Hardt. Eine Auswahl aus den Jahren 1898-1947. Rundfunk sowie schließlich die Funk- und Fern­ Marbach 1975, S. 118. sehengagements beim Nordwestdeutschen Rundfunk-Berlin und beim Sender Freies Berlin. 7 Hans J. Weitz: Hannes KOpper. ln: Die TribOhne Jg. 25 (1955/56), H. 9, S. 84. Einzelne Hörspiel- und Featurearbeiten entste­ hen; am Aufbau einer Fernsehproduktion im 8 Klaus Winker: Fernsehen unterm Hakenkreuz. Tempelhafer Fernsehstudio ist der erfahrene Organisation, Programm, Personal. Köln 1994, S. Pionier beteiligt. Sein gesundheitlicher Zustand 267f. allerdings verschlimmert sich in diesen Jahren zusehends. Am 17. November 1955 stirbt Han- 248 Rundfunk und Geschichte 23 (1997)

9 Weitere Titel nennt der anonyme Nachruf: Unser woll'n Sie nicht zu uns kommen.« Die darauf Fernseh-Porträt. Hannes Küpper t. ln: Fernsehen schnell hingeworfene Absage Ohms ist in vieler­ Jg. 3 (1955), H. 12, S. 658-661. lei Hinsicht symptomatisch: »Also, sag ich, Radio 10 Zu Gerhard Mehnerts Urteil der »Rezitation« von interessiert mich eigentlich Oberhaupt nicht«. Der 1948 vgl. Hans-Uirich Wagner: »Der gute Wille, Theaterbesessene konnte sich eine Arbeit fOr etwas Neues zu schaffen«. Das Hörspielpro• das akustische Medium (noch) nicht vorstellen. gramm in Deutschland von 1945 bis 1949. Pots­ Die Controllers der Radio Branch aber ließen dam 1997, S. 50. Vom »führende[n] deutsche[n] nicht locker, denn speziell im Sommer 1946 Funkregisseur«, von »einem neuen, einem mo­ herrschte nach einigen Querelen im Münchner dernen Pathos« spricht Walter Kaul in Komödie Funkhaus großer Mangel an jungen, gleicher­ der Irrungen. ln: Roland von Berlin Jg. 1 (1947), H. 30, S. 7f. maßen engagierten wie unbelasteten Mitarbei­ tern. Ohm begann im Mai 1946 mit kleineren 11 Zur Hörspieltätigkeit der Jahre 1945-1949 vgl. Produktionsauftragen, im Herbst 1946 Obernahm Wagner (wie Anm. 10), S. 37-44. Speziell hierzu er erste große Hörspielregien. Wie so viele der erhielt ich viele weiterführende Informationen von jungen, vom Theater her kommenden Regisseu­ Frau Agnes Kuban, der Schwester Hannes Küp• pers, der hierfür besonderer Dank gesagt sei. re und Dramaturgen sah Ohm im Rundfunk nur ein zeitbedingtes Intermezzo. »Vorübergehend 12 fff-press, Nr. 27, 21.11.1955; -: Hannes KOpper t lebenslänglich« Oberschrieb Peter Kehm seine (wie Anm. 9); Hans J. Weitz: Hannes KOpper (wie Memoiren,2 ein Titel, der auch Ober Ohms Le­ Anm. 7). benswerk stehen könnte. Ohm gehört in diese Reihe der Rundfunkmitarbeiter der damals »jungen Generation«, die wie Gerhard Prager, Manfred Haberlen, Gerhard Rentzsch, Wilhelm Walter Ohm (1915 -1997) Semmelroth, Kurt Wilhelm, Gert Westphal und viele andere, zwischen 1915 und 1925 geboren, Einer der markantesten Regisseure des Hör• in den Nachkriegsjahren zu einer lebenslangen spiels in der bundesrepublikanischen Nach­ Rundfunkkarriere ansetzten. Walter Ohms Le­ kriegszeit ist tot. Am 10. September 1997 ver­ benswerk beschrankte sich zwar »nur« auf das starb Walter Ohm im Alter von 83 Jahren in Hörspiel, aber von 1946 an bis zu seinem Ru­ Westre bei Husum. Der 1915 in Greifenberg in hestand 1980 drückte er als Hausregisseur des Pommern geborene Hörspielmacher begann Münchner Senders einer großen Zahl von Pro­ nach seinem Abitur in Berlin ein Studium der duktionen seinen Stempel auf. Theaterwissenschaften, Kunstgeschichte, Ger­ Kennzeichen des als Perfektionisten c..u cha­ manistik und Psychologie. Seine Liebe galt je­ rakterisierenden Regisseurs war die Bemühung doch sehr bald dem Theater. Er besuchte die um eine ideale Besetzung. Immer wieder waren Schauspielschule des Deutschen Theaters in große und funkisch gute Stimmen unter Walter Berlin, debütierte als Regieassistent bei Heinz Ohm zu hören. Die Einspielung von »Dantons Hilpert am Schiller-Theater, bevor er 1936/37 an Tod« 1948 beispielsweise mit Fritz Kortner in der die Bayerische LandesbOhne nach MOnehen Titelrolle gehört zu den Klassikern der Münchner wechselte. Auch wahrend des Krieges noch Rundfunkstation aus der unmittelbaren Nach­ konnte der junge Mann Rollen auf den Bühnen• kriegszeit. Damit verbunden war für Ohm die brettern von KdF-Veranstaltungen übernehmen, Vorstellung, ein dichterisches Sprachkunstwerk bevor er zum Kriegsdienst abkommandiert wur­ im akustischen Medium bestmöglich zu präsen• de. tieren. »Er versucht die Worte des Dichters bild­ Der Beginn seiner Hörfunkkarriere fiel mit der haft werden [zu] lassen«, hieß es in einem Por­ vermeintlichen »Stunde Null« des Rundfunks im trat Walter Ohms in der Zeitschrift »Hören und amerikanisch besetzten München zusammen. Sehen« vom 4. Juli 1954. Zu diesem Regiekon­ Der damals 31jahrige Ohm wollte- wie so viele zept konnte auch die Hörspielmusik ihren Beitrag im Trümmerdeutschland - neues, aufkläreri• leisten. Ohm arbeitete häufig mit dem Komponi­ sches, ambitioniertes Theater machen. ln einem sten Mark Lothar zusammen, der in MOnehen ab Interview erzählte er 1992, wie er 1945 durch 1945 als musikalischer Leiter des Staatsschau­ Monehen lief, um eine geeignete Spielstätte zu spiels wirkte. Seine orchestralen Untermalungen finden.1 Auf den amerikanischen Kulturoffizier akzentuieren viele SR-Produktionen aus dieser bei Radio München, Klaus Brill, aufmerksam Zeit, indem sie den Imaginationsraum mit musi­ gemacht, wollte ihm dieser zunächst helfen, die kalischen Ausdrucksmitteln weiterführen. Der ehemalige Expressguthalle für seine Plane zu­ Vergleich der Münchner Neuproduktion von gewiesen zu bekommen. »Doch bei einer dieser Wolfgang Borcherts »Draußen vor der TOr« Bequatschungen« - so Ohm schnoddrig - »hieß (1948) etwa mit der nur wenige Monate vorher in es dann, sagen Sie 'mal, was is'n eigentlich, Miszellen 249

Harnburg entstandenen Hörspielinszenierung hen Kindes, das nun, im noch jugendlichen Alter macht dies besonders deutlich. von 30 Jahren, dem Koma entkommen, zwar Schließlich müssen die Namen zweier nicht für die nachste Tour de , sondern Schriftstellernamen herausgehoben werden, mit erst mal, nicht zögerlich, sondern vorsichtig, für denen Walter Ohm in ganz besonderer Weise eine große Berlin-Rundfahrt trainiert. Erste Teil­ zusammenarbeitete: die beiden Schweizer Auto­ etappe ist die Strecke von Charlottenburg nach ren Max Frisch und Friedrich Dürrenmatt Wenn Adlershof, namlich ins Depot. es nach Ohm gegangen ware, hatte Frischs Der Patient hatte keine Mutter, aber viele Hörspieldebüt in Bayern noch vor der Gründung Vater: Etwa 20 Manner vom Rundfunk, aus der des öffentlich-rechtlichen Bayerischen Rund­ Industrie, von der Freien Universitat Berlin und funks stattgefunden, doch das Ergebnis eines anderen historisch ambitionierten Kreisen zeug­ Treffens am Bodensee wollte nicht in die poli­ ten es 1964 und nannten diesen Zeugungsvor­ tisch und künstlerisch damals eher zurückhal• gang verseharnt »Gründung eines Vereins«. Sie tenden Hörspielplane passen. Erst spater ge­ konnten den Sender Freies Berlin (SFB) als Pa­ langten die Frisch-Inszenierungen von »Rip van tenonkel gewinnen, der den Vatern zur Geburt, Winkle« (1953), »Die chinesische Mauer« d.h. zur Eröffnung des Museums am 24. August (1955), »Eine Lanze für die Freiheit« (1955) und 1967, das Haus seines bisherigen Senders »Nun singen sie wieder« (1960) durch Walter Witzleben als Geschenk, namlich mietfrei, zur Ohm ins Programm. Ohm inszenierte auch Dür• Verfügung stellte. Die ganze Stadt freute sich, renmatts »Nachtliches Gesprach« (1952), »Stra­ Alfred Braun hielt die Taufrede, und der Kreis nitzky und der Nationalheld« (1954), »Unterneh­ der guten Vater und Onkel gelobte öffentlich, das men der Wega« (1955), »Die Panne« (1956), Kind auf einen guten Weg zu bringen, der da »Herkules und der Stall des Augias« (1956) und hieß: alles zu erforschen, zu sammeln und aus­ »Besuch der alten Dame« (1957). zustellen, was zur deutschen Rundfunkgeschich­ Diese über dreieinhalb Jahrzehnte wahrende te unter bildungspolitischen Aspekten auszusa­ programmpragende Arbeit des Regisseurs, der gen der Öffentlichkeit zurnutbar war. Festgehal­ 1980 in den Ruhestand ging, sollte in der Hör• ten in einer »Satzung« genannten Geburtsur­ spielgeschichte nicht vergessen werden. Studien kunde wurde auch, daß sich diese deutsche zu einzelnen Regisseuren oder auch zu Drama­ Rundfunkgeschichte nicht nur in Berlin abge­ turgien und zu deren speziellen Handschriften - spielt habe, sondern es auch gelte, die anderen eines der vielen Desiderate der hörspielge• »deutschen Gaue und Landsmannschaften« zu schichtlichen Forschung Ober die 50er und 60er berücksichtigen. Als Erziehungsberechtigte wirk­ Jahre - machen sich wieder einmal besonders te ein fünfköpfiger ehrenamtlicher Vorstand, der bemerkbar. für die taglieh anfallende Versorgung Personal Hans-Uirich Wagner, Wiesbaden einsetzte: Direktor, Techniker, Sekretarin, Biblio­ thekarin, zwei Aufsichtskrafte. Um das Personal 1 Walter Ohm im Interview mit dem Verfasser in zu bezahlen, wurde eine betuchte Tante gewon­ München, 28.9.1992.- Hiernach viele der folgen­ nen, die damals so benannte Senatsverwaltung den Zitate und Informationen. für Wissenschaft und Kunst. Und die alimentierte 2 Peter Kehm: Vorübergehend lebenslänglich ... gar nicht so schlecht: um die DM 120 000,- pro Ganz persönliche Erinnerungen aus 40 Rundfunk­ Jahr- und das in den 60er Jahren! jahren- und einigen davor. Stuttgart 1990. Das Kleinkind konnte sich nicht wehren: Es zeigte alles, was es an Röhren und Kondensato­ ren zu bieten hatte, stammelte also seine ersten Laute nur dem technisch vorgebildeten Besu­ Das Deutsche Rundfunk-Museum cher-Onkel vor und mußte zulassen, daß an sei­ Das Auf und Ab einer Berliner Institution ner Herkunft herumretuschiert wurde: Von allen Referat auf der Jahrestagung politischen Geraten der Nazizeit wurde das Ha­ des Studienkreises in Potsdam kenkreuz abgekratzt, Literatur aus und Ober die tausendjahrige Herrschaft war so gut wie nicht Bis vor einigen Jahren hieß das noch existieren­ vorhanden. DafOr Köpfe, bzw. Basten um so de Haus, dessen Leiterin ich bin, Deutsches mehr: Köpfe der Technik (Ferdinand Braun, Rundfunk-Museum. Jetzt nennen wir uns dem Heinrich Hertz u.a.) und Köpfe des Widerstands. Zeitgeist entsprechend: DRM. Parallel zur Ver­ Der regte sich schon nach fünf Jahren, 1972, kürzung des Namens lief die Beschrankung der auch bei der reichen Tante, und die zustandige finanziellen Mittel, wobei sich die Aktivitaten Senatsverwaltung sah sich angesichts des aku­ vermehrten. Wer da meint, dies grenze an ein ten Kratteschwunds des Kindes, namlich aus­ Wunder, trifft den Kern. Die Geschichte des Mu­ bleibenden Besuchern, gezwungen, ihre mildta­ seums ist die eines ewig krankelnden, aber za- tigen Gaben einzustellen. Da wiederum erhoben 250 Rundfunk und Geschichte 23 (1997) sich allenthalben die Bedenkenträger, denn 1973 kränkelnden Patienten war ein kraftstrotzender sollte groß und lautstark an die 50jahrige Ge­ junger Mensch geworden. schichte des Rundfunks, die der erstmals auf der Dem wurde bald das Haus zu eng, außerdem Intensivstation liegende kleine Patient themati­ tropfte es durchs Dach, und im Untergeschoß sierte, erinnert werden. Zu diesem Anlaß hatten bekam man nasse FOße. Sanierung und Umbau sich auf dem Berliner Messegelände unter dem des maroden Gebäudes zogen sich vier Jahre Funkturm zahlreiche Gaste aus dem ln- und hin: 1984 angedacht, 1988/89 ausgeführt. Der Ausland angesagt: Die 29. Funkausstellung, die Grund hierfor war, daß unsere drei großen Part­ zweite Internationale, konnte keinem toten Re­ ner, Senat, Messe Berlin und ARD, sagten: Wir präsentanten deutscher Rundfunkgeschichte die engagieren uns, wenn die anderen es auch tun. Ehre erweisen, und man setzte erstmals mittels Und so etwas dauert, immer wieder kam eine einer Totaloperation auf arztliehe Hilfe: Der Pati­ Sommerpause dazwischen. Wir zeichneten in­ ent erhielt eine 1OOprozentige Bluttransfusion in zwischen Plane, entwickelten eine Konzeption Gestalt eines neuen und jüngeren Vorstands­ und leisteten Überzeugungsarbeit Und schließ• personals, der mich im Februar 1973 als freibe­ lich konnte das rundum erneuerte Haus zur In­ rufliche wissenschaftliche Mitarbeiterin holte. ternationalen Funkausstellung 1989 feierlich er­ Bald kam ein junger SFB-Redakteur, Ulrich öffnet werden. Der Geschäftsfahrer der Messe Thiele, als Geschäftsfahrer im Nebenamt, ein Berlin sagte damals, das Museum sei auf dem neuer Techniker und eine kaufmännische Kraft Messegelände ein kultureller Brilliant und er fOrs Boro hinzu. Auch die beiden Aufsichtskräfte, werde alles zu seinem Erhalt und weiteren Aus­ die zusammen 166 Jahre zahlten, wurden gegen bau tun. Denn die Sanierung war nur Bauphase eine professionelle Firma ausgetauscht. Und vor eins, in Bauphase zwei sollten wir bis zum Jahr allem die Arbeits- bzw. Lebenskonzeption des 1993 einen Erweiterungsbau von rd . 1 000 qm Patienten bekam neue Konturen: Es wurde ein erhalten. Konzept fOr eine Dauerausstellung entwickelt, in Doch dann kam die Wende, und fOr uns der nicht mehr technische Entwicklungen im ging's bergab. Erst wurde der Erweiterungsbau Vordergrund standen, sondern der Rundfunk im zu den Akten gelegt, dann schied 1993 der SFB Kontext der Zeitgeschichte, d.h. der gesell­ aus dem Mietverhältnis mit der Messe Berlin schaftlich-politischen Entwicklung Deutschlands. aus, und die kündigte uns die mietfreie Überlas• Nach einer entscheidenden Organspende der sung des Gebäudes. Entweder wir zahlen ab Deutschen Bundespost 1974 kräftigte sich der 1995 eine Miete in Höhe von rd. DM 200 000,­ Patient. Wir erhielten den Erlös aus dem Brief­ im Jahr oder wir ziehen aus. Da wir die Miete markensonderdruck »50 Jahre Rundfunk in nicht aufbringen können, senkte vorsorglich die Deutschland«, verbunden mit einem Rahmenan­ Senatskulturverwaltung die schon 1994 auf DM lageplan, beispielsweise wissenschaftliche Arbei­ 150 000,- gekürzte Subvention ab 1996 auf Null. ten zu fördern (Druckkostenzuschuß fOr zwei Den Auszug konnten wir um zwei Jahre hinaus­ Bacher des Studienkreises), die Archive des schieben, da sich der (alte) Kutursenator zur ef­ Museums zu systematisieren, einen Bestandska­ fektiveren Verwaltung der Berliner Museen eine talog herauszubringen, das Untergeschoß fOr besondere Konstruktion ausgedacht hatte: meh­ Sonderausstellungen herzurichten. Was wir rere Museen unter dem Dach einer Stiftung. Zur dann auch mit Elan angingen: Der erste Katalog Stiftung Stadtmuseum kam es noch in der alten erschien 1975, im gleichen Jahr die erste Son­ Legislaturperiode, zur Stiftung Museum fOr Ver­ derausstellung (»Rundfunk in aller Welt« - eine kehr und Technik, in die wir hatten integriert Darstellung und Analyse verschiedener Rund­ werden sollen, unter dem neuen Kultursenator funksysteme), die erste Publikation 1977 (meine nicht mehr. Das Museum fOr Verkehr und Tech­ Dissertation Ober den Rundfunk in der DDR). Wir nik hatte gern unseren Fundus »in Obhut ge­ haben, auch 1975, zusammen mit SFB und nommen«, aber fOr den Tragerverein und die RIAS Berlin eine erste Schallplatte in Kunst­ Mitarbeiter sah man keine Verwendung. Im kopfstereofonie herausgebracht, der SFB nutzte Sommer 1996 sind alle Verhandlungen geschei­ regelmäßig das Museum als großes Studio fOr tert. Live-Produktionen. Die Resonanz blieb nicht Inzwischen hat uns die Stiftung Deutsches aus: Die Besucherzahlen vergrößerten sich auf Rundfunkarchiv nicht nur Depotflache und 60 000 im Jahr, der Tragerverein fand Zuspruch Adresse in Adlershof angeboten, sondern auch durch neue zahlungskräftige und juristische engere Zusammenarbeit. Es wird noch daran Mitglieder, z.B. alle ARD-Anstalten, lndustriefir­ gearbeitet, wie die konkret aussehen wird. Auch men, und bei jeder Eröffnung einer Sonder­ mein Traum bzw. Wunsch von einer neuen ausstellung fand sich der jeweilige Kultursenator Ausstellungsflache am Fuße eines anderen gern zu einer Ansprache ein. Kurz, aus dem Turms in Berlin hat bisher noch nicht die offizielle Miszellen 251

Form der Verkündigung angenommen, aber wie Im Zuge einer kontinuierlichen retrospektiven gesagt: Wir trainieren fOr eine Berlin-Rundfahrt! Dokumentation hat das DRA bereits einen be­ . Die jetzige Ausstellungsflache unterm Funk­ achtlichen Schritt zur Aufarbeitung des Hörspiel• turm betragt 650 qm, hinzu kommt ein Fernseh­ angebots in Deutschland geleistet, die Phase der studio von 100 qm. Wir, das sind derzeit zwei­ unmittelbaren Nachkriegszeit (1945-1949) inzwi­ einhalb Mitarbeiter, haben bisher jährlich eine schen dokumentiert und Ober eine kürzlich er­ Sonderausstellung inklusive Katalog realisiert; schienene Publikation der Öffentlichkeit zugang­ .seit 1992 publizieren wir monatlich das »Archiv lieh gemacht.1 Außerdem schließen die Doku­ des Rundfunkmuseums«. Die Bibliothek umfaßt mentationsarbeiten des DRA am Standort Berlin rund 3 500 Bande und Zeitschriften, das Fotoar­ auch die Hörspiele bis 1952 ein, so daß ab 1953 chiv rund 4 000 Motive. Der Exponatefundus bis Mitte der 60er Jahre - nach vorsichtiger wurde von »Ballast« befreit und im Zuge des be­ Schätzung - etwa 2 000 ostdeutsche Hörspiel• vorstehenden Auszugs auf rund 1 000 Einzel­ produktionen, einschließlich der Kinderhörspiele, stocke reduziert. Der Tragerverein hat augen­ innerhalb des Projekts neu zu dokumentieren blicklich 204 Mitglieder, der von einem fOnfköpfi• sind. gen, ehrenamtlichen Vorstand repräsentiert wird. Über diesen Bestand von 2 000 Produktionen Heide Riede!, Berlin hinaus sollen jedoch auch die westdeutschen Hörspiele nicht aus dem Blickfeld geraten: Für den Zeitraum von 1950 bis Mitte der 60er Jahre ist fOr die ARD-Rundfunkanstalten von minde­ Hörspiele der 50er und 60er Jahre stens 4 500 Hörspielen auszugehen, die noch zu Dokumentationsprojekt an der dokumentieren sind. Die LOcke von 1950 bis Universität Osnabrück 1954 wird arbeitsteilig parallel zur Projektarbeit der Universität Osnabrück vom DRA geschlos­ Ein Projekt zur Erschließung des Hörspielange• sen werden. Samtliehe ermittelten Daten werden bots in Deutschland wahrend der 50er und 60er in der Datenbank des DRA nachgewiesen, so Jahre ist von der Stiftung Volkswagenwerk an daß sie bereits während der Laufzeit des Pro­ die Universität Osnabrück, Fachbereich 7, Ar­ jekts fOr Recherchezwecke abrufbar sind. beitsstelle Medienforschung, vergeben worden. Es startet im Dezember 1997 fOr eine Laufzeit Um Reibungsverluste zu vermeiden, wird die von zweieinhalb Jahren. Unter der Projektleitung Datenerhebung und -erfassung innerhalb des von Prof. Dr. Wolfgang Becker werden zwei wis­ Projekts sich an den bestehenden Standards senschaftliche Mitarbeiterinnen (Rolf Geserick, des DRA orientieren - auch im Hinblick auf eine Carmen Vosgröne) und entsprechende Hilfskräf• spätere Publikation der Ergebnisse in der te die bisher geleistete Arbeit des Deutschen Schriftenreihe des DRA oder auf CD-ROMs. Rundfunkarchivs (DRA) in Frankfurt am Main Über die Erhebung dieser .Basisdaten" hinaus und Berlin für die Dokumentation des Hörspiels ist geplant, ergänzende Informationen zum tex­ unterstützen, fortführen und - im Bereich der zu tuellen Umfeld oder weitere Kontextdaten zu be­ erfassenden Daten - erweitern. rücksichtigen. Hierunter sind Textmaterialien des Vorrangig wird sich das Projekt auf die voll­ Produktions- wie des Rezeptionsprozesses zu ständige Erfassung, Erschließung und Doku­ verstehen, also Materialien zur Planung, Reali­ mentation der Hörspiele des staatlichen Rund­ sierung und Ausstrahlung eines Hörspiels sowie funks der DDR für die Zeit von Anfang der 50er zu dessen Resonanz, wie Rezensionen, Preis­ bis etwa Mitte der 60er Jahre konzentrieren. Ge­ verleihungen, Programmaustausch und Weiter­ rade dieser Zeitraum stellt eine rundfunkge­ verarbeitung des Ursprungstextes zu Fernseh­ schichtlich bedeutsame Phase dar, in der der spiel, Theaterstock oder Buchpublikation. Au­ Hörfunk Leitmedium der west- und ostdeutschen ßerdem ist vorgesehen, neben den Basis- und Alltagskultur war und die als Blütezeit des Hör• Kontextdaten auch - soweit vorhanden und zu­ spiels gilt. Danach löste das Fernsehen - wie zu­ gänglich - die Hörspieltexte selbst zu erfassen vor bereits im Westen - auch im Osten und zu erschließen. Deutschlands den Hörfunk in seiner Vorrangstel­ Mit der umfassenden Dokumentation wird ei­ lung ab, trat das Fernsehen die Nachfolge des ne grundlegende Voraussetzung fOr die Erfor­ Radios besonders in den Abendstunden als schung des Hörspiels in seinen unterschiedli­ Familien- und Unterhaltungsmedium an. Nam­ chen Realisationen unter rundfunkgeschichtli­ hafte Schriftsteller zogen sich - im Westen wie chen wie allgemein historischen und mentalitäts• im Osten - von der Hörfunk- und damit auch geschichtlichen Fragestellungen geschaffen: Hörspielarbeit zurück und wanderten zum neuen Hörfunk im allgemeinen als wesentlicher Be­ und wohl lukrativer erscheinenden Auftraggeber standteil der Nachkriegskultur und die Gattung Fernsehen ab. Hörspiel im besonderen - auch als Teil der Lite- 252 Rundfunk und Geschichte 23 (1997) raturgeschichte - werden durch eine systemati­ Die nachste internationale Jahrestagung der sche Quellenarbeit zuganglich gemacht. IASA wird voraussichtlich Anfang November Carmen Vosgröne, OsnabrOck 1998 in Paris stattfinden, federführend organi­ siert durch die Bibliotheque Nationale de France. 1 Vgl. Deutsches Rundfunkarchiv (Hrsg.): Hörspiel Aus Anlaß des 100jahrigen Grondungsjubilaums 1945- 1949. Eine Dokumentation. Potsdam 1997. des Phonogrammarchivs der Österreichischen Akademie der Wissenschaften wird vermutlich Wien im September 1999 Veranstaltungsort der IASA-Tagung sein. Internationale Jahrestagung der IASA Anke Leenings, Frankfurt am Main 1997 in Muscat (Oman)

