Thomas Büttner Die historische Kulturlandschaft des Landkreises – dargestellt am Modellvorhaben „Historische Kulturlandschaft der Region Oberfranken-West“

1. Einführende Worte dar. Mit diesen Gedanken im Kopf gingen wir zu unserem Auto zurück und holten uns nasse Füße Meine erste Begegnung mit der Kulturlandschaft – der durchgeweichte Boden ließ uns knöcheltief des Landkreises Kronach war eine gemeinsame versinken. Bevor wir unsere Reise fortsetzten, Exkursion in den Frankenwald mit Herrn Dr. fuhren wir daher nach hinein und Gunzelmann vom Bayerischen Landesamt für wurden in dem Schuhgeschäft Stumpf fündig. Es Denkmalpflege. Anfang 2002 suchten wir die gab noch mehrere Läden im Ort, die den Fa- Lamitz bei Wallenfels auf, einen Floßbach, dem miliennamen „Stumpf“ trugen. So hatten wir uns im Zuge einer Ausgleichsmaßnahme eine Rena- nasse, aber keine kalten Füße geholt. Die gemein- turierung bevorstehen sollte. Nachdem wir uns same Exkursion führte uns im weiteren Verlauf den Weg durch hoch aufgewachsenes Gras und bis nach Steinbach an der Haide. Es sollte nicht eine düstere Fichtenschonung gebahnt hatten, ge- die letzte Reise in den Landkreis Kronach gewe- langten wir an das weitestgehend am Talrand ver- sen sein. Die Bearbeitung des Modellvorhabens laufende Bachbett. Die Uferränder waren mit lie- „Historische Kulturlandschaft der Region Ober- gendem Pflaster aus Grauwacken befestigt und franken-West“ bot noch ausreichend Gelegenheit zum größten Teil mit Moos und Farnen bewach- dazu. Am 2. Juni 2004 war es mir anlässlich der sen. Auch das Bachbett war mit Steinpackungen Amtseinführung der Kreisheimatpfleger des versehen, hier und da von eingelassenen Sohl- Landkreises Kronach im Wasserschloss schwellen aus Holz unterbrochen. vergönnt, einen Gastvortrag über die Ergebnisse des genannten Pilotprojektes zu halten. Der vor- Aus naturschutzfachlicher Sicht handelt es sich liegende Aufsatz folgt in seiner Struktur dem ge- um einen „verbauten“ und begradigten Bachlauf, haltenen Vortrag. Zunächst wird über die Ziel- der Wasser zu schnell abführt und zur Hochwas- setzung, die Vorgehensweise und die Ergebnisse sergefährdung beitragen kann. Aus dem denk- des Vorhabens berichtet, um dann auf die histo- malpflegerischen Blickwinkel stellt dieser Floß- rische Kulturlandschaft des Landkreises Kronach bach ein hochrangiges Kulturdenkmal als land- und auf Ideen zu ihrer In-Wert-Setzung näher schaftsmanifester Bestandteil einer über 700 Jah- einzugehen. Den Anfang macht eine kurze Ein- re währenden Flößereiwirtschaft im Frankenwald führung zum Verständnis von Kulturlandschaft.

- 31 - 1.1 Zum Verständnis von Kulturlandschaft kulturgeschichtlichen Zeugnisse, die von Alt- stadtkernen, Relikten der Flößerei über Indus- Kulturlandschaft entsteht durch die Hände und triedenkmäler bis hin zu alten Fußsteigen reichen die Gestaltungsideen vieler Menschen und kann können, werden als >historisch< bezeichnet, nur über deren Wahrnehmung zu Gestalt ge- wenn sie in der vorgefundenen Form so nicht rinnen. Als Abbild einer langen Folge von zivili- mehr geschaffen werden, sie also nicht mehr den satorischen Entwicklungsgängen und sich wan- gängigen Vorstellungen und Bedürfnissen der delnden Ansprüchen und Wertmaßstäben sind Menschen an ihre Umwelt entsprechen. Kulturlandschaft und das Bild von ihr einer stän- dig währenden Veränderung unterworfen. Die Die historische Kulturlandschaft stellt eine Ag- landschaftlichen Ausgestaltungsprozesse können gregationsform historischer Kulturlandschafts- sich weitestgehend an den natürlichen Gegeben- elemente dar. Im Sinne eines gedanklichen Kon- heiten orientieren, sie aber auch gänzlich über- struktes ist sie als ein Ausschnitt aus der aktuel- formen. Die in der Kulturlandschaft verorteten len Kulturlandschaft zu verstehen, der sehr stark historischen Kulturlandschaftselemente berichten durch historische Kulturlandschaftselemente un- vom Leben, Wirtschaften und Fortbewegen der terschiedlichster Bereiche (Wirtschaft, Verkehr, vorausgegangenen Generationen, von ihrer Aus- Siedlung etc.) und Zeitstellungen geprägt wird. einandersetzung mit ihrem Lebensumfeld. Diese

Abb. 1 + 2: Landleitenbach im Frankenwald mit gepflastertem Bachbett. Aufnahme 2004. Rebflurbe- reinigter Weinberg bei Würzburg. Aufnahme 2003. Alle Fotos in diesem Beitrag von Thomas Büttner.

- 32 - Wie die historischen Kulturlandschaftselemente schaften in ihrer prägenden Aussagekraft zu be- im Kleinen, erzählt die historische Kulturland- wahren und Substanz schonend zu entwickeln. schaft - jedoch in einem übergeordneten Zusam- Damit sind nicht nur die bisher bekannten und menhang - von dem Leben und Wirtschaften der gesetzlich geschützten Natur- und Kulturdenkmä- Vorfahren als in der Landschaft ablesbarer und ler gemeint, sondern insbesondere die Zeugnisse erfahrbarer Geschichte. Die spezifische Ausprä- der Alltagsgeschichte wie z. B. Altstraßen oder gung und das Zusammenspiel der ihr innewoh- historische Flurformen, die bisher nicht oder nur nenden historischen Kulturlandschaftselemente im geringen Umfang in diesen Inventaren auftau- bringt eine an den Raum gebundene Eigenart und chen. Auch auf europäischer Ebene hat man die Historie hervor, die die Identifikationskraft und besondere Bedeutung der Kulturlandschaften er- die Heimatverbundenheit der Menschen mit ihrer kannt. So wird in der am 01.03.2004 in Kraft ge- Region fördern. Eine in diesem Sinne positiv tretenen Europäischen Landschaftskonvention aufgeladene Landschaft trägt zur Steigerung der (European Landscape Convention)2, die von Lebensqualität (z. B. des Wohnwerts) bei und Deutschland jedoch bisher noch nicht ratifiziert kann als Image bildender Standortfaktor Aus- wurde, zu einer ’Landschaftspolitik’ aufgerufen, schlag gebend für die Ansiedlung von Wirt- die die Bürgerinnen und Bürger wie auch die Be- schaftsbetrieben sein. Gerade auch für den Tou- hörden und politischen Repräsentanten der Mit- rismus bildet die historische Kulturlandschaft ei- gliedsstaaten ermuntert, aktiv am Erhalt und an ne ergiebige Plattform. Nicht zuletzt kann der der Entwicklung der vielfältigen Kulturland- Wert der historischen Kulturlandschaft und ihrer schaften als unverwechselbares Merkmal Euro- Bestandteile in der naturschutzfachlichen Bedeu- pas mitzuwirken. tung als Träger wertvoller Biotope mit entspre- chenden Tier- und Pflanzengesellschaften be- 2. Das Modellvorhaben „Historische gründet liegen. Kulturlandschaft der Region Ober- franken-West“ Die Forderung nach der Tradierung von in der Landschaft ablesbarer Geschichte spiegelt sich in Im Jahr 2002 wurde das Pilotprojekt „Historische den gesetzlichen Aufträgen des Bayerischen Kulturlandschaft in der Region Oberfranken- Denkmalschutzgesetzes, des Bundesnaturschutz- West“ begonnen, um den kulturhistorischen Be- gesetzes und Bayerischen Naturschutzgesetzes, deutungsgehalt dieser Region aufzuzeigen und in des Gesetzes zur Umweltverträglichkeitsprüfung den regionalen Planungsprozess einzubringen. wie auch des Bundesraumordnungsgesetzes wi- Das Modellvorhaben war ein Gemeinschaftspro- der.1 Im Kern geht es darum, die geschichtlichen jekt der Bayerischen Landesämter für Umwelt- und kulturellen Zusammenhänge der Kulturland- schutz (jüngst umbenannt in ’Landesamt für Um-

- 33 - welt’) und für Denkmalpflege. Die über 3000 vertreten waren. Eine besondere Rolle nahm auch km² große Planungsregion Oberfranken-West mit die Einbindung einzelner kompetenter Personen den Landkreisen Coburg, Kronach, Lichtenfels, in Behörden, Wissenschaft und Heimatpflege ein. Bamberg und Forchheim sowie mit den kreisfrei- Im Rahmen eines „Landschaftsworkshops“ und en Städten Bamberg und Coburg bot sich als Pla- bei gemeinsamen Exkursionen konnte so um- nungsregion an, da sie einen außerordentlichen fangreiches kulturlandschaftliches Wissen zu- Reichtum an kulturhistorischer Substanz und sammengetragen und gewinnbringend eingesetzt Strukturen aufweist. Die Ziele des Vorhabens werden. Ende 2003 wurde das Modellvorhaben waren wie folgt ausgerichtet: erfolgreich abgeschlossen und auf der Fachta- gung „Heimat, Natur und Kultur“ des Bayeri- – Behandlung der historischen Kulturlandschaft schen Landesvereins für Heimatpflege an der als Schutzgut im Landschaftsentwicklungskon- Schule der Dorf- und Flurentwicklung in Kloster- zept (LEK)3 mit entsprechenden Zielen auf re- langheim abschließend präsentiert. Der Belang gionaler Ebene ’historische Kulturlandschaft’ konnte auch Ein- – Entwicklung einer Methodik für die Erfassung, gang in das Landschaftsentwicklungskonzept der Bewertung und Darstellung der historischen Region Oberfranken-West finden.4 Eine Berichts- Kulturlandschaft auf der regionalen Planungs- CD-ROM, die auf Anfrage bei dem Bayerischen ebene Landesamt für Umwelt bezogen werden kann, – Herleitung eines kulturhistorischen Orientie- fasst die Ergebnisse des Pilotprojektes „Histori- rungsrahmens für örtliche Planungen (Flächen- sche Kulturlandschaft der Region Oberfranken- nutzungsplan, Ländliche Entwicklung, Ein- West“ zusammen.5 Auf der Internetseite des griffsvorhaben) Bayerischen Landesamtes für Umwelt in Augs- – Erstellung eines Grundstocks für ein Kultur- burg („www.bayern.de/lfu“) können auch der Er- landschaftsverzeichnis als Basis für ein Infor- läuterungsbericht zum Modellvorhaben sowie das mationssystem historischer Kulturlandschafts- Faltblatt „Historische Kulturlandschaft der Re- elemente gion Oberfranken-West“ heruntergeladen wer- – Bewusstseinsbildung in der Öffentlichkeit. den.6

Die fachliche Betreuung erfolgte durch die pro- 2.1 Verfahrensweise jektbegleitende Arbeitsgruppe, in der Vertreter der Regierung von Oberfranken, freie Sachver- Die Erhebung, Bewertung und Darstellung des ständige sowie Vertreter des damaligen Landes- Schutzgutes „historische Kulturlandschaft“ wur- amtes für Umweltschutz (LfU) und des Bayeri- de auf die raumbedeutsamen und überörtlichen schen Landesamtes für Denkmalpflege (BLfD) Erfordernisse der regionalen Planungsebene aus-

