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FRIEDE, FREUDE, DEUTSCHER EINTOPF Rechte Mythen, NS-Verharmlosung und antifaschistischer Protest herausgegeben vom Arbeitskreis gegen den kärntner Konsens mandelbaum kritik & utopie Gedruckt mit Unterstützung durch Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) an der Universität Wien Bundesvertretung der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH) MA 7 – Kulturabteilung der Stadt Wien – Referat Wissenschafts- und Forschungsförderung Grüne Bildungswerkstatt Kärnten/Zelena Akademija Koroška © mandelbaum kritik & utopie, wien 2011 alle Rechte vorbehalten Alle Bildrechte liegen bei den HerausgeberInnen Lektorat: Renate Nahar Satz & Umschlaggestaltung: Michael Baiculescu Druck: Primerate, Budapest Inhalt Valentin Sima 8 Vorwort Heidemarie Uhl 10 Vorwort AK gegen den kärntner Konsens 15 Keine Praxis ohne Analyse Teil 1: Hintergründe und Kontexte Johannes Dobers und Stefanie Mayer 20 Geschichts- und Gedenkpolitik in Österreich AK gegen den kärntner Konsens 58 „Wo man mit Blut die Grenze schrieb ...“ – Geschichten, Mythen, Traditionen – zur Inszenierung „Deutschkärntens“ AK gegen den kärntner Konsens 77 Der Ulrichsberg – Fakten und Zahlen AK gegen den kärntner Konsens 99 Der Ulrichsberg ruft! Teil 2: Gedenktraditionen Mathias Lichtenwagner 123 Brückenschlag zwischen den Soldaten-Generationen: Bundesheer, Wehrmacht und (Waffen-)SS AK Angreifbare Traditionspflege 145 Der „Kameradenkreis der Gebirgstruppe“ Rainer Hackauf 160 Politische Elitesoldaten – Europäische „Freiwillige“ in der (Waffen-)SS Alexander Slusarcyk 171 Willkommen in Kärnten Rebecca Raubein 183 Heimatrecht is very schlecht! Judith Goetz 206 „Macht mir dieses Land wieder deutsch!“ – nationalsozialistische Verfolgung und die Deportationen der Kärntner SlowenInnen Stefanie Mayer 221 Jüdisches Leben im „Deutschen Kärnten“ Marius Weigl 236 Der erste „zigeunerfreie Gau“ – die „Bekämpfung des Zigeunerunwesens“ in Kärnten/Koroška 1918–1945 Alexander Slusarcyk 256 Loibl-KZ – das „vergessene“ Konzentrationslager Paula Bolyos 266 Zwangsarbeit in Kärnten/Koroška Rosa Belladonna 272 Verdrängt und vergessen – Kontinuitäten der NS-Medizin Mathias Lichtenwagner 293 „... in Uniform nach Jugoslawien desertiert ... um nicht deutscher Soldat zu werden.“ Janine Wulz und Jonas Kolb 315 Der Gedenkort Peršmanhof Teil 3: Aktuelle Entwicklungen Judith Goetz 335 Formen der Erinnerung – Strategien gegen das Vergessen Rabia Emanzotti 356 Pusten, Beamen, Schleifen, Sprengen – egal wie, der Ulrichsberg muss weg! Mathias Lichtenwagner 381 Bundesheer im Rückzugsgefecht AK gegen den kärntner Konsens 402 Das Echo auf den Ruf des Ulrichsbergs AK gegen den kärntner Konsens 409 Danksagung 412 Abkürzungsverzeichnis 415 Personenregister VALENTIN SIMA Vorwort Ich habe den AK gegen den kärntner Konsens im Jahr 2005 kennen gelernt, als ich gebeten wurde, ein Zusammentreffen bzw. eine Dis- kussion mit der Zeitzeugin Ana Zablatnik zu moderieren und zu be- gleiten. Ana Zablatnik hatte den Widerstand der PartisanInnen unter- stützt, wurde deshalb im Jahr 1944 verhaftet und ist einer schweren (vielleicht schwersten) Bestrafung nur durch den Zusammenbruch des Nazismus