Zwischen und Landgraben

Eine geschichtliche Betrachtung

Lothar Kohls Trotz größter Sorgfalt sind Fehler nicht auszuschließen. Autor kann weder eine juristische Verantwortung noch irgendeine Haftung übernehmen.

Alle Fotoaufnahmen ohne Quellennachweis sind vom Autor.

Autor: Lothar K o h l s Klosterstraße 10, 17389 A n k l a m

Anklam 2010

2. Auflage

1. Auflage (ISBN 3-937669-62-0) überarbeitet Seite

Inhaltsverzeichnis 1

Vorwort 3

Ein kurzer geschichtlicher Überblick 5

Auch vor dem 10. Jahrhundert lebten Menschen in diesem Gebiet 7

Geografie, Landschaft und Klima 10

Grundherrschaft eine Herrschaftsform im Mittelalter 12

Ansiedlungen und deren Strukturen 14

Das Kloster Stolpe im Prozess der Besiedlung des Peenegebietes 20

Die Bauern 21

Von der Grundherrschaft zum Gutsbesitzer 26

Vom adligen Gutsherren zum kapitalistischen Landwirt 29

Der Landadel 30

Schlösser, Burgen und Gutshäuser 34

Militär und Adel 38

Die Organisation und Leitung der Güter 40 Vom Bauern zum Landarbeiter 41

Die Lebensordnung und der Alltag auf den Gütern 44

Die Rolle und Macht der Kirche 47

Die Stadt im Gefüge der Landwirtschaft 51

Die Entwicklung des Verkehrsnetzes 54

Wasser- und Energieversorgung 57

Die Kommunikation in der zurückliegenden Zeit 58

Wohn- und Wirtschaftsgebäude 59

Brandschutz und Feuerwehr 63

Bildungswesen 64 2

Kultur, Sitten, Traditionen, Gemeinschaftsleben und Aberglauben 68

Die soziale Lage auf dem Lande 71

Die medizinische Versorgung der Landbevölkerung 72

Geld, Steuern, Zins und Abgaben 75

Die Ausübung der staatlichen Macht sowie Rechtsfragen 76

Die landwirtschaftliche Produktion 81

Die Mechanisierung der Land- und Nahrungsgüterwirtschaft 92

Die Verknüpfung des Handwerks, Gewerbes und Handels mit der Landwirtschaft 96

Die Entwicklung der Nahrungsgüterwirtschaft und deren Industrialisierung 99

Der Einfluss der Politik ab 1933 auf die Landwirtschaft 102

Die Auswirkungen des 2. Weltkrieges 105

Quellennachweis 107

Abschließende Worte 115

Übersicht über die Anlagen 117

3

Vorwort

Vielfach werden von der heranwachsenden Generation Fragen nach dem Leben der Men- schen in Vorpommern sowie nach den gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und sozialen Prozessen, die sich in den letzten Jahrhunderten vollzogen haben, gestellt.

In den zugänglichen Archiven gibt es für den ehemaligen Kreis Anklam wenige Schrif- ten, die zu dieser Thematik komplexe Informationen über einen längeren Zeitraum geben. Auch werden diese geschichtlichen Prozesse oft unterschiedlich interpretiert bewer- tet, beeinflusst durch die jeweiligen gesellschaftlichen Verhältnisse, in der sie geschrieben wurden. In einer Kurzfassung sollen deshalb erneut für das Gebiet des Kreises Anklam zwischen Peene und Landgraben die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und sozialen Prozesse für den Zeitabschnitt vor 1945 betrachtet werden.

Dieser geschichtliche Rückblick stützt sich auf in Archiven befindliche Dokumente, Be- richte, statistische Daten, Gespräche und eigene Materialsammlungen. Zahlreiche Zeugen der Vergangenheit werden genannt, die ihre Erkenntnisse dokumentiert haben. Aber auch über das Internet konnten bisher nicht bekannte Informationen ermittelt werden. Einige Darlegungen von Historikern werden vom Verfasser neu bewertet. Um in einigen Abschnitten die gesellschaftlichen Prozesse ausreichend darzustellen, wa- ren textliche Wiederholungen nicht vermeidbar.

Einige Erklärungen und Beispiele wurden der Zeitgeschichte entnommen, um so einen besseren Zusammenhang zu den politischen, ökonomischen und sozialen Verhältnissen darzustellen.

Es besteht jedoch nicht die Absicht, mit dieser geschichtlichen Darstellung ein wissen- schaftlich erarbeitetes Geschichtsbuch über den Landkreis zu ersetzen. Dazu wären gründlichere Recherchen und die Überprüfung vorliegender Informationen notwendig ge- wesen.

Diese Arbeit ist mit Anlagen und Bildern ergänzt, um weitere Vergleiche durchführen zu können.

Gegenüber der 1. Auflage (2005) wurden einige Abschnitte neu geordnet oder ergänzt bzw. textliche Kürzungen durchgeführt.

Aus den Betrachtungen über das Leben und Wirken der Menschen zwischen Peene und Landgraben sowie der Wechselbeziehungen zwischen Reichtum und Armut in den zurück- liegenden Jahrhunderten können auch Parallelen für andere Gebiete Pommerns und Meck- lenburgs abgeleitet werden. Es ist deshalb nicht nur die Geschichte eines eng abgegrenz- ten Bereiches sondern über weite Strecken auch die Geschichte einer ganzen Region.

Anklam, Mai 2010 4 5

Ein kurzer geschichtlicher Überblick

Die Geschichtsschreiber erklären, dass bis Ende des 12. Jahrhunderts der Raum links und rechts der Peene von Angehörigen des slawischen Lutizenbundes bewohnt wurde. Wehr- mann spricht in seinem Buch „Geschichte von Pommern“1 vom Volk Lutizen, die in meh- rere Völkerschaften zerfielen und insgesamt als Wenden bezeichnet wurden. Die Wenden gehören zur großen Volksgruppe Slawen. Das Land war schwach besiedelt, die Siedlun- gen klein und bestanden aus wenigen Höfen.

Ab dem 12. Jahrhundert war die römisch-katholische Kirche bemüht, die Einwohner Vor- pommerns vom christlichen Glauben zu überzeugen. Bischof Otto von Bamberg kam im Jahre 1128 unter dem Schutz des römisch-deutschen Königs Lothar und mit Unterstützung des Polenherzogs in das Peenegebiet, um das Chris- tentum zu predigen. Dem Bischof ging es in seinem Auftreten darum, dass das Volk die heidnischen Bräuche aufgab und sich dem christlichen Glauben zuwandte. Um dieses zu erreichen, stellte er außerordentliche Forderungen. So verbot er den Getauften jeglichen Kontakt mit den noch Ungetauften2 und anderes mehr. Neben der Überzeugung der Einwohner vom christlichen Glauben und der Erweiterung des Machtbereiches der katholischen Kirche von Rom, ging es der Kirche und dem weltli- chen deutschen Adel um weiteres Land und Ausdehnung der wirtschaftlichen Macht.

Es blieb nicht bei der Einführung des Christentums bei den slawischen Bewohnern dieses Gebietes. Es ging der Kirche und dem Adel zugleich darum, für Einwanderer Platz zu schaffen. Einmal sollten diese die Einführung des Christentums unterstützen, zum anderen neue Markt- und Produktionsgebiete erschließen helfen. Die slawische Bevölkerung wurde nicht aus ihren Gebieten vertrieben sondern in vielfälti- ger Form im Prozess der Kolonisation einbezogen. Für eine längere Zeit gab es in einer Reihe von Dörfern ein Nebeneinander von slawischer Bevölkerung und Einwanderern, die sich schrittweise über die Familienbildung vermischten.

Als Grundherr galt zuerst weitgehend der Landesherr, also der Herzog. Aber auch der sla- wische Adel besaß in diesem Gebiet Land. Bezeichnend für die pommersche Entwicklung war, dass ab 1250 zwischen dem Grei- fen-haus und dem Volk eine Schicht von Lehenträgern trat, die nicht nur Grund und Bo- den sondern auch obrigkeitliche Rechte zu Lehen erhielten wie Gerichtsbarkeit und Steuereintreibung.3 Es entwickelte sich die Grundherrschaft. Die Rechtsgrundsätze im 12. und 13. Jahrhundert wurden von der römischen Kirche be- stimmt, also nach dem kanonischen Recht. Im deutschen Raum entstand im 13. Jahrhun- dert der „Sachsenspiegel“, in dem die Rechtsgrundsätze formuliert waren. Aus diesem Rechtsbuch entwickelte sich das Magdeburger und Lübecker Recht, das für den Anklamer Raum von Bedeutung war.

Am 13. Dezember 1534 wurde auf dem pommerschen Landtag in Treptow an der beschlossen, die lutherische Lehre offiziell in Pommern einzuführen und die Feldklöster sowie ihre Güter in Landesbesitz zu überführen. Es erfolgte der Wechsel von der katholi- schen zur evangelischen Religion.

Als Tausch- und Zahlungsmittel galten im frühen Mittelalter insbesondere Produkt gegen Produkt oder Produkt gegen Leistung. Ab dem 14. Jahrhundert wurde im Anklamer Raum Geld als Zahlungsmittel eingeführt. 6

Grundherren und viele Lokatoren schafften sich ab dem 16. Jahrhundert größere Land- wirtschaftsbetriebe. Zwangsläufig gefördert wurde diese Bewegung durch die Pestzüge und Kriege. Immer mehr Bauern gaben ihren Hof auf. Es entwickelte sich die gesellschaft- liche Epoche von der Grundherrschaft zum Gutsbesitzer. In diesem Zusammenhang wur- den die Bauern immer stärker zur Arbeit für den Gutbesitzer herangezogen. Die Leibei- genschaft der Bauern vollzog sich auf voller Breite.

Zu erwähnen ist, dass nach dem Frieden von Osnabrück vom 24.10.1648 ganz Vorpom- mern zum Land Schweden kam. Damit wurde Vorpommern eine schwedische Provinz und unterstand dem schwedischen König, hatte aber den Status eines deutschen Reichster- ritoriums. Die schwedische Krone erhielt für ihr Reichslehen Sitz und Stimme im deut- schen Reichstag. Schwedisch - Pommern hatte also einen Doppelstatus, als schwedische Provinz einerseits und Reichsterritorium andererseits. Es wurde weiterhin das deutsche Recht für dieses Gebiet zugesagt. Die Gutsherrschaften im Verein mit den Landstädten stellten die Gesamtheit der Obrig- keit dar und übten die Macht aus.

Auf der Grundlage der Friedensverträge von Stockholm und Fredeiksborg musste Schwe- den im Jahre 1720 den südlichen Teil des Territoriums von der Peene gegen Zahlung von zwei Millionen Reichstaler an Preußen abtreten. Damit gehörte das Gebiet zwischen der Peene und Landgraben zu Brandenburg-Preußen. Der nördliche Teil von der Peene blieb noch bis 1815 unter dem staatlichen Einfluss von Schweden.

Nach dem Regierungserlass vom 9.10.1807 wurde das Lehensverhältnis in Erbpacht und Erbzins und damit auch die bisherigen Gespann- und Handdienste beim Gutsbesitzer in Geldleistungen umgewandelt. Das alte feudale geteilte Eigentum wurde in ein freies Eigentum überführt. Hier begann das Zeitalter der kapitalistischen Landwirtschaft. Es vollzog sich der gesellschaftliche Übergang vom adligen Gutsherrn zum kapitalistischen Landwirt. Es war die Beschränkung für den Eigentumserwerb an Rittergüter gefallen. Auch Bürger- liche konnten diese Betriebe ohne die Genehmigung des Königs erwerben.

Im 19. Jahrhundert begann sich die Landwirtschaft mit Unterstützung der Zentral- und Landesregierung positiver zu entwickeln. Viele staatliche Regelungen wurden zum Besse- ren für die Güter, Bauern und Landbevölkerung verändert. Die gesamte Wirtschaft und die Territorialstruktur entwickelten sich schneller, das Stra- ßen-, Schienen- und Wasserwegenetz wurde verbessert und erweitert, dem Handel wurde mehr Aufmerksamkeit gewidmet. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich in der gesamten Volkswirtschaft der tech- nische Fortschritt mit einem zuvor nicht bekannten Tempo. Forschungsergebnisse und neue Erkenntnisse wurden von der Industrie und anderen Bereichen der Wirtschaft schnell produktionswirksam gemacht.

Im 20. Jahrhundert erhöhte sich dieser Prozess im Tempo und Umfang. Der technische Fortschritt brachte nicht nur eine Erhöhung der Arbeitsproduktivität und bessere ökonomi- sche Ergebnisse für die Betriebe sondern stellte auch Arbeitskräfte frei, die in die Stadt oder zu Betrieben anderer Wirtschaftsbereiche abwanderten. 7

Es begann eine Verlagerung der Bevölkerung zur Stadt. Wohnten Anfang des 19. Jahrhun- derts in Pommern ca. 82 % der Einwohner auf dem Lande, so waren es 1933 nur noch 51 %.4 Ähnlich vollzog sich auch die Bevölkerungsentwicklung im Kreis Anklam. Den größeren Nutzen aus dieser schnellen Entwicklung der Volkswirtschaft des Landes zogen die Großbetriebe der Landwirtschaft. Den Bauern quälten weiterhin ökonomische Probleme, sie verfügten nicht über die finanziellen Möglichkeiten, den sich schnell entwi- ckelnden wissenschaftlich-technischen Fortschritt für ihren Betrieb effektiv zu nutzen. Es kam zu weiteren Betriebsaufgaben zu Gunsten der Güter.

Der 1. Weltkrieg (1914/1918) führte zu einer Unterbrechung der guten Entwicklung der Landwirtschaft. Viele Männer wurden zum Kriegsdienst verpflichtet, es kam zum Arbeits- kräftemangel, und die Wirtschaft wurde auf die Sicherung der Versorgung für die Kriegs- führung umgestellt. Die Landwirtschaft konnte nicht mehr voll die Nahrungsgüterversorgung sichern, es kam zu Versorgungsschwierigkeiten besonders für die Stadtbevölkerung. Die Kriegswirtschaft mit ihren Gesetzen griff immer mehr mit negativen Folgen in den wirtschaftlichen Prozess der Landwirtschaft ein.

Der Zeitraum 1920 bis 1932 war für die Landwirtschaftsbetriebe eine schwere wirtschaft- liche Zeit. Das Geld wurde infolge der Inflation entwertet, es gab große Absatzschwierig- keiten für die landwirtschaftlichen Produkte, und das Vermögen vieler Bauern und Guts- besitzer wurde durch zahlreiche Konkursverfahren wertlos. In der Zeit des Nationalsozialismus unterlag die Landwirtschaft einer Reihe von Zwangs- maßnahmen. Der Reichsnährstand wurde für alle in der Ernährungswirtschaft Tätigen als Organisation wirksam, einmal infolge der Durchsetzung der faschistischen Ideologie und zum anderen durch die Kriegswirtschaft. Es endete auch die provinzielle Selbstverwaltung von Pommern. Der Zweite Weltkrieg, der am 1. September 1939 begann, brachte für die Landwirtschaft erhebliche negative Auswirkungen. Auch sie wurde auf eine Kriegswirtschaft umgestellt. Viele Gutsbesitzer, Inspektoren, Bauern und Arbeitskräfte wurden zum Kriegsdienst ein- gezogen und starben an der Front. Am 29. April 1945 besetzten sowjetische Truppen den Kreis Anklam.

Auch vor dem 10. Jahrhundert lebten Menschen in diesem Gebiet

Die Geschichte der Menschheit erzählt, dass es in den zurückliegenden Jahrtausenden Völkerbewegungen durch das Gebiet von Pommern und Mecklenburg gab. Aus den um- herziehenden Nomaden wurden sesshafte Bauern die lernten, ihre Nahrungsmittel selbst zu produzieren.

Das Leben und die Ernährung der Menschen in dieser Zeit war sehr an Flüsse, Bäche und Seen gebunden. Sie dienten als Transportwege, waren vielfach Energiequellen, der Fisch- fang trug zur Ernährung bei und nicht zuletzt boten Wälder und Sumpfgebiete Schutz vor Feinden. Es muss davon ausgegangen werden, dass vor 3000 Jahren die Fortbewegung über Land- wege durch vielfach bewaldetes Gebiet wesentlich schwieriger war als über den Wasser- weg der Peene oder den des Landgrabens, um dann weiter in die offene See zu gelangen. 8

Ein Boot oder Floß konnte bereits mit den damaligen technischen Möglichkeiten herge- stellt werden. Für den Transport der Produkte auf dem Landweg waren ein Fahrzeug mit Rädern und mindestens ein Zugtier notwendig. Hinzu kam, dass nur sehr wenige Wege vorhanden und benutzbar waren.

Im Peene- und Landgrabengebiet fanden die Einwanderer gute Bedingungen für ihr Leben vor, außerdem war die Ostsee für den Handel mit anderen Menschengruppen nicht weit entfernt. Eine Reihe von größeren Vorflutern wie der Landgraben, Stegenbach, Mühlgraben, Großer Abzugsgraben oder die Pötterbeck, die in die Peene oder in den Peene-Strom mün- den, boten sich für die Ansiedlung in nächster Nähe an. Abgeleitet aus den archäologischen Funden kann gesagt werden, dass die Ansiedlungen auch in Gebieten erfolgte, wo kein Fluss oder Vorfluter vorhanden war. Die Besiedlung in den zurückliegenden Jahrtausenden wurde auch durch die klimatischen Bedingungen be- einflusst. In den längerfristigen kälteren Perioden zogen die Völkergruppen in wärmere Gebiete Europas.

Archäologische Funde weisen nach, dass in der Jungstein- und Bronzezeit an einigen Standorten zwischen der Peene und dem Landgraben Menschen gelebt haben. So zum Beispiel nannte der Bodendenkmalpfleger Ulrich Schoknecht im Jahrbuch der Boden- denkmalpflege 1963 und 1964 für den ehemaligen Bezirk Neubrandenburg5 zahlreiche ur- und frühgeschichtliche Funde. Wilfried Hornburg ergänzte mit seinem Beitrag im Heimat- kalender 1994 die Aufzählung dieser geschichtlichen Beweise.6 So sind Großsteingräber oder Hügelgräber in Borntin, , Janow, , Charlottenhof, , im Boldekower Wald, Janow und Rehberg gefunden worden (siehe dazu Anlage 3). Diese Gräber bestätigen, dass ca. 3000 bis 1500 vor unserer Zeitrechnung dort Menschen gelebt haben. Diese gefundenen Großsteingräber liegen weitgehend im südlichen Teil des Be- trachtungsraumes. Es kann daraus abgeleitet werden, dass zu dieser Zeit andere größere Gebiete zwischen Peene und Landgraben gar nicht oder nur sehr gering besiedelt waren.

Beim Legen der Erdgasleitung Opal wurden im Jahre 2009 nördlich von Anklam im Raum Steinfurth Gräberfelder, die schätzungsweise 2200 Jahre alt sind7, entdeckt. Achim Leube vom ehemaligen Zentralinstitut für Alte Geschichte und Archäologie der Akademie der Wissenschaft der DDR berichtet8, dass im Zeitraum des 1. bis 4. Jahrhun- derts unserer Zeitrechnung an zahlreichen Orten des ehemaligen Kreises Anklam Boden- funde gemacht wurden die bestätigen, dass dort Menschen gelebt haben. Hier seien solche Fundorte wie in , Wussentin, Görke, Krien, Grüttow, Thurow, Lüskow, Müggen- burg, Pelsin, Ducherow, Janow, Rossin, Auerose, Butzow, , Steinmocker, Anklam und Woserow genannt8 (siehe dazu auch Anlage 3). In dieser Zeit war das Peenegebiet be- sonders von den Germanen besiedelt, wobei die Bevölkerungsdichte wohl gering gewesen ist.

Ab dem 5. Jahrhundert setzte die Westwanderung der Slawen ein und besiedelte Pom- mern, während die Germanen weitgehend abwanderten. Die Slawen oder wie wir sie unter dem Namen Wenden kennen, besiedelten das Land Pommern und gründeten neue Ansied- lungen. Viele Ortnamen bestätigen dieses noch heute. Verbliebene Germanen haben sich mit den Wenden assimiliert.

Die Wenden betrieben vorwiegend Ackerbau und Viehzucht, am Wasser den Fischfang. Zu dieser Zeit wurde bereits Gerste, Weizen, Hafer, Hirse, Roggen 9 und Flachs angebaut. Es wurden Pferde, Rinder, Schafe, Schweine, Ziegen und einige Geflügelarten gezüchtet und weitgehend in Ställe gehalten. Auch der Hakenpflug kam zur Bodenauflockerung zum Einsatz. Sie setzten bereits Gegenstände bei ihrer Tätigkeit ein, die aus Eisen hergestellt waren. Soweit zu erkennen ist, bevorzugten sie Standorte mit leichteren Böden. Sie hatten bereits feste Häuser und auch Unterkünfte für die Tiere. Da es über diese Zeit wenig schriftliche Aufzeichnungen gibt, sind wir bei der Geschichtsforschung auf archäologische Funde an- gewiesen. Einige davon wurden genannt, weitere werden hinzukommen. Für Archäologen und Geschichtsforscher ist es ein Gebiet, das weiter zu erschließen gilt.

Unter dem Jahr 946 wird in der Literatur das Land mit einer Burg südlich der Peene erwähnt. Wo diese wirklich stand, ist bis heute nicht eindeutig beantwortet. In der Diskussion zum Standort der Burg Groswin gibt Ulrich Schoknecht dahingehend eine Antwort9, dass sie nach den archäologischen Funden bei Görke und der Stegenbachmün- dung westlich von Anklam in der Nähe der Peene am Stegenbach gestanden haben muss. Ihr gegenüber auf der nördlichen Seite der Peene befand sich das Alte Lager, ein Handels- platz der Wikkinger und Slawen im Zeitraum des 8. bis 10. Jahrhunderts. Der befestigte Weg vom Alten Lager bis zur Peene könnte ein weiterer Be- weis zur Verkehranbin- dung zum Land und der Burg Groswin darstellen.

Der Geschichtsforscher Carl Friedrich Stavenha- gen zieht als Standort der ehemaligen Burg das Ge- biet westlich von Neuhof in Betracht. Die Feldmark von Neuhof bis Stolpe soll vor zweitausend Jahren eine Insel gewesen sein. Der beigefügte Kartenausschnitt zeigt eine Erhöhung (Endmoräne), einge- grenzt durch ein Tal mit einem Fluss, auf der die Burg stehen konnte. Ein Knüppeldamm von Neuhof zur Peene wurde bei den archäologischen Erkundungen gefunden. Die Burg ist vermutlich um 1185 von den Dänen zerstört worden.

Es muss bei der Geschichtsbetrachtung des Gebietes zwischen der Peene und dem Land- graben davon ausgegangen werden, dass es vor der Besiedlung mit deutschen Bauern, also vor dem 13. Jahrhundert, zahlreiche slawische Ansiedlungen gab, die sich über das gesam- te Gebiet verteilten. Dieses bestätigen die vielen slawischen Ortnamen aber auch archäo- logische Funde. Im ehemaligen Kreis Anklam mit den Grenzen von 1940 gab es ca. 45 Orte mit einem slawischen Namen. Nicht belegt sind die wirklichen Gründungszeiten der Ansiedlungen und der Bau von Burgen. Die uns gegenwärtig bekannten Gründungszeiten resultieren aus vorliegenden Urkunden und können nicht als Basisdaten gewertet werden. Auch im geschichtlichen Zeitabschnitt der Jungbronzezeit und des Römischen Kaiserrei- ches hat es Ansiedlungen in diesem Raum gegeben. Es wäre deshalb falsch, die zeitliche Geschichtsbetrachtung einzuengen. 10 Geografie, Landschaft und Klima

Der Altkreis Anklam, gehörend zum Land Pommern, grenzte an die Kreise , , Ueckermünde, Neubrandenburg und . Im Norden wird der Kreis im We- sentlichen von der Peene abgegrenzt, im Süden über weite Strecken vom Landgraben. Zu- gleich markierte der Landgraben über mehrere Jahrhunderte die Grenze zwischen Pom- mern und Mecklenburg. Die Landschaft zwischen der Peene und dem Landgraben wurde durch die Weichseleiszeit geprägt. Sie ist gekennzeichnet durch Endmoränen, Mulden und Niedermooren. Das Ge- biet liegt von 0,1 m bis ca. 30 m über NN und stellt eine weite flache Ebene dar. Im Sü- den erreicht das Bodenrelief vereinzelt Höhen über 40 m über NN wie bei Drewelow (Jungferberg), Cavelpaß (Cavelberg) oder Hellberg bei Sarnow (54 m ü. NN). Geschichtliche Betrachtungen der Auswirkungen der Eisschmelzzeit sagen aus, dass der Wasserspiegel der Ostsee in den zurückliegenden 7000 Jahren erheblichen Schwankun- gen unterlag und damit Auswirkungen auf die Wasserhöhe der Peene und den Landgra- ben hatte. Es wird auch in Geschichtsbüchern davon gesprochen, dass sich Landerhebun- gen in unserem Raum vollzogen haben. Beide Flüsse waren wesentlich breiter und viele Niederungsflächen standen unter Wasser. Das Urstromtal hatte vielfach eine Breite von 3 bis 7 km. Es bildeten sich entlang der Peene, dem Landgraben und bei vielen Vorflutern Moor- und Sumpflandschaften sowie Sandbänke und Geschiebemergelerhöhungen heraus. Bodenprofiluntersuchungen zeigen, dass sich in einigen Flusstälern die Moormächtigkeit zwischen 5 bis 10 m bewegt. Es gab damit Inseln in diesem Raum, die von Menschen be- siedelt wurden wie zum Beispiel das heutige Anklam10 oder die Anklamer Fähre. Zwi- schenzeitlich, durch die Absenkung des Meeresspiegels, ist der Wasserstand in den Ur- stromtälern zurückgegangen. Im Flusstal der Peene liegen einige Flächen bis zu 0,70 cm unter dem Meeresspiegel. Die Peene hat im Anklamer Raum einen Wasserspiegel, der sich im Durchschnitt um 0,1 m über NN bewegt. Auf 100 km Flusslänge hat sie nur ein Gefälle von ca. 25 cm. Bei stärkeren Nordostwinden erhöht sich der Wasserspiegel der Peene und des Pennestromes. Deiche schützen das Umland vor Überflutungen. Die Eiszeit hinterließ Endmoränenwälle mit Anhöhen, Steine und Geschiebemergel. Zahl- reiche Steine kamen mit den Eisgletschern aus dem Norden Europas wie von Schweden oder Finnland in dieses Gebiet. Vielfach wurden sie durch den Druck und Bewegung der Eismassen zu feinkörnigem Schutt gerieben oder blieben als Steine liegen. Zeugen dafür sind auch der Findling „Blücherstein“ bei Kavelpaß mit einem Volumen von 38 m³ oder der Stein im Wald bei Sarnow mit einer Länge von 5 m und 2,90 m Breite. Viele Flächen des Kreises sind steinreich, besonders trifft das für den Flächenbereich von Ducherow über Sarnow bis Japenzin sowie Steinmocker/Neetzow zu. Diese Steine stellen für die Bauern und Güter bei der Durchführung der Feldarbeiten eine große Belastung dar, anderseits waren sie Baumaterial zur Errichtung der Schlösser, Stallanlagen und Stra- ßen. Auch die klimatischen Verhältnisse veränderten sich in den zurückliegenden 7000 Jahren. Es gab Zeiträume wo die durchschnittlichen Jahrestemperaturen höher lagen und dann wiederum Perioden mit niederen Temperaturen und einer höheren Niederschlagsmenge. Diese Klimaveränderungen hatten Auswirkungen auf die Vegetation und Gestaltung der Landschaft. Neue Kulturen und Tierarten siedelten sich in Pommern an oder verschwan- den wieder. 11 Die Böden im Betrachtungsgebiet sind hauptsächlich diluvialer Herkunft. Eine Ausnahme bilden die aluvialen Flusstäler, die sich entlang der Peene und dem Landgraben erstrecken. In diesen Flusstälern haben sich umfangreiche Niedermoore gebildet. Bruchwälder und Torfmoore sind dort vorhanden. Der Grünlandanteil zur Landwirtschaftlichen Nutzfläche betrug um 1937 30%, zur Gesamtkreisfläche 24 %. Das Ackerland besteht vorwiegend aus leichteren und mittleren Böden. Ca. 46% der Flä- chen weisen Sand oder anlehmiger Sand auf und sind mithin nicht so ertragsfähig. Nur 5 % der Flächen bestehen aus Lehm oder Ton.

Im Laufe der Jahrhunderte unserer neuen Zeitrechnung hat sich die Struktur der Land- schaft verändert. Wald wurde gerodet, Moore und Sümpfe entwässert, neue Ansiedlungen entstanden, unwegsame Wege wurden durch feste Straßen ersetzt und vieles andere mehr. Damit gab es auch Veränderungen in der Tierartenwelt. Einige Tierarten sind im Laufe der Jahrhunderte ausgestorben. Der letzte Wolf in diesem Gebiet wurde in den Vierzieger Jah- ren des 18. Jahrhunderts in der Nähe von getötet.11 Die Peene ist ein Wasserweg für die Schifffahrt und stellt die Verbindung vom Kumme- rower See bis zur Ostsee dar. Sie spielte für die Besiedlung des Gebietes vor dem 10. Jahr- hundert eine wesentliche Rolle. Größere Wasserflächen, außer dem Haff und der Peene, bilden nur der Putzarer See im südlichen Teil des Kreises mit einer Größe von 293 ha und der Pelsiner See mit 21 ha.12 Geschlossene größere Waldgebiete gab es nach dem 10. Jahrhundert zwischen Peene und Landgraben im östlichen und südöstlichen Teil. Heute liegt der Waldanteil des Kreises unter dem Landesdurchschnitt (Mecklenburg-Vorpommern). Größere geschlossene Wald- gebiete befinden sich noch im Raum westlich von Sarnow in Richtung , Drewe- low und Rebelow sowie im östlichen Teil des Kreises Schmuggerow bis Leopoldshagen. Der Kreis liegt im Einflussbereich des Ostseeklimas, das durch relativ hohe Luftfeuchtig- keit, stärkere Windbewegungen und reichlicher Taubildung ausgezeichnet ist. Die durch- schnittliche Jahresniederschlagsmenge beträgt 550 bis 575 mm. Die Zahl der frostfreien Tage liegt bei 170 bis 185.12 Die Flächenstruktur des Kreises war im Jahr 1937 wie folgt13: ha ha Gesamtfläche 65095 Landwirtschaftliche Nutzfl. 50631 Forsten/Wald 8900 Ackerland 34403 Moor unkultiviert 1145 Wiesen 10049 Öd- und Unland 995 Weiden 5522 Andere Flächen 3424 Haus- und Ziergärten 645 Landw. Nutzfläche 50631 Obstanlagen 12

Nicht nur, dass das Gebiet den Bauern und Gutsbesitzern gute Bedingungen für die land- wirtschaftliche Produktion bot, es ist auch landschaftlich abwechslungsreich und schön. Die Gegend war für die Siedler anziehend, sie bot eine gute Basis für die wirtschaftliche Entfaltung des Landadels. Die Menschen haben im Verlauf der Jahrhunderte die Landschaft nach ihren Vorstellun- gen und Bedürfnissen entsprechend weiter gestaltet. 12 Grundherrschaft eine Herrschaftsform im Mittelalter

Neben der Überzeugung der Einwohner vom christlichen Glauben ging es der Kirche und dem weltlichen deutschen Adel um die Ausdehnung der wirtschaftlichen Macht. Für die Verwirklichung dieser Aufgaben benötigten der Bischof und Herzog aktive Helfer. Diese fanden sie besonders im westlichen Teil Deutschlands, sowohl beim Adel als auch bei vie- len Einwohnern auf dem Land. Das Bevölkerungswachstum im Westen Europas im 12. bis 14. Jahrhundert löste den Drang zur Suche neuer Erwerbsgebiete aus. Viele junge Menschen entschlossen sich auf Wanderschaft zu begeben.

Es mussten Organisations- und Leitungsstrukturen für die Besiedlung gefunden werden. Mitglieder des Adels übernahmen im Auftrage des Herzogs für bestimmte Gebiete die Verantwortung für die Organisation der Besiedlung und danach für den Abgabeneinzug. Durch den Herzog wurden für die Hauptverantwortlichen Gebiete abgegrenzt. Der Grund- herr des Territoriums oder sein Verwalter vergab die Ländereien an abhängige Bauern zu einer eigentumsähnlichen Nutzung, für die er Abgaben in Form von Geld, Naturalien und Frondienste forderte.

Aus dieser Verfahrensweise ergab sich, dass im Zeitraum des 13. bis 16.- Jahrhunderts nur ein geringer Teil des Territoriums von den Grundherren selbständig bewirtschaftet wurde. Die Form des Abhängigkeitsverhältnisses reichte vom reinen Pachtverhältnis bis zur Leibeigenschaft. In der Zeit des 14. und 15. Jahrhunderts entwickelten sich nur wenige Sitzgüter des Adels wie , oder .

Allgemein wurde in Pommern vom Herzog oder Bischof an die Ritter und Adligen das Land als Lehen vergeben. Es bestand ein Lehnrecht, gestaltet als Lehenpyramide. Der Kö- nig stand an der Spitze der Lehenpyramide. Danach folgten Bischöfe, Herzöge und Fürs- ten. In der dritten Stufe befanden sich die Adligen, Ritter, Klöster, Kirchen und Städte. Über den Besitz des Landes übten der Adel und die Kirche die Herrschaft aus, sie nahmen damit die öffentliche Funktion wahr.

Der Herr „lieh“ seinem Vasallen Land oder ein Gut und empfing Geld und Waffendienste als Gegenleistung.14 Es entstand ein Vertrag zwischen Herren und Vasallen mit wechsel- seitiger Verpflichtung. Zwischen dem Herzoghaus und dem Volk trat eine Schicht von Lehenträger, die nicht nur Grund und Boden sondern auch obrigkeitliche Rechte zu Lehen erhielten wie die Gerichtsbarkeit. Es bildeten sich vielfach Großlehenträger heraus, die die Grundherrschaft über das Land und der dort wohnenden Menschen ausübten. Es ent- standen damit Territorialherrschaften. Der Ritter, das Kloster oder die Stadt nahmen auch die öffentliche Funktion wahr. Diese bestand darin, die Besiedlung der Lehen zu organisieren, Steuern (Bede) für den Herzog einzubringen sowie nach Bedarf Kriegsdienste zu leisten. Für die Organisatoren des Adels stand der Aufbau von eigenen landwirtschaftlichen Großbetrieben weniger im Vor- dergrund. Der Grundherr hatte auch Pflichten zu erfüllen. Er musste den Untertanen wirtschaftliche Grundsicherung und Schutz gewähren. Innerhalb seiner Herrschaft hatte er für den Frie- den zu sorgen und Streitigkeiten zu schlichten.

Im Gebiet zwischen der Peene und dem Landgraben entwickelten sich ab dem 12. Jahr- hundert die Grundherrschaften (siehe dazu Anlage 4). 13 Im nordwestlichen Teil des Kreises wurde 1153 an der südlichen Seite der Peene das Be- nediktinerkloster Stolpe gegründet. Dieses Kloster erhielt im Laufe der Zeit vom Bischof und Herzog umfangreiche Ländereien geschenkt und kaufte außerdem Flächen und Betrie- be dazu. Überwiegend wurden die Ländereien als Lehen an Adlige und Bauern vergeben, um von dem Zins zu leben, der aus dieser Vergabe realisiert wurde.

Die Brüder Werner und Oldag von Schwerin, geboren im Lüneburger Raum, hielten sich im 13. Jahrhundert einige Jahre auf der Insel auf. Sie werden urkundlich 1256 durch den Kauf der Dörfer Labömitz und Retzow erwähnt.15 1258 entschieden sie sich, in das Gebiet zwischen Peene und Landgraben zu gehen. Werner von Schwerin wählte den Standort Spantekow, wo bereits eine Burg existierte, Oldag von Schwerin gründete den Ort Oldagshagen, jetzt Altwigshagen. Zwischen dem 13. bis 16. Jahrhundert erhielten die genannten Adligen von den Herzögen reichlich Land als Lehen und traten als Grundherren und Großlehenträger auf. Es gab Lehnbriefe, die vielfach später übergeben wurden. So zum Beispiel erhielt das Adelsge- schlecht von Schwerin vom Pommernherzog um 1258 die Zusage für das Lehen Spante- kow einschließlich der Burg16. Die Belehnung soll 1289 vom Kloster Stolpe (an der Peene) stattgefunden haben.

Der wichtigste Lehnbrief des Herzogs von Pommern war unter dem 10. Juli 1533 für die Familien von Schwerin Spantekow und Altwigshagen als Großlehenträger für folgende Gebiete ausgestellt17: Spantekow, , Janow, Japenzin, Rebelow, Zinzow, , Drewelow, Boldekow, Sarnow, Glien, Putzar, Löwitz, Cummerow (Schwerinsburg), Dem- nitz, Wietstock, Lübs, Neuendorf A, Ducherow, Busow, Auerose und Altwigshagen sowie wüste Betriebe und Felder der Ansiedlungen Borntin, Dennin, Boldekow, Krien, Streten- se, Strippow, Mussebeke18, Landskron, Kobrow18 und Beratkow18. Im Verlaufe der Jahre erhielt das Adelsgeschlecht von Schwerin weitere Lehen. So werden unter 1658 die Län- dereien von Rathebur, die zuvor zum Adelsgeschlecht von Köppern gehörten, als Lehen von Schwerin erwähnt.17

Die Flächen der Grundherren von Spantekow und Altwigshagen lagen im südlichen Teil des Kreises von Altwigshagen bis Neuendorf b, sie umfassten Mitte des 16. Jahrhunderts ca. 33 % der Gesamtkreisfläche. So zum Beispiel lagen ca. 15700 ha in der Verfügungsge- walt der Familie von Schwerin-Spantekow. Die Leitzentralen der Grundherren befanden sich im 13. bis 16. Jahrhundert in Spantekow, Landskron, Putzar und Altwigshagen.

Im nordöstlichen Teil des Kreises befanden sich die Eigentums- und Lehenflächen der Stadt Anklam. Sie verfügte über Flächen, die von Anklam bis zum Ort Kamp reichten. Insgesamt waren es im 15. Jahrhundert ca. 13000 ha Land. Die Stadt vergab diese Lände- reien vorwiegend als Lehen, um daraus Einnahmen zu erzielen.

Die Familie von Köppern, die im 14. Jahrhundert aus Westfalen kam, erhielt vom Herzog die Ländereien von Rathebur, Rossin und Schmuggerow sowie Anteile von Dargibell, Wusseken und Kagendorf als Lehen. In einer Urkunde von 1307 werden sie als Lehenträ- ger gennant.17

Die Familie von Heydebreck, ein niedersächsiches Adelsgeschlecht, spielte im nordwestli- chen Teil des Kreises als Grundherr eine Rolle. Sie ist Mitte des 13. Jahrhunderts in Vor- pommern eingewandert und wurde besonders im Zusammenhang mit der Burg Klempe- now erwähnt. Im 15. Jahrhundert erhielt sie vom Herzog das Lehen Neetzow.19 Unklar ist, ob diese Familie im ehemaligen Kreis Anklam weitere Lehen erhielt. 14

Die Ländereien von Steinmocker wurden im 14. Jahrhundert als Lehen der Familie von Winterfeldt übertragen. Für die Ländereien von Müggenburg sind als Lehennehmer die Adelsgeschlechte von Nienkerken, für und Lüskow von Lüskow und für Alt Teterein von Lepel be- kannt. Für einige Ländereien und Orte sind dem Verfasser die Lehennehmer nicht bekannt. Es kann jedoch angenommen werden, dass es auch hier Lehennehmer gab.

Im Verlaufe der Jahre kam es im Rahmen der Erbfolge zur Teilung der Großlehen. Der Herzog vergab neue Lehenurkunden. Mit der Bildung eigener Gutsbetriebe hat sich dieser Teilungsprozess weiter beschleunigt. Mit der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert ver- schärfte sich das Lehnrecht. Beim Tod eines Lehensnehmers musste sich der Nachfolger beim Herzog das Lehen neu bestätigen lassen.

Die Aufgabe der Grundherren bestand im Einsatz von Lokatoren, die die Besiedlung or- ganisierten. Sie hatten zugleich für die Geldeinnahmen und Naturalien für den Großlehen- träger und Herzog zu sorgen. Darüber hinaus war auch die Dorfobrigkeit, Schutz- und Ge- richtsherrschaft im Territorium zu sichern. Sie waren eine unterstellte Leitungsebene des Herzogs für das Territorium und handelten in seiner Vollmacht.

Wenige Informationen liegen vor wie die Grundherren diese Arbeit leitungs- und verwal- tungsmäßig bewältigt haben. Es muss davon ausgegangen werden, dass sie, neben den Lo- katoren, Beamte und weitere Personen eingestellt hatten. Vorwiegend werden diese aus dem niederen Adel gekommen sein. Die Verbindungen der Adligen zu ihrer alten Heimat waren notwendig und nützlich. Sie konnten über diesen Weg weitere Ritter zur Übernah- me von Lehen und Leitungsaufgaben ins Land holen.

Ansiedlungen und deren Strukturen

Dem Herzog ging es bei der Ansiedlung darum, deutsche Menschen nach Pommern und damit auch in das Peenegebiet zu bekommen, die das wüste Land in Bewirtschaftung nah- men, Wälder rodeten und daraus Acker- oder Grasland machten sowie nasse Flächen nach den damaligen Möglichkeiten und Erkenntnissen meliorierten. Gerufen vom Adel und von der Kirche begaben sich viele Männer und Frauen mit großen Hoffnungen und Tatendrang auf den strapazenreichen Weg gen Osten. Zugleich sollte neben der Einführung des Christentums im bisherigen wendischen Gebiet die Macht des deutschen Adels installiert werden.