Die diesjahrige Jahrestagung der Internationalen Vereinigung der Schall- und audiovisuellen Ar­ Jahrestagung der IASA-Ländergruppe chive {IASA) fand zum ersten Mal in einem Land Deutschland/Deutschschweiz 1997 der arabischen Welt statt, in der Hauptstadt des in Basel Sultanats Oman, in Muscat, vom 4. bis 9. Okto­ ber 1997. 63 Teilnehmer aus 22 Landern- das Die diesjahrige Jahrestagung der JASA-Landar­ ist eine Bilanz, die sich zumindest hinsichtlich gruppe Deutschland/Deutschschweiz fand, fe­ der Bandbreite der vertretenen Lander sehen derführend organisiert durch das Studio Basel lassen kann, auch wenn die Teilnehmerzahl des Schweizer Radio DRS, vom 31 . Oktober bis selbst zu wünschen Obrig ließ. Erstmalig waren 2. November 1997 in Basel mit 38 Teilnehmern auch Vertreter aus Zimbabwe, Kenia und Uru­ aus Deutschland, der Schweiz und Österreich guay bei einer IASA-Tagung vertreten. Organi­ statt. siert wurde die Konferenz federfahrend durch Folgende Themenschwerpunkte standen auf das Oman Centre for Traditional Music (OCTM) der Tagesordnung: mit nicht nur finanzkraftiger Unterstatzung sei­ »Benutzerfreundlichkeit in institutionellen Ar­ tens des Ministeriums fOr Information des Sulta­ chiven« mit einem Bericht über die Arbeitssit­ nats von Oman. Der Adviser des OCTM, Dr. Js­ zung der AG-Tondokumente auf der Tagung der sam EI-Mallah, wurde vom Deutschen Rund­ Fachgruppe 7 des Vereins deutscher Archivare funkarchiv Frankfurt am Main - Berlin bei der am 30. April1997 in Berlin; vorbereitenden organisatorischen Abwicklung :.Vom Tantrager zum ewigen Datensatz« mit der Tagung (Anmeldeverfahren etc.) unterstatzt einer ausgesprochen kontrovers geführten, in­ Der Eröffnungsvortrag von Michael Harms, tensiven Diskussion; Südwestfunk Baden-Baden, widmete sich dem »Bewahrung von Privatsammlungen - Bewer­ Dilemma der Archive zwischen Stagnation und tung von Nachlassen«; Kommerzialisierung und verdeutlichte die Situa­ »Prasentation Schweizer Sammlungen und/ tion dieser Einrichtungen an der Schwelle zum oder Dokumentationen«: mit der Titeldatei der Multimedia-Zeitalter. Im Mittelpunkt der Arbeits­ SRG-Musikdatenbank, der Tantragersammlung sitzungen stand die Bewahrung audiovisueller der Zentralbibliothek Zürich, dem Projekt :.Mesu­ Dokumente, insbesondere unter problemati­ res d'urgence« der Fonoteca Nazianale bzw. schen klimatischen Bedingungen, wie sie sich dessen Umsetzung beim Schweizer Radio DRS, nicht nur in arabischen, sondern auch in anderen der Popularmusik-Dokumentation des Schweizer Landern der Dritten Welt darstellen. Ein weiterer Radio DRS, der schweizerischen Mediendaten­ Themenschwerpunkt war der Aspekt der Bewah­ bank. Aus dem Bereich der Privatsammlungen rung des audiovisuellen Kulturerbes Oberhaupt: wurden Tondokumente aus dem Ersten Welt­ Hier kamen sowohl Janderspezifische Initiativen krieg und die Sammlung des Schweizer Jazz­ wie beispielsweise das Schweizer Projekt ME­ museums vorgestellt sowie zur Schweizer MORIAV zur Sprache, aber auch europaische Schallplattenforschung 1901 bis 1950 unbekann­ oder gar Obergreifende internationale Projekte, te frOhe Aufnahmen mit Schweizer Interpreten. wie das UNESCO-Programm »Memory of the DarOber hinaus war Gelegenheit, die Paul world« und anderes. Exkursionsschwerpunkte Sacher Stiftung mit ihren umfangreichen Nach­ waren die audiovisuellen Archive im Sultanat von Jassen zeitgenössischer Komponisten und Musi­ Oman, hier insbesondere die Archive des oma­ ker zu besichtigen. nischen Radios und Fernsehens. Daneben gab Im Rahmen der Mitgliederversammlung wur­ es aber auch immer wieder Gelegenheit, sich mit de das Ergebnis der vorher schriftlich durchge­ der traditionellen Musik im Sultanat von Oman führten Vorstandswahlen bekannt gegeben: Da auseinanderzusetzen bzw. diese Oberhaupt die Wahl eines Vorsitzenden mangels Kandida- kennenzulemen. Miszellen 253 ten nicht zustande kam, erklarte sich Kurt Deg­ Gurkha-Regimenter wurde Hongkong. Damit geller von der Schweizerischen Landesphono­ verbunden war die Verlegung der Gurkha-Sek­ thek in Lugano bereit, für ein Jahr interimistisch tion des britischen Militärrundfunks aus Singa­ den Vorsitz der Landergruppe zu übernehmen. pur. Ende 1971 - der Militarrundfunk im Stadt­ Vizeprasidenten wurden Rainer E. Lotz aus staat (seit 1966: »BFBS Singapore«) sendete zu Bonn, Ulrich Duve vom Klaus-Kuhnke-Archiv in diesem Zeitpunkt nur noch im Ein-Mann-Betrieb2 Bremen und Markus Erni vom Schweizer Radio - wurde das aus zwei Nissenhotten bestehende DRS, Studio Basel. Detlef Humbert vom Süd• provisorische Hongkonger Sendezentrum im Tal deutschen Rundfunk in Stuttgart als Sekretar von Sek Kong in den »New Territories« in Be­ und Klemens Helmholz vom Südwestfunk Ba­ trieb genommen. Die Ausstrahlungen erfolgten den-Baden als Schatzmeister wurden in ihren nunmehr auch Ober Ultrakurzwelle. Im Dezem­ Amtern bestatigt. ber 1974 wurde am selben Ort ein neu erbauter, Die nachste Jahrestagung der Landergruppe großzügig ausgestatteter Studiokomplex einge­ Deutschland/Deutschschweiz findet voraussicht­ weiht.3 lich am ersten Novemberwochenende 1998 im Die Sendezeiten beschrankten sich zunächst Deutschen Literaturarchiv in Marbach statt. auf nur wenige Stunden pro Tag. Für Sendungen Anke Leenings, Frankfurt am Main in Nepali entwickelten sich der Heimatstützpunkt der Gurkhas, Dharan in Nepal, sowie die BFBS­ Station im Sultanat Brunei (ab 1979) zu »Außen• posten« von BFBS Hong Kong. Der Sender war Abschied von Hongkong der größte Anbieter nepalisprachigen Hörfunks BFBS schließt Studio in der Kronkolonie außerhalb Nepals. Englische Sendungen wurden 1977 ins Programm genommen - zunächst zwei Am 1. Juli 1997 übergab die britische Krone die Stunden taglich. 1978 kamen zweisprachige Pro­ Kolonie Hongkong an die Volksrepublik China. duktionen hinzu, nicht zuletzt, um die englischen Mit einem symboltrachtigen Staatsakt um Mitter­ Sprachkenntnisse der Gurkhas zu verbessern. nacht, live in alle Wett übertragen, endete die Rund 90 Prozent der Programme in Nepali wa­ 156jahrige Kolonialgeschichte der Handelsme­ ren Eigenproduktionen von BFBS Hong Kong, tropole. Der Machtwechsel schloß auch ein klei­ die Obrigen zehn Prozent wurden von der Regie­ nes Kapitel Rundfunkgeschichte. Der Abzug der rung in Kathmandu zur Verfügung gestellt. An­ letzten britischen Truppeneinheiten beendete 45 fang der 80er Jahre wurden pro Woche 28 Stun­ Jahre britischen Militärrundfunks in der ehemali­ den in Nepali, 16 Stunden in Englisch und 16 gen Besitzung. Am späten Abend des 30. Juni Stunden zweisprachig gesendet.4 ln der übrigen 1997 ging die letzte Sendung des »British For­ Zeit wurde das (per Satellit angelieferte) BFBS­ ces Broadcasting Service (Hong Kong)« (BFBS) Mantelprogramm aus dem Londoner Stamm­ über den Äther. haus übernommen. Der Abzug der Gurkha­ Der Entstehungszusammenhang der kleinen Regimenter 1996 brachte die Einstellung des Station erscheint ungewöhnlich und spiegelt mili­ Nepali-Dienstes mit sich. 5 ln den letzten Mona­ tärische Traditionen, aber auch den allmählichen ten seines Bestehans sendete BFBS Hong Kong Niedergang des Empire wider. Die Wurzeln von ausschließlich in englischer Sprache; der Um­ BFBS Hong Kong sind in Singapur und Malaysia fang der Eigenproduktionen betrug rund vier zu suchen, die Sendesprache war hauptsachlich Stunden am Tag. Es galt nur noch wenige hun­ nicht Englisch, sondern - Nepali. 1952 wurde in dert Soldaten mit Musik und Information zu ver­ Hongkong eine Mittelwellen-Relaisstation einge­ sorgen. richtet, die Sendungen für Soldaten der nepali­ Die sino-britische »Gemeinsame Erklärung« schen Gurkha-Brigade übertrug. Die Angehöri• von 1984 Ober die Übergabe Hongkongs an die gen dieser seit 1815 bestehenden Sondertruppe Volksrepublik China hatte auch der BFBS-Nie­ im Dienste des britischen Heeres kämpften seit dertassung in der Kolonie ein festes Datum zum Anfang der 50er Jahre in der britischen Besit­ Abschiednehmen gesetzt. »The End of Empire« zung Malaya gegen Aufstandische. Organisato­ stand an, wie das Motto vom Tag des Souverani­ risch gehörte der Hongkonger Sender zur »For­ tatswechsels ironisch vermerkte - oder auch: ces Broadcasting Unit« in der Kolonie Singapur, »Hongkers« (wie die britischen Soldaten die die die Commonwealth-Truppen der Region mit Stadt des »duftenden Hafens« scherzhaft-knapp Programmen in ihren Heimatsprachen versorg­ nannten) »goes bonkers«. te.1 Die letzte Sendung von BFBS Hong Kong Im Zuge der staatlichen Unabhängigkeit Sin­ ging am 30. Juni von 20.00 bis 22.00 Uhr Orts­ gapurs (1963/65) wurden die dortigen britischen zeit in den Äther: »Disconnect Hong Kong«, eine Truppen ab 1970 stark reduziert. Neuer Haupt­ Sondersendung, die an diesem Tag das werk­ stOtzpunkt der insgesamt 7 000 Mann starken tagliche Magazin »Connect UK« (aus der Lon- 254 Rundfunk und Geschichte 23 (1997) doner Zentrale) ersetzte und von samtliehen Vgl. Doreen Taylor: A Microphone and a Frequen­ BFBS-Stationen weltweit Obernammen wurde. cy. Forty Years of Forces Broadcasting. London Da das Sendezentrum in Sek Kong bereits 1983, s. 159 u. 186. sechs Wochen zuvor abgebaut worden war, prä• 2 Das BFBS-Studio Singepur wurde 1975 ge­ sentierte Moderator Damian Watson die Show schlossen. aus einem Provisorium auf dem Parkplatz der 3 Vgl. Alan Grace: Sattledress Broadcasters. Fifty nun fast leeren »Prince of Wales Barracks«: ei­ Years of Forces Broadcasting. Chalfont 1993, S. nem mobilen Einsatzstudio, das dem BFBS be­ 54f. reits im Golfkrieg und in Bosnien gedient hatte. 6 Thematisch drehte sich in der Sendung alles um 4 Taylor: A Microphone (wie Anm. 1), S. 186. den britischen Abzug aus der Kolonie, die Zu­ 5 FOr die inzwischen in England sowie Brunei, kunft der Bewohner und die Vergangenheit der Bosnien und Kroatien stationierten Gurkhas pro­ einst bis zu 30 000 Mann starken Garnison. Die duziert BFBS 1997 wöchentlich rund 80 Stunden Parlamentarier und Bürgerrechtsaktivisten Mar­ Programm in Nepali. tin Lee und Amily Lau wagten einen teils opti­ 6 BFBS-Hörern ist es besser bekannt als »Love mistischen, teils skeptischen Ausblick auf die Shack« (benannt nach dem gleichnamigen Som­ Entwicklung der Demokratie in ihrer Heimat. merhit der >B-52's< von 1990). Humoristischer wurde es mit dem Komiker Ralph 7 »Disconnect Hong Kong«, BFBS Hong Kong, 30. Pixton, der einen nicht ganz nüchternen »austra­ 6. 1997, 20.00-22.00 Uhr (in Deutschland via lischen Kulturattache« in Abschiedsstimmung BFBS 1, 14.00-16.00 Uhr). mimte. Reportage-Ausschnitte von der Rugby­ 8 Ebd. Weltmeisterschaft 1997 in Hongkong erinnerten an sportliche Höhepunkte, alte Jingles und Trai­ ler mit Veranstaltungshinweisen aus der Garni­ son an Zeiten kolonialbritischen Lebensstils, die so nicht wiederkehren. Bei aller Nostalgie hielt sich die Wehmut in Grenzen, berichtet wurde vielmehr vom geordneten ROckzug von Personal und Material. ln Interviews wahrten OffiZiere professionelle Contenance samt »Stift upper lip«. Der letzte Kommandeur der britischen Truppen in Hongkong, Generalmajor Brian Dutton, lobte ausdrücklich die Zusammenarbeit mit der chine­ sischen »Volksbefreiungsarmee«. Lieder wie »Wishful Thinking« von >China Crisis<, »Over the Borderline« von Madonna und »The Final Count­ down« von >Europe< lieferten den augenzwin­ kernden »beat of the retreat«.7 Damian Watson schloß die letzte Sendung des Hongkonger Studios - musikalisch for BFBS äußerst unüblich, aber der Situation durchaus angemessen - mit Edward Elgars königlichem Marsch aus dem Zyklus »Pomp and Circum­ stance«: ein letzter Gruß an die neuen Machtha­ ber. Punkt 22.00 Uhr ging BFBS Hong Kong vom Netz. Unmittelbar danach wurden Studio und Sender abgebaut. Die letzten Soldaten samt der verbliebenen Handvoll BFBS-Mitarbeiter verlies­ sen die Kolonie mit der letzten ausgehenden bri­ tischen Militärmaschine am Morgen des 1. Juli um 3.30 Uhr. Bereits um 6.00 Uhr wurden die Prince of Wales Barracks von einem Voraus­ kommando der »Volksbefreiungsarmee« in Be­ sitz genommen. Mehr als die Immobilie wurde den neuen Herren der »Sonderverwaltungs­ zone« nicht übergeben. »BFBS Hong Kong - would the last one out please turn off the ra­ dio!«a Oliver Zöllner, Köln Rezensionen

Karl Christlan Führer So findet sich im Buch eine Analyse der Hörerzu• Wirtschaftsgeschichte des Rundfunks sammensetzung. Sie gestattet fundierter als bisher in der Weimarer Republik. die Funktion des Mediums im Rahmen der Weimarer (= Veröffentlichungen des Deutschen Massenkultur zu beschreiben. Indem das Buch her­ Rundfunkarchivs, Bd. 6). vorragende Einsichten in die ökonomischen Zusam­ Potsdam: Verlag für Berlin-erandenburg 1997, menhänge in enger Verbindung von Kultur und Ge­ 240 Seiten. sellschaft vermittelt, legt es auch die Basis für weitere Forschungen massenkultureller Prozesse der Weima­ Wirtschaftshistorische Fragestellungen spielen inner­ rer Republik unter dem Blickwinkel ihrer wirtschaftli­ halb mediengeschichtlicher Forschungen in Deutsch­ chen Voraussetzungen. land noch immer eine eher untergeordnete Rolle. Um Für diese komplexe Darlegung kam dem Autor so höher ist es zu bewerten, daß erstmals ein eigen­ zugute, daß er erstmals d.ie lange Zeit unzugängli• ständiger Band zur Wirtschaftgeschichte des Rund­ chen Akten der Deutschen Revision- und Treuhand funks in der Weimarer Republik publiziert wurde. AG im damaligen Zentralen Staatsarchiv der DDR in Wenn dies auch im Vorwort nicht explizit erwähnt Potsdam einsehen und auswerten konnte. Dieser für wird, so ist doch nicht zu übersehen, daß der vorzu­ wirtschaftshistorische Forschungen sehr wichtige stellende Band mit den beiden ebenfalls in diesem Bestand ergänzt wesentlich die über die Bundesre­ Jahr beim Deutschen Taschenbuch Verlag erschie­ publik zerstreut lagemden Rundfunkakten und bün• nen Bänden zur »Programmgeschichte des Hörfunks delt wesentliches Zahlenmaterial. Obwohl die Konten in der Weimarer Republik«, herausgegeben von Joa­ der Sendegesellschaften im Laufe des Untersu­ chim-Felix Leonhard, inhaltlich in hohem Maße korre­ chungszeitraumes mehrfach geändert wurden, erlau­ spondiert. Das exzellent geschriebene Buch von Karl ben die hier vorhandenen Übersichten genauer als Christian FOhrer informiert ausführlich über die wirt­ bisher, Ober alle betriebswirtschaftliehen Verände• schaftlichen Probleme zwischen den Sendegesell­ rungen Auskunft zu geben. schaften und der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft, Ober Wolfgang MOhi-Benninghaus, Berlin die Rundfunkindustrie, die Teilnehmerentwicklung des Rundfunks und ihre Bedingungsfaktoren und Vgl. z.B. Peter Czada: Die Berliner Elektroindu­ damit über den Weg des Rundfunks zum Massenme­ strie in der Weimarer Zeit. Eine regionalstati­ dium, Ober die Einnahmen sowie die Ausgaben der stisch-wirtschaftshistorische Untersuchung. Berlin Sendegesellschaften, über die Programmkosten und 1969, s. 162 u. 193. die »Nebengesellschaften der Privataktionäre«. Ein relativ ausführlicher Exkurs ist schließlich der Rund­ funkreklame vorbehalten. Peter Paul Kubltz Schon die Gliederung läßt erkennen, daß der An­ Der Traum vom Sehen. satz des Autors bereits auf die Darstellung der ge­ Zeitalter der Televisionen. Katalog zur Ausstellung samten wirtschaftshistorischen Zusammenhänge in im Gasometer Oberhausen, 31. 5. -15. 10. 1997. der Frühphase der Rundfunkentwicklung zielt. Es ge­ Mitarbeit: Doris Erbacher. lingt ihm überzeugend nachzuweisen, daß der Rund­ Amsterdam, Dresden: Verlag der Kunst 1997, funk in der Weimarer Republik ein immer bedeuten­ 239 Seiten. derer ökonomischer Faktor wurde. Dieser Aspekt war nicht nur für die Kulturschaffenden, für die das neue Peter Paul Kubitz und seine zahlreichen Koautoren Medium zu einem wichtigen Mäzen und Arbeitgeber liefern das Begleitbuch zur großen Fernsehretro­ wurde, sondern auch für die Elektroindustrie von Be­ spektive »Der Traum vom Sehen« in Oberhausen. 1 deutung. ln bezug auf letztere hätte ich mir allerdings Diesen großformatigen Band durchzublättern macht eine etwas intensivere Darstellung gewünscht, etwa Spaß und ist ein sinnliches Erlebnis: Er ist vor allem durch die Auswertung der Tabellen von Peter Czada ein Bilderbuch. Typographie, Gestaltung und Layout Ober den Inlandsumsatz an Röhrenempfängern oder sind modernistisch und abwechslungsreich, oft un­ eine genauere Bezifferung der Aufträge der Post für konventionell, teilweise aber auch unübersichtlich - das Funkwesen im Zusammenhang mit dem Groß• darin dem gegenwärtigen Fernsehen nicht unähnlich. senderbau.1 Meines Erachtens wäre auf diese Weise Die Texte sind knapp, pointiert und meinungsfreudig. die wirtschaftliche Bedeutung des Rundfunks noch Präsentiert werden in größtenteils chronologi­ deutlicher geworden, und zugleich hätte man zeigen scher Anordnung zentrale Ereignisse der kollektiven können, daß der wirtschaftliche Abschwung der deut­ deutschen TV-Erinnerung - von den »Schöler• schen und insbesondere der Berliner Elektroindustrie manns«, der Mondlandung, Wolfgang Menges »Ein während der Weltwirtschaftskrise durch die Orientie­ Herz und eine Seele«, Edgar Reitz' Monumentalserie rung auf die Schwachstromtechnik gebremst wurde. »Heimat« bis hin zu den Talkshows und Soap operas Prinzipeil neue Erkenntnisse wären von der Einarbei­ der 90er Jahre. Das Fernsehen der DDR kommt - wie tung dieser Fakten jedoch nicht zu erwarten gewe­ auch in der Ausstellung - nur als Exkurs vor. Kubitz sen. Führers Verständnis von Wirtschaftsgeschichte liefert die (Stand-)Bilder zu schriftorientierten, wissen­ bezieht sich nicht nur auf rein ökonomische Prozes­ schaftlichen Darstellungen der bundesdeutschen se, er stellt auch ihre Bedeutung für die zeitgleichen Femsehgeschichte.2 Die Auswahl dieser Bilder kann sozialen Entwicklungen dar. nur subjektiv und exemplarisch sein, mutet gelegent- 256 Rundfunk und Geschichte 23 (1997) lieh allerdings auch impressionistisch an. Wer be­ 2 Vgl. etwa das fünfbändige Kompendium Ge­ stimmte Filme oder Reportagen seinerzeit nicht ge­ schichte des Fernsehens in der Bundesrepublik sehen hat, kann mit manchem nur äußerst sparsam Deutschland. MOnehen 1993/94, rezensiert in erläuterten Szenenfoto kaum etwas anfangen. Um so RuG Jg. 22 (1996), H. 1, S. 74ff., und RuG Jg. 23 schöner sind dafOr Wolfgang Maria Webers meister­ (1997), H. 1, S. 56ft. haft inszenierte Porträtfotos von beinahe schon le­ gendären Protagonisten der Femsehgeschichte, un­ ter ihnen Peter von Zahn, lrene Koss, Wemer Höfer Gennany Calllng 1939-1945. und Heinz Florian Oertel. Eine besonders liebevolle CD bzw. Musikkassette. Rechercheleistung ist - am Ende des Buches - das Historicus Vox Label. Porträt von lmogen Cohn, jener Dame des Jahrgangs Historie Pubfishing I Fonnan Archive, 1997. 1907, die als junge Frau um 1928 gemeinsam mit ei­ ner Freundin das Motiv für einige der ersten Fern­ Die beiden Editionen zum Ätherkrieg enthalten Aus­ sehbilder überhaupt- Testaufnahmen der Reichspost schnitte aus englischsprachigen Propagandasendun­ - war. Dieses Porträt bildet nicht nur die historische gen, die zwischen 1940 und 1945 von den deutschen Klammer des Buches, es verdeutlicht auch, wie jung Europesendem bzw. vom Deutschen Kurzwellensen­ das Medium Fernsehen im Grunde noch ist: kaum ein der in Richtung Großbritannien und Amerika gesen­ Menschenalter. lmogen Cohns wacher Blick in die det wurden - obwohl unter dem Namen »Germany Kamera des Fotografen ist ein Blick zurück in die Ge­ Calling« nur die Sendungen für die britische Insel zu­ schichte des Mediums: ein äußerst spannender Au­ sammenzufassen sind -, sowie einige Ausschnitte gen-Blick. aus Gesprächen mit Zeitzeugen, die in den 70er und Die Mitherausgeberschaft von Peter Hoenisch, 90er Jahren geführt wurden. Die wichtigsten Spre­ dem ehemaligen Kommunikationsdirektor von RTL, cher des englischen und amerikanischen Dienstes hat wohl dazu geführt, daß das Kapitel Ober das des Reichsrundfunks sind darauf zu hören wie Edu­ kommerzielle Fernsehen sich ausnimmt wie eine ard Roderich Dietze, Leiter des englischen Dienstes; Unternehmensbroschüre des privaten Senders: Hel­ William Joyce, bekannter als Lord Haw Haw, Chef­ mut Thoma, der lachende »Ouotenkönig« auf dem kommentator des gleichen Dienstes und Haßobjekt Femsehthron, der in seinem Vorwort leicht süffisant Tausender von Engländern; James Clark, ebenfalls bemerkt, daß die »öffentlich-rechtlichen Kollegen von ein erfolgreicher englischer Kommentator; Mildred ARD und ZDF« ihm »ohnehin immer die liebsten Gillars, die sich auf Sendungen für die amerikani­ Konkurrenten waren«. ln der Oberhausener Ausstel­ schen Invasionstruppen in Afrika und Europa spezia­ lung war die Kooperation zwischen den so unter­ lisierte. schiedlichen Programmanbietern offensichtlich frucht­ Da die Idee, den Ätherkrieg mit Tondokumenten bar. zu illustrieren, zu begrüßen ist, haben sowohl die Na­ Kaum etwas führt den Wandel des Fernsehens in tional Archives in Washington als auch das Deutsche Deutschland so vor Augen wie die faksimilierten Aus­ Rundfunkarchiv dem englischen Herausgeber »Histo­ züge aus westdeutschen Programmzeitschriften. Ab­ ricus (sie!} Vox« Rundfunkaufnahmen zur Verfügung gedruckt sind die Vorschauen für den 9. November gestellt. Es ist leider eine CD bzw. eine Kassette der Jahre 1959, 1969, 1979 und 1989 (am letztge­ entstanden, die in höchstem Maße unseriös ist und in nannten Tag auch aus der DDR-Zeitschrift »FF da­ mehrerer Hinsicht einen apologetischen, die vertrete­ bei«). Ergänzend zappte sich Joan Kristin Bleicher nen Rundfunkkollaborateure exkulpierenden Charak­ am 25. April 1997 durch die Kanäle. Selbstversuche ter hat. wie diese sollten zu dokumentarischen Zwecken re­ Auf Detailgenauigkeit wurde offenbar nicht geach­ gelmäßig unternommen werden. Eine recht brauch­ tet: So enthält die CD nicht, wie angekündigt, 32, bare Chronik zur Fernsehgeschichte schließt das sondern 33 Aufnahmen; außerdem wurden die ersten Buch ab. Aufnahmen von William Joyce alias Lord Haw Haw Oliver Zöllner, Köln falsch datiert - es handelt sich um den April, nicht um den Mai 1940. Vgl. u.a. Uwe Kammann: ln die Röhre geguckt. Bei dem aufgegriffenen Thema wäre mehr als bei Der Traum vom Sehen im Gasometer. ln: Die Zeit anderen Themen ein Begfeitheft zu erwarten, das ei­ Jg. 53 (1997), Nr. 29, S. 47; ders.: Wache Vision. nen gründlichen Kommentar enthält. Wissenschaftli­ Der Traum vom Sehen: eine Ausstellung im Ga­ che Informationen Ober die Geschichte der national­ someter. ln: epd Medien Jg. 50 (1997), Nr. 55, S. sozialistischen Rundfunkpropaganda oder den politi­ 3ft.; Andreas Rossmann: Lassie wird durch Fern­ schen bzw. militärischen Zusammenhang jedes Sen­ sehen erst schön. Aber ihr Fell läßt sich im Ga­ dungsausschnitts werden hier aber nicht geboten. someter Oberhausen kraulen: Die Ausstellung Die biographischen Notizen, die die einzigen Erläute• »Der Traum vom Sehen«. ln: Frankfurter Allge­ rungen bilden, sind wertlos, da sie überhaupt nichts meine Zeitung Jg. 49 (1997), Nr. 197, S. 32; Fritz über den Weg der Beteiligten nach Berlin und ihre Wolf: Televisionen. »Der Traum vom Sehen« - ei­ Aufgaben dort mitteilen - sowohl Lord Haw Haw als ne Geschichte des Fernsehens in Oberhausen. auch James Clark haben beispielsweise der faschi­ ln: Freitag Jg. 8 (1997), Nr. 24, S. 15; Oliver Zöll• stischen Bewegung in England im Umfeld von Os­ ner: Fernsehen im Helldunkel. Eindrücke von der wald Mosley angehört. Die wenigen Informationen Ausstellung »Der Traum vom Sehen« in Ober­ sind darüber hinaus auch noch tendenziös: So wird hausen. ln: RuG Jg. 23 (1997), H. 213, S. 149ft. Mildred Giltars als »a vivacious woman, a friend of Dr Goebbels« vorgestellt (Kassette). Rezensionen 257

