Die Historische Kulturlandschaft Des Landkreises Kronach – Dargestellt Am Modellvorhaben „Historische Kulturlandschaft Der Region Oberfranken-West“
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Thomas Büttner Die historische Kulturlandschaft des Landkreises Kronach – dargestellt am Modellvorhaben „Historische Kulturlandschaft der Region Oberfranken-West“ 1. Einführende Worte dar. Mit diesen Gedanken im Kopf gingen wir zu unserem Auto zurück und holten uns nasse Füße Meine erste Begegnung mit der Kulturlandschaft – der durchgeweichte Boden ließ uns knöcheltief des Landkreises Kronach war eine gemeinsame versinken. Bevor wir unsere Reise fortsetzten, Exkursion in den Frankenwald mit Herrn Dr. fuhren wir daher nach Wallenfels hinein und Gunzelmann vom Bayerischen Landesamt für wurden in dem Schuhgeschäft Stumpf fündig. Es Denkmalpflege. Anfang 2002 suchten wir die gab noch mehrere Läden im Ort, die den Fa- Lamitz bei Wallenfels auf, einen Floßbach, dem miliennamen „Stumpf“ trugen. So hatten wir uns im Zuge einer Ausgleichsmaßnahme eine Rena- nasse, aber keine kalten Füße geholt. Die gemein- turierung bevorstehen sollte. Nachdem wir uns same Exkursion führte uns im weiteren Verlauf den Weg durch hoch aufgewachsenes Gras und bis nach Steinbach an der Haide. Es sollte nicht eine düstere Fichtenschonung gebahnt hatten, ge- die letzte Reise in den Landkreis Kronach gewe- langten wir an das weitestgehend am Talrand ver- sen sein. Die Bearbeitung des Modellvorhabens laufende Bachbett. Die Uferränder waren mit lie- „Historische Kulturlandschaft der Region Ober- gendem Pflaster aus Grauwacken befestigt und franken-West“ bot noch ausreichend Gelegenheit zum größten Teil mit Moos und Farnen bewach- dazu. Am 2. Juni 2004 war es mir anlässlich der sen. Auch das Bachbett war mit Steinpackungen Amtseinführung der Kreisheimatpfleger des versehen, hier und da von eingelassenen Sohl- Landkreises Kronach im Wasserschloss Mitwitz schwellen aus Holz unterbrochen. vergönnt, einen Gastvortrag über die Ergebnisse des genannten Pilotprojektes zu halten. Der vor- Aus naturschutzfachlicher Sicht handelt es sich liegende Aufsatz folgt in seiner Struktur dem ge- um einen „verbauten“ und begradigten Bachlauf, haltenen Vortrag. Zunächst wird über die Ziel- der Wasser zu schnell abführt und zur Hochwas- setzung, die Vorgehensweise und die Ergebnisse sergefährdung beitragen kann. Aus dem denk- des Vorhabens berichtet, um dann auf die histo- malpflegerischen Blickwinkel stellt dieser Floß- rische Kulturlandschaft des Landkreises Kronach bach ein hochrangiges Kulturdenkmal als land- und auf Ideen zu ihrer In-Wert-Setzung näher schaftsmanifester Bestandteil einer über 700 Jah- einzugehen. Den Anfang macht eine kurze Ein- re währenden Flößereiwirtschaft im Frankenwald führung zum Verständnis von Kulturlandschaft. - 31 - 1.1 Zum Verständnis von Kulturlandschaft kulturgeschichtlichen Zeugnisse, die von Alt- stadtkernen, Relikten der Flößerei über Indus- Kulturlandschaft entsteht durch die Hände und triedenkmäler bis hin zu alten Fußsteigen reichen die Gestaltungsideen vieler Menschen und kann können, werden als >historisch< bezeichnet, nur über deren Wahrnehmung zu Gestalt ge- wenn sie in der vorgefundenen Form so nicht rinnen. Als Abbild einer