entkommen. Das Treffen mit der Zeitzeugin fand am Vortag der jährlichen Ulrichsbergfeier statt. Es hatten sich circa 50 Personen versammelt und es kam zu einer lebhaften und teilwei- se auch kontroversen Diskussion. In den nächsten beiden Jahren konnte ich weitere Gespräche mit ZeitzeugInnen moderieren. Und ich machte immer dieselbe Erfahrung: Die Personen, die sich zum Treffen eingefunden hatten, waren aufmerksame und kritische Zu- hörerInnen sowie – die ZeitzeugInnen betreffend – sensible Nach- fragerInnen. Viele von ihnen waren auch historisch gut informiert und kannten den geschichtspolitischen Diskurs in Österreich. Da- von zeugt auch die Webseite der Gruppe. Es ist daher zu begrüßen, dass der AK nun die Anstrengung un- ternommen hat, das versammelte Wissen und den Stand der Recher- chen auch in einem Buch vorzulegen. Sicher weisen die einzelnen Kapitel Unterschiede auf und man muss nicht allen Schlussfolgerun- gen bzw. Thesen zustimmen. Doch ist es oft gerade die Zuspitzung, die den Leser und die Leserin zwingt, eine Sache neu zu überdenken. Besonders wichtig erscheint mir der Versuch, den „Ulrichsberg“ auch in die gesamtösterreichische Geschichtspolitik einzubetten, und mit der Bezugnahme auf das Gebirgsjägertreffen bei Mittenwald in Bay- ern und kritische Aktivitäten dazu wird ein noch breiterer Kontext hergestellt. Es werden aber auch Formen von Erinnerungskultur be- handelt, die sich in Opposition zum Mainstream befinden. Vorwort 9 Kein Zweifel: Es handelt sich um eine engagierte Schrift und es sind ihr viele ebenso engagierte und kritische LeserInnen zu wün- schen. Dr. Valentin Sima ist Assistenzprofessor am Institut für Ge- schichte der Universität Klagenfurt/Celovec, Schwerpunkt seiner Forschung ist die regionale Zeitgeschichte mit besonderem Fokus auf die Geschichte der Kärntner SlowenInnen. Zuletzt erschienen: „Das Peršman-Massaker in der Erinnerungspolitik und seine justizielle Untersuchung.“ In: Entner, Brigitte u.a. [Hrsg.]: Widerstand gegen Faschismus und Nationalsozialismus im Alpen-Adria-Raum. Inter- nationale Tagung/Odpor proti fašizmu in nacizmu v alpsko-jadrans- kem prostoru. Mednarodni posvet. Klagenfurt/Celovec, 24.-25.2.2011. Klagenfurt/Celovec: Drava Verlag 2011, S. 117-127 HEIDEMARIE UHL Vorwort Der Ulrichsberg nimmt in der Topographie des österreichischen Gedächtnisses eine besondere Position ein. Das kärntner Landeseh- renmal ist mehr als ein Anschauungsobjekt für die widersprüchliche Geschichtspolitik der Nachkriegszeit und für die Durchsetzung des Gefallenengedenkens in der lokalen und regionalen Erinnerungskul- tur, obwohl die Heldendenkmäler für die Wehrmachtssoldaten in diametralem Gegensatz zur offiziellen These von Österreich als ers- tem Opfer des Nationalsozialismus stehen. All dies lässt sich auch von den örtlichen Kriegerdenkmälern ablesen, die Botschaft des Ulrichsbergs geht aber weit darüber hinaus. Die Errichtung von Kriegerdenkmälern war zunächst keine Selbstverständlichkeit, nach 1945 stand, ganz im Sinne der Opfer- these, die Würdigung jener Menschen im Vordergrund, die ihr Leben im Kampf gegen den Nationalsozialismus geopfert hatten. Die gesell- schaftliche Anerkennung des Widerstandes gegen das NS- Regime als