Auch das Arrangement der Tonaufnahmen an Wer Glück hat, kann auch im Hörfunk oder im sich ist höchst zweifelhaft: Beide Editionen beginnen Fernsehen - besonders in den Dritten Programmen und enden mit einem Ausschnitt aus dem Horst­ der ARD - Interviews »beobachten«, in denen ein äl• Wessei-Lied, das anscheinend den pathetischen Ef­ terer freundlicher Herr befragt wird, von dem in der fekt des letzten Rundfunkdokuments, einer Sendung Anmoderation gesagt wird, es sei Niklas Luhmann, vom 3. Mai 1945, in der der Sprecher faselt, »the le­ und den in der Folge die oder der Interviewer auch gend of Adolf Hitler will be eternal«, noch verstärken immer wieder so annreden. Es gibt zahlreiche weitere soll. Die ersten Noten der 5. Symphonie Beethovens, Ereignisse, die man unter der Rubrik »Niklas Luh­ also die Kennmelodie des Auslandsdienstes der mann« in den Massenmedien »beobachten« kann . BBC, unmittelbar vor dem Vorspann von »Germany Nun wissen wir ja (oder glauben zu wissen), daß man Calling« zu spielen, als würden sie mit der ersten den Massenmedien, das sind »alle Einrichtungen der Aufnahme eine Einheit bilden, kommt einer Fäl• Gesellschaft (.. .), die sich zur Verbreitung von Kom­ schung gleich. munikation technischer Mittel der Vervielfältigung Bei »Germany Calling« handelt es sich also of­ bedienen« (S. 10), nicht unbedingt immer über den fensichtlich um ein Produkt, das ohne irgendeinen Weg trauen kann: Günter Waltraf hat schon vor 20 wissenschaftlichen Anspruch für ein Publikum her­ Jahren die BILD-Zeitung ins angemessene Zwielicht gestellt wurde, das man in den Kreisen von Militaria­ gebracht; schon immer ist es in unserer Kultur vorge­ Sammlern und Drittes-Reich-Nostalgikem vermuten kommen, daß Autorennamen auch von seriösen darf. Ob es trotzdem einen Wert hat, mag der inter­ Verlagen auf Bücher gedruckt wurden, ohne daß es essierte Hörer entscheiden; diesem ist aber zunächst je einen Menschen mit diesem Namen gegeben hät• Horst J. P. Bergmeiers und Rainer E. Lotz' Buch te; Fernsehberichte und -interviews können kunstvoll »Hitler's Airwaves. The Inside Story of Nazi Radio arrangiert sein; Stimmen können nachgemacht sein; Broadcasting and Propaganda Swing«, 1 dem auch Vorträge können passend mit Applaus und Gemurmel eine CD beigefügt ist, als Einführung in das Thema abgemischt sein; eine Diskussionsgruppe im Internet zu empfehlen. kann sich aus purer Lust unter dem Stichwort Anders gesagt: Man möchte sich darüber freuen, »Luhmann« versammeln usw. Kurz, auf der Ebene daß dank des technischen Fortschritts - CDs können der einfachen Beobachtung solcher massenmedialer mittlerweile ohne großen Aufwand hergestellt werden Ereignisse unter »Niklas Luhmann« läßt sich (nach - heutzutage Umschnitte von historischen Tonauf­ Niklas Luhmann) überhaupt nicht entscheiden, ob es nahmen auf dem Markt zu finden sind, die in nicht­ Niklas Luhmann gibt. öffentlichen Schallarchiven aufbewahrt werden und Normalerweise finden wir diese Frage ziemlich für eine breitere Öffentlichkeit normalerweise unzu­ interessant, wenn wir uns mit jemandem oder mit et­ gänglich sind. Leider ist das aber noch keine Garan­ was beschäftigen, aber hier scheint es notwendig so, tie für die Qualität dieser Produkte. daß wir dieses Interesse einmal - jedenfalls vorüber• Muriel Favre, Frankful'l am Main I Paris gehend - nicht verfolgen, wenn wir dieses Buch le­ sen. (Es läßt sich übrigens gut lesen. Es ist auch Vgl. die Rezension in: RuG Jg. 23 (1997), H. 2/3, nicht so umfangreich wie andere Bücher unter glei­ S.156. chem Autorennamen. Das kann damit zusammen­ hängen, daß der Autor - wie er im Vorwort bemerkt - das Buch geschrieben hat als erweiterte Fassung ei­ nes Vortrages, der mit Orts- und Zeitangabe genannt Niklas Luhmann wird. Allerdings muß man wissen, daß solche Vor­ Die Realität der Massenmedien. wortverweise eine lange rhetorisch-literarische Tradi­ Opladen/Wiesbaden: Westdeutscher Verlag 1996, tion haben, um das danach Gesagte mit dem Aus­ 2. erw. Auflage, 219 Seiten. weis der Glaubwürdigkeit oder Authentizität zu verse­ hen, auch wenn es - womöglich - weder glaubwürdig Wer ist Niklas Luhmann? Oder, vielleicht noch grund­ noch authentisch ist.) sätzlicher: Gibt es Niklas Luhmann? Wer bisher noch Wir können natürlich im Rahmen der interaktio­ keine Gelegenheit hatte, Niklas Luhmann sozusagen nistischen Soziologie einfach - gemäß dem Themas­ direkt, en face, körperlich mit allen Sinnen, ohne zwi­ Theorem - davon ausgehen, daß die soziale Realität schengeschaltete Technik in authentischer Interakti­ eines Menschen ausmacht, was er dafür hält. Also on wahrzunehmen, der ist darauf angewiesen, die brauchen wir uns nicht mehr mit der Frage zu be­ zahlreichen und beinahe unüberschaubaren (und schäftigen, ob es Niklas Luhmann gibt, sondern da­ häufig auch sehr dicken) Bücher, die auf dem wis­ mit, wie andere Menschen mit der Bezeichnung senschaftlichen Buchmarkt angeboten werden und »Niklas Luhmann« in ihrer sozialen Realität umge­ auf deren Umschlag dieser Name als Autorname ge­ hen. druckt ist, als eine Art Realitätsnachweis dafür anzu­ Medienmacher leben in Mediensystemen, die ihre sehen, daß es Niklas Luhmann jedenfalls »gibt« »soziale Realität« sind. ln meiner sozialen Realität, in (»obwohl in einem erkenntnistheoretischen Sinne alle der solche Mediensysteme ebenfalls vorkommen, Aussagen, und so auch diese, Aussagen eines Be­ haben nun zahlreiche Medienmacher nach dem er­ obachters sind und insofern ihre eigene Realität in sten Erscheinen des Buches Medienäußerungen im den Operationen des Beobachters haben«, S. 13). Mediensystem produziert - SPIEGEL, DIE ZEIT, das Er/sie kann auch Hörcassetten mit Vorträgen kaufen, ZDF-Kulturmagazin ASPEKTE u.a.m. - , in denen sie auf denen eine Stimme zu hören ist, von der z.B. an­ wie selbstverständlich davon ausgehen, daß es den dere Stimmen als der Stimme von Niklas Luhmann sprechen. Autor des Buches »Die Realität der Massenmedien« wirklich gibt. Das ist die »reale Realität« der Mas- 258 Rundfunk und Geschichte 23 (1997) senmedian (S. 12), auf dieser Ebene (»Es wird ge­ Herzeigen arrangieren, wenn man Bücher von Jorge druckt und gefunkt. Es wird gelesen. Sendungen L. Borges oder Stanislaw Lern gelesen hat oder die werden empfangen«, S. 12f.) laufen die »realen Ope­ digitalen Bildbearbeitungsmöglicheiten auf einem rationen« ab, »mit denen das System sich selbst und AVID-Composer kennt, wenn man erlebt hat, wie das seine Differenz zur Umwelt reproduziert«, (S. 14, vgl. US-Militär während des Golfkrieges »Informationen« zur Unterscheidung von System und Umwelt und von hergestellt und verbreitet hat, dann ist es nicht mög­ Selbstreferenz und Fremdreferenz S. 24 - 31). Man lich, derartige »Informationen über die Realität zu ak­ kann deshalb sagen, daß es im gegenwärtigen Me­ zeptieren«. Jedenfalls nicht so leicht. Gibt es Hilfe? diensystem zahlreiche Operationen »gibt«, die sich Oder zumindest vernünftige Möglichkeiten, mit die­ mit dem Namen Niklas Luhmann verbinden lassen. sem Problem umzugehen? Wem das nicht sehr erhellend vorkommt, der sollte ln diesem Buch wird dazu der Vorschlag gemacht, aber zumindest bedenken, daß dadurch eine Diffe­ den Begriff der Information »in zwei Unterschiede« renz geschaffen wird zu anderen Mediensystemen aufzubrechen (S. 40). Dies ist notwendig, weil vorweg (und womöglich auch anderen Handlungssystemen), angenommen wird, daß »lnformationserzeugung und in denen solche Operationen unter dem Stichwort Informationsverarbeitung innerhalb derselbon Sy­ Niklas Luhmann nicht vorkommen oder in denen kei­ stemgrenzen erfolgen und beide Unterschiede ( ... ) ne Anschlußkommunikationen zu diesen Operationen Unterscheidungen desselben Systems sein« müssen erfolgen (»Anschlußfähigkeit von Operationen im (S. 41),d.h. also, daß es »keine lnformationsübertra- System«, S. 35). . gungen von System zu System« (S. 41) gibt. Wenn Einem Textvorschlag des besprochenen Buches dies eine gute (zutreffende ?) Beschreibung ist, dann folgend kann man neben dieser »realen Realität« muß das System der Massenmedien selbst dafür (»so als ob es um Fakten ginge«, S. 15) der Mas­ sorgen, daß es einen Code produziert, der »lnforma­ senmedien noch in einem weiteren Sinne von Realität tion/Nichtinformation« (S. 41) zu unterscheiden er­ sprechen: denn indem wir wahrnehmen (als kogniti­ laubt. Dieser Code basiert - nach Luhmann - vor al­ ve, psychische Systeme »beobachten«), daß andere lem auf der Beziehung zur »Zeit«: »die Massenmedi­ sich als Bebachter zu Niklas Luhmann verhalten und en ( ... ) erzeugen die Zeit, die sie voraussetzen, und entsprechende Informationen darüber produzieren, die Gesellschaft paßt sich dem an« (S. 44). Die Un­ können wir darüber (als Beobachter »zweiter Ord­ terscheidung neu/alt (vgl. S. 46) ist ein solcher Code nung«) sprechen, »was für sie oder durch sie für an­ zur Unterscheidung von lnformation/Nichtinformation, dere als Realität erscheint« (S. 14). Nach Luhmann außerdem auch - mit Blick auf die dadurch ausgelö• ist das eine »Realitätsverdoppelung« (S. 15). Die ste »Irritation« (S. 47) - die Unterscheidung be­ »Realitätsverdoppelung« ist auf dieser Ebene der kannt/unbekannt. Betrachtung allumfassend, sozusagen »operativ ge­ Ausgehend von diesen Überlegungen werden schlossen« (S. 40) und deshalb nicht hintergehbar. dann »Nachrichten und Berichte« (S. 53- 81), »Wer­ Die naheliegende Frage »Wie verzerren die Mas­ bung« (S. 85 - 95), »Unterhaltung« (S. 96 - 116) im senmedien die Realität durch die Art und Weise ihrer einzelnen vorgestellt und daraufhin diskutiert, welche Darstellung?« (S. 20) hält Luhmann deshalb auch - dieser »Programmbereiche« (S. 51) sich »auf Grund konsequent - für nicht beantwortbar, weil sie den der Kriterien, die der Auswahl von Informationen zu­ »alten Essenzenkosmos« (S. 20) voraussetzt, also grundegelegt werden« typologisch unterscheiden (S. die (erkenntnistheoretische) Möglichkeit wieder ein­ 51). Dabei stehen im Mittelpunkt der Überlegungen setzen würde, die »Realitätsverdoppelung« an ir­ die jeweiligen Funktionen dieser Programmbereiche gendeiner Stelle oder aufgrund besonderer Fähigkei• (etwa für andere Systeme, Stichwort »strukturelle ten zu durchbrechen. Kopplung«, S. 117- 129) oder im Hinblick auf die je­ Das ist alles sozusagen das »Kleine Einmaleins« weilige Einheitsstiftung durch einen speziellen Code. der sozialphilosophischen Betrachtung moderner Ge­ Der Autor des Buches spricht deshalb hinsichtlich sellschaften mit · »ausdifferenzierten Mediensyste­ solcher Programmbereiche auch von »Funktions­ men«, die in den zu beobachtenden Diskursen in systemen« (S. 129). ln einem Kapitel, das dann wie­ Zeitungen, Zeitschriften, Büchern, Fernsehsendun­ der zur Frage der Realitätskonstruktion zurückführt gen, Hörfunkbeiträgen oder im Internet regelmäßig (S. 138- 157), finden sich anregende (kultur-)philoso­ mit dem Namen Niklas Luhmann verbunden wird. phische Bemerkungen, etwa zur Frage des sozialen Das soll uns denn auch hier erst einmal genügen. »Gedächtnisses« oder zur Frage der Freiheit in der Wir beschäftigen uns also statt mit der Was-Frage Mediengesellschaft (S. 155ff.), dem in einer Art An­ (»was ist der Fall?«, Gibt es Niklas Luhmann?) mit hang (S. 158- 168) kritische Bemerkungen zum »ra­ der hier leitmotivisch wiederkehrenden Frage nach dikalen Konstruktivismus« und der »Realität der dem »Wie«: denn die entscheidende Frage für Niklas Konstruktion« folgen: die Massenmedien, so meint Luhmann »lautet nicht: was ist der Fall, was umgibt der Autor des Buches, produzieren heute eine »indi­ uns als Welt und als Gesellschaft. Sie lautet vielmehr: vidualisierte Kommunikation« (S. 167), die möglich wie ist es möglich, Informationen Ober die Welt und geworden sei, »weil Realität ohnehin nicht mehr kon­ Ober die Gesellschaft als Informationen Ober die senspflichtig ist« (S. 168). Realität zu akzeptieren, wenn man weiß, wie sie pro­ Für diejenigen, die sich noch an ein Dis­ duziert werden?« (S. 215) kursereignis aus den 70er Jahren erinnern (sonst Nun ist schon eines klar: Wenn man weiß, wie die bitte im SPIEGEL-Archiv nachsehen), an eine Ha­ BILD-Zeitung Informationen produziert oder wie man­ bermas-Luhmann-Debatte, bieten dann Kapitel »Die che, privatem Geldverdienen verpflichtete Fernseh­ Funktion der Massenmedien« (S. 169 - 182) und sender dies in Boulevard-Magazinen tun, wie Zuliefe­ »Öffentlichkeit« (S. 183- 189) aktualisierte Varianten rar auch »seriöser« Fernsehmagazine die Welt zum unter den je~t bei Luhmann gegebenen systemtheo- Rezensionen 259 retischen Prämissen. Da wird es dann schon noch ben. An dieser Stelle wird deutlich, daß die FAZ In­ einmal interessant. Für Luhmann ist »die Tradition« formationen unterschlägt oder sie als bereits bekannt (S. 177) der Denkrichtung, zu der er Habermas rech­ voraussetzt. Auch hier spielt die Sprache eine ge­ net, durch Oberholte (inadäquate) Modellvorstellun­ wichtige Rolle, ist sie doch die »Sprache der Herr­ gen Ober Konsens und Stabilität in Gesellschaften schenden« (S. 94}, die Enzensberger als eine umge­ geprägt. ln solchen Modellen, so Luhmann, müssen kehrte »Sklavensprache« (ebd.) bezeichnet. Es ent­ Massenmedien als »destabilisierender Faktor« (S. steht der Eindruck, daß man hier unter einer Zensur 177) notwendig negativ, etwa als »symbolische Ge­ schreibt, wobei diese aber nicht seitens der Regie­ walt« bewertet werden. Seine Auffassung von der rung ausgeübt wird, sondern vielmehr als eine Art Funktion der Massenmedien für die Realität der Ge­ freiwilliger Selbstzensur im Sinne eines vorauseilen­ sellschaft ist anders: »Tatsächlich beruht jedoch die den untertänigen Gehorsams. Nach Enzensberger Stabilität (= Reproduktionsfähigkeit) der Gesellschaft bestehen die Nachrichten der FAZ aus Andeutungen, in erster Linie auf der Erzeugung von Objekten, die in aus denen sich der Leser mühsam eine (unvollstän• der weiteren Kommunikation vorausgesetzt werden dige) Information ersinnen kann. können« (S. 177f.). Für die weitere Kommunikation Um Manipulation geht es auch im »Baukasten zu hat der Autor Niklas Luhmann jedenfalls mit diesem einer Theorie der Medien« (1970). Er setzt bei Ador­ Buch ein Objekt erzeugt, das vorausgesetzt werden nos Begriff der »Kulturindustrie« an und erweitert ihn kann. Wem das als Schlußbemerkung nicht aus­ zum Begriff der »Bewußtseins-Industrie«. »Der Kapi­ reicht, der würde jetzt verlangen, daß sich der Re­ talismus der Monopole entfaltet die Bewußtseins• zensent auf einen »normativ eintorderbaren Kon­ Industrie rascher und weitgehender als andere Sekto­ sens« stützen würde, was - nach Luhmann - sehr ren der Produktion. ( ... ) Eine sozialistische Theorie »riskant« ist. der Medien hat an diesem Widerspruch zu arbeiten« Reinhold Viehoff, Halle (S. 97f.). Er selbst formuliert kein komplettes Kon­ zept, sondern adaptiert verschiedene Theoreme aus Werken Adornos, Benjamins und Brechts. Wichtig ist Hans Magnus Enzensberger dabei die Symmetrie von Kommunikation. Gelingt es, Baukasten zu einer Theorie der Medien. den »bürgerlichen« Wahrheitsbegriff der Linken, der Kritische Diskurse zur Pressefreiheit (= ex libris sie vor jeglicher Manipulation zurückscheuen läßt, zu kommunikation: Klassische Texte Ober Medien überwinden, so kann sie gemeinsam mit den Massen und Kommunikation, Bd. 8) selbst Manipulation betreiben und letztlich zu einem München: Verlag Reinhard Fischer 1997, 169 Seiten. effektvollen revolutionären Agitator werden. Ganz anders hingegen nimmt sich der argumen­ Hans Magnus Enzensberger, Jahrgang 1929, einer tative Duktus in »Der Triumph der Bildzeitung« (1983) der wenigen in Deutschland lebenden und schrei­ aus. Während vorher das kritisch-emanzipatorische benden Autoren, die ein gleichermaßen vielfältiges Moment überwog. zeichnet sich hier eine Wahrneh­ wie umfangreiches CEuvre geschaffen haben, ist seit mung des Mediums BILD als eine hinzunehmende, Ende der 50er, spätestens Anfang der 60er Jahre als nicht mehr zu bekämpfende Tatsache ab. Medien­ kritischer Kopfarbeiter aus der literarischen sowie freiheit ist eine Wohltat und eine Zumutung zugleich, politischen Öffentlichkeit der Bonner Republik nicht die einerseits ertragen, andererseits verteidigt wer­ mehr wegzudenken. Die unlängst erschienene Es­ den muß. Vor diesem Hintergrund erscheint BILD saysammlung mit fünf bedeutsamen medienkritischen dann auch als klassenlos, als ein Blatt, »das nicht Beiträgen aus mehr als 30 Jahren seines Wirkens jedem etwas bietet, sondern allen nichts« (S. 139). stellt seine intellektuelle Unabhängigkeit einmal mehr Die BILD-Zeitung ist nicht mehr als ein Teil eines zy­ unter Beweis. nischen Mediensystems, in dem sie den Journalis­ Schon »Die Sprache des Spiegel« (1957; Zusätze mus auf die (pervertierte) Spitze treibt und etwas tut. 1962) demonstriert, daß Enzensberger ein unbeque­ was andere Zeitungen (oder Medien) auch gern tä• mer, mahnender Zeitgenosse ist, der sich nicht ten. Insofern sind die Angriffe der sogenannten bes­ scheut, das Hamburger Magazin als eine Art bessere seren Presse nichts weiter als deren Lebenslüge. BILD-Zeitung darzustellen. Die kategorische Tren­ Der Essay »Das Nullrnedium« (1988) ist nur eine nung von Nachricht und Kommentar als grundlegen­ konsequente Fortsetzung des Enzenbergerschen de Basis einer jedweden Zeitungsarbeit geht dem Denkens seit Beginn der 80er Jahre, erleben doch SPIEGEL ab, da er lediglich auf das »Prinzip der Sto­ hier Zynismus und Abgeklärtheil ihren vorläufigen ry« (S. 24) abzielt. Besondere Merkmale der SPIE­ Höhepunkt. Er verwirft die gängigen Medienthesen GEL-Sprache sind ihr Jargon, ihre Masche, ihre als »Zu schwach auf der Brust« (S. 146). Kernstück in Nicht-Alltäglichkeit als Leistung der »Übersetzung« Enzensbergers Argumentation ist die Allianz von des Redakteurs (S. 21), die einen offensichtlich nicht Kunden und Lieferanten, fOr die der ganze Aufwand sonderlich intelligenten, ahistorisch versierten Leser Oberhaupt betrieben wird. Die Bilderfolgen erlauben voraussetzt, der sich seine »Bildung« erst durch den den Verzicht auf Sprache und damit auf die vollstän• SPIEGEL erwirbt. Enzensberger zeigt, daß es sich dige Information. Inhalte und Bedeutungen wirken beim SPIEGEL bestenfalls um das Surrogat einer sich hierbei nur noch störend aus, und deren Liqui­ Kritik handelt. dierung führt schließlich zum vollständigen »Nullme­ Ein ähnliches Problem, das auch um die Vermi­ dium«, das nur noch austauschbare und nichtssa­ schung von Nachricht und Kommentar kreist, wird gende Informationsäquivalente hervorbringt. von Enzensberger in »Journalismus als Eiertanz« ln der Retrospektive zeigt sich, daß Enzensberger (196211963), einer vorbehaltlosen Analyse der sich zumeist auf der Höhe der Zeit und nicht selten im »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« (FAZ) beschrie- Gegensatz zur Mehrheit der schreibenden Gegen- 260 Rundfunk und Geschichte 23 (1997)

wartsdiagnostikem befand - sieht man einmal von grammwandels, zumal in der umfassenden quantita­ seinen desaströsen SPIEGEL-Verwirrungen mit »Hit­ tiven und qualitativen, strukturanalytischen und in­ lers Widergänger« (1991) ab. Vergessen werden darf haltsanalytischen, normativen und bis ins letzte Detail nicht, daß man Gefahr läuft, Enzensberger mißzudeu• explizierten Anlage muß dem Programmwandel ten, wenn man ihn leichtfertig als Kommunikations­ selbst immer weit hinterherlaufen. So beschreiben die wissenschaftler zu vereinnahmen sücht, wodurch eigentlichen Ergebnisse eine bereits »weit«, nämlich man ihm ein ganzes Stück seiner intellektuell­ »Schon« Ober fünf Jahre zurOckliegende rundfunkge­ emanzipatorischen Akribie nehmen würde. schichtliche Übergangsperiode. Eine Übergangsperi• Sind in der (teil-)öffentlichen Meinung zumeist be­ ode zwischen der Startphase des dualen Rundfunk­ kannte Termini wie die »Bewußtseins-Industrie« - systems und der etablierten Konkurrenz, eine Über• oftmals ohne Wissen um ihren geistigen Urheber - gangsphase zum gesamtdeutschen dualen System. gegenwärtig, so treten im Vergleich dazu Verdienste Zu den wichtigsten Ergebnissen gehört, daß die um grundlegende medienpublizistische und -wissen­ Programmstruktur der Öffentlich-Rechtlichen zur Zeit schaftliche Diskurse mitunter ins Halbdunkel der der Analyse noch »nicht primär von kommerziellen Aufmerksamkeit zurOck. Sowohl seine theoretischen Gesichtspunkten der Akzeptanzoptimierung geprägt« Arbeiten als auch seine analytischen Einzelstudien war; daß sowohl im Informationsbereich als auch im haben gleichfalls bleibenden Einfluß hinterlassen. Unterhaltungsbereich die Programmangebote von War die Kommunikationswissenschaft während der ARD und ZDF »vielschichtiger« waren als diejenigen langen und schwierigen Zeit des Wiederaufbaus bis von RTL und SAT 1. Auch in den fiktionalen Sendun­ in die 60er Jahre hinein in erster Linie mit sich selbst gen (Spielfilme, Serien) hatten die Öffentlich-Recht• befaßt, so setzte der jüngere Enzensberger einige lichen »komplexere Handlungsverläufe und kompli­ markante Akzente, wodurch der Begriff der »Medien­ ziertere Grundkonstellationen« zu bieten. Hier bot kulturkritik« deutlich an Kontur gewann. das ZDF noch anspruchsvollere »Ware« als die ARD, Die Reaktionen und Kontroversen der Linken in während es sich in der nicht-fiktionalen Unterhaltung den 60er und 70er Jahren bis hin zu den der Post­ zugunsten der ARD umgekehrt verhielt. Die Welt modemisten in den 80er und 90er Jahren demon­ wurde in den öffentlich-rechtlichen Programmen viel­ strieren, daß Enzensberger wunde Punkte in der Be­ schichtiger dargestellt. Auch zwischen RTL und findlichkeit der sich wandelnden Gesellschaft West­ SAT 1 stellten die Autoren erhebliche programmstruk­ deutschlands getroffen haben muß. Bleibt am Ende turelle und -inhaltliche Unterschiede fest: »SAT 1 zu hoffen, daß Hans Magnus Enzensberger nichts an wirkt insgesamt etwas seriöser, konventioneller und seiner notwendig kaltblütigen Schärfe in der Berliner etwas weniger boulevardesk ( ... )Das RTL-Programm Republik eingebüßt hat. ist schnell, kurz, Schlagzeilenhaft und überdies von Christian Filk, Köln aggressivem, boulevardeskem Gepräge.« (S. 268) Michael Malachewitz, Siegen War es das, was wir immer schon wissen wollten, aber nie zu sagen wagten? Nein. Diese Ergebnisse aus dem April 1992 - und wohl auch darüber hinaus Ralf Hohlfeld I Gernot Gehrke aus der Übergangsperiode - stellen nur einen Teil der Wege zur Analyse des Rundfunkwandels. Relevanz dieser Arbeit(en) dar. Wichtiger sind die Leistungsindikatoren und Funktionslogiken im methodelogischen und methodischen Grundlagen, »dualen Femsehsystem« (= Studien zur die die Autoren legen. Sie präsentieren eine Zusam­ Kommunikationswissenschaft, Bd. 13). menführung von Programmstruktur- und Programm­ Opladen: Westdeutscher Verlag 1995,331 Seiten. inhaltsanalyse und integrieren quantitative und ex­ plizit qualitative Ansätze. Sie legen ihren Untersu­ Wie die Zeit vergeht! Kaum haben die Münsteraner chungen den einzelnen »Beitrag«, nicht mehr die Autoren eine Programmwoche im April1992 die Fern­ Sendung als kleinste analytische Einheit zugrunde. sehprogrammevon ARD, ZDF, RTL und SAT 1 kom­ Sie verfolgen ihre Programmanalyse bis in die letzte plett in 9 000 Untersuchungseinheiten vercodet, er­ normierende Annahme zurOck und machen sie über• scheinen Ende 1995 ihre Dissertationen und- 1997- prOfbar. Schließlich legen sie für eine Ordnung bisher die Rezension. Mittlerweile hat sich der Rundfunk vorliegender Analysen eine ausführliche Synopse des weiter gewandelt, die privat-kommerziellen Program­ Forschungsstandes vor. me haben die Rentabilitätsschwelle längst überschrit• Die Autoren konstruieren, ausgehend von ten, und die öffentlich-rechtlichen stehen noch mehr McQuail1 und Gerbner,2 ähnlich wie Hillve/Rosen­ unter Selbstrechtfertigungs- und Spardruck; die Ei­ gren,3 im Anschluß an Weiß4 und Schatz/Schulz,5 genproduktionsquote der Privat-Kommerziellen ist einen normativen Untersuchungsrahmen, in dem sie erheblich angestiegen, und bei den Öffentlich-Recht• unterschiedliche Ebenen der Normierung unterschei­ lichen sponsern Kommerzielle in der »werbefreien« den: Meta-Normen, offene Normen, verdeckte Nor­ Zeit Kultur und Sport. men und faktische Normen. Damit gehen sie erfolg­ ln der Untersuchungswoche kurz vor Ostern 1992 reich Ober solche Untersuchungen hinaus, die ihre hatten ARD und ZDF »ein ausgewogeneres, Vielfälti• Normierung allein oder überwiegend in rechtlichen geres Progf'llmmprofil auf allen Ebenen« (S. 267), Gesichtspunkten haben. Auch sie machen sich mit und »das Privatfernsehen vermittelt(e) hauptsächlich der Setzung normativer Referenzpunkte natürlich an­ ein schlichtes, eindimensionales Bild von der Welt« greifbar, aber sie tun dies bewußt und bei völliger (S. 269). Mit ihren sehr genau differenzierten Ergeb­ Transparenz. Leistungsindikatoren für »Qualität« ei­ nissen wollten die Autoren einen Beitrag leisten zum nerseits und - was die Sache noch komplizierter medienpolitischen Diskussionsprozeß etwa um die macht - Handlungskonzepte der Programmanbieter Auflösung der ARD. Doch die Analyse des Pro- werden auf das vorgefundene Programm bezogen. Rezensionen 261