Die eingewanderten Siedler fanden schon bewohntes Land vor, die Wenden hatten viele Ansiedlungen gebildet. Heute tragen noch ca. 60 % der Dörfer des Altkreises Anklam einen slawischen Ortsnamen (Endung: ...ow, ...in oder ...itz,20 siehe Anlage 2). Auch in den Nachbarkreisen sind slawische Ortsnamen in größerer Zahl zu finden. Aus Informationen zurückliegender Zeit ist nicht in jedem Falle das Gründungsjahr der Ansiedlung zu erfahren. Es muss aus heutigem Erkenntnisstand davon ausgegangen wer- den, dass in zahlreichen Dörfern mit einem slawischen Namen die Ansiedlung früher er- folgte als die bekannten Gründungsurkunden angeben. Aus den Ansiedlungen, die noch heute einen slawischen Namen tragen, ist ein enges Be- siedlungsnetz zu erkennen. Die Ansiedlungen oder Dörfer waren vielfach sehr klein. Es 15 kann davon ausgegangen werden, dass viele Ländereien als Weide genutzt wurden. Ro- dungen und Urbarmachungen fanden besonders im südöstlichen Teil des Altkreises, zwi- schen Rathebur und Leopoldshagen, statt. Die Besiedlung ab dem 13. Jahrhundert brachte vermutlich eine Neuordnung der Gebiete und Gemarkungen mit sich.

Der Prozess der Ansiedlung, verbunden mit der Gewinnung von neuem agrarisch bisher nicht genutztem Land und Errichtung von bäuerlichen Siedlungsstellen wird auch als „Kolonisation“ bezeichnet.21

Im Raum der Peene fasste die Kirche über ihre Klöster zuerst Fuß. Das Kloster Stolpe er- hielt vom Bischof reichlich Land und konnte mit der Erschließung dieses Gebietes für die Besiedlung beginnen. In der zweiten Welle der Besiedlung kam der Adel mit den besiedlungswilligen Bauern. Im Peenegebiet ließen sich Bauernsöhne besonders aus Westfalen, Niedersachsen, Fran- ken, Niederrhein und Mitteldeutschland nieder.22 Die Lokatoren versprachen, dass in Pommern gute Lebensbedingungen bestünden und die Ansiedler ein gutes Bauernrecht vorfinden würden. Diese Zusagen waren verlockend, und viele Männer und Frauen machten sich über Mecklenburg auf den Weg nach Vorpom- mern. Geschichtsschreiber erzählen, dass sich dieser Prozess der Ansiedlung ziemlich schnell vollzog. Die Jahreszahlen der Ortsgründungen im Peenegebiet lassen dieses er- kennen. Die slawische Bevölkerung wurde in den Besiedlungsvorgang einbezogen. Vielfach wur- de neben dem slawischen ein deutsches Dorf errichtet wie zum Beispiel in Kosenow. Mit der Ansiedlung von Deutschen entstanden weitere Dörfer. Aber auch Dörfer aus der slawi- schen Ansiedlung, in denen sich deutsche Siedler sesshaft machten, behielten ihren slawi- schen Namen.

Die Literatur gibt für die Verfügungsgewalt über das Land und seine Besiedlung folgen- des an: Die Ritter erhielten ihren Grundbesitz vom Herzog als Lehen und leisteten dafür Heerfol- ge. Die Bauern bekamen ihr Land vom Ritter, Kloster oder der Stadt und waren zu umfangrei- chen Diensten und Abgaben an diese verpflichtet. Der Lokator, vielfach handelte es sich um deutsche Edelleute, erhielt vom Grundherrn eine größere Fläche als Lehen für die Anlage eines Dorfes und der dazugehörenden Bau- ernhöfe zugewiesen. Er musste die Siedler selber gewinnen. Bei der Gewinnung der Siedler stellte die Sprache zunächst kein Hindernis dar, entschei- dend war die Bereitschaft, ihr Können und ihre Fähigkeiten bei der Beherrschung effekti- verer Kulturtechniken.

Die Einwanderer erhielten in der Regel je Bauernhof 1 bis 2 Hufen Land als freie Leute zur Erbpacht, wofür sie einen Zins zu zahlen hatten. Eine pommersche Hufe umfasste 30 Morgen zu je 65 ar also 19,6 ha. Als weiteres Flä- chenmaß galt der slawische Haken, dieser entsprach ca. 15 Morgen, damit 9,75 ha.23 Die Flureinteilung erfolgte nach Gewannen, worunter Felder oder Landstreifen zu verste- hen sind. Es bestand der Zwang einer Dreifelderwirtschaft. Außerdem standen den Bauern unverteilte Gemeindeflächen wie Weide, Wald, Wasser und Ödland zur Nutzung zur Ver- fügung. Für diese Flächen wurde der Begriff Allmende (gemeinsam genutztes Gemeinde- gut) gebraucht. 16 Dörfer bildeten gewisse genossenschaftliche Funktionen zur Verwaltung dieser Gemein- schaft heraus, so die gemeinsame Weidehaltung für Rinder oder Schafe, Nachtwächter u.a.m. Auch das Mitspracherecht vieler Einwohner des Dorfes entwickelte sich, wobei es nach dem Besitzstand und sozialer Schichtung eine Differenzierung gab. Die Tagelöhner und das Gesinde hatten in der Regel kein Mitspracherecht.

Die erste Vermessung der Hufen geschah in recht großzügiger Weise, so dass sich die Grundfläche der bäuerlichen Wirtschaftseinheit bei späteren, genaueren Nachmessungen oft als zu groß erwies. Der Landesherr ließ häufig zur richtigen Ermittlung der Zins- und Steuererhebung die Flächen nachmessen.

Für die ersten Jahre waren die Ansiedler abgabenfrei, später mussten sie einen Zins an den Grundherren entrichten und Dienste für den Schutz und die Verteidigung des Landes leisten.24 Nach deutschem Besiedlungsrecht war der Bauer von Dienstleistungen zu Gunsten der Landesherren befreit. Er war persönlich frei, konnte seine Hofstätte und den Landanteil verkaufen sowie aus dem Dorf wegziehen. Der bäuerliche Betrieb war erblich. Die Hof- wehr, welche die bewegliche Ausstattung einschließlich des Viehbestandes und vielfach auch die Gebäude umfasste, war Eigentum des Bauern.25 Nicht zu den Vollbauern gehörten die Kossäten. Diese stellten Personen oder Familien dar, die als Lohnarbeiter oder Handwerker für den Grundherrn, Hufenbauern oder Schul- zen tätig waren. Sie erhielten kleinere Flächen und nutzten diese als Gartenland. Sie besa- ßen in der Regel kein Spannvieh. Den Pfarrkirchen wurden meistens drei bis vier Hufen (58 bis 80 ha) Land zugewiesen. Die Kirche in Anklam verfügte jedoch über mehr Land und verpachtete es vorwiegend an Bauern, um sich damit eine zusätzliche Einnahme zu verschaffen.

Als Entgelt erhielt der Lokator vom Lehensgeber einige Hufen steuerfreies Land und einen Anteil vom bäuerlichen Zins. Er wurde in der Regel Dorfschulze, damit Inhaber der niederen Gerichtsbarkeit und hatte vielfach weitere Sonderrechte wie den Aufbau einer Mühle oder das Betreiben einer Schänke.26 Die Müller erhielten als Vergütung einen Teil des Mahlgutes, vielfach hatte dieses den mehrfachen Wert der Abgabe einer Bauernwirtschaft, also ein einträgliches Geschäft.

War ein Lokator Ritter, erhielt er bis 7 Hufen Land (bis ca. 137 ha), verfügte über die grundherrlichen Rechte und Gerichtbarkeit (mehr als niedere Gerichtbarkeit). Diese Flä- chen waren als Gewannen über die Gemarkung verteilt, in einigen Fällen auch zusam- menhängend. Das Land war die Basis zum Aufbau eines späteren großen Gutsbetriebes. Viele Ansiedlungen entstanden im 13. und 14. Jahrhundert wie Altwigshagen, Kagendorf, Kamp, Müggenburg, Neuendorf A und B, Neuenkirchen, Rosenhagen, Steinmocker und Wietstock. Die Dörfer wurden nach deutschem Recht angelegt.

Im Kreis sind die Siedlungstypen Angerdorf, Straßendorf und Hagenhufendorf anzutref- fen. Im Verlaufe der Zeit wurden viele dieser Dörfer erweitert, so dass heute der Aus- gangstyp häufig nicht mehr richtig erkennbar ist. Bei Namensendungen „..hagen“ geht es um Ansiedlungen, die durch Rodung und Urbar- machung entstanden. Namensendungen „ ..wald, ..dorf, ..hof, .feld, ..rode, ..kirchen, ..burg u.a.m.“ lassen er- kennen, dass es sich um deutsche Ortsgründungen handelt. Im ersten Teil des Dorfnamens wird vielfach der Gründer bezeichnet (Beispiel: , Leopoldshagen). 17 In der Gründerphase besaßen viele Dörfer und Ansiedlungen andere Namen als heute. In der Anlage 2, die jedoch unvollständig ist, wurde, soweit bekannt, neben dem heutigen Ortsnamen jeweils ein alter Name genannt. Die Literatur gibt oft mehrere Namen an.

In der Besiedlungsphase entstanden vorwiegend Bauerndörfer. Gutsbetriebe in Eigenbe- wirtschaftung waren zu dieser Zeit vom Flächenumfang klein, vorwiegend nur bis 7 Hu- fen. Dadurch, dass die Veräußerung des bäuerlichen Besitzes kaum eingeschränkt war, entwi- ckelten sich im Laufe der Zeit unterschiedliche Bauernhofgrößen. Daraus kann auch die Entwicklung zum Großbauernbetrieb erklärt werden. Die Masse der Bevölkerung wohnte auf dem Lande, also in Dörfern, Ansiedlungen oder auf Einzelhöfen. Es ist davon auszugehen, dass der Hauptlebenserwerb in Ackerbau und Viehwirtschaft bestand.

Im Verlaufe der Jahrhunderte siedelte die Stadt Anklam Bauern und Büdner auf einen Teil ihrer im 13. und 14. Jahrhundert erhaltenen oder erworbenen Flächen an und zog über diesen Weg Nutzen. Max Sander macht nach dem Stand von 1814 zur Besiedlung der Flächen, die die Stadt Anklam als Lehen oder Schenkung erhalten hat, folgende Angaben:27

Ort Bauern Halbbauern Kossäten Büdner 8 - - 6 6 4 1 8 Kamp - - 5 6 Alt Kosenow 10 - 1 6 - - 12 - Anklamer Fähre - - 5 1 Gnevezin 3 3 - 4 Kalkstein - - 12 1 Leopoldshagen - - 29 9 Pelsin 12 - 1 1 Rosenhagen 10 - 1 7 Woserow 10 - - -

Zur Anklamer Fähre berichtet die Chronik,28 dass sie als kleine Insel dem Festland vorge- lagert war. Ab 1302 galt sie als Eigentumsdorf von Anklam und war die Zollstelle von Anklam. Jedes Schiff musste sie anlaufen und seinen Zoll entrichten, für die Stadt eine gute Einnahmequelle. Das Fischereirecht auf der Peene war den fünf Fischern, die 1575 dort lebten, verliehen worden. Auf der Fähre standen mehrere Häuser. Im 30-jährigen Krieg wurden sie vernichtet, danach wieder aufgebaut. Neben der Fischerei wurde in kleinem Umfang Landwirtschaft betrieben. Auf Grund des Moorgebietes kam nur die Grünlandwirtschaft in Frage. 1873 brannte der Ort bis auf zwei Häuser ab. Außerdem gab es große Schäden durch die Sturmfluten im Jahre 1872 und in der Neujahrsnacht 1913/14.

Die Verfolgung der Menschen in einigen Ländern Europas wegen ihres Glaubens führte zu Einwanderungen im Peenegebiet. Aus Kirchenbüchern des 18. Jahrhunderts ist zu ent- nehmen, dass im Anklamer Kreis ca. 100 Familien der Glaubensrichtung Hugenotten wohnten, die aus ihrer französischen Heimat vertrieben waren.29 Ein Teil dieser Familien 18 lebte auf dem Lande, besonders in Rebelow, Zinzow, Putzar, Löwitz, Wietstock, Krien, Gramzow, Schwerinsburg, Bugewitz, Ducherow, Gellendin und Woserow. Sie betrieben bevorzugt Tabakanbau, Gärtnerei oder Ackerbau. In einigen Schlössern waren die Hugenotten als Personal eingesetzt, weil sie die französi- sche Sprache beherrschten. Schrittweise wurden diese Einwanderer eingedeutscht.

Ab 1748 fand im Kreis eine weitere Innenkolonisation durch die Schaffung neuer Bauern- höfe statt. Drei verschiedene Formen der Besiedlung waren vorherrschend. Zum einen war es die Neuanlage ganzer Dörfer, zum anderen die Aufteilung bestehender Güter und Vorwerke und nicht zuletzt die Ansiedlung in bestehenden Dörfern. Im Zeitraum 1748 bis 1764 wurden auf Befehl des Königs Friedrich des II. von Preußen fünf neue Ortschaften (Brenkenhof, Sanitz, Kalkstein, Neu-Kosenow und Leopoldshagen) mit 82 Kolonisten gegründet. Weiterhin erfolgte die Aufteilung von 6 Gütern. Dabei han- delte es sich um die Domänenvorwerke Görke, und Wussentin, die Stadtgüter Rosenhagen und Bargischow sowie das Vorwerk Gramzow, das einem Adligen gehörte. Über die zur Stadt Anklam gehörenden Flächen wurde bereits berichtet. Insgesamt wurden im Zeitraum 1748 bis 1779 in zwanzig Ortschaften des Kreises 197 Bauern, Kossäten und Büdner angesiedelt. Büdner bekamen in der Regel ein bis drei Hektar Land, so erhielten ca. 1000 Personen einen Besitz.30 Es kamen viele Familien aus Westfalen, der Pfalz aber auch aus dem Ausland und bewarben sich um eine Bauernstelle.

Zu damaliger Zeit ge- staltete sich ein Umzug sehr aufwendig. Mit einfachen ein- oder zweiachsigen Fahrzeu- gen, gezogen von Pfer- den, musste der Weg vom bisherigen Wohn- ort zur neuen Sied- lungsstelle bewältigt werden. Diese Fahrt dauerte mehrere Tage. Geschichtsforscher schreiben, dass die Siedler unter sehr schweren Bedingungen ihre Arbeit durchführten. Sie mussten bei ihrer Ankunft eine Wohnung einrichten und vielfach das Land kultivieren. Zum großen Teil waren es wüste Flächen und das Land wenig fruchtbar. Das traf zum Beispiel für Kalkstein, Leopoldshagen, Görke, Rathebur, Rubenow, Marienthal und Post- low zu. Die Fürsorge der Ämter, die die Besiedlung organisierten, war vielfach unbefriedigend. Fast überall traf der Ausspruch der damaligen Zeit zu: „ Dem Siedler erwartet ein früher Tod, ihre Kinder hätten die Not und erst die Enkel das Brot“.31 Trotzdem bemühten sie sich, in ihrer neuen Heimat das Beste daraus zu machen.

Mit den in das Gebiet geholten Kolonisten sollte der Bevölkerungsverlust, der während der Kriege eingetreten war, teilweise ausgeglichen werden. Der Adel sträubte sich gegen diese Ansiedlung, er wollte lieber mit den wüsten Höfen die eigenen Vorwerke vergrö- ßern. Der Geschichtsforscher Hans Branig bringt in seinen Arbeiten ein Beispiel aus dem Kreis, wie der König auf derartige Verhaltensweise des Adels reagierte.32 Er schrieb unter 19 dem 1. Juli 1764 an den Grafen von Schwerin in Ducherow, dass er die vier eingezogenen Bauernhöfe wieder herauszugeben hat und diese mit Leuten zu besetzen sind.

Die vielfach extensive Wirtschaft in den Gütern und die ständigen Schwankungen der Agrarkonjunktur führten zur nicht ausreichenden Nahrungsmittelversorgung und Ver- schuldung der Betriebe. Der Preußische Landtag erließ deshalb am 27. Juni 1890 ein Ge- setz über die Bildung von Rentengütern. In diesem Zusammenhang sollten siedlungswilli- ge Personen die Möglichkeit erhalten, Land von den Gutsbesitzern zu erwerben. Den Gutsbesitzern sollte damit zugleich eine zusätzliche Einnahmequelle verschafft werden. Im Kreis hat dieses Gesetz wenig Aktivitäten zur Ansiedlung weiterer Bauern ausgelöst. Nach dem Rentengutgesetz lag es ganz im Ermessen des Großgrundbesitzers, ob er Land zum Zwecke der Besiedlung zur Verfügung stellte.

Im August 1919 wurde ein Reichsiedlungsgesetz verabschiedet. Dieses Gesetz ging davon aus, dass viele Deutsche auswanderten aus Gebieten, die ab 1920 zu Polen kamen, um eine neue Existenz in der Landwirtschaft zu erhalten. Das Gesetz stellte die Forderung auf, dass ca. 1/3 der Gutsflächen zur Aufsiedlung aufzu- kaufen waren. Für den Kreis wären das ca. 14000 ha gewesen. Die Praxis erwies sich je- doch später anders. Dazu Zahlen aus einer Untersuchung von Dr. Ulrich Krische. Im Zeitraum 1919 bis 1936 wurden im Kreis folgende Siedlungen geschaffen:33

Zeitspanne Neusiedlung Anliegersiedlung Anzahl ha Anzahl ha 1919 / 1924 4 53 215 384 1925 / 1932 87 1144 23 46 1933 / 1936 82 1868 67 256 Insgesamt: 173 3065 305 686

Hier wären die Aufsiedlungen der Güter Lüskow und Butzow im Jahre 1931, die Sechser- siedlung in Sarnow im Jahre 1934, Teile des Gutes von Boldekow und des gesamten Gu- tes Wietstock im Jahre 1933 zu nennen. Insgesamt wurden 3751 ha Land aufgesiedelt, das entsprach 8,9 % der Betriebsfläche über 100 ha, nur ca. 27 % der Sollvorgabe. In ganz Pommern wurde diese Sollvorgabe zu ca. 60 % erfüllt. Eine Ursache für das Scheitern des Regierungsprogrammes lag in der fehlenden Finanz- kraft des einheimischen Bauernstandes und der Landarbeiter. Hinzu kam der Widerwillen der Gutsherren gegen die Abtretung von Boden im Kreis. Vorwiegend wurden Böden minderer Qualität zur Besiedlung bereitgestellt wie zum Bei- spiel in Wietstock, Sarnow, Boldekow, Butzow und Lüskow.

Am Beispiel der Sechsersiedlung in Sarnow, die vor 1945 einen anderen Namen besaß, soll der Ablauf etwas genauer erklärt werden. Der Gedanke, am Südwestrand des Ortes Sarnow eine Siedlung zu errichten, entstand bereits 1926. Der Graf Eberhard von Schwe- rin verkaufte Land mit minderer Bodenqualität an die Deutsche Ansiedlerbank. Damit leistete er einen Beitrag zur weiteren Ansiedlung von Bauern und konnte gleichzei- tig Land, das einen geringen Ertrag brachte, zu Geld machen. Eine Tendenz, die nicht nur in Sarnow zu begegnen war. Es wurden sechs Grundstücke mit einer Größe zwischen 18 bis 20 ha konzipiert, auf de- nen Fachwerkhäuser gebaut wurden. 20 Der Wohnbereich mit 55 m² im Erdgeschoss und einer Kammer unter dem Dach war aus heutiger Sicht betrachtet klein. Die Siedler, zwei aus dem Wolgagebiet und vier aus der Region, mussten das Haus, die Stallungen und das Land selber finanzieren. Es versteht sich, dass dazu Kredite notwendig waren. Dadurch, dass der Acker nicht so ertragsfähig war und umfangreiche Kreditabzahlungen einschließlich Zinsen geleistet werden muss- ten, wurden diese Siedler nicht reich, konnten aber als Bauern arbeiten.

Das Kloster Stolpe im Prozess der Besiedlung des Peenegebietes

Am 03. Mai 1153 wurde in durch das Magdeburger Kloster aus Ber- gen das Benediktinerkloster gegründet und mit eigenen Mönchen besetzt. An der Spitze des Klosters stand der Abt, ihm unterstanden weitere Personen, die ver- schiedene Ämter im Kloster vertraten.

Im Prozess der Besiedlung und des Aufbaus von Kirchen in diesem Gebiet spielte das Kloster eine bedeutende Rolle. Der Bischof Adelbert von Cammin verlieh dem Kloster den „Zehnten“ aus dem Lande Groswin und unterstellte diesem die zu erbauenden Kirchen des Landes.

Aus dem Orden der Benediktiner gingen Otto von Bamberg und der Bischof Adelbert hervor. Die Benediktiner waren gelehrte Mönche, erfahren als Prediger und in der Missi- onsarbeit, sie trugen schwarze Kutten. Die schweren handwerklichen und landwirtschaftlichen Arbeiten lagen in den Händen der Laienbrüder. Diese hatten kein Mönchgelübde abgelegt, sich aber lebenslang für das Le- ben im Kloster entschieden. Über Verbindungen des Klosters mit dem Westen Deutschlands wurden Bauernsöhne und Arbeiter gewonnen die bereit waren, sich im unbesiedelten Peeneraum und in weiteren Gebieten eine neue Heimat zu gründen. Meist wurden diese Einwanderer Untertanen des Klosters, die auf Vorwerken Feldarbeiten unter Leitung der Mönche verrichteten oder Land übernahmen und damit in ein Pachtver- hältnis mit dem Kloster eintraten. Daraus entstanden auf kirchlichem Grund und Boden deutsche Dörfer.

Mit Beginn des 14. Jahrhunderts entwickelten sich im Kloster Machtkämpfe und Zwistig- keiten, die zum Niedergang des Klosters führten, das im Jahre 1304 in den Besitz des Zis- terzienserordens überging. Die Mönche dieses Klosters waren weniger den Wissenschaf- ten zugetan. Sie wandten sich der praktischen Arbeit zu, rodeten Wälder, legten Sümpfe trocken und legten Dörfer an. Der Besitz des Klosters wuchs im Laufe der Jahre über Schenkungen, Vermächtnisse und Kauf auf über 90 Dörfer beiderseits der Peene an.34 Im Altkreis besaß es Land in Stolpe, Brenkenhof, Krien, Dersewitz, Görke, Grüttow, Liepen, Medow, Nerdin, Neuhof, Post- low, Sanitz, Tramstow, Wegezin, Wussentin und weiteren Orten35 sowie die Wassermühle am Stegenbach und in Stolpmühle (nördlich der Peene). Die Eigenbewirtschaftung des Besitzes war vermutlich begrenzt. Überwiegend wurden die Ländereien als Lehen an Adli- ge und Bauern vergeben, um von dem Zins zu leben, der aus dieser Vergabe realisiert wurde. Durch die Urbarmachung und Kultivierung des Bodens, durch Mühlenbauten und wirt- schaftliche Unternehmen aller Arten sowie durch die Ansiedlung deutscher Landarbeiter und Anlegen deutscher Dörfer machte sich das Kloster Stolpe verdient. 21 Auf der Grundlage des Beschlusses vom 13.12.1534 des pommerschen Landtages wur- den die Feldklöster (Kloster, das nicht in der Stadt angesiedelt ist) und ihre Güter in den landesherrlichen Besitz überführt.36 Im Jahre 1535 wurden die Mönche vom Kloster Stolpe, soweit sie sich nicht dem neuen Glauben anschließen wollten, vertrieben und der Klosterbesitz in die herzogliche Verwal- tung eingegliedert oder zur Güterbildung verkauft.37 Das Kloster Stolpe mit seinem Besitz fiel an den Herzog Philipp von Wolgast. Obgleich das Kloster verarmt war, wurde der letzte Abt Mathias mit einer hohen Geld- summe abgefunden und erhielt in Anklam ein Haus.38 Es gab also schon im 16. Jahrhun- dert für bestimmte Personen eine Abfindung.

In der Folgezeit entstanden vorwiegend herzogliche Domänen, die die Pacht und andere Abgaben der Flächenbewirtschafter erhielten. Im Peeneraum nahm das herzogliche Amt Klempenow für den Herzog, später für den König von Preußen, die Vertreterrolle ein. Es hatte einen Amtshauptmann eingesetzt.

Das Kloster Stolpe besaß eine dreischiffige romani- sche Kirche mit einem Turmteil, die im Zeit- raum 1180 bis 1190 er- baut wurde. In dieser be- fand sich ein Tonnenge- wölbe mit 16 m Länge und 5 m Höhe. Im Bau- werk sind viele Feldstei- ne verarbeitet Klosterruine Stolpe / Aufnahme 2004 worden. Die Anlage verfiel mit dem Niedergang der Macht des Klosters.39 In den Kriegen des 17. und 18. Jahrhunderts wurden die Klostergebäude wiederholt zerstört, besonders durch den Brand im Jahre 1637. Ein Teil der Klosterruine wird heute noch erhalten und kann besichtigt werden.

Die Bauern

Unter der Bezeichnung Bauer wird allgemein der landwirtschaftliche Produzent verstan- den, der mit den Erträgen seiner Wirtschaft ein auskömmliches Leben führen konnte und darüber hinaus Leistungen für den Grundherrn, Landesherrn und die Kirche erbrachte. Diese Beschreibung ist jedoch relativ zu betrachten, weil der Bauer in den zurückliegen- den Zeiten vielfach starken wirtschaftlichen Einschränkungen unterlag, die sich auf das Leben negativ auswirkten. In der Literatur wird vielfach vom Mittel- und Großbauern ge- sprochen. Landeigentümer, die über 100 ha bewirtschaften, werden in der Regel als Groß- grundbesitzer bezeichnet. Es gab eine weitere größere Gruppe von Familien, die Land bewirtschafteten aber damit nicht ihren Lebensunterhalt sichern konnten. Für diese Personen galt die Bezeichnung Halbbauer, Kleinbauer, Kossäte oder Büdner. Familien, die unter 2 ha Land bewirtschafte- ten bezeichnete man als Büdner. Einlieger oder Häusler waren land- und hauslose Dor- feinwohner. 22 In der Besiedlungsphase im 13. bis 15. Jahrhundert entstanden weitere Bauerndörfer. Die Bauern erhielten das Land als Lehen und sie konnten sich eine Hofstätte errichten. Alles war vererblich und verkäuflich. Der Bauer war nur zur Abgabe einer Grundrente in Form von Geld und Naturalien an den Grundherren sowie zur Leistung weniger Hand- und Spannleistungen verpflichtet. Es wurde von Erbzinsbauern gesprochen. Zu dieser Zeit war er ein freier Bauer. Die Bauern slawischer Herkunft hatten dagegen weniger Rechte. Sie entbehrten der Frei- zügigkeit, waren an die Scholle gebunden und konnten über ihren Hof nicht beliebig ver- fügen.40

Die Anlage der Bauernhöfe verlief im Kreis sehr unterschiedlich. Die Einwanderer erhiel- ten das Land vom Lehensgeber zugewiesen und bauten sich den Bauernhof selber auf. Bei einem Zweihufenbetrieb (ca. 39 ha) bestand das Wohnhaus mit einer Wohnfläche von ca. 60 bis 75 m² aus zwei bis drei Zimmern, einer Küche, Flur und Kammer. Weiterhin stand ein Stall für die Tiere von ca. 80 bis 110 m² sowie eine Scheune zur Verfügung. Im Dachgeschoss des Stalles befand sich in der Regel die Lagerfläche für Heu, Saatgut und Futtergetreide. Bei kleineren Hoflagen bildete meistens der Stall und die Scheune oder das Wohnhaus und der Stall eine bauliche Einheit. In der ersten Aufbauphase, also im 13. bis 15. Jahr- hundert, waren diese Gebäude kleiner und primitiver. Es wurde ja vorwiegend Ackerbau betrieben.

Zwischen der Peene und dem Landgraben gab es vorwiegend Angerdörfer. Hier waren die Höfe im Ort und die Flächen in mehreren Flurstücken um die Dorflage verteilt. Jede Flu- reinheit hatte soviel Schlagstreifen wie Bauerstellen im Ort waren. Jeder Bauer erhielt in jeder Flureinheit einen Flächenstreifen zur Bewirtschaftung zugewiesen. Außerdem gab es Gemeinschaftsflächen wie die Weiden, Wasser, Wald und Wege, die gemeinsam genutzt wurden. Sie wurden als Allmende bezeichnet. Es bestand ein Flurzwang. In den Hagendörfern befanden sich die Hoflagen auf den zugewiesenen Flächen in weiten Abständen entlang der Dorfstraße. Die Schlageinteilung sowie den zeitlichen Ablauf der Feldarbeiten regelten die Bauern nach eigenem Ermessen

Im Verlaufe der Zeit verschlechterte sich die wirtschaftliche und soziale Lage der Bauern. Die Getreidepreise fielen und die Zünfte erhöhten die Preise besonders für Dinge, die der Bauer gebrauchte wie Sichel, Pflugschar oder Salz. Da aus Vorpommern keine Preisüber- sichten vorliegen, werden zum Vergleich Preise aus Sachsen aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts genannt. Eine Mistgabel entsprach dem Preis von 25 kg Roggen, eine Axt von 135 kg Roggen oder eine Hose von 810 kg Roggen.41 Damit wurde der Rohge- winn des Bauernbetriebes erheblich gemindert oder er machte Schulden. Auch eine Reihe der Grundherren erhöhten den Jahreszins für die Lehen und verlangten Gespann- und Handdienste, um ihren wachsenden Gutsbetrieb mit Gewinn führen und die Abgaben an den Herzog leisten zu können. Eine Verarmung vieler Bauernfamilien trat ein, die oft eine Flucht von der eigenen Schol- le zur Folge hatte. Die Felder wurden wüst, der Grundbesitzer bekam keine Grundrente mehr, er geriet ebenfalls in finanzielle Schwierigkeiten. Kriege und die Pest führten dazu, dass viele Bauernhöfe leer standen und einer Bewirt- schaftung zugeführt werden mussten.

In dieser Situation bildeten sich schrittweise die Gutsbetriebe heraus. Es entstand eine neue soziale Gruppe von Bauern, die Lassbauern. Der Gutsbesitzer übergab dem Ansied- ler oder Bewerber für einen wüsten Bauernhof Land, Wohn- und Wirtschaftsgebäude 23 sowie die Hofwehr (Vieh, Saatgut, Futter, Transport- und Feldtechnik und weitere Ar- beitsmittel) zur Nutzung. Der Lassbauer war als Gegenleistung zu vereinbarten Gespann- und Handdiensten verpflichtet. Ohne Erlaubnis des Gutseigentümers durfte die Bauern- wirtschaft nicht verlassen werden, die Kinder mussten Gesindedienste leisten. Hier be- ginnt der Zeitabschnitt der Leibeigenschaft.

Der Mangel an Kapital bei den adligen Gütern führte dazu, dass nur soviel Bauernhöfe neu eingerichtet wurden wie es der dringende Bedarf an Hand- und Gespanndienste vor- sah. Dieses führte zur Erhöhung der bäuerlichen Dienstpflicht. Dorfchroniken berichten, dass zu Beginn des 16. Jahrhunderts ein Bauer beispielsweise einen Tag in der Woche für den Gutsherrn arbeiten musste. 100 Jahre später waren es pro Woche drei bis vier Tage, Boten- und Fuhrdienste kamen dazu. Auch Kriegsdienste mussten die Söhne der Bauern leisten.

Der Herzog schaffte über Erlasse die rechtliche Basis dazu. Erwähnenswert ist die Bauern- und Schäferordnung im Herzogtum Pommern- vom 16. Mai 1616. In dieser wurde offiziell die Leibeigenschaft verankert. Die Bauern und ihre Familien wurden als Eigen- tum der Herrschaft bezeichnet. Das bisherige Besitzrecht der Bauern wurde zu einem Nut- zungsrecht, das jederzeit gekündigt werden konnte. Aus Erbpächtern entstanden Leibeige- ne ohne Recht an ihren Äckern. Die Bauern konnten mitsamt ihrer Hofstellen, sogar auch ohne diese, verkauft und vertauscht werden.42

Eine weitere Rechtsauffassung war, dass die Bauern die Erbzinsberechtigung schriftlich vorweisen mussten, wenn sie den Bauernhof weiter als ihr Eigentum nutzen wollten. In vielen Fällen war dieser schriftliche Nachweis verloren gegangen. War dieser Eigentums- nachweis nicht möglich, unterlagen sie den Bedingungen eines Lassbauern, eine Form des Bauerlegens. Der Ritter dagegen brauchte nur den Nachweis für einen Besitz von über 5 Jahre erbringen. Diese Regelung war für den Adligen zur Erweiterung seines Landwirt- schaftsbetriebes sehr zum Vorteil. Unter dem Begriff Bauernlegen versteht man die Überführung bäuerlicher Einzelbetriebe in Gutsbetriebe, wobei die Bauernhöfe ganz verschwanden.

Der Dreißigjährige Krieg und die seuchenhaften Krankheiten bei der Bevölkerung trugen erheblich zur Vernichtung des Bauernstandes zwischen Peene und Landgraben bei. Hatte dieses Gebiet noch vor Kriegsbeginn einen vorwiegend bäuerlichen Charakter, so kam es danach zur Ausbildung großer Gutsherrschaften bei gleichzeitiger Schwächung des bäuer- lichen Besitzrechtes.

Die Bauernordnung von 1616 wurde mit der Revidierten Bauern- und Schäferordnung vom 18.12.1670 in einigen Punkten noch verschärft. So legte diese fest, dass Bauern, die wegen Armut oder schlechter Wirtschaft ihren Hof aufgeben mussten, in der Leibeigen- schaft des Gutsherren verblieben.43 Bei den Diensten, die der Gutsherr verlangen konnte, musste die ganze Familie Feldarbei- ten leisten, auch wenn der eigene Acker noch nicht bestellt war. Das führte zu niedrigen Erträgen und erheblichen wirtschaftlichen Verlusten im bäuerlichen Bereich. Die Anwen- dung dieses Prinzips war im Kreis von den Adligen unterschiedlich. Es kam darauf an, wie menschlich sie mit ihren Untertanen umgingen. 24 Der Adel und die Pächter der Domänen hatten viele Freiheiten beim Umgang mit den Bauern. Sie taten es mit großer Strenge. Widerspenstigen Bauern drohten schwere Stra- fen.

Der König von Preußen rief deshalb in einer Erklärung vom 9. April 1738 den Adel auf, mit den Untertanen bei dem Hofdienst menschlicher umzugehen. Er erklärte in diesem Brief, dass es nicht angehen kann, dass die Untertanen mit Peitschen und Stockschlägen angetrieben oder übel traktiert werden.44

Ein statistischer Vergleich der vorhandenen Kirchenmatrikel über den Zeitraum 1580 bis 1720 bei 14 Bauerndörfern des Kreises Anklam sagt aus, dass von 146 im Jahre 1580 vor- handenen Bauern ca. 92 Bauernhöfe verschwunden, dafür aber 12 Güter entstanden wa- ren.45 Kagenow, Padderow, Neetzow, Preetzen, Dennin, Neuenkirchen Butzow, Blesewitz und Lüskow waren einmal Bauerndörfer. Aus einer weiteren statistischen Übersicht des Zeitraumes 1618 bis 1748 für 19 Amtsdör- fer geht hervor, dass in dieser Zeit 83 Vollbauernstellen, 19 Halbbauernstellen und 46 Kossätenstellen wüst geworden waren.45 Hier wurden zum Beispiel die Orte Rubenow, Borntin, Sanitz, Kalkstein, Neu Kosenow und Leopoldshagen genannt.

Die Bauern, deren Land nicht in diesem Konzentrationsprozess erfasst wurde, hatten für die Gutsherrschaft Spann- und Handdienste zu leisten. So musste ein Vollbauer im Amtsbereich Stolpe im Jahre 1720 vom 25.03. bis 24.06. und vom 29.09. bis 11.11. an 4 Tagen der Woche mit doppeltem Gespann und am 5. Tag mit zwei Personen für das Gut arbeiten. In der Erntezeit hatte er an jedem Tag zu erscheinen. Dazu kamen in der übrigen Zeit eine Reihe von Fuhren und Sonderleistungen.46 In den landwirtschaftlichen Spitzenzeiten flossen bis zu 75 % der Arbeitskapazität eines Vollbau- ernhofes, mitunter auch mehr, in die Fronarbeit auf dem Gutshof.47 Dieses hatte zur Fol- ge, dass der Bauer seine Arbeiten nicht zeitgerecht durchführen konnte und wirtschaftlich ruiniert wurde. An einem Beispiel sollen die Belastungen eines 2 Hufenbetriebes (36 bis 40 ha Gesamtflä- che) mittlerer Bodenqualität im 18. Jahrhundert geschlossener dargestellt werden: 1. Steuern für die Landesherrschaft. Bei 9 Taler und höher je Hufen. 2. Gespann- und Handdienste für den Gutsbesitzer, vielfach 4 Tage in der Woche mit doppeltem Gespann. 3. Leistungen beim Ausbessern der Wege und Brücken sowie Fuhrdienste und Boten- dienste für die Gemeinde. 4. Materielle und finanzielle Leistungen für die Kirche sowie zum Unterhalt des Pastors.

Der größte Teil der Bauern unterstand dem adligen Grundherrn oder der Domänenverwal- tung. 1794 richteten die Bauern des Kreises, die zum Amt Klempenow gehörten, mehrere Bittgesuche an den König in der Hoffnung, von den erhöhten Belastungen befreit zu wer- den. Diese mehrmaligen Bittgesuche wurden von der Preußischen Regierung zurückge- wiesen. Der König verfügte, dass die Bauern Maß halten und ihren Dienst versehen soll- ten. Bei einer weiteren Forderung würden Leibesstrafen zur Anwendung kommen oder Verweisung vom Hof.48 Die preußische Regierung und der König sahen hierbei zualler- erst den Adel und die Steuereinnahmen des Staates, nicht die wirtschaftlichen und sozialen Sorgen der Bauern, eine Bestätigung der Förderung des Großgrundbesitzes.

Das Bauernlegen wurde weiter forciert. Bauern, die sich noch bis zum Ende des 18. Jahr- hunderts halten konnten, waren zu Zeitpächtern herabgesunken. Die Pachtverträge wurden 25 nur noch auf wenige Jahre abgeschlossen. Nach Ablauf der kurzen Pachtzeit konnte der Pachtzins weiter erhöht werden.

Erst die preußischen Könige waren bemüht, zu Gunsten der Bauern einen Wandel herbei- zuführen, wobei diese Forderungen und Gesetze wenig wirksam wurden. Der König war nach wie vor bemüht, die ritterlichen Güter durch die Gesetzgebung und finanzielle Zu- wendung zu schützen. Mit dem Edikt vom 22.03.1719 wurde durch den König Friedrich Wilhelm I. für das Ge- biet Pommern zum ersten Mal die Aufhebung der Leibeigenschaft angeordnet.49 Es ge- lang ihm aber nicht, diese Forderung im Lande durchzusetzen, in der Praxis geschah nicht viel. Mit dem königlichen Edikt vom 12.08.1749 wurde für Preußisch-Vorpommern das Bau- ernlegen verboten und die Frondienste im Umfang herabzusetzen.50 Da aber der Adel auch die obere Verwaltung des Staates weitgehend beherrschte, verteidigte er seine alten Rechte äußerst zäh und war nicht ohne weiteres bereit, die erlassenen Gesetze durchzuset- zen. Die Begründung der Adligen bestand darin, dass sie bei Einschränkung der Fronar- beit nicht mehr alle Äcker bestellen könnten und damit einen wirtschaftlichen Schaden hätten. Am 23.09.1763 wurde durch den König eine weitere Verordnung zur Abschaffung der Leibeigenschaft erlassen. Sie war bereits zu Gunsten der Adligen in den Forderungen ein- geschränkt. Aber auch diese Ordnung stieß bei der pommerschen Ritterschaft auf erheblichen Wider- stand. Sie erklärten, dass sie ohne die Dienste der Bauern nicht bestehen könnten. Ihnen waren diese Vorrechte in der Landesverfassung zugesagt und sie wollten sie auch nicht abgeben.51 Es blieben danach Elemente der Gesindezwangsdienste der Bauernkinder, die Leistung von ungemessenen Diensten durch den Bauern u.a.m. erhalten. Aus heutiger Sicht betrachtet ist die ablehnende Haltung des Landadels zu den Anordnungen des Kö- nigs verständlich. Es wäre für sie sonst nicht möglich gewesen, derartige Schlösser und Parkanlagen zu schaffen.

Ab Ende des 18. Jahrhunderts, mit dem ersten königlichen Erlass des Allodifizierungsge- setzes begann der Zeitabschnitt, wo sich Güter zu kapitalistischen Unternehmen entwi- ckelten. Im Rahmen der Agrarreformen wurde am 14.09.1811 in Preußen das Gesetz zur Ablösung der Erb- und Zeitpachten und der Dienste sowie die Teilbarkeit der frei gewordenen Be- sitzungen erlassen. Die Bauern mussten die in Nutzung erhaltenen Hofwehren, also auch die Ausstattung ihrer Höfe mit Vieh und Geräten, bei ihrem Grundherren bezahlen. Sie konnten sich damit von der Leibeigenschaft freikaufen. Neben der Ablösung durch Geldzahlungen war eine Landabtretung in Höhe von 25 bis 50 % an den Gutsbesitzer möglich, oder sofort den 25-fachen Betrag der Jahresabgabe auf den Tisch zu legen.52 Vielfach fehlte das Geld, um Dünger und Technik zu kaufen. Die Flächenreduzierung gab ihnen die Möglichkeit, die Produktion auf den verbleibenden Flä- chen zu intensivieren. Nach dieser finanziellen Regulierung bekamen auch die Bauerngrundstücke einen taxier- ten Wert, da sie freies Eigentum waren und mit Hypotheken belastet werden konnten.