langen Folge von zivili- mehr geschaffen werden, sie also nicht mehr den satorischen Entwicklungsgängen und sich wan- gängigen Vorstellungen und Bedürfnissen der delnden Ansprüchen und Wertmaßstäben sind Menschen an ihre Umwelt entsprechen. Kulturlandschaft und das Bild von ihr einer stän- dig währenden Veränderung unterworfen. Die Die historische Kulturlandschaft stellt eine Ag- landschaftlichen Ausgestaltungsprozesse können gregationsform historischer Kulturlandschafts- sich weitestgehend an den natürlichen Gegeben- elemente dar. Im Sinne eines gedanklichen Kon- heiten orientieren, sie aber auch gänzlich über- struktes ist sie als ein Ausschnitt aus der aktuel- formen. Die in der Kulturlandschaft verorteten len Kulturlandschaft zu verstehen, der sehr stark historischen Kulturlandschaftselemente berichten durch historische Kulturlandschaftselemente un- vom Leben, Wirtschaften und Fortbewegen der terschiedlichster Bereiche (Wirtschaft, Verkehr, vorausgegangenen Generationen, von ihrer Aus- Siedlung etc.) und Zeitstellungen geprägt wird. einandersetzung mit ihrem Lebensumfeld. Diese Abb. 1 + 2: Landleitenbach im Frankenwald mit gepflastertem Bachbett. Aufnahme 2004. Rebflurbe- reinigter Weinberg bei Würzburg. Aufnahme 2003. Alle Fotos in diesem Beitrag von Thomas Büttner. - 32 - Wie die historischen Kulturlandschaftselemente schaften in ihrer prägenden Aussagekraft zu be- im Kleinen, erzählt die historische Kulturland- wahren und Substanz schonend zu entwickeln. schaft - jedoch in einem übergeordneten Zusam- Damit sind nicht nur die bisher bekannten und menhang - von dem Leben und Wirtschaften der gesetzlich geschützten Natur- und Kulturdenkmä- Vorfahren als in der Landschaft ablesbarer und ler gemeint, sondern insbesondere die Zeugnisse erfahrbarer Geschichte. Die spezifische Ausprä- der Alltagsgeschichte wie z. B. Altstraßen oder gung und das Zusammenspiel der ihr innewoh- historische Flurformen, die bisher nicht oder nur nenden historischen Kulturlandschaftselemente im geringen Umfang in diesen Inventaren auftau- bringt eine an den Raum gebundene Eigenart und chen. Auch auf europäischer Ebene hat man die Historie hervor, die die Identifikationskraft und besondere Bedeutung der Kulturlandschaften er- die Heimatverbundenheit der Menschen mit ihrer kannt. So wird in der am 01.03.2004 in Kraft ge- Region fördern. Eine in diesem Sinne positiv tretenen Europäischen Landschaftskonvention aufgeladene Landschaft trägt zur Steigerung der (European Landscape Convention)2, die von Lebensqualität (z. B. des Wohnwerts) bei und Deutschland jedoch bisher noch nicht ratifiziert kann als Image bildender Standortfaktor Aus- wurde, zu einer ’Landschaftspolitik’ aufgerufen, schlag gebend für die Ansiedlung von Wirt- die die Bürgerinnen und Bürger wie auch die Be- schaftsbetrieben sein. Gerade auch für den Tou- hörden und politischen Repräsentanten der Mit- rismus bildet die historische Kulturlandschaft ei- gliedsstaaten ermuntert, aktiv am Erhalt und an ne ergiebige Plattform. Nicht zuletzt kann der der Entwicklung der vielfältigen Kulturland- Wert der historischen Kulturlandschaft und ihrer schaften als unverwechselbares Merkmal Euro- Bestandteile in der naturschutzfachlichen Bedeu- pas mitzuwirken. tung als Träger wertvoller