Zur Analyse entwickeln die Autoren 14 theorie­ Studies in Broadcasting Jg. 1994, Nr. 30, S. 87- und empiriegeleitete, kommunikator- und rezipienten­ 113. zentrierte Hypothesen, teilweise mit Unterhypothe­ 4 Vgl. Hans-JOrgen Weiß: Programmforschung für sen, die mit Hilfe von 53 Variablen und einer Vielzahl die Landesmedienanstalten. Funktion, Aufgaben, einzelner Parameter Oberprüft werden. Sieben Mona­ Probleme. ln: OLM-Jahrbuch 1992. München te investierten die Autoren in die Entwicklung des 1993, 40-52. Codebuchs. Eine Systematik und Varianz, die ihres­ s. gleichen sucht. Und doch klafft auch hier eine gewis­ 5 Vgl. Heribert Schatz!Winfried Schutz: Qualität von se LOcke zwischen dem Rahmen aus Theorie- und Fernsehprogrammen. Kriterien und Methoden zur Empirie, der daraus folgenden Ableitung der Hypo­ Beurteilung von Programmqualität im dualen thesen und der lndikatorenbildung. So sind bei­ Fernsehen. ln: Media Perspektiven Jg. 1992, H. spielsweise die Parallelität von Handlungssträngen in 11, s. 690-712. Spielfilmen/Serien, die »Abbildung von Lebenswirk­ lichkeit« und die »gesellschaftliche Relevanz« von Handlungen nicht per se Indikatoren höheren Ni­ Diana lljine I Klaus Keil veaus. Dann wäre die »Lindenstraße« der Inbegriff Der Produzent von Qualitäts-Fiction. Dies wurde inklusive der dazu­ Das Berufsbild des Film- und Fernsehproduzenten gehörigen Hypothese 4a nirgends abgeleitet: »Das in Deutschland. Versuch einer Definition Niveau der Fictionsendungen, die innerhalb Europas (=Filmproduktion, Bd. 1). produziert werden, liegt tendenziell höher als das au­ München: TR-Verlagsunion 1997, 277 Seiten. ßereuropäischer Produktionen.« Hier wird dann doch eine theoretische und empirische Stringenz vorge­ Mit Blick auf die dynamische Entwicklung des AV­ gaukelt, die die Arbitrarität der Normierung, den Idea­ Produktionsmarktes stellte eine an den Belangen der lismus, der einzelnen Hypothesen zugrunde liegt, nur Praxis orientierte Einführung in das Berufsbild des verschleiert. Film- und Fernsehproduzenten Ober Jahre hinweg Die vorliegende Arbeit wird in jedem Fall als Refe­ eine Leerstelle dar. Deshalb ist es zu begrüßen, daß renz künftiger programmanalytischer Arbeiten wirken; die Kommunikationswissenschaftlerin Diana lljine, sei es, um Normen und Kriterien der Vercodung zu Aufbau Digitalfernsehen bei der Deutschen Telekom übernehmen, zu ergänzen oder sich von ihnen abzu­ AG, und der langjährige Filmproduzent Klaus Keil, setzen. Insofern leistet die Arbeit das, was (sich) die Intendant der Filmboard Berlin-erandenburg GmbH Autoren versprechen: Anschlußfähigkeit fOr künftige und Hochschule tor Film und Fernsehen »Konrad Untersuchungen. Sprachlich ist das Werk mitunter Wolf«, den ehrgeizigen Versuch unternommen ha­ »Ober-elaboriert«. Unter anderem werfen sie Klaus ben, sein vielfältig auszufüllendes Persönlichkeits• Merten vor, »wissenschaftlich unterkomplex« zu ar­ und Tätigkeitsprofil zu skizzieren. beiten und seine »Resultate 1994 in einem intersub­ Zum Auftakt geben die Verfasser »einen allge­ jektiv nicht nachvollziehbaren Ungleichgewicht dar­ meinen historischen Überblick« und zeigen »die gestellt« zu haben. Diese Elaboriertheil wird mit einer wichtigsten Strömungen und Einschnitte, die fOr die eher postmodern-konstanten Verwechslung von Entwicklung der Filmindustrie maßgeblich sind« (S. »daß« und »das« kompensiert. 11). Dabei kommen vor allem die sich wandelnden Hohlfeld und Gehrke verfaßten ein Dissertations­ Bedingungen der Filmherstellung sowie des Produ­ Doppelwerk, von dem hier nur der empirische von zentenberufs zur Sprache. Vor diesem Hintergrund Ralf Hohlfeld verantwortete Teil besprochen wird. Der zeichnen die Verfasser Zäsurenhaft die Veränderun• theoretische, von Gernot Gehrke federführend betreu­ gen nach: angefangen vom Film als Jahrmarktattrak­ te Teil liegt vor als »Wege zur Theorie des Rund­ tion des Fin de Sieeie und der Blütezeit des Stumm­ funkwandels. Fernsehorganisationen zwischen pu­ films in den 10er bzw. 20er Jahren Ober den Tonfilm blizistischen Zielvorstellungen und systematischem und seine schicksalhaften Ausprägungen in den 30er Eigensinn«. Opladen (1995). Da es um Niveau und und 40er Jahren bis hin zum schwierigen Neuaufbau Qualität geht, sind programmökonomische Ableitun­ nach 1945 und der schrittweisen Herausbildung der gen nötig, das zeigt gerade diese theoretisch und wachsenden internationalen Film- und Fernsehmärk• empirisch so umfassend angelegte Arbeit. Aber dies te von heute. könnten Fallstudien leisten, die auf der Grundlagen­ Danach werden pragmatische Definitionsansätze arbeit von Hohlfeld und Gehrke aufbauen. des Film- bzw. Fernsehproduzenten geliefert: »Er­ Rüdiger Steinmetz, Leipzig lernbar sind neben Handwerk, Fachwissen und Marktkenntnis auch Selbsterkenntnis, Menschen­ 1 Vgl. Denis McQuail: Media Performance - Mass kenntnis und FOhrungsmodelle. Nicht erlernen kann Communication an the Public lnterest. London et man jedoch die Kunst des Produzieren&« (S. 101). al. 1992. Das Spektrum des Berufsbildes erstreckt sich von der Gestaltung des Drehbuchs und der Besetzung Ober 2 Vgl. George Gerbner: On Content Analysis and die Finanzierung und Konzipierung bis hin zur Ver­ Critical Research in Mass Communication. ln: AV marktung und Verwertung. Dabei verweisen lljine und Communication Review Jg. 1958, Nr. 2, S. 85- Keil auf »hinfOhrende Berufe« zum Produzenten wie 108. Herstellungs- und Produktionsleiter sowie Dramaturg. 3 Vgl. Peter Hillve/Karl Erik Rosengren: Swedish Grundsätzlich werden der freie Produzent, der Auf­ Public Service Television: Quality for Sale? ln: tragsproduzent, mithin der freie Auftragsproduzent unterschieden. »Je nach Blickwinkel ergeben sich 262 Rundfunk und Geschichte 23 (1997) dann Produzentenkategorien, die typologisch oder Kirchenamt der Evangelischen Kirche in institutionell, genrebezogen oder finanzspezifisch zu Deutschland I Sekretariat der Deutschen verstehen sind« (S. 129). Bischofskonferenz (Hrsg.) Sodann wird etwas Ober die Maßstäbe der Pro­ Chancen und Risiken der Mediengesellschaft. fession im Produktionsgewerbe mitgeteilt. Als »Ele­ Gemeinsame Erklärung der Deutschen Bischofskon­ mente« des Berufsprofils (S. 163) gelten: Aus-, Wei­ ferenz und des Rates der Evangelischen Kirche in terbildung, Tätigkeiten, Aufstiegs- sowie Verdienst­ Deutschland(= Gemeinsame Texte, Bd. 10). möglichkeiten. Mit Anleihen bei der sozialwissen­ Hannover und Sonn: Kirchenamt der Evangelischen schaftliehen (Berufs-)Forschung und unter BerOck­ Kirche in Deutschland und Sekretariat der Deutschen sichtigung der Branchenpraxis werden diese ver­ Bischofskonferenz 1997, 82 Seiten. schiedenen Gesichtspunkte kursorisch diskutiert. Als ein wichtiges Ergebnis hinsichtlich der Professionali­ ln der im FrOhjahr verbreiteten gemeinsamen Erklä• tät der Film- und Fernsehproduzenten ist mitunter rung »Chancen und Risiken der Mediengesellschaft« festzuhalten: »Er scheint einerseits noch stark von äußern sich die beiden christlichen Glaubensgemein­ der herkömmlichen Idee der Berufung und Begabung schaften zu wichtigen Gesichtspunkten der Informati­ geprägt zu sein, andererseits ist der Schritt in Rich­ ons~ und Kommunikationstechnologien (luK-Techni­ tung Professionalität Ober eine geregelte Berufsaus­ ken). Der Textentwurf wurde von einer von den bei­ bildung sowie zugehörige Examen und Diplome ge­ den Kirchen eingesetzten Kommission, der Vertre­ tan« (S. 167). ter(innen) aus den Bereichen Kirche, Theologie, So­ Abschließend befaßt sich das Autorenteam mit zial- sowie Kommunikationswissenschaft angehörten, den Aufgaben des Produzenten im Herstellungspro­ vorbereitet. Die Erklärung richtet sich vornehmlich an zeß nach Maßgabe der idealtypischen »vier Phasen die Mitglieder der Kirchen, aber auch an alle interes­ eines Filmprojekts« (S. 185, 208f.). ln einem ersten sierten BOrger(innen). »kreativen Prozeß« werden Stoff, Drehbuch und Ziel­ Die technologischen Innovationen führten zu gruppe bestimmt. Danach wird in einem »strategi­ enormen Erweiterungs- und Beschleunigungseffekten schen Prozeß« ein vermarktbares »Package« (d.h. der medialen Möglichkeiten, was Produktion, Distri­ Projektentwicklung) sowie ein vollständiger Kosten­ bution und Rezeption nachhaltig beeinflußte. Damit plan erarbeitet. Dem schließt sich die eigentliche geht einher, daß die Kommunikationspolitik einen Produktion mit den Stadien Vorbereiten, Drehen und »Perspektivenwechsel« vollzogen hat: Während sich Nachbearbeiten an. Am Ende steht die Verwertungs­ die Politik im Nachkriegsdeutschland Ober Jahrzehnte kette in und mit verschiedenen Medien. hinweg vornehmlich an kultur- und gesellschaftspoli­ Die Verfasser zeigen, daß der audiovisuelle Me­ tischen Leitsätzen orientierte, goutiert sie seit Mitte dienmarkt in Deutschland seit Mitte der 80er Jahre der 80er Jahre zusehends technologie- und standort­ durch nachhaltige Veränderungen gekennzeichnet politische Überlegungen. Als eine Folge dessen wer­ Ist. Bedingt durch die »Dualisierung« des Fernseh­ den die luK-Techniken als lukrative »Schlüsselindu• systems wurde zusehends der Ruf nach mehr deut­ strie«, die Massenmedien als »Dienstleistung« be­ schen Produktionen laut. Im Laufe der letzten Dekade trachtet. Die gegenwärtige neoliberalistische Kommu­ wandelten sich, wie die Autoren anschaulich darzu­ nikationspolitik flankiert die Globalisierung medien­ stellen wissen, Infrastruktur, Sozioökonomie, Kon­ ökonomischer Prozesse. Im weltweiten Maßstab zeigt zept(e), Fort- und Weiterbildung des Berufsstandes sich, daß die wenigen »Global Players« danach Produzent. trachten, von horizontalen und vertikalen Vernetzun­ Als eine Folge der forcierten Nachfrage von AV­ gen und Monopolbildungen in Form geschlossener Angeboten, die der Erwartungshaltung des Publikums Wertschöpfungsketten zu profitieren. Dabei führt die zu entsprechen trachtet, entwickelte sich in Deutsch­ Ausrichtung der Marketingaktivitäten auf spezielle land eine Branche, welche - im Gegensatz zu den Konsumentensegmente unter anderem zu Wissens­ Vereinigten Staaten - aus mittelständischen, kleinen klüften und Fragmentierungen unter den Nutzer­ und kleinsten Unternehmenseinheiten besteht. Mit (inne)n. Exkursen vornehmlich in die USA, England, und Nach Auffassung der Kirchen besteht die Aufgabe Frankreich vermögen die Verfasser bedeutsame Un­ der Ethik darin, die Chancen und Risiken der Medien terschiede in Historie, Kultur und Ökonomie hervor­ zu bewerten und mit den anthropologischen Maximen zuheben. Das größte konzeptionelle Desideratum des des christlichen Menschenbildes sowie mit den Inten­ Bandes besteht in dem Verzicht auf einen Anhang mit tionen eines sozialen Gemeinwesens in Einklang zu weiterführenden Angaben zu Institutionen, Verbän• bringen. Das christliche Menschenbild gebietet eine den und Ansprechpartnern. Die vorhandenen Nen­ »Schutzfunktion«, d.h. an den Werten »Willensfrei­ nungen bescheiden sich mit einigen wenigen Hinwei­ heit«, »MenschenwOrde« und »Selbstbestimmung« sen zu Medienförderprogrammen wie »MEDIA I« und ist auch unter denkbar schlechten Umständen fest­ »MEDIA II«. zuhalten. Eine der wichtigsten Aufgaben der Bildung Aber alles in allem haben lljine und Keil ein emp­ besteht darin, eine kompetente Nutzung von Angebo­ fehlenswertes »Kompendium« zu einem sich schnell ten durch den Einzelnen im Medienensemble zu er­ differenzierenden medialen Betätigungsfeld vorge­ reichen. Die vorhandenen Strukturen der Selbstkon­ legt, mit dem eine breite Zielgruppe vom Anfänger bis trolle sind auszubauen und auszuweiten. Damit die zum Profi mit Gewinn arbeiten kann. freiheitliche Meinungsbildung in einem internationalen Christian Filk, Köln Medienmarkt gewährleistet werden kann, sind effekti­ ve ordnungspolitische Maßnahmen zu ergreifen. Die sich im Rundfunkbereich etablierten Organisations­ formen sollen weiterhin nebeneinander bestehen. Der Rezensionen 263

Gefahr einer Verstärkung des Nord-Süd-Gefälles ist besonderen TV-Ereignissen im Jahr 1996: Zum einen zu begegnen, indem die (Medien-)Technologien zur vergegenwärtigt Doja Hacker die mißlungene Zu­ Entwicklungsförderung eingesetzt werden. Die Kir­ sammenkunft von Altred Biolek und Helmut Kohl in chen erlegen sich selbst auf, ihre Medienarbeit ver­ »Boulevard Bio« (ARD/WDR). Zum anderen erinnert antwortungsvoll zu verbessern. Mariam Niroumand an den überraschenden Erfolg Blieben die konfessionellen Glaubensgemein­ der britischen Serie »Für alle Fälle Fritz« (ZDF). schaften - allen voran ihre zeitvergessenen Würden• Dem schließen sich Übersichtsbeiträge sowie Kri­ träger - zu vordringlichen Problemen der Gegenwart tiken des Fernsehjahres 1996 an. Knut Hickethier allzuoft einer >Moral des Wegschauens und Schwei­ liefert eine »Kleine Konfliktchronik« und Dietrich Le­ gens< verhaftet, was durch handfeste >weltliche< in­ der stellt das Fernsehjahr rückblickend dar. Es folgen teressen- und gesinnungspolitische Ursachen bedingt 64 als »besonders gelungen« erachtete Fernsehkriti­ ist, so traten sie in Sachen >Mediengesellschaft< er­ ken aus der Tages- bzw. Wochenpresse sowie aus neut auf den Plan. Die Kirchen bringen ihre sozioethi­ den Fachkorrespondenzen des Jahres 1996. Sodann schen und -kulturellen Grundsätze zu einer Zeit vor, wird die 33. Adolf-Grimme-Preis-Verleihung 1997 do­ in der Differenzierungen in einer sich zunehmend kumentiert. Die Preisträger, die Jurys und die Jurybe­ ökonomistisch und technizistisch gerierenden Dis­ gründungen in den verschiedenen Kategorien sind kussion von Euphemisten, Spezialisten und Lobby­ berücksichtigt. isten notwendiger denn je sind. Den gegenwärtigen Der Serviceteil, mehr als 200 Seiten umfassend, Wort- und Tatgefechten ist das Gros der Bür• enthält wichtige Angaben: angefangen von TV-Anbie­ ger(innen) ohnehin nicht mehr fähig oder bereit zu tern, Produktionsfirmen und Dienstleistern über Ver­ folgen. ln der so begriffenen Lesart der »Gemein­ bände, Fachpresse, Fernsehpreise und Festivals bis samen Erklärung« machen sich die Kirchen anwalt­ hin zu Aus- und Weiterbildungseinrichtungen. Hinzu­ schaftlich zu Vertretern einer ganzheitlicheren Be­ gekommen sind Hinweise zur Film- und Fernsehför• trachtung und Bewertung der Medienentwicklung. derung, Medien- und Marktforschung sowie zu aus­ Damit wird der Text zu einer wichtigen kommunikati­ gewählten Redaktionen. Ein differenziertes Register onspolitischen Stellungnahme am Ende des Jahr­ vervollständigt den Band. zehnts. Nicht von ungefähr avancierte das »Jahrbuch Christian Filk, Köln Fernsehen« zu einem in vielen Fällen unentbehrli­ chen Hilfsmittel der Branche. Die Jahreschronik nimmt sich als eine interessante Mischung aus kom­ AGI/ GEP I KIM (Hrsg.) petenter Bewertung des Fernsehens sowie vielfälti• Jahrbuch Fernsehen 1996/1997. gen Fachinformationen aus. Dabei ergänzen sich die Mari u.a.: Adolf-Grimme-lnstitut u.a. 1997, 519 Sei­ Beiträge von Vertreter(inne)n aus Medienpublizistik, ten. ·Wissenschaft sowie -aufsieht zu einer aufschlußrei• chen Bestandsaufnahme der gegenwärtigen Me­ Nunmehr zum sechsten Male ist 1997 das »Jahrbuch dienentwicklung. Dies betrifft vornehmlich die techni­ Fernsehen« erschienen. Wie zuvor bietet die aktuelle schen, politisch-rechtlichen sowie diskursiven Ge­ Ausgabe Informationen über die Fernsehbranche aus sichtspunkte eines zunehmend internationalen AV­ dem zurückliegenden Jahr, finden sich Hintergründe, Marktes. Untersuchungen und Kritiken zu Entwicklungen, ln­ Im Vergleich zu den letzten Jahrbüchern lassen halten und Programmangeboten. Für die redaktionel­ sich leichte Akzentverschiebungen in der Konzeption le Bearbeitung zeichnen wie bisher auch das Adolf­ ausmachen. Der eigenen »Serviceleistung« wird Grimme-lnstitut (AGI), das Gemeinschaftswerk der mehr Bedeutung beigemessen. Möglicherweise steht Evangelischen Publizistik (GEP) sowie das Katholi­ die Hoffnung dahinter, sich so ein wenig mehr von sche Institut für Medieninformationen (KIM) verant­ ähnlichen publizistischen Unternehmungen abzu­ wortlich. grenzen. Dieser Umstand erhöht zweifelsohne den Den Auftakt macht eine Essaysammlung zu aus­ praktischen Gebrauchswert des Bandes. Bleibt nur zu gesuchten Themen der jüngsten Medienentwicklung. hoffen, daß sich das Grundkonzept unter mehr und Anhand von unternehmensstrategischen Entschei­ mehr funktionalen Serviceaspekten am Ende nicht dungen erläutert Thomas Schuler das mitunter unauf­ zum bloßen Branchenzuträger wandelt. Hier obliegt fällige (Auslands-)Engagement des Gütersloher Ber­ es der Redaktion, dafür Sorge zu tragen, daß sich telsmann-Konzerns. Helmut Monkenbusch zeichnet das »Jahrbuch Fernsehen« auch weiterhin als kriti­ die Entwicklung des vorerst am Markt und am Zu­ sches Forum behauptet. .schauer kläglich gescheiterten Digitalfernsehens Christian Filk, Köln (DF1) der Münchener Kirch-Gruppe nach. Aufgrund der sich wandelnden Voraussetzungen des Medien­ systems zeigt Norbert Schneider eindrücklich, wie Europäische Audiovisuelle lnfonnationsstelle alte Begrifflichkeiten angesichts neuer Herausforde­ Statistisches Jahrbuch. rungen und Zwänge ihre Bedeutung verlieren. Im Filmindustrie, Fernsehen, Video und Neue Medien Kräftespiel des Kommunikationsmarktes verweist in Europa I Council of Europe 1997. Volker Lilienthai auf den nicht zu unterschätzenden Baden-Baden: Nomos-Verlagsgesellschaft 1997, Einfluß von Werbe- und Mediaagenturen. Michael W. 304 Seiten. Esser wirft einen Blick über die Landesgrenzen hin­ weg und zeigt das Beziehungsgefüge zwischen dem Im Zuge der Ausgestaltung der Europäischen Union - Fernsehen und der politischen Kultur im Italien der und somit auch des gemeinsamen Kommunikations­ 90er Jahre auf. Zwei weitere Beiträge widmen sich raums Europa - wurde der statistischen Erhebung der 264 Rundfunk und Geschichte 23 (1997) medienökonomischen Prozesse eine besondere Be­ digkeit einerseits dadurch Grenzen gesetzt, daß für deutung beigemessen. Der Ende 1992 eingerichteten kleinere Mitgliedstaaten der Informationsstelle keine Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle mit oder nur unvollständige Datenreihen vorhanden sind, Sitz in Straßburg obliegt es, wirtschaftliche, rechtli­ andererseits ließ sich jedoch aufgrund der mittel- und che, politische sowie praktische Daten über die au­ osteuropäischen Mitgliedstaaten punktuell eine Er­ diovisuelle Medienindustrie in Europa zu erfassen, zu fassung des »erweiterten Europa« bewerkstelligen. sammeln und zu verbreiten. Von der Organisations­ Die Angabe europäischer Gesamt- und/oder Mittel­ form her handelt es sich bei der lnformationsstelle, werte ermöglicht dankenswerterweise internationale die im Zusammenhang des »Audiovisuellen Eureka« Vergleiche, z.B. mit den USA und Japan, deren wich­ installiert und im Umfeld des Europarates etabliert tigste Daten gleichfalls aufgeführt sind. Insgesamt wurde, um eine europäische Einrichtung des öffentli• bleibt festzUhalten: Bedarf es auch noch einiger Jah­ chen Rechts. Gegenwärtig setzt diese sich aus 33 re bis zum Erreichen des ehrgeizigen Ziels einer Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission harmonisierten Statistik, so ist doch anzuerkennen, zusammen. daß auf dem Weg dorthin mit dem »Statistischen Eine der wichtigsten Aufgaben der Informations­ Jahrbuch 1997« ein weiterer Fortschritt erreicht wur­ stelle ist die Herausgabe von Veröffentlichungen. de. Hierbei nimmt das sich an ein breites Fachpublikum Christian Filk, Köln wendende »Statistische Jahrbuch«, das nunmehr - auf den neuesten Stand gebracht - zum dritten Male aufgelegt wurde, einen besonderen Stellenwert ein. Heinrich KOppers Die aktuelle Ausgabe läßt sich weitgehend von prag­ Joseph Wlrth. matischen Grundsätzen leiten. Die Zielsetzung be­ Parlamentarier, Minister und Kanzler steht darin, eine Zusammenfassung der verfügbaren der Weimarer Republik statistischen Informationen Ober die europäische Au­ (= Historische Mitteilungen, Beiheft 27). diovisionsindustrie anzubieten. ln der Aufbereitung Stuttgart: Franz Steiner Verlag 1997, greifbarer Datensätze stützt sich die Informationsstel­ 356 Seiten. le maßgeblich auf das Zahlenmaterial der nationalen Erhebungsinstitutionen wie Statistikämter, Markt- und Als der russische Präsident Boris Jelzin bei seinem Forschungsinstitute. Eine formale Vereinheitlichung Besuch in Deutschland Mitte April 1997 Bundeskanz­ der statistischen Analyse und Dokumentation wird ler Helmut Kohl einige Mappen mit Originaldokumen­ sich, so die realistische Annahme, erst Schritt für ten aus dem Nachlaß des Reichsaußenministers Schritt erreichen lassen. Watther Rathenau übergab, wurde dies als ein - in Die Datenmatrix der Statistiken sowie die Struktu­ doppeltem Sinne - symbolischer Akt bewertet. Die ren des Marktes erfordern ein flexibles Vorgehen. Übergabe der Dokumente, die sich im früher dem Deshalb wird weitgehend mit zwei verschiedenen eu­ sowjetischen Geheimdienst unterstehenden »Sonder­ ropäischen Größen gearbeitet - dem Europa der 15 archiv« (heute: »Zentrum für die Aufbewahrung hi­ Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Stand: 1. storisch-dokumentaricher Sammlungen«) in Moskau Januar 1995) bzw. dem »erweiterten Europa« (West-, befinden, erfolgte fast auf den Tag genau 75 Jahre Mittel- und Osteuropa) mit bis zu 33 Staaten. nach dem Abschluß des deutsch-sowjetischen Ver­ Das Jahrbuch verwendet einen dynamischen Be­ trags von Rapallo. Genauso gut hätten es auch Do­ griff der Audiovision, d.h. je nach Thema, Marktsitua­ kumente aus dem ebenfalls in Moskau überlieferten tion und Anlage der greifbaren Daten werden unter­ Teilnachlaß des Reichskanzlers Joseph Wirth sein schiedliche Definitionen zugrundegelegt Zu jedem können, der ebenfalls und viel exponierter als Sektor - iri der Reihenfolge: Basisdaten, Ausstattung Rathenau am Zustandekommen des Vertrags von der Haushalte, Unternehmen, Film, Video, Neue Me­ Rapallo beteiligt war. dien, Fernsehen, Werbung - geben Tabellen und Die schriftliche Hinterlassenschaft der beiden Po­ Grafiken den wichtigsten Informationsstand wieder. litiker im genannten Archiv in Moskau hat Heinrich Ergänzend werden zu jedem einzelnen AV-Bereich in Küppers neben einer Unzahl weiterer bisher nicht »methodischen Bemerkungen« die statistischen Ver­ publizierter Dokumente für seine Biographie über den fahren und ihre Probleme dargestellt, spezifische Ein­ · Zentrumspolitiker Joseph Wirth ausgewertet. Es ist führungen gewährleisten erste Übersichten Ober die allerdings mehr als eine Biographie entstanden, denn einzelnen Sektoren, und unter »Tendenzen« werden der Verfasser ordnet, durch zahlreiche Details belegt, die jeweils markantesten Marktentwicklungen geson­ den Politiker in die historische Entwicklung der Wei­ dert hervorgehoben. marer Republik ein. Dabei hatte der am 6. September Angesichts des Umstands, daß auf europäischer 1879 in kleinbürgerliche, streng katholische Verhält• Ebene äußerst variable statistische Modelle Verwen­ nisse im badischen Freiburg hineingeborene Joseph dung finden, erweist sich der komparative Ansatz der Wirth zunächst gar keine Ambitionen, in die Politik zu Informationsstelle als hinreichend umsichtig. Die poli­ gehen, sondern sich nach seinem Studium bereits tische Entwicklung Europas während des untersuch­ darauf eingestellt, sein Berufsleben als Gymnasial­ ten Zeitraums von 1987 bis 1996 verlangt eine vor­ lehrerfür Mathematik, das er 1908 begann, zu fristen. sichtige Darstellung der Gesamtstatistik. Einschrän• Doch es kam alles ganz anders: 1911 wurde er für kend auf den (Gesamt-)Aussagewert wirkt sich vor das Zentrum in das Stadtparlament von Freiburg ge­ allem zweierlei aus: die Berücksichtigung einer wählt, 1913 in den badischen Landtag und bereits wachsenden Zahl europäischer Staaten sowie die 1914 in den Reichstag. Hier hatte er sich mehr oder unterschiedliche Verfügbarkeil von statistischem weniger mit der Rolle eines Hinterbänklers abzufin­ Material einzelner Staaten. Zwar sind der Vollstän- den. Seine Auftritte als selbsternannter öffentlicher Rezensionen 265

Sittenwächter, der als Grundmaxime die Bändigung und deren Führung unter dem Chef der Heeresleitung menschlicher Egoismen auf seine Fahnen geschrie­ General Hans von Seeckt. ben hatte, stieß in seiner eigenen Partei nicht selten Wirth, der mehr und mehr zu seiner eigenen auf Widerspruch. Fraktion im Reichstag auf Distanz ging, erklärte sich Wirth, der zwei Jahre während des Ersten Welt­ 1925 gar zum unabhänigen Abgeordneten als Reak­ kriegs an der Front in der Krankenpflege arbeitete tion auf den Eintritt der Deutschnationalen Volkspar­ und dabei mit dem Elend der Soldaten in den Schot­ tei in die Reichsregierung, an der sich auch das Zen­ zengräben konfrontiert war, gehörte zu den Abgeord­ trum beteiligte. Er kehrte erst in der großen Koalition neten, die 1917 die Friedensresolution im Reichstag mit der SPD- seine Wunschkonstellation- 1929 unter verabschiedeten. Aber erst nach Beendigung des Reichskanzler Hermann Müller in das Amt eines Krieges und der damit einhergehenden Umwälzun• Reichsministers zurOck und Obernahm das Ressort gen begann die eigentliche atemberaubende Karriere für die besetzten Gebiete. Dem Kabinett des Kanzlers des Politikers Joseph Wirth: 1918 als Finanzminister Heinrich BrOning, obwohl mit dessen Rechtsruck in die badische Revolutionsregierung berufen, war er nicht einverstanden, gehörte Wirth 1930 und 1931 fOr Mitglied der Weimarer Nationalversammlung, beteilig­ anderthalb Jahre als Reichsinnenminister an. te sich aber kaum an den Verfassungsberatungen KOppers erwähnt in einer Aufzählung von Wirths und wich einer Stellungnahme zum Versailler Vertrag Arbeitsgebieten in dieser Zeit auch kurz »Presse, aus, so daß ihn KOppers in diesem Kontext als Funk und Film« (S. 288}, ohne näher darauf einzuge­ »DrOckeberger« (S. 74} bezeichnet. 1920 trat er als hen. So erfahren die Leser also nichts davon, daß Finanzminister und Nachfolger von Matthias Erzber­ Wirth den Ausschlag dafür gab, Parteienvertreter vor ger in das Reichskabinett ein und forderte in seiner der Reichstagswahl 1930 im Rundfunk zu Wort kom­ ersten Etatrede die »Opferpflicht des Besitzes«, ei­ men und damit dem Medium einen kleinen Spielraum nen Steuerstaat, um einen wirkungsvollen Sozialstaat zu lassen, er andererseits im Jahr darauf die Aus­ aufbauen zu können. Bereits ein Jahr später erklomm strahlung von Freidenker-Veranstaltungen im Rund­ er die Spitze seiner Karriereleiter und wurde verant­ funk verbot und die Rundfunkgesellschaften per Mi­ wortlich fOr den Marsch in den Staatsbankrott, da er nisteranweisung antibolschewistische Ansprachen es zuließ, »den Staat maximal in Anspruch zu neh­ verbreiten mußten. Mit Wirths Namen ist auch ver­ men« (S. 96}. ln seiner knapp anderhalbjährigen bunden, den Rundfunk - auf dem Höhepunkt der Amtszeit als Reichskanzler nahm die Verschuldung Weltwirtschaftskrise - ganz allgemein in den Dienst des Reiches bisher nicht gekannte Dimensionen an; der Propagierung der Reichspolitik zu stellen sowie sie betrug das Zehnfache des Reichsetats. Zu be­ die Rundfunkreform von 1932 eingeleitet zu haben - rOcksichtigen ist allerdings, daß in dieser Zeit die auch dazu findet sich bei Küppers kein einziges Wort! noch immer ungeklärte Höhe der Reparationen des Ab 1933 hielt sich Joseph Wirth als politischer Verssilles Vertrages und die Frage, wie diese finan­ Emigrant in verschiedenen Ländern auf. Erst 1948 ziert werden sollten, wie ein Damoklesschwert Ober erlaubten ihm die Franzosen die Rückkehr in seine den politischen Akteuren hing. Die neue Reichsregie­ badische Heimat, wo er am 4. Januar 1956 verstarb. rung - ein Minderheitenkabinett - entschloß sich zur Ansgar Diller, Frankfurt am Main sogenannten ))Erfüllungspolitik«, um zu beweisen, daß sie nicht zu erfüllen war. Dieses scheinbare Eingehen auf die Forderungen Hans Cohrssen der Alliierten stand in diamentralem Gegensatz zum Einer der auszog, die Welt zu verändern. weiteren Verlauf der Beziehungen vor allem gegen­ Erinnerung eines Jahrhundertzeugen. Ober Frankreich. Ausgelöst durch das Abstimmungs­ Frankfurt am Main: Verlag Josef Knecht 1996, ergebnis in Oberschlesien, das zwar ein 60prozenti­ 205 Seiten. ges Votum zugunsten Deutschlands erbrachte und dennoch die Teilung des Landstrichs in einen deut­ Hans Cohrssen, 1905 in Neustadt an der Weinstraße schen und einen polnischen Sektor nicht verhinderte, als Sohn eines jüdischen Kaufhausbesitzers geboren, da der Versailler Vertrag eine Teilung bereits vorge­ erhebt im Titel seiner Autobiographie einen hohen sehen hatte, warf Wirth der polnischen Regierung ei­ Anspruch, wenn er sich als »Jahrhundertzeuge« be­ ne »unverantwortliche Vergrößerungswut« vor (S. zeichnet. Um es als Fazit vorwegzunehmen: Die 127}. ln der Folge dieses Ereignisses bahnte sich ein Neugier, die der Titel weckt, wird im Buch selbst nicht Ende der Erfüllungspolitik an: Wirth schob alle Übel erfüllt. Hans Cohrssen kann zwar in der Tat auf ein dieser Welt Verssilles zu und ließ seinen Patriotismus Leben zurOckblicken, das ihn an wichtige Stationen Ober seinen Republikanismus triumphieren. ln diesem und Aufgaben heranfOhrte und heute zu einem wich­ Zusammenhang überschritt der amtierende Reichs­ tigen Zeugen politischer und publizistischer Entwick­ kanzler die Schwelle von der Außen- zur Militärpolitik, lungen machen könnte. Doch nach der Lektüre hat als er 1922 in Rapallo den Vertrag mit dem bolsche­ man als Leser nicht den Eindruck, an interessanten wistischen Rußland schloß - nach KOppers Meinung Ereignissen oder Momenten teilgenommen zu haben. ein folgenschwerer Fehler der deutschen Politik. Mitte der 20er Jahre wanderte Cohrssen in die Durch die seinerzeit festgeschriebene geheime Auf­ USA aus, allerdings nicht aufgrund seiner jüdischen rOstung, die sich in der Zusammenarbeit zwischen Abstammung, sondern auf der Suche nach berufli­ Reichswehr und Roter Armee manifestierte, wollte chen Perspektiven. Er versuchte sich als Teilhaber Wirth Deutschland wieder zu einer militärischen eines Reformhauses, als Taxifahrer in New York und Macht auferstehen sehen - und begab sich damit in als Mitarbeiter des renommierten Volkswirts Erwin eine verhängnisvolle Abhängigkeit zur Reichswehr Fisher. Nach dem Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg meldete sich Cohrssen freiwillig zur Army. 266 Rundfunk und Geschichte 23 (1997)