- 34 - gerichtet und gliederte sich in folgende Verfah- I. Rahmenebene: Ermittlung der naturräumlichen und kultur- rensschritte7 (vgl. Abb. 3): (Wegweiser) landschaftsräumlichen Grundlagen des Un- tersuchungsgebiets; Darstellung in Berichts- I. Ermittlung der naturräumlichen und kultur- text landschaftsräumlichen Grundlagen (Rahmen- ebene), II. Objektebene: Erfassung und Bewertung historischer Kultur- (Substanz) landschaftselemente; Einbindung in eine Da- II. Erfassung und Bewertung historischer Kul- tenbank und in ein Geographisches Infor- turlandschaftselemente (Objektebene), mationssystem (GIS); Darstellung in „Karte III. Erfassung, Abgrenzung und Bewertung von der historischen Kulturlandschaft“ Kulturlandschaftsräumen (Raumebene). III. Raumebene: Beschreibung, Abgrenzung und Bewertung 2.1.1 Rahmenebene – Beschreibung der Natur- (Gesamtschau) von Kulturlandschaftsräumen; Darstellung in Raumsteckbriefen und in Karte der Kultur- vorgabe und Kulturleistung landschaftsräume

Die Naturvorgabe und die Kulturleistung, also Abb. 3: Übersicht (2006) zu der gewählten Ver- die naturräumlichen und kulturlandschaftsräumli- fahrensweise im Modellvorhaben „Historische chen Grundlagen der Planungsregion wurden im Kulturlandschaft der Region Oberfranken-West“. Hinblick auf die Kräfte beschrieben, die heute noch ablesbar die Landschaft formen. Zu Beginn 2.1.2 Objektebene – Erhebung historischer Kul- wurde daher ein knapper Überblick über Geolo- turlandschaftselemente gie, Klima, Böden und das Gewässernetz, sowie über die morphologischen und topographischen Auf der Objektebene erfolgte die listenförmige Verhältnisse des Untersuchungsgebietes gegeben. Erfassung und Bewertung der regional bedeutsa- Hieran schloss sich der Einblick in die Phasen men historischen Kulturlandschaftselemente. Die der Siedlungsgeschichte, der Agrargeschichte, Einzelelemente wurden in einer ACCESS-Daten- der Wirtschafts- und Sozialgeschichte, der politi- bank erfasst und in ein Geographisches Informa- schen, territorialen und kirchlichen Geschichte tionssystem (ARC VIEW) eingebunden. Die Dar- im Untersuchungsgebiet im Hinblick auf ihre stellung der erhobenen Landschaftsbausteine er- kulturlandschaftliche Wirkung an. Diese Basisin- folgte in der Schutzgutkarte „Historische Kultur- formationen haben in der Darstellung zur Kultur- landschaft“. landschaftsgeschichte der Region und in den kul- turlandschaftsräumlichen Steckbriefen Eingang Die historischen Kulturlandschaftselemente wur- gefunden. den dann erfasst, wenn deren Ausdehnung eine sinnvolle kartographische Darstellung im Maß-

- 35 - stab 1 : 100.000 ermöglichte. Eine Ausnahme bil- in den Wertigkeiten geringe bis mittlere, hohe deten kleine punktuelle Elemente, deren Raum- und sehr hohe kulturhistorische Bedeutung.8 wirksamkeit über Sichtbeziehungen entsprechend hoch oder deren kulturhistorische Bedeutung für 2.1.3 Raumebene – Gesamtschau der histori- die Region Oberfranken-West unverzichtbar ist. schen Kulturlandschaft Es wurden insbesondere auch diejenigen histori- schen Kulturlandschaftselemente angesprochen, Auf der Kulturlandschaftsraumebene wurden die die bisher aus denkmalpflegerischer und natur- natur- und kulturlandschaftsräumlichen Grundla- schutzfachlicher Sicht nicht oder nur in Teilen geninformationen mit den erhobenen historischen berücksichtigt werden konnten. Beispiele hierfür Kulturlandschaftselementen zusammen betrach- sind historische Flurformen, Wiesenbewässe- tet. Im Zuge der Gesamtschau erfolgte somit die rungssysteme, Floßbäche oder Kellergassen. Abgrenzung und Bewertung der Kulturland- Darüber hinaus wurden Bestands- und Erwar- schaftsräume. Hierbei war es wichtig, die Entste- tungsräume für Bodendenkmäler sehr hoher kul- hungszusammenhänge und die Lebenswelt des turhistorischer Bedeutung angesprochen, wenn darzustellenden Kulturlandschaftsraumes als ein dichter Bestand an erfassten Bodendenkmä- Spiegelbild menschlichen Daseins offenkundig lern bzw. die besondere Siedlungsgunst über alle werden zu lassen und damit die Bündelungen un- Kulturperioden eine entsprechende Bestandslage terschiedlicher Funktionen und Nutzungen des hervorgebracht haben bzw. Erwartungslage ver- Raumes wiederzugeben. Die Kulturlandschafts- muten lassen. Diese beiden Kategorien können räume sind daher als planerisches Konzept zu be- sich überschneiden - ein „Aufstieg“ von Erwar- greifen, das im Sinne einer thematischen Schwer- tung zu Bestand ist möglich. punktsetzung die wesentlichen Merkmale eines Raumes herausarbeiten will.9 Insgesamt gesehen Das auf der Objektebene angewandte Bewer- stand nicht die Typisierung von Landschaften im tungsverfahren wurde im Hinblick auf das inhalt- Vordergrund, sondern die Herausarbeitung der lich-methodische Grundgerüst des Landschafts- historisch „gewachsenen“ Individualität der Kul- entwicklungskonzeptes ausgerichtet. Die Krite- turlandschaftsräume. rienauswahl erfolgte mit dem Schwerpunkt auf den geschichtlichen Aspekt und damit auf die Be- Die Kulturlandschaftsräume wurden in ihrer kul- lange der Denkmalpflege. Die Erfüllungsgrade turhistorischen Bedeutung über die Kriterien ge- der Merkmale historische Zeugniskraft, Erhal- schichtliche Zeugniskraft und charakteristische tungszustand, Seltenheit und charakteristische Eigenart (Erscheinungsbild und Verdichtung) so- Eigenart wurden in drei Stufen bewertet und er- wie funktional über ihre Nutzung und das Zusam- gaben addiert einen kulturhistorischen Zeigerwert menwirken der historischen Kulturlandschafts-

- 36 -

Abb. 4: Blätter 1, 2 und 5 des kulturlandschaftsräumlichen Steckbriefs Gehülz-Haßlacher Berg, erstellt durch Thomas Büttner. Quelle: LfU und BLfD 2004. elemente bewertet. Die Erfüllungsgrade der Kri- schaftelemente listenförmig erfasst und bewertet terien ergaben addiert einen kulturhistorischen worden. Die historischen Kulturlandschaftsele- Zeigerwert in den Wertigkeiten geringe bis mitt- mente wurden in den einzelnen kulturlandschafts- lere, hohe und sehr hohe kulturhistorische Bedeu- räumlichen Steckbriefen genannt und in den Kar- tung. Die Erfassung, Darstellung und Bewertung tenausschnitten der Steckbriefe sowie in der der Kulturlandschaftsräume erfolgte in Text- und „Karte der historischen Kulturlandschaft“ darge- Kartenform über die kulturlandschaftsräumlichen stellt. Im Rahmen der Gesamtschau wurden 112 Steckbriefe sowie über die „Karte der Kultur- Kulturlandschaftsräume abgegrenzt. Davon landschaftsräume“. kommt 26 Kulturlandschaftsräumen eine sehr hohe kulturhistorische Bedeutung zu, die das 2.2 Ergebnisse des Modellvorhabens Prädikat „historische Kulturlandschaft“ verdie- nen. Mit hoher kulturhistorischer Bedeutung Insgesamt sind über 1500 historische Kulturland- wurden 58 Kulturlandschaftsräume bewertet. Die

- 37 - verbliebenen Kulturlandschaftsräume erhielten ebene durchziehen. Die Talräume gestalten sich eine geringe bis mittlere kulturhistorische Bedeu- so eng und steilwandig, dass sie in den meisten tung.10 Fällen weitgehend siedlungsfrei geblieben sind und bis heute als Wiesenland genutzt werden, 3. Die historische Kulturlandschaft im soweit sie nicht in ihrer Nutzung aufgegeben und Landkreis Kronach aufgeforstet worden sind. Südlich der Wasser- scheide von Elbe und Rhein entwässern die Ro- In Bezug auf die vorgestellte Verfahrensweise dach und ihre Nebenflüsse Steinach, Haßlach, und auf die Ergebnisse des Modellvorhabens soll Kronach und Wilde Rodach wie auch die zahlrei- nun näher auf die historische Kulturlandschaft chen Bachläufe in südlicher und südwestlicher des Landkreises Kronach eingegangen werden. Richtung zum Main hin. Nördlich dieser Wasser- Zunächst werden die Naturvorgabe und die Kul- scheide, die zugleich das ehemalige „Lauenstei- turleistung skizziert und die herausragenden ner Ländchen“ vom einstigen „Teuschnitzer Ei- landkreiseigenen historischen Kulturlandschafts- gen“ trennt und bis heute eine Sprach- und Kon- elemente entstehungsgeschichtlich eingeordnet fessionsgrenze zwischen dem Fränkischen und bzw. separat hervorgehoben. Im Rahmen der Ge- Thüringischen darstellt, wird der Frankenwald samtschau wird auf die Kulturlandschaftsräume durch die Loquitz und ihre Nebengewässer zur des Landkreises Kronach näher eingegangen und Saale hin entwässert. Die Trennlinie ist in etwa stellvertretend für die anderen Raumcharakteri- der historische Weg des „Rennsteiges“. sierungen der Steckbrief des Raumes ’Gehülz- Haßlacher Berg’ vorgestellt. Die von 500 m bis über 700 m über Meereshöhe reichenden Höhenlagen des Frankenwaldes sind 3.1 Naturvorgabe kontinental geprägt. Das Klima des Grundgebir- ges ist mit 850-1100 mm Niederschlägen im Jahr Der Frankenwald erstreckt sich auf dem Grund- sehr regenreich, rau und siedlungsfeindlich. Die gebirge, das vor mehr als 300 Millionen Jahren ungünstigen Klimaverhältnisse (kontinentales im Erdaltertum (Paläozoikum) entstanden ist und Klima, kurze Vegetationsperiode), die kargen sich überwiegend aus Schiefergesteinen und Bodenqualitäten (nährstoffarme, steinige und Grauwacken des Karbons aufbaut. Naturräumlich sandig-tonige Böden aus Grauwacken und Schie- betrachtet liegt der Frankenwald als Teil der ferton) lassen eine ackerbauliche Nutzung nur auf deutschen Mittelgebirgsschwelle zwischen Fich- den gerodeten Höhenlagen des flachkuppigen telgebirge und Thüringer Wald. Den Gebirgscha- Mittelgebirges zu, die sich als einzelne oder in rakter bezieht der Frankenwald aus den engen, Ketten zusammengeschlossene Rodungsinseln tief eingeschnittenen Tälern, die die weite Hoch- abzeichnen. Die nicht ackerbaulich nutzbaren