Biotope mit entspre- chenden Tier- und Pflanzengesellschaften be- 2. Das Modellvorhaben „Historische gründet liegen. Kulturlandschaft der Region Ober- franken-West“ Die Forderung nach der Tradierung von in der Landschaft ablesbarer Geschichte spiegelt sich in Im Jahr 2002 wurde das Pilotprojekt „Historische den gesetzlichen Aufträgen des Bayerischen Kulturlandschaft in der Region Oberfranken- Denkmalschutzgesetzes, des Bundesnaturschutz- West“ begonnen, um den kulturhistorischen Be- gesetzes und Bayerischen Naturschutzgesetzes, deutungsgehalt dieser Region aufzuzeigen und in des Gesetzes zur Umweltverträglichkeitsprüfung den regionalen Planungsprozess einzubringen. wie auch des Bundesraumordnungsgesetzes wi- Das Modellvorhaben war ein Gemeinschaftspro- der.1 Im Kern geht es darum, die geschichtlichen jekt der Bayerischen Landesämter für Umwelt- und kulturellen Zusammenhänge der Kulturland- schutz (jüngst umbenannt in ’Landesamt für Um- - 33 - welt’) und für Denkmalpflege. Die über 3000 vertreten waren. Eine besondere Rolle nahm auch km² große Planungsregion Oberfranken-West mit die Einbindung einzelner kompetenter Personen den Landkreisen Coburg, Kronach, Lichtenfels, in Behörden, Wissenschaft und Heimatpflege ein. Bamberg und Forchheim sowie mit den kreisfrei- Im Rahmen eines „Landschaftsworkshops“ und en Städten Bamberg und Coburg bot sich als Pla- bei gemeinsamen Exkursionen konnte so um- nungsregion an, da sie einen außerordentlichen fangreiches kulturlandschaftliches Wissen zu- Reichtum an kulturhistorischer Substanz und sammengetragen und gewinnbringend eingesetzt Strukturen aufweist. Die Ziele des Vorhabens werden. Ende 2003 wurde das Modellvorhaben waren wie folgt ausgerichtet: erfolgreich abgeschlossen und auf der Fachta- gung „Heimat, Natur und Kultur“ des Bayeri- – Behandlung der historischen Kulturlandschaft schen Landesvereins für Heimatpflege an der als Schutzgut im Landschaftsentwicklungskon- Schule der Dorf- und Flurentwicklung in Kloster- zept (LEK)3 mit entsprechenden Zielen auf re- langheim abschließend präsentiert. Der Belang gionaler Ebene ’historische Kulturlandschaft’ konnte auch Ein- – Entwicklung einer Methodik für die Erfassung, gang in das Landschaftsentwicklungskonzept der Bewertung und Darstellung der historischen Region Oberfranken-West finden.4 Eine Berichts- Kulturlandschaft auf der regionalen Planungs- CD-ROM, die auf Anfrage bei dem Bayerischen ebene Landesamt für Umwelt bezogen werden kann, – Herleitung eines kulturhistorischen Orientie- fasst die Ergebnisse des Pilotprojektes „Histori- rungsrahmens für örtliche Planungen (Flächen- sche Kulturlandschaft der Region Oberfranken- nutzungsplan, Ländliche Entwicklung, Ein- West“ zusammen.5 Auf der Internetseite des griffsvorhaben) Bayerischen Landesamtes für Umwelt in Augs- – Erstellung eines Grundstocks für ein Kultur- burg („www.bayern.de/lfu“) können auch der Er- landschaftsverzeichnis als Basis für ein Infor- läuterungsbericht zum Modellvorhaben sowie das mationssystem historischer Kulturlandschafts- Faltblatt „Historische Kulturlandschaft der Re- elemente gion Oberfranken-West“ heruntergeladen wer- – Bewusstseinsbildung in der Öffentlichkeit. den.6 Die fachliche Betreuung erfolgte durch die pro- 2.1 Verfahrensweise jektbegleitende