Als Mitglied der Abteilung für psychologische Krieg­ u.a. 1995 mit der Leuschner-Medaille des Landes führung kehrte er im Frühjahr 1945 nach Europa zu­ Hessen ausgezeichnet wurde. rück. Michael Crone, Frankfurt am Main Ohne einschlägige Rundfunkerfahrung wurde Cohrssen hier mit dem Aufbau eines Rundfunksen­ ders in Salzburg beauftragt, der als Kommunikati­ Wemer Hecht (Hrsg.) onsmittel zwischen Besatzungsmacht und Bevölke• alles was Brecht Ist ... rung dienen sollte. Unter der Bezeichnung »Rot­ Fakten- Kommentare- Meinungen - Bilder. Weiß-Rot« gründete er im Juni 1945 einen Sender, Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag 1997, mit dem er zur Demokratisierung des öffentlichen Le­ 315 Seiten. bens beitragen wollte. Sein Verdienst war vor allem die Einführung neuer Programmformen, wie das Der 100. Geburtstag von Bertolt Brecht am 10. Fe­ »Radioforum«, eine Diskussionssendung unter Ein­ bruar 1998 wirft seinen langen Schatten voraus. Die beziehung des Publikums. Auch die Einführung von elektronischen Medien planen aus diesem Anlaß eine Suchmeldungen über Radio und die erste weltweite umfangreiche Retrospektive zu Leben und Werk des Übertragung der Salzburger Festspiele gingen auf Schriftstellers, der in allen Medien des 20. Jahrhun­ seine Initiative zurück. Obwohl, oder gerade weil der derts zu Hause war. Im Vorgriff auf die sich auf meh­ Sender Erfolg hatte, gab Cohrssen in Salzburg nur rere Wochen erstreckenden Schwerpunkte im inter­ ein kurzes Gastspiel: Ihm wurde vorgeworfen, nationalen deutschsprachigen Satellitenprogramm »Amerika zu wenig verkauft zu haben.« 3sat, in 52 Kultur, dem gemeinsamen kulturellen HOr­ Von Salzburg wurde Hans Cohrssen zu Radio tunkprogramm von Süddeutschem Rundfunk und Frankfurt abgeordnet, wo er Golo Mann als Kon­ Südwestfunk, sowie im Schweizer Radio DRS 2 ist trolloffizier ablöste. Ausführlich schildert er in seinem der Materialienband »alles was Brecht ist ... « er­ Buch seine Auseinandersetzungen mit dem damali­ schienen. Darin sind vor allem Texte zu Brechts gen Chefredakteur Hans Mayer und anderen Mitar­ Theaterschaffen, zu den Filmen, an denen er mitwirk­ beitern der Rundfunkstation. Als Zensurinstanz habe te, und natürlich seine beiden Ausführungen »Vor­ er mehrfach Manuskripte zurückweisen müssen, weil schläge für den Intendanten des Rundfunks« sowie sie prokommunistische Inhalte aufwiesen. Cohrssen »Der Rundfunk als Kommunikationsapparat« aus den hält sich zugute, daß nicht zuletzt sein unnachgiebi­ 20er Jahren abgedruckt. Aufgelockert ist der Band ges Auftreten dazu geführt habe, daß Mayer und an­ durch zahlreiche Fotos und Faksimiles, die teilweise dere Frankfurt in Richtung Sowjetische Besatzungs­ aus . Brechts eigenen Textvorlagen stammen und zone verlassen haben. somit einen Eindruck von der Arbeitsweise des Au­ An dieser Stelle werden die Schwächen dieses tors vermitteln. Buches deutlich. Die Auseinandersetzungen mit Hans Eine (Auswahi-)Bibliographie gibt einen von 1927 Mayer bleiben eine Einzelfallschilderung, die nicht in bis 1997 reichenden chronologischen Überblick über einen größeren politischen, sozialen oder wirtschaftli­ »Bertolt Brecht im deutschsprachigen Hörspiel«, auf­ chen Kontext gestellt sind. Durchaus interessante, geteilt in die Unterabschnitte eigene Hörspielbearbei• aufschlußreiche Informationen werden so in Cohrs­ tungen und Originalhörspiele, Hörspiele nach Vorla­ sens Darstellung zu Anekdoten marginalisiert. Die gen Brechts, Tondokumente zur Theaterarbeit sowie Entwicklung von Radio Frankfurt, die er bis zur Über• Sendungen über Brechts Radioarbeit und seine Ra­ gabe in deutsche Hände 1949 aktiv mitgestaltet hat, diokonzeption. Eine weitere (Auswahi-}Bibliographie verblaßt zu einer Aneinanderreihung von einzelnen befaßt sich in einer alphabetischen Auflistung mit Episoden. Dies ist um so bedauerlicher als Cohrssen »Bertolt Brecht in Film und Fernsehen«, getrennt in diesen Jahren den demokratischen Nachkriegs­ nach Fernsehaufzeichnungen und Verfilmungen, Fil­ rundfunk in Deutschland an wesentlicher Stelle mit­ me unter seiner Mitwirkung, Lyrik und Chansons, Do­ gestaltet hat. kumentationen, Features und Magazinbeiträge zu Diese Aussagen gelten auch für seine weiteren seinem Werk, Biographisches sowie Personen in sei­ Stationen. als Mitarbeiter bei »Radio Free Europe«, nem Leben. als Direktor einer US-Stiftung zur Produktion einer Zwar kein wissenschaftliches Werk, kann »alles »Stimme Europas« nach den USA oder als Mitglied was Brecht ist ... « aber dazu dienen, einem breiteren der Filmredaktion des ZDF in dessen Anfangsjahren. Publikum vertiefende Informationen zu den rund 60 Es fehlen Zusammenhänge, Einordnungen, teilweise Fernseh- und rund 30 Hörfunksendungen, die sich auch Fakten zum Verständnis. Diese autobiographi­ mit Bertolt Brecht befassen, zu bieten. schen Notizen bringen dem Historiker in dieser Form Ansgar Diller, Frankfurt am Main leider nur wenig neue Erkenntnisse. Aufschlußreich sind sie für den Leser, der an essayistischen, teilwei­ se sehr persönlichen Schilderungen eines Zeitgenos­ Brltta Scheideier sen Interesse hat. Zwischen Beruf und Berufung. Alle Stationen des Lebens von Hans Cohrssen Zur Sozialgeschichte der deutschen Schriftsteller von sind, sieht man einmal von seiner Zeit bei Radio 1880 bis 1930 (= Sonderdruck aus dem Archiv für Frankfurt ab, Zeugnisse gescheiterter Illusionen. Geschichte des Buchwesens, Bd. 46}. Dennoch ist diesem Buch nichts von einer Resignati­ Frankfurt am Main: Buchhändler-Vereinigung 1997, on des Autors, der im Januar dieses Jahres gestor­ 337 Seiten. ben ist, anzumerken. Vielleicht liegt dies daran, daß er wenigstens für einen Teil seiner Arbeit, den Aufbau Die Rezension des Buches von Britta Scheideier in des Nachkriegsrundfunks in Salzburg und Frankfurt, dieser Zeitschrift sollte insofern nicht überraschen, Rezensionen 267 als sich die Publikationsbedingungen der literarischen biograpischer Studien oder exemplarischer Lebens­ Schriftsteller mit dem Aufkommen der neuen Medien, läufe bedurft, in die erheblich mehr an soziobiogra­ des Films und - nach dem Ersten Weltkrieg - vor al­ phischen Daten hätten einfließen müssen, als in die­ lem des Rundfunks auf jeden Fall veränderten. Zum ser Arbeit geschehen. Jedoch wird darüber - inwie­ einen wurden Film und Rundfunk durchaus als Kon­ weit aus methodischen Gründen oder unter dem kurrenten empfunden, da Kino und Runfunk auch das Aspekt des für eine Dissertation Machbaren bleibt klassische - bildungsbürgerliche - Leserpublikum von unklar- keine genauere Auskunft gegeben. Büchern und Zeitschriften erreichten. Im übrigen Auch die soziologische Abgrenzung des Perso­ schienen sie jedoch vor allem die Ausweitung des nenkreises der literarischen Schriftsteller bleibt relativ Rezipientenkreises, das stärkere Eindringen der vage, und die Angaben zur sozialen Situation sind überkommenen Lesekultur in neue Käuferschichten - sehr pauschal gehalten. Sie beruhen auf z.T. zeitge­ insbesondere bei den »neuen Angestellten« und der nössischen Erhebungen und Beschreibungen, die Arbeiterschaft - zu bremsen, wenn nicht gar zu ver­ den gemeinten Personenkreis sehr allgemein und hindern. Andererseits eröffneten sich in der Filmpro­ ohne tiefergehende Differenzierung beschreiben. Aus duktion und beim Rundfunk neue Verdienstmöglich• Angaben, z.B. der Zahl der Neuerscheinungen auf keiten für die Autoren: es galt neue Stoffe für Film dem Buchmarkt, werden dann Verdiensthöhe, Ein­ und Rundfunk zu entwickeln bzw. vorhandene litera­ nahmezuwachse oder -minderungen (in der Inflati­ rische Vorlagen in Drehbücher und Funkmanuskripte onszeit und der Weltwirtschaftskrise), also die Ein­ umzuarbeiten. Dabei wurde der Rundfunk anfangs im kommenssituation der Schriftsteller beschrieben. Ge­ wesentlichen als Distributionsmedium bereits ander­ legentlich hätte man sich auch andere sozialge­ weitig veröffentlichter - literarischer - Texte genutzt schichtlich orientierte Argumentationsfiguren genauer bzw. so von den Autoren wahrgenommen. Mit der beschrieben gewünscht, so z.B. die häufig themati­ Differenzierung der Sendeformen und der Pro­ sierte »Entkonturierung« des (Bildungs-}BOrgertums, grammausweitung wuchs der Stoffhunger des Rund­ d.h. die durch den Ersten Weltkrieg bedingten sozia­ funks nach originären Texten, beispielsweise nach len Verwerfungen in dieser sozialgeschichtlich kei­ Hörspielen, die jedoch am literarischen Programm neswegs unumstrittenen Kategorie. Diese Entkontu­ nur einen vergleichsweise geringen Anteil hatten. rierung bildet für die Verfasserin einen zentralen Be­ Kurze Angaben zu den literaturbezogenen Pro­ zugspunkt der Selbstreflexion der Schriftsteller. grammenteilen bzw. Sendestunden der »Berliner Allerdings reichen die angeführten Beschreibun­ Funkstunde«, den Musterprozessen zum Urheber­ gen als Grundlage dafür aus, dem Selbstdeutungs­ recht, der Gesellschaft für Senderechte und der Höhe prozeß der literarischen Intelligenz im Kaiserreich der Honorare und dem Rückgang der Ver­ und der Weimarer Republik eine entsprechende dienstmöglichkeiten beim Rundfunk in der Weltwirt­ »materielle« Basis bzw. dem Leser einen ersten schaftskrise (S. 205f.) sowie ein paar Anmerkungen Einblick in die soziale Situation der Schriftsteller zu dazu, wie der Rundfunk die öffentliche Präsenz der geben. Was die Schriftsteller Ober ihre beruflichen Autoren vergrößerte und sich auch der Film auf ihr Probleme und ihre soziale Situation dachten, wird vor Selbstverständnis auswirkte (im Kapitel: »Vom auto­ allem aus den Veröffentlichungen der Schriftsteller­ nomen Schöpfer zum fremdbestimmten Spezialisten? verbände ermittelt und steht damit - neben den Ver­ - Der Schriftsteller in der multimedialen Kulturindu­ bandsgeschichten der einzelnen Gruppierungen - ei­ strie«) sind aber auch schon alles, was man Ober die gentlich im Zentrum der Arbeit. Zeitungs- und Zeit­ Schriftsteller und die »neuen Medien« im ersten Drit­ schriftenartikel, Umfragen, bei einzelnen Autoren tel des 20. Jahrhunderts lesen kann . Leider wird auch auch verstreutes Material aus deren Nachlässen bil­ die von den Zeitgenossen artikulierte Befürchtung, den das weitere QuellenmateriaL Das Grundproblem daß diese mit ihren anders orientierten Konsumenten des sich etablierenden Berufsschriftstellertums blieb die künstlerische Autonomie einschränkten, weil sie in den 50 Jahren des Untersuchungszeitraums unge­ neue Themen und andere ästhetische Verfahrens­ löst. Man wollte durch Festlegung objektiver Kriterien weisen forderten, nicht mit Beispielen belegt bzw. auf einen geregelten Berufszugang und damit finanzielle ihre Berechtigung hin überprüft. Absicherung herstellen und dennoch genügend Frei­ Was hier in einem kleinen Ausschnitt sichtbar raum für nicht meßbare künstlerische Kreativität bei wird, beleuchtet die unbestreitbaren Grenzen dieser schwankenden Qualitätskriterien lassen. Dabei stell­ Arbeit. Cie Autorin weckt zumindest mit dem gewähl• ten die mit dem Ersten Weltkrieg einhergehenden ten Titel Erwartungen, die sie nicht einlöst, mögli• Veränderungen eine Zäsur dar. ln der Zeit des Wil­ cherweise auch auf Grund der Quellenlage auch gar helminischen Kaiserreichs war der wichtigste Be­ nicht einlösen kann. Diese Frage wird jedoch in der zugspunkt für die Schriftsteller das Bildungsbürger• Einleitung nicht eigens thematisiert. Greift man nach tum und der Staat. Doch den Bildungspatenten ver­ einiger Lektüre auf die Einleitung zurück, so findet gleichbare Berufszugangsbarrieren konnten nicht ge­ man bestätigt, daß nicht beabsichtigt war, im eigentli­ schaffen werden, eine irgendwie geartete stärkere chen Sinn eine Sozialgeschichte der Schriftsteller zu Unterstützung durch die öffentliche Hand durch Aner­ schreiben. Vielmehr gehe es darum, heißt es dort, kennung als »Kulturträger« im »Kulturstaat« ließ sich den »Selbstdeutungsprozeß eines Großteils der lite­ nicht erreichen. Nach dem Ersten Weltkrieg, als das rarischen Intelligenz auf dem Weg zum Berufs­ BOrgerturn und vor allem das akademische Bildungs­ schriftstellertum« (S. 7) zu beschreiben und zu ana­ bürgertum sowohl als Konsument an Bedeutung ver­ lysieren. Für eine Sozialgeschichte hätte es neben lor wie auch an seiner gesellschaftlichen Deutungs­ dem Nachzeichnen der mentalen Dispositionen und kompetenz Schaden nahm, trat auch die Neigung zur der jeweiligen Selbstreflexion der beruflichen und Integration in das akademisch patentierte Bildungs­ sozialen Stellung entweder weitergehender kollektiv- bürgertum zurück, verlagerte sich Selbstdeutung und 268 Rundfunk und Geschichte 23 (1997) der Anspruch auf öffentliche, staatliche Alimentierung graphen, die den alliierten Armeen zugeordnet waren zunehmend auf den Status einer Führungs- und Wer­ und einige deutsche Photographen, letztere vor allem teelite, die sich dem gesellschaftlichen Ganzen ver­ im Auftrag städtischer Behörden. Für die amerikani­ pflichtet fühlte. Dabei gab es, was das argumentative s~e Berichterstattung wurden spezielle Photogra­ Grundmuster anging, kaum Unterschiede zwischen phie-Einheiten eingesetzt, die US Army Signal Corps. einer politisch-weltanschaulichen Orientierung nach Ihre Auffassung von Photographie war stark vom do­ rechts oder links. Nach Meinung der Verfasserio liegt kumentarischen Ethos jener Photographien bestimmt, hier auch eine der Ursachen für die relativ rasche die während der 30er Jahre im Auftrag der Farm Einbindung zahlreicher Autoren in den sogenannten Security Administration entstanden waren. Ihrer Vor­ nationalsozialistischen »Kulturstaat«. stellung einer absolut gesetzten dokumentarischen Trotz der aufgezeigten konzeptionellen DefiZite Objektivität stand, so weist die Verfasserio nach, des Buches, zu denen auch gehört, daß die Darstel­ nicht nur die komplizierte und völlig unübersichtliche lung des Selbstdeutungprozesses nach Meinung des politische, wirtschaftliche und soziale Lage in Rezensenten hier und da hätte gerafft werden kön• Deutschland entgegen, sondern auch das Verständ• nen, hat die Vertasserio plausibel gemacht, wie die nis der Alliierten selbst. Diese begriffen sich als Be­ insgesamt zutreffend konstatierte soziale Randstän• freier, während die weit überwiegende Mehrheit der digkeil der Schriftsteller nicht unwesentlich dazu bei­ Deutschen in ihnen vor allem Besatzer sah, die Ober trug, daß die literarischen Autoren aus einem häufig die Dinge des Lebens jedes einzelnen Deutschen überzogenen Deutungs- und Führungsanspruch her­ weitgehend selbstgerecht bestimmen konnten. Dar­ aus einen weitgehenden Forderungskatalog hinsicht­ Ober hinaus wurden die meist jungen Soldaten mit lich ihrer sozialen Absicherung aufstellten. Sie hat in ihnen unbekannten kulturellen Mustern konfrontiert, ihrer Arbeit große Stoffmengen verarbeitet und - gut die sie nicht oder nur schwer interpretieren konnten. gegliedert - argumentativ auf den Punkt gebracht. Gleichzeitig erwarteten die Auftraggeber der Signal Diesbezüglich wird niemand, der sich künftig mit der Corps visuell eindeutige Antworten, die in den Staa­ Sozialgeschichte der Schriftsteller in der Kaiserzeit ten keinen Anlaß zu neuen Fragen geben sollten. und in der Weimarer Republik beschäftigt, an ihren Unter diesen Bedingungen war eine perspektivische Thesen und an dem von ihr ausgebreiteten Material Verzerrung des Abgebildeten unvermeidlich. vorbeigehen können. Die von der Autorin summarisch aufgestellten Edgar Lersch, Stuttgart Thesen werden kenntnisreich und subtil verifiziert: Die Sieger photografierten vor allem die Auswirkun­ gen des Krieges: Geborstene Häuser, zerstörte Dagmar Bamouw Städte, Berge von Leichen in den Konzentrationsla­ Ansichten von Deutschland (1945). gern und die deutsche Bevölkerung beim Ansehen Krieg und Gewalt in der zeitgenössischen der Folgen der Greueltaten. in der Materialzusam­ Photographie (=Nexus, Bd. 30). menstellung durch Zeitungs- und Zeitschriftenredak­ Basel, Frankfurt am Main: Stroemfeld Hi97, teure, so weist die Autorin nach, erschien das Abge­ 383 Seiten. bildete als Folge des von den Deutschen begonne­ nen Krieges und des Terrors, mit dem sie ihr eigenes Dagmar Bamouw befaßt sich mit einem bisher weit­ und andere Völker Oberzogen hatten. Mit ihrem Ver­ gehend vernachlässigtem Forschungsfeld, mit der halten hatten sich - so die Botschaft - die Besiegten kommunikativen Rolle und Funktion der Photographie aus der Gemeinschaft zivilisierter Staaten selbst aus­ in der amerikanischen und britischen Besatzungszo­ geschlossen. Insofern stützten die Bilder zum einen ne im Nachkriegsdeutschland. Daß sich die For­ nachträglich die Notwendigkeit des gerechten Krie­ schung mit Problemen der Visualisierung der unmit­ ges und unterstrichen den absoluten Sieg. Zum ande­ telbaren Nachkriegszeit so wenig beschäftigt hat, ist ren »bewiesen« sie die offensichtliche Kollektivschuld um so erstaunlicher, als die damals entstandenen der Deutschen an den Verbrechen der letzten Jahre, Bilder bis in die Gegenwart unkommentiert für Illu­ die bei dem Betrachter alle Formen der Anteilnahme strationszwecke und damit als historische Quellen an dem Chaos der Nachkriegszeit weitgehend aus­ herangezogen werden, um geschriebene oder ge­ schlossen. sprochene Texte zu ergänzen. Die Besiegten setzten, so zeigt das reich illustrier­ Das Buch gliedert sich in sechs Abschnitte: »Ein­ te Buch, andere Schwerpunkte. Die Bilder zeigen ne­ leitung, Ansichten von Krieg und Gewalt«, »Erinne­ ben der Zerstörung vor allem die Auswirkungen von rung und Geschichtsschreibung: Der Streit der Histo­ Vertreibung und Umsiedlung und in diesem Kontext riker«, »Sehen, Ansehen, Einsehen: Evidenz und die Abwesenheit bzw. den Verlust der vertrauten Identität«, »Der alliierte Sieg und die >deutsche Fra­ Ordnung. Anders als die generalisierenden Aufnah­ ge<: Das >Signal Corps Photography Album< und die men der Alliierten bilden die wenigen deutschen LIFE-Fotoessays«, »Was sie sahen: Alliierte Photo­ Photos das individuelle Leid der OstfiOchtlinge, der graphen in Deutschland« und »Worte und Bilder: Deportierten und ab 1946 der zurückgekehrten Deutsche Fragen«. Kriegsgefangenen ab. Anfangs stellt die Autorin fest: »Augenzeugen­ Die Intentionen, mit denen die Bilder aufgenom­ berichte von Deutschlands Zusammenbruch 1945 men und zum Teil auch massenhaft verbreitet wur­ mochten in politischer und moralischer Hinsicht ver­ den, verdeutlichen nach Auffassung der Autorin ein schiedener Ansicht sein. Sie stimmten aber im allge­ bis heute bestehendes Problem der Geschichts­ meinen darin Oberein, daß, gleichgültig wovon man schreibung Ober das Dritte Reich. Unter Bezugnahme ausging, eine >richtige< Einschätzung nahezu unmög• auf den Historikerstreit arbeitet sie heraus, daß die lich war« (S. 7). ln dieser Situation arbeiteten Photo- Betroffenen durch die Alliierten mit dem Problem Rezensionen 269 konfrontiert wurden, die unwiderlegbare Evidenz des Das erste Kapitel enthält Übersichten zu ausge­ photographierten Terrors mit der persönlichen Wahr­ wählten Epochen, wie »Quellen zum frühen Kino« nehmung bzw. Erinnerung in Übereinstimmung zu (Frank Kessler, Sabine Lenk), »Filmpublizistik der bringen. Mit der Bürde der Verantwortung für die Ta­ Weimarer Jahre« (Sabine Hake) oder »Erforschung ten im Dritten Reich konfrontiert, wurde das eigene des Filmexils« (Heike Klapdor) und zu Wissen­ Erleben, die eigene Vergangenheit und damit die ei­ schaftsansätzen, wie »Poetika Kino. Filmtheorie in gene Identität der Deutschen fragwürdig. »Kollektiv Ost- und Mitteleuropa« (Hans Joachim Schlegel) oder für schuldig erklärt, wurden sie kollektiv unmündig« »Fihn Studies. Anglo-amerikanische Methoden der (S. 14). Die deutschen Aufnahmen scheinen dagegen Filmforschung« (William Uriccho). Mit diesem Kapitel für eine differenziertere Betrachtung der Vergangen­ korrespondiert das dritte, das bestimmte Details der heit und ihre Folgen nach 1945 zu werben und auf Filmgeschichte, wie »Filmwirtschaft« (Thomas J. die unterschiedliche Verantwortlichkeit der Akteure zu Saunders), »Film und Geschichtsschreibung« (Rainer verweisen. Rother) oder »Filmgeschichte im Fernsehen« (Hans Ausgehend von diesen Grundthesen beschreibt Helmut Prinzler) behandelt. Im zweiten Kapitel, das Frau Bamouw akribisch einzelne Photos und setzt sie sich mit dem Handwerkszeug des Filmwissenschaft­ in Beziehung zu spezifischen Momenten deutscher lers bafaßt, werden die wichtigsten Handbücher, Bi­ Nachkriegsgeschichte einschließlich deren histori­ bliotheken, Datenbanken und Archive einschließlich scher Reflexion in verschiedenen Presseerzeugnis­ ihrer Zugangsbedingungen genauer beschrieben. Je­ sen, den Zeitschriften, in denen sie erschienen - ins­ dem Kapitel sind umfangreiche Literaturangaben bei­ besondere TIME und LIFE- sowie auch jenen Pho­ gefügt, die den Studenten, die als primäre Zielgruppe tos, die sie in Archiven fand, die aber nicht veröffent• des Buches anvisiert sind, den Einstieg in die gewähl• licht wurden. Vor allem am Beispiel des amerikani­ ten Problemstellungen wesentlich erleichtern sollen. schen Photojournalisten Percy Knauth, der von 1938 Der Gebrauchswert des Buches erhöht sich außer• bis 1941 bereits in Deutschland für die amerikanische dem durch ein umfangreiches Personenregister, in Presse gearbeitet hatte und seiner Kollegin Margaret dem die im Buch erwähnten Autoren und ihre Schrif­ Bourke-White, die bereits 1946 im Auftrag von LIFE ten aufgelistet werden. hergestellte Bilder im Buch »Dear Fatherland Rest Beim kritischen Durchblick der Literaturangaben quietly« veröffentlicht hatte, werden schließlich auch und des Personenregisters fällt zweierlei sofort auf: die persö!"lliche Intentionen der Photographen mit den Zum einen bleibt der populäre deutsche Film weitge­ Arbeitsergebnissen konfrontiert. hend unberücksichtigt. Deswegen fehlen unter ande­ Insgesamt ist ein Buch entstanden, daß einen rem die Arbeiten von Joseph Garnarz zu diesem wichtigen Beitrag zur deutschen Nachkriegsgeschich­ Thema völlig. Zum anderen waren in der gesamten te leistet, der um so bedeutender ist, als er durch sei­ Stummfilmzeit Film und Kino nicht identisch, worauf ne vielfältigen Blickrichtungen nicht nur hilft, die Bot­ Garnarz in seinem Buch »Filmfassungen« bereits schaften der Bilder besser zu verstehen, sondern Anfang der 90er Jahre aufmerksam machte. Dies auch zu Obergreifenden Fragestellungen Anlaß gibt. bewirkten nicht nur die teilweise willkürlichen Film­ Das Problem einer relativ undifferenzierten, generali­ schnitte, die die Kinobelreiber vornahmen, um zwei sierenden und die Erwartungen des Publikums erfül• oder drei Spielfilme innerhalb einer Vorführung zei­ lenden Berichterstattung der Siegermächte über gen zu können, bzw. die unterschiedlichen Vorführ• Deutschland in den Jahren 1945 und 1946 scheint geschwindigkeiten, mit denen man das jeweilige Pro­ nicht nur für diesen Zeitraum zu bestehen, sondern gramm präsentierte, sondern auch die unterschiedli­ auch für die qualitativen und quantitativen Auswahl­ che Qualität der Erklärer bzw. der Kinor:nusiker. Nach kriterien von Teilen unserer heutigen Auslandsbe­ der Einführung des Tonfilms dauerte es schließlich richterstattung. noch etwa ein weiteres Jahrzehnt, bis auch in kleinen Wolfgang Mühi-Benninghaus, Berlin Kinos Lautsprecheranlagen mit einer einwandfreien Tonqualität installiert waren. Die Transformationsprozesse, denen der Film auf Hans-Michael Bock I Wolfgang Jacobsen (Hrsg.) den Ebenen der Produktion, des VerleihsNertriebs Recherche: Film, Quellen und Methoden der und der Vorführung im Laufe seiner 1OOjährigen Ge­ Fllmforschung. schichte unterlag, sind leider nur partiell berücksich• München: edition text + krititk 1997, 268 Seiten. tigt. Eng mit diesem Punkt zusammenhängend fällt außerdem auf, daß der Film fast ausschließlich als Das Buch stellt nach Auskunft der Herausgeber in ein aus der Geschichte herausgelöstes Phänomen ihrem Vorwort die Basis filmhistorischer und filmtheo­ begriffen wird. So bleiben etwa die Beziehungen zwi­ retischer Arbeit vor. Filmwissenschaftlerinnen und schen Film, Theater oder Unterhaltungsliteratur aus­ Filmwissenschaftler geben einen Überblick über die geblendet, obwohl die gegenseitigen Interdependen­ wichtigsten Epochen der deutschen Filmgeschichte, zen für große Teile der Filmgeschichte offensichtlich erläutern theoretische und historische Ansätze der sind. Forschung und kommentieren die wichtigsten Quel­ Ein vergleichbares Buch fehlt bisher auf dem len. Das Buch will den Zugang zur Filmgeschichte deutschen Markt. Daher war seine Herausgabe ins­ erleichtern, Orientierung schaffen, eine Bestandsauf­ besondere unter dem Gesichtspunkt, daß die Zahl nahme bieten, aber auch einen Blick in die Zukunft der Studierenden filmwissenschaftlicher Studiengän• werfen. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, ge seit Jahren sehr hoch ist, längst überfällig. Inso­ wurde der Band in drei mehrfach unterteilte Kapitel fern ist dieses Buch, und dies betonen Verlag und gegliedert: »Epochen und Methoden«, »Quellen und Herausgeber bereits auf dem Einband ausdrücklich, Archive« sowie »Themen und Forschungen«. ein vorläufiges Ergebnis, das sich der Diskussion 270 Rundfunk und Geschichte 23 (1997) stellt und dafür die notwendigen Voraussetzungen rückbildete und dabei nicht nur im einzelnen >Werk< , schafft. Es will dem Leser vor allem »Filmgeschichte sondern in der ganzen Institution pathetisierte und mit dem Blick nach vom« bieten. Trotz der genannten brutalisierte Imitation des alten Glücks war. Und kon­ Einwände, die sich für die Filmtheorie u.a. auch durch sequent diente auch hier der geifernde Antisemitis­ die fehlende Bewertung der Arbeiten von Joachim mus als Deckung für den beschleunigten Umbau<< (S. Paech ergänzen ließen, bietet das Buch Interessier­ 42). Die Nivellierung der Differenz zwischen Kunst, ten einen guten ersten Einstieg in die deutsche und Volkstümlichkeit und Massenkultur im deutschen Fa­ partiell auch in die internationale Filmwissenschaft. schismus korrespondierte, mutmaßt Seeßlen, mit Wolfgang Mühi-Benninghaus, Berlin dem nationalisierten Aufkommen einer populären Kultur fOr die sich schnell durchsetzenden neuen Kommunikationstechnologien sowie ihre Perzeption. Georg Seeßlen Im dritten Teil »Altes Glück und neues Elend<< Natural Born Nazis. stellt Seeßlen die Frage nach der Rekonstruktion des Faschismus in der populären Kultur [Teiij 2 »alten Glücks« (Karsten Witte) in der deutschen (= Critica diabolis, Bd. 57). Femsehunterhaltung. Jenseits von lnstitutions- bzw. Berlin: Edition Tiamat (Verlag Klaus Bittermann) Organisationsgeschichte des Nachkriegsrundfunks 1996, 191 Seiten. analysiert er anhand einer rudimentären Historiogra­ phie Kontinuitäten der audiovisuellen Inszenierung Das faschistische Bild erweist sich nicht als warnen­ des >alten Glücks< von den 30er bis zu den 90er Jah­ des museales Memoriam der deutschen Nachkriegs­ ren: »Die direkte Fortsetzung des Familienfilms der zeit eingeschrieben; selbiges tradierte sich - in man­ NS-Zeit und des bundesdeutschen Unterhaltungs­ nigfaltiger Derivation und Variation - bis hin in die Po­ films liegt indes in der Konstruktion geschlossener pularkulturen der Gegenwartsgesellschaft. Nach Systeme. Es ist durchaus spezifisch für die deutsche »Tanz den Adolf Hitler« 1 legt der Medienjournalist Serienproduktion, daß sie so manisch den Ort be­ Georg Seeßlen mit »Natural Bom Nazis« den zweiten zeichnet, an dem sich ihre Konflikte abspielen, und Band seiner Studie zum »Faschismus in der populä• daß sie so definitiv unterscheidet zwischen dem In­ ren Kultur« vor. nen und dem Außen, dem Dabeibleiben, dem Weg­ Im ersten Teil »Familienbilder« nähert sich der gehen und dem Wiederkehren, zwischen Heimat und Verfasser (Jahrgang 1948) seinem Thema zunächst Welt« (S. 63). Zu den markantesten Diskursen in den autobiografisch an. Er skizziert ein Sozio- bzw. Psy­ Genres und Sujets der deutschen Fernsehunterhal­ chogramm des eigenen familiaren Umfelds (Groß• tung zählen: die Konstruktion der »großen deutschen eltern, Eltern) über Dezennien hinweg. Sodann kon­ Problemlöser« (der Arzt, die Mutter); das Herunter­ turiert Seeßlen ein »prozedurales Modell« der fa­ transformieren nationaler oder nationalistischer Ge­ schistischen Herrschaft, welches sich aus dreierlei stik, Mimik und Symbolik auf eine »subkutane Ebe­ Komponenten zusammensetzt: erstens, der »faschi­ ne«; die Konstruktion des Deutschseins aus unauffäl• stischen Avantgarde«, einer »totalen Ausformung des ligen Elementen (Regionalsprache, Landschaft, Fa­ Anspruchs auf eine Neugestaltung der Welt nach den miliarität) sowie die Definition des Deutschen und des Prinzipien eines ideologischen und terroristischen Fremden. Resümierend konstatiert Seeßlen: »Das Systems«; zweitens einer »vom äußeren Faschismus alte Glück, zu dessen perfektem Medium das deut­ sich geschützt wähnenden Welt der bOrgerliehen Re­ sche Fernsehen geworden ist, will nichts als die likte und Lebensformen« sowie drittens den »zerfalle­ bruchlose, bewußtlose Fortsetzung und Wiederher­ nen Welten · der nicht-bürgerlichen Klassen, dem stellung« (S. 106). Proletariat, dem Bauerntum, in gewisser Weise der Der letzte Teil »Erzählungen des Nicht-Erzählba• Aristokratie und der Intelligenz, die in ihren je eigenen ren« diskutiert einige historisch jüngere Beispiele der Zerfallsprozessen einen letzten Halt in der unbe­ Thematisierung von Faschismus. Die US-amerikani­ grenzten Aufnahmefähigkeit der von den Faschisten sche Miniserie »Holocaust« (ARD 1979) hielt Einzug versprochenen Volksgemeinschaft sahen« (S. 29). in eine soziokulturelle Atmosphäre, die bereits durch Mit diesem Modell beansprucht der Verfasser zwar einen Perspektivenwechsel in der Präsentation des nicht, etwas zu erklären, beabsichtigt jedoch, gewisse Faschismus gekennzeichnet war. »Dem Fragmenta­ Zusammenhänge zum einen »in der Produktion von rischen und Collagehaften wurde nun in eine mythi­ faschistischen Bildern«, zum anderen »in der Pro­ sche Ganzheit entflohen, die etwas aufgriff, was in duktion von Bildern des Faschismus« (S. 30) aufzu­ der ersten Konstruktion der Entschuldigungsmytho­ zeigen. logie nicht vorhanden war, nämlich ein bizarres Be­ Der zweite Teil »Beschleunigung und Regressi­ kenntnis zur >Faszination< des Dritten Reichs« (S. on« widmet sich dem Komplex des faschistischen 136). Steven Spielbergs Spielfilm »Schindlers Liste<< Bildes. ln Analogie zur politischen Mythologie des (1994) hingegen zeugt von den Grenzen, die dem Nationalsozialismus suggerierte die faschistische filmischen Erzählen innewohnen. Die Aufhebung des >Kunst<, so Seeßlen, den »niederen Ständen« (Prole­ Paradoxes vom Erzählen des Nichterzählbaren, fOr tariat, Bauerntum, unterprivilegierte Jugend), sie die der Regisseur, so Seeßlen, alles ihm Mögliche könnten an einem kulturellen Sektor partizipieren, versuchte, vermochte allerdings jenes Paradox in den zuvor das Bürgertum allein zu dominieren wußte. sich nicht aufzulösen. Volker Schlöndorffs »Der Un­ Die Heiligkeit der >Kunst< für die Klasse wurde destru­ hold« (1996) nennt der Verfasser den »erste[n] gro­ iert, damit sie die Heiligkeit fOr die gesamte Nation ße[n] deutsche[n] Faschismusfilm der >Unbefangen­ repräsentiert. »Diese Bildproduktion entsprach inso­ heit<« (S. 168). Da das Sujet einerseits eindeutig, an­ fern der Konstruktion der faschistischen Gesellschaft, dererseits mehrdeutig arrangiert ist, hätte sich hinrei­ als sie sich in eine ständisch-manufakturierte zu- chend Gelegenheit ergeben, den narrativen Duktus Rezensionen 271