- 38 - Höhenlagen und die Steilhänge des Frankenwal- 3.2 Kulturleistung des werden von ausgedehnten Waldbeständen eingenommen. Hierbei handelt es sich überwie- Die ersten Spuren menschlicher Siedlungstätig- gend um Fichtenbestände, die im Laufe der Jahr- keit im Landkreis Kronach reichen bis in die hunderte, forciert durch die Flößereiwirtschaft, an Steinzeit zurück, was sich z. B. an den Boden- die Stelle von Rotbuche und Tanne getreten funden zu der bandkeramischen Siedlung östlich sind.11 von Küps belegen lässt. Auch aus der Eisen- und Bronzezeit lassen sich Besiedlungsansätze datie- Eine der größten geologischen Bruchlinien ist die ren, wovon die westlich von Kronach gelegene Fränkische Linie, die als markanter, bis zu 300 m spätbronzezeitliche Anlage der Heunischenburg hoher Geländeanstieg das Grundgebirge von dem (9. Jh. v. Chr.) zeugt.13 Bis in das Hoch- und Deckgebirge trennt und sich entlang der Orte Spätmittelalter hinein muss sich der vormals als „Weidenberg – Goldkronach – Stadtsteinach – „Nortwald“ bezeichnete Frankenwald als sied- Burggrub“ zieht. Der landschaflichen Bruchstelle lungsleeres Waldgebirge vorgestellt werden. Im vorgelagert sind ein bis zu vier Kilometer breites Früh- und Hochmittelalter setzte zunächst die Er- Buntsandsteinband und ein Muschelkalkzug, die schließung der siedlungsgünstigen Talräume der in besonderer Art und Weise den südlichen Teil Kronach, Haßlach, des oberen Main- und Stei- des Landkreises Kronach von Mitwitz bis Sei- nachtales sowie die der Fränkischen Linie vorge- belsdorf prägen. Naturräumlich betrachtet liegt lagerten Niederungen des Muschelkalkzuges ein. der Süden des Landkreises Kronach nahezu ganz im Obermainischen Hügelland. Das lebhafte Re- Es ist davon auszugehen, dass vorab Verkehrs- lief erreicht Höhen von 300 bis 500 m. Das Kli- wege durch den Frankenwald führten. So ist eine ma ist insgesamt regenärmer (650-950 mm im Altstraße von Kronach durch das Haßlachtal nach Jahr) und milder. Die klimatisch begünstigten Saalfeld zu vermuten, die Ansatzpunkt für die Er- Talräume des Obermains, der Steinach, der Haß- schließung gewesen sein könnte.14 Eine bedeu- lach und Rodach haben die Leitlinien der Besied- tende Rolle nahmen ab dem 10. Jahrhundert die lung vorgegeben. Zugleich sind in den mit gerin- Schweinfurter Markgrafen (als Herrscher des Ra- ger Siedlungsgunst ausgestatteten Höhenlagen denzgaues) ein, die die Rodungstätigkeit auf dem des Buntsandsteingebiets die am spätesten er- Gebiet des einstigen Nortwaldes als ehemalige schlossenen Räume des Landkreises Kronach zu Ostgrenze des Radenzgaues vorantrieben. Der finden. Insgesamt herrscht die ackerbauliche siedlungsgünstige Raum um Mitwitz war wohl Landnutzung vor, durchzogen von Wiesenland in schon vor der Gründung des Bistums Bamberg den Auen und eingestreuten Waldinseln auf den 1007/08 ansatzweise durch die Schweinfurter Höhenrücken aus Sand- und Kalkstein.12 Markgrafen besiedelt worden. Es beteiligten sich

- 39 - ab dieser Zeit aber auch viele andere Edelfreie lungstätigkeit war die Gründung des Bistums (Nachfahren der Großgrundbesitzer der fränki- Bamberg 1007 durch Kaiser Heinrich II. und des- schen Kolonialzeit) an der kulturlandschaftlichen sen Ausstattung mit großen Teilen des Nortwal- Erschließung. Ein Beispiel hierfür ist die Besied- des. Die auf einem Bergsporn gelegene Oberstadt lung des Gehülzes westlich von Kronach, worauf Kronach mit der Festung Rosenberg diente hier- Kapitel 4 noch ausführlicher eingeht. Maßgeblich bei als Ausgangspunkt für die siedlungs- und flö- ist, dass im Hochmittelalter das landesherrliche ßereiwirtschaftliche Erschließung des Franken- Machtvakuum reichsunmittelbare Herrschaftsträ- waldes. Kronach wurde 1003 erstmals als „urbs ger wie die Reichsritterschaften anzog, die die crana“ urkundlich erwähnt und wurde mit seinem Buntsandsteinhochfläche erschlossen.15 Umland 1122 von Kaiser Heinrich V. an das Bis- tum Bamberg geschenkt, so dass es bis zum Be- Das Bistum Bamberg und die Grafen von An- ginn des 19. Jahrhunderts landesherrliche Rechte dechs traten das Erbe der 1057 ausgestorbenen ausüben konnte. Spätestens ab dieser Zeit stellte Schweinfurter Grafen an. Ab diesem Zeitpunkt sich das heute bekannte Landschaftsbild in Ge- bauten sich die Andechser neben ihren bayeri- stalt von gerodeten Hochflächen, bewaldeten schen Besitzungen einen umfangreichen ober- Hängen und den feuchten Talwiesen nach und fränkischen Besitzkomplex mit dem Schwer- nach ein. Neben Kronach war ein punkt um die Plassenburg bei Kulmbach auf, der weiterer Herrschaftsschwerpunkt. Von 1187 bis heutigen Planungsregion Oberfranken-Ost. Es 1388 stand es im Eigentum des Zisterzienserklos- begann sich ein territorialpolitischer West-Ost- ters Langheim und war danach, wie Kronach, Gegensatz in Oberfranken herauszubilden, der lange Zeit Sitz eines bambergischen Oberamtes. mit der Konfessionalisierung im Zeitalter der Re- Die beiden Oberämter umfassten, einschließlich formation noch verstärkt wurde und bis zum En- der Unterämter und Wallenfels, we- de des Alten Reiches zu Beginn des 19. Jahrhun- sentliche Bereiche des heutigen Kronacher Land- derts bestimmend blieb. Ausgelöst durch einen kreisgebiets südlich des Rennsteigs. Der Höhe- starken Bevölkerungsdruck und begünstigt durch punkt der Rodungswelle war im Teuschnitzer Ei- eine langsame Klimaverbesserung, die ihr Opti- gen in der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts und An- mum um 1100 erreichte und eine landwirtschaft- fang des 13. Jahrhunderts erreicht. Die Dörfer liche Nutzung der höheren Lagen erlaubte, be- Windheim, Buchbach, Kehlbach, Steinbach und gann man die Höhenlagen des Frankenwaldes zu Hirschfeld sind in dieser Zeit angelegt worden. roden. Leitform des oberfränkischen Jungsiedel- Besonders hervorzuheben sind Teuschnitz mit landes ist das Rundangerdorf mit radialer Breit- seiner Gelängeflur und auch die Rundangerdörfer streifenflur mit Hofanschluß (Radialwaldhufen- Birnbaum und Neuengrün mit ihren Radialhufen- dorf).16 Von großer Bedeutung für diese Sied- fluren. Die weiträumigen, langgestreckten Ro-

- 40 - dungsinseln erstrecken sich von Nordosten in diktinerklosters Saalfeld die kulturlandschaftliche südwestlicher Richtung. Diese charakteristischen Erschließung voran. Von der Mitte des 13. bis Dorf- und Flurformen, die in ihren Parzellen- zur Mitte des 15. Jahrhunderts führte das Ge- strukturen im Grundsatz seit nahezu 800 Jahren schlecht der Orlamünder und im 16. Jahrhundert stabil geblieben sind, besitzen eine außerordentli- die Herren von Thüna mit Herrschaft und Burg che historische Aussagekraft und landschaftsprä- Lauenstein den kulturlandschaftlichen Ausbau gende Wirkung. Die historischen Flurformen weiter fort. Herausragendes Zeugnis der thüringi- zählen zu den ältesten kulturgeschichtlichen schen Besiedlung des Frankenwaldes ist Stein- Zeugnissen des Landkreises Kronach. bach an der Haide als Rundangerdorf mit hofan- schließender Breitstreifenflur. Die Andechs-Me- An der Besiedlung des Frankenwaldes in der ranier erwarben im Hochmittelalter den gesamten spätmittelalterlichen Ausbauphase des 12. und östlichen Frankenwald. Nach ihrem Aussterben 13. Jahrhunderts waren die Adelsgeschlechter be- 1248 ging ihr Besitz an die hohenzollerischen teiligt, die neben dem Bistum Bamberg und dem Burggrafen von Nürnberg und späteren Markgra- Kloster Langheim als Siedlungsträger auftraten fen von Kulmbach-Bayreuth. Ihr Besitz schloss und bis zum Rennsteig vordringen konnten. Von auch ab 1622 das einstige Lauensteiner Ländchen thüringischer Seite trieben wohl im 12. Jahrhun- ein, das die Ritter von Thüna aus wirtschaftlichen dert die Herren von Könitz im Auftrag des Bene- Gründen an Markgraf Christian von Branden-

Abb. 5 + 6: Radialhufenflur Birnbaum. Aufnahmen 2002.

- 41 - burg-Bayreuth verkaufen mussten. Die Burg lich ein Pufferzone in Form eines mehrere Kilo- wurde zu einem markgräflichen Amtssitz umge- meter breiten Waldareals.19 Da in diesem Gebiet wandelt. Bis 1791 stand nun das Amt Lauenstein kein direkter landesherrlicher Herrschaftsan- unter der Herrschaft der Markgrafen von Kulm- spruch vorlag, wurden erste Besiedlungsaktivitä- bach-Bayreuth bzw. Ansbach-Bayreuth.17 Das ten durch reichsunmittelbare Herrschaftsträger Bevölkerungswachstum zu Beginn der Frühen wie Klöster und vor allem Ritterschaften voran- Neuzeit führte zu Neurodungen, die jedoch bei getrieben. Im 11. und 12. Jahrhundert wollte das weitem nicht mehr die Dynamik der vorangegan- Kloster Michelsberg die Besiedlung des gering genen Rodungsperioden erreichten. Die Rodung erschlossenen Waldgebietes vorantreiben, was erfolgte, wie auch schon im Spätmittelalter, in wohl nur ansatzweise gelang. Ein Teil dieser Be- den Ungunsträumen des Landes. Träger der Sied- sitzungen stieß das Kloster an die Ritterschaften lung waren die kleinen Herrschaften der Reichs- ab, da es aus naturräumlichen und wirtschaftli- ritter, die versuchten, ihre Kleinterritorien zu chen Gründen nicht erschließungswürdig schien. verdichten. In der Frühen Neuzeit vollzog sich Das im thüringischen Bereich gelegene Gebiet die Erschließung der kargen Buntsandsteingebie- Rotheul mit den späteren Wustungen blieb von te wie etwa der Mitwitzer Wustungen. Dieser 1142 bis 1343 im Besitz des Klosters Michels- Siedlungsvorgang fand insbesondere an den Ge- berg. markungsrändern der bestehenden Siedlungen oder auf im späten Mittelalter wüst gefallenen Ab der Mitte des 12. und 13. Jahrhunderts be- Flächen statt. Die Siedlungstätigkeit erstreckte gannen die Grafen von Sterker, Grafen von sich im einstigen Bannwald bzw. entlang der Wolfsbach und die Herren von Schaumberg mit Verwerfungszone der Fränkischen Linie. Sied- der systematischen Erschließung der sumpf- lungsträger waren hier in der Hauptsache reichs- durchsetzten Buntsandsteinwälder.20 Die Mitwit- unmittelbare Herrschaftsträger wie insbesondere zer Wustungen21 entstanden am Ende der spätmit- die Reichsritterschaften, die das landesherrliche telalterlichen Ausbauphase und im verstärkten Machtvakuum anzog. Maße in der frühneuzeitlichen Ausbauphase Mit- te des 16. Jahrhunderts. Die Mitwitzer Wustun- Ein Beispiel für den Ausbau eines Binnenro- gen, u. a. mit der Reuter-, Bätzen-, Bohls-, Hüt- dungsraumes in Grenzlage sind die Mitwitzer ten-, Dicken-, Anger-, Schnitzers-, Schaum- Wustungen bei dem ritterschaftlichen Residenz- bergs-, Veiten- und Haderleinswustung, die die ort Mitwitz.18 Das Wustungsgebiet liegt im hoch- Gemarkungen Schwärzdorf, Neundorf und Kal- mittelalterlichen Grenzsaum zwischen dem west- tenbrunn umfassen, sind im Zusammenhang mit lich angrenzenden Grabfeldgau und dem östlich dem thüringischen Wustungsdistrikt Rotheul zu angrenzenden Radenzgau und bildete ursprüng- sehen. Anzusprechen sind auch die weilerartigen