Die Aufhebung der Leibeigenschaft und der Wegfall der Spanndienste beim Gutsherrn führten zu strukturellen Veränderungen der Bauernwirtschaften. Der Pferdebestand wurde reduziert, weil die Gespannarbeiten beim Gutsbesitzer entfielen. Dafür wurden mehr Rin- der und Schafe gehalten. Auch im Feldbau traten Veränderungen ein, besonders bei der 26 Fruchtfolge. Eine Intensivierung der Produktion trat ein. So kamen Kartoffeln, Zuckerrü- ben und Klee, soweit es die Bodenqualität erlaubte, zum Anbau. Der Viehbestand zur Verwertung der Feldbauprodukte entwickelt sich. Um die finanzielle Lage der Familie zu verbessern, nahmen viele Bauernkinder in ande- ren Betrieben eine Tätigkeit auf. Die Industrie und Bauwirtschaft bot im 18. und 19. Jahr- hundert noch nicht ausreichend Arbeitsplätze, so dass sie auch in Gutsbetrieben die Arbeit aufnehmen mussten. Im 20. und in der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts entwickelte sich die Industrie, Bauwirtschaft und das Verkehrswesen recht schnell und nahm viele Bauern- und Arbeiterkinder auf. Einige Mittel- und Großbauern waren im 19. und 20. Jahrhundert finanziell in der Lage, ihre Kinder zu höheren Bildungseinrichtungen zu schicken.

1933 wurden 31,6 % der Flächen des Kreises von Bauern und übrigen Besitzern bewirt- schaftet. Zu diesem Zeitpunkt gab es 337 Bauern, die einen Betrieb von 20 bis 100 ha landwirt- schaftlicher Nutzfläche bewirtschafteten, sie besaßen insgesamt 12403 ha. Von der Größe her konnten sie spezialisierter die landwirtschaftliche Produktion durchführen und waren auch konkurrenzfähiger. Die Hauptproduktionsrichtung lag vorwiegend in der Tierproduktion, bei einigen wenigen Betrieben auch in der Saatgutvermehrung. Diese Betriebe waren in der Lage, modernere Technik zu kaufen und mehr Düngemittel einzusetzen. Sie beschäftigten je Betrieb zwi- schen zwei bis sechs ständige Arbeitskräfte. In den Arbeitsspitzen kamen Saisonarbeits- kräfte zum Einsatz. Einige Bauern hatten ein gesondertes Haus für ihre Landarbeiter ge- baut. Hier trafen Regeln, wie sie bei den Gutsbesitzern geschildert wurden, zu. Es gab weitere 528 Bauernhöfe mit einer Größe von 5 bis 20 ha landwirtschaftlicher Nutz- fläche, die 6219 ha bewirtschafteten. Sie arbeiteten meistens ohne fremde Arbeitskräfte. Der Ausrüstungsstand mit moderner Technik war niedrig, es fehlte hierzu das Geld, zum anderen wurde die Technik nicht ausgelastet. Sie gingen vielfach zur genossenschaftlichen Maschinenhaltung über. Hierbei spielte die Raiffeisengenossenschaft eine dominierende Rolle. Besonders ging es um Drillmaschinen, Dreschmaschinen, Kornreiniger, Zuchtbul- len u.a.m. Außerdem gab es im Kreis noch 416 Kleinbauern, die ca. 900 ha Land bewirtschafteten. Meistens handelte es sich um Handwerker oder Gastwirte, die im Dorf ihrem Beruf nach- gingen und die Landwirtschaft nebenbei betrieben. Es ist davon auszugehen, dass auch ei- nige Pastoren und Landlehrer zu dem Personenkreis gehörten, der etwas Land bewirt- schaftete. Diese Kleinbauern waren auf die Hilfe der größeren Bauern oder Gutseigentümer durch Bereitstellung von Pferden und Technik angewiesen. Die Frauen und Kinder der Klein- und Kleinstbauern erbrachten bei der Hackfruchtpflege oder Ernte die Gegenleistung.

Von der Grundherrschaft zum Gutsbesitzer

Die mittelalterliche Form des Grundbesitzes war die Grundherrschaft. Im Laufe der Zeit erweiterten die Grundherren ihren Flächenanteil für die Eigenbewirtschaftung. Dafür gab es mehrere Gründe. Einerseits wuchs das Interesse allgemein zur Vergrößerung des eige- nen Landwirtschaftsbetriebes zum anderen gab es Zwangslagen zur Sicherung der Be- wirtschaftung wüster Flächen. 27 Durch die Pest- und Seuchenzüge besonders in den Jahren 1348/1350, 1563/1565, 1596/1613, 1637 und 1709/1710 starben viele Einwohner. Höfe und Dörfer wurden men- schenleer. Auch der Dreißigjährige Krieg (1618 bis 1648) wurde, besonders ab 1627, zur Katastro- phe für das Bauerntum in Vorpommern. Hunger, Seuchen, Totschlag und Brandschatzun- gen dezimierte die Bevölkerung auf dem Lande. Verschärft wurde diese Situation durch eine Reihe von Missernten. Die Landflucht nahm zu und es entstanden immer mehr wüste Flächen. Die Adligen beka- men weniger Geld, weil die Zahl der Bauern zurückging. Der Aufbau der zerstörten Bauernhöfe durch die Grundherren war erschwert, weil für Kre- dite bei Lehen nicht ausreichende Sicherheiten für das Geld vorhanden waren. Bei künd- barem Lassbesitz musste der Grundherr die Gebäude und die Hofwehr bezahlen, da sie sein Eigentum darstellten. Die Grundherren bauten nur soviel Bauernhöfe auf wie sie drin- gend für Hand- und Gespanndienste benötigten.

Weitere Gründe zum Aufbau eigener Güter kamen hinzu. - Der Getreideverkauf nahm in Westeuropa an Bedeutung zu und brachte durch die wachsenden Preise einen höheren Betriebsgewinn. - Das Kloster Stolpe wurde aufgelöst und die weitere Bewirtschaftung der Ländereien und Vorwerke waren zu sichern. - Das Bauernlegen wurde forciert, verbunden mit der Einführung der Leibeigen- schaft. - Im weiteren Verlauf erfolgte eine Flurneuordnung und damit Flächenzusammenle- gungen, die vielfach zur Aufgabe von Bauernhöfen führte. Es entstanden geschlos- sene Gutsbetriebe. - Gesteigerte Lebensansprüche des Adels, die mehr Geld verlangten.

Beeinflusst durch diesen Prozess entwickelte sich ab dem 16. Jahrhundert schrittweise die Gutswirtschaft. Ein Übergang von der Grundherrschaft zur Selbstbewirtschaftung des Landes durch den Grundeigentümer oder Lehengeber. In dieser Zeit nahm die Leibeigenschaft der Untertanen gegenüber den Gutsherren zu aber es entwickelte sich auch der Lohnarbeiter, bekannt unter der Bezeichnung Gesinde. Die landlose freie Bevölkerung wurde gezwungen, Gesindedienste auf den Gütern zu Bedin- gungen, die der Gutseigentümer stellte, zu leisten. Die noch vorhandene Landbevölkerung wurde ohne wesentlichen Widerstand der Guts- herrschaft völlig hörig.

Je weniger Bauern es gab desto länger und schwerer mussten sie Dienstleistungen ver- richten. Der Kurfürst von Brandenburg verschärfte 1670 die bereits von 1616 erlassene Bauern- und Schäferordnung, damit bestanden für die leibeigenen Bauern noch härtere Bedingungen. Die Bauern, die in der Phase der Besiedlung von Pommern einstmals frei waren, wurden zum Objekt des Adels. Die Ritterschaft hatte sich zur politischen Kraft in Pommern entwi- ckelt und war bestimmend für die weiteren gesellschaftlichen Prozesse. Die Durchsetzung dieser Politik wurde auch möglich über die Gerichtsbarkeit seitens der Grundherrschaften. Der Hochadel wie König, Kurfürst oder Herzog duldete diesen Prozess und unterstützte ihn rechtlich.

In der Zeit des 16. bis 18. Jahrhunderts wurden viele Ländereien zwischen der Peene und dem Landgraben nicht bewirtschaftet, sie waren wüst. Es wuchsen darauf Unkraut, Sträu- cher oder Bäume. Eine wesentliche Ursache hierfür war die Leistungskraft der ange- 28 siedelten Menschen und die der Zugtiere. Ein Gespann konnte in der damaligen Zeit täg- lich ca. 0,50 ha pflügen, daneben mussten weitere Arbeiten wie die Oberflächenbearbei- tung, Düngung und Aussaat durchgeführt werden. Es war unter Beachtung der klimati- schen Verhältnisse möglich mit diesem Gespann im Jahr ca. 20 ha Ackerland zu bewirt- schaften. Bei einer Dreifelderwirtschaft entspricht dieses einer Betriebsgröße von 30 ha Ackerland. Bei einer Gebietsgröße von ca. 600 ha Ackerland sind dazu 20 Gespanne not- wendig. Da die Pferde oder Ochsen vielfach infolge der Unterernährung nicht 10 Stunden am Tag einsetzbar waren, musste eine höhere Zahl von Zugkräften gehalten werden. Die- ser Zugkräftebestand war zu damaliger Zeit nicht vorhanden. So blieben vielfach Flä- chen, besonders die der Bauern, unbestellt.

Ab dem 18. Jahrhundert wurde die Mehrzahl der Domänen, die sich vorwiegend aus der Auflösung des Klosters Stolpe ergaben, aufgesiedelt oder als Vorwerk an bestehende Gü- ter verkauft. Um 1720 verfügte das Amt Stolpe/Klempenow noch über 16 Dörfer, 9 Güter und 7 Windmühlen.53 Diese Güter wurden preußische Staatsdomänen. 1938 bestanden noch die Staats-Domänen Krien und Dersewitz als verpachtete Güter.

Die Lehngüter des ehemaligen Altkreises Anklam, also südlich der Peene, wurden von König Friedrich Wilhelm II. von Preußen ab 1787 auf der Grundlage des Allodifizie- rungsgesetzes dem jeweiligen Bewirtschafter als Eigentum übertragen54. Zur Erklärung ist zu sagen, dass Lehen nutzbares Eigentum von Land oder eines Grundstücks war, Allod volles Eigentum über das der Besitzer verfügen konnte. Die Eigentümer mussten ab diesem Zeitpunkt jährlich an den Herzog oder König eine Geldsteuer zahlen. Das Land bekam damit eine Wertgröße und war verkäuflich.

Das Gebiet Vorpommerns nordwestlich der Peene gelangte 1815 wieder zu Preußen. Hier galten zuvor nicht die Forderungen der Aufhebung der Leibeigenschaft und Unterlassung des Bauernlegens. Im Zeitraum 1648 bis 1815 ging die Anzahl der Bauernwirtschaften er- heblich zurück, dafür stieg der Anteil des Großgrundbesitzes an der Gesamtwirtschafts- fläche. In einer vorliegenden Statistik über Schwedisch-Pommern wurden für 1782 2000 Bauern- stellen angegeben und 1837 nur noch 715,55 innerhalb von 55 Jahren ein Rückgang der Betriebe um 64 %. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts verstärkte sich der Trend zum Bau- ernlegen durch Bodenspekulationen. Ganze Dörfer wurden von Adligen aufgekauft, die Bauern gelegt und im Endergebnis große Güter geschaffen, die mit Gewinn verkauft wur- den.

Für den Altkreis Anklam ist auffällig, dass sich die meisten Güter auf Standorten mit bes- serem Boden befanden und viele Klein- und Mittelbauerndörfer wie Wusseken, Ru- benow, Rathebur, Wussentin, Kalkstein, Görke und Drewelow leichte Böden hatten. Die Vermutung liegt nahe, dass sich die Lokatoren zur Eigenbewirtschaftung die besten Ländereien aussuchten und die Großgrundbesitzer im späteren Verlauf über den Zwangs- weg Flächenaustausche durchführten. Klein- und Mittelbauern mit besseren Böden muss- ten dem Gutsbesitzer das Land im Austausch zur Verfügung stellen. 29 Vom adligen Gutsherren zum kapitalistischen Landwirt

Der Steinsche Regierungserlass von 1807 löste die Umwandlung des alten feudalen geteil- ten Eigentums in ein freies Eigentum aus. Es war die Beschränkung für den Eigentumser- werb an Rittergüter gefallen. Auch Bürgerliche konnten diese Betriebe ohne die Genehmi- gung des Königs erwerben. Nach dem Regulierungsedikt vom 14.09.1811 hatten sich die Gutsherren und Bauern über die Umwandlung des Lehensverhältnisses in Erbpacht und Erbzins sowie der Art und Weise der finanziellen Regelung zu verständigen. Viele Bauern gaben in diesem Regulie- rungsprozess Land an den Gutsbesitzer ab, um künftig als freier Bauer wirtschaften zu können. Es entfielen auch die Hand- und Gespannleistungen für das Gut.

Eine Verschmelzung von adligem und nichtadligem Besitz vollzog sich. Eine Reihe bür- gerlicher Personen setzten ihr Kapital in der Landwirtschaft ein. Hier begann das Zeitalter der kapitalistischen Landwirtschaft. Es vollzog sich der gesell- schaftliche Übergang vom adligen Gutsbetrieb zum kapitalistischen Unternehmen. Die Güter mussten jetzt aus eigener Kraft die Ökonomie gestalten und waren mehr an die gesamtgesellschaftliche Entwicklung angebunden. Über staatliche Hilfen und finanzielle Unterstützung in Form zinsgünstiger und zeitweili- ger tilgungsfreier Kredite wurde versucht, umfangreiche Betriebskonkurse zu vermeiden. 1781 erfolgte die Gründung der hinterpommerschen Kreditanstalt mit Sitz in Stettin un- ter dem Namen Landschaft. Hierbei handelte sich um ein Kreditinstitut, das auf eine Gemeinbürgschaft des gesamten adligen Grundbesitzes Pommerns basierte. Über diese Krediteinrichtung kamen die adli- gen Gutsbesitzer zu Krediten mit geringen Zinssätzen. Sie konnten mehr Wirtschaftsge- bäude bauen und Technik kaufen. Dieses Kreditinstitut war eine wesentliche Einrichtung, die den wirtschaftlichen Aufschwung förderte.

Diese neue Wirtschafsform löste Initiativen zur schnellen Erhöhung der wirtschaftlichen Leistungen aus. Wirtschaftliches Können, Leistungen und Glück waren bedeutungsvoll bei der Entfaltung der gesellschaftlichen Kräfte. In dieser Zeit traten größere Veränderungen in der Organisation der landwirtschaftlichen Produktion ein. Wüste Flächen wurden urbar gemacht, eine veränderte Fruchtfolge einge- führt, Meliorationsmaßnahmen in größerem Umfang durchgeführt, Ackerflächen stärker entsteint, der Viehbestand zur besseren Verwertung pflanzlicher Produkte und Nutzung des Grünlandes erweitert. Auch der Aufbau von Wirtschaftsgebäuden wurde forciert.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gingen die Getreidepreise infolge von Billigim- porten aus Nordamerika und Russland erheblich zurück, so dass die Erzeugung im Land- wirtschaftsbetrieb für den Verkauf unrentabel wurde. Es musste deshalb die Struktur der landwirtschaftlichen Produktion verändert werden. Neben der Intensivierung der Getreide- produktion kam es zu einer schnelleren Entwicklung der Viehhaltung, um über diesen Weg das Getreide wirtschaftlicher zu verwerten.

Im 18. und 19. Jahrhundert verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage bei zahlreichen landwirtschaftlichen Betrieben. Es kam zur Verschuldung, was Verpachtung und Pfän- dung zur Folge hatte. Viele Güter wechselten durch Verkauf den Besitzer, sie gelangten in die Hände von Bürgern die geneigt waren, ihr Geld stärker in Landbesitz zu investieren, sie wurden zur Ware. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts gingen zahlreiche Güter des Kreises 30 in bürgerlichen Besitz über, es entstand eine adlig-bürgerliche Gesellschaft. So zum Bei- spiel befanden sich bei den Betrieben über 100 ha Gesamtfläche im Jahre 1939 bereits 40 % der Ländereien in der Hand bürgerlicher Familien56. Damit wurde die alleinige poli- tische Macht des Adels über die Menschen im Territorium eingeschränkt.

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich in der gesamten Volkswirtschaft der tech- nische Fortschritt mit einem zuvor nicht gekannten Tempo. Forschungsergebnisse und neue Erkenntnisse wurden von der Industrie und anderen Bereichen der Wirtschaft schnell produktionswirksam gemacht. Im 20. Jahrhundert erhöhte sich dieser Prozess im Tempo und Umfang. Der technische Fortschritt brachte nicht nur eine Erhöhung der Arbeitsproduktivität und bessere ökonomi- sche Ergebnisse für die Betriebe sondern stellte auch Arbeitskräfte frei, die in die Stadt oder zu Betrieben anderer Wirtschaftsbereiche abwanderten.

Die Landwirtschaft litt in den zwanziger Jahren unter einer hohen Verschuldung. Vielfach wurden die Kreditraten nicht mehr abgezahlt, Reparaturen an Gebäuden unterlassen und niedrige Löhne an die Arbeiter gezahlt. Die Regierung versuchte über verschiedene Maß- nahmen, die Landwirtschaftsbetriebe funktionsfähig zu halten. Die Weimarer Regierung gewährte Anfang der dreißiger Jahre den Großgrundbesitzern und Bauern Entschuldungshilfen unter der Bezeichnung Osthilfe. Bei dieser Entschul- dungsaktion, wo Schulden und Zinsen gestrichen wurden, zogen die Großgrundbesitzer des Kreises den Nutzen, die Kleinbauern profitierten wenig davon. Der Zweite Weltkrieg brachte für die Landwirtschaft erhebliche negative Auswirkungen. Auch sie wurde auf eine Kriegswirtschaft umgestellt. Viele Gutsbesitzer, Inspektoren, Bauern und Arbeitskräfte wurden zum Kriegsdienst eingezogen und starben an der Front.

Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich die Gutswirtschaft zu einer wirtschaftlichen und politischen Kraft im Gebiet zwischen Peene und Landgraben und verfügte über um- fangreichen Besitz an Grund und Boden. Ende des Jahres 1944 besaßen im Altkreis Anklam 22 adlige und 41 bürgerliche Gutsbe- sitzer 36542 ha Land, das entsprach 56,1 % der Kreisfläche (Siehe Anlage 5). Weitere Flä- chen (Wald, Wasser, Flugplatz u.a.m.) in einer Größenordnung von ca. 5600 ha wurden durch den Staat oder andere Körperschaften bewirtschaftet, so dass 64,7 % des Territori- um Großbetriebe waren.

Der Landadel

Bis zum 13. Jahrhundert gab es im Gebiet zwischen der Peene und dem Landgraben nur wenig Adlige, sie waren vorwiegend slawischer Abstammung. Im Gegensatz hierzu leb- ten westlich der Elbe viele adlige Familien, die neue Betätigungsfelder in Europa suchten. Hier bot sich die Christianisierung und Besiedlung des östlichen Raumes von der Elbe an. Sie folgten dem Ruf der Herzöge und Bischöfe von Pommern, Mecklenburg und dem Rit- terorden. Im Verlauf der Jahre verfügte der Adel auch im Gebiet zwischen Peene und Landgraben über einen umfangreichen Besitz an Grund und Boden und über die politische Macht. Er war Herrscher über die hier wohnenden Menschen sowie Träger des Staatsap- parates und Militärs. Zur Herrschaft und Machtausübung wurde vom Adel bis ins 19. Jahrhundert die Position eingenommen, dass diejenigen, die sich des Schwertes bedienen, also die Ritter und Adli- 31 gen, auch die Herrschaftsgewalt im Lande auszuüben haben. Die Geschichte in Pommern bestätigte diese Position..

Es wird vielfach die Frage gestellt, wie es zur Adelsschicht in Mitteleuropa kam. Dazu gibt das Lexikon des Mittelalters „Adel bis Zunft“ folgende Antwort: Zum mittelalterli- chen Adel konnten sich seit dem 10. Jahrhundert diejenigen zurechnen, die einen großen Grundbesitz hatten und die damit verbundene Herrschaft über ihre Untertanen sowie die Kirchenherrschaft ausübten.57 Hier handelt es sich vorwiegend um den Uradel. Der Ur- sprung des Adels kommt aus der agrarischen Gesellschaft.57 Es gab weitere Möglichkeiten den Adelstitel zu erhalten. Verliehen wurde er vom Kaiser, König oder Fürst. Der Kaiser oder König berief vielfach seine wichtigsten Berater in den Adelsstand, bei bestimmten Ämtern ging automatisch eine Erhebung einher. Aber auch über den Weg des Ritters oder bei hervorragenden Leistungen, besonders bei Kriegen, wurde der Adelstitel als Auszeichnung verliehen. Adlige führten in der Regel Wappen und Siegel, waren lehen- und turnierfähig.58 Ab Ende des 16. Jahrhunderts bürgerte sich für den Adel das „von“ vor dem Namen ein.59 Der Adel hob sich durch einen höheren Einfluss auf das öffentliche und wirtschaftliche Geschehen hervor. Im Laufe der Zeit konnte diese gehobene Stellung vererbt werden, was sich bei der Weitergabe von Lehen, Grundbesitz und Adelsrängen zeigte.

Bei den Adligen wurde meistens die Anrede oder Titelbezeichnung Graf gebraucht. Dieser Titel kommt aus England. Er kennzeichnet den Inhaber einer Grafschaft und wurde vom König an führende Adelsgeschlechter verliehen. Der Graf war ein königlicher Amtsträ- ger, der in einer Verwaltungseinheit die königlichen Hoheitsrechte ausübte. In Deutschland wurde dieser Titel von einigen Adligen übernommen und verbreitete sich über die Erbfolge. Die Bezeichnung Graf wurde immer stärker, auch privatrechtlich, als Standesbezeichnung benutzt. Die Ehefrau, auch wenn ihre Vorfahren nicht den Grafentitel trugen, wurde als Gräfin angesprochen, die unverheiratete Tochter seit dem 17. Jahrhun- dert als Comtesse. Nicht nur über den Besitz von Land und Macht zeichnete sich der Landadel ab, auch über den Lebensstiel, Umgangsformen, spezifische Traditionen, Bildung, Kultur und anderes mehr.

Der Besitz und das Vermögen des Landadels entwickelten sich differenziert. Es gab Fami- lien, die im Kreis unter sehr einfachen Verhältnissen lebten, vielfach im 16. Jahrhundert nicht lesen und schreiben konnten60, andererseits Familien mit großen Besitzungen. Es lag am Geschick des Großgrundbesitzers, wie er durch Vereinnahmen wüster Flächen, Vertreibung leibeigener Bauern von ihren Betrieben, Kauf weiterer Ländereien und Be- triebe sowie wirtschaftlichen Erfolg seinen Grundbesitz mehren konnte. Im Laufe der Zeit wurden vom König oder Herzog Ländereien an führende Personen, die im Militärdienst standen, als Anerkennung verschenkt oder als Lehen für bestimmte Ver- dienste bereitgestellt. Zu begegnen ist diese Art der Schenkung zum Beispiel bei einigen Familien des Adelsgeschlechts von Schwerin. Begüterte Personen, vor allem Adlige im Staats- oder Militärdienst, kauften Güter. Sie er- hielten für ihre Tätigkeit eine hohe Vergütung oder Abfindung, die Preise für ein Gut und Herrensitz waren verhältnismäßig niedrig.

Die Familiengruppe von Schwerin spielte im Kreis eine große Rolle. Hier handelte es sich um mehrere Familienlinien, die 1939 im Kreis 14777 ha Land in ihrem Besitz hatten, das waren 22,7 % der Gesamtkreisfläche.61 32 . Den Besitzumfang für die einzelnen Familien darzustellen ist recht schwer, weil über Erb- aufteilungen, Flächentausche und erhaltene Schenkungen vieles unübersichtlich blieb. Auf der Grundlage vorliegender weniger Unterlagen sollen trotzdem Besitzverhältnisse der Familien von Schwerin entschlüsselt werden.

Heinrich Ludwig Wilhelm Carl Graf von Schwerin legte in seiner Autobiographie von 1812 folgendes dar:62 Der Großvater war der Feldmarschall Curt Christoph Graf von Schwerin, Erbauer des Schlosses Schwerinsburg. Nach dem Tode seines Vaters erfolgte 1803 die Teilung des Fa- milienbesitzes. Heinrich Graf von Schwerin erhielt die Güter und Vorwerke Putzar, Sophienhof, Sarnow, Glien, Wendfeld, Boldekow, Bornmühl und die dazu gehörenden Holzungen. Sein Bruder Carl Graf von Schwerin erhielt die Güter Busow, Ducherow und Louisenhof. Sein Bruder Curt Graf von Schwerin erhielt die Güter und Vorwerke Schwerinsburg, Wer- der, Löwitz und Wusseken. Weitere Geschwister wurden mit Geld abgefunden. An einer anderen Stelle seiner Autobiographie wird gesagt, dass er 1812 das Gut Schwer- insburg zusätzlich übernahm, weil sein Bruder Curt Graf von Schwerin die Zinsen nicht mehr bezahlen konnte und das Gut in die Zwangsverwaltung kam. Keine Aussage wird bei dieser Erbteilung zu den Gütern und Vorwerken Zinzow, Borntin, und Kavelpaß gemacht, die auch zu diesem Lehen gehörten. Die Gesamtfläche der Erbaufteilung lag über 7000 ha, die sich in der Hand des Erbauers des Schlosses von Schwerinsburg befand.

Eine weitere Information über Maximilian Heinrich Graf von Schwerin (1804 – 1872), un- ter dem Namen Graf von Schwerin – Putzar, sagt aus,63 dass Graf „Max“ die Güter Putzar mit Charlottenhorst, Glien, Boldekow, Zinzow mit Rubenow, Borntin und Kavelpaß be- saß. Nach seinem Tode erbte sein Sohn Heinrich Friedrich, geboren 1836, die Güter.

Altwigshagen ist geschichtlich eng verbunden mit dem Adelsgeschlecht von Borke. Im 13. Jahrhundert war dieser Ort einer der ersten, in dem Vertreter der Familie von Schwe- rin sesshaft wurden. In welchem Umfang hier Bauern angesiedelt wurden, ist aus den vorliegenden Chroniken nicht erkennbar. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sich auch in diesem Ort Bauern sesshaft machten, die Waldrodungen durchführten und Land für den Ackerbau urbar machten. Die Neuerschließung von Land für die landwirtschaftliche Produktion wurde all- gemein nicht vom Landadel durchgeführt sondern von den Bauern. . Durch Erbteilungen, Verkäufe und Vergleiche verlor der Name „von Schwerin“ in Alt- wigshagen und Umgebung an Bedeutung. 1677 tauschte der Oberst Bogislav von Schwe- rin den Altwigshagener Besitz gegen Güter des Georg Friedrich von Borke in Hinterpom- mern64 ein. Hierbei handelte es sich um die Güter Altwigshagen, Demnitz und Lübs. Als Begründung für diesen Tausch wird angegeben, dass Bogislav von Schwerin damit sein Lehnverhältnis zum schwedischen König, der ein Feind seines Kurfürsten von Preußen war, lösen wollte. Die Nachkommen von Borke erwarben später Heinrichshof, Annenhof, Luisenhof, Finkenbrück, Millnitz, Neuendorf, Curtshagen64 und Auerose.

Neetzow spielte in der Geschichte des Landadels im Kreis ebenfalls eine größere Rolle. Im 15. Jahrhundert war die Familie von Heydebreck mit dem Land belehnt. 1671 erhielt Bernhard Müller von der Lühne, ein schwedischer Offizier, diesen Betrieb als Lehen. 1842 wird Wilhelm von Kruse, der bereits Herr vom Gut Gramzow war, als Gutsbesitzer von Neetzow genannt.65 Der Prozess der Erweiterung des eigenen Gutes über wüste Flä- 33 chen, Enteignungen und Aufkauf von Bauernhöfen vollzog sich vermutlich im Zeitraum des 15. bis 17. Jahrhunderts, so dass von Kruse das Gut Neetzow voll kaufen musste. Einige Adelsgeschlechter wie von Lindstedt, von Kaseke, von Lüskow, von Heydebreck oder von Köppern sind ausgestorben bzw. haben den Kreis verlassen. Andere Adelsfamilien kamen in den Kreis. Hier wären die Familien von Eichstädt, von Below, von Heyden-Linden und von Behr zu nennen.

Im Mittelalter brachten Mitglieder der Adelsfamilie von Schwerin auch Unruhen und Streit um das Streben nach größerer Macht und Reichtum ins Peenegebiet. Sie führten ih- ren Kampf besonders gegen die Stadt Anklam. Der Historiker Heinz Bemowsky hat in Ar- chiven dazu Aussagen und Beispiele über diesen Streit gefunden66 und sie der Öffentlich- keit kundgetan.

Die ersten Fehden mit der Stadt Anklam führte die Adelsfamilie von Schwerin-Spantekow im Zeitraum 1364 bis 1370. Der Grund für diesen blutig geführten Kampf waren Schmäh- reden und gegenseitige Forderungen. Durch die Vermittlung des Herzogs wurde dieser Kampf beendet. 1380 folgte eine weitere Fehde des Adligen von Schwerin-Altwigshagen gegen die Stadt Anklam. 1392 begann der Grundherr von Schwerin-Spantekow seinen nächsten Kampf gegen die Stadt. 1417 hatten die Anklamer Heinrich von Schwerin-Spantekow gefangen genommen und wurde in den Pulverturm Anklam eingesperrt. Vor der Entlassung musste der Adlige von Schwerin Urfehde schwören, dass er sich nicht mehr an der Stadt rächen wird. Diesen Schwur brach er 1457 und führte erneut Fehden gegen die Stadt, die bis 1461 andauerten. In der Nähe von Drewelow kam es 1459 zu einem blutigen Kampf, den die Anklamer ver- loren und erhebliche Verluste hinnehmen mussten.

Am 26. Juni 1461 kam es zu einer weiteren blutigen Auseinandersetzung, bei der die Rit- ter von Schwerin-Spantekow den Kampf verloren. Gefangen genommen wurden Arend von Schwerin und Andreas von Schwerin. Im Zeitraum 1482 bis 1486 fand die letzte Auseinandersetzung zwischen dem Adligen von Schwerin-Altwigshagen und der Stadt Anklam statt.

Vor dem 17. Jahrhundert haben nur wenig Adlige ihre Güter persönlich geleitet. Weitge- hend hatten sie keine landwirtschaftliche Ausbildung, kamen vom Militär oder waren Be- amte des Herzogs. Viele Güter und Vorwerke waren verpachtet oder es wurden Verwalter eingesetzt. Wichtig war, dass die Adelsfamilie Geld erhielt, um ihre Ausgaben bestreiten zu können. Erst ab Mitte des 17. Jahrhunderts wurden mehr Güter von ihren Eigentümern verwaltet. Beim Landadel wuchs die Erkenntnis, dass der Eigentümer eines großen Landwirtschafts- betriebes auch über ausreichendes Fachwissen und Organisationstalent verfügen musste um einen hohen Profit erwirtschaften zu können. Die Söhne der Gutsbesitzer wurden in entsprechende Bildungseinrichtungen geschickt, um später den Betrieb zu leiten.

Im Landbuch des Herzogthums Stettin67 wird von bestehenden Rittergütern gesprochen. Es muss erstmals davon ausgegangen werden, dass bei der Ansiedlung oder in der späte- ren Phase des Übergangs zur Gutswirtschaft dieser Status für das Gut bestand. Seit dem 16. Jahrhundert entfiel für den Ritter die Heerfolge, jedoch konnte er noch bis 1755 die Steuerfreiheit nutzen.68 34 Einige Güter wie Preetzen, Neetzow, Steinmocker, Stretense, Altwigshagen und Rossin bezeichneten sich noch bis 1945 als Rittergut.

Der Besitz von Rittergütern war im späten Mittelalter dem Adel vorbehalten. Wollte ein Bürgerlicher Anfang des 18. Jahrhunderts einen Betrieb erwerben, bedurfte es hierzu der Genehmigung des Königs. Diesem Besitzer blieb jedoch die Landstandschaft und Aus- übung der Gerichtsherrschaft versagt.69 Der gesellschaftliche Prozess im Zeitraum des 12. bis 19. Jahrhunderts ließ erkennen, dass der Adel stets bemüht war, seine politische und wirtschaftliche Macht zu erhalten. Auch wenn die preußischen Könige einige politische Maßnahmen zur Verbesserung der wirt- schaftlichen und sozialen Situation der Bauern einleiteten, dann jedoch nur soweit, dass die Macht des Adels weiterhin gesichert blieb. Die Gutsherren traten weitgehend als Patron von Kirche und Schule auf, sie hatten Ein- fluss und Macht auf den kirchlichen sowie schulischen Bereich. Auch wenn das Geld knapp war, so war der Gutsbesitzer Herr über seinen Betrieb, über das Dorf und seine Untertanen, auch im rechtlichen Sinne Herr der Bauern. Das Herren- tum und die Rangordnung waren ausgeprägt und wurden mit allen Mitteln, die dem Adel und Bürgertum zur Verfügung standen, verteidigt. Der Einfluss des Gutsbesitzers ging bei seinen Untertanen soweit, dass er bei Eheschlie- ßungen sein Mitspracherecht geltend machte um zu verhindern, dass diese seinen Ein- flussbereich verließen.

Eine große Rolle im Leben des Landadels spielte die Jagd. Im Kreis befanden sich ca. 8900 ha Wald, davon ca. 5800 ha im Bereich des Großgrundbesitzes mit Wildbeständen, insbesondere Hirsche, Rehe, Wildschweine und Niederwild. Eine Reihe der Güter hatten Förster und Heger im Anstellungsverhältnis. Große Jagden fanden als besondere Ereignis- se im Jahr statt, wo sich viele Adlige trafen. Die Bauern und später auch die Landarbeiter mussten das Wild vor die Waffen der Adligen treiben. .

Schlösser, Burgen und Gutshäuser

Bei der Einwanderung der ersten deutschen Adligen zur Einführung des Christentums und der Besiedlung mit deutschen Bauern gab es nur die Burg Spantekow, die vermutlich im Zeitraum von 1172 bis 1225 von den Wenden erbaut wurde. Eine eindeutig urkundliche Bestätigung für diese Bauzeit gibt es nicht. In Putzar sollte Anfang des 14. Jahrhunderts durch das Adelsgeschlecht von Schwe- rin ein Schloss gebaut wer- den, was jedoch 1306 wegen der Nähe zur Mecklenburgi- schen Grenze durch den Her- zog untersagt wurde. Es durf- te nur ein Burgfrieden auf schlichter Erde ohne Graben errichtet Ruine Schloss Putzar / Foto: 2004 werden. 35 Die Adelsfamilie von Schwerin - Spantekow machte neben Spantekow auch Putzar zum Sitz. Ulrich von Schwerin ließ vermutlich 1470 auf den Fundamenten des im 14. Jahrhun- dert begonnenen Baus das erste Schloss errichten, bekannt unter dem Namen Ulrichsbau. Um dieses Gebäude wurde ein Graben gezogen und eine Mauer errichtet. Bereits um 1840 war es zur Ruine verkommen. 1577/80 wurde ein zweites Schloss, der Joachimsbau, errichtet und 1753 um ein Stockwerk erhöht. Zum Bau dieser Häuser wurden sehr viele Feldsteine verarbeitet.

Die eingewanderten Grundherren mussten sich zunächst mit einfachen Wohnhäusern be- gnügen. So schaffte sich Oldag von Schwerin in Altwigshagen eine Unterkunft, in Müg- genburg entstand um 1355 eine Burg.

Im 16. Jahrhundert entwickelte Ulrich II. von Schwerin-Spantekow und Putzar größere Aktivitäten im Baugeschehen. Im Zeitraum 1558 bis 1567 ließ er in Spantekow eine neu- zeitliche Festungsanlage als Wasserburg errichten. Im Zeitraum 1576 bis 1579 ließ Ulrich II. von Schwerin zwischen Janow und dem Alten Landgraben auf einem Hügel die Veste Landskron errichten, fast gleichlaufend mit dem Jachimsbau in Putzar. Hier handelte es sich um ein befestigtes Renaissanceschloss, das durch wasserführende Gräben und Erdwälle geschützt war. Diese Burg wurde bald zur Ruine. Die Leistungen dieses Adligen sind bewunderungswürdig. Geld und menschliche Arbeits- leistungen waren erforderlich und Organisationstalent wurde vom Bauherrn abverlangt.

Bis zum 18. Jahrhundert wurden wenige Schlösser und große Gutshäuser errichtet. Eine Ursache hierfür könnte Geldmangel gewesen sein. Aus dem Zins für die vergebenen Lehen konnten keine großen Reichtümer geschaffen werden. Weitere Grundherren und Adlige wohnten in kleineren Häusern. Im Zeitraum des 16. bis 18. Jahrhunderts entstanden einige Gutshäuser und Schlösser, be- sonders zu nennen wären: Schloss Schwerinsburg, (1720/33) Gutshaus Busow (1. Bauabschnitt) Baujahr ( 1786 ) Gutshaus Dargibell ( 1651 ) Gutshaus Blesewitz (Um 1700 )

Ab Anfang des 19. Jahrhunderts zeichnete sich die Tendenz ab, bevorzugt den erwirt- schafteten Betriebsgewinn zum Aufbau oder zur Modernisierung von Schlössern und Herrenhäusern einzusetzen. Im Altkreis Anklam entstanden seit dieser Zeit eine Reihe großer Herrenhäuser oder Schlösser bzw. wurden zeitgemäß modernisiert. Das hängt ein- mal mit der Blütezeit der Gutswirtschaft zusammen, zum anderen war die Zeit ab 1820 bis zur Reichsgründung 1871 eine Epoche der ausgesprochenen Agrarkonjunktur. Diese schuf vielfach den notwendigen Rahmen für die Errichtung von repräsentativen Gutsanla- gen neben Schlössern und Parkanlagen sowie moderner Produktionsanlagen. Auch sollte beachtet werden, dass 1781 die pommersche Landesbank gegründet wurde, die finanzielle Unterstützung gewährte.

Folgende Häuser können hier als Beispiel genannt werden: Herrenhaus Janow (1870/77) Schloss Auerose (1848/49 ), (Ergänzung 1902/03) Schloss Neetzow (1848 /51) Herrenhaus Rossin (Um 1860) Schloss Altwigshagen (Um 1866 ) 36 Schloss und Burg Spantekow, Erneuerungs- und Erweiterungsbauten (1899/1901) Schloss Müggenburg (1889/91) Herrenhaus Steinmocker (Anfang des 19. Jahrhunderts) Herrenhaus Ducherow (1872/73) Herrenhaus Stretense (Fertigstellung 1886) Schloss Sophienhof (Fertigstellung 1880) Schloss Löwitz (1880/81) Schloss Schmuggerow, (Baujahre 2. Hälfte 19. Jahrhundert) Herrenhaus Neuenkirchen (Ende 19. Jahrhundert) Schloss Zinzow (1908/09) Außerdem wurden im Laufe der Zeit weitere Herrenhäuser und Schlösser modernisiert oder erweitert. Eine nähere Betrachtung der Standorte der Schlösser lässt erkennen, dass das Umfeld viel- fach abgeschlossen und eine Begegnung mit den Untertanen nicht so schnell möglich war. Zu den Schlössern und Herrenhäusern gehörte in der Regel auch ein Park. Meistens war er auf einer Fläche von zwei bis zehn ha ausgelegt.

Einige wenige weitere Ausführungen über die errichteten Schlösser und Parkanlagen. Das größte Schloss des Kreises stand in Schwerinsburg und gehörte der Familie von Schwerin, letzter Besitzer war Eberhard Graf von Schwerin. Es hatte ca. 100 Zimmer. Jede der zwei Etagen der Vorderfront des Schlosses hatte 28 Fenster, auch das Dachge- schoß war ausgebaut. Es gab einen großen Festsaal, eine Kapelle, viele Gemälde von be- rühmten Künstlern, eine große Parkanlage mit zahlreichen ausländischen Baumarten und dazu einen künstlich geschaffenen Kanal, der eine Insel im Park umfloss.

Dieses Schloss wurde von 1720 bis 1733 vom Bauherrn Curt Christoph Graf von Schwerin erbaut. Der Bau- meister hierzu ist nicht be- kannt. Bei einem Besuch des Königs „Friedrich Wilhelm I.“ im Jah- re 1733 war dieser von dem Prunkschloss überwältigt und verlieh dem Ort den Namen Schwerinsburg. Schloss Schwerinsburg, am 29. April 1945 abgebrannt. Aufnahme aus dem Jahre 1930 /Postkarte Bei dem Schloss einschließlich der Parkanlage ist die Größe und künstlerische Ausstat- tung so, dass die Adelsfamilie einen Vergleich mit fürstlichen Bauten nicht zu scheuen brauchte. Die Gelder und Leistungen für das Schloss wurden vermutlich aus dem Besitz der Ge- samtlehen, die zu diesem Zeitpunkt über 7000 ha Flächen lagen, erbracht.