(selbst-)kritisch zu kommentieren, zu brechen und zu Leben gekommenen Korrespondenten der lndochina­ befragen. Bei Art Spiegelmans »Maus« (1986, 1991) kriege dort ein Denkmal zu setzen. Das Resultat ist handelt es sich um einen zweiteiligen Comicstrip. Mit eine Mischung aus investigativem Journalismus, Rei­ Bedacht wählt der Autor dieses Medium. ln Bildbre­ sebericht und Tagebuch. chungen sowie -konstellationen nähert sich der Co­ Page bereist Vietnam von Süd nach Nord, im micstrip den Geschehnissen auf eine Art und Weise, Geländefahrzeug und mit der Bahn, im wesentlichen so daß am Ende nicht einmal mehr die Zuflucht in entlang der »Wiedervereinigungs«-Bahnstrecke von »bloße Betroffenheit« steht. »Es ist die Arbeit des Ho-Chi-Minh-Stadt, dem ehemaligen Saigon, nach Nicht-Vergessens selbst« (S. 188). Hanoi. Er fährt dritter Klasse und berichtet von seinen Bedauerlicherweise unterläßt Seeßlen eine ein­ Erlebnissen mit den Einheimischen, deren Lebens­ gehende Diskussion der Forschungslage, verzichtet umständen, der allmächtigen Bürokratie, schildert die weitgehend auf Recherchen und enthält sich vor al­ Schönheit (teilweise auch Ödnis) der Landschaften. lem einer Reflexion auf >Faschismus<-Theorien. Eini­ Häufig wird die Erzähllinie von >flashbacks< unterbro­ ge dieser Einwände wurden bereits begründet gegen chen, die den Autor in die Zeit des Krieges zurückfüh• die erste Teilstudie vorgebracht. Seeßlen meint, ren. Eingestreut sind Begegnungen mit Kriegsvetera­ letzteren Kritikpunkt mit einem bekannten rhetori­ nen aller Parteien: nordvietnamesischen, südvietna• schen >Totschlag-Argument< entkräften zu können: mesischen und amerikanischen. »Der Vorwurf, ich hätte mich im ersten Band über Fa­ Pages Recherchen, an denen er den Leser teil­ schismus in der populären Kultur geweigert, >Faschis­ haben läßt, führen ihn mehrmals auch nach Kambod­ mus< zu definieren, wird nun weiter dorthin führen, scha. Die Aufklärung des Schicksals seiner zwei woraus man sich 50 Jahre lang vergeblich zu lösen Freunde, die dort von Partisanen der »Khmer Rouge« versuchte: in die >Verstrickung«< (S. 26). Eine solche ermordet wurden, und das Pflanzen eines heiligen Auskunft kann den Verfasser allerdings nicht aus der Bodhi-Baumes in der früheren »Entmilitarisierten Zo­ gebotenen politischen Einordnung und Bewertung der ne« Vietnams (einst Ort grausamster Gefechte) erlebt Sachverhalte entlassen - sein »prozedurales Modell« der Autor als spirituell-religiöse Pilgerreise: daß er ist lediglich ein erster Anfang. Es beschreibt im An­ den Ort der Hinrichtung von Flynn und Stone ausfin­ satz den Terror des Nationalsozialismus als »Ant­ dig macht, beschreibt Page als eine Erlösung aus wort« auf die kulturelle, soziale, mythische und se­ langjährigen Alpträumen. Auf Pathos verzichtet er xuelle Destruktion bürgerlicher Weltsichten. dabei. Seine Augen sind auch weniger in die Vergan­ Von diesen grundlegenden Dilemmata einmal ab­ genheit als vielmehr nach vom gerichtet: in die Ge­ gesehen, zeigt sich Seeßlen in der Lage, einige inno­ genwart und in die Zukunft der Länder Südostasiens vative Akzente, was Bildproduktion und Faschismus und ihrer Bewohner. betrifft, zu setzen. Seine Längsschnittuntersuchungen Pages Darstellung wird deutlich von seinem pho­ zum deutschen Unterhaltungsfilm sowie zur deut­ tographischen Blick dominiert. Sie verbindet Farbig­ schen Fernsehserie, die zu Recht immer wieder auf keit und Tiefenschärfe mit Detailreichtum, vermittelt die besonderen Kristallisationspunkte des >alten zugleich kritisch die Kontraste und Widersprüche ei­ Glücks< mit Anleihen bei der »Ufa-Herrlichkeit« der ner Region im Umbruch. Der Autor denkt nicht in 30er Jahre respektive bei der »Wirtschaftswunder­ Schwarzlweiß- oder Freund/Feind-Kategorien, spielt zeit« der 50er Jahre hinweisen, können mit auf­ sich an keiner Stelle als Lehrmeister auf - er nimmt schlußreichen Resultaten aufwarten. Hier hat sich auf und entwickelt seine eigenen Gedanken. Die Seeßlen sicherlich Verdienste um die Einsicht in Be­ Landschaften und die Menschen, die er trifft, sind für dingungen, Folgen und Konsequenzen des faschisti­ ihn nicht Hintergrund, sondern reiche Quellen, denen schen Bildes und dessen Fortwirken in der populären sich Page verständig und mit wachem Auge nähert. Kultur erworben. Allein dieser Erkenntnisgewinn lohnt »Derailed in Uncle Ho's Victory Garden« ist nicht nur die Lektüre seines Buches. eine Reisereportage in der Tradition des literarischen Christian Filk, Köln Journalismus, sondern auch ein feinfühliger, oftmals komischer, manchmal auch schmerzvoller Bericht Vgl. Georg Seeßlen: Tanz den Adolf Hitler. Fa­ über die Kreuzung von Lebenswegen und Zeitge­ schismus in der populären Kultur [Teil 1] (= Critica schichte. Dabei entgleist Page allerdings häufig der diabolis, Bd. 47). Berlin 1994. Stil. Verworrene Endlos- oder schlichtweg sperrige Sätze sowie zu viele Schreibfehler verweisen auf ei­ ne offensichtlich mangelhafte (wohl eher: nicht vor­ Tim Page handene) Lektoratsbetreuung. Page ist ein guter Er­ Oerailed ln Uncle Ho's Victory Garden. zähler, jedoch ein noch besserer Photograph. Return to Vietnam and Cambodia. Oliver Zöllner, Köln London u.a.: Touchstone Books 1995,252 Seiten. 1 Vgl. Tim Page: Tim Page's Nam. NewYork 1983. Anfang der 90er Jahre kehrt Tim Page, prominenter Photograph und Berichterstatter des Vietnamkrieges, an die Schauplätze seiner Vergangenheit zurück - in die Länder Südostasiens, die ihn seit seinem ersten Aufenthalt 1965 nicht mehr losgelassen und ihn tief geprägt haben.1 Ziel seiner Reisen nach Vietnam und Kambodscha: die näheren Umstände des Todes der beiden Journalisten und Freunde Sean Flynn und Dana Stone im Jahre 1970 zu klären und allen ums Bibliographie

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darin: Frühgeschichte des französischen Rund­ (SBZ). ln: Estermann, Monika, Edgar Lersch (Hrsg.): funks; Medienpolitische Entwicklung von 1981 bis Buch, Buchhandel und Rundfunk 1945- 1949. Wies­ 1986. baden 1997. S. 96-111. Kießling, Bemd: Der Sirenengesang des Massenra­ Nix, Markus: Das literarische Programm des SWF dios und die Arroganz seiner Hörer. ln: Universitas. 1946 - 1949. ln: Estermann, Monika, Edgar Lersch Jg. 52 . 1997. H. 3. S. 250-259. (Hrsg.): Buch, Buchhandel und Rundfunk 1945 - Über das heutige »Massenradio« als »Dudel-« 1949. Wiesbaden 1997. S. 60-73. und »Verführungsfunk«. Der Autor sieht »in dem vom Odenwald, Ulrike: Siegtried Hartmann, Regisseur. ln: modernen Radio verursachten >Nebenbeihören< Film und Fernsehen. 1997. H. 2. S. 55-58. Keimzellen einer wachsenden Widerstandskraft des Über die Kinder- und Märchenfilme des Regis­ Hörers gegen eine totale Vereinnahmung durch das seurs für die DEFA und das Fernsehen der DDR. Medium«. Mit einem Rückblick auf das »Verführungs• potential« des Radios seit den 20er Jahren. Pleines, Heiko: Entwicklungen im russischen Me­ dienmarkt. Rundfunk und Presse zwischen staatli­ Klaus, Elisabeth: Revolutioniert Multimedia die Ge­ cher Kontrolle, wirtschaftlicher Krise und Konzentrati­ schlechterbeziehungen? ln: Feministische Studien. on. ln: Media Perspektiven. 1997. H. 7. S. 391-399. Jg. 15. 1997. Nr. 1. S. 7-20. Über die geschlechtsspezifische Nutzung und Schanze, Helmut: Kassation? Ein Thema und kein Aneignung der neuen Medientechnologien mit einem Ende. ln: Info 7. Jg. 11. 1996. H. 2. S. 98-101 . historischen Rückblick auf die Aneignung der jeweils Zur Bedeutung von Bild- und Tonträgern in neuen Medientechnologien durch Frauen und Män• Rundfunkarchiven als historische Quelle. ner in Alltag und Familie. Schildt, Axel: Kontinuität und Neuanfang im Zusam­ Kleine, Thilo: Die amerikanische Dominanz im deut­ menbruch. ln: Estermann, Monika, Edgar Lersch schen Film- und Fernsehmarkt ln: Barteismann (Hrsg.): Buch, Buchhandel und Rundfunk 1945 - Briefe. 1997. H. 137. S. 32-36. 1949. Wiesbaden 1997. S. 9-33. Historischer Rückblick seit den 30er Jahren. darin: Überblick Ober die Medien nach 1945. Koszyk, Kurt: Zeitungskunde in der Weimarer Re­ Schmidt, Uta C, Monika Pater: »Adrie,nes Hochan­ publik. ln: Massenkommunikation. Ergebnisse und tenne«. Geschlechtsspezifische Aspekle medialer Perspektiven. Gerhard Maletzke zum 75. Geburtstag. Durchsatzungsprozesse am Beispiel des Rundfunks. Fünfgeld, Hermann, Claudia Mast (Hrsg.): Opladen ln: Feministische Studien. Jg. 15. 1997. Nr. 1. S. 21- 1997. S. 29-49. 33. Der Aufsatz basiert auf Ergebnissen des For­ Kretzschmar, Robert: Nichtstaatliche und audiovisuel­ schungsprojekts »Zuhören und Gehörtwerden. Ra­ le Überlieferung. Gefährdung und Lösungswege zu diogeschichte und Geschlechterordnung im Dritten ihrer Sicherung. ln: Info 7. Jg. 11 . 1996. H. 2. S. 118- Reich und der DDR der Fünfziger Jahre« an der Uni­ 128. versität Hannover. Bericht über die Tagung »Nichtstaatliches Archiv­ gut: Gefährdungen und Lösungswege zur Sicherung« Schmolke, Michael: Kommunikationsgeschichte. ln: am 23. 4. 1996 in Rastatt, die auch das audiovisuelle Kommunikationswelten. Wissenschaftliche Perspek­ Archivgut der Rundfunkanstalten und seine Bedeu­ tiven zur Medien- und lnformationge&ellschaft. lnns­ tung als historische Quelle zum Thema hatte. bruck, Wien 1997. S. 19-44. Kommunikationsgeschichte: ein neues Konzept; Kreutz, Anja: Rührung statt Fakten. Bildschirmmaga­ Kommunikationsgeschichte als Strukturgeschichte; zine im Illustriertenformat ln: Medien + Erziehung. Resultate kommunikationsgeschichtlichen Arbeitens. Jg. 41. 1997. Nr. 4. S. 244-247. Über Boulevard-, Prominenten- oder Lifestyle-Ma­ Schrage, Dominik: Soziale Bänder. Über zwei Vor­ gazine mit einem Kapitel zur Gattungsgeschichte. schläge zum Einsatz des Radios bei der Ordnung von Gesellschaft. ln: Ästhetik und Kommunikation. Lersch, Edgar: Historische Rundfunkarchive: Überle• Jg. 26. 1997. H. 96. S. 31-35. gungen zur archivwissenschaftlichen Theoriebildung Über die Radiomodelle von Bertolt Brecht und Ri­ in der Medienüberlieferung. ln: Info 7. Jg. 11. 1996. chard Kolb aus dem Jahr 1932. H. 2. S. 104-109. Schröder, Beate: »Ene mene miste, es rappelt in der Mast, Claudia: Gerhard Maletzke 75 Jahre. ln: Publi­ Kiste. Ene mene meck - und Du bist weg!«. ln: Medi­ zistik. Jg. 42. 1997. H. 2. S. 229-230. en und Erziehung. Jg. 41. 1997. Nr. 3. S. 176-178. Kommunikationswissenschaftler (Universität Ho­ Über die Geschichte und das Ende der Kinderre­ henheim, Medienforschung Süddeutscher Rundfunk). daktion »Kleine Reihen - Familienprogramm« des Mehany-Mitterrutzner, Christa: Das Dokumentations­ ZDF. archiv des österreichischen Widerstandes (DÖW). ln: Schütte, Georg, Joachim Friedrich Staab: Kontinuitä• Medien & Zeit. Jg. 12. 1997. H. 2. S. 20-29. ten, Ausdifferenzierungen und Umbrüche: Von Fem­ darin: Kommunikationswissenschaftliche Quellen sehnachrichtensendungen zu Multimedia-lnformatio­ imDÖW. nen in den USA und Deutschland. ln: Kreuzer, Hel­ Mühi-Benninghaus, Wolfgang: Literatur- und Hör• mut, Helmut Schanze (Hrsg.): Bausteine IV. Beiträge spielproduktionen in den Programmen des Nach­ zur Ästhetik, Pragmatik und Geschichte der Bild- kriegsrundfunks der Sowjetisch Besetzten Zone 276 Rundfunk und Geschichte 23 (1997)

Schirmmedien (Arbeitshefte Bildschirmmedien. 65). ln: Evangelische Kommentare. Jg. 30. 1997. Nr. 4. S. Siegen 1997. S. 17-31 . 206-208. Zur Geschichte der Kriegs- und Krisenberichter­ Schumacher, Renate, Edgar Lersch: Die Überliefe• stattung als »Geschichte der Desinformation, Ver­ rung von Tonquellen und Schriftgut der Rundfunksta­ schweigung und Manipulation«. tionen zu Verlagswesen und Literatur im Rundfunk der Nachkriegszeit (1945- 1949). ln: Estermann, Mo­ Wilke, JOrgen, Stephan Sartoris: Radiopropaganda nika, Edgar Lersch (Hrsg.): Buch, Buchhandel und durch Geheimsender der DDR im Kalten Krieg. ln: Rundfunk 1945- 1949. Wiesbaden 1997. S. 145-157. Wilke, JOrgen (Hrsg.): Pressepolitik und Propaganda. Historische Studien vom Vormärz bis zum Kalten Schwarzkopf, Dietrich: Zu Eberhard Fechners »Nach­ Krieg. Köln, Weimar, Wien 1997. S. 285-331. rede auf Clara Hedebreck« (1970). ln: Reimers, Karl Der Deutsche Freiheitssender 904; Der Deutsche Friedrich u.a, (Hrsg.): Unser Jahrhundert in Film und Soldatensender 935. Fernsehen. Beiträge zu zeitgeschichtlichen Film- und Fernsehdokumenten. Konstanz 1995. S. 159-166. Wuermeling, Henric L.: Gedanken aus meiner Werk­ Der Beitrag geht auch auf Fechners (Dokumentar­ statt zur Jahrhundertwende. ln: Reimers, Karl Fried­ film-)Arbeit fOr den NDR Oberhaupt ein. rich u.a. (Hrsg.) Unser Jahrhundert in Film und Fern­ sehen. Beiträge zu zeitgeschichtlichen Film- und Seibert, Peter: »Fernsehdramatik« versus »Bühnen• Fernsehdokumenten. Konstanz 1995. S. 267-270. dramatik«?: zu einer Reputationsverschiebung zwi­ Über die historische Bedeutung zeitgeschichtli­ schen zwei Medien in der DDR. ln: Kreuzer, Helmut, cher Fernsehdokumentationen (Ober Deutschland) Helmut Schanze (Hrsg.): Bausteine IV. Beitrage zur aus den Eifahrungen des Autors als Dokumentarfil­ ·Ästhetik, Pragmatik und Geschichte der Bildschirm- mer und als Leiter der Redaktion Politik I Zeitge­ medien (Arbeitshefte Bildschirmmedien. 65). Siegen schichte des Bayerischen Fernsehens. 1997. s. 17-31. Historischer Überblick Ober die Entwicklung von Zur Kooperation von öffentlichen Archiven mit Pro­ Theater im Fernsehen und die Anregungen der Fem­ grammarchivender Rundfunkanstalten. ln: Info 7. Jg. sehdramatik auf Bühneninszenierungen in der DDR. 11. 1996. H. 1. S. 14-24. Robert Kretzschmar: Hörfunk- und Fernsehpro­ Steinmaurer, Thomas: Tele-Vision. Zur Theorie und duktionen als Quellen der Landesgeschichte. Die Geschichte des Fernsehempfangs. ln: Kommunikati­ audiovisuelle Überlieferung und die Staatliche Ar­ onswelten. Wissenschaftliche Perspektiven zur Me­ chivverwaltung Baden-Württemberg. dien- und lnformationsgesellschaft. lnnsbruck, Wien Edgar Lersch: So verfehlt die Archivkooperation 1997. s. 45-68. ihr Ziel. Archivtheoretische Anmerkungen zur Siche­ Venus, Theodor: Die Archivbestände der Stiftung rung landesgeschichtlicher Quellen im Rahmen der Bruno Kreisky Archiv. Dargestellt anhand der Mate­ Archivkooperation zwischen dem Süddeutschen rialien zur Medienpolitik der Regierung Kreisky 1970- Rundfunk und der Landesarchivdirektion Baden­ 1983. ln: Medien und Zeit. Jg. 12. 1997. H. 1. S. 45- WOrttemberg. 53. Rudolf Lang, Köln Vollberg, Susanne: Kuppelei auf allen Kanälen. Ge­ schichte und Funktion neuer und alter Single-Shows. ln: Medien und Erziehung. Jg. 41. 1997. H. 2. S. 118- 122. Wagner, Hans-Uirich: Eng vernetzt Das Hörspielpro• gramm von Radio MOnehen 1945 bis 1949. Eine Fallstudie. ln: Estermann, Monika, Edgar Lersch (Hrsg.): Buch, Buchhandel und Rundfunk 1945 - 1949. Wiesbaden 1997. S. 76-95. Der prägende Einfluß der Kommunikatoren; Das Hörspiel und die Programmacher (Fritz Benscher, Kurt Wilhelm, Arnold Weiß-ROthel); Von der Ree­ ducation zur Restitutio hominis; Das Hörspiel und die Literaturpolitik. Walitsch, Herwig: Zur Technikgeschichte der opti­ schen Medien. ln: Medien & Zeit. Jg. 11. 1996. H. 4. s. 30-51. Zur Vor- und FrOhgeschichte des Fernsehens; Die mechanische Ära; Die elektronische Ära; Zur Fernsehaufzeichnung und zum Zusammenhang zwi­ schen photographisch-filmischer und elektronischer Bildverarbeitung. Weilnböck, Harald: Vorm Karren der Militärs. Die Medien sind zum Mittel der Kriegsführung geworden. Mitteilungen des Studienkreises Rundfunk und Geschichte