- 42 - Streusiedlungen Kröttendorf, Mostholz und Das Dorf Johannisthal ist ein Beispiel für eine Bächlein, die von kompakter Form sind. Krötten- barocke Neusiedlung des 17. Jahrhunderts, das dorf war bereits im Mittelalter vorhanden, fiel Dorf Wilhelmsthal wurde in der ersten Hälfte des dann wüst und wurde im 16. Jahrhundert mit Wu- 18. Jahrhunderts angelegt und zeigt in seiner stungen erneut besiedelt. Namensgebung deutlich den barocken Gründer- stolz an. Die Wustungen und weilerartigen Siedlungen verdeutlichen bis heute auf besondere Weise die Ein prägnantes Zeugnis reichsritterschaftlicher landwirtschaftliche Erschließung eines Ungunst- Peuplierungspolitik sind die Tropfhäuser in Na- raumes, die eng an die Naturvorgabe gebunden gel und Ziegelerden. Im Zuge des Bevölke- war. Aufgrund der geringen Ertragsfähigkeit der rungswachstums nach dem Dreißigjährigen Krieg Böden (sehr sandige, nährstoffarme Böden ohne betrieben die ritterschaftlichen Kleinherrschaften Kalkanteil) sind die Besitzungen der Gehöfte aus eine aktive Siedlungspolitik und boten den An- wirtschaftlichen Gründen recht groß angelegt siedlungswilligen in ihren Herrschaftsgebieten worden und wurden extensiv bewirtschaftet. Mit Kleinstellen an.23 Der Grundbesitz solcher Häuser den zahlreichen Teichketten sind charakteristi- reichte in der Regel nur bis zur Dachtraufe. Die sche Kulturlandschaftselemente gegeben, die auf Grundstücksgrenze markierten sozusagen die vom die historische Bedeutung der Fischzucht hinwei- Dach fallenden Regentropfen. Diese Kleinstan- sen und diesen Raum auf unverwechselbare Wei- wesen, die zumeist nur aus zwei Räumen und ei- se prägen. Den Freiherren von Würtzburg, die ner kleinen Küche bestanden, wurden von Tage- lange Zeit über die Zent Mitwitz verfügten, ge- löhnern, Handwerkern, Gewerbetreibenden und hörte von 1575 bis 1922 die Wasserburg in Mit- später auch von Industriearbeitern bewohnt. In witz sowie das Obere Schloss, beide von Parkan- vereinzelten Fällen, wie zum Beispiel im Land- lagen umgeben. Die Wasserburganlage gehört zu kreis Forchheim, dienten sie auch jüdischen Be- den bedeutendsten ihrer Art in Oberfranken und völkerungsteilen als Wohnstätte. In Ziegelanger unterstreicht zudem den ritterschaftlichen Resi- standen um die angerartige Freifläche, um die denzort-Charakter von Mitwitz. ehemalige Ziegelhütte und an den sich den Haß- lacher Berg hinaufziehenden Wegen die kleinen In der Zeit vom 16. Jahrhundert bis zur Mitte des erdgeschossigen Häuser der Flößer und Floß- 18. Jahrhunderts erfolgte auf Initiative derer von knechte. Die Anlage des Bahnhofes mit ihrem Redwitz der weitere kulturlandschaftliche Aus- Gleiskörper hat diese Siedlungsstruktur jedoch bau des Redwitzschen Gehülzes über Weiler und weitestgehend abgelöst. Dennoch sind noch eini- Streusiedlungen. 22 Ausführlichere Informationen ge Gebäude erhalten geblieben.24 hierzu können im Kapitel 4 nachgelesen werden.

- 43 - Abb. 7 + 8: Blick von Gehülz auf das Straßenangerdorf Ziegelerden mit der St.-Michaelskirche. Im Ortskern von Ziegelerden sind noch Tropfhäuser als historisches Dokument der Redwitzschen Peup- lierungspolitik erhalten. Die Tropfhäuser sind vermutlich im späten 18. oder frühen 19. Jahrhundert er- baut worden. Aufnahmen 2004.

3.2.1 Prägende Landnutzungen im Landkreis der Talsohlen verlegt. Es wurden die Ufer mit Kronach Holz und Naturstein befestigt, die Bachsohlen gepflastert, Sohlschwellen aus Stein und Holz im Prägende Landnutzungen im Landkreis Kronach Oberlauf sowie Wehranlagen im Unterlauf ein- waren die Landwirtschaft, Teichwirtschaft, Flö- gebaut. Floßteiche wurden angelegt, die über so- ßereiwirtschaft, das Mühlengewerbe, das Ham- genannte „Lassen“ (Stammrutschen) die geernte- mer- und Hüttenwesen, der Schieferbergbau, die ten Holzstämme als Sammelstelle zum Weiter- Steinkohlegewinnung und die Hausindustrien z. transport in die Floßbäche zugeführt bekamen. B. in Gestalt der Korbflechterei. Die vom ausge- Herausragende Beispiele für einen Floßbach sind henden Mittelalter bis in das 20. Jahrhundert hin- der Landleitenbach und die Lamitz. Der Landlei- ein betriebene Flößereiwirtschaft führte zum tenteich bei Buchbach und der Doberteich nörd- funktionsgerechten Umbau der Wälder, Flüsse lich von , letzterer ist für die Mitte des 18. und Bäche (ausführlich hierzu der Aufsatz von Jahrhunderts historisch belegbar, stellen heraus- Gunzelmann und Dorn in diesem Band). Die ragende Beispiele für Floßteiche dar. Die einst Flüsse und Bäche wurden im Laufe der Zeit in laubbetonten Mischwälder auf den unwirtlichen Abschnitten begradigt und oftmals an den Rand Höhenlagen und an den steilen Talhängen sind

- 44 - im Laufe der Zeit Fichten- und Tannenwäldern Weitere einst bedeutende und die Kulturland- gewichen. Spätestens ab der Mitte des 19. Jahr- schaft prägende Gewerbe waren der Eisenerz- hunderts wurde die schnellwüchsige, ertragreiche bergbau, das Hammer- und Hüttenwesen, die und sehr gut flößbare Fichte zur vorherrschenden Glas- und Porzellanindustrie sowie der Schiefer- Baumart. bergbau im ehemaligen Lauensteiner Ländchen. Bereits ab der zweiten Hälfte des 15. Jahrhun- Die Verarbeitung des Holzes erfolgte in den zahl- derts wurden vermehrt metallverarbeitende Be- reichen Mühlen des Frankenwaldes. Die Talgrün- triebe im Loquitztal angesiedelt, um die lokalen de der Kerbsohlentäler des Kulturlandschaftsrau- Erzvorkommen in kleinen Eisenhämmern und mes dienten als Wiesenland. Herausragende Bei- Hüttenwerken verarbeiten zu können. Die Ham- spiele der historischen Wiesennutzung sind z. B. merwerke und Schmelzhütten sollten nahezu 400 die Talgründe des Buchbachtales oder des Jahre vielfältige Verdienstmöglichkeiten bieten. Tschirner Ködels und nicht zuletzt die vielen Der Eisenstein wurde bei in der kleinen Nebentäler. Diese extensiv bewirtschafte- „alten Tröge“ (Flur- und Waldbezeichnung) in ten Wiesen sind zugleich von sehr hoher Bedeu- kleinen Bergwerken abgebaut. Die historischen tung für die charakteristische Eigenart des Kul- Abbaustellen ziehen sich entlang der Ebersdor- turlandschaftsraumes. fer-Tschirner-Rötelspalte, einer Störungszone, die Gesteine mit hohem Eisenoxidgehalt enthält.

Abb. 9 + 10: Kirchweihflößen in Unterrodach und Talwiese bei der Wellesmühle im Landkreis Kronach. Aufnahmen 2002 und 2004.

- 45 - Im Trogenbachtal, am Fuße des Eulenberges, worden, die Faktoren einsetzte. 1630/31 stellte sind die Pingen des alten Bergbaus noch zu er- die Saigerhütte ihren Betrieb ein. kennen. Hangaufwärts sind alte Schürfe und viele verfallene Bergbaugesenke zu sehen. Im Neben- Das wohl bedeutendste Relikt des historischen tal, in der sogenannten Wagnershütte, ist noch die Hammerwesens ist der Stielers Hammer am Fal- Schachtanlage der „alte Bau“ vorhanden, der im kenstein im Loquitztal. Romantiker des 19. Jahr- Geviert mit Rundhölzern ausgezimmert ist. In der hunderts nannten diesen landschaftlich reizvollen 1486 erstmals erwähnten Ludwigsstädter Sai- Teil des Tales „die steinerne Pforte zu Thürin- gerhütte wurden Kupfererze aus der Grafschaft gen“. Der Weiler Falkenstein im Loquitztal wur- Mansfeld (Harz) verarbeitet. Ab der Mitte des 15. de 1765-68 mit dem Bau des Eisenhammers von Jahrhunderts ermöglichte ein verbessertes Ver- Gotthardt Stieler begründet. 1790 bestand das hüttungsverfahren aus den Kupfererzen auch das Werk aus einem oberen und einem unterem Silber zu gewinnen. In sogenannten Saigeröfen Hammer nebst dazugehörigen Wohn- und Wirt- oder -hütten wurde aus dem Rohkupfer unter Zu- schaftsgebäuden. Verhüttet wurde der Kamsdor- satz von Blei Garkupfer und Silber herausge- fer Eisenstein.1809 kaufte die aus dem Fichtelge- schmolzen. Die Ludwigsstäder Kupferhütte war birge stammende Familie Schreider das Eisen- von den Thünas an eine Saigergesellschaft, eine werk Falkenstein und brachte es zur Blüte. Den frühe Form der Aktiengesellschaft, verpachtet Schmelzhütten und Hämmern wurde durch die

Abb. 11 + 12: Alte Gaststätte und Mühlbach des Stielers Hammer am Falkenstein im Loquitztal im Landkreis Kronach. Aufnahmen 2004.

- 46 - Landesherren das Recht zum Brauen und Bier- am Eisenberg bei Ludwigsstadt eröffnet (Ferdi- ausschenken eingeräumt. Schon früh wurde der nand- bzw. Liebesbruch). Sie waren 100 Jahre Falkenstein zum beliebten Ausflugsziel. Zwi- lang im Betrieb. Der Schieferabbau konzentrierte schen 1821 und 1825 existiert ein Biergarten mit sich in der Vergangenheit auf den Raum zwi- Lokal und Kegelbahn. Das Hammerwerk wurde schen Ludwigsstadt und Ebersdorf, da hier das um 1875 stillgelegt, Brauerei und Gastronomie dünnplattig spaltbare Material in hoher Qualität wurden ausgebaut. Mit der Eröffnung der Eisen- auftrat. Lehesten, als wohl bekanntester Ort, liegt bahnstrecke Eichicht- im Jahr 1885 dicht an der oberfränkischen Grenze in Thürin- begannen der Aufschwung und die Blütezeit des gen. Die mit Schiefer verkleideten und einge- Falkensteins als Ausflugsort. 1885 war die „Fal- deckten Kirchen, Kapellen und historischen kensteingemeinde“, ein Zusammenschluss von Wohnhäuser mit ihren Wirtschaftsgebäuden und namhaften Persönlichkeiten der weiteren Umge- die Verwendung des Schiefers als Bodenplatten bung, gegründet worden. Die Brauerei wurde prägen auf unverwechselbare Weise die „Haus- 1968 geschlossen, Ende der 1980er Jahre alle landschaft“ des Frankenwaldes. Gebäude bis auf die alte Gaststätte abgerissen. Erhalten blieben neben den Felsenkellern auch Die Grauwacken, Sandsteine des Karbons, und die Mühlbäche und Reste der Wehranlagen.25 der Kulmschiefer wurden in der Vergangenheit auch als Bruchsteinmaterial für Mauerwerk ver- Nach dem Niedergang der Schmelzhütten und wendet.26 Hammerwerke um die Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Schiefertafelherstellung im Insbesondere der über 200 Jahre währende, bis in Hausgewerbe. 1850 ernährte sich beispielsweise den Anfang des 20. Jahrhunderts hineinreichende ein Drittel der Bevölkerung Lauensteins von die- Bergbau hat den Raum zwischen Stockheim, sem Gewerbe. Nach 1870 erhielt die Schieferta- Neuhaus und Buch (die beiden letzten Orte liegen felherstellung einen Aufschwung und wurde dann in Thüringen) sowie die Umgebung von Reitsch allmählich von der industriellen Tafelfertigung maßgeblich geformt. Die erste urkundliche Nen- verdrängt. Die alten Schieferbrüche am Winter- nung des Steinkohlebergbaus ist für 1592 in berg oberhalb von Ottendorf wurden wohl im 17. Reitsch belegt. Rund 160 Jahre später setzte bei Jahrhundert betrieben, worauf die im Schiefer- Stockheim der Steinkohlebergbau im einzigen bruch angegebene Jahreszahl „1681“ schließen Steinkohlevorkommen Süddeutschlands ein. Den lässt. Um Ebersdorf wurde Griffelschiefer und Anfang machten die in bis zu 20 m Tiefe vor- um Ludwigsstadt der Dach- und Wandschiefer dringenden Haspelschachtanlagen (Steiger, Auf- gebrochen. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts sicht, Karrenläufer, Hauer und Haspelknecht, der werden die größeren neuen Dachschiefergruben die Kohlen nach oben zog) am Spitzberg, die