Das Schloss Neetzow, das 1848/51 von der Familie Wilhelm von Kruse im neugotischen Baustil englischer Landsitze mit gelben Klinkersteinen zum Teil dreigeschossig errichtet wurde, ist ein großer Bau mit einem Mittelturm, kleinen Ecktürmen und Veranden. Als 37 Baumaterial fanden gelbe Hartbrandsteine einer sehr guten Qualität aus der gutseigenen Ziegelei Verwendung. Neben dem Schloss entstand im 19. Jahrhundert ein englischer ca. 20 ha großer Land- schaftspark. Die finanzielle Grundlage für den pompösen Bau und die Gestaltung des Parks schufen vermutlich die Güter und Vorwerke mit einer Gesamtfläche von über 3000 ha. Die Wald- fläche wird in einer ande- ren Veröffentlichung70 mit 12900 Morgen angegeben. Der Gutsbesitzer „von Kru- se“ befand sich 1893 mit seinen 5 Betrieben in der Liste der 50 größten Guts- besitzer Pommerns. Letzter Eigentümer war Wolf- Eginghard von Kru- se. Schloss Neetzow Foto: 2004 Ab Ende des 18. Jahrhunderts kam ein Umbruch in die Lebens- und Wohnkultur. Dieser Prozess kann nicht schlechthin aus der ökonomischen Entwicklung der Landwirtschaft er- klärt werden. Es ging um die Demonstration der politischen und wirtschaftlichen Macht des Adels und des heranwachsenden Großbürgertums auf dem Lande.

Erst ab Ende des 19. Jahrhunderts kam mehr Geld zum Aufbau modernerer Wirtschaftsge- bäude sowie zum Ankauf von Technik für die Feldwirtschaft und den Transport zum Ein- satz. Zum einen konnte über den Einsatz besserer Technik ein höherer Profit gegenüber der Beschäftigung von Fremdarbeitskräften erbracht werden. Zum anderen wanderten Ar- beitskräfte aus den Dörfern zur wachsenden Industrie über, so dass dem Gutsbesitzer we- niger Landbevölkerung für die Bewältigung der Arbeiten zur Verfügung stand.

Die Bewirtschaftung der Herrenhäuser, Schlösser und Burgen mit einer größeren Anzahl von Zimmern, Nebenräumen und Parkanlagen erforderte einen hohen Personalbestand, der Betriebskosten verursachte. Ein weiterer Kostenfaktor waren die Festlichkeiten und Empfänge der Gutsbesitzer. Das Geld hierfür war vom Betrieb zu realisieren und erforderte einen zusätzlichen Finanzbe- darf. Zu beachten ist, dass einige Adelsfamilien einen üppigen Lebenswandel führten mit Badekuren, Konzertbesuchen u.a.m. Der Adel ließ architektonisch repräsentative Bauwerke errichten, die künstlerisch wertvoll eingerichtet waren und als Ausdruck des Könnens und Fleißes der Menschen damaliger Zeit zu werten sind. Auch wenn die Familien von Schwerin, von Kruse, von Borke oder von Heyden-Linden mehrere Güter besaßen kommt die Frage auf, welche Quellen und Möglichkeiten zur fi- nanziellen Sicherung dieser Vorhaben und extremen Vermögensanhäufungen beitrugen. Es gab eine Reihe von Gutsbesitzern, die sich mit einem kleineren Herren- oder Gutshaus zufrieden gaben. Sie waren nicht arm, mussten aber sehr genau rechnen und sparsam wirt- schaften. Wer das nicht konnte, hielt sich nicht lange auf seinem Gut.

Wohl ging Ende 1918 die geschichtliche Epoche des Großadels in Deutschland zu Ende, die wirtschaftliche Macht auf dem Lande blieb aber zum Teil bis 1945 erhalten. 38

Militär und Adel

In der Zeit der Besiedlung von Pommern vergaben die Herzöge an Ritter und Adlige Land oder Güter auch mit der Bedingung, Kriegsdienste zu leisten. In dieser Zeit entstan- den viele Lehen-Rittergüter. Bei einem Krieg musste der Ritter mit einer ausgewählten Anzahl von Untertanen dem Herzog Folge leisten. Ab dem 16. Jahrhundert entfiel diese Heeresfolge für den Landes- herrn, weil es Söldnerheere gab.

Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Armeeführung eine Domäne des Adels und entwi- ckelte sich für viele Adlige zum Beruf und Quelle guter Einkünfte. So stellte der Adel bis Anfang des 19. Jahrhunderts in Preußen die Offiziere für das Heer. Zum Beispiel entstammten um 1860 2/3 der Offiziere aus Adelsfamilien. Der Offiziers- korps, dem sie in der Regel angehörten, war der anerkannte erste Stand im Staate der die Aufgabe hatte, die Staatspolitik des Adels durchzusetzen. Bis zum Ende des 1. Weltkrieges veränderte sich die Zusammensetzung des Offiziers- korps nicht zu stark. Auch im Zeitraum 1933 bis 1945, in dem die Diktatur des Faschis- mus existierte, waren Adlige des Kreises im höheren Militärdienst.

Bei der geschichtlichen Betrachtung des Adelsgeschlechtes von Schwerin wird von den Angehörigen dieser Familien hervorgehoben, dass viele ihrer Mitglieder im Armee- oder Staatsdienst tätig waren. Der Vorsitzender des Familienverbandes Curd Christoph von Schwerin erklärte auf dem Treffen im Jahre 2002, dass 31 Söhne des Geschlechts von Schwerin den Generalsrang erreichten.71 Zu Beginn des 2. Weltkrieges gehörten 8 Ange- hörige des Geschlechts von Schwerin zum Offizierskorps der deutschen Wehrmacht, dar- unter drei Generäle. Die preußischen Könige betrachteten den Landadel als eine wichtige politische Säule des Staates und achteten darauf, dass die wirtschaftliche Basis des Landadels geschützt wur- de. Der Verkauf eines Rittergutes an einen Bürgerlichen bedurfte der Genehmigung des Königs. Entsprechend der agrarischen Struktur des Landes stammten die Soldaten meist aus den Kreisen der ärmeren Bauern und ländlichen Unterschichten (wie Deputanten und Knechte). Die übrigen Bevölkerungsschichten waren zum großen Teil vom Militärdienst befreit vor allem angesessene Bauern, Gewerbetreibende und Handwerker aller Art sowie Bürger mit einem bestimmten Mindestvermögen. Die Armee eröffnete den Adligen die Möglichkeit, ihren Söhnen eine qualifizierte Ausbil- dung im Kadettenkorps zukommen zu lassen. Wer diesem beitrat, musste sich in den un- teren Rängen zunächst mit einem niedrigen Sold im Monat zufrieden geben. Zusätzliches Geld vom Elternhaus war notwendig, um das standesgemäße Leben finanzieren zu kön- nen. In Friedenszeiten erfolgte die Beförderung nach den Kriterien des Dienstalters, so dass der Kapitänsrang zur Übernahme einer Kompanie erst mit 15 Jahren Dienstzeit mög- lich war. Die Literatur72 gibt als Monatssold für einen Kapitän ca. 30 Taler an. Da die Kompanie als wirtschaftliche Einheit behandelt wurde, konnte der Kapitän für sich einen zusätzlichen Gewinn erwirtschaften, der bis zu ca. 2000 Taler im Jahr betragen konnte.72 Es gab Beispiele72, wo Gutsbesitzer, die zugleich Kapitän waren, sich bemühten, viele ei- gene Gutsuntertanen für ihre Kompanie zu gewinnen, um neben der Einsparung von Wer- bungskosten auch billige Arbeitskräfte für Saisonzeiten im Landwirtschaftsbetrieb zu ha- ben. Sie gaben diesen Soldaten Urlaub, um sie im eigenen Betrieb zur Arbeit einzusetzen. 39

Mit höherem militärischem Dienstrang stieg auch der Jahressold. So erhielt Mitte des 18. Jahrhunderts ein Major 750 bis 800 Taler oder ein Rittmeister 1080 Taler.73 Für eine Reihe von Söhnen des Landadels war über die staatliche finanzielle Hilfe die be- rufliche Entwicklung gesichert. Bis zur Übernahme des Eigentums der Eltern konnten sie eine standesgemäße gute berufliche Entwicklung machen und auch, wenn sie nicht zu üp- pig lebten, Geld ansparen. Es gab hierzu im Kreis einige Beisiele. So kaufte74 der ehemali- ge Kommandeur eines Dragonerregiments in , Graf Otto von Schwerin, 1761 das Gut Dargibell für 15000 Taler. Adlige wurden durch den König für besondere Leistungen mit Besitztümer belohnt, so auch der ehemalige preußische Generalfeldmarschall Curt Christoph Graf von Schwerin (- 1757). Er erhielt für die gewonnene Schlacht bei Mollwitz ein Vorwerk bei Ducherow geschenkt.

Weitere Fakten zur Rolle des Militärwesens aus dem Kreis. Ab 1728 waren im Anklamer Raum mit zeitlicher Unterbrechung Soldaten und Offiziere stationiert. Vielfach hatten sie ihre Unterkunft in Bürgerhäusern. In der Brüderstrasse wur- de 1728 ein Lazarett gebaut und die Heilige-Geist-Kirche diente ab 1740 als Garnisons- kirche.75

1813 wurde in Preußen die Landwehr eingeführt. Hier dienten alle wehrpflichtigen Män- ner im Alter von 17 bis 40 Jahren, die nicht zu den regulären Militäreinheiten eingezogen wurden oder als Freiwillige dienten. Im gleichen Jahr wurde in Anklam ein Landwehrba- taillon gebildet, das bei der Völkerschlacht bei Leipzig (1813) zum Einsatz kam.76 Weite- re Einsätze dieser Einheit waren 1866 in Sachsen und im Krieg 1870/71.77 Die Mehrzahl der Soldaten der Landwehr waren Bauernsöhne, Knechte und Tagelöhner. Die Einheit lief unter der Bezeichnung 3. Bataillon des Landwehrregiments Nr. 2 und hatte bis 1919 in Anklam ihren Stabssitz. Das Kommandantenhaus stand am Markt. 1870/71 wurden die königliche Kriegsschule und dazu ein Lazarett erbaut, wo bis 1919 Fähnriche ausgebildet wurden. Ab 1919 bis 1936 gab es in der Stadt keine militärische Einheit. Sie gewann erst nach der Stationierung einer Luftwaffeneinheit an Bedeutung.

Im Zeitraum 1939/40 wurde neben der Kriegsschule ein Wehrmachtsgefängnis errichtet.78 Ab 1940 wurden dort die ersten Häftlinge aufgenommen, nicht nur kriminelle Straftäter sondern auch Kriegsdienstverweigerer und Fahnenflüchtige. Mehrere tausend Personen wurden durch die Militärjustiz durch dieses Gefängnis geschleust.78 Ca. 140 Personen von ihnen sind in Anklam hingerichtet worden.78

Die Zugehörigkeit zum Militär spielte auf den Gütern vielfach eine Rolle. Die strenge Disziplin des Heeres mit seinen Strafen traf auch die Untertanen auf dem Gutshof oder den Bauern. Einige Adlige ließen sich von ihren Untertanen im Offiziersrang ansprechen. So konnte die Situation entstehen, dass der Offizier beim Militär auch im zivilen Leben ihr Vorge- setzter war.

Zur Förderung des Soldatentums wurden in der Stadt und in zahlreichen Gemeinden Krie- gervereine gebildet, denen gediente Soldaten und Offiziere angehörten. Es waren lose Vereinsgemeinschaften, die das Soldatentum pflegten. Am 10.08.1871 wurde in Anklam der erste Verein gebildet, bis 1905 waren es im Kreis 12 mit ca. 1500 Mitglieder.79 In der Folgezeit kamen weitere Vereine dazu. 40

Neben dem Einflussbereich Armee konzentrierte sich der Adel auf die Besetzung wichti- ger Leitungsfunktionen im staatlichen Bereich, beispielsweise auf Provinzialebene und im Auswärtigen Dienst. Besonders Söhne die kein Land erbten, übernahmen diese Tätigkei- ten. Sie besuchten entsprechende Bildungseinrichtungen. Auch wenn aus dem Militärdienst ausscheidende Offiziere keine ausreichende Ausbildung für einen Beruf in der Verwaltung oder Wirtschaft aufweisen konnten, waren sie für viele Aufgaben geeignet. Durch den anerzogenen militärischen Drill und Gehorsamkeit trugen sie zur Verwirklichung der Aufgaben des Adels im Staatsdienst oder in der Wirtschaft bei.

Die Organisation und Leitung der Güter

Viele Güter setzten sich aus den Betriebsteilen Gut und Vorwerk zusammen. Vorwerke stellten kleinere Betriebseinheiten dar, hier wurde meistens nur Ackerbau be- trieben oder Schafe gehalten. Zum Beispiel war Zinzow ein Stammbetrieb, dazu gehörten die Vorwerke Kavelpaß und Borntin.

Die Leitung eines Vorwerkes erfolgte von einem Inspektor oder Statthalter. Dieser war dem Verwalter des Hauptgutes unterstellt und sammelte auch die Daten für den Prokuris- ten. Viele Gutsbesitzer des Kreises waren, besonders in den zurückliegenden Jahrhunderten, Politiker oder Offizier beim Militär, kein ausgebildeter Landwirt und damit auf eine Lei- tungsfachkraft angewiesen. Ab Mitte des 18. Jahrhunderts wuchsen die wirtschaftlichen Anforderungen in einem landwirtschaftlichen Betrieb.

Bei den Gütern gab es im Kreis weitgehend folgende Hierarchie: An der Spitze stand der Eigentümer. Er hatte für die Leitung jedes Gutsbetriebes einen In- spektor oder Verwalter eingesetzt. Dieser vertrat in vielen wirtschaftlichen und rechtli- chen Fragen in Vollmacht den Eigentümer. Dem Inspektor zur Seite stand der Statthalter, der für die Organisation und den Ablauf in der Feldwirtschaft zuständig war. Er teilte die Arbeiten ein und kontrollierte ihre Durch- führung vor Ort. Weiterhin gab es Melkermeister oder Schweizer, Schäfermeister, Schweinemeister, Gärt- nermeister, Schmied, Stellmacher und Müller, die alle dem Inspektor unterstanden. Dem Statthalter waren der Pferdemeister, Hofmeister, die Gespannführer, der Vorknecht, Vorschnitter und andere Personen, die Gruppen von Menschen im Arbeitsprozess zu be- aufsichtigen hatten, unterstellt. Der Prokurist, Förster und Kutscher, später der Kraftfahrer, waren meistens dem Gutsei- gentümer oder Verwalter unterstellt. Die Zuständigkeit des Prokuristen beinhaltete Verwaltungsarbeiten, Buchhaltung und Lohnauszahlungen. Bei Gutsbesitzern, die mehrere Güter besaßen, sammelte er auf dem Stammgut die wirtschaftlichen Daten aller Betriebe und übergab sie dem Eigentümer. Der Förster hatte die Bewirtschaftung der Wälder zu sichern und die Jagd durchzuführen. Die Pflege bestehender Parkanlagen wurde in einigen Gütern vom Förster oder Gutsgärt- ner durchgeführt. 41 Das Personal des Hauses oder Schlosses wie Mamsell, Zimmermädchen, Diener, Erziehe- rin der Kinder u.a.m. unterstand der Eigentümerfrau. Vielfach gab es auch eine für das Personal verantwortliche Person, die nur die Grundlinie mit der Gutsbesitzerin besprach.

Um die Pünktlichkeit für den Arbeitsbeginn in der Feldwirtschaft, in der die meisten Ar- beitskräfte tätig waren, zu sichern, erschallte in den meisten Gütern morgens die Gutsglo- cke.

Vom Bauern zum Landarbeiter

Über den Weg des Bauernlegens und der Leibeigenschaft wurden viele Bauern zu Land- arbeitern und Deputanten degradiert. Aus den Berichten der Geschichtsforscher ist zu entnehmen, dass im 13. und 14. Jahrhun- dert in den Betrieben der Landwirtschaft wenige Knechte und Mägde tätig waren. Diese befanden sich vorwiegend in Klosterbetrieben und bei den Lokatoren sowie Adelsleuten, die eine größere Landfläche zur Bewirtschaftung behielten. Im Laufe der Jahrhunderte wuchs die Anzahl der Knechte, Mägde und Tagelöhner ständig an. Im Jahre 1933 waren in der Land- und Forstwirtschaft des Kreises 5263 familienfremde Personen tätig. Die Statistik spricht von 1158 Knechten und Mägden, 2598 Tagelöhnern und Freiarbeitern, 1380 vorübergehend Beschäftigten sowie 127 Gutshandwerkern.80

Wie kam es im Laufe der Jahrhunderte auf dem Lande zu dieser großen Veränderung der sozialen Struktur? Der leibeigene Bauer verlor im Prozess der gesellschaftlichen Entwicklung über das Bau- ernlegen sein Land und seinen Hof, er und die Familie wurden Gutsarbeiter. Der Begriff Knecht oder Magd wurde vielfach für diese Personen nicht verwendet sondern die Be- zeichnung Deputant oder Instmann.

Gesellschaftlich betrachtet stellte der Deputant eine besondere Art von Pächter dar, der mit seiner Arbeitskraft die Wohnungsnutzung sowie den Erwerb der Produkte zur Eige- nernährung und Viehhaltung bezahlte, teilweise auch ein Stück Acker bewirtschaftete. Hierzu lieh er sich vom Gut Pferde, Wagen und Geräte. Die Ackerfläche und Verfahrens- weise war in den einzelnen Gütern des Kreises unterschiedlich geregelt. Diese Form der vorwiegenden Naturalvergütung hatte für den Gutsbesitzer mehrere Vor- teile. Es war nicht notwendig, marktfähige Produkte zu verkaufen, um zeitgerecht Geld für die Vergütung zu haben. Zum anderen wurden Kosten für den Transport und die Lagerung der Produkte gespart. Nicht zuletzt war diese Form eine Jahresbindung des Deputanten an den Landwirtschaftsbetrieb. Die Gutseigentümer vertraten die Auffassung, dass damit die Deputanten finanziell und wirtschaftlich besser gestellt seien als Handwerker und Bauern in Thüringen oder im Erzgebirge.

Bei einem Wechsel der Arbeitsstelle unterlag der Deputant mit seiner Familie Fristenbin- dungen. Auf der Grundlage der Stein-Hardenbergschen Reformen von 1807 war es zulässig, dass die Knechte und Mägde ab 1810 jährlich zu Martini (11. November) die Arbeitsstelle wechseln konnten. Eine zeitgerechte Kündigung einschließlich Wohnung musste voraus- gehen und zu diesem Zeitpunkt alle Forderungen des Gutsbesitzers beglichen sein. Auch gegen diese Reform versuchte sich der Adel zu widersetzen. 42 Der Loskauf einer Magd aus der Abhängigkeit vom Gutsherrn kostete anfänglich ca. 10 Taler, eines Knechtes 20 Taler, um 1779 aber 100 Taler und mehr.81 Eheschließungen musste der Gutsherr bestätigen.

Die heutige Literatur beschreibt das Leben der damaligen Landarbeiter sehr unterschied- lich. Der Sohn vom Gutsbesitzer von Kruse aus Neetzow schreibt in seinem Buch „Das Schloss im Mond ...”82, dass Familien, die auf dem Gut arbeiteten, einen langfristigen Ar- beitsvertrag besaßen. Ca. 30 Familien waren in Neetzow auf 558 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche als Deputanten tätig. Zu den Leistungen des Gutes gehörte die Bereitstellung der Wohnung, eigenes Garten- und Ackerland, freie Haltung einer Kuh nebst Nachzucht, die Lieferung von Brot- und Futtergetreide und ein kleiner Stall für die Schweine, das Kleinvieh sowie für Brennholz und Briketts. Er schreibt weiter, dass der Bargeldlohn eine untergeordnete Rolle spielte. Jede Familie hatte damit einen eigenen kleinbäuerlichen Betrieb und konnte die Erzeug- nisse im eigenen Haushalt verwenden oder frei verkaufen. Die Frauen der Deputanten ar- beiteten auf dem Gut nicht mit, sie kümmerten sich um die Kinder, den eigenen Haushalt, den Garten und das Vieh.83

Der Arbeitsvertrag mit dem Schmiedemeister im Gut Dennin aus dem Jahre 1933 sah fol- gende Vergütung vor: Die geldliche Vergütung nach dem gültigen Landarbeitertarif für den Kreis. Zusätzlich die Grundlöhnung für einen Deputanten und zwar freie Haltung ei- ner Kuh und zwei Schafe sowie Aufzucht eines weiblichen Rindes. Weiterhin die Bereit- stellung von 20 dt Briketts, 4 m³ Hartholz, 40 dt Kartoffeln, 1 dt Hafer sowie freie Woh- nung und Gartenland.84 Ergänzend muss erwähnt werden, dass die Frauen bei der Ernte und Hackfruchtpflege als vorübergehend Beschäftigte galten. Diese Art der Beschäftigung war für die Güter wirtschaftlicher, für die Landarbeiter aber zum Nachteil, besonderes bei der späteren Altersrente. Ergänzend sei erwähnt, dass die Gänse auf den Stoppelflächen weiden durften, jedoch war dafür als Gegenleistung jede 7. Schlachtgans beim Gutsbesitzer kostenlos abzuliefern.

Die Höhe der Vergütung gab Herr von Kruse in seinem Buch nicht an. Nach Informatio- nen vom Nachbargut Preetzen aus dem Jahr 1939 betrug die tägliche Arbeitszeit in den Sommermonaten 10 bis 12 Stunden und im Winter acht. Als Arbeitslohn erhielten die De- putanten durchschnittlich im Sommer 10 und im Winter 7 Pfennige je Stunde. Einschließ- lich aller weiteren Leistungen und Vergünstigungen kam ein Verdienst von 0,39 Mark je Arbeitsstunde, damit ein durchschnittlicher Jahresverdienst von 1170,60 Mark, heraus. Die Freiarbeiter erhielten 0,37 Mark pro Stunde und freie Beköstigung.85 Auch in anderen Gütern lag der Jahresverdienst nicht viel höher.

1939 erhielten die Männer im Land Pommern auf einem Gut einen Jahresverdienst von ca. 1200 Mark und Frauen etwas unter 1000 Mark.86 Der Jahresdurchschnittsverdienst aller Beschäftigten in Deutschland lag 1939 bei 2092 Mark.87 Damit wird der erhebliche Unterschied in der Vergütung zwischen Landarbeitern und Beschäftigten in der weiteren Wirtschaft deutlich.

Zum Vergleich einige Lebensmittelpreise aus dem Jahr 193988: 1 kg Mischbrot 0,31 RM 1 kg Weizenmehl 0,44 RM 1 kg Reis 0,49 RM 1 kg Zucker 0,77 RM 1 kg Rindfleisch 1,67 RM 1 kg Schweinefleisch 1,63 RM 1 kg Molkereibutter 3,16 RM 43 Einen zusätzlichen Verdienst brachte die Kartoffelernte. Hier konnten alle Angehörigen der Familie, auch der Deputant, soweit er die Möglichkeit hatte, im Akkord beim Ernten mithelfen und sich zusätzlich Geld verdienen. In diesen drei bis vier Wochen konnten 30 bis 50 Reichsmark pro Person erwirtschaftet werden.

Mit dem schnellen Wachsen der Betriebe in Industrie und Bauwirtschaft wuchs auch der Arbeitskräftebedarf. Die Landwirtschaft bildete hierbei das Arbeitskräftereservoir. Weiter- hin waren die Arbeits- und Verdienstbedingungen für Knechte und Mägde in den Betrie- ben der Landwirtschaft sehr schlecht, so dass es ab Mitte des 19. Jahrhunderts zu einer größeren Arbeitskräftefluktuation kam. Es mussten neue Quellen zur Schließung der Ar- beitskräftelücken gesucht werden.

Eine Möglichkeit stellte der Einsatz von Saisonarbeitskräften dar, die besonders aus Schlesien und dem Ausland kamen. Sie waren unter dem Namen Schnitter bekannt. Ka- men 1899 die ersten 421 ausländischen Saisonarbeitskräfte nach Pommern, so waren es im Jahre 1912 bereits 9848.89 Nach der Beschäftigtenerhebung von 1933 waren 708 Wander- arbeiter in der Landwirtschaft des Kreises tätig, vorwiegend ausländische Bürger. In der Zeit vom 15.12. bis zum 15.02. mussten sie weitgehend in ihr Heimatland zurückkehren, um nicht einen Anspruch auf den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft zu erlangen.

Die Anzahl der Wanderarbeiter aus dem Ausland wurde durch die Landesregierung Pom- mern auf Antrag des jeweiligen Gutsbesitzers entschieden. Die Reichsarbeitsverwaltung hatte hierzu eine Richtlinie erlassen. So hatten Betriebe mit weniger als 12,5 ha Rüben oder Kartoffeln keinen Anspruch auf diese Arbeitskräfte. Schnittergruppen unter 5 Personen wurden nicht genehmigt. Damit konnten Bauern, die unter 100 ha landwirtschaftliche Nutzfläche bewirtschafteten, diese billigen und weitge- hend fleißigen Arbeitskräfte nicht beschäftigen. Zum Anfang des Jahres schlossen die Gutsbesitzer mit den Vorschnittern einen Vertrag über die Anzahl der Schnitter und den Einsatzzeitraum ab, der meistens von März bis An- fang Dezember dauerte. Der Vorschnitter organisierte den Einsatz seiner Gruppe, die Un- terkunft, die Verpflegung und die Lohnzahlung. Als Unterkunft dienten vorwiegend Schnitterkasernen, die es auf vielen Gütern des Kreises gab. Kornböden, Scheunen und Ställe wurden als Notunterkünfte genutzt. Die Schnitter verkauften ihre Arbeitskraft zu sehr niedrigen Lohnbedingungen. Aufgrund ihrer Armut waren sie zufrieden, wenn sie in Deutschland etwas Geld für den Unterhalt ihrer Familie im Herkunftsland verdienen konnten. Die Vergütung der Arbeiten erfolgte nach Akkordlohn. Die Arbeitszeit lag bei 60 Stunden und mehr in der Woche, die Stundenvergütung war niedriger als bei den deutschen Land- arbeitern.

1930 wurde durch Schiedsspruch für Pommern folgende Vergütung festgelegt: Barlohn 23 Pfennig je Stunde, dazu folgendes Wochendeputat: 23 Pfund (2 Pfund = 1kg) Kartoffeln, 7 Pfund Brot, 1 Pfund Roggenmehl, 2 Pfund Graupen, 0,5 Pfund Schmalz, 0,5 Pfund Salz, 3,5 Liter Milch, Kosten für Wohnung und Feuerung. Diese Leistung wurde vom Landar- beiterverband mit 6,55 Reichsmark bewertet. Auf eine Wochenarbeitszeit von 60 Stunden umgerechnet waren es 11 Pfennig pro Stunde. Die Gesamtvergütung betrug also 34 Pfen- nig pro Arbeitsstunde.90 Damit ergab sich eine Bruttovergütung von 89 Reichsmark im Monat. Von diesem Betrag gingen die eigenen Kosten für das tägliche Leben ab. Eine Versiche- rung für eine Altersrente der ausländischen Arbeitskräfte war nicht eingeschlossen. 44

Im zweiten Weltkrieg lösten polnische, russische und französische Kriegsgefangene die ausländischen Schnitter ab. Diese Arbeitskräfte waren billiger und erhöhten den betriebli- chen finanziellen Überschuss. Die ausländischen Arbeiter wurden auf den Gütern gerne und viel eingesetzt, weil sie hohe Leistungen brachten. Während ein vorübergehend eingestellter deutscher Erwerbsloser nur 0,5 ha Rüben in einer bestimmten Zeiteinheit rodete, schaffte ein ausländischer Wanderar- beiter 1,45 ha Rüben.91 Dazu kam, dass die Vergütung für den Ausländer niedriger war.

Neben den Deputanten waren auf den Gütern und in der weiteren Landwirtschaft Arbeits- kräfte im regulären Lohnverhältnis tätig. Sie wurden als Knechte und Mägde bezeichnet. Sie wohnten vielfach bei ihren Arbeitgebern, die Bauernhöfe mit einer Betriebsgröße von 20 bis 200 ha hatten. Die Stundenvergütung war etwas höher als bei den Wanderarbeitern. In der Literatur wird sie mit 40 bis 48 Pfennige angegeben.92 Sie hatten weitgehend Ar- beitsverträge, konnten nicht ohne weiteres den Arbeitsplatz verlassen und galten als billi- ge Arbeitskräfte. Durch ihr arbeitsrechtliches Verhältnis unterlagen sie der Kranken- und Rentenversicherung.

Die Lebensordnung und der Alltag auf den Gütern

Die Knechte und Mägde auf den Gütern und bei Großbauern wurden in den zurücklie- genden Jahrhunderten als „Gesinde“ bezeichnet. Dieser Begriff ist auch in den Anordnun- gen des Königs und Herzogs zu finden. Ordnungen von Herzögen und Königen gaben dem Gutsbesitzer vollen Rückhalt für die erbarmungslose Ausbeutung und den Zwang seiner Untertanen. So beinhaltete zum Bei- spiel die 1810 erlassene preußische Gesindeordnung93 folgendes: „§ 76 Die Befehle der Herrschaft und ihre Verweise muß das Gesinde mit Ehrerbietung und Bescheidenheit annehmen. § 77 Reizt das Gesinde die Herrschaft durch ungebührliches Betragen zum Zorne, und wird in selbigem von ihr mit Scheltworten oder geringen Thätlichkeiten behandelt, so kann es dafür keine gerichtliche Genugthuung fordern. § 78 Auch solche Ausdrücke oder Handlungen, die zwischen anderen Personen als Zei- chen der Geringschätzung anerkannt sind, begründen gegen die Herrschaft noch nicht die Vermuthung, daß sie die Ehre des Gesindes haben kränken wollen. § 79 Außer dem Falle, wo das Leben oder die Gesundheit des Dienstboten durch Miß- handlungen der Herrschaften in gegenwärtige und unvermeidliche Gefahr geräth, darf er sich der Herrschaft nicht thätlich widersetzen. § 80 Vergehen des Gesindes gegen die Herrschaft müssen durch Gefängnis oder öffentli- che Strafarbeit nach den Grundsätzen des Criminalrechts geahndet werden.“93

Diese Ordnung gab dem Gutsbesitzer Freiraum, seine Untertanen nicht nur zu beleidigen sondern auch körperlich zu misshandeln. Sie waren ihm schutzlos ausgeliefert. Da der Gutsherr für diese Klagen als Polizeichef und Gerichtsherr zuständig war, kamen die De- putanten, Knechte oder Mägde nicht zu ihrem Recht.

Im 18. Jahrhundert ist aus dem Raum Krien durch Erzählungen bekannt, dass der Gutsbe- sitzer, wenn er die Prügelstrafe nicht selber durchführen wollte, sich der Prügelknechte 45 des Amtes Klempenow bediente. Den zu bestrafenden Untertanen schickte er mit einem Brief, in dem der Umfang der Strafe angegeben war, zum Amt, wo dieser verprügelt wur- de.94 Diese Erzählung endet damit, dass ein Untertan sich auf dem Weg nach Klempenow zu helfen wusste. Er traf einen Wandersmann, unterhielt sich mit ihm über viele Dinge und bat ihn zum Schluss darum, den Brief im Amt abzugeben, um den weiteren Fußweg zu sparen. Dieser ging auf seine Bitte ein. Wie es dem Wanderburschen nach der Brief- übergabe ergangen ist, weiß der Erzähler Wilhelm Tegge aus Krien nicht.94

Im 19. Jahrhundert sah die Ordnung auf einem Gutshof folgendermaßen aus: Die Leitung des Gutes als Hauptsitz befand sich in den Händen des Gutsbesitzers. Als Fa- milienoberhaupt herrschte er nicht nur über das Wohl und Wehe seiner Familie, sondern auch über das der Untertanen. Die Macht des Gutsherrn bei der Dienerschaft erstreckte sich sogar auf den öffentlichen Bereich. Bis in die alltäglichen Umgangsformen hinein - Wer grüßt wen? Wer geht wem entgegen? Wie ist die persönliche Anrede? - gab es feste Regeln. In jeder Situation des täglichen Lebens war spürbar, dass die Autorität immer beim Gutsherrn, dem gnädigen Herrn, lag. Die Anrede der Adligen und Gutsbesitzer von den Bauern und dem Gesinde war Gnädiger Herr oder Gnädige Frau. So zum Beispiel wurde gesagt: „Haben gnädiger Herr noch einen Wunsch?“ Männlich Grüßende hatten die Kopfbedeckung abzunehmen.

Im Rahmen der Haushaltsführung trat die Gutsherrin als oberste Instanz auf. Sie bediente sich vorwiegend mit den Untertanen Mamsell, Diener, Hauslehrer und Gouvernante. Die Mamsell hatte vorwiegend die Befehlsgewalt gegenüber dem Gesinde im Gutshaus, sie war Vorgesetzte und koordinierte die Arbeiten, in einigen Fällen war es auch der Die- ner.

Die Arbeiten waren zu dieser Zeit sehr umfangreich und aufwendig. In den Räumen stan- den Kachel- oder Ziegelöfen, die beheizt werden mussten. Kerzen, Petroleum- und Öl- lampen mussten aufgefüllt werden, sie waren Lichtspender in allen Räumen. Ohne moderne Hilfsmittel, nur mit Wasser, Seife, Waschbrett und Muskelkraft wurde die Wäsche gewaschen. Kühl- oder Gefrierschränke gab es nicht, die Frischhaltung der Lebensmittel erfolgte im Keller. Das Frischfleisch wurde eingesalzen und als Pökelfleisch verbraucht. Dauerwurst, Speck und Schinkenteile kamen zum Räuchern in die Räucherkammer, um alles für eine längere Zeit haltbar zu machen.

In den Gutshäusern gab es zum Teil Bad und Toilette, aus heutiger Sicht betrachtet sehr primitiv ausgestattet. Zum Baden musste das Wasser in der Küche erwärmt werden. Bei der Toilette handelte es sich meistens um ein Torfkloset, das nicht geruchlos war und täg- lich geleert werden musste.

Das Personal hatte einen 10- bis 12-Stundentag und an den Wochenenden wenig Freizeit. In Erntezeiten wurde ein Teil des Gesindes aus dem Haus- und Hofbereich zu Arbeiten auf dem Felde eingesetzt. Der Verdienst war sehr niedrig und bei gleicher Arbeit erhielten die Mädchen und Frauen einen geringeren Monatsverdienst als die Männer. Um 1900 wurden folgende Monatslöh- ne gezahlt:95 Mamsell 50,00 Mark / Monat Diener 65,00 Mark / Monat Kutscher für den Gutsbesitzer 57,50 Mark / Monat 46 Koch 25,00 Mark / Monat Stubenmädchen 19,00 Mark /Monat Hausmädchen 11,00 Mark / Monat Auf einigen Gütern war es üblich, dass ein Teil der Vergütung in Sachleistungen bereitge- stellt wurde. Für alle Bediensteten gab es freie Kost und Unterkunft. Zu dieser Zeit kostete eine Tafel Schokolade 0,50 Mark, eine Flasche Bier 0,10 Mark, ein kg Kaffee 3 Mark, ein Herrenanzug 25 bis 75 Mark oder ein Fahrrad 75 Mark. Mit der Monatsvergütung konnte sich das Personal nicht viel kaufen. Problemreich ge- staltete sich das Leben im Alter, wo vermehrt Krankheiten auftraten und der Arzt sowie die Medikamente bezahlt werden mussten. Die Kinder der Gutsbesitzer wurden in den ersten Schuljahren meistens vom Hauslehrer unterrichtet, später besuchten sie eine höhere Schule. Es gab eine strenge Abgrenzung zwischen der Gutsherrschaft, dem höhergestellten Perso- nal und dem Gesinde. Der Hauslehrer und die Gouvernante saßen beim Essen am Tisch der Herrschaften, während das Personal, angefangen vom Diener bis zum Küchenmäd- chen, die Mahlzeiten in der Gesindestube einnahmen, die sich oft im Kellerbereich befand.

An kirchlichen Festtagen war der Umfang der Arbeit für das Gesinde eingeschränkt, be- sonders Feldarbeiten wurden an diesen Tagen nicht durchgeführt. Der Gutsbesitzer legte Wert darauf, dass ein Teil des Gesindes den Gottesdienst in der Dorfkirche besuchte, was für sie eine willkommene Abwechslung darstellte. Kinderarbeit war in den zurückliegenden Jahrhunderten zulässig. Die Armut in vielen Fa- milien zwang die Kinder zur Arbeit statt in die Schule zu gehen.

Die Wohnungen der Arbeiter bestanden vorwiegend aus einstöckigen Häusern, weitge- hend als Zwei- oder Vierfamilienhäuser gebaut. Sie bestanden aus einem Vorraum, auch Flur genannt, geradeaus befand sich die Küche. Seitlich vom Vorraum lagen die größere Stube und die Schlafkammer, die ein kleines Fenster hatte. Die Wohnfläche betrug 32 bis 40 m², die für 3 bis 6 Personen ausreichend sein musste. Einige Häuser hatten eine kleine fensterlose Abstellkam- mer oder auf dem Boden eine schräge Dachkam- mer, in der die Kinder schlafen konnten. Keines der Häuser verfügte über fließendes Wasser. Das Abwasser wurde auf den Dunghaufen oder die Dorfstraße verkippt. Als Toilette diente ein Holzhäuschen neben dem Stall oder Landar- beiterkate in Kagendorf Foto: 2003 Dunghaufen.

Die Familien hielten sich meistens ein bis zwei Kühe mit Nachzucht, einige Schweine und Federvieh. Neben der Stallung befand sich ein mit rohen Brettern gebauter Schuppen, in dem die Brennstoffe, Gerätschaften und anderes aufbewahrt wurden. Meistens schloss 47 sich hinter dem Stall der Hausgarten an. Vor einigen Häusern gab es einen kleinen Zier- garten. Wenn die Knechte und Mägde im Schloss oder Gutshaus wohnten, stand ihnen eine Kam- mer im Keller oder unter dem Dach zur Verfügung. Diese Räume waren primitiv eingerichtet, die Betten einfach und schmal mit Strohsäcken, darüber ein Laken aus Lei- nen. Das niedere Gesinde wie Stallbursche, Kutscher, Hofmagd oder Hütejunge hatte meistens den Schlafplatz im Stall oder sogar auf dem Heuboden. Eine bessere Position auf dem Gut nahmen der Statthalter, Bodenmeister, Oberschweizer, Schweinemeister, Obergärtner, Förster, Handwerksmeister und einige weitere Personen von ausgewählten Berufsgruppen ein. Sie erhielten bestimmte Sondervergünstigungen bei der Wohnung, Entlohnung und anderes mehr.

Im bereits erwähnten Buch „Das Schloss im Mond“ sagt Herr von Kruse zu der Arbeit auf den Gütern folgendes: „Die Bedingungen, unter denen damals die Gutsarbeiter und Schnitter arbeiten mussten, waren von einer für heutige Begriffe kaum vorstellbaren Här- te. Ich kann das beurteilen, weil ich nach dem Abitur als landwirtschaftlicher Lehrling auf meiner Lehrwirtschaft im Nachbarkreis zwei Jahre lang alle Arbeiten mitmachen musste. Noch während meiner Lehrzeit (1932) betrug die Arbeitszeit während der Sommermonate bis in den Herbst hinein elf Stunden; am Samstag wurde selbstverständlich auch voll gear- beitet. Das ergab eine Wochenarbeitszeit von 66 Stunden. Arbeitsbeginn war um 6 Uhr; zur Mittagszeit von 12 bis 13.30 Uhr kamen Arbeiter und Gespanne auf den Hof und mit jeweils einer halben Stunde Pause am Vor- und Nachmittag war um 19 Uhr der Arbeitstag zu Ende“ 96. Die meisten Tätigkeiten zu damaliger Zeit bedeuteten körperlich schwere Arbeit. Der Me- chanisierungsstand bis Anfang der dreißiger Jahre war niedrig, die arbeitenden Menschen mussten die spätere Technik ersetzen. Sie kannten nichts anderes, waren an diese schwe- ren Arbeitsbedingungen gewöhnt und erledigten alle anfallenden Aufgaben.

Die Rolle und Macht der Kirche

In der zurückliegenden Zeit spielte die Religion im Leben der Menschen eine bedeutende Rolle. Fragen des Lebens und Vorgänge in der Natur bewegten sie und wurden nach dem jeweiligen Erkenntnisstand und den Vermutungen gedeutet bzw. erklärt. Ein religiöses Bewusstsein war da, jedoch bei den einzelnen Bevölkerungsgruppen sehr unterschiedlich ausgeprägt.

In den Ländern des deutschen Raumes galten die christliche Religion und das Vertrauen auf Gott als das Primäre. In Pommern hatte sie bis zum 11. Jahrhundert noch nicht Fuß gefaßt, es wird in der Literatur von Heiden gesprochen, also von Menschen, die nicht an Gott glaubten. Das heißt jedoch nicht, dass die Wenden keinen Glauben hatten. Sie hielten andere Sach- verhalte, Vorgänge der Natur oder Gegenstände als Phänomen ihrer Religion.

Der Papst war daran interessiert, den Landstrich von Europa, in dem Wenden und Pruz- zen lebten, auch in das Christentum einzubeziehen. Im Endergebnis ging es um die wirt- schaftliche Macht für die Kirche und den weltlichen Adel.