Jahrestagung und Dr. Otfried Jarren und Prof. Dr. Günter Bentele Mitgliederversammlung des wiesen jeweils mit grundsätzlichen Statements Studienkreises Rundfunk und die Richtung für eine systematischere Grundle­ gung, als dies die Tagung leisten konnte, auch Geschichte 1997 in Potsdam der historischen Betrachtung des Themas. Jar­ ren machte darauf aufmerksam, daß man Ereig­ Jahrestagung nisorte, Produktionsorte, Vertriebsorte und Re­ Die Jahrestagung 1997 des »Studienkreises zeptionsorte unterscheiden und jeweils deren Rundfunk und Geschichte« fand vom 18. bis 20. Interdependenz aber auch die unterschiedlichen September 1997 in Potsdam-Babelsberg auf wirtschaftlichen und sozialen Einflußfaktoren auf dem Gelände des Ostdeutschen Rundfunks jeden von ihnen betrachten müsse, um dann Brandenburg (ORB) und auf filmgeschichtlich daraus gewisse Gesetzmäßigkeiten und Stufen bedeutsamem Boden statt, d.h. in Sichtweite der der Entwicklung von Medienstandorten ableiten ehemaligen UFA-Studios, in denen zahlreiche zu können. Bentele fügte ergänzend hinzu, daß Meisterwerke der deutschen Filmgeschichte ent­ die technische Entwicklung der Verbreitungswe­ standen sind. Zahlreiche Teilnehmer nutzten am ge dazu geführt habe, daß im Gegensatz zu frü• Ende der Veranstaltung die Gelegenheit, das her vor allem Produktion und Rezeption immer nach dem Stillstand der Nachwendezeit inzwi­ weniger in einem räumlichen Zusammenhang schen wieder belebte ehemalige DEFA-Gelände stehen. zu besichtigen. Dank der tatkräftigen Unterstüt• Die abschließende Podiumsdiskussion ihrer­ zung durch den ORB verlief die Tagung in einem seits machte deutlich, daß nach wie vor der Pro­ sehr angenehmen äußeren Rahmen. Regen Zu­ duktionsstandort von gewissen Standortfaktoren, spruch fanden wie immer die Sitzungen der beispielsweise dem kulturellen Umfeld, abhängig Fachgruppen. Die dort gehaltenen Vorträge zum ist. Doch machte die kontroverse Diskussion um Verhältnis von AV-Überlieferung als Quelle der den zukünftigen Rang der Medienregion Ber­ Geschichtswissenschaft und über die Entwick­ lin/Potsdam im vereinten Deutschland auch lung der Tonaufzeichnungstechnik werden in ei­ deutlich, daß dieser Zusammenhang keines­ wegs mehr automatisch gegeben ist. ner der kommenden Ausgab~::n von »Rundfunk .... und Geschichte« abgedruckt werden. Aus dem Rahmen der sonstigen Jahresta­ Mitgliederversammlung gungen mit ihren meist der Rundfunkpolitik ge­ Am Beginn der Mitgliederversammlung stand der widmeten »Kaminabenden« fiel der Eröffnungs• Rechenschaftsbericht des Vorsitzenden Dr. Hel­ abend im Filmmuseum Potsdam: Gleichfalls dem mut Drück. Der Vorsitzende erinnerte an die er­ geschichtlichen Hintergrund des Medienstand­ folgreich verlaufene Jahrestagung Anfang Okto­ orts Berlin-Potsdam angemessen stellten sich ber 1996 in Wien und gab eine Vorschau auf mehrere Berliner Einrichtungen vor, die medien­ kommende Jahrestreffen des Studienkreises. geschichtlich bedeutsame Überlieferungen be­ Vom 4. bis 7. November 1998 werde die Jahres­ wahren bzw~ dies - wie die geplante Deutsche tagung im Rahmen der »Mitteldeutschen Me­ Mediathek- für die Zukunft planen. Die Melange dientage« in Leipzig stattfinden. Das Thema ste­ von zauberhafter Barockstadt, die weitgehend he fest und laute: »Apokalyptiker und Euphori­ zerstört ist, und preußischem Militarismus do­ ker. Mediale Umbrüche in unserem Jahrhundert: kumentierte der »Potsdamfilm« des Filmmuse­ Prognosen und Fakten«. Für 1999 sei eine Ta­ ums mit Aufnahmen aus allen Jahrzehnten des gung zur Fernsehgeschichte vorgesehen, im 20. Jahrhunderts. Jahre 2 000 sei eine Tagung im Rahmen der Da die Vorträge zur Problematik von Me­ Expo 2 000 und ihren regionalen Veranstaltungs­ dienstandorten in Geschichte und Gegenwart - schwerpunkten im nordwestdeutschen Raum dem Generalthema der Jahrestagung - voraus­ denkbar. sichtlich geschlossen in Heft 1/1998 von »Rund­ Drück ging auf die trotz der Beitragserhöhung funk und Geschichte« veröffentlicht werden, er­ nicht einfache Finanzlage des Vereins ein. Sie übrigt es sich an dieser Stelle, auf die Ausfüh• sei insbesondere dadurch gekennzeichnet, daß rungen von Dr. Detlev Briesen, Dr. Ansgar Diller, eine größere·Zahl korporativer Mitglieder ausge­ Prof. Dr. Klaus Kreimeier, Hermann D. Schröder, treten und die Bereitschaft zum Sponsoring und Dr. Michael Schaudig, Prof. Dr. Rüdiger Stein­ vergleichbarer Unterstützung von Jahrestagun- metz, und Dr. Busso Grabow einzugehen. Prof. 278 Rundfunk und Geschichte 23 (1997) gen und anderen Aktivitäten des Studienkreises Marianne Ravenstein, Münster und Dr. Heide erheblich zurückgegangen sei. Auch die Herstel­ Riede!, Berlin (Beisitzer). lung von »Rundfunk und Geschichte« habe sich EL gegenüber früheren Jahren stark verteuert und verbrauche den größten Teil der Mitgliedsbeitra­ ge. Eine Konzentration der Kratte sei daher not­ wendig. Unverzichtbare Bestandteile der Aktivitä• ten des Vereins seien die Jahrestagungen mit den Veranstaltungen der Fachgruppen und dem Forschungsfenster. Hinzu komme das Dokto­ randenkolloquium und die Zeitschrift. Für das Doktorandenkolloquium (eine neue Bezeichnung ist im Gesprach) müßten - etwa durch eine hö• here Eigenbeteiligung der Teilnehmer und einen preisgünstigeren Tagungsort wie eine Heim­ volkshochschule bzw. eine Bildungsstätte - ebenso wie für die Zeitschrift aber unbedingt Kostenreduzierungen erreicht werden. Trotz der beschriebenen Probleme stehe je­ doch der Verein konsolidiert da, müsse sich aber immer wieder über seine mittel- bis längerfristi• gen Zielsetzungen und den damit verbundenen Mitteleinsatz klar werden. Ihm, Drück, scheine die »Oualitatsdiskussion« über das Rundfunk­ programm ein immer wichtiger werdendes The­ ma, woran sich auch der Studienkreis mit eige­ nen Beitragen beteiligen könne. Zurückhaltend betrachte er ein Eingehen auf die medienpoliti­ schen Alltagsfragen, die auf den zahlreichen Medienkongressen der Landesregierungen und politischen Parteien ausgiebig und erschöpfend behandelt würden. ln einer Iangeren und lebhaften Aussprache kritisierten mehrere Mitglieder - mit Blick auf den Bekannheitsgrad und das Interesse an der Ar­ beit des Studienkreises, der daraus resultieren­ den Mitgliedschaft und den Mitgliedsbeitragen sowie die auch möglichen institutionellen Förde• rer und Sponsoren - vor allem die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Vorstandes. Hingewie­ sen wurde als potentielle Interessentenkreise z.B. auf rundfunktechnische Sammlervereinigun­ gen sowie auch die journalistischen Mitarbeiter in den Rundfunkanstalten. Auch wurde darauf hingewiesen, daß die Kontakte zu den kommer­ ziellen Rundfunkveranstaltern intensiviert wer­ den müßten. Nach der förmlichen Entlastung des von 1995 bis 1997 amtierenden Vorstands standen Neu­ wahlen an. Der geschaftsführende Vorstand setzt sich für die beiden kommenden Jahre wie folgt zusammen: Dr. Helmut Drück, Berlin (Vor­ sitzender); Dr. Walter Klingler, Baden-Baden und Prof. Dr. ROdiger Steinmetz, Leipzig (stellvertre­ tende Vorsitzende); Dr. Edgar Lersch, Stuttgart (Schriftführer); Dr. Michael Crone (Schatzmei­ ster); Prof. Dr. Lothar Albertin, Horn - Bad Mein­ berg, Dr. Ansgar Diller, Frankfurt .am Main, Dr. lnformationert ~~, aus dem Deutschen Rundfunkarchiv

CDs mit Tondokumenten druck, sie ist aber selbst dann, wenn er englisch Bertolt Brechts erschienen spricht, sofort zu erkennen. Die Edition ist Ober den Buchhandel zu be­ Unter dem Titel »An die Nachgeborenen« hat ziehen (ISBN 3-89584-377-6). Der HörVerlag Monehen in Kooperation mit der DRA Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv (DRA) Frankfurt am Main - Berlin anlaßlieh von Bertolt Brechts 100. Geburtstag am 10. Februar 1998 CD »Frauenstimmen 1908 - 1997 « zwei CDs mit Tondokumenten publiziert. Die er­ halten gebliebenen Inszenierungen von Hörspie• Deutsches Historisches Museum, Berlin, Stiftung len und Lehrstocken, die Lieder, Gedichte, In­ Deutsches Rundfunkarchiv (DRA) Frankfurt am terviews und Diskussionsbeitrage, von denen Main - Berlin, sowie SUddeutscher Rundfunk etliche im Rundfunk ausgestrahlt wurden, stam­ (SDR), Stuttgart, haben gemeinsam eine CD men mit einer Ausnahme aus den Bestanden »Frauenstimmen 1908 - 1997« in der Reihe des DRA, widerspiegeln aber nur einen Bruchteil »Stimmen des 20. Jahrhunderts« herausgege­ von Brechts Radioaktivitaten. Ziel der Edition ben. Die 41 Originaltöne spiegeln die gesell­ von 15 Tondokumenten ist es, das kOnstlerische schaftliche, politische, kOnstlerische und alltagli­ Werk des Autors möglichst in seiner ganzen ehe Lebenswirklichkeit von Frauen im 20. Jahr­ Vielfalt zu präsentieren und ihn auch als konse­ hundert .wider. ln der Edition werden viele quenten Gegner von Krieg und Faschismus zu Aspekte der Frauenbewegung, der Kampf um Wort kommen zu lassen. die juristische Gleichberechtigung und die Betei­ Als älteste Tondokumente des Brechtsehen ligung am öffentlichen Leben berocksichtigt. Die CEuvres ist die »Moritat von Meckie Messer« und Auswahl der Tondokumente beginnt mit der eng­ das »Lied von der Unzugänglichkeit menschli­ lischen Frauenrechtlerin Christabel Pankhurst, chen Lebens« aus der »Dreigroschenoper« von die mit einer 1908 gehaltenen Rede, in der sie 1929 Oberliefert, das jOngste Tondokument halt ein gesetzlich verbrieftes Frauenwahlrecht for­ Regieanweisungen wahrend einer Probe des dert, zu Wort kommt; sie endet mit einer Anspra­ Berliner Ensembles fOr »Das Leben des Galilei« che der Präsidentin des Bundesverfas~ungsge­ am 18. Februar 1956 - wenige Monate vor richts, Jutta Limbach, Ober Solidarität und Förde• Brechts Tod - fest. Zu hören ist aber auch das rung von Frauen aus dem Jahr 1997. Zum 1919 Hörspiel »Der Ozeanflug« in einer Inszenierung in Deutschland erkämpften Frauenwahlrecht ist von Ernst Hardt vom 18. Marz 1930 und das auch die Reichstagsabgeordnete der SPD Marie Hörspiel nach dem Theaterstock »Die heilige Juchacz anlaßlieh der Reichstagswahl 1928 zu Johanna der Schlachthöfe« unter der Regie von hören. Eindringlich schildert Charlotte Grunow, Altred Braun vom 11. April 1932 (das Theater­ eine Überlebende des Vernichtungslagers Au­ stock wurde erst 1959 im Hamburger Schau­ schwitz, unmittelbar nach der Befreiung 1945 ih­ spielhaus uraufgefOhrt) - beide sind als Aufnah­ re Erlebnisse im KZ. Mit der Gleichberechtigung men der Funk-Stunde Berlin Oberliefert. Festge­ befaßt sich die SPD-Abgeordnete Elisabeth Sei­ halten sind Brechts Vernehmung vor dem bert 1949 in einer Rundfunksendung, nachdem McCarthy-Ausschuß des amerikanischen Kon­ der entsprechende Artikel des Grundgesetzes im gresses zur Untersuchung »unamerikanischer Parlamentarischen Rat verabschiedet worden Aktivitaten« am 30. Oktober 1947, bei der er sich war. Die Berliner OberbOrgermeisterin Louise mit Ironie und Witz elegant einer prekären Situa­ Sehröder bringt in einer Sitzung der Stadtverord­ tion zu entziehen weiß, die Ansprache zur Ent­ netenversammlung 1948 die Auswirkungen der gegennahme des Stalin-Friedenspreises am 25. Währungsreform in den Westzonen auf die Vier­ Mai 1955 in Moskau, aber auch die Rede zu­ Machte-Stadt zur Sprache. Die CDU-Politikerin gunsten des umstrittenen Stocks »Katzgraben« Elisabeth Schwarzkopf äußert sich in einem von Erwin Strittmacher wahrend des vierten ROckblick 1983 zu ihrer Berufung als erste Bun­ Deutschen Schriftstellerkongresses am 12. Ja­ desministerin durch Kanzler Konrad Adenauer nuar 1956 in Berlin - Passagen, die im gedruck­ 1961. Weitere Politikerinnen wie Hilde Benjamin, ten Protokollband der Veranstaltung fehlen. Annemarie Renger, Petra Kelly, Rita Sossmuth, Brechts eindringliche Stimme mit ihrem baye­ Regine Hildebrandt sind zu hören, aber auch risch-schwabischen Akzent kommt vor allem bei Frauen, die sich, wie Beate Klarsfeld und Marga­ seinen selbst gesungenen Liedern zum Aus- rete Mitscherlich, zur Vergangenheitsbewalti- 280 Rundfunk und Geschichte 23 (1 997) gung außern. Die Stimmen von lda Ehre, lnge­ Aufnahmen des borg Bachmann, lrmtraud Morgner, Elfriede Jeli­ Reichssenders Straßburg im nek, Gabriele Wohmann, Lotti Huber, Christa Wolf oder Alice Schwarzer sind beispielhaft fOr Deutschen Rundfunkarchiv KO~stlerinnen und Publizistinnen. Alltagsge­ schichte dokumentieren Interviews mit Berliner Im Rahmen eines Austauschs mit dem Institut Trümmerfrauen 1947 und eine Rundfunkrepor­ National de I'Audiovisuel in Paris hat die Stiftung tage vom Kölner Schwarzmarkt 1948. Außer der Deutsches Rundfunkarchiv (ORA) Frankfurt am Aufnahme von Christaber Pankhurst enthalt die Main - Berlin im Sommer 1997 Umschnitte von deutschsprachigen Rundfunkaufnahmen des Edition die Stimmen von Virginia Woolf sowie Simone de Beauvoir als wichtige Dokumente zur Reichssenders Straßburg aus dem Jahr 1941 internationalen Frauenbewegung. Die Tondoku­ erhalten. Es handelt sich dabei um 24 - jeweils mente stammen mit wenigen Ausnahmen aus bis zu fünf Minuten lange -journalistische bzw. propagandistische Beitrage zu verschiedenen dem DRA und dem SDR. Die CD ist bei den be­ teiligten Herausgebern fOr DM 9,95 erhältlich. Aspekten des Alltags- und d,es kulturellen Le­ DRA/SDR ~ens im ~setzten Elsaß, die vor allem wegen 1~res regionalen Einschlags interessant sind. Uberliefert sind Ansprachen elsassischer Natio­ CDs »0-Ton Berlin. nalsozialisten sowie Berich~e beispielsweise Ober lokale Einrichtungen der Nationalsozialisti­ Kalter Krieg im Äther« schen Volkswohlfahrt, Gutenbergs Druckversu­ che in Straßburg, die Aussta~ung eines traditio­ Als Kooperationsprojekt von DeutschlandRadio nellen elsassischen Hauses, eine auf die Ver­ Berlin, Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv wertung von Kaninchen- und Kleintierfellen spe­ Frankfurt am Main - Berlin, Sender Freies Berlin zialisierte Kleinstadt, die Baus~elle der Reichsau­ und Zentrum fOr Berlin-Studien ist auf zwei CDs tobahn in Ettlingen und deren 1elsassische Arbei­ die Edition »0-Ton Berlin« erschienen. 74 Ton­ ter. Die Berichte hatten das Ziel, sowohl das aufnahmen dokumentieren die Entwicklung des »Deutschtum« des Elsaß' als auch seine viel­ Kalten Krieges von 1947 bis 1961 an seinem versprechende Modernitat sejt seiner Rockkehr weltweit neuralgischsten Brennpunkt, der seit zu Deutschland und das gute Zusammenleben 1948 in ihrer Verwaltung, ihrer wirtschaftlichen von Deutschen und Elsassern zu betonen. Die un~ kulturellen Entwicklung geteilten ehemaligen Schallplatten mit Text auf der einen und Musik Reichshauptstadt. Zum Wettstreit der politischen auf der anderen Seite wurden wahrscheinlich Systeme von Kommunismus und Kapitalismus nach der Befreiung Straßburgs 1944 im neu ge­ sind u. a. Aufnahmen von Sitzungen der Berliner gründeten Schallarchiv des frf,lnzösischen Rund­ Stadtverordnetenversammlung 1947 und 1948 -· funks zusammengeführt. Durch den Erwerb der letztere endete in Tumulten und mit dem Auszug Umschnitte konnte das Deutsche Rundfunkar­ der Westabgeordneten aus dem Roten Rathaus chiv seinen Bestand an Aufnahmen des Reichs­ in Berlin-Mitte -zu hören, zum Deutschlandtref­ senders Straßburg erheblich erweitern. fen der Jugend 1950 im Osten und zum Kongreß DRA fOr kulturelle Freiheit im gleichen Jahr im We­ sten. Höhepunkte der Dokumentation bilden Re­ portagen und Ansprachen der fahrenden Politi­ ker Konrad Adenauer, Willy Brandt, Otto Grate­ wohl, Ernst Lemmer, Jakob Kaiser und Walter Ulbricht zum Juni-Aufstand 1953 und zum Mau­ erbau 1961 . Hinzu kommen Tondokumente zur städtebaulichen Entwicklung Berlins, beispiels­ weise zur StaUnallee und zum Hansaviertel, zur Granen Woche und Industrieausstellung als Fenster des Westens in Richtung Osten, reizvoll auch die direkte Konfrontation der Berichterstat­ tung zum 1. Mai 1959 zwischen dem Marx­ Engels-Piatz (Ost) und dem Platz der Republik (West). Die beiden CDs sind Ober den Sender Freies Berlin zum Preis von DM 39,50 erhaltlich. Erschienen ist außerdem eine Broschore in der alle Aufnahmen transkribiert nachzulese~ sind erganzt um eine Chronik und um eine Auswahi weiterführender Literatur. DRA ~ - ... Rundfunk und Geschichte

Mitteilungen des Studienkreises Rundfunk und Geschichte Informationen aus dem Deutschen Rundfunkarchiv

Inhalt des 23. Jahrgangs 1997

Zitierweise: RuG -ISSN 0175-4351

Zusammenstellung und Bearbeitung: Stefan Niessen

Inhalt des 23. Jahrgangs (1 997) II/

Benutzerhinweis A. Verzeichnis sämtlicher Beiträge

Das Jahresregister gliedert sich in vier Abschnit­ I. Aufsätze te. Abschnitt A listet alle Beiträge aus den Rubri­ 1. Michael Schmolke: Die Salzburger Festspiele ken »Aufsätze«, »Dokumentation«, »Miszellen«, und das Radio der frOhen Jahre. Anfänge der »Rezensionen«, »Bibliographie«, »Mitteilungen Zusammenarbeit ...... 5 des Studienkreises« und »Informationen aus 2. Wolfgang Pensold: »Die Welt aus erster Hand ... «. dem Deutschen Rundfunkarchiv« in der Reihen­ Zur Einführung des Fernsehens in einem Wiener folge ihres Erscheinans auf. Allein die Rezensio­ Gemeindebezirk ...... 11 nen sind nach den Namen der Autoren der be­ 3. He:wig Walitsch: Der freie Wettbewerb als sprochenen Werke, in Einzelfällen nach dem Ti­ Erfolgsgarantie? Versuch einer Mythenkritik am tel, alphabetisch geordnet. Die Beiträge sind Beispiel der Geschichte der Fernsehtechnik ...... 97 innerhalb jeder Rubrik for die Benutzung der 4. Bettina Hasselbring: EinfOhrung des weiteren Registerabschnitte numeriert. Die am Werbefernsehens in Bayern (1956) ...... 111 Ende der Zeilen aufgeführten Zahlen geben die Seiten an, auf denen die Beiträge in der Zeit­ 5. Steffen Jenter: Alfred Braun. Ein halbes schrift zu finden sind. Jahrhundert im Dienst des Rundfunks. Sein Die Abschnitte B (Autorenregister), C (Sach­ Weg in den Medien und die Entstehung der Hörfunkreportage ...... 195 register) und D (Personenregister) sind aus­ schließlich alphabetisch geordnet. Die im Sach­ 6. Stefan Kursawe: Stimmen der »Stunde bzw. Personenregister aufgeführten Begriffe und Eins«. Politische Kommentare im Stuttgart Namen beziehen sich auf Angaben aus den der unmittelbaren Nachkriegszeit...... 208 Titeln der Beiträge. Nur in Einzelfällen wurde aus 7. Thomas Beutelschmidt: Out of fashion oder Granden der Klarheit zusätzlich zu einem mega in? Die DDR im Spiegel ihrer Objekte, Sachbegriff aus der Überschrift eines Beitrags Bilder und Töne. Eine Bestandsaufnahme ...... 224 ein Begriff aus dessen Text verzeichnet. Damit beim Blick in das Sachregister deutlich wird, in welchem Zusammenhang der jeweilige Begriff II. Dokumentation im Titel eines Beitrags verwendet wird, erscheint dieser Titel i.d.R. hier noch einmal in Kurzform. 1. »Was wäre das Leben ohne Hoffnung!«. Eine Bestandsaufnahme der Rundfunk­ Autoren-, Sach- und Personenregister bezie­ geschichtsforschung in Osterreich hen sich mit ihren Zahlenangaben am Ende je­ (Wolfgang Duchkowitsch) ...... 19 der Zeile nicht auf die einzelnen Hefte der Zeit­ schrift, sondern auf Abschnitt A. Demnach weist 2. Auf dem Wege zu einer Programmgeschichte. z.B. die Angabe »Schmolke, Michael... 1: 1 « in Anmerkungen zur Rundfunkforschung in Osterreich (Fritz Hausjell) ...... 24 Abschnitt B darauf hin, daß Michael Sehrnelke Autor des in Abschnitt A unter der Rubrik »1. Aufsätze« an erster Stelle aufgeführten Beitrags 111. Miszellen ist. Das gleiche gilt z.B. fOr den Begriff »Multimedia« aus Abschnitt C. Die hinter diesem 1. »Diese irrationalistische, teufelsgläubige Begriff befindliche Angabe »IV: 19« bedeutet, Zeit«. Geoge Grosz und Johannes R. Becher daß dieser Begriff im Titel eines in Abschnitt A in der Berliner Funkstunde. Teil I unter der Rubrik »IV. Rezensionen« an 19. Stelle (Jeanpaul Goergen) ...... 28 aufgeführten Beitrags auftaucht. Um rasch her­ 2. Eduard Rhein und die Entwicklung der auszufinden, welche Beiträge ein Autor verfaßt Programmzeitschriften. Ein Dissertations- hat oder in welchen Beitragstiteln ein gesuchter projekt (Lu Seegers) ...... 33 Begriff bzw. eine gesuchte Person in welchem Zusammenhang erwähnt wird, mossen also 3. Der Rundfunknachlaß Ernst Hardts nicht die einzelnen Hefte zur Hand genommen im Deutschen Literaturarchiv Marbach/N. (Mira Djordjevic) ...... 37 werden, sondern es genagt, Ober die »SchiOs­ selregister« B, C und D Abschnitt A einzusehen. 4. Vom »Chefexperimentator« zum gefeierten Romancier. Martin Walser zum 70. Geburtstag (Hans- Ulrich Wagner) ...... 39 IV Rundfunk und Geschichte

5. Zeitzeugen-Erinnerungen. Der Beitrag 25. Memory of the World. Projekt der Medien zur Westorientierung der der UNESCO zur Erhaltung des Bundesrepublik Deutschland. Weltdokumentenerbes ...... 154 Ein Forschungsprojekt an der Universität 26. Molotow im Rundfunk am 22. Juni 1941 . Osnabrück (Wolfgang Becker) ...... 41 Eine Ergänzung ...... 155 6. Der Körper im Bild. Tagung der Gesellschaft 27. Konstruktivismus und Systemtheorie in der für Film- und Fernsehwissenschaft in Marburg Medienforschung. Einführende Bemerkungen (Matthias Kraus) ...... 44 (Christian Filk) ...... 233 7. »Der Traum vom Sehen- Zeitalter 28. »Medienunternehmer vom 18. bis 20. der Televisionen!«. Fernsehausstellung Jahrhundert«. Eine Tagung in Büdingen im Gasometer von Oberhausen ...... 47 (Marcus Schüller) ...... 238 8. Rundfunkgeschichtsforschung in Frankreich 29. »Lesen im Umbruch. Forschungs- (Muriel Favre) ...... 48 perspektiven im Zeitalter von Multimedia«. 9. Ausstellung zur Geschichte des Fernsehens Ein Symposion in Frankfurt am Main in Frankreich (Cecile Meadel) ...... 54 (Edgar Lersch) ...... 240 10. Tondokumente zur Geschichte des 30. Dialog mit einem Mythos. Symposium Rundfunks in der Schweiz (Ansgar Diller) ...... 54 und VII. Hochschultage aus Anlaß des 40. Leipziger Ookfilmfestes (Rüdiger Steinmetz) ...... 242 11 . Beute-Töne. Joseph Haydn im sowjetischen Rundfunk (Carola Tischler) ...... 55 31. Manfred von Ardenne (1907 -1997) (Rüdiger Steinmetz) ...... 244 12. »Diese irrationalistische, teufelsgläubige Zeit<<. Geoge Grosz und Johannes R. 32. Hannes KOpper (1897- 1955) Becher in der Berliner Funkstunde. Teil II (Hans-Uirich Wagner) ...... 245 (Jeanpaul Goergen) ...... 119 33. Walter Ohm (1915- 1997) 13. Oie Berliner Rundfunkversuchsstelle (Hans-Uirich Wagner) ...... 248 (1928- 1935). Zur Geschichte und Rezeption 34. Das Deutsche Rundfunk-Museum. einer Institution aus der Frühzeit von Rund- Das Auf und Ab einer Berliner Institution. funk und Tonfilm (Oietmar Schenk) ...... 124 Referat auf der Jahrestagung des 14. »Die Heimat ruft«. Oie Heimkehr deut- Studienkreises in Potsdam scher Kriegsgefangener aus der Sowjetunion (Heide Riedel) ...... 249 im Programm des Berliner Rundfunks • 35. Hörspiele der 50er und 60er Jahre. Doku­ (1945 -1950) (Jörg-Uwe Fischer) ...... 127 mentationsprojekt an der Universität Osnabrück 15. Neues vom Schatzkästlein. »Buch, (Carmen Vosgröne) ...... 251 Buchhandel und Rundfunk 1950- 1960«. 36. Internationale Jahrestagung Ein Tagungsbericht (Sabine Schiller-Lerg) ...... 133 der IASA 1997 in Muscat (Oman) 16. Klaus von Bismarck (1912 -1997) (Anke Leenings) ...... 252 (Wolf Bierbach) ...... 138 37. Jahrestagung der IASA-Ländergruppe 17. Reinhold Vöth (1930 - 1997) Deutschland/Deutschschweiz 1997 in Basel (Bettina Hasselbring) ...... 139 (Anke Leenings) ...... 252 18. Oavid Berger (1915- 1997) 38. Abschied von Hongkong. BFBS schließt (Uif Scharlau) ...... 143 Studio in der Kronkolonie (Oliver Zöllner) ...... 253 19. Reinhard Schneider (1922 - 1997) ...... 143 20. Kamerastile im aktuellen Kino. IV. Rezensionen Eine Tagung in Marburg (Matthias Kraus) ...... 144 21. »Bildstörung - Grenzphänomene des 1. AGI/ GEP I KIM (Hrsg.): Jahrbuch Dokumentarischen Films«. Eine Tagung Fernsehen 1996/1997. Mari u.a.: Adolf- in Stuttgart (Edgar Lersch) ...... 147 Grimme-lnstitut u.a. 1997 (Christian Filk) ...... 263 22. Fernsehen im Helldunkel. Eindrücke von 2. Bamouw, Oagmar: Ansichten von der Ausstellung »Der Traum vom Sehen« in Deutschland (1945). Krieg und Gewalt Oberhausen (Oliver Zöllner) ...... 149 in der zeitgenössischen Photographie (= Nexus, Bd. 30). Basel, Frankfurt am 23. Britisches Tuppenfernsehen mit neuem Main: Stroemfeld 1997 Namen. Kleiner Aufriß seiner Geschichte (Wolfgang Mühi-Benninghaus) ...... 268 (Oliver Zöllner) ...... 152 24. »Echo der Schweiz«. Eine Rundfunk- ausstellung in Schwyz (Theo Mäusli) ...... 154 Inhalt des 23. Jahrgangs (1997) V

3. Bergmeier, Horst J. P. / Lotz, Rainer E. : 14. Friemert, Chup: Radiowelten. Zur Hitler's Airwaves. The Inside Story of Ästhetik der drahtlosen Telegrafie (= Schrif­ Nazi Radio Broadcasting and Propaganda tenreihe der Staatlichen Hochschule für Swing. New Haven I London: Yale Gestaltung Karlsruhe, Bd. 7). Stuttgart: University Press 1997 (Ansgar Diller) ...... 156 Crantz Verlag 1996 (Heiner Boehncke) ...... 60 4. Bock, Hans-Michael/ Jacobsen, Wolfgang 15. Führer, Karl Christian: Wirtschafts- (Hrsg.): Recherche: Film. Quellen und geschichte des Rundfunks in der Weimarer Methoden der Filmforschung. München: Republik (= Veröffentlichungen des Deut- edition text + kritik 1997 schen Rundfunkarchivs, Bd. 6). Potsdam: (Wolfgang Mühi-Benninghaus) ...... 269 Verlag für Berlin-erandenburg 1997 (Wolfgang Mühi-Benninghaus) ...... 255 5. Bolle, Michael: Die Großfunkstation Nauen und ihre Bauten von Hermann Muthesius. 16. Fünfgeld, Hermann I Mast, Claudia Berlin: Verlag Willmuth Arenhövel1996 (Hrsg.): Massenkommunikation. Ergebnisse (Ansgar Diller) ...... 170 und Perspektiven. Gerhard Maletzke zum 75. Geburtstag. Opladen: Westdeutscher 6. Cohrssen, Hans: Einer der auszog, die Verlag 1997 (Christian Filk) ...... 162 Welt zu verändern. Erinnerungen eines Jahrhundertzeugen. Frankfurt am Main: 17. Germany Calling 1939 - 1945. Verlag Josef Knecht 1996 (Michael Crone) ...... 265 CD bzw. Musikkassette. Historicus Vox Label. Historia Pubfishing I Forman Archive 1997 7. Deutsche Telekom (Hrsg.): Nauen sendet. (Muriel Favre) ...... 256 Festschrift zur feierlichen Präsentation der Sendestelle Nauen, 25. April1997. 18. Grace, Alan: This is the British Forces o.O. o.J. (1997] (Ansgar Diller) ...... 172 Network. The Story of Forces Broadcasting in Germany. Phoenix Mill: Alan Sutton Pubfi- 8. Diesener, Gerald I Gries, Rainer (Hrsg.): shing Limited 1996 (Thomas Guntermann) ...... 73 Propaganda in Deutschland. Zur Geschichte der politischen Massenbeeinflussung im 19. Haaren, Kurt van I Hensche, Detlev 20. Jahrhundert. Darmstadt Primus Verlag (Hrsg.): Multimedia. Schöne neue Welt auf 1996 (Wolfgang Mühi-Benninghaus) ...... 159 dem Prüfstand. Hamburg: VSA-Verlag 1995 (Christi an Filk I Stefan Wagener) ...... 67 9. Dussel, Konrad: Die Interessen der Allgemeinheit vertreten. Die Tätigkeit der 20. Hager, Kurt: Erinnerungen. Rundfunk- und Verwaltungsräte von Leipzig: Faber & Faber 1996 Südwestfunk und Süddeutschem (lngrid Pietrzynski) ...... 69 Rundfunk 1949 bis 1969 (= Südwestfunk• 21 . Hattendorf, Manfred: Dokumentarfilm Schriftenreihe: Rundfunkgeschichte, Bd. 5). und Authentizität. Ästhetik und Pragmatik Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft einer Gattung(= CLOSE UP. Schriften aus 1995 (Ansgar Diller) ...... 156 dem Haus des Dokumentarfilm, Bd. 4). 10. Enzensberger, Hans Magnus: Baukasten Konstanz: UVK-Medien I Ölschläger 1994 zu einer Theorie der Medien. Kritische (Christian Filk) ...... 65 Diskurse zur Pressefreiheit (= ex libris 22. Häusler, Josef: Spiegel der Neuen kommunikation: Klassische Texte über Musik: Donaueschingen. Chronik- Ten- Medien und Kommunikation, Bd. 8). denzen- Werkbesprechungen. Kassel: München: Verlag Reinhard Fischer 1997 Bärenreiter; Stuttgart: Metzler 1996 (Christian Filk I Michael Malachewitz) ...... 259 (Ansgar Diller) ...... 167 11. Erlinger, Hans-Dieter I Foltin, Hans 23. Hecht, Werner (Hrsg.): alles was Brecht ist... Friedrich (Hrsg.): Unterhaltung, Werbung, Fakten- Kommentare- Meinungen- Bilder. und Zielgruppenprogramme (Geschichte Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag 1997 des Fernsehens in der Bundesrepublik (Ansgar Diller) ...... 266 Deutschland, Bd. 4). München: Fink 1994 (Edgar Lersch) ...... 56 24. Hoffmann, Kay: Zeichen der Zeit. Zur Geschichte der »Stuttgarter Schule«. Mit 12. Europäische Audiovisuelle Informations­ einem Vorwort von Dieter Ertel. Videoedition stelle. Statistisches Jahrbuch. Filmindustrie, und Buch. Müchen: TR Verlagsunion 1996 Fernsehen, Video und Neue Medien in (Helmut Schanze) ...... 64 Europa I Coucil of Europe 1997. Baden­ Baden: Nomos-Verlagsgesellschaft 1997 25. Hohlfeld, Ralf I Gehrke, Gemot: Wege (Christian Filk) ...... 263 zur Analyse des Rundfunkwandels. Leistungsindikatoren und Funktionslogiken 13. Faulstich, Wemer (Hrsg.): Vom Autor im »dualen Femsehsystem« (= Studien zur zum Nutzer. Handlungsrollen im Fernsehen Kommunikationswissenschaft, Bd. 13). (Geschichte des Fernsehens in der Bundes­ Opladen: Westdeutscher Verlag 1995 republik Deutschland, Bd. 5) . München: (Rüdiger Steinmetz) ...... 260 Fink 1994 (Edgar Lersch) ...... 56 VI Rundfunk und Geschichte