- 47 - Abb. 13 + 14: Mit Schiefer verkleidete Wohnhäuser und Wirtschaftsgebäude in Ebersdorf im Landkreis Kronach. Auch für die Eindeckung der Kirchhofmauer sowie als Bodenplatten findet der Schiefer Ver- wendung. Das Bild rechts zeigt einen eingestürzten Stollenzug der Grube St. Wolfgang bei Stockheim. Aufnahmen 2004. heute noch in Gestalt von Pingen und abgesack- kohlebergbau und zum Eisenbahnanschluss sie- ten Stollengängen im Wald ablesbar sind. Mit delte sich auch die Glashüttenindustrie in Stock- dem technischen Fortschritt wanderte der Stein- heim an. Die Arbeiterwohnhäuser in der Maximi- kohlebergbau in die tieferen Lagen und drang bis lianstraße sowie die Jugendstilvillen an der in 300 m Tiefe vor. Bedeutende Anlagen waren Durchgangsstraße Stockheims (Glasfabrik Sig- die Grube St. Katharina (1775 - 1968), der Ver- wart & Möhrle 1877 - 1930) legen hiervon noch einigte Nachbar, die Kreuzgrube (St. Wolfgang, Zeugnis ab.27 Ein zeitweilig bedeutendes Gewer- 1766, Abraumhalde vorhanden). 1968 erlosch der be war der von 1880 bis 1920 durchgeführte Bergbau in diesem Gebiet. Die über 20 Steinkoh- Schwerspatabbau bei Rothenkirchen und Marien- lebergwerke im Stockheimer Raum förderten 120 roth. Der Schwerspat fand unter anderem Ver- Millionen Zentner Kohle. Von den baulichen An- wendung bei der Porzellanherstellung.28 lagen sind, neben dem nicht zugänglichen weit verzweigten Stollensystem, noch einzelne Be- Am Unterlauf der Rodach finden sich noch Korb- standteile wie z. B. das Adam-Friedrich-Zechen- weidenbestände, die noch auf die einstige Bedeu- haus von 1771 oder die alte Rentei der Kathari- tung der Korbweidenindustrie im 19. Jahrhundert nenzeche erhalten. Als Synergieeffekt zum Stein- verweisen. Im 18. Jahrhundert setzte mit den

- 48 - Flussausbaumaßnahmen der systematische Korb- Holzschnitzer und Hersteller von Fliegenfängern. weidenanbau ein. Der Schwerpunkt der Korb- Spitzen- und Einsätzeklöppeln war um Nordhal- weidenindustrie entwickelte sich im Dreieck ben verbreitet.29 Lichtenfels-Coburg-Kronach. Bereits ab Mitte/ Ende des 19. Jahrhunderts setzte jedoch der Nie- 3.3 Objektebene – Historische Kulturland- dergang des Korbmacherhandwerks ein. Heute ist schaftselemente im Landkreis Kronach noch an den vereinzelten Handelshäusern (z. B. im Lichtenfelser Raum) und an Korbweidenbe- Im vorausgegangenen Kapitel wurden bereits ständen wie z. B. bei Küps die einstige Bedeu- viele unverwechselbare historische Kulturland- tung der Korbweidenindustrie ablesbar. Während schaftselemente des Landkreises Kronach ge- die Korbweidenindustrie im Dreieck Lichtenfels- nannt. In diesem Kapitel sollen nun weitere cha- Coburg-Kronach anderen Hausindustrien kaum rakteristische Bestandteile der historischen Kul- Spielraum ließ, bestand in anderen Gebieten eine turlandschaft vorgestellt werden, die dem auf- große Vielfalt an hausindustriellen Strukturen. So merksamen Betrachter ihre Geschichte erzählen. gab es im Frankenwald zu Beginn des 20. Jahr- Von herausragender Bedeutung sind die bereits hunderts noch Handweber, Spitzenklöpplerinnen, angesprochenen historischen Flurformen, die von Tappenmacher, Maskenkleber, Stickerinnen, Ta- spätmittelalterlichen Rodungsfluren bis hin zu fel- und Griffelmacher, Fransendreherinnen, frühneuzeitlichen Streusiedlungen reichen und in

Abb. 15 + 16: „Heckenlandschaft“ auf dem Muschelkalkzug bei Seibelsdorf. Aufnahmen 2004.

- 49 - ihrer charakteristischen Ausformulierung die kul- überregional bedeutsame Zeugen der Flößerkul- turelle Erschließung des Landkreises Kronach auf tur. Das Angerwehr und der Weltbau in Unterro- unverkennbare Weise verdeutlichen. Ein sehr dach sind funktionsfähige Beispiele für Wehran- eindrucksvolles Beispiel ist die Blockgewannflur lagen.31 auf dem Muschelkalkzug zwischen Unterrodach und Seibelsdorf und die darin verorteten Kalk- Besonders hervorzuhebende Baudenkmäler und steinriegel-Hecken. Es ist davon auszugehen, städtebauliche Ensembles sind die Altstadt Kro- dass die Steinriegellagen ein bis mehrere Jahr- nach mit der Rosenbergfestung, die dem Besu- hunderte alt sind, der Heckenaufwuchs ist jedoch cher eine besonders eindrucksvolle Sichtbezie- eher eine landwirtschaftliche Auflassungserschei- hung nach Süden über die Stadt ins Haßlach- und nung der zurückliegenden Jahrzehnte.30 Die Vieh- Rodachtal eröffnet, die Altorte Teuschnitz und triebhecken bei Seibelsdorf oder Waldbuch sind Eila, wie auch die Mantelburg Lauenstein als Zeugnisse für die einst betriebene Schafbewei- Treffpunkt namhafter Vertreter der deutschen dung in diesem Gebiet. Kunst und Kultur im Rahmen des „Lauensteiner Kreises“. Weiterhin zu nennen sind das bereits Im Vergleich zu den anderen Landkreisen der erwähnte Wasserschloss Mitwitz, die Burgruine Region Oberfranken-West weist Kronach einen in Rothenkirchen, die Burg- und Schlossanlagen sehr hohen Bestand an historischen Flurformen in Theisenort („Alte Wache“), in Nagel und auf, die im erheblichen Maße zum Alleinstel- Oberlangenstadt in Verbindung mit einer alten lungsmerkmal des Landkreises Kronach beitra- Allee, wie auch in Küps und Ebneth, die die gen. Dies trifft in gleicher Weise auf die bereits reichsritterschaftliche Prägung des Landkreises erwähnten Relikte der Flößereiwirtschaft (Las- untermalen. Das Ensemble Schlossgut Ebneth sen, Floßteiche, Floßbäche, Wehranlagen, Flö- mit baulichen Bestandteilen aus dem 16. bis 19. ßerorte usw.) wie auch für die Wiesentäler des Jahrhundert (Gutshof derer von Künsberg), 1400 Frankenwaldes zu. Stellvertretend für die Flößer- erstmals im Besitz der Marschälke von Ebneth orte des Landkreises Kronach wie z. B. Steinwie- genannt, dokumentiert in hervorragender Weise sen, Wallenfels, Neuses oder Friesen sei der Alt- das gesamte Funktions- und Wirtschaftsgefüge ort Unterrodach genannt, in dem sich auf hervor- eines ehemaligen Ritter-Schlossgutes. ragende Weise die historische Flößereiwirtschaft in der Bausubstanz und der Dorfstruktur wider- Kirchen wie z. B. die barocke Wallfahrtskirche spiegelt. Mit den Floßherrenhäusern, den Floß- Maria Glosberg, die Kreuzbergkapelle bei Kro- länden, ehemaligen Scheunenvierteln, einem ter- nach mit hinführendem Kreuzweg und einer von rassenförmig angelegten Floßherrengarten mit Unterrodach hinführenden Altstraße, die in dem Gartenpavillon besitzt der Kulturlandschaftsraum Anfangsbereich als markanter Hohlweg ausge-

- 50 - Abb. 17 + 18: Burganlage „Alte Wache“ der Herren von Redwitz in Theisenort und Burgruine derer von Würtzburg in Rothenkirchen. Aufnahmen 2004. bildet ist, nicht zuletzt die zahlreichen Wegkapel- 19. Jahrhunderts als Gartenland. Die Parzellen len und Martern sind eindrucksvolle Zeugnisse sind mit Feldsteinen ausgemarkt. Von den in der religiösen Aufladung der Landschaft. Ein Steinbach a. d. Haide gezüchteten Krautpflanzen, herausragendes Zeugnis der fränkischen Bierkul- die im weiten Umkreis vertrieben wurden, erhielt tur ist der im Wald liegende Sommerkeller bei der Ort seine Volksmundbezeichnung „Kraut- Ebneth von 1790. Hervorzuheben ist auch der aus stemich“. festgestampftem Lehm bestehende Tanzplatz in Ebersdorf, umrahmt von alten Lindenbäumen. Bedeutende Altstraßen sind etwa der überregio- Das Brauchtum der dortigen Trachtenkirchweih nal bekannte Rennsteig oder die „Alte Heerstra- lässt sich bis 1658 urkundlich zurückverfolgen. ße“ (Teile der Strecke werden auch als „Alte Auf der Südseite des Tanzplatzes steht das An- Poststraße“ bezeichnet), die am Galgenberg bei gerhaus. Der untere Teil dieses Holzbaues dient Rothenkirchen ihren Anfang nimmt, über Hirsch- als Schenkbude, der obere Teil als Musiktribüne. feld führt, Windheim passiert, um dann den Ab- Ein einmaliges kulturgeschichtliches Zeugnis ist stieg ins Tal nach Ludwigsstadt zu suchen. Die auch der Angergarten von Steinbach a. d. Haide, Straße wurde im 19./20. Jahrhundert im Unterbau 1553 erstmals bezeugt. Während der nördliche mit rollendem Pflaster versehen, der noch in Bereich überbaut wurde, dient der südliche Teil Teilabschnitten erhalten ist. Weiterhin zu nennen des Dorfangers mindestens seit der 1. Hälfte des sind alte Kirchsteige oder auch die Fußwege der

- 51 - Abb. 19 + 20: Tanzplatz in Ebersdorf mit Angerhaus und Steinbach an der Haide mit seinem Anger- garten. Aufnahmen 2004.