48 1140 erfolgte die Gründung des Bistums mit dem Sitz in Wollin, das dem Heiligen Stuhl in Rom direkt unterstellt war. Damit wurde dem polnischen Erzbistum Gnesen der direkte Einfluss auf das Bistum in Pommern entzogen. 1175 erfolgte die Verlegung des Bischofs- sitzes nach Cammin. Mit der Gründung des Bistums war die notwendige wirtschaftliche Ausstattung verbun- den. Der Bischof von Cammin erhielt vom Herzog von Pommern umfangreiche Güter und Einkünfte.

Um das 12. Jahrhundert stellte die Kirche die Institution dar, die über eine gute Verwal- tung mit eigenen Rechtsnormen und einem bürokratischen Schriftverkehr verfügte. Die Klöster als Einrichtung der Kirche erfüllten eine wichtige Funktion bei der Ausbildung von sprach- und schriftgewandten Personen sowie Vermittlung des Rechts.

Wie bereits erwähnt, schaffte sich die Kirche 1153 im Raum südlich und nördlich der Pee- ne mit dem Benediktinerkloster Stolpe die Basis, von der sie ihre ideologische und ökono- mische Politik verwirklichen konnte. Zwischen Kirche und Adel bestand Einigkeit, dass neben den Ortsgründungen der Kir- chenbau zu fördern war, um den ideologischen Einfluss auf die Einwohner aktiv geltend machen zu können und die Rechtsnormen der Kirche auch im Interesse des Adels durch- zusetzen. Mit der Unterstützung des Landesherrn kam es zur Errichtung zahlreicher Kir- chen. Zehn bis fünfzehn Dörfer wurden zu einem Kirchspiel zusammengefasst. Ein Kirschspiel war ein Amtsbereich des Pfarrers, vielfach wurde auch in der alten Literatur der Begriff Pfarrsprengel verwendet.

Im Einzugsbereich des Landkreises zwischen Peene und Landgraben entstanden über 50 Kirchen, wovon einige heute nicht mehr existieren. Im 12. und 13. Jahrhundert wurden in den Orten Stolpe, Anklam, Ducherow, Bargischow, Kagendorf, Rathebur, Krien, Gram- zow, Liepen, Neuenkirchen, Boldekow und Wusseken Kirchen errichtet. Es ist nicht aus- zuschließen, dass in diesem Zeitraum weitere erbaut, in der bisherigen Heimaterforschung aber nicht erfasst wurden. Zum Aufbau dieser Kirchen hatten die Einwohner ihren Bei- trag in Form von Leistungen und Geld zu erbringen. Die Kirche und ihr Priester erhielten vom Kirchenherrn zum Unterhalt notwendige finan- zielle und materielle Unterstützung. Auch die Gemeindemitglieder trugen durch entspre- chende Abgaben wie mit dem Kirchenzehnt dazu bei. Neben dem Landesherrn traten die adligen Grundherren als Kirchengründer auf.

Die Kirche hatte eine beachtliche ideologische Arbeit zu leisten. Neben der Einführung des christlichen Glaubens ging es um die Seelsorge und gezielte Beeinflussung der Men- schen in der durch die herrschende Macht gewünschten Form. So zum Beispiel bildeten die zehn Gebote und Gleichnisse, wie sie im Alten und Neuen Testament niedergeschrieben sind, eine wichtige Grundlage für die weitere gesellschaftli- che Entwicklung. Zu diesen zehn Geboten kamen im Verlaufe der Zeit weitere durch den Herzog oder König erlassene Gesetze hinzu. Die Kirche legte Wert darauf, dass die Bibel, das christliche Buch der Bücher, in den Fa- milien vorlag. Bei Eheschließungen wurde sie vielfach dem Brautpaar als Geschenk über- geben. Durch den christlichen Glauben erhielten die Menschen eine Antwort über die Geburt bis zum Tode sowie zu Fragen der Natur und Gesellschaft. Damit wurden den Untertanen der herrschenden Klasse der Gesellschaft Aufgaben und Verhaltensweisen deutlich gemacht. 49

Vom 13. bis 16. Jahrhundert gab die Kirche im Interesse des Adels Unterstützung bei der Übermittlung der Sprache und Verständigung. Die Klöster und Bildungseinrichtungen er- brachten eine Reihe von Leistungen.

Auch bei der heutigen Geschichtsforschung sind wir auf viele Aufzeichnungen der Kirche angewiesen. Nicht zuletzt gehören die Verzeichnisse über Geburten, Eheschließungen und Tod dazu. Es gibt bereits Informationen aus dem 13. und 14. Jahrhundert, die von Mön- chen in lateinischer Sprache aufgeschrieben wurden. Erst Ende des 19. Jahrhunderts übernahm der Staat die Führung der Personenstandsdaten.

Bei der Landvergabe erhielt die Kirche Land zur Eigenbewirtschaftung oder Weiterver- pachtung, die Größe bewegte sich zwischen 40 bis 80 ha und mehr. In den Grundbüchern werden noch heute Ländereien als Kircheneigentum ausgewiesen.

Die Gutsherren waren weitgehend Patronen der Kirche. Damit hatten sie Einfluss und Macht auf den kirchlichen Bereich. Vielfach bestimmte der Gutsbesitzer, in welcher Form der Pastor die Untertanen im Namen des Glaubens stärker zur Erfüllung der Pflichten zu mobilisieren hatte. Die Aussagen und Vergleiche der Bibel gaben hierzu viele Möglichkei- ten. Andererseits leisteten die Gutsbesitzer materiell und finanziell ihren Beitrag zur Er- haltung der Kirchengebäude und Einrichtungen. In vielen Kirchen des Landkreises sind noch heute die Patronalgestühle zu sehen, auf de- nen Familien des Adels und andere höhergestellte Personen bei kirchlichen Veranstaltun- gen Platz nahmen. Die Patronatsherren waren auch die Kirchengemeindehäupter, die den Pastor wählten. Das Wort des Pastors galt jedoch bei den Untertanen des Adels und Bür- gertums.

Martin Luthers Lehren brachten ab 1520 im pommerschen Gebiet eine ideologische Be- wegung und Abkehr von der katholischen Glaubensrichtung. Johannes Bugenhagen (1485 – 1558), geistlicher Anhänger von Martin Luther (1483 – 1546), trug aktiv zur Verbreitung der lutherischen Lehre bei. Diese Ideologie wurde schrittweise von der Stadtbevölkerung erfasst. Die Landbevölkerung regierte hierauf schwerfälliger. Sozial und wirtschaftlich motiviertes Handeln verband sich mit religiösen Beweggründen.

Zum 13. Dezember 1534 beriefen die Herzöge Philipp I. von Wolgast und Barmin IX. von Stettin einen gemeinsamen Landtag nach Treptow an der Rega ein. Die Herzöge erklärten ihre Entschlossenheit zur Einführung der in Pommern. Der Bischof, die Stiftstände, Adel und Städte äußerten ihre Bedenken. Der Adel wollte die Klöster verein- nahmen, was die Herzöge ablehnten. Die kaiserliche Ungnade wurde befürchtet, denn dieser vertrat die katholische Glaubensrichtung. Es kam zur Uneinigkeit und keiner Land- tagsentscheidung.97 Die Herzöge wurden dennoch aktiv und führten die Reformation ein. Zu einem späteren Zeitpunkt billigte der Landtag diese Reformation.

Die lutherisch-evangelische Kirche trat im Peenegebiet weitgehend an die Stelle der ka- tholischen Kirche. Aus heutiger Sicht ist davon auszugehen, dass diese Glaubensrichtung der Bevölkerung aufdiktiert wurde. Es erfolgte eine Verdrängung des Einflusses des Paps- tes von Rom. Eine Reihe neuer Pastoren traten an die Stelle der katholischen Priester, die die ideologische Arbeit zu erfüllen hatten. Auch katholische Priester wechselten zum evangelischen Glauben über. 50

Die kirchlichen Vermögensverhältnisse veränderten sich. Das Kloster Stolpe wurde aufge- hoben und die Ländereien als Domänen dem Herzog überführt. Die Kirchen gingen in das Eigentum der pommerschen evangelischen Landeskirche über. Das Innere der Kirchen wurde der evangelischen Religion angepasst.

Die lutherahnische Kirche brachte veränderte religiöse Auffassungen und Denkweisen hervor und setzte ihren Sittenkodex durch. So auch die angestrebten Tugenden vom Grundherrn beim Untertanen wie Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit, Ordnung und Fleiß.98 Von den Gläubigen wurde erwartet, dass sie die Kirche in einer festlichen Kleidung betre- ten. Die Ehe fiel als Sakrament in die kirchliche Zuständigkeit. Die Eheschließung bürgerte sich als ein Gelöbnis vor der Kirchengemeinde mit zwei Zeugen ein und kam durch das Versprechen des Brautpaares zustande.

Nach der Reformation gehörte der Anklamer Raum bis 1721 zum Einzugsbereich der Ge- neralsuperintendentur von Wolgast und danach zu Stettin. Diese Einrichtung erfüllte die Aufsichtsfunktionen gegenüber den Pfarreien. 1543/1556 wurde für das Herzogtum Pommern-Wolgast in Greifswald das Konsistorium eingerichtet, das als geistliches Gericht und später auch als Verwaltung tätig war. Nach 1815 gehörte Vorpommern und folglich auch Anklam zum Konsistorium Stettin.99 Es entstand eine Machttrennung zwischen Kirche und Staat, jedoch blieben einige Ele- mente der Macht gegenüber den Bauern und Landarbeitern bis 1945 erhalten.

Die Pfarrer hatten neben ihren kirchlichen Tätigkeiten auch andere Aufgaben zu verrich- ten. So mussten sie einen Teil des Kirchenackers bewirtschaften, die Listen des Personen- standswesens führen und staatliche Anordnungen von der Kanzel bekannt machen.

Bis 1945 gehörte der überwiegende Teil der Einwohner des Peenegebietes der evangeli- schen Kirche an. Von der Organisation her war das Territorium zwischen Peene und Landgraben in Kirch- spiele aufgeteilt, 1921 gab es 16 im Kreis. Jeweils ein Pastor betreute die Einwohner. Kir- chen gab es in diesem Bereich mehrere.

Die Einwohnerzahl der katholischen Glaubensrichtung wuchs erst ab Mitte des 19. Jahr- hunderts mit der Zuwanderung von ausländischen Arbeitskräften. Die Gründung der Anklamer katholischen Gemeinde fand 1866 statt. Dieser Gemeinde wurde es gestattet, die Pfarrkirche in Anklam bis zur Errichtung ihrer Kirche mitzubenut- zen.100 Ende des 19. Jahrhunderts gehörten ca. 400 Einwohner des Altkreises dem katho- lischen Glauben an, hinzu kamen die polnischen Schnitter. Die katholischen Priester ka- men vorwiegend aus Oberschlesien, denn diese konnten polnisch sprechen.101 Im Ergeb- nis der Zunahme der Bevölkerung der katholischen Glaubensrichtung wurde in Anklam, Friedländer Straße 35/36, am 10. November 1901 nach 20-monatiger Bauzeit die katholi- sche Kirche eingeweiht.102 Sie war dem Fürstbischof von Breslau unterstellt. 51

Die Stadt Anklam im Gefüge der Landwirtschaft

Das Gründungsjahr des Ortes und der späteren Stadt Anklam ist nach wie vor umstritten. Erstmals 1243 wird in einer herzoglichen Urkunde der Ort Tanchlim erwähnt.103 Hier muss es sich um die Ansiedlung von Menschen handeln, die später Gründer der Stadt An- klam waren. Unter 1264 wird in einem Dokument von der Stadt Tanglym104 als deutsche Gründung gesprochen. In alten Schriften wird sie auch unter den Namen Tand- lim, Anklem, Anclam oder Anklym geführt. Die Heimatforscher Stavenhagen und Boll- now haben sich sehr intensiv mit dem Gründungszeitraum des Ortes Anklam beschäftigt. So erklärt Stavenhagen, dass der Ort Tanchlim 1243 von einem Lokator mit dem Namen Tanchlim gegründet wurde. Dieser soll nach Angaben von Berghaus105 Burgvogt gewesen sein. Wesentlich früher als 1243 haben Menschen im Territorium Anklams, besonders im Raum des Pferdemarktes gewohnt, das bestätigen archäologische Funde der jüngsten Zeit. Im Weiteren ist noch unklar inwieweit die Ansiedlung Groswin mit der Ansiedlung Anklam im Zusammenhang steht. Einige Heimatforscher sind der Meinung, dass der Ort Groswin bei der Gründung des Ortes Taglim eine Rolle gespielt haben soll. Flämische und deutsche Siedler hatten sich auf der Anhöhe der Marienkirche niedergelassen, gemischt mit den an- sässigen Slawen kam es zur Ansiedlungsbildung.

Die Gemarkung Anklam, auf der die Ansiedlung entstand, war eine Insel und von Wasser und Moor umgeben. Aufmerksame Besucher werden feststellen, dass sich von der heuti- gen Kreisverwaltung in der Demminer Straße durch den Park bis zur Pasewalker Allee und abzweigend von der Kronwieckstraße über die Ravelinstraße zur Peene eine Senke zieht, die eine Schwemmsandschichtung enthält. Der Heimatforscher Peter Kielmann er- klärt dieses in einem Aufsatz „Anklam – eine alte Slawenstadt“106 damit, dass zum Ende des 1. Jahrtausends der Wasserstand der Peene ca. 80 cm höher als heute lag. Damit war das Gebiet weitgehend von Wasser überflutet. Dieses stellte gleichfalls einen natürlichen Schutz für die Ansiedlung von der südlichen Seite dar. In späterer Zeit ging der Wasser- spiegel der Peene zurück, und es kam zur Versumpfung des überfluteten Geländes.

Ein weiterer Grund für den Standort der Ansiedlung wird wahrscheinlich die schiffbare Peene, die zur Ostsee führte, gewesen sein. Auch die Ansiedlung der Wikinger und Slawen im 7. bis 9. Jahrhundert auf der nördlichen Seite der Peene bei Menzlin bestätigt, dass bereits früher als bisher gefundene Urkunden bestätigen, dass Menschen im Raum des heutigen Anklam gelebt haben.

Anklam um 1652 / Kupferstich von Merian 52 Einige Heimatforscher wie Bruinier (1867-1939) und Gerhard Becker bestätigen diese Aussage und vermuten, dass es nach der Stadtgründung mehrere Burgen im Stadtkern gab107 wie die Pascheborgen, Snokenborg, Herwingsborg, Swinborg, Kraienborg und Köpkenborg sowie Befestigungsanlagen. Unter dem Schutz dieser Burgen ließen sich die deutschen Bauern und Handwerker in Anklam nieder. 1280 soll der Ort Tuchow zur Stadt Anklam gekommen sein. Die Chroniken berichten we- nig über die Ortsvereinigung und Bauernansiedlung.108

An der Südseite der Stadt Anklam, besonders in der Baustraße, siedelten sich Bauern an. Im weiteren Verlauf entstanden an vielen Stellen wie Demminer Landstraße, Breite Stra- ße, Friedländer Landstraße u.a.m. Bauernhöfe. Ihnen gehörte vorwiegend das Land vom Hohen Stein bis zum Stegenbach. Auch hier ist weitgehend das Prinzip der Flächenbereitstellung nach Hufen zu erkennen. Weitere Ein- wohner erhielten Weide- oder Gartenland. Ein wichtiger Ernährungszweig war der Acker- bau. In der Hauptsache bauten die Menschen Gerste, Hafer und Roggen an. Außerhalb des Stadtgebietes wurde der Gartenbau betrieben. Die Häuser bestanden zunächst aus Fachwerk und Lehm, auf denen sich mit Rohr oder Stroh gedeckte Dächer befanden. Auf dem Hof stand meistens der Stall für die Tiere. Die ersten Steinhäuser entstanden im 14. Jahrhundert, mit der Straßenbefestigung wurde be- gonnen.

1283 wurde die Stadt Mitglied der Hanse. Ende des 13. Jahrhunderts gehörte sie zum lü- bischen Stadtrechtskreis. Die Einwohner der Stadt waren vor dem Gericht den Bürgern an- derer Hansestädte gleichgestellt. Die Zugehörigkeit zur Hanse ermöglichte, dass der pom- mersche Herzog die Anklamer Getreidehändler für ihre Fahrt bis zum Meer von allem Zoll und Ungeld befreite. Der frühe Beitritt Anklams zur Hanse und der Reichtum der Stadt zur damaligen Zeit sind mit dem umfangreichen Heringshandel in der Stadt zu erklä- ren. Die Stadt Anklam erhielt 1325 vom Herzog das Recht, eigene Münzen zu prägen.109 Da- mit entwickelte sich schrittweise die Ware - Geldbeziehung und die Handelstätigkeit über die Grenzen des Territoriums hinaus.

Auch die Stadt Anklam erhielt vom Herzog Land geschenkt oder hat es sich erworben. So gibt der Heimatforscher Max Sander in seinen Beiträgen zur Stadtgeschichte an, dass der Herzog Bogislav IV. der Stadt Anklam im Jahre 1282 das Dorf Rosenhagen und 1285 die Flächen von Bargischow, Pelsin, Woserow und Gellendin geschenkt hat.110 Eine nähere Betrachtung der Schenkung lässt erkennen, dass dafür Bürger der Stadt für den Herzog Bogislav IV. im Krieg ihr Leben opfern mussten. Einige Historiker sprechen vom Kauf dieser Flächen und Dörfer, jedoch ist von der Variante Schenkung bzw. Entschädigung für die Kriegsdienste auszugehen. Weitere Flächen erhielt die Stadt im Verlaufe der Jahrhunderte oder hat sie billig erwor- ben, so zum Beispiel Teile von Bugewitz, die Mühle Heidemühl, Gnevezin, Kosenow, Grönberg (Leopoldshagen), Kamp und im 16. Jahrhundert Schadefähre.

Erstmal 1296 wird in einer Urkunde die Anklamer Marienkirche erwähnt,111 wann mit dem Bau begonnen wurde ist dem Verfasser nicht bekannt. Die Einwohnerzahl wuchs stetig, weil viele Zuwanderer angesiedelt wurden. 1350 lebten in der Stadt ca. 3000 Einwohner.112 1600 zählte die Stadt 5400 Einwohner. Durch die Fol- gen der Kriege und Seuchen ging die Einwohnerzahl erheblich zurück. In der Stadt herrschte im Zeitraum 1565 bis 1710 mehrmals die Pest,113 so dass um 1700 nur noch 1800 Menschen lebten.114 53 Später nahm die Anzahl der Einwohner wieder zu. 1831 lebten 6800 und 1852 bereits 9900 Menschen in der Stadt, also eine Erhöhung um ca. 45 %. Die Anzahl der Landbe- völkerung stieg nicht in diesem Verhältnis, weil viele junge Menschen aus den Dörfern Tätigkeiten in der sich schnell entwickelnden Industrie und in anderen Bereichen der Wirt- schaft, die in der Stadt ihren Standort hatten, aufnahmen. Auch Feuer vernichtete mehrmals größere Teile der Stadt. In Berichten über die Geschich- te der Stadt werden besonders Großbrände in den Jahren 1384, 1424, 1659 und 1696 ge- nannt.115 Diese Brände breiteten sich schnell aus, weil die Gebäude viel leichtbrennbares Material enthielten und zum Löschen stand nicht ausreichend Wasser zur Verfügung. Die Stadt wurde auch von mehreren Kriegen stark geschädigt und viele Menschen wurden getötet bzw. starben an den Nebenwirkungen des Krieges. Der Heimatforscher Carl Fried- rich Stavenhagen schildert in der Chronik der Stadt Anklam dazu einige Beispiele116: - Während des Dreißigjährigen Krieges fielen 1627 kaiserlichen Truppen mordend, plündernd und brandschatzend in Anklam ein, 1600 Einwohner kamen hierbei ums Leben. - 1637 vertrieben kaiserliche Truppen die schwedischen Truppen, die ab 1730 die Stadt besetzten. Sie trugen dabei die Pest in die Stadt. Über 1400 Einwohner verlo- ren hierbei ihr Leben. - 1711 wurde die Stadt durch Truppen während des Großen Nordischen Krieges durch eine Allianz von Sachsen, Russen, Dänen, Polen und Preußen besetzt. Aber auch in der Folgezeit wurden die Einwohner der Stadt durch Kriege ausgeplündert, ermordet und drangsaliert. Hier ist zum Beispiel die Besetzung durch schwedische und preußische Truppen im Siebenjährigen Krieg (1756 – 1763) oder durch die Franzosen im Zeitraum 1806 bis 1809 genannt. Diese Kriege hatten nicht nur zerstörende Auswirkungen auf die Stadt, auch die Bevölke- rung auf dem Lande sowie Bauern und Güterbesitzer waren betroffen.

Die erste Brücke wurde vermutlich zur gleichen Zeit wie die Befestigungsanlagen der Stadt gebaut, im 14. Jahrhundert oder früher.117 Sie bestand aus einem schmalen Holz- steig, der später zu einer Holzbrücke erweitert wurde, die auch von Pferdefuhrwerken überquert werden konnte. Die uns bekannten Bilder lassen erkennen, dass es in der Höhe des Stolper Tores (heutige Kreuzung Demminer Straße – Ostseestraße) eine zweite Brücke über die Peene gab. Warum diese nicht neu ersetzt wurde, ist unbekannt. Der Bau der ersten Klappbrücke fand vor 1833 statt.118 Erst 1927 wurde sie durch eine Klappbrücke aus Beton und Stahl ersetzt. Dazu kamen die Kleinbahnschienen der Strecke Anklam – Lassan. Diese Brücke hatte eine Durchlassbreite von 11,80 m, um auch größeren Schiffen die Durchfahrt nach oder Demmin zu gewähren.

Die Stadt entwickelte sich zu einem Knotenpunkt für den Handel. Die Gutsbesitzer und Bauern des Peenegebietes boten ihre Produkte auf dem Markt zum Kauf an. Ab 13. Jahr- hundert gab es im Zentrum der Stadt den Marktplatz.119 Größere Segelschiffe konnten im Hafen ihre Waren entladen und neue Ladungen überneh- men. Damit war ab 13. Jahrhundert ein stärkerer Warenaustausch möglich. Waren es zuerst Heringe und Salz, so erweiterte sich sehr schnell die Palette der Waren, die zum Umschlag kamen wie Leinenstoffe, Felle, Eisenwaren, Bier und andere lebens- notwendige Gegenstände. Ausgeführt wurde vor allem Getreide.

Der Berufsstand der Kaufleute entwickelte sich in der Stadt. Sie unterhielten mit den Bau- ern und Adligen die Ware - Geldbeziehung. Dass die Warenbewegung mit Pferd und Wagen oder mit Tragekörben erfolgte, versteht sich von selbst. 54 Dieser Handel nahm im Laufe der Jahrhunderte an Umfang zu. Besonders Getreide, Mehl und Bier gehörten zu den Ausfuhrerzeugnissen. Auch die Empfängerländer nahmen zu. Die Schiffe waren seetüchtiger geworden und gingen über den Bereich der Ostsee hinaus. Dadurch kam auch mehr Ware in das Peenegebiet.

So berichtet der Heimatforscher Hermann Scheel, dass Anklam im Jahre 1805 als Han- delsflotte 16 Seeschiffe und 13 Leichterschiffe hatte.120 Hierbei handelte es sich um Se- gelschiffe, Motorantrieb war noch nicht bekannt. Der Bau von Schiffen erfolgte in Anklam ab 1779. Danach entstanden weitere kleinere Schiffswerften. 1839 befuhr das erste in Wolgast hergestellte Dampfschiff die Peene. Es legte in der Stadt an. Aber auch in den Folgejahrhunderten spielte der Anklamer Hafen als Umschlagplatz für die Entwicklung der Landwirtschaft eine bedeutende Rolle. Es entstanden Getreidesilos, Umschlagplätze für Baumaterial und Düngemittel, nicht zuletzt auch für Holz und Brenn- material. Für die Einwohner gab es reichlich Arbeit. Viele Kaufleute, Handwerker und andere Per- sonen kamen dadurch zu Reichtum.

Die Ansiedlung weiterer Betriebe ab 1936/37 wie Arado-Flugzeuwerke und Flugplatz führten zur Erhöhung der Einwohnerzahl. Hatte die Stadt am 16.06.1933 15834 Einwoh- ner, so waren es 1939 bereits über 20000.121 Dieser Einwohnerzuwachs hatte für die Land- wirtschaft insoweit Bedeutung, dass mehr landwirtschaftliche Erzeugnisse für die Versor- gung benötigt wurden. Jedoch zog die wachsende Stadt auch weitere Arbeitskräfte vom Land ab.

Ende 1944 bestanden als Eigentum der Stadt Anklam die Stadtgüter Gellendin (554 ha), Kosenow mit Eichfelde (406 ha), Bugewitz (392 ha) und Anklam (189 ha). Außerdem be- saß die Stadt zu diesem Zeitpunkt umfangreiche Forst- und Moorflächen im Gebiet Buge- witz bis Kuhlerort unter der Bezeichnung Stadtbruch. Die Eigentumsflächen bewegten sich von der Peene bis ans Stettiner Haff in südöstlicher Richtung zur Kreisgrenze Ueckermünde.

Die Stadt Anklam hatte ab 1943 erheblich unter dem 2. Weltkrieg zu leiden. Am Vormit- tag des 9. Oktobers 1943 wurden die Stadt und die Aradowerke zum ersten Mal bombar- diert. 147 Gebäude wurden zerstört und 334 Menschen getötet.122 Am 4. und 25. August 1944 waren die nächsten Angriffe auf die Stadt und den Flugplatz. Dabei starben 29 Personen und 66 Gebäude wurden zerstört.122 Am 29. April 1945, beim Einzug der sowjetischen Truppen, wurde durch den Beschuss von deutscher Seite und eines deutschen Luftangriffes, besonders das Stadtzentrum zu ca. 70 % zerstört.122

Die Entwicklung des Verkehrsnetzes

Eine Rückblende um 800 Jahre zeigt in der Infrastruktur unvorstellbare Verhältnisse, mit denen die Menschen leben mussten. Es gab weder befestigte Fernverkehrsstraßen noch Elektroenergie, Telefon oder eine Wasserleitung. Jedoch waren auch zu dieser Zeit die Bewegung von Menschen, Waren, Tiere und Infor- mationen über weitere Strecken erforderlich. Es sei hier auch an die Einwanderer und Ku- 55 riere gedacht, die viele Hundert Kilometer zurücklegen mussten. Dazu waren Wasser- und Landwege notwendig.

Die Peene, der Landgraben und Bäche wie der Stegenbach, Großer Abzugsgraben und Ro- senhäger Beck wurden von den damaligen Einwohnern verstärkt als Verkehrswege genutzt. Bekannt ist aus archäologischen Funden, dass die Ureinwohner Boote als Ver- kehrsmittel besaßen, auch im 3. oder 9. Jahrhundert. Eine Ansiedlung an oder in der Nähe von Wasserläufen wurde deshalb bevorzugt. Die Peene galt seit vielen Jahrhunderten als ein bedeutender Verkehrsweg. Mit der Ent- wicklung des Handels und der Verarbeitungsindustrie nahm das Verkehrsaufkommen auf diesem Fluss zu. Bekannt ist, dass über die Peene der Transport von Ziegel- und Feldsteinen für Bauten, Bau- und Brennholz sowie Torf aus dem Innenbereich des Peenegebietes nach Anklam und anderswo erfolgte. Zuckerrüben und Kartoffeln wurden noch bis 1945 über den Wasserweg nach Anklam und Jarmen zur Verarbeitung gebracht. So gelangten 1942 50114 t Zuckerrüben über die Pee- ne zu den Zuckerfabriken.123 Auch die Anlieferung von Kohlen und Düngemitteln war über diesen Weg wirtschaftlicher. Die Be- und Entladung der Boote und Schiffe bedeutete früher eine schwere Arbeit. Entla- dekrane, wie wir sie heute kennen, gab es nicht. Die Zuckerrüben, Kartoffeln oder Kohlen mussten von den Arbeitskräften mit der Forke oder Schaufel entladen werden.

Wenn auch keine zuverlässigen Informationen über die Größe der Boote des 12. oder 15. Jahrhunderts vorliegen so ist davon auszugehen, dass sie sich gut zum Befahren kleinerer Bäche eigneten. Schwieriger gestaltete sich jedoch in den zurückliegenden Jahrhunderten die Bewegung über den Wasserweg im Gebiet zwischen der Peene und dem Landgraben. Die unregulier- ten Bäche und Gräben mit ihren Wassermühlen und Wehren bereiteten Probleme beim Vorwärtskommen.

Bis zum 18. Jahrhundert gab es, mit Ausnahme der Straße von Anklam nach Ziethen, nur Landwege, die sich vielfach in einem schlechten Zustand befanden. Reiter und Fußgänger hatten weniger Probleme, für Pferdewagen wurde es besonders bei ungünstiger Witterung und im Winter schwieriger. Da es im 12. Jahrhundert bereits zahlreiche Ansiedlungen zwischen Peene und Landgraben gab muss davon ausgegangen werden, dass es auch Wege und Brücken über die vorhandenen Vorfluter gab. Dem Verfasser liegen jedoch kei- ne Informationen über ihren Zustand vor. Erst mit der weiteren Besiedlung ab dem 13. Jahrhundert wurde der Verbesserung des Wegenetzes mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Die Unterhaltung der Fahrwege lag in der Hand des Grundherrn. Er entschied, in welchem Umfang und wann Hand- und Spanndienste von den Lehennehmern oder anderen Unterta- nen zu leisten waren. Der Bewirtschaftung seiner Felder gab er meistens den Vorzug.

Der Weg von Anklam nach Ziethen durch das Peenemoor wurde um 1312 mit Steinen ge- pflastert124 und damit die erste befestigte Straße im Peenegebiet geschaffen.

Bis Anfang des 19. Jahrhunderts geschah wenig bei der Befestigung von Wegen und Stra- ßen. Wohl errichteten einige Gutsbesitzer befestigte Anfahrten zu ihrem Gutshaus oder anderen Objekten, die Allgemeinheit hatte davon jedoch keinen Vorteil. In vielen Dörfern waren die Straßen nicht befestigt, nach jedem größeren Regenschauer waren sie schlecht passierbar, besonders bei lehmigem Untergrund. Das hatte zur Folge, dass das Erreichen einiger Orte ein Problem darstellte. 56 Besonders problemreich waren Orten mit lehmigem Untergrund. Mit dem technischen Fortschritt, dass Kraftfahrzeuge und Traktoren auf den Markt kamen und jährlich in der Anzahl erheblich zunahmen entstand die Notwendigkeit, kurzfristig befestigte Straßen zu bauen. Hierbei musste eine entsprechende Rangordnung gewahrt werden. Im Zeitraum 1833 bis 1836 erfolgte eine Befestigung der Straße von Anklam nach Stral- sund, 1850 von Anklam nach Klempenow und 1863 von Anklam nach Spantekow. Im weiteren Verlauf wur- den einige Durchgangsstra- ßen über befestigte Ring- straßen verbunden, dieses Bauprogramm konnte bis 1945 jedoch nicht abge- schlossen werden. Bei einigen dieser Straßen erfolgte nur eine Teilbefes- tigung der Fahrbahn. Ca. 2 m Breite blieben unbefestigt. Dieser Straßenstreifen wurde besonders von den Pferdefuhr- werken und Reitern sowie für die Bewegung von landwirtschaftlichen Geräten genutzt. In diesem Zusammenhang mussten auch die aus Holz bestehenden Brücken durch Steine und Beton ersetzt werden.

Unbefriedigend war bis 1945 der Zustand der Kommunalstraßen. Der größere Teil von ih- nen konnte in Regenperioden kaum passiert werden. So zum Beispiel führten zu den Orten Putzar, Dargibell, Müggenburg, Rubenow, Borntin, Kamp, Dennin, Gramzow, Panschow, Glien, Strippow, Rehberg und Thurow nur Landwege, teilweise in einem schlechten Zu- stand.

Die zweispurige Eisenbahnlinie Berlin – mit den Bahnhöfen Anklam, Ducherow und Borkenfriede führte durch den nordöstlichen Teil des Kreises. 1843 gab es die Teil- verbindung Angermünde – Anklam, am 27.09.1863 wurde die Bahnverbindung Anklam – Stralsund freigegeben. Über diese Bahnhöfe erfolgte auch der Güterumschlag.

Die Eröffnung einer einspurigen Eisenbahnlinie von Ducherow nach Swinemünde fand im Jahr 1876 statt. Am 15.05.1876 fuhr der erste Zug über die Eisenbahnbrücke des 560 m breiten Peenestromes.125 Zu diesem Zeitpunkt gab es eine eingleisige Brücke. Diese Bahn- linie hatte besonders für den Personenverkehr zu den Bädern auf der Insel große Bedeu- tung. 1933 wurde die Hubbrücke in Betrieb genommen und war zweigleisig befahrbar. Die Höhe des Hubgerüstes betrug 33 m. Sie stellte eine technische Meisterleistung dar. Am 28.04.1945 wurde sie gesprengt.125

Zum Betrieb einer Kleinbahn erfolgte 1892 die Gründung der Mecklenburg-Pommerschen Schmalspur-Bahn (MPSB). Sie nahm am 1. Oktober des gleichen Jahres den öffentlichen Güterverkehr auf. Die Initiative hierfür ging von Hans Graf von Schwerin-Löwitz (1847 – 1918) aus. Dieses Unternehmen berührte das Großherzogtum Mecklenburg-Strelitz und die preußi- sche Provinz Pommern, es wurde zum Bindeglied zwischen Landwirtschaft und Indus- trie. 1895 wurde die Strecke Anklam - Dennin, 1896 die Strecken Anklam - Leopoldshagen sowie Anklam - Lassan eröffnet. Sie hatte zu diesem Zeitpunkt eine Gleislänge von

141 km und eine Spurbreite von 600 mm. 1945 verfügte sie über eine Gleislänge von ca. 240 km, darunter ca. 120 km im Kreis.126 57 Viele landwirtschaftliche Großbetriebe und Dörfer des Kreises waren an dieses Bahnnetz angeschlossen. Es stellte ein Bindeglied zwischen den Fabriken und Häfen in Friedland, Anklam und Jarmen sowie den Gutsbetrieben, Dörfern, Ziegeleien und Kiesgruben im Land dar. Die Bahn erfüllte nicht nur Gütertransportaufgaben, sondern war auch für den Personen- verkehr bedeutungsvoll. Sie fuhr mehrmals am Tag die Strecke Friedland - Dennin - An- klam und zurück. Ein Fahrkilometer kostete 8 Pfennige. 1937 hatte das Unternehmen MPSB 27 Lokomotiven, 750 Güterwagen, 25 Personen- und Gepäckwagen sowie mehr als 300 Beschäftigte.127 Neben dem Transport von Kartoffeln, Zuckerrüben und anderen landwirtschaftlichen Pro- dukten wurden Baustoffe wie Kies, Sand und Steine bewegt. In den dreißiger Jahren wur- den von der Kleinbahn jährlich 280000 t Güter und 130000 Personen befördert.128

Auf den Gütern gab es ein innerbetriebliches, vorwiegend bewegliches Gleissystem zu den Feldern oder Lagerstätten. Die Feldbahnloren, die ein Fassungsvermögen von 20 bis 30 dt hatten, waren ein gutes Transportmittel und wurden von Pferden gezogen. Das Auslegen der Gleise erfolgte mit der Hand und bedeutete schwere Männerarbeit.

Das Kleinbahnunternehmen war technisch gut ausgerüstet, es hatte geschlossene und offe- ne Waggons. Bei Reisen mit der Bahn musste Zeit mitgebracht werden, der Zug fuhr mit einer Geschwindigkeit von 20 bis 30 km in der Stunde und legte an vielen Haltestellen eine Pause ein.

Wasser- und Energieversorgung

Die Wasserversorgung in den Dörfern erfolgte aus Brunnen, Pumpen und Teichen. Im frü- hen Mittelalter wurde das Wasser aus Flüssen, Gräben, Seen und Teichen entnommen. In den Ansiedlungen bauten die Menschen Schöpfbrunnen mit einer Tiefe von 3 bis 10 m, die mit Holzbohlen, später mit Back- oder Feldsteinen ausgemauert waren.

Mit der Erfindung der Pumpen begann in den Dörfern die Errichtung von Pumpenanlagen. Hier erfolgte die Bodenbohrung vielfach bis zu einer Tiefe von 20 Meter und mehr, um ausreichend Wasser in einer guten Qualität zu erhalten. Das Wasser wurde mit der Hand ge- pumpt. In den Gutsdörfern gab es an einigen zentralen Stellen Pumpen, von denen die Ein- wohner das ganze Jahr über Wasser für den Haushalt und die Tierversorgung holten. In der Regel hatten die Frauen oder Männer eine Trage auf dem Rücken, an der zwei Wassereimer hingen. Das Wasser für den Haushalt musste zwischen 30 und 300 m getragen werden. Besonders im Winter bei Schnee und Eis war dieses auch für Männer eine schwere Arbeit. Im Winter wurden die Pumpen mit Stroh eingehüllt, um das Einfrieren zu vermeiden.

Größere Bauernhöfe besaßen ihre eigenen Pumpenanlagen, es gab auch für mehrere Häu- ser eine gemeinsame Wasserpumpe. 58 Brunnenbaubetriebe entstanden, die derartige Anlagen bauten. Fließendes Wasser gab es in den Gutshäusern, in einem Teil der Gutsställe und auf größe- ren Bauernhöfen. Zum Tränken des Viehs wurde das Wasser vielfach aus dem jeweiligen Dorfteich genommen. Außer in der Stadt Anklam gab es im Kreis kein Entwässerungssystem für Fäkalien. Vor- wiegend wurden die häuslichen Abwässer auf den Dunghaufen oder an den Straßenrand verkippt und liefen mit der Jauche in den Dorfteich.

Die Elektrifizierung der landwirtschaftlichen Betriebe und Dörfer begann ab 1912. Der Stellmacher Schmock aus Liepen schreibt in seinem Lebenslauf, dass der Ort 1912 vom Elektrizitätswerk Jarmen Licht und Kraft bekam.129 Die Stadt Anklam erhielt 1921 elektrisches Licht. Vor 1945 waren sechs Dörfer, zehn Ortsteile und 25 Einzelgehöfte noch nicht an das Energieversorgungsnetz angeschlossen.130 Als Lichtquelle nutzten die Menschen in den Häusern Petroleumlampe und Wachskerze, in den Ställen die Laterne. Das Rosswerk (Göpel) und später der Dieselmotor waren auf den Gütern und Bauernhöfen die Antriebskraft.

Die Kommunikation in der zurückliegenden Zeit

Der Informationsaustausch in den Orten und Betrieben erfolgte vorwiegend in mündlicher Form. Der Dorfschulze, später der Bürgermeister, führte Ortsversammlungen durch oder schickte einen Brief in Umlauf, der von Familie zu Familie weitergereicht wurde. Auch in der Gaststätte des Dorfes wurden über Mundpropaganda viele Informationen verbreitet.

Post gab es ab Ende des Mittelalters, die Verteilung dauerte jedoch lange. Einige Tage bis hin zu mehreren Wochen konnte schon ein Brief unterwegs sein. Die reitende Post war der Vorläufer der fahrenden Post. Hierzu gab es ein festes System mit Strecken und Über- gabestellen. Nachdem die Post zunahm entwickelte sich ab Mitte des 18. Jahrhunderts die fahrende Post mit Postkutschen. So zum Beispiel fuhr ab 1749 zweimal in der Woche eine Postkutsche von Anklam nach Berlin. Aber auch weitere Linien wie Anklam - Friedland wurden befahren. Die Postkutschen beförderten auch Personen. Ab 1863 wurde die Bahn- post Berlin/Stralsund eröffnet. Die Poststellen, sie befanden sich in der Regel in den Städten, wurden in zeitlichen Ab- ständen aufgesucht.

Die Gründung des ersten Anklamer Postamtes erfolgte 1716. Es befand sich in der Peen- straße, und ein Postmeister war eingesetzt.131 Von 1812 bis 1837 war das Postamt in der Brüderstraße 17 untergebracht und zog von dort in die damalige Peenstraße 366. Am 20. Februar 1817 wurde im Postamt Anklam das Stempeln der Briefe mit „Anclam“ einge- führt.132 Mit dem zunehmenden Postverkehr und der Einrichtung des Telegraphenamtes wurde es in diesem Objekt zu eng. Auf Grund dessen entstand das neue reichseigene Postgebäude in der Steinstraße 7, das am 01.10.1878 bezogen wurde. Ab 1826 begann in Preußen die Landzustellung zu Fuß, ab 1881 waren die ersten fahren- den Landbriefträger tätig.

Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden in größeren Dörfern des Kreises Postexpeditionen, auch als Postagentur bezeichnet. Diese Agenturen wurden von den Gastwirten mit verwal- 59 tet. Später entwickelten sich Poststellen, die der Briefträger verwaltete und der zugleich die Post in seinem Landbezirk austrug. Der Transport eines Briefes oder Paketes war zu dieser Zeit teuer. Wurde im 18. Jahrhun- dert in Berlin ein einfacher Brief nach Anklam aufgegeben, so kostete er 3 Groschen und sechs Pfennige.133 Zum Vergleich sei der Verdienst eines Zimmermanns bei etwa elfstün- diger Arbeitszeit genannt, er lag bei 9 bis 10 Groschen. Der Versand eines Paketes war noch teurer, weil sich der Preis aus der Entfernung und dem Gewicht errechnete. Vermut- lich nahmen die Bauern, Handwerker und Landarbeiter diese kostenaufwendige Dienst- leistung wenig in Anspruch.