26. Howland, Chris: Happy Days? Erzählun• 36. Kubitz, Peter Paul: Der Traum vom gen. Mit einem Vorwort von Elke Heidenreich. Sehen. Zeitalter der Televisionen. Katalog Übersetzt von Franca Fritz und Heinrich zur Ausstellung im Gasometer Ober­ Koop. Köln: Kiepenheuer & Witsch 1995 hausen, 31.5. -15.10.1997. Mitarbeit: Doris (Oliver Zöllner) ...... 171 Erbacher. Amsterdam, Dresden: Verlag der Kunst 1997 (Oliver Zöllner) ...... 255 27. lljine, Diana I Keil, Klaus: Der Produzent. Das Berufsbild des Film- und Fernsehproduzen- 37. Küppers, Heinrich: Joseph Wirth. ten in Deutschland. Versuch einer Definition Minister und Kanzler der Weimarer (=Filmproduktion, Bd. 1). München: Republik (= Historische Mitteilungen. TR-Verlagsunion 1997 (Christian Filk) ...... 261 Beiheft 27). Stuttgart: Franz Steiner Verlag 1997 (Ansgar Diller) ...... 264 28. Jungk, Sabine (Hrsg.): Zwischen Skandal und Routine? Rechtsextremismus in Film und 38. Landesarchiv Berlin: Die Sitzungsproto- Fernsehen (= Rechtsradikalismus und Fern- kolle des Magistrats der Stadt Berlin 1945146. sehen, Materialien II). Marburg: Schüren Teil1 : 1945. Bearbeitet und eingeleitet von Presseverlag 1996 (Christian Filk) ...... 162 Dieter Harnauske (= Schriftenreihe des Landesarchivs Berlin, Bd. 2,1). Berlin: Berlin 29. Kang, Tae Wan: Reformation und Verlag Arno Spitz 1995 (Ansgar Diller) ...... 60 Transformation. Die amerikanische Informationspolitik in Japan 1945 - 1952. 39. Ludes, Peter u.a. : Informations- und Unter Berücksichtigung der deutschen Dokumentarsendungen (Geschichte des Fern­ Entwicklung (= Kommunikation: For- sehens in der Bundesrepublik Deutschland, schung und Lehre, Bd. 3) . Münster: Bd. 3) . München: Fink 1994 (Edgar Lersch) ...... 56 Lit 1993 (Ansgar Diller) ...... 74 40. Luhmann. Niklas: Die Realität der Mas­ 30. Kirchenamt der Evangelischen Kirche senmedien. Opladen I Wiesbaden: West- in Deutschland I Sekretariat der Deutschen deutscher Verlag 1996 (Reinhold Viehoff) ...... 257 Bischofskonferenz (Hrsg.): Chancen und 41. Mäusli, Theo: Jazz und Geistige Risiken der Mediengesellschaft. Gemein Landesverteidigung (= Veröffentlichungen same Erklärung der Deutschen Bischofs- der Fonoteca nazionale Svizzera Lugano). konferenz und des Rates der Evangelischen Zürich: Chronos Verlag 1995 (Ansgar Diller) ...... 72 Kirche in Deutschland (= Gemeinsame Texte, Bd. 10). Hannover und Bonn: Kirchen- 42. Meadel, Cecile: Histoire de Ia radio amt der Evangelischen Kirche in Deutschland des annees trente. Paris AnthroposiiNA und Sekretariat der Deutschen Bischofs- 1994 (Muriel Favre) ...... 71 konferenz 1997 (Christian Filk) ...... 262 43. Nordrhein-Westfalen. Ein Land in seiner 31 . Klein-Arendt, Reinhard: »Kamina ruft Geschichte. Aspekte und Konturen 1946 - 1996 Nauen!«. Oie Funksteilen in den deutschen (Veröffentlichungen der staatlichen Archive Kolonien 1904- 1918. Köln: Wilhelm Herbst des Landes Nordrhein-Westfalen. Reihe C: Verlag (Ansgar Diller) ...... 172 Quellen und Forschungen, Bd. 36). Münster: Aschendorf 1996 (Ansgar Diller) ...... 168 32. Klimsa, Paull Maruschke, Michael (Hrsg.): ISDN. Das schnelle Netz für alle Dienste 44. Page, Tim: Derailed in Uncle Ho's Victory (= Grundkurs Computerpraxis). Reinbek bei Garden. Return to Vietnam and Cambodia. Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag 1996 London u.a.: Touchstone Books 1995 (Christian Filk) ...... 68 (Oliver Zöllner) ...... 271 33. Koch, Ralf: »Medien mögen's weiß«. 45. Plaggenborg, Stefan: Revolutionskultur. Rassismus im Nachrichtengeschäft. Menschenbilder und kulturelle Praxis in Erfahrungen von Journalisten in Deutsch- Sowjetrußland zwischen Oktoberrevolution land und den USA. München: Deutscher und Stalinismus. Köln u.a.: Böhlau-Verlag Taschenbuch Verlag 1996 (Christian Filk) ...... 166 1996 (Carola Tischler) ...... 168 34. Koch, Ursula E. u.a. (Hrsg.): Hörfunk in 46. Poliert, Susanne: Film- und Fernseharchive. Deutschland und Frankreich I La radio en Bewahrung und Erschließung audiovisueller France et en Allemagne. Journalisten und Quellen in der Bundesrepublik Deutschland Forscher im Gespräch I Un dialogue entre ('= Veröffentlichungen des Deutschen Rundfunk­ joumalistes et chercheurs. München: Verlag archivs, Bd. 10) . Potsdam: Verlag fOr Berlin Reinhard Fischer 1996 (Muriel Favre) ...... 163 Brandenburg 1996 (Edgar Lersch) ...... 164 35. Köhler, Wolfram (Hrsg.): Nordrhein- 47. Requate, Jörg: Journalismus als Beruf. Westfalen. Fünfzig Jahre später. 1946- 1996 Entstehung und Entwicklung des Journalisten- (= Düsseldorfer Schriften zur Neueren berufs im 19. Jahrhundert. Deutschland im Landesgeschichte und zur Geschichte internationalen Vergleich (= Kritische Studien Nordrhein-Westfalens, Bd. 46). Essen: zur Geschichtswissenschaft, Bd. 109). Klartext 1996 (Ansgar Diller) ...... 168 Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1995 (Edgar Lersch) ...... 86 Inhalt des 23. Jahrgangs (1997) VII

48. Reschin, Leonid: Feldmarschall im schule und weiterführende Schule. Bad Kreuzverhör. Friedrich Paulus in sowje­ Heilbrunn: Klinkhardt 1995 (Christian Filk) ...... 69 tischer Gefangenschaft 1943- 1953. 60. Wagner, Hans-Uirich: »Der gute Wille, Berlin: edition q 1996 (Carola Tischler) ...... 70 etwas Neues zu schaffen«. Das Hörspiel- 49. Scheideler, Britta: Zwischen Beruf programm in Deutschland 1945 - 1949 und Berufung. Zur Sozialgeschichte der (= Veröffentlichungen des Deutschen Rund­ deutschen Schriftsteller von 1880 bis 1930 funkarchivs, Bd. 11 ). Potsdam: Verlag für Ber- (= Sonderdruck aus dem Archiv für lin-Brandenburg 1997 (Wolfram Wessels) ...... 157 Geschichte des Buchwesens, Bd. 46). Frankfurt am Main: Buchhändler Vereinigung 1997 (Edgar Lersch) ...... 266 V. Bibliographie 50. Schivelbusch, Wolfgang: Vor dem Vorhang. Das geistige Berlin 1945- 1948. 1. Das Radiowerk von Erich Loest. Eine München I Wien: Carl Hanser Verlag 1995 Rundfunkbibliographie (Auswahl) (Ansgar Diller) ...... 60 (Hans-Jürgen Krug) ...... 75 51 . Schmidt, Siegtried J. l Spieß, Brigitte: 2. Zeitschriftenlese 72 Die Kommerzialisierung der Kommunikation. (1 .11 .1996- 31.1.1997) (Rudolf Lang) ...... 86 Fernsehwerbung und sozialer Wandel 3. Rundfunkbezogene Hochschulschriften 1956-1989. Frankfurt am Main: Suhrkamp aus kommunikationswissenschaftliehen Fach­ Taschenbuch Verlag 1997 (Rainer Gries) ...... 160 instituten. Fachgebiet Kommunikationswis- 52. Seeßlen, Georg: Natural Born Nazis. senschaft I Journalistik am Institut für Sozial­ Faschismus in der populären Kultur [Teil] 2 wissenschaften der Universität Hohenheim (= Critica diabolis, Bd. 57). Berlin: Edition (Regine Kleeberger) ...... 91 Tiamat (Verlag Kleus Bittermann) 1996 4. Online, Internet und Digitalkultur. (Christian Filk) ...... 270 Zur jüngsten Diskussion um die 53. Semelin, Jacques: La liberte au bout lnformationsgesellschaft. Eine Auswahl des ondes. Du Coup de Prague a Ia chute deutsprachiger wissenschaftlicher Literatur du mur de Berlin. Paris: Belfond 1997 (Christian Filk) ...... 173 (Muriel Favre) ...... 158 5. Zeitschriftenlese 73 54. Slovensky rozhlas (Hrsg.): Slovensky (1.2. - 30.4.1997) (Rudolf Lang) ...... 181 rozhlas. V jubilejnom roku 1996 (dt. Slowa- 6. Rundfunkbezogene Hochschulschriften kischer Rundfunk [Hrsg.]: Slowakisctier aus kommunikationswissenschaftliehen Rundfunk. 70jähriges Jubiläum 1996). Fachinstituten. Sektion für Publizistik und o.O. o.J. [Bratislawa 1996] (Ansgar Diller) ...... 172 Kommunikation der Ruhr-Universität Bochum 55. Steinmetz, Rüdiger: Freies Fernsehen: (Heike Ritter) ...... 272 Das erste privat-kommerzielle Fernsehpro­ 7. Zeitschriftenlese 7 4 gramm in Deutschland (= Kommunikation (1.5. - 31.8.1997) (Rudolf Lang) ...... 273 audiovisuell, Bd. 18). Konstanz: UVK Medien Verlagsgesellschaft 1996 (Ansgar Diller) ...... 63 56. Strunk, Peter: Zensur und Zensoren. VI. Mitteilungen des Studienkreises Medienprotokolle und Propaganda. Politik Rundfunk und Geschichte unter sowjetischer Besatzungsherrschaft in Deutschland (= Edition Bildung und Wissen- 1. Jahrestagung vom 3. - 5. Oktober 1996 schaft, Bd. 2). Berlin: Akademie Verlag 1996 in Wien (Edgar Lersch) ...... 89 (Ansgar Diller) ...... 61 2. 25. Doktoranden-Kolloquium des 57. Süddeutscher Rundfunk: Radio-Essay Studienkreises in Grünberg 1997 ...... 90 1955-1981. Verzeichnis der Manuskripte und Tondokumente. Redaktion: Brigitte Grimm 3. 27. Jahrestagung des Studienkreises und Jörg Hucklenbroich (= Dokumentation in Wien 1996 ...... 96 und Archive, Bd. 5). Stuttgart: Süddeutscher 4. 28. Jahrestagung des Studienkreises Rundfunk 1996 (Hans-Uirich Wagner) ...... 62 in Potsdam (Edgar Lersch) ...... 183 58. Tischler, Carola: Flucht in die Verfolgung. 5. 25. Grünherger Doktorandenkolloquium Deutsche Emigranten im sowjetischen Exil - 1997 (Patrick Conley, Hans Rink, Annette 1933 bis 1945 (= Arbeiten zur Geschichte Spies, Melanie Thieltges) ...... 184 Osteuropas, Bd. 3). Münster: Lit Vertag 1996 (Ansgar Diller) ...... 169 6. »Femsehpioniere in Osterreich«.Tagung beim ORF in Wien ...... 188 59. Tulodziecki, Gerhard u.a. : Handlungs- orientierte Medienpädagogik in Beispielen. 7. »Rezeptionsgeschichte des Rundfunks Projekte und Unterrichtseinheiten für Grund- nach 1945«. Eine Tagung im Südwestfunk ...... 188 VIII Rundfunk und Geschichte

8. Jahrestagung und Mitgliederversammlung Goergen, Jeanpaul ...... 111 : 1, 12 des Studienkreises 1997 in Potsdam ...... 277 Gries, Rainer ...... IV: 51 Guntermann, Thomas ...... IV: 18 VII. Informationen aus dem Hasselbring, Bettina ...... l: 4; 111 : 17 Deutschen Rundfunkarchiv Hausjell, Fritz ...... 11 : 2

1. Weitere Publikationen in der Buchreihe Jenter, Steffen ...... l: 5 des Deutschen Rundfunkarchivs ...... 91 Kleeberger, Regine ...... V: 3 - Deutsches Rundfunkarchiv /Institut für Kraus, Matthias ...... 111 : 6, 20 Theaterwissenschaft Berlin (Hrsg.): Inventar der Quellen zum deutschsprachigen Krug, Hans-Jürgen ...... V: I Rundfunk in der Sowjetunion (1929 - 1945) Kursawe, Stefan ...... l: 6 - Hans-Uirich Wagner: »Der gute Wille, Lang, Rudolf...... V: 2, 5, 7 etwas Neues zu schaffen«. Das Hörspielprogramm in Deutschland Leenings, Anke ...... 111: 36, 37 von 1945 bis 1949 Lersch, Edgar ...... 111 : 21, 29; IV: 11, 13, - Deutsches Rundfunkarchiv (Hrsg.): ...... 39, 46,' 47, 49; VI : 1, 4 Hörspiel in Deutschland (1945 - 1949). Mäusli, Theo ...... 111 : 24 Eine Dokumentation Malachewitz, Michael ...... IV: 10 2. CDs mit Tonaufnahmen zur frühen Geschichte der DDR erschienen ...... 92 Meadel, Cecile ...... 111 : 9 3. Programmgeschichte des Rundfunks in der Mühi-Benninghaus, Wolfgang ...... IV: 2, 4, 8, 15 Weimarer Republik erschienen ...... 189 Pensold, Wolfgang ...... l: 2 4. CDs zu Stalin-Kult und Zeppelin ...... 189 Pietrzynski, lngrid ...... IV: 20 5. CDs mit Tondokumenten Bertolt Brechts Riedel, Heide ...... 111 : 34 erschienen ...... 279 Rink, Hans ...... VI : 5 6. CD »Frauenstimmen 1908- 1997« ...... 279 Ritter, Heike ...... V: 6 7. CDs »0-Ton Berlin. Kalter Krieg im Äther« ...... 280 Schanze, Helmut...... IV: 24 8. Aufnahmen des Reichssenders Straßburg im Deutschen Rundfunkarchiv ...... 280 Scharlau, Ulf ...... 111 : 18 Schenk, Dietmar ...... 111 : 13 Schiller-Lerg, Sabine ...... lll: 15 B. Autorenregister Schmolke, Michael ...... !: 1 Schüller, Marcus ...... 111 : 28 Becker, Wolfgang ...... 111 : 5 Seegers, Lu ...... II! : 2 Beutelschmidt, Thomas ...... 1: 7 Spies, Annette ...... VI : 5 Bierbach, Wolf ...... 111: 16 Steinmetz, Rüdiger ...... 111: 30, 31; IV: 25 Boehncke, Heiner ...... IV: 14 Thieltges, Melanie ...... VI : 5 Conley, Patrick ...... VI : 5 Tischler, Carola ...... lll: 11; IV: 45,48 Crone, Michaei ...... IV: 6 Viehoff, Reinhold ...... IV: 40 Diller, Ansgar ...... 111 : 10; IV: 3, 5, 7, 9, 22, 23, 29, 31, Vosgröne, Carmen ...... lll: 35 ...... 35,37,38,41,43,50,54,55,56,58 Wagener, Stefan ...... IV: 20 Ojordjevic, Mira ...... 111 : 3 Wagner, Hans-Uirich ...... 111: 4, 32, 33; IV: 57 Duchkowitsch, Wolfgang ...... 11: 1 Walitsch, Herwig ...... !: 3 Favre, Muriel ...... lll: 48; IV: 17, 34, 42, 53 Wessels, Wolfram ...... IV: 60 Filk, Christian ...... 111: 27; IV: 1, 10, 12, 16, 19, 21, Zöllner, Oliver...... 111: 22, 23, 38; IV: 26, 36, 44 ...... 27, 28, 30, 32, 33, 52, 59; V: 4 Fischer, Jörg-Uwe ...... 111: 14 Inhalt des 23. Jahrgangs (1997) IX

C. Sachregister Europäische Audiovisuelle Informationsstelle E.A.V. Statistisches Jahrbuch ...... IV: 12 Fernseharchive Berlin Film- und F. in Deutschland ...... IV: 46 George Grosz und Johannes R. Fernsehen Becher in der B.er Funkstunde ...... 111: 1, 12 F. in einem Wiener Gemeindebezirk ...... 1: 2 Kriegsgefangene im B.er Rundfunk ...... lll: 14 Mythenkritik am Beispiel der Die B.er Rundfunkversuchsstelle ...... 111 : 13 Geschichte der F.-technik ...... 1: 3 Sitzungsprotokolle des Magistrats EinfOhrung des Werbe-F.s in Bayern ...... 1: 4 der Stadt B ...... IV: 38 Ausstellung zur Geschichte Das geistige B. 1945 - 1948 ...... IV: 50 des F.s in Frankreich ...... 111 : 9 CDs »0-Ton Berlin. F.-Ausstellung »Der Traum Kalter Krieg im Äther« ...... VII: 5 vom Sehen« ...... lll: 7, 22; IV: 36 Britisches Truppenfernsehen Jahrbuch F. 1996/97 ...... IV: 1 B.T. Aufriß seiner Geschichte ...... lll: 23 Geschichte des F.s in der The story of Forces Broadcasting Bundesrepublick ...... IV: 11, 13, 39 in Germany ...... IV: 18 Das Berufsbild des Film- und Abschied von Honkong. BFBS schließt F.-produzenten ...... IV: 27 Studio in der Kronkolonie ...... lll: 38 F.-werbung und sozialer Wandei ...... IV: 51 Das erste privat-kommerzielle Buch F.-programm in Deutschland ...... IV: 55 Tagung »Buch, Buchhandel und Rundfunk« ...... 111 : 15 Film Sozialgeschichte der deutschen Der Körper im Bild ...... 111 : 6 Schriftsteller 1880 bis 1930 ...... IV: 49 Recherche: Film. Quellen und Methoden der F.-forschung ...... IV: 4 Deutsche Demokratische Republik (DDR) Das Berufsbild des F.- und CDs mit Tonaufnahmen zur Fernsehproduzenten ...... IV: 27 frühen Geschichte der DDR...... VII : 3 F.- und Fernseharchive Die DDR im Spiegel ihrer Objekte, in Deutschland ...... IV: 46 Bilder und Töne ...... 1: 7 s.a. Kino Deutsches Rundfunkarchiv (DRA) Dokumentarfilm Neue Publikationen ...... VII : 1 Frankreich Programmgeschichte des Runqfunks Rundfunkgeschichtsforschung in F ...... 111 : 8 in der Weimarer Republik erschienen ...... VII: 3 Ausstellung zur Geschichte CDs mit Tonaufnahmen zur frühen des Fernsehens in F ...... 111 : 9 Geschichte der DDR ...... VII: 2 Histoire de Ia radio des annees trente ...... IV: 42 CDs zu Stalin-Kult und Zeppelin ...... VII: 4 CDs mit Tondokumenten Bertolt Brechts .... VII: 5 Hörfunk CD »Frauenstimmen 1908- 1997« ...... VII: 6 Altred Braun und die Entstehung der CDs »0-Ton Berlin. H.-reportage ...... 1: 5 Kalter Krieg im Äther« ...... VII: 7 H. in Deutschland und Frankreich ...... IV: 34 Aufnahmen des Reichssenders Straßburg s.a. Radio imDRA...... VII:8 Hörspiel Deutsches Rundfunkmuseum Das H.-programm in Deutschland Das Auf und Ab einer Berliner lnstitution .... lll: 34 1945 -1949 ...... 1V: 60, VII : 1 H. in Deutschland (1945- 1949). Digitalisierung Dokumentation ...... VII: 1 ISDN. Das schnelle Netz für alle Dienste .. IV: 32 H.e der 50er und 60er Jahre. Doku­ Online, Internet, und Digitalkultur. mentationsprojekt an der Universität Deutschsprachige Literatur ...... V: 4 OsnabrOck ...... 111 : 35 Dokumentarfilm International Association of Audiovisual and Grenzphänomene des D. Sound Archives (IASA) Tagung in Stuttgart ...... 111 : 21 Internationale Jahrestagung 1997 40. Leipziger Dokfilmfest ...... 111 : 30 in Muscat (Oman) ...... 111: 36 D. und Authentizität ...... IV: 21 Jahrestagung der IASA-Ländergruppe Zur Geschichte der ))Stuttgarter Schule« .. IV: 24 Deutschland/Deutschschweiz 1997 Donaueschingen in Basel ...... 111 : 37 D.: Spiegel der Neuen Musik ...... IV: 22 Japan Duales System Die amerikanische Informationspolitik Wege zur Analyse in J. 1945- 1952 ...... IV: 29 des Rundfunkwandels ...... IV: 25 Jazz J. und geistige Landesverteidigung ...... IV: 41 X Rundfunk und Geschichte

Journalismus Programmgeschichte J. als Beruf im 19. Jahrhundert ...... IV: 47 Rundfunkforschung in Österreich ...... 11 : 2 P. des Rundfunks in der Kino Weimarer Republik ...... VII: 3 Kamerastile im aktuellen K. Tagung in Marburg ...... 111 : 20 Programmzeitschriften s.a. Film Eduard Rhein und die Entwicklung der P ...... 111 : 2 Kommentare Politische K. im Stuttgart Propaganda der unmittelbaren Nachkriegszeit...... 1: 6 P. in Deutschland. Geschichte der · politischen Massenbeeinflussung Massenkommunikation im 20. Jh ...... IV: 8 M. Ergebnisse und Perspektiven Politik unter sowjetischer Besat- Gerhard Maletzke zum 75. Geburtstag ...... IV: 16 zungsherrschaft in Deutschland ...... IV: 56 Medien Radio Zeitzeugen-Erinnerungen. Die M. und Radio Verkehrs AG (RAVAG) ...... I: 1 die BRD der 50er und 60er Jahre ...... !II : 5 R.welten. Zur Ästhetik der Baukasten zu einer Theorie der M ...... IV: 10 drahtlosen Telegrafie ...... IV: 14 Die Realität der Massen-M ...... IV: 40 Histoire de Ia radio des annees trente ...... IV: 42 Chancen und Risiken der s.a. Hörfunk M.-gesellschaft ...... IV: 30 La liberte au bout des ondes ...... IV: 53 Rassismus R. im Nachrichtengeschäft ...... IV: 33 Medienforschung Konstruktivismus und Systemtheorie Rechtsradikalismus in der M...... 111: 27 R. in Film und Fernsehen ...... IV: 28 »Lesen im Umbruch. Forschungsper- Faschismus in der populären Kultur ...... IV: 52 spektiven im Zeitalter von Multimedia«. Reichs-Rundfunk-Gesellschaft (RRG) Ein Symposion ...... 111: 29 Beute-Töne. Joseph Haydn im Medienpädagogik sowjetischen Rundfunk ...... lll: 11 Handlungsorientierte M ...... IV: 59 Reichssender Straßburg Medienunternehmer Aufnahmen des R.s S. im DRA ...... VII: 8 » Medienunternehmer vom 18. bis Reportage · 20. Jahrhundert«. Tagungsbericht· ...... lll: 28 Altred Braun und die Entstehung der Multimedia Hörfunk-R ...... 1: 5 M. Schöne neue Welt Rundfunk auf dem PrOfstand ...... IV: 19 Tagung »Buch, Buchhandel und Nationalsozialismus Rundfunk« ...... 111 : 15 Germany Callling 1935- 1945. Wirtschaftsgeschichte des R.s CD bzw. Musikkassette ...... IV: 17 in der Weimarer Republik ...... IV: 15 Nauen Rundfunk- und Verwaltungsräte Die Großfunkstation N. und ihre Bauten ...... IV: 5 R.- und V. von SWF und SDR Festschrift zur Präsentation der Sende- 1949 bis 1969 ...... IV: 9 stelle N ...... IV: 7 Schweiz Die Funksteilen in den deutschen Tondokumente zur S.er Kolonien ...... IV: 31 Rundfunkgeschichte ...... 111 : 10 Nordrhein-Westfalen Rundfunkausstellung in Schwyz ...... lll: 24 NRW. 1946- 1949 ...... 1V: 35 Jazz und geistige Landesverteidigung ...... IV: 41 Das Land in seiner Geschichte Slowakischer Rundfunk 1946 -1996 ...... IV: 43 S.R. 70jähriges Jubiläum ...... IV: 54 Österreich Sowjetunion Salzburger Festspiele und Rundfunk ...... 1: 1 Revolutionskultur ...... IV: 45 Fernsehen in einem Wiener Deutsche Emigranten im sowjetischen Gemeindebezirk ...... 1: 2 Exil 1933 bis 1945 ...... IV: 58 Rundfunkgeschichtsforschung in ö ...... 11 : 1 Inventar der Quellen zum deutsch- Auf dem Wege zu einer sprachigen Rundfunk in der S ...... VII: 1 Programmgeschichte ...... II: 2 »Fernsehpioniere in Österreich« Studienkreis Rundfunk und Geschichte Tagung in Wien ...... VI : 6 Jahrestagung 1996 in Wien ...... VI : 1 , 3 25. Grünberger Doktoranden- Photographie kolloquium ...... VI : 2, 5 Ansichten von Deutschland (1945) ...... IV: 2 Jahrestagung in Potsdam ...... VI: 4, 8 Inhalt des 23. Jahrgangs (1997) XI

»Fernsehpioniere in Österreich« Stalin, Josef ...... VII : 4 Tagung in Wien ...... VI : 6 Vöth, Reinhold ...... 111 : 17 » Rezeptionsgeschichte des Rundfunks nach 1945«. Tagung im Südwestfunk ...... VI : 7 Walser, Martin ...... 111 : 4 Stuttgart Wirth, Joseph ...... IV: 37 Politische Kommentare im S. der unmittelbaren Nachkriegszeit ...... !: 6 Süddeutscher Rundfunk (SDR) Rundfunk- und Verwaltungsräte von SWF und SDR 1949 bis 1969 ...... IV: 9 Zur Geschichte der »Stuttgarter Schule« ...... IV: 24 Radio-Essay 1955-1981 ...... IV: 57 Südwestfunk (SWF) Rundfunk- und Verwaltungsräte von SWF und SDR 1949 bis 1969 ...... IV: 9 UNESCO Projekt zur Erhaltung des Weltdokumentenerbes ...... 111 : 25 Weimarer Republik Wirtschaftsgeschichte des Rundfunks in der W.R...... IV: 15 Programmgeschichte des Rundfunks in der W.R ...... VII: 3 Zensur Politik unter sowjetischer Besatzungs- herrschaft in Deutschland ...... IV: 56

D. Personenregister

Ardenne, Manfred von ...... lll: 31 Becher, Johannes R...... 111 : 1, 12 Berger, David ...... 111 : 18 Bismarck, Klaus von ...... lll: 16 Braun, Altred ...... !: 5 Brecht, Bertolt ...... IV: 23; VII: 5 Cohrssen, Hans ...... IV: 6 Grosz, George ...... lll: 1, 12 Hager, Kurt ...... IV: 20 Hardt, Ernst ...... 111 : 3 Küpper, Hannes ...... 111 : 32 Loest, Erich ...... V: 1 Molotow, Wjatscheslaw ...... 111: 26 Ohm, Walter ...... 111 : 33 Page, Tim ...... IV: 44 Paulus, Friedrich ...... IV: 48 Rhein, Eduard ...... 111 : 2 Schneider, Reinhard ...... 111 : 19