Schieferarbeiter, die noch zu dokumentieren sind, genannte „Kronacher Sandstein“ gebrochen (u. a. wie auch die Nebenbahnlinien mit ihren Brü- für den Bau der Rosenbergfestung). ckenbauwerken und Bahnhöfen, die bedeutende verkehrsgeschichtliche Zeugnisse darstellen. Auch zahlreiche historische Grenzzüge hat der Landkreis Kronach aufzuweisen. Zu nennen sind Stellvertretend für die einst zahlreichen Mühlen hier z. B. der historische Grenzverlauf in der im Frankenwald steht die Mühlenkette im Ro- Hängleite südlich Langenau mit Grenzsteinen dachtal, die auf besondere Weise die Tradition und Grenzgräben oder der „Schönwappenweg" des holzverarbeitenden Gewerbes verdeutlicht. südöstlich von Lauenhain an der bayerisch- Neben den bereits im vorausgegangenen Kapitel thüringischen Landesgrenze. Hierbei handelt es erwähnten Relikten der bergbaulichen Tradition sich um einen historischen Grenzzug zwischen im Landkreis Kronach sind noch die zahlreichen dem Kurfürstentum Sachsen und dem Hochstift Sandsteinbrüche am Osthang der Haßlacher Ber- Bamberg, später zwischen dem Herzogtum Sach- ge bei Gehülz zu erwähnen. Hier wurde der so- sen-Saalfeld, dem Hochstift Bamberg (Oberamt

- 52 - Teuschnitz) und der Markgrafschaft Bayreuth Grundlageninformationen zur Natur- und Kultur- (Amt Lauenstein), der von historischen Grenz- landschaftsgeschichte zusammen betrachtet. Es gräben und wertvollen Grenzsteinen des 16. bis sollen hierbei die Kulturlandschaftsräume in ihrer 18. Jahrhunderts, wie z. B. dem historischen Kur- „gewachsenen“ Individualität als Lebenswelt und fürstenstein von 1513, markiert wird. Die Tradi- Spiegelbild menschlichen Daseins herauskristal- tion vergangener Jahrhunderte fortführend, setz- lisiert und in den kulturlandschaftsräumlichen ten Feldgeschworene aus Lehesten und Lauen- Steckbriefen dargestellt werden. stein am 11. November 1994 an der bayerisch- thüringischen Landesgrenze, wenige 100 m nörd- In Anwendung dieses methodischen Ansatzes lich des Schönwappenweges, bei der Verbin- konnten für den Landkreis Kronach 24 Kultur- dungsstraße Lehesten-Ziegelhütte, an Stelle eines landschaftsräume abgegrenzt werden, die sich einfachen Grenzsteines einen Wappenstein aus zum Teil auch über die Grenzen des Landkreises Sandstein mit thüringischem und bayerischem Kronach hinweg erstrecken. Die Räume sind Wappen. Ein Grenzrelikt jüngster Zeit ist die 102 schematisch in ihren „Außengrenzen“ auf der km lange Grenzlinie zwischen dem Landkreis Kulturlandschaftsraumkarte des Landkreises Kro- Kronach und Thüringen als ehemaliger eiserner nach dargestellt, die im Anhang beigefügt ist. Der Vorhang. Landkreis Kronach weist sieben Kulturland- schaftsräume von sehr hoher kulturhistorischer Abschließend für dieses Kapitel soll noch einmal Bedeutung auf, neun Räume haben eine hohe auf die im Anhang eingestellten Raumcharakteri- Bedeutung. Die verbliebenen acht Räume sind sierungen des Landreises Kronach verwiesen von mittlerer bis geringer kulturhistorischer Be- werden (vgl. auch Kapitel 3.4), die eine raumbe- deutung. zogene Auflistung kulturhistorisch wertvoller und Merkmal prägender Kulturlandschaftsele- Einige der Kulturlandschaftsräume wie z. B. das mente enthalten. Lauensteiner Ländchen oder der Raum um Mit- witz wurden bereits in ihren wesentlichen Merk- 3.4 Raumebene – Kulturlandschaftsräume malen in den Kapiteln 3.1 und 3.2 angesprochen. des Landkreises Kronach Im Rahmen des Aufsatzes können nicht alle Räume ausgiebig vorgestellt werden. An dieser Wie in Kapitel 2.1.3 dargelegt werden konnte, er- Stelle sollen daher die Kulturlandschaftsräume folgt auf der Raumebene die Gesamtschau der lediglich namentlich aufgelistet werden.32 Die in historischen Kulturlandschaft und ihrer Bestand- Klammern gesetzte Raumnummer entspricht der teile. Die erhobenen historischen Kulturland- Nummerierung der Kurzcharakterisierung. schaftselemente werden mit den erarbeiteten

- 53 - 3.4.1 Kulturlandschaftsräume sehr hoher kultur- – Frankenwald, Wilde Rodach, Thiemitz, Flö- historischer Bedeutung ßerort Wallenfels (13) – Altstadt Kronach (Oberstadt), Rosenbergfes- Bei den Kulturlandschaftsräumen von sehr hoher tung mit Parkanlage (17) kulturhistorischer Bedeutung handelt es sich um – Flößerort Unterrodach, Kalksteinriegel-He- Räume, die mit den Raum beherrschenden Land- ckenlandschaft (19) nutzungen und mit einem nahezu flächendeckend – Kalksteinriegel-Heckenlandschaft, Fischbach, prägenden Bestand an historischen Kulturland- Seibelsdorf (20) schaftselementen versehen sind. Im Landkreis Kronach weisen diese insbesondere historische 3.4.2 Kulturlandschaftsräume hoher kulturhisto- Siedlungs- und Flurformen, sowie historische rischer Bedeutung Kulturlandschaftselemente aus dem Bereich Landwirtschaft und aus dem historischen Flöße- Die Kulturlandschaftsräume von hoher kulturhis- reiwesen auf. Diese Bestandteile bilden ein noch torischer Bedeutung untermauern damit die Kul- weitestgehend intaktes oder zumindest ablesbares turträchtigkeit des Landkreises Kronach. Diese Wirkungsgefüge. Weitere Merkmale sind die Räume, die eine vielschichtige Nutzungstiefe landschaftliche Eingebundenheit (z. B. die Mul- aufweisen und/oder zu den jung besiedelten denlage von Dörfern) sowie die Verwendung lo- Landschaftsbereichen des Landkreises Kronach kal anstehender Rohstoffe als Baumaterialien (u. zählen, sind in mehr oder weniger großen Berei- a. Schiefer, Sandstein). Der historische Zeugnis- chen durch Flurneuordnungen umgebaut worden. wert ist umso höher, je deutlicher sich der Ent- Sie besitzen aber noch eine hohe Dichte an histo- stehungszusammenhang, die Formen der land- rischen Kulturlandschaftselementen mit wertvol- schaftlichen Weiterentwicklungen sowie die ler Substanz. Räume dieser Qualität im Landkreis Vielschichtigkeit der zeitlichen, funktionalen, Kronach sind: ökonomischen und kulturellen Inwertsetzungs- prozesse ablesen lassen. Räume dieser Qualität – Frankenwald, (01) im Landkreis Kronach sind: – Frankenwald, Rothenkirchen, Friedersdorf, Marienroth (09) – Frankenwald, Lauensteiner Land, Ludwigs- – Frankenwald, Haßlachtal, Stockheim, Glos- stadt, Steinbach a. d. Haide (02) berg (10) – Frankenwald, Teuschnitzer Eigen und Wind- – Frankenwald, Kremnitztal, Wilhelmsthal, Frie- hagen (03) sen (12) – Frankenwald, Rodachtal, Nordhalben, Stein- – Frankenwald, Geuser Berg, Zeyern, Geuser, wiesen (06) Dörnach (14)

- 54 - – Mitwitzer Wustungen, Mitwitz (15) berwald (05) – Gehülz-Haßlacher Berg (16) – Frankenwald, Langenbacher Forst (07) – Streusiedlungen Mostrach, Kaltbuch, Wald- – Frankenwald, Mauthaus-Talsperre, Mauthaus buch, Staibra, Horlachen (21) (08) – Rodachtal, Redwitz a. d. Rodach, Küps, Eb- – Frankenwald, Grössau, Posseck, Gifting (11) neth, Weißenbrunn (23) – Unterstadt Kronach, Flößerort Neuses, Höfles (18) 3.4.3 Kulturlandschaftsräume geringer bis mitt- – Gössersdorf, Grafendobrach, Eisenwind (22) lerer kulturhistorischer Bedeutung – Coburger Land, Steinachtal, Sonnefeld (24)

Die Kulturlandschaftsräume von geringer bis In der Kurzcharakterisierung der Kulturland- mittlerer kulturhistorischer Bedeutung sind dieje- schaftsräume33, die dem vorliegenden Aufsatz im nigen Räume, die verinselte historische Kultur- Anhang beigefügt worden ist, können die wesent- landschaftselemente enthalten. Im Landkreis lichen Merkmale der abgegrenzten Räume nach- Kronach können dies weitgehend von Waldbe- gelesen werden. ständen eingenommene Räume sein. In vielen Fällen die am ältesten erschlossenen Kulturland- 4. Der kulturlandschaftsräumliche schaftsräume wie z.B. im Steinachtal und in den Steckbrief ’Gehülz-Haßlacher Berg’ Unterläufen der Haßlach und der Kronach. Da sich in diesen Gebieten die wirtschaftlichen Ent- Stellvertretend für die 24 kulturlandschaftsräum- wicklungsachsen entlangziehen, sind sie einem lichen Steckbriefe des Landkreises Kronach soll besonders hohen Veränderungsdruck ausgesetzt. die Charakterisierung des Raumes Gehülz- Die historische Kulturlandschaft ist so weit über- Haßlacher Berg vorgestellt werden, der in dieser formt, dass die substanzielle Ablesbarkeit nur Form Eingang in die Berichts-CD-ROM des Mo- noch sehr eingeschränkt gegeben ist. Dennoch dellvorhabens „Historische Kulturlandschaft der besitzen diese Räume historische Kulturland- Region Oberfranken-West“ gefunden hat. Nicht schaftselemente von herausragender Bedeutung alle Steckbriefe konnten in dieser inhaltlichen und können auch Erwartungs- und Bestandsge- Tiefe bearbeitet werden. So stellt sich dieser biete für Bodendenkmäler sehr hoher kulturhisto- Steckbrief als ein gelungenes Beispiel für die Zu- rischer Bedeutung sein. Räume dieser Qualität im sammenarbeit mit dem Ortskundigen Bernd Graf Landkreis Kronach sind: dar, als Ergebnis einer gemeinsamen eintägigen Exkursion. In ähnlicher Qualität präsentiert sich – Frankenwald, Tschirner Staatsforst (04) bspw. der Steckbrief zum Lauensteiner Länd- – Frankenwald, Staatsforst Birnbaum und Do- chen.

- 55 - 4.1 Schematischer Aufbau des Steckbriefes schaftselemente, die keinen Eingang in die Schutzgutkarte gefunden haben. Die kulturhisto- Bevor der Steckbrief nun dargestellt wird, soll rische Bedeutung des Kulturlandschaftsraumes in dessen schematischer Aufbau erläutert werden. In den möglichen Wertstufen „gering bis mittel“, der Kopfleiste des Steckbriefes finden sich die „hoch“ und „sehr hoch“ drückt sich als Gesamt- fortlaufende Nummer und der Name des Kultur- wert in der Bewertungszeile aus, die die Erfül- landschaftsraumes. Als Nächstes ist ein Karten- lungsgrade der Kriterien historischer Zeugnis- ausschnitt mit der Gebietsabgrenzung (braun her- wert, Erhaltungszustand und charakteristische vorgehoben) abgebildet. Der Ausschnitt enthält Eigenart enthält. Den Steckbrief beschließen die auch die in dem Kulturlandschaftsraum verorte- Quellenangaben. ten historischen Kulturlandschaftselemente. Zu- sätzlich werden die in den Kulturlandschaftsraum Zur besseren Lesbarkeit des nun dargestellten einbezogenen Gemeinden und Gemarkungen in Steckbriefes ist ein modifizierter Kartenaus- Anlehnung an das Gemeindeteilverzeichnis Bay- schnitt erstellt worden, der mit einer Legende erns aufgelistet. Nach einer knappen naturräumli- ausgestattet ist. Die für den Steckbrief verwende- chen Eingrenzung und Aussagen zum Stand der ten Quellen sind im Literaturanhang des Aufsat- Flurneuordnungsverfahren folgt das Kernstück zes eingestellt. Laut den Ergebnissen des Mo- des Steckbriefes: die Gesamtschau. Diese Raum- dellvorhabens hat dieser Kulturlandschaftsraum charakterisierung beschreibt unter Bezugnahme eine hohe kulturhistorische Bedeutung. auf die Naturvorgabe und die Kulturleistung in Verbindung mit den erhobenen historischen Kul- 4.2 Der Kulturlandschaftsraum Gehülz- turlandschaftselementen die kulturhistorische Be- Haßlacher Berg (Raum 016) deutung des Kulturlandschaftsraumes. Dieser Text ist mit aussagekräftigen Fotos versehen. Im Der Kulturlandschaftsraum umfasst die Gemeinde Anschluss daran findet sich eine listenförmige Kronach mit den Gemeindeteilen Dobersgrund, Zusammenstellung der erhobenen historischen Gehülz, Ziegelerden, Rotschreuth, Seelach, Den- Kulturlandschaftselemente. Die Zusammenstel- nach und Kathragrub. Weiterhin erstrecken sich lung ist nach den Bereichen Siedlung und Ge- in diesem Raum der Theisenorter Wald sowie meinschaftsleben (Religion, Staat, Militär), Land- Teile der Gemarkung Burgstall (Gemeinde Mit- wirtschaft/Waldwirtschaft/Teichwirtschaft, Ge- witz). Naturräumlich gesehen liegt dieses Gebiet werbe/Handwerk/Bergbau/Industrie sowie Ver- im Obermainischen Hügelland. In der von Tälern kehr, Freizeit/Erholung und assoziative Kultur- und Hügeln durchzogenen Buntsandsteinhochflä- landschaft sortiert. In der Zusammenstellung fin- che sind die Weiler, Einzelhöfe und Straßen- den sich auch viele historische Kulturland- dörfer eingebettet; die von kleinen Waldungen

- 56 - Abb. 21: Kartenausschnitt im Maßstab 1 : 100.000 (verkleinert) mit den Kulturlandschaftsräumen „Mit- witz und Mitwitzer Wustungen“, „Gehülz und Haßlacher Berg“ sowie „Rodachtal, Redwitz a. d. Ro- dach, Küps, Ebneth, Weißenbrunn“, die eine unverkennbare reichsritterschaftliche Prägung aufwei- sen. Die Kulturlandschaftsgrenzen sind braun markiert. Quelle: Schutzgutkarte „Historische Kultur- landschaft“. In: LfU und BLfD 2004.