Ab Anfang des 19. Jahrhunderts gab es das Telefon, 1855 wurde Anklam an das Telegra- fennetz angeschlossen.134 Im Juni 1894 wurde die erste Stadtfernsprecheinrichtung mit 26 Teilnehmern in Betrieb genommen.134 Aus dieser geringen Teilnehmerzahl ist abzulei- ten, dass nur die obere Schicht in der Stadt und im Kreis Fernsprechanschluss besaß. Um 1900 wuchs die Teilnehmerzahl am Telegrafenverkehr stark an. Die Vermittlung der Ge- spräche erfolgte manuell über Klappschränke, die sich im Fernmeldeamt befanden. Die Verbindungen funktionierten über Freileitungen, im Ort bestanden die Kabel aus Silizi- umbronze. Mitte der zwanziger Jahre wurde das Hauptgebäude mit der Automatisierung des Fernsprechbetriebes und der Einrichtung eines Nebenverstärkeramtes aufgestockt. Ein Telefongespräch kostete im Jahre 1906 bei einer Dauer von 5 Minuten bis 25 km Ent- fernung 0,20 Mark, in der Zone 100 bis 500 km 1 Mark.

Der Rundfunk wurde Anfang des 20. Jahrhunderts bekannt. In der Nazizeit wurde es al- len Familien zur Pflicht gemacht, den Volksempfänger zu kaufen. Über diesen Weg er- folgte eine bessere Masseninformation, gleichzeitig aber auch eine Verbreitung der Lan- deskultur u.a.m. Fernsehen war bis 1945 nicht aktuell.

Wohn- und Wirtschaftsgebäude

Holz, Stein, Lehm, Schilf und Stroh galten seit alters her als die wichtigsten Baumateriali- en. Stahl, Beton und Kunststoffe kamen Ende des 19. Jahrhunderts hinzu.

Da den Einwohnern in der Phase der Ansiedlung die heute angewandte Bautechnik und das Material nicht zur Verfügung stand, mussten mit einfachen Mitteln Unterkünfte, die vor Witterungsunbilden Schutz boten, errichtet werden. Waren es erstmals hölzerne Palisaden und Erdwälle, eventuell mit einem Schilf-, Stroh- oder Rohrdach versehen, so wurden diese von kleinen Hütten aus Holzstämmen, Sträu- chern und Schilf abgelöst. Im Laufe der Zeit entstanden vielfach Blockbauten, also Ge- bäude mit übereinandergeschichteten Hölzern, die Spalten und Ritzen wurden mit Lehm verschmiert. Meistens waren diese Hölzer formgerecht bearbeitet. Derartige Bauwerke sind nach bisheriger Kenntnis des Verfassers in unserem Kreis nicht mehr zu finden.

Als eine Bauart für Wohnhäuser und Wirtschaftsgebäude gilt seit dem 15. Jahrhundert der Fachwerkbau. Hierbei handelt es sich um einen Ständerbau, ein tragendes Gerüst aus ste- henden, schrägen und liegenden Hölzern, die miteinander gekerbt bzw. mit Spunde ver- bunden sind. Die Felder zwischen den Gerüsthölzern wurden mit Strauchwerk oder Stroh durchflochten und mit festen Baustoffen oder Lehm ausgefüllt. Bei pfleglicher Behand- lung standen bzw. stehen diese Bauwerke einige hundert Jahre. Im Kreis befinden sich 60 noch viele derartige Gebäude, einige davon stehen unter Denkmalschutz. So kann in Putz- ar eines der ältesten Fachwerkhäuser, die 1566 erbaute Schulkate mit einer schwarzen Küche bewundert werden. In Stolpe und Boldekow gibt es noch je ein Vorlaubenhaus, in Stolpe ist es der Fährkrug.

Archäologische Grabungen und Funde im Anklamer Raum bestätigen, dass bereits im 13. Jahrhundert gebrannte Ziegelsteine zum Bau eingesetzt wurden. Wo die Produktion statt- fand oder ob diese Steine auf dem Schiffsweg in das Gebiet zwischen Peene und Land- graben kamen, ist dem Verfasser nicht bekannt. Diese Ziegelsteine, die größer als die heu- tigen waren, fanden ihren Einsatz beim Bau von Burgen, Schlössern und Gutshäusern. Wir begegnen noch viele Bauwerke, wo das Baumaterial vorrangig aus Feldsteinen be- steht, so bei den Schlössern Müggenburg und Putzar oder zahlreichen Wirtschaftsgebäu- den. Die Außenmauern des alten Schlosses in Putzar sind zu zwei Drittel aus Feldsteinen er- richtet worden, auch im dritten Geschoss. Die Handwerker und leibeigenen Bauern, die die Steine in die Höhe zu brin- gen hatten, mussten viel Kraft aufwenden. Es gab keinen Kran oder eine Hebebühne.

Altes Schloss Putzar /Foto: 2004 Die Fundamente von Gebäuden wurden nur mit Feldsteinen und Kalkmergel errichtet. Viele Wirtschaftsgebäude wie Ställe, Scheunen, Schmieden u.a.m. wurden teilweise aus Feldsteinen gebaut. Hier spielte die Ökonomie eine Rolle. Feldsteine gab es reichlich auf den Feldern, und sie konnten somit zweckmäßig verwendet werden. Einige Personen hat- ten sich im Peenegebiet auf den formgerechten Steinschlag spezialisiert. Die Feldsteine kamen auch beim Bau von Mauern und Einfriedungen zur Anwendung. Zu begegnen sind solche Einfriedungen in vielen Orten unseres Kreises als Einzäunung von Hofanlagen, Friedhöfen und Weiden.

Lehm- und Tonvorkommen im Kreis ermöglichten die Erzeugung von gebrannten Ziegel- steinen. Es entstanden sehr früh Ziegeleien, die Steine produzierten. Aus alten Archivunterlagen der Stadt konnte aus einem Verpachtungsvertrag des Jahres 1641 im Raum Rosenhagen der Flurname „Ziegeldamm“ entnommen werden.135 Daraus ist abzuleiten, dass dort zu diesem Zeitpunkt eine Ziegelproduktion stattfand. Diese Ziege- lei muss vermutlich im 30-jährigen Krieg zerstört worden sein. Um 1720 wird in der Lite- ratur (Berghaus) der Aufbau einer Ziegelei bei Rosenhagen erwähnt, die Ziegel- und Dachsteine nach Anklam lieferte. Diese Ziegelei lag 1,3 km nordwestlich von Rosenhagen am Rande des Moores, wurde von der Stadt Anklam errichtet und weiter verpachtet. Es waren drei Brennöfen vorhanden. Um 1750 wurde der Ziegelgraben ausgehoben, der von der Anklamer Ziegelei zur Flottbeck, dann weiter zum Rosenhägener Beck führte. Damit konnten über den Wasserweg die Steine nach Anklam transportiert werden. Von hier tra- ten sie den weiteren Weg zur Errichtung von Bauwerken auf dem Lande an. Ende des 19. Jahrhunderts muss diese Ziegelei stillgelegt worden sein. 61 Heute sind nur noch die Ziegelwerke von Ducherow bekannt, die ab 1890 entstanden und 1939 mit 5 Werken produzierten. Der Ton wurde aus den in der Nähe liegenden Tongru- ben (Ducherow-Heidberg später auch Busow/Rosenhagen) per Hand gegraben und mit Kipploren und Pferden zu den Ziegeleien gefahren. Weitere Ziegeleien gab es zum Beispiel in Zinzow, Anklam, Neetzow, Löwitz /Sophien- hof. In Zinzow stand sie in der Nähe der Ansiedlung Bornmühl. Die Anklamer Ziegelei befand sich vor dem Stolper Tor. Der Lehm wurde aus der Lehmgrube an der Demminer Landstraße geholt. Die Kunstziegelei in Neetzow stellte auch Drainagerohre her. Im Jahre 1864 soll es im Kreisgebiet sieben kleinere Ziegeleien gegeben haben.136

Beim Bau von Wohnhäusern gab es zwischen Adelssitz, Bauernhof oder Kate erhebliche quantitative und qualitative Unterschiede. Für den Adelssitz entstanden größere Häuser, die später durch Schlösser ersetzt wurden. Die Wohnhäuser für die Bauern waren im 12. Jahrhundert und auch später sehr primitiv gebaut. Sie lebten in einfachen Hütten oder Katen. Wohnraum und Stallung befand sich vielfach unter einem Dach. Der Wohnraum bestand aus einem großen Raum mit einer Feuerstätte und einem offenen Rauchabzug für das gesamte Haus. Dieser Rauchabzug wurde zum Trocknen und Räuchern von Fleisch und Wurst genutzt. Einen Ofen, wie er aus dem 19. oder 20. Jahrhundert bekannt ist, gab es nicht. Das offene Feuer musste Wär- me und Licht spenden. Erst ab dem 14. bzw. 15. Jahrhundert wurden die offenen Feuer- stätten durch ziegelsteingemauerte Öfen und Herde abgelöst.

Die glasierten Kachelöfen folg- ten im Laufe der Zeit. In eini- gen Häusern des Adels waren sie bereits im 17. Jahrhundert zu finden. Hier spielte der er- reichte Wohlstand eine Rolle. Es gab Landarbeiterkaten, die noch im 20. Jahrhundert mit den ziegelsteingemauerten Öfen und Herden ausgestattet Fachwerkbauernhaus in Iven Foto: 2004 waren.

Die Fußböden waren aus Lehm gestampft oder mit Ziegelsteinen ausgelegt. Soweit es der Wohlstand erlaubte, wurden im Laufe der Jahrhunderte Bretter oder Holzbohlen für den Fußboden verarbeitet.

Der Lichteinfall in der Wohnbehausung konnte im frühen Mittelalter nur durch kleine Öff- nungen im Bauwerk erfolgen. Nachdem im 16. Jahrhundert das Glas erfunden war wurden Fenster eingebaut. Der Kienspan musste über eine lange Zeit für die Menschen Lichtspender sein, ab dem 14. Jahrhundert wurde er durch Wachskerzen und später durch die Öl- bzw. Petroleumlampe abgelöst. Gas zur Lichterzeugung kam auf dem Lande nicht zum Einsatz. Erst die Elektroenergie ab 1921 brachte eine neue höhere Qualität in der Lichtversorgung.

Die Wohnungen der Bauern, Knechte und Mägde hatten eine sehr einfache Ausstattung. Schränke, Tische und Stühle bestanden aus einfachem Kiefern- oder Fichtenholz. Das Bett, vielfach ein Strohlager überdeckt mit Leinenlaken, musste Platz für mehrere Perso- 62 nen bieten. Das Geschirr bestand vorwiegend aus Ton. Gründe hierfür waren, dass die Technik zur Anfertigung dieser Gegenstände fehlte, auch das Geld zum Bezahlen der Handwerker.

Die Wohnungsausstattung des Adels war eine ganz andere. In Museen sind Schränke, Tru- hen, Tische und Stühle aus früheren Jahrhunderten zu bewundern, die kunstvoll ge- schnitzt oder gedrechselt sind. Auch in den Kirchen sind kunstvolle Arbeiten der Men- schen vergangener Jahrhunderte zu sehen.

Ein bedeutsamer Aspekt ist die Frage nach der Wärmeversorgung. Holz galt als vorherr- schendes Brennmaterial. Im Prozess der Ansiedlung von Bauern und Ausdehnung der landwirtschaftlichen Nutzung wurde über einige Jahrhunderte der Waldbestand gerodet, so dass es weitgehend keine Probleme bei der Versorgung mit Brennstoffen gab. Ab dem 18. Jahrhundert trat Holznot ein, weil in den Wäldern des Peenegebietes nicht mehr so viele Bäume nachwuchsen, wie sie von den Haushalten, Handwerkern und der weiteren Wirtschaft gebraucht wurden.

Bei den Einwohnern wuchs die Erkenntnis, dass sich das Moor als Brennmaterial nach entsprechender Aufbereitung eignen könnte. Mit der deutschen Kolonisation in Pommern und Mecklenburg kam das Torfstechen, das bisher westlich der Elbe betrieben wurde, in diesen Raum. Aus alten Archivunterlagen der Stadt ist zu entnehmen, dass schon ab dem 14. Jahrhundert auf Anklamer Moorflächen Torf gestochen wurde, besonders bei Anklam und Kamp. Diese Torfgewinnung fand erstmals sporadisch statt und wurde später syste- matischer und geordneter durchgeführt. Im Jahre 1748 befahl die Kriegs- und Domänenkammer der Stadt Anklam, Torfgruben an- zulegen.137 Nach anfänglichen Schwierigkeiten kam ab 1755 der Torfstich in Schwung. Der Abbau erfolgte besonders im Raum Rosenhagen, Peeneschwemmort, in weiteren Ge- bieten des Peenehaffmoores sowie der Landgrabenniederung. Die Torfmächtigkeit lag zwischen 1,5 und 4 m. An vielen Standorten des Kreises sind heute noch Wasserflächen zu finden, die durch die Torfgewinnung entstanden sind. Als Beispiel können die Torfgruben bei Görke, Rotten- krug, Zinzow, Priemen und Rebelow genannt werden.

Vielfach produzierten die Güter und Bauern in eigener Regie den Torf. Hierfür wurden die arbeitsschwachen Zeiten von Mai bis Juli genutzt. Mit einem speziellen Spaten oder Ste- cher wurden ziegelsteingroße Quader aus dem Moor gehoben und auf Flächen zum Trocknen gelegt oder in kleine Pyramiden aufgeringelt. Waren diese Steine trocken und haltbar, dass sie bewegt werden konnten, erfolgte das Aufstellen in kleine Pyramiden oder Mieten. Später, nachdem sie voll durchgetrocknet waren, erfolgte die Einlagerung als Wintervorrat. Der Torf besaß eine gute Heizkraft, besser als Holz. Die Leistungen eines Torfstechers im 19. Jahrhundert lagen nach einer zwölfstündigen Arbeitszeit bei ca. 12 m³ Moorabbau. Im Laufe des 19. Jahrhunderts kamen zur Torfproduktion bereits Pressen zum Einsatz welche die Ziegel formten. Der Betrieb dieser Pressen erfolgte weitgehend über ein Rosswerk durch Pferde, in der Anfangsphase war es die Arbeit der Menschen. Zugleich entwickelte sich in Anklam ein Gewerbe, das die Produktion und den Handel durchführte. Torf wurde auch als Handelsware über Anklams Grenzen geliefert. Nach 1880 verdrängten allmählich die Braunkohlenbrikett und Steinkohle den Torf, da sie einen höheren Heizwert besaßen. Die Torfproduktion wurde schrittweise reduziert. 63 Bis 1945 spielte das Holz als Brennmaterial neben dem Torf auf dem Lande eine bedeu- tende Rolle. Durch Selbstwerbung wurden auch Stubben gerodet und abgefallene Äste im Wald aufgesammelt.

Im 19. Jahrhundert vollzogen sich in den Dörfern des Kreises sichtliche Veränderungen. Es entstanden bei den Gütern große Wirtschaftsgebäude, die Gutshäuser wurden moderni- siert und weitere Schlösser gebaut. Anstelle der strohgedeckten Fachwerkbauten entstanden massive Gebäude aus Back- oder Kalksandstein, vielfach zweigeschossig, die mit Dachsteinen oder Dachpappe gedeckt wurden. Es veränderte sich damit die dörfliche Architektur.

Viele Gutsbesitzer bemühten sich, das Dorfbild besser zu gestalten, was zugleich ein Ausdruck der ökonomischen Stärke der jeweiligen Familie oder des Adelsgeschlechtes darstellte.

Brandschutz und Feuerwehr

In den zurückliegenden Jahrhunderten gab es verheerende Großbrände, denen die Einwoh- ner machtlos gegenüberstanden. Die Chroniken berichten zum Beispiel, dass im Septem- ber 1384 große Teile der Stadt Anklam abbrannten, 1423/1424 war in der Stadt der nächste Großbrand, der sich über einen längern Zeitraum hinzog. Danach waren bis zum 18. Jahrhundert zahlreiche weitere Feuerbrünste. Auch in den Dörfern gab es eine Reihe von Großbränden, die viele Gebäude und geschaffene Werte vernichteten. Die Gebäude hatten zu dieser Zeit vorwiegend Dächer, die aus Stroh oder Schilfrohr be- standen. Die Wohnhäuser waren zum Teil Fachwerkbauten und die Decken aus Holz und Estrichbelag. Alles leicht brennbares Material, das zur schnellen Brandverbreitung bei- trug. In der Landwirtschaft war die Brandgefahr noch ausgeprägter, weil es dort viele brennbare Stoffe gab.

Vor dem 19. Jahrhundert gab es keine ausreichend wirksam organisierte Brandbekämp- fung. Wohl waren die Gebäudeeigentümer angehalten zur Brandbekämpfung Feuerpat- schen, Löscheimer und eventuell eine Leiter bereitzuhalten sowie bei der Brandbekämp- fung aktiv mitzuwirken. Auch hatten einige Gutsbesitzer und Dorfschulzen in ihrem Terri- torium ein Brandbekämpfungssystem organisiert, jedoch die wirksame Brandbekämp- fungstechnik fehlte, dazu mangelte es auch am wissenschaftlich-technische Fortschritt.

Die meisten Ansiedlungen hatten in ihrem Bereich einen Dorfteich, der nicht nur zur Ver- sorgung des Viehs mit Trinkwasser, auch für Löschzwecke diente. In einigen Orten war es ein Fluss oder Graben, wie zum Beispiel in Anklam die Peene. Wenn Feuer ausbrach läuteten die Kirchenglocken und riefen die Einwohner zur Hilfe bei der Brandbekämpfung. Einige Dörfer wie auch die Stadt Anklam hatten einen Nachtwäch- ter, der den Feueralarm auslöste. Im 20. Jahrhundert übernahm in vielen Dörfern und in der Stadt die Sirene die Alarmierung zur Brandbekämpfung.

Erst im 19. Jahrhundert begann in Deutschland die Bildung organisierter Feuerwehren. So wurde 1841 in Meißen die erste freiwillige Feuerwehr gebildet. Viele Jahre vergingen bis diese Initiative auch in Pommern Nachahmung fand. Aus der Chronik der Freiwilligen 64 Feuerwehr Anklam ist zu entnehmen, dass sie am 17.05.1874 gegründet wurde138 Auslöser hierzu war ein Feuer in der Wördeländer Straße. Die Ortschronik Ducherow berichtet, dass es hier 1897 zur Bildung der freiwilligen Feuerwehr kam.139 Die Feuerlöschordnung für das Land Pommern wurde am 11.08.1899 erlassen.140 Danach kam es in vielen Orten der Altkreises Anklam zur Gründung freiwilliger Feuerwehren. Die erste Technik war eine zweirädigere Handdruckspritze mit Saugwerk und den dazu gehörenden Schläuchen sowie Wasserwagen. Bald danach standen Handdruckspritzen auf vierrädigeren Wagen zur Verfügung. Sie wurden von Pferden zur Brandstelle gezogen, die Einsatzkräfte fuhren mit. Einige dieser Löschfahrzeuge gab es in den Dörfern noch 1945, sie kamen auch zum Einsatz. Die Motorspritzen und Steigleitern standen ab Anfang des 20. Jahrhunderts zur Verfügung. Die Freiwillige Feuerwehr Anklam verfügte 1922 über die erste Automobilfeuerspritze.140 Im Verlaufe der Jahre wurde die Löschtechnik weiter vervollständigt, dazu gehörten Mannschaftswagen, leistungsfähigere Motorspritzen, Schaumlöschgeräte und anderes mehr. In einigen größeren Unternehmen im Kreis wie Zuckerfabrik, Möbelfabrik Oldenburg, Aradowerk oder Flugplatz gab es eine betriebsei- gene Feuerwehr.

Schrittweise entstanden in den Gemeinden Feuerwehrvereine, die in ihrem Territorium und darüber hinaus die organisierte Brandbekämpfung durchführten. Es war Pflicht, auch in Nachbarorten bei der Brandbekämpfung mitzuwirken. Die Feuerwehrleute wurden mit Uniformen ausgestattet, die Einführung einer Rangord- nung erfolgte. Der Leiter der Wehr war zuerst Feuerwehrhauptmann, später Wehrleiter. Die technische Ausrüstung der freiwilligen Wehren war auf einem niedrigen Niveau. Es fehlte das Geld zur Finanzierung von Anschaffungen, auch den Gemeinden stand wenig zur Verfügung. Spendengelder und Zuwendungen, besonders von den Gütern und weite- ren Unternehmen ermöglichten geringe Zukäufe. In einigen Fällen nahmen die Feuer- wehrvereine der Gemeinden Kredite auf.

1905 erhielt die Freiwillige Feuerwehr in Anklam ein Gebäude am ehemaligen Rathaus zur Unterstellung der Technik. Auch auf dem Lande wurden Unterstellräume für die Tech- nik errichtet. Noch heute finden wir einige dieser Gebäude, die die Geräte der Feuerwehr beherbergen.

Während des 2. Weltkrieges kamen die Wehren auch außerhalb ihres Zuständigkeitsberei- ches zum Einsatz. So besonders zur Brandbekämpfung bei Bombenangriffen in den Jahren 1943 – 1945 in Anklam, 1944 in Stettin oder in Peenemünde.

Einige Feuerwehrvereine förderten das kulturelle Leben in ihrem Territorium. Sie organi- sierten gesellige Veranstaltungen oder hatten auch Musikkapellen.

Bildungswesen

Es ist heute in unserer Region eine Selbstverständlichkeit, dass jede erwachsene Person schreiben und lesen kann. Im Mittelalter waren jedoch viele Leute Analphabeten. Das Bil- dungswesen entwickelte sich im Raum Pommern relativ spät.

Bis in das 13. Jahrhundert richtete ausschließlich die Kirche Schulen ein und unterhielt diese. Sie dienten der Ausbildung des Klerikernachwuchses und vermittelten im allgemei- 65 nen Wissen in lateinischer Sprache. Lehrstoff war in der Regel Lesen, Schreiben und Ele- mentarkenntnisse im Rechnen.141 Ab dem 14. Jahrhundert wurde diese Ausbildung durch die gegründeten Universitäten breiter ausgelegt. Sie lehrten besonders die Fächer Theolo- gie, Recht, Sprache, Mathematik und Medizin.

Die Kirche hatte bei der Ausgestaltung der Lehre entscheidenden Einfluss. Für den An- klamer Raum war die Gründung der Universität Rostock im Jahre 1419 und Greifswald 1456 von Bedeutung.142 In Greifswald wurden zunächst Theologen und Juristen ausgebil- det, ab 1535 auch Grundkenntnisse aus dem Bereich der Mathematik und Medizin ver- mittelt.143

Im Verlaufe der Städteentwicklung entstanden Pfarrschulen. Diese vermittelten besonders den Söhnen der Oberschicht die notwendigen Kenntnisse im Lesen, Schreiben und Rech- nen. Aus Archivunterlagen der Stadt Anklam ist zu entnehmen, dass 1393 eine Nikolai-Schule bestand und ab 1409 die Pfarrschule von St. Marien,144 die sich an der Ostseite des Mari- enkirchplatzes befand. Rektor dieser Schule war ein angesehener Geistlicher. Er nahm vielfach Schulgesellen in den Dienst. Dabei handelte es sich um wandernde Mönche, jun- ge Kleriker (katholische Geistliche) oder ehemalige Schüler von Lateinschulen, die eine geringe Vergütung erhielten.

Mit der Reformation trat eine schrittweise Veränderung des Bildungswesens ein. 1535 kam Johannes Bugenhagen, der Reformator von Pommern, nach Anklam und ver- handelte mit dem Rat über die Auflösung der beiden lateinischen Pfarrschulen. An ihrer Stelle trat die „gelehrte Ratsschule“, die sich im alten Schulhaus in der Nähe der Nicolai- kirche befand. Sie bestand aus 5 Klassen mit etwa 150 Schülern. Die Lehrkräfte bestanden aus Rektor, Konrektor, Kantor, ein Unterlehrer sowie die Schreib- und Rechenmeister. Der Rektor wurde zwar vom Rat berufen, der Generalsuperintendent hatte ihn jedoch zu bestätigen. Die Kirche behielt damit die Oberaufsicht über das Schulwesen.

Eine Kirchenrechnung von 1588 lässt erkennen, dass auch einige unbemittelte Eltern die Möglichkeit erhielten, ihre Kinder zur Schule zu schicken. Für 12 Kinder wurde das Schulgeld gezahlt und für 6 Kinder ein Stipendium zum Studium gewährt.145 Aus dieser finanziellen Unterstützung von Arbeiter- und Bauernfamilien ist zu erkennen, dass die herrschende Schicht bereits damals wusste, dass ein gut ausgebildeter Nachwuchs für die Wissenschaft, Medizin und andere Bereiche der Gesellschaft erforderlich war. Im Jahre 1811 erfolgte die Umwandlung der gelehrten Ratsschule in eine Höhere Bürger- schule und 1847 in ein Gymnasium mit sechs Klassen, das 1851 den Neubau in der Woll- weberstraße bezog.

Es ist davon auszugehen, dass sich im 16. bis 18. Jahrhundert im Raum des Altkreises An- klam jährlich ca. 200 Schüler in der Ausbildung befanden, das entsprach einem Anteil von ca. 15 bis 20 % der Kinder im Alter von 6 bis 14 Jahren.

Das Analphabetentum war besonders bei Frauen und Mädchen auf dem Lande ausgeprägt. Für Mädchen bestanden sehr begrenzte Bildungsmöglichkeiten. Für Unverheiratete bot der Eintritt in den Orden Gelegenheit zur geistigen Betätigung und Bildung. Es ist nicht bekannt, ob an der Gelehrten Ratsschule in Anklam Mädchen ausgebildet wurden. Der Besuch dieser Schule hatte zum Ziel, besonders Kinder aus dem Adelsstand und der gesellschaftlichen Oberschicht für Universitäten und die Militärlaufbahn vorzubereiten. 66

Dabei sicherte sich die Kirche den Einfluss zur Verbreitung des Christentums. Die Christenlehre galt als ein sehr wichtiges Fach. Für das Jahr 1897 wurden 217 Schüler genannt, die das Gymnasium in Anklam besuch- ten,146 das wären je Jahrgang ca. 36 Schüler.

Ab dem 18. Jahrhundert bemühte sich eine Reihe von Adelsfamilien, für ihre Kinder eine schulische Ausbildung zu sichern, die ihrer Herkunft später gerecht wurde. Besonders ging es um Latein, Mathematik, Naturwissenschaften, vielfach auch Musik und Geschich- te sowie Standeserziehung. Es kamen Hauslehrer und Gouvernanten zum Einsatz. Haus- lehrer waren auch junge Akademiker, die sich etwas Geld verdienen wollten. Später er- folgte die Unterbringung dieser Kinder zur weiteren Ausbildung im Schulinternat oder in einer Klosterschule.

Der Weg zur kontinuierlichen Bildung breiterer Bevölkerungsteile begann erst im 18. Jahrhundert. Die Armut der Landbevölkerung und die drückenden Belastungen infolge der Frondienste und landesherrlichen Steuern galten als Gründe, die den Aufbau von Volksschulen, wie sie in anderen Gebieten Deutschlands zum Beispiel in Gotha oder im Herzogtum Braun- schweig-Wolfenbüttel organisiert wurden, nicht zuließen. Der Adel war nicht bereit, hier- für Geld und sachliche Leistun- gen einzubringen. Die ersten Schulen auf dem Lan- de richtete die Kirche ein. So ist bekannt, dass 1560 in Putzar eine einklassige Schule bestand (siehe Bild / Foto: 2005). Auch in einigen anderen Orten wurden von der Kirche Schulen errichtet, vorwiegend dort wo sich das Pfarramt befand. Der Lehrer war oft zugleich Küster. So berichtet die Chronik von Bargischow, dass 1683 in der Schule Lesen, Rechnen, Katechismus und biblische Geschichte gelehrt wurde. Der Kirche und dem Landadel ging es darum, den Kindern die Gesetze der herrschenden Gesellschaft wie die Zehn Gebote beizubringen. Schreiben stand vielfach nicht im Mittelpunkt der schulischen Ausbildung. Deshalb konn- ten viele Bauern, Knechte und Mägde nicht ihren Namen schreiben. Amtliche Unterlagen wurden von Personen, die nicht schreiben konnten, mit drei Kreuzen unterzeichnet. .Aus alten Archivaufzeichnungen ist zu entnehmen, dass einige Gutsbesitzer mit diesem Ausbildungsstand sehr zufrieden waren, da unausgebildete Untertanen weniger Probleme bereiteten. Nicht gebildete Menschen ließen sich besser leiten und ausbeuten.

Im Heimatkalender 1914 des Kreises Anklam wird berichtet, dass Mitte des 19. Jahrhun- derts fast die Hälfte der Landlehrer über den Berufsweg des Handwerkergesellen die Be- rechtigung Lehrer einer Landschule zu sein, erworben haben.147 Sie erhielten von einem Lehrer über mehrere Monate eine Ausbildung in deutscher Sprache, Rechnen und Schrei- ben. Anschließend wurde eine schriftliche und mündliche Prüfung abgelegt.147 Danach wurden sie als Lehrer tätig. 67 In Preußisch-Pommern begann die schulpolitische Entwicklung erst unter der Herrschaft des Königs Friedrich der I. von Preußen, der mit dem Generaledikt vom 28. September 1717 die Schulpflicht anordnete und den Prozess einer Verstaatlichung des Schulwesens einleitete.148 Gesetzliche Maßnahmen erzwangen ab 1735 den Bau von Schulen und die Besetzung mit Lehrern. Danach wurden im Peenegebiet verstärkt Schulen gebaut. So entstand 1739 in Kalkstein eine, weitere in Iven, Görke, Krien, Steinmocker, Rathebur.149

Der Geschichtsforscher Hans Branig schildert in seinen Arbeiten,150 dass im 18. Jahrhun- dert die Schulausbildung in den Landschulen schlecht war. Eine Reihe der Lehrer zeigten sich ungeeignet, und es fehlten Schulräume. Im Sommer kamen die Kinder oft nicht zur Schule, da sie zu Hause und in der Landwirtschaft arbeiten mussten. Aus Unterlagen über den Ort Wussentin konnte entnommen werden,151 dass Anfang des 19. Jahrhunderts der Schulunterricht nur jeweils von Martini (11. November) bis Pflugma- rien (25. März) dauerte. Die Kinder hatten Holz zum Heizen mitzubringen. Im Sommer arbeitete der Lehrer als Tagelöhner. Die Gutsherren führten weitgehend die Aufsicht über die Schule und hatten Einfluss und Macht auf den schulischen Bereich. Vielfach bestimmte der Gutsbesitzer, wann die Kinder zur Durchführung bestimmter Arbeiten in der Landwirtschaft freizustellen waren.

Die Verbreitung gedruckter Bücher, dazu zählte auch die Bibel, verlieh dem Drang nach schulischer Ausbildung größere Impulse. Mit Hilfe des Staates begann die Einrichtung weiterer Landschulen. Kinder von Bauern und Landarbeitern konnten diese Schulen jedoch nur teilweise besuchen. Wenn sie über zehn Jahre alt waren, mussten sie in den Hauptarbeitszeiten auf dem Gut oder Bauernhof arbeiten. Friedrich der Große verfügte für den Anklamer Raum erst 1825 die Schulpflicht, das hieß, dass alle Kinder bis zum 14. Lebensjahr die Schule zu besuchen hatten. Dementspre- chend wurde dann das Schulnetz gestaltet.

In Anklam gab es zur schulischen Ausbildung neben den Volksschulen ein Gymnasium und ein Lyzeum für Mädchen. Wie berichtet, wurde 1847 das Anklamer Gymnasium mit sechs Klassentrakten einge- weiht. Der Gymnasialoberlehrer Albert Friedrich Gottschick, erster Direktor dieser Schu- le, trat mit weiteren 6 Lehrern sein Amt an. Der Andrang zum Besuch der Bildungsein- richtung wuchs sehr schnell, so dass die Schule zu klein wurde. 1926 siedelte das Gymna- sium in die neuerbaute Schule Leipziger Allee um. 1920 gab es in der Stadt Anklam drei vollständige Allgemeine Stadtschulen mit 44 Klas- sen, die in den Gebäuden der Schulstraße, Nikolaistraße und Wördeländerstraße unterge- bracht waren.152

Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts begann in der Region eine verstärkte Ausbildung der in der Landwirtschaft Tätigen. Bisher beschränkte sich diese auf Universitäten und Er- fahrungsübermittlung. 1877 wurde in Eldena bei Greifswald die erste Landwirtschaftsschule gegründet,153 die auch Fachkräfte für die Betriebe des Kreises Anklam ausbildete. In den ersten Jahren be- suchten ca. 100 Schüler diese Ausbildungsstätte, ab 1906 wurde die Ausbildungskapazität erhöht und zählte 1912 bereits 186 Schüler. Sie bestand aus einer Vor- und Fachschule, der Abschluss ermöglichte anschließend das Studium an einer Universität. Im Zeitraum 1877 bis 1912 haben 538 Absolventen das Reifezeugnis erhalten.153 Das Schulgeld betrug 68 1899 für die Vorschule 80 Mark und für die Fachschule 100 Mark im Jahr, dazu kamen ca. 550 bis 1000 Mark Pensionskosten.

Weiterhin wurden durch die Landwirtschaftskammer von Pommern die landwirtschaftli- chen Winterschulen ins Leben gerufen. Der Zweck dieser Schulen war, Landwirte für die selbständige Bewirtschaftung eines eigenen Betriebes vorzubereiten. Hierbei handelte es sich um zwei Kurse vom Oktober bis März für eine Dauer von ca. 20 Wochen. Der Besucher dieser Bildungseinrichtung musste das 17. Lebensjahr erreicht ha- ben und mindestens ein Jahr praktische Arbeit nachweisen.154 Die Ausbildung der Schüler erfolgte nach einem einheitlichen Lehrplan mit ca. 720 Schul- stunden im Halbjahr. Das Schulgeld für das 1. Halbjahr lag bei 60 Mark und für das 2. Halbjahr bei 40 Mark.155 In Anklam wurde diese Winterschule am 22. Oktober 1912 auf dem Schülerberg (August- Bebel-Straße) mit 17 Schüler eröffnet.154 Sie hatte später eine Kapazität für 50 bis 60 Schülern.

Zahlreiche Wanderlehrer machten die Bauern mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen vertraut. Die Landwirtschaftskammer und ihre Vereine organisierten in den Dörfern oder auf Kreisebene Veranstaltungen. Als Wanderlehrer kamen meistens Lehrer der Winter- und landwirtschaftlichen Fachschule zum Einsatz.

Kultur, Sitten, Traditionen, Gemeinschaftsleben und Aberglauben

Kunst und Kultur spielte für die gesellschaftliche Oberschicht eine wesentliche Rolle. Die Stadt Anklam bildete für diese Schicht den zentralen Punkt. 1783 wurde in Anklam ein Konzertverein gegründet, der besonders in den Wintermonaten öffentliche Konzerte organisierte. Ab 1830 wurde das Eckhaus Burgstraße/Wollweberstraße als Schauspielhaus genutzt und in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts in der Friedländer Straße (heutiger Standort der Polizeidirektion) das so genannte Stadttheater gebaut. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der Saal im Schützenhaus (heutiges Theater) und Volkshaus gebaut.156

Auf dem Lande entstanden im Prozess der Besiedlung viele Gaststätten, die im Verlaufe der Zeit auch Orte der Geselligkeit für Bauern und weitere Einwohner wurden. Schritt- weise erfolgte der Anbau von Sälen, in denen auch die Vereine ihre Veranstaltungen durchführen konnten.

Der Adel und die Großgrundbesitzer begingen die Festlichkeiten in ihren Schlössern oder Gutshäusern. Dazu luden sie aus ihrer Gesellschaft und dem öffentlichen Leben eine Rei- he von Personen ein. Diese Feiern wurden mit großem Aufwand ausgestaltet, sie sollten zugleich den Wohlstand der Familie demonstrieren. Die Untertanen hatten ihre Pflichten bei der Ausgestaltung zu erfüllen.

Traditionsgemäß gab es einige Veranstaltungen und Aktivitäten, die zu erwähnen sind. Nach dem Abschluss der Getreideernte fand das Erntefest statt. An diesem Fest nahmen der Gutsbesitzer und alle Angehörigen des Gutes teil. Es gab Essen und Freibier bei Mu- sik und Tanz, die Erntekrone wurde dem „Herrn“ übergeben. In Dörfern ohne Gut fand das Erntefest unter der Regie des Dorfschulzen statt. 69 Das Erntedankfest wurde von der Kirche würdig und massenwirksam gestaltet.

Kurz vor Weihnachten lud die Gutsbesitzerfrau die Kinder und Ehefrauen der dort Be- schäftigten zu einer Weihnachtsfeier ein und beschenkte sie mit Kleinigkeiten.

Das Gemeinschaftsleben gestaltete sich in den zurückliegenden Jahrhunderten ausgepräg- ter als heute. Die kleinen Ansiedlungen und Dörfer entwickelten zwangsläufig ein Ge- meinschaftsbewusstsein. Bei den Bauern erwies sich im Rahmen der Dreifelderwirtschaft und der Allmende ein gemeinsames Handeln und Lösen der Aufgaben von Nutzen. Es gab geschriebene und ungeschriebene Gesetze, die von jedem im Dorf für das gemeinschaftli- che Leben akzeptiert werden mussten. Es gab gemeinsame Kirchgänge und Feiern, auch gemeinsame Gegenspieler in Gestalt des Grundherrn. Nachbarn ergänzten sich in vielen Dingen und nahmen gegenseitig an Freud und Leid teil. Gutes Essen und Trinken, Tanzen und Musik brachte Abwechslung in das Alltagsleben der Dorfgemeinschaft. Sorgen und Ängste wurden für einige Stunden in den Hintergrund gedrängt.

Eine Hochzeit war früher meistens Angelegenheit des ganzen Dorfes, sie wurde mit großem Aufwand vorbereitet und durchgeführt. Verwandte und viele Nachbarn nahmen daran teil. Es wurden auch in der Ortsgaststätte Veranstaltungen durchgeführt. Der Gastwirt konnte sein Einkommen über diesen Weg verbessern. Das Weihnachtsfest mit familiärer Feier und einem Tannenbaum kannte man erst ab dem 19. Jahrhundert. Zuvor war es ein kirchliches Fest im Zusammenhang mit der Geburt Christi. Der Weihnachtsmann hieß im 17. und 18. Jahrhundert Rumprekker oder Ruprecht. Alte Erzählungen besagen, dass es außer ein paar Pfeffernüsse für die Kinder nicht mehr Auf- merksamkeiten gab. Die Rute spielte eine größere Rolle und galt als ein Kinderschreck. Eine Tradition zu Ostern bestand im Suchen von Ostereiern und Stieben mit Birkenrei- sern. Zu Pfingsten wurden die Türeingänge mit frischem Grün geschmückt und im Dorf ein Maibaum gesetzt. Auf vielen Gütern war es üblich, dass beim Beginn der Getreidemahd der Gutsbesitzer oder Inspektor von einer Binderin eine Strohschleife um den Arm gebunden bekam und sich durch das Spendieren von Alkohol oder Geld freikaufen musste. Beim Einbringen der letzten Getreidefuhre erfolgte vielfach das Aussprechen eines Se- genswunsches für das Folgejahr.

Wie bereits erwähnt, gab es vor 1920 in den Haushalten kein Radio, von Fernsehen ganz zu schweigen. Die Menschen verschafften sich andere Unterhaltungsmöglichkeiten, so das Zusammenkommen der Jugend auf dem Dorfanger oder der Plausch am Abend auf der Bank vor der Kate oder dem Bauernhaus. An den langen Winterabenden vertrieb man sich die Zeit mit einem Tanz in der Wirtshausstube. Die Mädchen und Frauen fanden sich am Abend in Gruppen an den Spinnrädern oder zum Schleißen von Gänsefedern zusammen. Hier wurden viele Geschichten und Sagen erzählt. Das Singen von Volksliedern und das Musizieren nahmen einen höheren Stellenwert ein als heute. Alte Volksweisen und Küchenlieder erzählten vom Leben der Menschen ver- gangener Zeiten. Auch das Spielen von Hausmusik erfreute sich großer Beliebtheit. In den Schlössern und Gutshäusern war vielfach ein Klavier vorhanden, bei den Arbeiterfamilien und Bauern eine Ziehharmonika oder Geige. 70 In der Zeit vom 25. Dezember bis 06. Januar mussten bestimmte Handlungen und Arbei- ten wie spinnen oder Wäsche waschen unterbleiben, um nicht die zu dieser Zeit „wirksam werdenden Mächte“ herauszufordern.

Sitten, Kleidung und Schmuck spielten in den zurückliegenden Jahrhunderten bei der ge- sellschaftlichen Stellung der Menschen auch auf dem Lande eine wesentliche Rolle. Es war nicht üblich und zulässig, gesellschaftliche Normen zu durchbrechen. Im Mittelalter gab es eine Kleiderordnung für die einzelnen sozialen Schichten, für den Adel, Amtspersonen, Bauern, Gewerbetreibenden, Händler und Landarbeiter. Der Kleider- aufwand war nicht nur eine Frage des Geldes, vor allem des Standes in der Gesellschaft. Nur der Adel genoss in diesem System eine größere Freiheit.