Basis des neuen Österreich sollte allerdings nur von kurzer Dauer sein, mit dem Zerbrechen des antifaschistischen Grundkonsenses 1947/48 fanden auch die Denkmalprojekte für die Opfer des NS-Regimes ein rasches Ende.1 Mit dem Beginn des Kalten Krieges und der Reinte- gration der ehemaligen NationalsozialistInnen – mehr als 500.000 ÖsterreicherInnen hatten der NSDAP angehört2 – bestimmte das 1 Vgl. Heidemarie Uhl, Denkmäler als Medien gesellschaftlicher Erinnerung. Die Denkmallandschaft der Zweiten Republik und die Transformationen des österreichischen Gedächtnisses, in: Regina Fritz, Carola Sachse, Edgar Wolfrum [Hrsg.]: Nationen und ihre Selbstbilder. Postdiktatorische Gesellschaften in Europa, Göttingen 2008 (Diktaturen und ihre Überwindung im 20. und 21. Jahrhundert 1), S. 62-89 2 Vgl. Winfried R. Garscha, Entnazifizierung und gerichtliche Ahndung von NS-Verbrechen, in: Emmerich Tálos, Ernst Hanisch, Wolfgang Neugebau- er, Reinhard Sieder [Hrsg.]: NS-Herrschaft in Österreich. Ein Handbuch, Wien 2000, S. 852-883 Vorwort 11 Buhlen um das beträchtliche Wählerpotential der „Ehemaligen“ die Geschichtspolitik der beiden Großparteien, die sich nun von der Er- innerung an den Widerstand weitgehend zurückzogen. Erst in dieser Phase formierte sich das Gedenken an die gefalle- nen Wehrmachtssoldaten, wobei man sich anfangs durchaus bewusst war, dass die „Heldenehrungen“ im Gegensatz zur Opferthese stan- den, in der die Soldaten als Opfer eines „sinn- und aussichtslosen Eroberungskrieg(s)“3 galten. „Von nun an“, hieß es in einem Zei- tungskommentar zum Totengedenken aus dem Jahr 1949, werden die Gefallenen des Zweiten Weltkriegs „auch im Gedächtnis unseres Volkes einen Ehrenplatz einnehmen“, und zwar nicht als Opfer des Krieges – „es ist nicht wahr, daß all die Hunderttausende nur durch ein raffiniertes System in den Tod getrieben“ wurden –, sondern als „Helden der Pflichterfüllung und der Tapferkeit.“4 Kriegerdenkmäler entstehen somit nicht nur zeitlich nach den in der unmittelbaren Nachkriegszeit errichteten Denkmälern für den Widerstand, sondern stehen in Antithese zur Geschichtsauffassung von Österreich als erstem Opfer der nationalsozialistischen Angriffs- politik. Getragen wurde das Gefallenengedenken von den Kamerad- schaftsverbänden, die bereits Anfang der 1950er Jahre zehntausende Mitglieder zählten. Zu den wichtigsten Aktivitäten der Ortsverbän- de zählte die Errichtung eines Kriegerdenkmals bzw. die Erweiterung des bestehenden Denkmals für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs. Die Unterzeichnung des Staatsvertrages und der Abzug der Besat- zungsmächte im Jahr 1955 bedeuteten nur insofern eine Zäsur, als die Kameradschaftsverbände nun verstärkt durch öffentliche Auf- märsche in den urbanen Zentren ihr politisches Gewicht demonst- rieren konnten. Die Selbstdarstellung Österreichs im Sinne der Op- ferthese war seit 1945 ein zentrales Anliegen im Hinblick auf die Verhandlungen um den Staatsvertrag gewesen, darauf brauchte nun nicht mehr Rücksicht genommen zu werden. 3 Proklamation über die Selbständigkeit Österreichs, 27. April 1945, in: Staatsgesetzblatt für die Republik Österreich, 1 Stück, 1. Mai 1945 4 Helden und Opfer. Totengedenken