- 57 - durchzogenen Fluren sind im Süden, Westen und kundlichen Erwähnungen Entmannsdorfs ist Norden von großen, z. T. steil abfallenden Wald- wohl der heute eingeebnete, etwa 100 m nördlich gebieten und im Osten durch die steile westliche der heutigen Wegeverbindung Entmannsdorf- Talseite der Haßlach und Rodach begrenzt. Burgstall gelegene Turmhügel „Obere Bürg“ zu sehen. Es wird angenommen, dass hier der 1348 Einer der ersten Vorposten der kulturlandschaft- als Besitzer Entmannsdorfs bezeugte Erhard von lichen Erschließung dieses Raumes war die Heu- der Cappel seinen Sitz hatte. Ende des 14. Jahr- nischenburg. Die Abschnittsbefestigung aus der hunderts betrieben die von Redwitz zu Beginn spätbronzezeitlichen Urnenfelderkultur (9. Jh. v. ihrer Grundherrschaft auf dem Gehülz dieses Chr.) gilt als eine der ältesten Steinburgen Euro- „Castrum auf der Bürg“ als einen Zweigsitz ihrer pas nördlich der Alpen. Die Burg wurde oberhalb Herrschaft Theisenort. einer Zinnhandelsstraße angelegt, die wohl den Schluttengrund und den Judengraben passierte Das Redwitzsche Gehülz, bereits 1559 wurden und ihren weiteren Verlauf durch die Haßlacher die Siedlungen dieses Gebietes mit dem Namen Berge nahm. Bis in das Früh- und Hochmittelal- „Uf(f)m Geholtz“ beschrieben, erstreckte sich ter hinein behielt der Raum den Charakter eines zwischen dem Krebsbach im Süden und dem geschlossenen Waldgebietes, der vor seiner Be- Seelabach im Norden. Bis zur Mitte des 19. Jahr- siedlung wohl noch die Funktion eines zwischen hunderts hatte die Grundherrschaft derer von dem fränkischen Grabfeldgau und dem fränki- Redwitz Bestand (im 16. Jh. starb die Linie von schen Radenzgau gelegenen Grenzsaumes inne Redwitz zu Theisenort aus und das Redwitzsche hatte. Gehülz entfiel auf die Linien von Redwitz zu Schmölz und zu Küps). Die nördlich des Seela- Im Hochmittelalter zog wohl das landesherrliche bachs gelegenen Siedlungen Seelach (1323/28 Machtvakuum reichsunmittelbare Herrschaftsträ- urkundlich erwähnt) und Dennach wurden wohl ger wie Reichsritterschaften an, die die Bunt- im 12./13. Jahrhundert gegründet und zählen da- sandsteinhochfläche erschlossen. So wurde die mit auch zu den ältesten Siedlungsgründungen in Siedlung Entmannsdorf als bischöfliches Burg- diesem Raum. Teile von Seelach gehörten dem hutlehen wohl im 11./12. Jahrhundert gegründet. Geschlecht derer von Hessberg, das vom späten Ausschlaggebend für die Besiedlung war sicher- 14. Jahrhundert bis zur Mitte des 19. Jahrhun- lich die strategisch günstige Kammlage an dem derts ansässig war. Im 1339 erstmals erwähnten über die Haßlacher Berge führenden Verbin- Kathragrub besaß das Zisterzienserkloster Lang- dungsweg Mitwitz-Burgstall-Kronach und die heim einen Eigenbauhof (Grangie), der von den Nähe zu der 1003 urkundlich belegten Stadt Kro- Laienbrüdern bewirtschaftet wurde. nach. Im Zusammenhang mit den ältesten ur-

- 58 - Abb. 22 + 23: Blick von Brander Höhe auf die Heunischenburg, eine Abschnittsbefestigung aus der spätbronzezeitlichen Urnenfelderkultur. Die Anlage wurde 1986/2000 teilweise rekonstruiert. Von der Heunischenburg eröffnet sich u. a. ein Blick auf den Skilift und den Weiler Judengraben. Aufnahmen 2004.

Rotschreuth (1348 urkundlich erwähnt) war 1399 18. Jahrhunderts erfolgte auf Initiative derer von als bischöfliches Burghutlehen an die von Redwitz ein kulturlandschaftlicher Ausbau über Schaumberg zu Mitwitz gekommen und gehörte Weiler und Streusiedlungen. Charakteristische bis Mitte des 19. Jahrhunderts zum Herrschafts- Rodungsorte sind z. B. Rödern im Theisenorter und Gerichtsbezirk Mitwitz, der Ende des 16. Wald, Judengraben oder auch Kestel (alle ur- Jahrhunderts auf die von Würtzburg überging. kundlich 1519 erwähnt). Aufgrund der natur- Das zu Seelach gehörende Heiligenholz ist der räumlichen Ungunstlage (geringe Ertragsfähig- Überrest des „Cronacher Hayligholtzes“ (Krona- keit der Böden) waren die Besitzungen der Ge- cher Kirchenvermögen), das sich zwischen See- höfte aus wirtschaftlichen Gründen recht groß lach einerseits sowie Gießübel und Rotschreuth und wurden extensiv bewirtschaftet. Einödhöfe andererseits auf dem Höhenzug erstreckte. des späten 16. Jahrhunderts waren z. B. der Rau- ershof sowie Gießübel, eine redwitzsche Wu- In der Zeit vom 16. Jahrhundert bis zur Mitte des stung südwestlich des Heiligenholzes, die Mitte

- 59 - der 1970er Jahre wüst gefallen ist. Im Norden der Ziegelerden und Breitenloh-Unterentmannsdorf Brander (Hoch-)Ebene entstand spätestens ab als Straßendörfer planmäßig erweitert. Diese bis 1600 der Weiler Brand. Der heute am Hang gele- heute charakteristisch ausgebildeten Straßendör- gene Weiler Judengraben befand sich einst im fer sind ein bedeutendes Zeugnis der Peuplie- Talraum, wovon Fundamentreste und Flurnamen rungspolitik der Freiherren von Redwitz, die zeugen. Die nach 1800 angelegte Siedlung Zoll- Lohnarbeiter in Tropfhäusern ohne bzw. mit ge- brunn kann nicht als Streusiedlung im herkömm- ringem Landbesitz (oftmals ohne Rücksicht auf lichen Sinne angesprochen werden und nimmt agrarische und handwerkliche Tragfähigkeit) an- daher eine Sonderstellung ein. Eine Besonderheit siedelten. In Ziegelerden finden sich noch zahl- ist auch der in dieser Siedlung verortete, auf 1588 reiche Tropfhäuser als Zeugnis dieser Zeit. Be- datierte Zollbrunnen bzw. Redwitz’sche Herr- reits 1589 wurde in Ziegelerden eine Ziegelhütte schaftsbrunnen. Er liegt an der Ost-West-Ver- am Trötschenberg, unmittelbar an der Grenze zur kehrsverbindung (Kestel-Häusles), die sich auf Stadt Kronach errichtet. Für die Ziegelherstellung dem Bergkamm entlangzieht.34 wurde der tonhaltige Obere Buntsandstein ver- wendet. Die auf Geheiß der Theisenorter Im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert wurden Schlossherrschaft gegründete Ziegelei bestand die einstigen Einödhöfe bzw. Streusiedlungen bis um 1780. Erst nach der Aufgabe der Ziegelei

Abb. 24 + 25: Blick von der Rosenbergfestung Richtung Gehülz und Haßlacher Berge. Am Horizont ist das Heiligenholz (historischer Waldflecken) bei Seelach erkennbar. Auf dem Bild rechts geht der Blick (von links) über Unterentmannsdorf und Breitenloh Richtung Heiligenholz. Im Vordergrund Häuser des unteren Dobersgrundes. Aufnahmen 2004.

- 60 - wurde das Straßendorf Ziegelerden angelegt. En- spanischem Rohr und aus Palmblättern wurden de des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts setzten die Korbwaren hergestellt. In den 1920ern bis in in dem Kulturlandschaftsraum weitere Sied- die 1950er hinein war die Tappenmacherei eine lungsverdichtungen ein. Ein Beispiel hierfür ist bedeutende Hausindustrie. In den zahlreichen der Ortsteil Geiersgraben (Gemeinde Gehülz). Sandsteinbrüchen am Osthang der Haßlacher Nach 1950 schritt der Verdichtungsprozess wei- Berge wurde der sogenannte „Kronacher Sand- ter fort, und es entstanden Neubaugebiete z. B. in stein“ gebrochen, der u. a. dem Bau der Rosen- den Ortsteilen Seelacher Berg, Seelacher Grund bergfestung diente. 1949/50 wurde aus diesem und Dobersgrund (Gemeinde Seelach). Sandstein die St.-Michaels-Kirche in Ziegelerden errichtet. Die an sehr exponierter Lage stehende In den Gemeinden Gehülz und Ziegelerden war Kirche strahlt weit in die Landschaft aus und die Korbmacherei in der Zeit von 1850 bis 1930 kann noch vom Görauer Anger in Zultenberg aus ein sehr bedeutendes Gewerbe. Aus Korbweiden, gesehen werden. Ein bedeutendes Relikt der Kir-

Abb. 26 + 27: Fußsteig in Richtung Einöde Gießübel mit einem Ruhstein (links unten). Das Bild rechts zeigt Wasserhochbehälter von 1931 und von 1961 auf der Brander Höhe. Ein Lindenbaum markiert diese landschaftswirksame Stelle. Aufnahmen 2004.