Für die einzelnen sozialen Gruppen gab es eine Zwangstracht, dazu angepasst die Klei- dung, Kopfbedeckung und das Schuhwerk. Auch für die Farbe und Machart bestanden Vorschriften. Abweichungen hiervon konnten unter Strafe stehen. Die Kleidung der Bauern im 13. und 14. Jahrhundert bestand aus Materialien, die vor Ort verfügbar waren. Die Familie fertigte sie selbst an. Die Frauen spannen Wolle, webten Stoffe und nähten Kleider. Es mussten lange Röcke sein, die auch die Beine bedeckten. Im Winter trugen die Menschen einen Mantel aus Schaffell, der die Kälte und den Regen ab- hielt. Auch die Faserpflanze Lein fand Anwendung zur Anfertigung von Kleidung, Wä- sche u.s.w. Frauen durften keine Hosen tragen. Aus alten Schriften und Bildern ist zu erfahren, dass den Bauersfrauen und ihren Töchtern Kleidung mit Kragen, Übermieder, Schleier mit Besatzleisten, Edelmetall- und Seidengür- tel untersagt war. Weitgehend mussten die Kleider aus inländischen Stoffen gefertigt sein.157 Im Verlauf der Jahre entwickelten sich reguläre Volkstrachten.

Anders dagegen kleideten sich die Frauen gleichen Alters vom Adel, oft sehr aufwendig und farbig. Sie durften es, verfügten auch über Geld, um Sachen anderenorts zu erwerben. Die Familien des Adels und Großgrundbesitzers hatten im Jahr mehrere Festlichkeiten auszugestalten oder zu besuchen. Hier wurde mit der Kleidung und dem Schmuck die Herkunft demonstriert. Das Geld für diesen Aufwand mussten die Untertanen erarbeiten.

Ab dem 16. Jahrhundert spielte der Aberglaube eine große Rolle, da den Menschen die Gesetzmäßigkeiten für die Vorgänge in der Natur nicht bekannt waren. Neben dem Glau- ben an das göttliche Wesen stand die Vorstellung vom Bösen. Es gab Personen, die die Unwissenheit, Sorgen und Ängste der Menschen ausnutzten. So entwickelte sich der Glau- be an Hexen und Zauberwesen. Naturkatastrophen, Brände, Ertragsausfälle, Tierverluste, Krankheiten und Todesfälle in der Familie wurden häufig mysteriösen Umständen zugeordnet. Es bestand die Vorstel- lung, dass bestimmte Personen das Unglück heran gehext hätten. Die wirklichen Ursachen waren weitgehend nicht bekannt. Der Aberglaube löste Verdächtigungen und böse Nach- reden im Ort aus.

Aus alter Literatur und Archivunterlagen geht hervor, dass Ende des 15. Jahrhunderts der Hexenwahn begann und über drei Jahrhunderte wütete. Unzählige unschuldige Menschen wurden entwürdigt, gequält, sogar ermordet. Wieviel Opfer der Hexenwahn im Peene- raum in dieser Zeit forderte, ist nicht bekannt. Eine angesehene junge Frau namens Isabel- la Schlichtekrull aus Anklam, die zufrieden und in Wohlstand lebte, wurde am 12. Mai 1589 verhaftet und wegen Zauberei angeklagt. Sie wurde mehrmals gefoltert, überstand diese Torturen ohne dass sie sich schuldig bekannte. Dieser Prozess und die grausamen 71 Torturen wurden später wiederholt. Ohne Schuldbeweis wurde sie des Landes verwiesen und verlor ihr Eigentum.158 Der Prozess am Reichskammergericht in Speyer dauerte 25 Jahre, wie das Urteil ausfiel ist nicht bekannt. Dieses Beispiel zeigt, welche Grausamkei- ten und Ungerechtigkeiten der Aberglauben in der damaligen Zeit anrichtete. 1649 verbot die Königin Christine von Schweden auch für Schwedisch-Pommern alle He- xenprozesse. Trotzdem blieb der Glaube an das Hexenwesen für eine Reihe von Jahren be- stehen.

Die soziale Lage auf dem Lande

Zwischen Mann und Frau gab es im späten Mittelalter in der sozialen Stellung erhebliche Unterschiede. Diese wurden auch durch die Kirche geprägt, die zum Beispiel die Frauen von wichtigen Funktionen ausschloss mit der Begründung, dass die Frau dem Mann unter- geordnet sei.

In der Landwirtschaft existierte zwischen Mann und Frau eine Arbeitsteilung. Der Mann war für die Existenz des Hofes, die Feldwirtschaft sowie Viehhaltung zuständig, die Frau für Arbeiten im und um das Haus. Neben kochen, waschen, Kinder erziehen, spinnen und weben gehörte auch die Gartenarbeit, Kleintierhaltung, Milchwirtschaft sowie Pflege- und Erntearbeiten zum Aufgabenbereich der Frau. Die gemeinsame Arbeit von Mann und Frau bestimmte den Grad der Existenzsicherung der Bauernwirtschaft.

In der Zeit der Fronarbeit der Bauern geriet die Arbeitsteilung aus dem Gleichgewicht. Durch die Überforderung des Mannes, Arbeiten beim Gutsherrn zu leisten, musste die Bauersfrau mit den Kindern Mannesarbeit durchführen wie Bestellung und Aberntung der Felder. Kinderarbeit war die Regel. Ein zwölfjähriger Junge musste auf dem Bauernhof körperlich schwere Arbeiten durchführen.

Die Frau besaß keine volle Rechts- und Handlungsfähigkeit, weil sie von der Natur her nicht waffen- und wehrfähig war,159 deshalb traf der Mann die wichtigsten Entscheidun- gen. Das galt auch im 19. Jahrhundert, wo im Rahmen des Dreiklassenwahlrechtes Abge- ordnete für die Parlamente gewählt werden konnten. Nur wenige Frauen hatten die Mög- lichkeit, hierbei eine Entscheidung zu treffen.

In der Gattenwahl war die Frau eingeengt. Nicht auf die Neigung zum Partner, sondern auf das Passende, das Standesgemäße und Kapital kam es an. Vielfach ging es darum über den Weg der Eheschließung Betriebe zusammenzuschließen oder das Kapital weiter zu konzentrieren. Dieses traf für den Adel wie Bauern zu. Dadurch traten auch Eheverbin- dungen innerhalb der Blutslinie ein. Die Frauen erhielten bei der Eheschließung eine Aussteuer (Mitgift), die als Abfindung für Erbansprüche galt. Dadurch belasteten sich die Bauernhöfe häufig mit Hypotheken.

Unverheiratete hatten kaum die Möglichkeit, selbständige Positionen zu erlangen. Mithil- fe in der Land- und Hauswirtschaft bildete das Berufsfeld.

Die Fürsorge für alte, kranke oder in Not geratene Arbeiter und deren Angehörige sowie die Kinderbescherung zum Weihnachtsfest muss als eine positive Seite der Gutsbesitzer erwähnt werden. Diese Fürsorge und Betreuung von den einzelnen Gütern und deren Ei- gentümer war sehr differenziert zu sehen. 72 Eine Unterbewertung solcher Aktivitäten in der Geschichte der Landwirtschaft bis 1945 sollte nicht erfolgen, denn sie stellten ein positives Glied im sozialen System der Gesell- schaft dar. Doch waren die Probleme in den einzelnen Jahrhunderten, besonders während der Kriege und Seuchenzüge so groß, dass die Hilfe nur einen Tropfen auf den heißen Stein darstell- te. Die Armut wuchs erheblich, es fehlte Wohnraum, Kleidung, Essen und vieles mehr.

Eine weitere Seite der negativen gesellschaftlichen und sozialen Entwicklung waren die Seuchen und Kriege, die sich besonders bei der Landbevölkerung auswirkten. Durch die wiederkehrenden Pest- und Seuchenzüge starben viele Einwohner. Diese Krankheiten verbreiteten sich schnell, waren aggressiv und zur Bekämpfung gab es keine wissenschaftlich gesicherten medizinischen Erkenntnisse sowie Ärzte. Dabei verloren die betroffenen Familien vielfach ihre Existenzbasis, ihren Hof und das Land.

Auch die Kriege und Besatzungszeiten führten zu erheblichen wirtschaftlichen Verlusten, besonders durch Raub, Brandschatzungen und Totschlag. Viele Bauern verloren ihr Ei- gentum und das spärliche Vermögen.

Chroniken einzelner Güter und Dörfer berichten über schlechte Zeiten im 18. Jahrhundert. Während des Nordischen Krieges war Vorpommern stark in Mitleidenschaft gezogen. Der Raum zwischen Peene und Landgraben war zwar kein Kriegsschauplatz so doch ein Ge- biet, in dem sich die Krieger aufhielten oder durchzogen und damit zu einer erheblichen Belastung für die Wirtschaft und Bevölkerung wurden. Zum Beispiel hatten 1715 ca. 30000 Kriegsleute bei Zinzow ihr Lager aufgeschlagen, kein Halm wurde geschont, und es wurde geplündert.160

Arm und Reich unterschied sich auch in der Bildung oder medizinischen Versorgung. Im 15. bis 17. Jahrhundert musste Schulgeld gezahlt werden, wozu die Bauern und Knechte nicht in der Lage waren. Ihre Kinder konnten folglich nicht ausreichend die Schule besu- chen. Auch der Arztbesuch kostete im 18. oder 19. Jahrhundert Geld. Eine Krankenversi- cherung, die die Kosten regulierte, gab es nicht.

Die Schere zwischen Reichtum und Armut tat sich von Jahrhundert zu Jahrhundert immer größer auf. Den Beweis für diese Einschätzung liefern die prachtvollen Schlösser und Parks sowie die modern eingerichteten Wirtschaftsgebäude einerseits und die einfachen Katen und schlecht erschlossene Territorialstruktur auf dem Lande andererseits. Fleiß und Strebsamkeit der arbeitenden Menschen alleine reichte nicht aus, einen im Durchschnitt der Gesellschaft liegenden Wohlstand zu haben.

Die medizinische Versorgung der Landbevölkerung

Die medizinische Versorgung der Landbevölkerung darf nicht an heutigen Maßstäben ge- messen werden. In den zurückliegenden Jahrhunderten war dieses System schwach entwi- ckelt, es fehlten die wissenschaftlichen Grundlagen zur Erkennung und Heilung vieler Krankheiten sowie eine entwickelte pharmazeutische Industrie. Vom gesellschaftlichen System fehlte die finanzielle Unterstützung, um das Netz der medizinischen Versor- 73 gung enger und ausreichender zu gestalten und die sozial schwächeren Bevölkerungs- gruppen gleichberechtigt zu versorgen. Im Einzugsbereich des ehemaligen Kreises Anklam gab es wenige Ärzte, außerdem wohnten diese vorwiegend in der Stadt. Seit wann und in welchem Umfang Mediziner im Peenegebiet tätig waren, ist aus den Archivunterlagen und bekannten Ortschroniken nicht zu entnehmen. Bekannt ist, dass an vielen Universitäten ab Mitte des 14. Jahrhunderts Mediziner ausgebildet wurden.

Der ehemalige Kreisarzt Dr. Fred Pichler beschäftigte sich in einigen Aufsätzen für den Heimatkalender des Kreises Anklam mit der medizinischen Versorgung der Bevölkerung des Kreises161 und schilderte auf der Grundlage von Archivunterlagen die damalige Situa- tion.

Die Bader, auch Barbiere genannt, übten ihre Tätigkeit in Anklam ab dem 15. Jahrhun- dert aus. Sie arbeiteten als Friseure, Bademeister, Heilpraktiker und Wundheiler. Größere Wundbehandlungen wurden zu damaliger Zeit bereits von Chirurgen durchgeführt. Aus dieser Arbeitsteilung ist abzuleiten, dass sehr früh Chirurgen tätig waren. Im 15. bis 17. Jahrhundert gab es in Anklam zwei bis vier Bader. Im 18. Jahrhundert starb dieser Beruf, der die Krankenheilung einschloss, allmählich aus. Es blieb der Barbier, der als Friseur tätig war und auch Zähne zog. Da es keine Prothesen gab, blieben die Zahnlücken. Einige Schäfer und Feldschere (ehemalige Sanitäter beim Militär) sollen sich auch mit Wundbehandlungen und Krankheiten beschäftigt haben.

Mit der Einführung der Medizinalordnung im Jahre 1725 wurden alle im Gesundheitswe- sen tätigen Personen erfasst, einem Examen unterzogen und vereidigt.162 Seit diesem Zeitpunkt kann von einer besseren gesundheitlichen Betreuung der Bevölkerung ausge- gangen werden.

Zurückblickend muss gesagt werden, dass infolge der primitiven Gesundheitsfürsorge und schlechten hygienischen Bedingungen in den Dörfern und der Stadt die großen Auswir- kungen der Seuchen und Krankheiten auf die Bevölkerungsentwicklung erklärbar sind. Besonders die Pest, eine durch Bakterien hervorgerufene epidemische Krankheit, die durch den Rattenfloh auf den Menschen und von Mensch zu Mensch über Tröpfchenin- fektion übertragen wurde, konnte zu damaliger Zeit nicht eingedämmt werden, es gab kein Antibiotika.

Mit der Bezeichnung „Pest“ wurden im Mittelalter auch andere epidemisch auftretende Krankheiten wie Typhus, Fleckfieber, Ruhr und Cholera bezeichnet. Die Entstehungsursa- chen und Verlaufformen der Krankheiten waren allgemein nicht bekannt. Aber auch sol- che Krankheiten wie Pocken, Lepra und Syphilis traten verstärkt auf.163

Um 1770 praktizierten in Anklam mehrere Ärzte, außerdem vier Chirurgen. Diese wur- den nicht als Ärzte sondern als Handwerker betrachtet. Ihre Ausbildung ist nicht bekannt. Neben den in Anklam wohnenden Ärzten siedelten sich ab dem 18. Jahrhundert in größe- ren Dörfern weitere Mediziner an. So ist bekannt, dass ab 1838 in Spantekow eine Arzt- praxis bestand, weiterhin in den angrenzenden Städten Friedland und Jarmen.

Die Ärzte aus der Stadt arbeiteten auch als Landarzt. Mit Pferd und Wagen fuhren sie, wenn sie gerufen wurden, zu dem Patienten oder wurden abgeholt. Landarbeiter mussten 74 sich vom Gutsbesitzer eine Kutsche leihen, um den Arzt abzuholen. Der Aufwand war groß und erforderte viel Zeit, auch für den Arzt. Der Einzugsbereich eines Landarztes be- trug bis zu 15 km.

Ein weiteres Problem bestand für den Patienten in der Bezahlung des Arztes. Es gab keine Krankenkasse, die die Kosten für den Arztbesuch und Medikamentenkauf über- nahm. Aus dieser Situation heraus wurde oft kein Arzt in Anspruch genommen, was viel- fach den Tod des Kranken zur Folge hatte. Gemeindeschwesterstationen auf dem Lande entstanden Ende des 19. Jahrhunderts. Es kamen besonders Diakonissen des Schwesternhauses Bethanien aus Stettin zum Einsatz. 1935 gab es im Kreis 7 Gemeindeschwesterstationen.

Um die schwerkranken Menschen behandeln zu können, wurde 1728 in der Brüderstraße ein Lazarett gebaut. Im Jahre 1875 entstand in der Ravelinstraße ein Krankenhaus, das 1903 durch eine Isolierbaracke erweitert wurde.164 Die Inbetriebnahme des Krankenhauses in der Hospitalstraße erfolgte im Jahre 1936. Insgesamt betrachtet hat sich erst seit Ende des 19. Jahrhunderts in der Gesundheitsfürsor- ge, gemessen an den Bedürfnissen der Bevölkerung, einiges zum Positiven verändert.

Dr. Fred Pichler schilderte in seinen Artikeln auch die Hebammentätigkeit in den zurück- liegenden Jahrhunderten.165 Er schrieb, dass von der Stadtgründung bis zum 17./18. Jahr- hundert vermutlich jeweils zwei Hebammen in der Stadt tätig waren. Danach stieg diese Zahl. Im Jahre 1820 waren es 5 und 1917 bereits 11 Hebammen, die vorwiegend in grö- ßeren Dörfern wohnten. Anfang des 14. Jahrhunderts wurde die Hebamme vielfach auch als Ärztin erwähnt. Sie hatte bei ihrer Ausbildung keinen Zutritt zur Universität. Erst im späten Mittelalter musste sie sich einer Prüfung unterziehen und bedurfte einer behördlichen Ermächtigung zur Be- rufsausübung. In der geringen Zahl der Hebammen und Ärzte vor dem 19. Jahrhundert lag vermutlich eine Ursache für die hohe Kinder- und Frauensterblichkeit. Aus dem Geburten- und Ster- beregister ist zu entnehmen, dass viele Säuglinge und Mütter im Prozess der Geburt verstarben.

Die erste Apotheke wurde um 1555 in Anklam gegründet. Die Löwenapotheke nahm 1718 ihre Tätigkeit auf166 und versorgte auch die Landbevölkerung. Vor dem 1. Welt- krieg entstanden weitere in Spantekow und Ducherow. Die Arbeit der Apotheker war nicht einfach. Damals gab es keine als Tabletten oder Trop- fen vorgefertigten Medikamente, der Apotheker musste sie als Pulver oder in flüssiger Form aus natürlichen oder chemischen Stoffen zusammenstellen. In den Museen sind noch heute die Mörser zu besichtigen, mit denen die Zerkleinerung der Stoffe vorgenom- men wurde.

Bei verschiedenen Krankheiten gingen die Menschen zu Personen die als kundig galten, diese zu besprechen. Der mystische und religiöse Aberglaube war weitverbreitet. Insbesondere ältere Menschen galten als Wunderheiler und behandelten die Kranken. Sie empfahlen bestimmte Kräuter und Mixturen zum Einnehmen und Einreiben. Diese „Be- handlungen“ waren zu bezahlen. In Anklam gab es 1840 ein Heilbuch, in dem Heilvorschriften, Medikamentenrezepte und Besprechungsformeln veröffentlicht wurden. Daraus ist abzuleiten, dass diese Praktiken zu damaliger Zeit als zulässig galten. 75

Geld, Steuern, Zins und Abgaben

Um den Warenaustausch einfacher zu gestalten, wurde das Geld eingeführt. In der ersten Phase gingen die Initiativen mit Unterstützung des Herzogs von den größeren Städten aus, so auch von Anklam. Die Stadt erhielt 1325 vom Herzog Wartislaw IV. das Recht der eigenen Münzprägung. 1395 schlossen Anklam, Greifswald und Stralsund einen Münzvertrag ab. 1433 bildeten Anklam, Stralsund, Greifswald, Demmin, Wolgast und Stettin einen Münzvertrag. Damit konnte auf der Basis des Geldes der Handel erweitert und effektiver gestaltet werden. 1489 erließ der Herzog Bogislaw X. eine Münzordnung für das ganze Land. Darin wurden die Qualität der Münzen und die Gewinnspanne beim Schlagen der Münzen bestimmt.

Geld ist der Ausdruck des Wertes des zum Austausch kommenden Produktes oder der Leistung. Es gab Jahre in denen das Geld wenig Wert hatte. Hier sei an die Zeit der Inflati- on, die sich nach dem ersten Weltkrieg vollzog, erinnert. Es wurde Notgeld in Umlauf ge- bracht sowie Geldscheine mit Millionen- bzw. Milliardenbeträgen. So kosteten am 15.11.1923 500 Gramm Brot 80 Milliarden Mark oder 500 Gramm Fleisch 200 Milliarden Mark. Der Höhepunkt der Geldinflation war im Oktober/November 1923. So entsprach Ende Oktober ein Dollar 4,2 Billionen Deutsche Mark.

In der Folgezeit kam die Rentenmark in Umlauf, die alles Notgeld aufhob. In dieser Zeit stand die Landwirtschaft vor großen finanziellen Problemen. Einige Gutseigentümer und Bauern profitierten aus dieser Inflation, sie entschuldeten sich, weil sie mit dem wertlosen Geld Kredite abzahlten. Es gab Beispiele, wo mit einem Sack Getreide die Elektroinstal- lierung eines Bauernhofes bezahlt werden konnte.167 Der Wert der Deutschen Mark ge- genüber dem Dollar fiel von Tag zu Tag.

Es waren nicht nur Abgaben an die Lehengeber, Verpächter und den Herzog bzw. König zu leisten, auch die Kirche verlangte ihren Anteil. Nach altkirchlichen Vorschriften war von allen Felderträgen und aus der Viehwirtschaft ein Zehntel als Abgabe an die Pfarrkir- che zu leisten. Zehntpflichtig waren alle Grundbesitzer im Pfarrsprengel (Pfarrbereich) ob groß oder klein, also auch der Deputant. Die Zahlung erfolgte in Geld und Naturalien. Dieser Zehnt galt als eine wichtige Einnahmequelle für die Pfarrkirche. Im wesentlichen erhielten diese Einnahmen zu je einem Viertel der Bischof und der Pas- tor, ein weiteres Viertel sollte für die Unterhaltung des Kirchengebäudes eingesetzt wer- den, die restlichen Mittel für die Armen.168 Der Zehnt wurde im 20. Jahrhundert durch die Kirchensteuer abgelöst.

Zu jeder Zeit kannte das späte Mittelalter Abgaben, die unter der Bezeichnung „stiura“ lie- fen und von den Untertanen geleistet werden mussten. Diese Abgabe wurde von der Herr- schaft erbeten, deshalb die Bezeichnung Bede (Bitte). Sie konnte von den Untertanen nicht ohne weiteres abgeschlagen werden, sie ergab sich aus dem allgemeinen Dienst- und Treueverhältnis gegenüber dem Herrn. Es entstand die Landsteuer als Beitrag zur Finan- zierung des staatlichen Aufwandes des Herzogs. Die Steuer war vor allem von den abhängigen Bauern und städtischen Bürgern aufzubrin- gen. 76

Der Herzog Bogislaw X., der ab 1479 regierte, bemühte sich, die Einkünfte der herzogli- chen Verwaltung zu vergrößern. Er setzte deshalb nach und nach durch, vom ländlichen und städtischen Grundbesitz direkte Abgaben zu erhalten. Auf dem Lande wurde die Steuer nach der Anzahl der Hufen erhoben. Es gab jedoch große Probleme, die Anzahl der steuerpflichtigen Hufen richtig zu ermitteln. Viel Land war wüst, wurde also nicht bewirtschaftet. Weitere Sonderregelungen für von der Steuer- zahlung befreite Personen wie Dorfschulze, Gastwirt und Müller kamen hinzu. Diese Hu- fen wurden für die Steuerberechnung nicht erfasst.

Der König Friedrich Wilhelm I. von Preußen führte 1715 die Hufensteuer ein. So waren je Hufen Land monatlich 17 Reichstaler und acht Schilling an den Staat abzuführen. Für einen Bauern mit 20 ha Land bedeutete das ca. 210 Taler Steuern im Jahr.

Der Ausdruck Zins hatte im Mittelalter vielschichtige Bedeutung. Hierbei wurden zualler- erst die in Naturalien oder Geld zu leistenden Abgaben von bäuerlichen Wirtschaften für das geliehene Land sowie evtl. auch Gebäude und Ausstattung verstanden. Zinszahlungen konnten dadurch entstehen, dass Unfreie gegen die Entrichtung eines be- sonderen Zinses von der personenrechtlichen Bindung befreit wurden. Als Zins wurde auch der Preis für das als Darlehen zeitweilig überlassene Geld bezeich- net.

Die finanziellen Lasten, die auf den Bauern lagen, drückten schwer. Neben Abgaben von Landhufen und Kavalleriegeld hatten sie für die Herrschaft Hand-; Spann- sowie Trans- portdienste für das Militär zu leisten.

Um eine korrekte Besteuerung der landwirtschaftlichen Betriebe und anderer Bodeneigen- tümer durchführen zu können, ließ die schwedische Regierung im Zeitraum 1650 bis 1720 eine Landvermessung durchführen. Die Karten und Bücher mit den Erläuterungen in schwedischer Sprache befinden sich im Pommerschen Landesarchiv Greifswald. Der heu- tige Eigentümer des Gutes Dennin hat sich zum Beispiel mit diesen Karten beschäftigt und sie für sein Gebiet in die deutsche Sprache übersetzen lassen. Dabei stellte er fest, dass 1698 im Dorf Dennin vorwiegend Bauern lebten. Für Historiker liefern diese Karten der schwedischen Landvermessung ein gutes Auskunftsmaterial über die damalige Besiedlung des Kreises.

Die Ausübung der staatlichen Macht sowie Rechtsfragen

Zur Herrschaft und der Machtausübung wurde vom Adel bis ins 19. Jahrhundert die Posi- tion eingenommen, dass diejenigen, die sich des Schwertes bedienen, also die Ritter und Adligen, auch die Herrschaftsgewalt im Lande auszuüben haben.

In der Zeit des 13. bis 17. Jahrhunderts herrschten in diesem Landstrich die pommerschen Greifenherzöge. Der Name Greifen leitet sich von dem Wappentier des Geschlechts ab, das slawischen Ur- sprungs ist.169 In dieser Zeit gab es infolge von Erbteilungen einen mehrmaligen Wechsel im Herr- schaftsbereich. So erfolgte am 12. Juli 1295 die Teilung des pommerschen Herzogtums zwischen den Halbbrüdern Bogislaw IV. und Otto I. In Vorpommern bildete im wesent- 77 lichen die Peene die Trennlinie für die beiden Herrschaftsbereiche. Vom Gedanken her sollte die Trennung nur als Nutzungsteilung gelten. Das Teilherzogtum Pommern-Stettin, wozu das Gebiet des späteren Landkreises Anklam gehörte, regierte Otto I. Nach dem Aussterben der Stettiner Linie fand eine Zusammenführung der Teilgebiete des Greifenhauses in eine Hand statt. 1479 übernahm der Herzog Bogislaw X. die Alleinherr- schaft im Herzogtum Pommern. 1637 starb mit Bogislaw XIV. das Greifenhaus aus, und das Herzogtum wurde eine preu- ßische Provinz.

Das Lehnrecht zwischen dem Herzog und den Ständen bildete die Grundlage der Herr- schaft. Dem Herzog standen gegenüber den einzelnen Grundherren, Rittern und Städten eine Reihe von Herrschaftsrechten zu, die über Verträge geregelt waren. Das Lehnverhältnis war zweiseitig. Es kannte den Lehnherren, also Lehengeber auf der einen und den Lehennehmer auf der anderen Seite. Daraus ergab sich eine persönliche und vermögensseitige Abhängigkeit der Bauern und dörflichen Handwerker zu den Grundherren, Rittern bzw. der Stadt.

Die Gutsherren vereinigten Grund-, Leib- und Gerichtsherrschaft in einer Hand. Sie hatten vom Lehengeber die Machtbefugnisse über ihre Untertanen erhalten. Weigerten sich die Bauern die feudalen Lasten zu tragen so wurden diese über den Weg der Gerichtsherr- schaft erzwungen.

Neben dem Herzog spielte der Bischof als Vertreter der Kirche eine große Rolle. Er ver- gab auch Lehen und sicherte sich darüber die gesellschaftliche Macht. Wohl gab es in Pommern nicht den organisierten Verband Ritter- und Landschaft, vom Grunde her trat der Adel jedoch als Herrscher des Landes auf. Im 15. Jahrhundert bildete sich das Standeswesen heraus in dem die Ritterschaft, die Städte und Äbte größerer Klöster die Politik gestalteten. Der Ritter besaß Rechte im Steuerbereich, wirkte bei der Gesetzgebung direkt oder indi- rekt mit, war in der Verwaltung, Rechtsprechung und Kirchenadministration zu finden. Durch die Geldnot der Herzöge im 16. Jahrhundert verpfändeten oder veräußerten sie lan- desherrliche Rechte an die Grundherren, so auch die Gerichtsbarkeit. Damit verstärkte sich die Machtstellung des Adels gegenüber den Bauern.170

Aus alten Aufzeichnungen ist zu entnehmen, dass bereits im 17. Jahrhundert Kreise be- standen. So wird davon gesprochen, dass 1614 auf dem Landtag zu Wolgast der Bürger- meister von Anklam Michel Wynkop durch den Herzog Philipp Julius berufen wurde.171 Zu dieser Zeit hatte der Anklamsche Kreis (die damalige Kreisbezeichnung) eine Ausdeh- nung im Westen bis ins Tollensetal und im Osten über den Neuwarper See hinaus bis kurz vor Pasewalk.154 Anklam, Jarmen, Neuwarp und Ueckermünde waren Städte des Kreises. Daneben gab es die herzöglichen bzw. königlichen Ämter von Clempenow, Stolpe, Span- tekow, Königsholland, und Ueckermünde.171

Durch den Friedensvertrag von Osnabrück erhielt 1648 die schwedische Krone Vorpom- mern als Reichslehen auf Ewigkeit zugesprochen. Der Friede von Osnabrück garantierte den pommerschen Landständen die alten Rechte und Privilegien. Damit war der Fortbe- stand der landständischen Verfassung Pommerns im Reichsgrundgesetz verankert. 78

Die Deputierten der adligen Gutsbesitzer vertraten als Ritterschaft und Adel auf den Land- tagen die gesamte ländliche Bevölkerung. Neben dem Adel bildeten die Landstädte die zweite Herrschaftsgruppe auf dem Landtag von Schwedisch-Pommern. Die Landstädte und Gutsherrschaften stellten die Gesamtheit der Ortsobrigkeiten des schwedischen Pom- mern dar. Die schwedische Regierung hatte für dieses Gebiet einen Generalgouverneur eingesetzt. Die Amtssprache war deutsch. Eine Ausnahme bildete das Finanzwesen. Hier wurden die Rechnungsbücher in schwedischer Sprache geführt. Beim Zurückgreifen auf Finanzunter- lagen damaliger Zeit bereitet noch heute die schwedische Sprache Schwierigkeiten.

Unter der 72 Jahre währenden schwedischen Herrschaft für den Altkreis Anklam konnte sich der Adel wirtschaftlich stärken. Der Bauernstand ging in dieser Zeit weiter zurück weil der Adel bestrebt war, seine ökonomische und soziale Lage zu verbessern. Mit dem Friedensvertrag von Stockholm im Jahre 1720 kam der südöstliche Teil Vorpom- merns von der Peene wieder zu Preußen und wurde als Preußisch-Vorpommern geführt. Nur ein kleiner Stadtteil von Anklam und die Wiesen nördlich der Peene gehörten noch bis 1815 zu Schweden. Das Land südlich der Peene gehörte jetzt zum Herrschaftsbereich Preußen. Zu dieser Zeit war Friedrich Wilhelm der I. König von Preußen.

Bis zum 20. Jahrhundert musste sich der Landesherr die politische Macht mit dem Adel, den Städten und der Kirche teilen. Dadurch wurde die Zentralgewalt des Staates geschmä- lert. Das bedeutete, dass sich der König mit einigen Maßnahmen zur Verbesserung der ökonomischen und rechtlichen Lage der Bauern schwer beim Adel durchsetzen konnte. Ein wesentlicher Grund hierfür bestand darin, dass die höheren Beamten des Königs aus dem Adel kamen und auch bestrebt waren, die Macht des Adels auf dem Lande weiterhin zu sichern. Der König war im Endergebnis auf den Adel angewiesen. Er sicherte anderer- seits auch den Beamten und Offizieren eine standesgemäße Versorgung zu. Sie erwarben im Laufe ihrer staatlichen Dienstzeit ein beträchtliches Vermögen und konnten sich Güter kaufen.

Im Jahre 1818 fand eine Kreisgebietsreform statt, es veränderte sich die Kreiseinteilung. Im Ergebnis dieser Reform wurde Vorpommern in die Kreise Anklam, Demmin, und Ueckermünde aufgeteilt.172 Der Kreis Anklam bestand in seinen Grenzen so wie wir ihn bis 1945 kannten

Leiter der Kreisverwaltung war der Landrat, der als Staatsbeamter vom König ernannt wurde und die Entscheidungen der preußischen Regierung durchsetzte. Weitgehend war er Volljurist und gehörte bis 1933 dem Adel an. Dazu nachstehende Übersicht173: 1793 – 1818 Moritz von Schwerin (Dargibell) 1818 – 1839 Heinrich von Schwerin-Putzar 1840 – 1848 Heinrich von Schwerin-Putzar (Sohn von Heinrich) 1849 – 1852 Heinrich von Bülow 1853 – 1882 Es liegen keine Angaben vor 1883 – 1889 Viktor Hans Bogislav Graf von Schwerin-Schwerinsburg 1889 – 1894 von Sommnitz 1894 – 1906 Freiherr von Troschke 1906 – 1928 von Rosenstiel 1928 – 1932 von Philippsborn 1932 – 1933 von Haber 79 1933 – 1940 Dr. Wilhelm Becker I 1940 – 1941 Dr. Koch 1941 – 1945 Dr. Wilhelm Becker II

Ab 1873 standen dem Landrat der Kreistag und der Kreisausschuss als kommunales Selbstverwaltungsgremium zur Seite. Die übergeordnete staatliche Leitung bestand in der Provinzleitung mit dem Oberpräsiden- ten der Provinz und dem Regierungspräsidenten des Regierungsbezirkes Stettin. Hier gab es eine Abgrenzung der Kompetenzen, so dass beide Leitungen auf die Belange des Krei- ses einwirkten.

Auch in der Landesverwaltung Pommern übten der Adel und das Kapital die Macht aus. So setzte sich der Provinziallandtag, der im Oktober 1824 gebildet wurde, aus 24 Vertre- tern des Herren- und Ritterstandes, davon 16 aus Städten und 8 aus den Landgemeinden, zusammen.174 In der letzten Gruppe waren Gutsbesitzer, die nicht zum Ritterstand gehör- ten, Erbpächter und Bauern, die mindestens 60 Morgen Ackerland bewirtschafteten, ver- treten. Bei den Abgeordneten der Städte handelte es sich vorwiegend um vermögende Per- sonen.

In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass der König 1856 dem Adel erneut die ländli- che Polizeigewalt und das Recht der Erneuerung der Dorfschulzen und Schöffen aus- drücklich bestätigte.175 Der Dorfschulze unterlag damit einer Doppelunterstellung, einmal der Gutsherrschaft und zum anderen der übergeordneten staatlichen Verwaltung. Diese Sonderstellung des Adels bestand in einigen Dörfern noch bis zum ersten Weltkrieg. Daraus ist zu erkennen, dass die Zentralregierung die Macht des Adels über die Bevölke- rung unter allen Umständen erhalten wollte.

Die Wahl des Provinziallandtages Pommern im Jahre 1872 brachte in der politischen Zu- sammensetzung keine Veränderung. Von den 82 Abgeordneten waren 34 adlig.176 Diese Abgeordneten wurden für jeweils einen Zeitraum von 6 Jahren durch die Land- und Stadt- kreise gewählt. Besonders durch das Dreiklassenwahlrecht wurde gesichert, dass der Adel und das Kapital die Mehrheit im beschlußfassenden Organ des Landes erhielt. Zu dieser Zeit bestand nicht die Möglichkeit, dass sich die Gesamtheit der mündigen Be- völkerung an der Wahl der Abgeordneten oder deren Wahlmänner beteiligten. Das Dreiklassenwahlrecht Ende des 19. Jahrhunderts erfasste ca. zwei Drittel der wahlbe- rechtigten männlichen Bevölkerung und teilte diese in drei Kategorien ein. Als Grundlage hierfür galt die Höhe der Steuerzahlung. Bürger in der höchsten Steuerklasse wählten ein Drittel der Wahlmänner. Die Masse der Wahlberechtigten gehörte zur dritten Kategorie, deren Stimme nur 4 bis 7 % Wert gegenüber der Stimme der ersten Gruppe besaß. Die weibliche Bevölkerung wurde bei der Wahl weitgehend ausgeschlossen.177 Zur Bewertung der politischen Struktur des Provinziallandtages sei gesagt, dass der Adel, der ca. 1 % der pommerschen Bevölkerung ausmachte, 41,5 % der Abgeordnetenplätze besetzte. Kleinbauern und Landarbeiter waren im Landtag nicht vertreten.

Auch die Kreistage besaßen keine andere politische und soziale Zusammensetzung. Jeder Eigentümer eines Rittergutes hatte im Kreistag eine Stimme. Weiterhin waren drei Bau- ern und Abgeordnete der Stadt im Parlament vertreten, so dass ein Übergewicht des Adelsstandes festgeschrieben war. Die Wahl der Abgeordneten erfolgte auf Lebenszeit. Die Rechtskräftigkeit der Beschlüsse des Kreistages bedurfte einer Genehmigung der Re- gierung. Mit dieser Zusammensetzung des Kreistages waren die Weichen für die Siche- rung der ökonomischen Interessen des Adels gestellt. 80 Bei der Verwaltung der Gemeinden gab es von 1825 bis auf längere Zeit hinaus eine sol- che Regelung, dass Gemeindeteile, die zu einem geschlossenen Hofbezirk gehörten, als Gutsbezirk geführt wurden und vom Gutsbesitzer oder seinem Vorsteher ohne jede Mit- wirkung der Bewohner verwaltet wurde.178

Eine Reihe von Gutsbesitzern verfügte über Zeit, Bildung und Geld, um als Abgeordnete in den verschiedenen Repräsentationsorganen des Staates wirken zu können. Am Beispiel Maximilian Heinrich Graf von Schwerin-Putzar (1804 – 1872) sei dieses er- läutert. Er war um 1833 Landrat des Kreises Anklam, 1840 Mitglied des Pommerschen Provenziallandtages, 1848 Staats- und Kultusminister, 1849 Mitglied des Preußischen Ab- geordnetenhauses, 1859 – 1862 Geheimer Staatsminister und Minister des Inneren und da- nach Abgeordneter im Reichstag.179 Einige weitere Namen von Personen, die im Zeitraum 1871 bis 1918 Reichstagsmitglie- der waren180 seien genannt: Hans Graf von Schwerin-Löwitz Kurt-Detlef von Schwerin Heinrich Graf von Schwerin Albert Julius von Schwerin-Ziethen. Die Rittergutsbesitzer bildeten in Gestalt der Deutschen Konservativen Partei mit dem Bund der Landwirte eine der staatstragenden Säulen im Deutschen Reich. Sie besetzten bedeutende Führungspositionen in Politik, Wirtschaft und Militär. Ihr politisches Ziel be- stand trotz einiger Reformen darin, den Großgrundbesitz ökonomisch weiter zu stabilisie- ren.

Die am 24.03.1896 gebildete Landwirtschaftskammer auf der Ebene des Landes181 trug zur Förderung der Entwicklung der Landwirtschaft in Pommern und damit auch im Kreis Anklam bei. Wenn diese Kammer auch als Interessenvertreter der Landwirtschaft auftrat, so war sie in ihrer Gesamtheit jedoch ein Machtorgan des Adels und der weiteren Gutsbe- sitzer. Nach der Kammersatzung und dem Gesetz des Landes wurden die Landwirte zwangswei- se zum Verein zusammengeschlossen. Zwei Vertreter je Kreis waren in der pommerschen Landwirtschaftskammer vertreten. Der Kreistag wählte diese Vertreter für jeweils 6 Jahre. 65 % der Kammermitglieder kamen aus dem Großgrundbesitz. Der Graf von Schwerin aus Löwitz vertrat ab 1896 über einen längeren Zeitraum den Kreis Anklam. Von 1896 bis 1913 war er zugleich Vorsitzender.182 Die Kammer verfügte über zahlreiche Vereine wie Landwirtschaftsvereine, zweckver- wandte Vereine u.a.m.

Der militärischen Niederlage im 1. Weltkrieg folgte der politische Zusammenbruch des Kaiserreichs. Wilhelm der II. Deutscher Kaiser und König von Preußen, floh am 10.11.1918 nach Holland ins Exil. Für die Herrschaft des Hochadels über das preußische Volk bedeutete das ein geschichtliches Ende. Es bedeutete jedoch nicht die Beendigung der Herrschaft des Adels und der Großgrundbesitzer über ihre Untertanen im Altkreis An- klam.

Nach der Novemberrevolution 1918 wurde die Weimarer Republik für Deutschland aus- gerufen. Die Verfassung für diese Republik trat am 11. August 1919 in Kraft. Im Reichs- tag waren jetzt eine Reihe von Abgeordneten vertreten, die nicht aus dem Adel oder Groß- bürgertum kamen. Insgesamt besaßen der Adel und das Bürgertum noch die Macht im Parlament und konnte die Politik erheblich bestimmen. Diese politische Struktur spiegelte sich auch im Provinziallandtag wider. 81

Bei den Kreis- und Provinziallandtagswahlen im Jahre 1921 gab es kein Dreiklassenwahl- recht mehr. Es bildeten sich in den Gremien neue soziale Strukturen heraus. Den Kommu- nen wurde das Recht der Selbstverwaltung zugesprochen. Die Gutsbesitzer im Kreis und in den Gemeinden verfügten jedoch weiterhin über eine große politische Macht.

Im Jahre 1933 wurde mit der Machtübernahme durch das III. Reich die seit 1871 beste- hende bundesstaatliche Ordnung aufgehoben. Die staatliche Leitung des Landes und Krei- ses erfolgte nach dem Führerprinzip, also Diktatur durch die NSDAP. Mit dem Ermächti- gungsgesetz vom 23. März 1933 traten die Regeln der Verfassung des Staates außer Kraft. Viele Leitungspositionen auf Landesebene wurden mit parteitreuen Personen besetzt. Auch auf Kreisebene gab es in der Besetzung von staatlichen Leitungspositionen Verände- rungen.

Der Kreis gehörte bis Mai 1945 zum Regierungsbezirk Stettin, der 13 Land- und 4 Stadt- kreise verwaltete. Pommern besaß bis dahin drei Regierungsbezirke, der Landtag war die Legislative (Gesetzgebende Versammlung). Dem Kreistag als Legislative oblag die Leitung des Kreises. In diesem Gremium waren vorwiegend Abgeordnete aus dem Landadel und Bürgertum vertreten. Der Kreisausschuss als vollziehende Gewalt bestand in der Regel aus 7 Mitgliedern.183 Der Landrat, der den Kreisausschuss leitete, fungierte zugleich als Leiter der Kreisverwal- tung, die sich in der Demminer Straße in Anklam befand.