- 61 - chengeschichte dieses Raumes ist der Waldweg schließend, soll nun eine Auswahl der hier ver- von Gehülz nach Schmölz. Dieser Weg diente orteten historischen Kulturlandschaftselemente nach der Reformation bzw. in der Zeit vom 16. genannt werden. Die Zusammenstellung ist wie bis zum 19. Jahrhundert als Kirchen- und Schul- in Kapitel 4.1 dargelegt nach Funktionsbereichen weg wie auch als Totenweg, worauf die Bezeich- sortiert. nung einer Waldabteilung bzw. eines Flurnamens hindeutet. Seelach, Dennach und Rotschreuth SIEDLUNG/GEMEINSCHAFTSLEBEN: Histo- pfarrten weiterhin nach Kronach. Von hoher as- risch bedeutender Ort Ziegelerden (neuzeitliches soziativer Bedeutung ist die Westseite des Haß- Straßendorf mit zahlreichen Tropfhäusern); St.- lachtales mit einem historisch bedeutenden Blick- Michaelskirche in Ziegelerden (1949/50 aus Kro- bezug zur Rosenbergfestung, die in historischen nacher Sandstein erbaut: im Zuge dessen wurde Ansichten festgehalten ist. Von hier aus schossen ein stillgelegter Sandsteinbruch wiedereröffnet); die Schweden 1631/32 mit Kanonen auf die Stadt Gehülzer Kirchen St. Bonifatius (1933/34) und Kronach. St. Michael (1960/61); für das ortskirchliche Leben bedeutsame Wegkapellen (wie z. B. Drei- Der an dem Fußsteig in Richtung Einöde Gieß- faltigkeitskapelle von 1888 in Gehülz und übel gelegene Ruhstein bei Breitenloh wurde von Ellmerskapelle von 1874 in Seelach); Quellen den sogenannten „Holz- und Grasweibern“ als und Brunnenstuben wie z. B. der Zollbrunnen Rast- und Ruhestätte genutzt. Solche Fußwege von 1588; Wasserhochbehälter von 1931 und dienten auch als Brunnensteig. Denn die Einwoh- 1961 auf der Brander Höhe; neuzeitlicher Lese- ner der Gehülzer Ortsteile mussten sich wegen steinwall (möglicherweise Grenzwall zwischen der Wasserknappheit auf den Hochflächen das den einstigen Herrschaften Mitwitz und Theisen- Trinkwasser von überwiegend in den Tälern gele- ort oder der Cent Kronach und Cent Mitwitz); genen Quellen und Brunnenstuben wie z. B. der Jagdgrenzsteine von 1604 der historischen Jagd- Schlüsselgrabenquelle holen. Die Wasserhochbe- grenze (Hochstift Bamberg - Redwitz zu Thei- hälter von 1931 und von 1961 auf der Brander senort) über den östlichen Haßlacher Berg; Heu- Höhe sind Zeugnisse des Gehülzer Trinkwasser- nischenburg aus der Urnenfelderzeit; Untere anschlusses. Die sehr landschaftswirksame Stelle Bürg (Bezug zur Heunischenburg) und Obere wird darüber hinaus durch einen Lindenbaum Bürg (historischer Turmhügel) als Beleg für die markiert. ehemals strategische Funktion und Bedeutung dieses Geländebereichs; Turmhügel bei Kathra- 4.2.1 Historische Kulturlandschaftselemente grub.

Den Raumsteckbrief Gehülz-Haßlacher Berg ab- LANDWIRTSCHAFT / WALDWIRTSCHAFT /

- 62 - TEICHWIRTSCHAFT: Historische Flurformen lich Seelach; Aussicht von der Heunischenburg; der Streusiedlungen, Weiler, Straßendörfer. von der Westseite des Haßlachtales schossen die Schweden 1631/32 mit Kanonen auf die Rosen- HANDWERK/GEWERBE/BERGBAU/INDUS- bergfestung - in historischen Ansichten festgehal- TRIE: Zahlreiche historische Sandsteinbrüche am ten; Fernwirkung der St.-Michaelskirche in Zie- Osthang der Haßlacher Berge. gelerden; Aussicht von den Wasserhochbehältern in Gehülz (Brander Höhe). VERKEHR: Historische Wegeverbindung (Alt- straße) durch den Judengraben; alter Kirchen- 5. Schlussbetrachtung und Schulweg sowie Totenweg von Gehülz nach Schmölz; in Notstandsarbeiten errichtete und Die Ergebnisse des Modellvorhabens „Histori- noch in ihrem Trassenverlauf erhaltene Straßen- sche Kulturlandschaft in der Region Oberfran- abschnitte (Ortsverbindungen) der 1930er Jahre. ken-West“ in Bezug auf den Landkreis Kronach verdeutlichen, dass dieser viele wertvolle Kultur- ASSOZIATIVER ASPEKT: Heiligenholz west- landschaftsräume mit einer unverwechselbaren

Abb. 28 + 29: Neuzeitliche Lesesteinwälle durchziehen die Befestigungsanlage der Heunischenburg. Aufnahmen 2004.

- 63 - Ausstattung an historischen Kulturlandschafts- ses bis hin zur Vermittlung kulturgeschichtlicher elementen besitzt. Als Träger der Kulturland- Werte im Schulunterricht reichen. Von großem schaftsgeschichte des Landkreises Kronach wol- Interesse könnte auch ein internetbasiertes Kul- len sie als Ventile der Zeit entdeckt werden. Es turlandschaftsinformationssystem sein, das dem gilt daher, die Geschichte für die Menschen, die interessierten Bürger, dem Tourismus in der Re- hier leben oder diesen Raum besuchen, anregend gion und auch den Behörden wertvolle Informa- und einladend aufzubereiten, um die steigende tionsplattform und Werkzeug sein kann. Zur Ak- Nachfrage nach Geschichte decken zu können. zentuierung bzw. medienwirksamen Öffentlich- Von großer Bedeutung ist, hierüber die Identifi- keitsarbeit könnte auch über Heißluftballontouren kationskraft und die Heimatverbundenheit der zu den Rodungsfluren des Frankenwalds nachge- Menschen zu fördern und für den Tourismus die dacht werden. historische Kulturlandschaft und ihre Bestandtei- le zu nutzen. Geschichte und ihr landschaftlicher Allen diesen Ansätzen gemeinsam ist, in Verges- Ausdruck darf daher nicht als „Hemmschuh“, senheit zu geraten drohende Geschichte wieder in sondern muss im Sinne einer planerischen Idee das Bewusstsein der Menschen zu rücken. Von als Chance begriffen werden, als Plattform für In- daher ist die Erhebung der historischen Kultur- Wert-Setzungs- und Entwicklungskonzepte. Bei landschaft der Flößerei, wie sie gegenwärtig un- Vorhaben und Planungen sollte das reiche kul- ter Trägerschaft des Naturparks Frankenwald turhistorische Erbe so eingebunden werden, dass durchgeführt wird (s. Beitrag in diesem Band), in die historische Aussagekraft in ihrer Grundsätzen ihrer Bedeutung nicht hoch genug einzuschätzen. erhalten und Substanz schonend entwickelt wird. Gerade auch im Hinblick darauf, dass die Ergeb- Hier gilt es tragfähige Kompromisse auszuhan- nisse dieses Vorhabens einer touristischen Wert- deln. Ein möglicher Weg kann die jüngst durch- schöpfung zugeführt werden sollen. geführte Renaturierung eines Teilabschnitts der Lamitz sein. Der Bach wurde in schlängelnder Zu guter Letzt möchte ich mich für die rege und Form in die Talwiese zurückverlegt, gleichzeitig fruchtbare Zusammenarbeit mit Frau Petra wurde der alte Floßbach am Talrand beibehalten. Brehm und mit den Herren Josef Beitzinger, Für die Weiterentwicklung des kulturgeschichtli- Gerd Fleischmann, Bernd Graf, Thomas Gun- chen Gehalts der Landschaft nehmen bewußt- zelmann und Martin Weber bedanken. seinsbildende Maßnahmen einen sehr großen Stellenwert ein. Sie können von der Einbindung der historischen Kulturlandschaft des Landkrei- ses Kronach in Wanderkarten, Reiseführern und Internetseiten der Gemeinden und des Landkrei-

- 64 - Abb. 30: Radialhufenflur Steinbach a. d. Haide im Landkreis Kronach. Aufnahme 2004.

Anmerkungen 4 Ausführlich hierzu: Regierung von Oberfranken 2005. 5 Ausführlich hierzu: LfU und BLfD 2004; Büttner 2005, 1 Vgl. Hönes 2005. S. 59 - 73. 6 2 Vgl. Council of Europe, online; Bundesverband Berufli- Vgl. LfU, online. cher Naturschutz, online. 7 Vgl. LfU und BLfD 2004, S. 30 - 35. 3 Das Landschaftsentwicklungskonzept (LEK) in Bayern 8 Vgl. LfU und BLfD 2004, S. 33. hat zwei Aufgabenschwerpunkte. Es ist zum einen das 9 Vgl. LfU und BLfD 2004, S. 34. überörtliche Fachkonzept des Naturschutzes und der 10 LfU und BLfD 2004, S.40. Landschaftspflege, zum anderen stellt das LEK einen 11 Fachbeitrag des Naturschutzes und der Landschafts- Gunzelmann 1995, 28. pflege für die Regionalplanung dar. Für folgende Regio- 12 Vgl. Bayerisches Geologisches Landesamt 1996, 104 - nen sind LEKs erarbeitet worden: Ingolstadt, Landshut, 119. Main-Rhein, Oberfranken-Ost, Oberfranken-West und 13 Landkreis Kronach, online. München-Nord. 14 Gunzelmann 1995, 39.

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15 Vgl. Verein für Heimatpflege Gehülz/Seelach/Ziegel- 27 Fleischmann 2004, mdl.; vgl. Fleischmann 1989. erden (Hg.): 1988, 1991, 1993, 1997. 28 Beitzinger 2004, mdl. 16 Gunzelmann 1995, 40. 29 Dippold 2000, S. 41 - 62. 17 Vgl. Siegfried Scheidig, Gerhard Dentzer, Friedrich 30 Vgl. Müller 2004. Wiedemann und Volkmar Gregori: 1992, S. 19 f. u. 27 f. 31 18 Flößereimuseum Unterrodach und BLfD 1999, 22 ff. Thiem 1993, S. 7. 32 19 Ausführlichere Informationen zu den Kulturlandschafts- Hochmittelalterliche Grenzen waren zumeist nicht als räumen finden sich in den Steckbriefen der Berichts- scharfe Linien ausgeprägt. Sie konnten als kilometer- CD-ROM zu dem Pilotprojekt „Historische Kulturland- breite Grenzstreifen in Form unbesiedelter Waldgebiete schaft der Region Oberfranken-West“ (2004). Die CD- ausformuliert gewesen sein. Vgl. Thiem 1993, S. 8 ROM ist bei den Bayerischen Landesämtern für Umwelt [Anm 27]. und für Denkmalpflege erhältlich. Vgl. LfU und BLfD 20 Thiem 1993, S. 9 [Anm. 27]. 2004. 21 „Wustungen“ im Sinne von Einödhöfen gehören zu den 33 Die Kurzcharakterisierung wurde dem Landschaftsent- Sreusiedlungen. Nach Born (1977: 100-102) entstanden wicklungskonzept der Region Oberfranken-West (2005) diese im Allgemeinen am Ende der spätmittelalterlichen entnommen und in Teilen ergänzt. Vgl. LfU und BLfD Ausbauphasen und in verstärktem Maße in der frühneu- 2004. zeitlichen Ausbauphase (ab Mitte 15. Jahrhundert bis 34 Vgl. Graf 2005, 10 - 11. zum 30-jährigen Krieg). Vgl. Thiem 1993, S. 11 (Anm. 27).

22 Vgl. Verein für Heimatpflege Gehülz/Seelach/Ziegel- erden (Hrsg.): 1988, 1991, 1993, 1997. 23 Die schwerpunktmäßig im 17. und 18. Jahrhundert durchgeführte „Peuplierungspolitik“ geschah aus wirt- schaftlichen Überlegungen, die auf merkantilistischen Quellen und weiterführende Literatur Wirtschaftstheorien fußten. In Zusammenhang mit die- sen Theorien setzte sich die Auffassung durch, dass der Bayerisches Staatsministerium für Landesentwicklung und Reichtum eines Staatsgebildes vorrangig in der Menge Umweltfragen (StMLU) & Akademie für Naturschutz seiner wehr- und arbeitsfähigen, sprich wertschöpfenden und Landschaftspflege (ANL) (Hg.): Landschaftspflege- Bevölkerung begründet liegen müsse. In der Peuplie- konzept (LPK) Bayern in der digitalen Fassung. - Mün- rungspolitik spielten auch konfessionelle Motive, wie z. chen/Laufen 2000. B. die Solidarität zwischen protestantischen Rittern und protestantischen Glaubensflüchtlingen, eine nicht zu Bayerisches Geologisches Landesamt (Hg.): Geologische vernachlässigende Rolle. Vgl. Heller 1971. Karte von Bayern 1:500.000 (Karte und Erläuterungen), 4. neubearbeitete Auflage. - München 1996. 24 Gunzelmann 2003, 335. 25 Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege (Hg.): Rotheuler Weber 2004, mdl. und Mitwitzer Wustungen. Denkmalpflegerisches Son- 26 Weber 2004, mdl.; vgl. Seuling & Scheidig 1999; dergutachten, erarbeitet durch Wolfgang Thiem, Bam- Gunzelmann 1995, 23. berg 1993.

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