Zum Kreis Anklam gehörten 1938 neun Großgemeinden und die Stadt. Die Großgemein- den oder auch als Amtsbezirke bezeichnet waren Boldekow, Borkenfriede, Bugewitz, Du- cherow, Krien, Leopoldshagen, Medow, Spantekow und Pelsin, denen in der Regel 16 bis 24 Ortschaften angehörten.184 Für 1934 gab der Landrat in einer Veröffentlichung 56 Ge- meinden an.183 Aus dieser Struktur ist erkennbar, dass die Verbindungen der Landarbeiter und Kleinbau- ern zur Leitung der Großgemeinden erheblich eingeschränkt waren. In den Dörfern traf weiterhin der Gutsbesitzer, in einigen Fällen der Gutsverwalter, die Entscheidung über das Wohl und Wehe der Einwohner.

Die landwirtschaftliche Produktion

Die Landwirtschaft gilt als das älteste Gewerbe der Menschheit. Aus der Notwendigkeit heraus, Nahrungsgüter für die Ernährung zu besitzen und diese eventuell gegen andere Be- darfsgüter einzutauschen, entwickelte sich der Ackerbau, also die Bearbeitung des Bo- dens, Bestellung und Ernte von Pflanzen, Körnern und Früchten. Mit primitiven Arbeits- methoden und wenig Erkenntnissen über den Ackerbau führten in den zurückliegenden Jahrtausenden die Menschen diese Produktion durch.

Die landwirtschaftliche Produktion war von der Siedlungsstruktur, dem technischen Aus- rüstungsstand, vorhandenen landwirtschaftlichen Kulturen und Tierarten sowie Produkti- onserfahrungen bestimmt. Sehr langsam veränderte sich bis zum Ende des Mittelalters die Produktionstechnologie.

War es zuerst der Mensch, der seine Muskelkraft als Energiequelle einsetzte, so wurde diese im Laufe der Zeit durch Tiere ergänzt bzw. abgelöst. 82 Rinder und Pferde kamen als Zugkraft zum Einsatz. Zum Anfang nutzte der Bauer aus wirtschaftlichen Gründen mehr das Rind, bevorzugt den Ochsen. Die Ernährung war billi- ger, er verlor im Laufe seines Lebens nicht an Wert, erzeugte Dung und war als Zugtier für viele Arbeiten gut einsetzbar. Bald danach kam das Pferd breiter zum Einsatz, da es schneller war. Mit dem Einsatz der Pferde für die landwirtschaftliche Produktion wuchs der Bestand. Die Ochsen wurden für Feldarbeiten noch bis ins zwanzigste Jahrhundert genutzt.

Die Einwanderer brachten ihre Erfahrungen zur Gestaltung der Pflanzenproduktion ins Land. So wurde auch ab dem 13. Jahrhundert die Dreifelderwirtschaft in Pommern stärker eingeführt. Ein Drittel der Nutzfläche wurde im Herbst mit Wintergetreide wie Roggen, Weizen oder Dinkel, das zweite Drittel im Frühjahr mit Gerste, Hafer und Hülsenfrüchte bestellt. Der dritte Schlag blieb ein Jahr brach liegen.

Dieses Feldbausystem bestimmte nicht nur die Fruchtfolge, es legte auch eine Flurord- nung fest. Wie bereits im Abschnitt „Die Bauern“ dargelegt, war das Ackerland eines An- gerdorfes in Gewanne (Flurstücke) eingeteilt und jeder Bauer mit einem Teilstück daran beteiligt. Zu den jeweiligen Gewannen führten in der Regel keine Einzelwege, so dass zum gleichen Zeitpunkt die Bearbeitung, Bestellung, Ernte bzw. Weide der Flächen erfolgen musste, um durch Überfahren Flurschäden zu vermeiden. Wichtige Termine stimmten die Bauern untereinander ab. Es bestand ein Flurzwang. Auf diese Weise entwickelte sich ein genos- senschaftlicher Zusammenhalt.

Die Pflanzenproduktion erbrachte im 13. bis 17. Jahrhundert sehr niedrige Erträge. Je kg Getreide Aussaat ergab drei bis vier kg Körnerertrag. Von diesem Ertrag musste die Auf- wandmenge für die neue Aussaat und das Futter für die Zugtiere gesichert werden. Im Endergebnis blieb wenig für die weiteren Tiere, den Lebensunterhalt der Familie und be- sonders für den Verkauf übrig. Hinzu kam, dass das Wintergetreide oft auswinterte.

Im Laufe der Jahrhunderte wurden weitere Erfahrungen und Erkenntnisse zur Erhöhung der Pflanzenproduktion in der praktischen Arbeit umgesetzt. Es wurde die Fruchtfolge über mehr als drei Schläge durchgeführt, die Brache eingeschränkt und dafür Hack- und Blattfrüchte aufgenommen. So zum Beispiel die Runkel- und Kohlrübe sowie Klee. Damit schaffte man eine bessere Futtergrundlage für die wachsenden Rinderbestände. Auch die Ackerschläge wurden ab dem 17. Jahrhun- dert schrittweise über einen Flächentausch zusammengelegt, so dass der Flurzwang entfiel.

Zum Pflügen kam weitgehend der Beet- pflug zum Einsatz. Dieser bestand vorwie- gend aus Holz mit einem Sech und Schar aus Metall. Er löste den von den Wenden benutzten Hakenpflug ab. Wohl wurde der Boden seitlich um eine Furchenbreite ver- setzt, jedoch ungenügend gewendet. Erst ab dem 16. Jahrhundert fand ein gewundenes Streichblech aus Metall 83 Eingang in die Pflugtechnik, das ein Wenden der Scholle ermöglichte. Das gewundene Streichblech wurde in einer Reihe von Landwirtschaftsbetrieben erst sehr spät eingesetzt mit der Begründung, dass die Anschaffung zusätzlich Geld koste.

Die Oberflächenbearbeitung erfolgte mit Holzeggen, vor 1945 waren sie in verbesserter Form als „Schotten“ (siehe Bild Seite 82) bekannt. Die Einsaat des Getreides geschah mit der Hand. Mineraldünger, außer Kalkmergel gab es zu damaliger Zeit nicht.

Die Mahd des Getreides erfolgte ab 15. Jahrhundert mit der Sense, zuvor mit der Sichel. Nach ihrer schrittweisen Weiterentwicklung erhielt sie einen Bügelreff aus Draht oder Weidenholz wobei es sich um ein Gestell zur besseren Ablage der Getreidehalme auf Schwade handelte. Hinter jedem Mäher ging die Binderin und band die Halme zu einer Garbe zusammen. Die erste Technik zur Ernte des Getreides, die von Pferden gezogen wurde, kam ab Mitte des 19. Jahrhunderts zum Einsatz.

Getrocknet wurde das Getreide in Hocken. Die Zwischenlagerung erfolgte in Scheunen oder Mieten und der Drusch geschah im Spätherbst oder Winter mit Hilfe des Flegels. Die Reinigung des Druschgutes von Spreu erfolgte bei Wind mit der Schaufel. Das Getreide wurde dann zusammengefegt, gesiebt und kam in Säcke. Diese Technologie der Getreide- erzeugung hielt sich über Jahrhunderte.

Getreide galt als das wichtigste Erzeugnis der Landwirtschaft, Grundnahrungsmittel für alle und als Handelsprodukt. Bekannt waren zu diesem Zeitpunkt Weizen, Roggen, Gerste und Hafer. Neben Getreide kannten die Bauern Hülsenfrüchte und einige Gemüsearten. Im 13. bis 17. Jahrhundert waren Mais, Sonnenblumen, Luzerne, Kartoffeln, Zuckerrüben und Raps nicht im Anbauprogramm. Die Gutsbesitzer und Bauern waren bestrebt, über die Erzeu- gung den Eigenbedarf zu decken sowie pflanzliche und tierische Produkte zu verkaufen oder zu tauschen. Mit dem Anbau von Flachs, der nach der Ernte zur Leinenerzeugung weiter bearbeitet wurde, konnte zum Beispiel der Bedarf an Kleidung und Wäsche gedeckt werden.

Im Zeitraum des 13. bis 17. Jahrhunderts gab es eine Reihe von Aktivitäten zur Erweite- rung der landwirtschaftlichen Nutzfläche für Acker- und Grünland. Aus Chroniken ist bekannt, dass das Kloster Stolpe Entwässerungsarbeiten durchführte oder von den Sied- lern durchführen ließ. Außerdem kamen Siedler in den Kreis, die neben der Waldrodung Flächen entwässerten, um sie als Ackerland oder Weide zu nutzen.

Die Tierhaltung bestand in diesem Zeitraum aus Kühen, Ochsen, Ziegen, Schafen, Geflü- gel und einer geringen Zahl von Schweinen. Das Pferd nahm erst im Laufe der Jahrhun- derte an Bedeutung zu. Die Bienenhaltung zur Gewinnung von Honig spielte eine nicht unbedeutende Rolle. Dieser wurde vorrangig als Süßungsmittel für Speisen verwendet.

Die Kuhhaltung erfolgte im Umfang des Eigenverbrauchs und Absatzes von Milch und Milchprodukten sowie auch für die Fleischversorgung. Die Jahresmilchleistung lag nied- rig, die Kühe waren robuster. Vom Frühjahr bis zum Spätherbst kamen sie auf die Weide. Aus Chroniken ist zu entnehmen, dass mit der Beweidung der Wiesen begonnen wurde, anschließend die Weidenmöglichkeiten in den Wäldern genutzt wurden, danach kamen die 84 Rinder auf die Brachflächen, es folgte die Stoppelweide und später die Herbstweide auf den Wiesen. Viele Jahrhunderte galt in den Dörfern das Weiderecht, dass eine Gemein- schaftsweide festlegte und Hirten einsetzte.. Diese wurden von den beteiligten Viehhaltern vorwiegend mit Naturalien vergütet. Vielfach mussten im Spätherbst Rinder geschlachtet werden, weil das Futter im Winter nicht gereicht hätte. Die restlichen Tiere fanden im Stall oder auf dem Hof Winterschutz.

Bei Schweinen und Schafen gab es eine ausgeprägte Freihaltung. Die Tiere mussten sich das Futter im Wald und auf den abgeernteten Flächen suchen. Besonders Eicheln und Kas- tanien waren ein bevorzugtes Mastfutter für Schweine. Die Dorfgemeinschaft setzte Schweine- und Schafhirten zum Hüten ein.

Die Aufbereitung vieler tierischer Erzeugnisse zur weiteren Verwertung erfolgte im landwirtschaftli- chen Betrieb. So wurde im 16. Jahrhundert von der Milch, nach- dem sie mehrere Stunden gestanden hatte, der Rahm abgeschöpft und nach einer bestimmten Zeit der Säuerung von Hand in hölzerne Butterfässer, buttern genannt, zu Butter verarbeitet und diese, nach Entnahme des Eigenbedarfs, verkauft. Die Buttermilch blieb zum Verzehr in der Familie.

Aus der entrahmten Milch wurde vielfach Quark hergestellt. Die Milch kam ein bis zwei Tage bis zur Ansäuerung in einen warmen Raum. Danach erfolgte die Trennung des Quarks und der Molke. Seit dem 19. Jahrhundert gab es die Zentrifuge, sie trennte die Sahne von der Milch. Diese Arbeiten verrichteten vorwiegend die Frauen.

Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich die Schafhaltung, da die Nachfrage nach Wol- le zunahm. So gibt die Statistik für das Jahr 1861 für den Kreis 153,3 Schafe je 100 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche an, im Jahre 1932 gab es nur noch 35,4 Schafe auf der gleichen Fläche.

Zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Rinderbestände wurde die Koppelwirtschaft eingeführt und leistungsfähigere Rinderrassen aus anderen Gebieten Deutschlands boden- ständig gemacht. Schrittweise stieg die Milchleistung je Kuh und das Rindfleischaufkom- men.

Einige Ortschroniken berichten, dass die Einführung neuer Produktionsverfahren und Technologien sehr schwerfällig erfolgte. Viele Bauern lehnten sie ab und wollten wie bis- her arbeiten. Nicht zuletzt handelte es sich auch um eine Geldfrage, da Saatgut und Tech- nik gekauft werden mussten. Fortschrittliche Gutsbesitzer, auch Dorflehrer und Pastoren versuchten, den Bauern die Vorteile dieser neuen Produktionsverfahren und Kulturen zu erläutern.

Allgemein war der geldliche Gewinn aus der landwirtschaftlichen Gesamtproduktion ge- ring. Leider liegen für den Zeitraum vor 1800 wenig Daten über die Struktur und Ent- wicklung der Pflanzen- und Tierproduktion im Peenegebiet vor, um Aussagen darüber treffen zu können. 85 Ab Ende des 18. Jahrhunderts fanden bei der Organisation und Technologie der landwirt- schaftlichen Produktion mehr wissenschaftliche Erkenntnisse Eingang. Auch einige Er- kenntnisse und Erfahrungen der englischen Landwirtschaft wurden in Teilbereiche der Landwirtschaft besonders von den Gütern übernommen. Die Universitäten beschäftigten sich intensiver mit den Gesetzmäßigkeiten der Natur und wie diese in der Landwirtschaft zur Erhöhung der Produktion besser genutzt werden konnten. Sie vermittelten gleichzeitig ihre Erkenntnisse an die in der Landwirtschaft täti- gen Personen.

Im Jahre 1746 ordnete der König Friedrich der Große den Kartoffelanbau an. Die Bevöl- kerung war von dieser Frucht nicht begeistert, sei es vom Anbau oder Verzehr. Vorsichtig und flächenmäßig begrenzt erfolgte der Anbau, zuerst auf Gartenflächen, später auf dem Ackerland. Nachdem bei den Gutsbesitzern und Bauern die Erkenntnis wuchs, dass sich die Kartoffel nicht nur für den Mittagstisch eignete, sondern auch als Schweinefutter sowie zur Erzeu- gung von Sprit und Stärke eingesetzt werden konnte, wurde ihr Anbau schnell zu Lasten der Ackerbrache erweitert. Die Boden- und Klimaverhältnisse in Vorpommern förderten die Pflanzkartoffelvermehrung. Immer umfangreicher entwickelte sich in dieser Richtung die Kartoffelerzeugung.

Die wissenschaftliche Leistung von Marggraf, der 1747 feststellte, dass die Runkelrübe den gleichen Zucker enthält wie das Zuckerrohr, führte seinen Schüler Achard dazu, dass dieser 1801 die erste Fabrik zur Herstellung von Zucker aus Rüben baute. Damit steiger- ten sich der Zuckerrübenanbau und die industrielle Verarbeitung ab 1882 im Peenegebiet.

Die Anbaustruktur von Pommern entwickelte sich im Zeitraum 1815 bis 1937 in den Hauptkulturen wie folgt185:

Kulturart 1815 1883 1937 % Acker % Acker % Acker Getreide insg. 69,6 48,5 59,4 dar. Roggen 29,0 25,0 x Weizen 2,9 3,4 4,6 Hülsenfrüchte 2,3 7,9 x Kartoffeln 1,7 10,2 17,6 Fabrikzuckerrüben - 0,3 1,9 Ackerbrache 23,9 10,7 x

Von der Grundtendenz war diese Anbaustruktur, außer Zuckerrüben, auch im Kreis An- klam zu finden, was mit dem Standort der Zuckerfabrik in Verbindung zu bringen war.

Die vorstehende Übersicht lässt auch die Wirkung der Weltmarktpreise zu damaliger Zeit erkennen. Landwirte wie zum Beispiel von Nordamerika oder Russland waren in der Lage, Getreide billiger anzubieten als einheimische Erzeuger, so dass deutsche Großkauf- leute dieses importierten. Die Getreidepreise fielen erheblich und die Erzeugung im pommerschen Landwirtschafts- betrieb gestaltete sich unrentabel. Es mussten neue Wege in der Organisation der land- wirtschaftlichen Produktion gegangen werden. Die Viehhaltung wurde erweitert und dazu Viehfutter erzeugt. 86 Im 18. und 19. Jahrhundert fand nur eine geringe Erhöhung der Ackerkultur statt. Die Qualität und der Umfang der Bodenbearbeitung verbesserten sich im Ergebnis der Ent- wicklung der Technik. So wurde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts der eiserne Schwingpflug eingeführt, bald danach in der zweiten Jahrhunderthälfte fand der Karren- pflug mit Selbstführung und der Schälpflug Eingang. Eggen und Walzen kamen in verbesserter Form zum Einsatz, so dass eine bessere Oberflä- chenstruktur für die Ansaat geschaffen wurde.

Die Hektarerträge waren im 19. Jahrhundert vergleichsweise zu heutigen Ergebnissen niedrig. Mit einem Weizenertrag von 11 bis 18 dt und einem Spätkartoffelertrag von 70 bis 100 dt /ha gaben sich die Landwirte zufrieden.

Kurt Holger-Egger gibt in seiner Arbeit über „Der Pflanzenbau in Pommern“ für das Jahr 1798 auf der Grundlage einer Hochrechnung für das Land Pommern folgende durch- schnittliche Hektarerträge186 an: Roggen 5,82 dt Weizen 11,48 dt Gerste 6,03 dt Hafer 3,76 dt Erbsen 6,93 dt Vermutlich handelte es sich um ein ungünstiges Jahr für die Erzeugung pflanzlicher Pro- dukte. Er sagt aber an anderer Stelle, dass zu dieser Zeit je dt Aussaat nur mit einem Er- trag von 4,33 bis 6 dt Getreide zu rechnen war. Ursachen für diese geringen Erträge waren vor allem, dass die Pflanzen noch nicht die ge- netischen Voraussetzungen für hohe Erträge hatten, chemische Düngemittel nicht zum Einsatz kamen, Stalldung auf Grund des geringen Viehbesatzes wenig zur Verfügung stand, Schädlinge und Pflanzenkrankheiten die Erträge einschränkten.

Ab Ende des 19. Jahrhunderts änderte sich die Situation auf diesem Gebiet. In den Gutsbe- trieben und größeren Bauernwirtschaften kamen Düngemittel zum Einsatz, ertragreichere Sorten wurden eingeführt, der technische Pflegeaufwand erhöht und anderes mehr. Damit stiegen die Erträge. Der Chemiker Justus von Liebig (1803 – 1873) veröffentlichte 1855 seine Erkenntnisse, dass kein Wachstumsfaktor oder Nährstoffelement zur Erreichung hoher pflanzlicher Er- träge fehlen darf, er sprach hierbei von Ertragsgesetzen. Besonders ging es um die optima- le bedarfsgerechte Nährstoffversorgung der Pflanzen.

Die Organisatoren der Produktion pflanzlicher Erzeugnisse hatten seit längerer Zeit er- kannt, dass über den Einsatz von Dung höhere Erträge erreichbar waren. Es wurde deshalb in vielen Gütern und Bauernwirtschaften der Viehbestand erhöht. Problemreicher gestalte- te sich der Einsatz mineralischer Düngemittel. Zuerst wuchs die Erkenntnis zum Einsatz von Kalkmergel. Ab Ende des 19. Jahrhunderts wurden besonders aus Südamerika Stick- stoffdüngemittel importiert und eingesetzt. Auch die Kaliindustrie entwickelte sich in Deutschland, so dass Kainit zur Verfügung stand und zum Einsatz kam.

Es liegen einige Daten aus der damaligen Zeit vom Rittergut Löwitz vor, die folgendes aussagen: Im Zeitraum 1907 bis 1912 betrug die Höhe der Bruttoeinnahme im Jahres- durchschnitt 194000 Mark. Es wurden 56000 Mark Lohnkosten und 16000 Mark zum Kauf von Düngemitteln eingesetzt. Im Zeitraum 1881/86 betrugen die jährlichen Brutto- 87 einnahmen nur 40000 Mark, für Düngemittel entstanden keine Ausgaben.187 Diese Zah- len bestätigen, dass Ende des 19. Jahrhunderts in Löwitz wie auch in vielen anderen Be- trieben kein künstlicher Dünger zum Einsatz kam. Die Vergütung der Arbeitsleistungen der im Betrieb Tätigen erfolgte weitgehend mit Naturalien. Diese Form der Vergütung schränkte die Bruttoeinnahmen ein, weil die Naturalien für die Vergütung zum Innenum- satz wurden. Somit ist nicht erkennbar, wieviel die wirkliche Produktionserhöhung betrug.

Auch bei der Veredlung von Produkten und Einführung agrartechnischer Neuerungen gingen die Betriebe der Landwirtschaft neue Wege. Maßnahmen zur Entwässerung von Flächen wurden von Seiten der preußischen Regierung unterstützt. Besonders der Beauftragte des Königs Friedrich des II. von Brenkenhof för- derte die Trockenlegung von Flächen in Kalkstein, Leopoldshagen und Luisenhof.188 Die Rimpausche Moordammkultur wurde in der 2. Hälfte des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts auf einigen Flächen der Peene- und Haffniederung sowie im Raum Löwitz – Schwerinsburg durchgeführt. Besondere Verdienste hatte hierbei der Graf von Schwe- rin-Löwitz, der in größerem Umfang und erfolgreich die Übersandung ertragloser und er- tragsschwacher Moorflächen durchführte. Diese Flächen wurden nach Anlegung von Ent- wässerungsgräben mit einer 15 bis 20 cm dicken Sandschicht überschüttet. In den ersten Jahren konnten die Flächen als Ackerland erfolgreich genutzt werden, später gab es durch die Versandung der Gräben Probleme bei der Entwässerung. Es erfolgte eine Nutzung als Grasland. Indem die Moorflächen der Peene-Haffniederung nur unbedeutend über dem Meeresspie- gel liegen, wurden sie bei Hochwasser der Peene überflutet. Das brachte große Unsicher- heit bei der Flächennutzung. Der Rückfluss des Wassers von diesen Flächen und der ein- mündenden Vorfluter dauerte infolge des geringen Gefälles der Peene sehr lange.

Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte sich der Gedanke der planmäßigen Anlegung von Hochwasserschutzanlagen, der Abführung des Wassers aus den Vorflutern sowie der Instandhaltung der Entwässerungsanlagen. Die Güter und Bauern gründeten ab 1910 Wasser- und Bodenverbesserungsgenossen- schaften. Die Aufgaben dieser Genossenschaften bestanden in der Vorflutregulierung, der Anlegung von Drainagen, dem Bau von Deichen, Schöpfwerken und Schleusen. Auch die Folgemaßnahmen wie der Umbruch von Grasland und deren Neuansaat standen auf der Tagesordnung.188 In alten Betriebskarten ist zu erkennen, dass ab Ende des 19. Jahrhunderts eine Drainie- rung der Ackerflächen erfolgte, das betraf besonders Senken, anmoorige Ackerflächen und Lehmböden.

Ab 1922 wurden diese meliorativen Maßnahmen aktiviert. Es zeigten sich Erfolge bei der besseren Nutzung von Acker- und Grünlandflächen, die Erträge stiegen. Es kam zur Bil- dung weiterer Wasser- und Bodenverbesserungsgenossenschaften. Im Jahre 1928 begann die Eindeichung des Peene-Haffmoores. Es wurden 26 km Außen- deiche im Bereich des Peene-Haffmoores und 25 km Sommerdeiche entlang der Flussläu- fe gezogen, 12 elektrisch betriebene Pumpstationen gebaut sowie 85 km Graben ausge- baut.189 Damit wurde der Grundwasserspiegel auf einen Normalstand gesenkt. Hier han- delte es sich um umfangreiche Meliorationsmaßnahmen, die über einige Jahre liefen und die finanzielle Unterstützung des Staates erhielten.

Die landwirtschaftliche Betriebslehre, begründet von Johann Heinrich von Thünen (1783 – 1859), fand in den Köpfen der Organisatoren der landwirtschaftlichen Produktion immer 88 stärkeren Eingang. Thünen erklärte, dass mit der Entfernung zum Markt die Intensität und damit der Rohgewinn je Erzeugniseinheit sinken. Bei einer genaueren Betrachtung der Entwicklung der landwirtschaftlichen Produktion im Peenegebiet ist zu erkennen, dass sich die Gutsbesitzer und Bauern bereits ohne Kenntnis der wissenschaftlichen Erkenntnisse von Thünen von diesem Gedanken leiten ließen. Schon im späten Mittelalter entwickelte sich die Getreideproduktion besonders in Hafen- nähe infolge der kurzen Transportwege. Mit dem Anbau von Kartoffeln, Zuckerrüben und Faserpflanzen war der Verarbeitungs- oder Aufkaufstandort bestimmend für den Anbauumfang. So erklären sich auch die Standorte der Zuckerfabriken, Brennereien, Flachsrösten u.a.m.

Nach dem 1. Weltkrieg wurde die Landwirtschaft über eine Reihe von Jahren weiter regle- mentiert und an Zwangsmaßnahmen gebunden. Auf Grund fehlender Kunstdünger, die nicht von der Industrie produziert wurden, konnten die Erträge nicht gesteigert werden, sie gingen zurück. Landtechnik war vielfach nicht funktionsfähig und die Viehbestände dezimiert. Die Landwirtschaft in Pommern konnte den Bedarf der Bevölkerung mit Nahrungsgütern nicht decken.190 Den Landwirtschafts- betrieben fehlte auch das Geld zur Anschaffung neuer Geräte und Bezahlung der Arbeits- kräfte.

Die Entwicklung der Pflanzenproduktion zwischen dem 1. und 2. Weltkrieg soll im Fol- genden näher betrachtet werden. Die Betriebe des Landkreises Anklam bewirtschafteten im Jahre 1937 50631 ha landwirt- schaftliche Nutzfläche, das entsprach 2,58 % der Nutzfläche des Landes Pommern. Diese unterteilte sich in 34403 ha Ackerland, 15571 ha Grünland sowie 657 ha Gartenland und Obstanlagen. Die Jahresstatistik 1932 lässt im Vergleich zu 1925 eine Verringerung der landwirtschaft- lichen Nutzfläche im Kreis erkennen. Ursache hierfür kann die Ausgrenzung von 1145 ha unkultivierter Moorflächen sowie die Bebauung und Aufforstung von Ackerland gewe- sen sein.

Ca. 40% des Ackerlandes im Kreis bestand aus sehr leichtem Boden, dementsprechend musste die Anbaustruktur gestaltet werden. So gab es für das Erntejahr 1937 folgendes Anbauverhältnis191:

% zum Kulturart ha Ackerland

Getreide insg. 20243 58,8 dar. Weizen 3358 (9,8) Roggen 7358 (21,4) Gerste 2750 (8,0) Ölfrüchte 145 0,4 Körnerhülsenfrüchte 835 2,4 Faserpflanzen 280 0,8 Kartoffeln 5034 14,6 Zuckerrüben 2997 8,7 Futterhackfrüchte 1696 4,9 Gemüse und Erwerbsgärten 110 0,3 Feldfutter insg. 2858 8,4 % zum 89 Kulturart ha Ackerland

Übrige Kulturen 150 0,5 Brachland 55 0,2 Ackerland 34403

Der Anteil der Getreidefläche bewegte sich in den Jahren 1925 bis 1937 zwischen 56,1 bis 61 %, während sich die Getreideartenstruktur stärker veränderte. Der Anteil von Weizen erhöhte sich, besonders der Sommerweizen wurde erweitert. Die Nachfrage auf dem Markt nach Brotgetreide wuchs. Da nach Zuckerrüben häufig der An- bau von Weizen erfolgte und die Rübe recht spät das Feld räumte, wurde Sommerweizen im Anbau bevorzugt. Es bestand ein geringer Ertragsunterschied zu Winterweizen, so dass diese Variante gangbar war. Nach Einführung der Wintergerste kam es zu einer jährlichen Erhöhung ihres Anbauum- fanges. Ihr Einsatz beschränkte sich vorwiegend innerbetrieblich auf die Viehverfütte- rung, so dass es Grenzen bei der Anbauerhöhung gab. Der Umfang beim Haferanbau blieb stabil, weil das Korn besonders an Pferde verfüttert wurde. Der Anbau von Getreide- und Leguminosengemenge erfolgte auf 4 bis 5 % der Ackerflä- che, insbesondere auf sehr leichten Böden.

Ab Mitte der dreißiger Jahre erfolgte der Anbau von Ölfrüchten und die Erweiterung des Anbaus von Faserpflanzen (Flachs und Hanf). Für die Verwertung der Faserpflanzen ent- standen in Friedland und Burg Verarbeitungsbetriebe. Der Anbau von Winterraps erhöhte sich in den Folgejahren entsprechend der Nachfrage auf dem deutschen Markt.

Da es für Kartoffeln eine größere Verwendungsbreite gab, wurde die Anbaufläche erwei- tert. Die Stärke- und Kartoffelflockenindustrie sowie drei Gutsbrennereien im Kreis mel- deten einen wachsenden Jahresbedarf an. Dazu kam die Versorgung der Bevölkerung des Kreises mit Speisekartoffeln.

Eine Reihe der Güter und größere Bauernhöfe spezialisierten sich auf die Erzeugung von Saat- und Pflanzgut und erzeugten Samen von Futterhülsenfrüchten, Serradella, Zucker- und Kohlrüben. Bekannt ist die Produktionsrichtung der Saat- und Pflanzgutvermehrung von den Gütern und größeren Bauernbetrieben aus Janow, Krusenkrien, Padderow, Preetzen, Stammersfel- de, Nerdin, Postlow, Blesewitz, Rathebur, Spantekow, Neuenkirchen, Charlottenhof, Lö- witz, Rossin und Krien.

Günstige Boden- und Klimaverhältnisse ermöglichten die Züchtung und den Anbau ge- sunder Pflanzkartoffeln. Kartoffelsorten wie Ackersegen, Voran oder Flava aus dem Pee- negebiet galten in anderen Ländern Deutschlands als gefragtes Pflanzgut.

Obgleich sich Zuckerfabriken in Anklam, Friedland und Jarmen befanden, ging im Zeit- raum 1925 bis 1932 die Zuckerrübenanbaufläche zurück. Als Grund hierfür wird in Veröf- fentlichungen192 die begrenzte Abnahme der Rüben von den Zuckerfabriken genannt. Hier gab es einen Zusammenhang mit dem Zuckerabsatz auf dem Weltmarkt und dem billige- ren Rohrzucker aus Brasilien. Da durch diese Veränderung das Nebenfutteraufkommen eingeschränkt wurde, erhöhte sich folglich der Anbau der Futterhackfrüchte. 90 Nach 1932 erhöhte sich im Kreis der Zuckerrübenanbau auf ca. 3000 ha. In den Kriegs- jahren bekam die Zuckererzeugung für die Kriegsführung große Bedeutung, deshalb wur- de von Seiten des Staates auf eine hohe Rübenproduktion Wert gelegt. Das Zuckerrübenblatt war für die Silageerzeugung sehr gefragt, es ließ sich gut konservie- ren.

Der Feldfutteranbau ging im Zeitraum 1925 bis 1937 schwach zurück. Besonders der Kleeanbau wurde zu Gunsten des einjährigen Feldfutteranbaus stark eingeschränkt. Der Anbau von Silomais war zu dieser Zeit noch nicht aktuell. Die ersten 17 ha Grünmais er- wähnte erstmals die Statistik des Jahres 1937. Der Gemüseanbau diente vorwiegend zur Eigenversorgung der Stadt und Güter. Eine Ausnahme bildete der vermutlich für einen Gemüseverarbeitungsbetrieb angebaute Weiß- kohl. Bis Mitte 1935 war in einigen Fruchtfolgen ein Schlag Brachland eingeordnet. Durch eine bessere Stalldungwirtschaft und veränderte Fruchtfolgen verschwand jedoch die Brache aus der Fruchtfolge.

Der Anteil des Grünlandes im Jahre 1937 verringerte sich gegenüber 1925 um ca. 2600 ha. Ein Teil dieser Fläche ging in Ackernutzung über. Vermutlich ist ein größerer Anteil der Grünlandflächen, die sich infolge der starken Vernässung nicht bewirtschaften ließen, bei der Statistik aus der landwirtschaftlichen Nutzfläche herausgenommen worden. Diese Annahme wird dadurch erhärtet, dass der Flächenrückgang insbesondere Wiesen betraf.

Der Anbau von Sommer- und Winterzwischenfrüchten erfolgte im Betrachtungszeitraum in sehr geringem Umfang. Die kreisliche Statistik gibt für das Erntejahr 1936 nur einen Anbau von 785 ha an. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass viele Zwischen- fruchtflächen von Schafherden abgeweidet wurden und in der Statistik keine Aufnahme fanden, da dieser Nutzung keine besondere Bedeutung beigemessen wurde.

Zur Entwicklung der Flächenerträge im Kreis für den Zeitraum 1925 bis 1944 gibt es sehr wenig statistische Aussagen. Es wird an dieser Stelle ein zehnjähriger Durchschnittsertrag (1926/1935) für einige ausgewählte Kulturen genannt193:

Getreide insgesamt 19,44 dt Winterweizen 22,90 dt Winterroggen 18,75 dt Hafer 21,68 dt Kartoffeln insgesamt 159,92 dt Zuckerrüben 253,60 dt.

Die Erträge des Kreises lagen im Allgemeinen etwas über dem Landesdurchschnitt. Vielfach wurde die Pflanzenproduktion noch extensiv betrieben. Die Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion begann in den dreißiger Jahren.

Die Produktion tierischer Erzeugnisse entwickelte sich ab dem 19. Jahrhundert gegenüber der zurückliegenden Zeit schneller. Es stand mehr Futter aus der gewachsenen Pflanzen- produktion zur Verfügung. Die Züchtung schaffte genetische Voraussetzungen für eine höhere Produktivität der Tiere, es kamen wissenschaftliche Erkenntnisse bei der Tierfütte- rung und Haltung sowie Bekämpfung von Tierkrankheiten zum Einsatz. Die Nachfrage nach tierischen Erzeugnissen erhöhte sich, da die Anzahl der Einwohner im Kreis, die nicht im landwirtschaftlichen Bereich tätig waren, schneller wuchs. 91 Die Viehbestände im Kreis, bezogen auf 100 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche, entwi- ckelten sich im Zeitraum 1861 bis 1936 wie folgt194:

1861 1932 1936 Tierart Stück/100 Stück/100 ha Stück/100 ha Insg. Stück ha Pferde 8,8 10,4 11,9 6006 Rinder insg. 21,8 43,8 50,1 25351 dar. Kühe 14,8 22,2 24,6 12429 Schweine 12,2 60,2 75,9 38381 Schafe 153,3 35,4 42,0 21238 Legehennen x x 182,0 92006 Bienenvölker x x 7,5 3786

Im 18. Jahrhundert entstanden in Pommern die ersten Gestüte, seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts spielte auch die Pferdezucht im Kreis eine größere Rolle. Vorwiegend wurde die Warmblutzucht aus der Kreuzung „Hannoveraner + Mecklenburger + Araber“ unter dem Zeichen Mecklenburger oder Hannoveraner betrieben.195 Die Güter Löwitz und Sophienhof waren bei dieser züchterischen Arbeit führend. Für die Kaltblutzucht (rheinisch-belgischer Schlag) wurde 1897 die Genossenschaft An- klam gegründet. Die Betriebe Klostergut Neuenkirchen und der Bauer Lankow aus An- klam waren hier die Züchter.196

Nach dem ersten Weltkrieg stand die Pferdezucht im Kreis vor einem Trümmerhaufen, de- zimiert, überaltert und unterernährt. Die Vermehrung verlief wahllos. Auch die Inflation wirkte sich negativ aus. Es trat ein Preisverfall ein. Im Februar 1926 brachten gute Ar- beitspferde beim Verkauf nur einen Erlös von 500 bis 600 Mark.197 Der Aufbau der Reichswehr ab 1934 förderte die Pferdezucht, die Preise stiegen auf 800 bis 1000 Mark pro Tier an. Einen überdurchschnittlich hohen Pferdebestand gab es in der ersten Hälfte des 20. Jahr- hunderts in den Gütern Postlow, Zinzow und Eichfelde/Kosenow. In Postlow wurden ein- schließlich Nachzucht 30 bis 35 Pferde je 100 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche gehalten, es wurde eine Remontezucht (Militärpferde) betrieben.

Der Rinderbestand und damit auch die Anzahl der Kühe wuchsen ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts schneller. Hier spielte die staatliche Einflussnahme auf die züchteri- sche Arbeit eine positive Rolle. 1892 wurde der „Pommersche Rinderzuchtverein“ gebil- det, der sich 1896 für den Regierungsbezirk Stettin in die Pommersche Herdbuchgesell- schaft für Ostfriesen und Holländer umwandelte.198 Das Schwarzbunte Niederungsrind wurde vorwiegend im Kreis gehalten. Größere Herdbuchzuchten gab es in den Gütern Lö- witz, Sophienhof, Altwigshagen, Stretense, Spantekow und Steinmocker. Die rotbunte Rinderrasse wurde vom Bauern Brandt aus Altwigshagen gezüchtet.199 Anfänglich lag die Rinderzucht in den Händen der Güter, später betrieben auch einige Bauern diese Zucht.

Der Milchkuhbestand lag in den Gütern überwiegend unter dem Kreisdurchschnitt. In Eichfelde/Kosenow, Löwitz, und Schwerinsburg wurde der Milchproduktion größere Bedeutung beigemessen, zum Teil gab es einen Zusammenhang mit dem höhe- ren Grünlandanteil zur Gesamtnutzfläche. 1933 standen 34,4 % der Kühe unter der Milchkontrolle, es wurden im Durchschnitt 3603 kg Milch mit 3,39 % Fett je Kuh gemolken.200 Umgerechnet auf den heutigen Fettgehalts- richtwert von 4 % entspräche das 3054 kg Milch je Kuh. Es war keine hohe Milchproduk- 92 tion, jedoch aus damaliger Sicht bezüglich Rinderzucht und Kraftfutterfütterung betrach- tet eine gute Leistung.

Sehr niedrig war der Schweinebestand im 19. Jahrhundert. Die Einführung des Kartof- felanbaus sicherte eine bessere und wirtschaftlichere Futtergrundlage für Schweine. Ver- mutlich gab es zu dieser Zeit auf dem Markt keine große Nachfrage nach Schweinefleisch. Ab Anfang des 20. Jahrhunderts erhöhte sich der Schweinebestand systematisch. Einen Rückgang des Schweinebestandes gab es in der Zeit des 1. Weltkrieges. Es war verboten, landwirtschaftliche Produkte, die sich für die menschliche Ernährung eigneten, an die Schweine zu verfüttern. Auch die Krankheit Rotlauf dezimierte häufig die Schweinebestände, da es noch keine Be- kämpfungsmaßnahmen gab.

1893 wurde in Pommern die Vereinigung Deutscher Schweinezüchter gegründet,201 die auch auf die Schweinezucht im Kreis positive Auswirkungen hatte. Es gab das „Deutsche Edelschwein“ und das Veredelte Landschwein, beide Schweinerassen wurden vom Klos- tergut Neuenkirchen weiter gezüchtet. Die Schweinehaltung war vom Umfang sehr differenziert. Einen größeren Bestand gab es in den Gütern Klein Below (Albrecht), , Krusenfelde, Auerose, Neetzow und Putzar. Vermutlich spielte bei dieser Produktionsrichtung die Nachfrage nach Schlacht- schweinen und der Preis auf dem Fleischmarkt eine Rolle.

Beim Schafbestand zeigte sich im 19. bis 20. Jahrhundert eine extreme Auf- und Ab- wärtsentwicklung. Eine Ursache für das schnelle Wachstum der Schafbestände im Zeit- raum 1816 bis 1873 lag im Wollbedarf der Industrie und im hohen inländischen Woll- preis. So wurden in den Jahren 1830/1839 je dt gewaschener Wolle 500 Mark, im Jahre 1900/1909 nur noch 320 Mark gezahlt.202 Die späteren preisgünstigen Wollimporte und der Einzug chemischer Produkte für die Erzeugung von Textilien und Werkstoffen führte zu erheblichem Rückgang der Schafbestände, auch im Kreis Anklam. Zahlreiche Betriebe schafften die Schafe ab, der Bestand reduzierte sich erheblich. In den Jahren 1914 bis 1932 ging er um 20% zurück. Es ist zu vermuten, dass die Frage des wirtschaftlichen Ab- satzes der Wolle und des Fleisches eine große Rolle hierbei spielte. Größere Schafbestände mit über 750 Tieren gab es in den Gütern Zinzow, Steinmocker, Medow, Blesewitz, Janow, Müggenburg, Putzar, Dennin und Neuenkirchen.

Die Geflügelhaltung besaß in den Gütern keine größere Bedeutung. Die bäuerlichen Be- triebe und Landarbeiter hielten vorwiegend für die Eigenversorgung Geflügel.

Die Mechanisierung der Land- und Nahrungsgüterwirtschaft

Bis Ende des 19. Jahrhunderts besaßen die landwirtschaftlichen Betriebe eine geringe technische Ausstattung. Es fehlte der wissenschaftlich-technische Vorlauf für den Bereich der produzierenden Landwirtschaft. Die menschliche Arbeitskraft war billiger als die mo- derne Landtechnik und nicht zuletzt konnten viele Gutsbesitzer und Bauern aus finanziel- len Gründen diese Technik nicht erwerben.

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts setzte weltweit die Entwicklung besserer Landtechnik ein. Auch in Deutschland beschäftigten sich Ingenieure, Wissenschaftler und praktische Land- wirte hiermit. 93

Anfangs zogen Ochsen oder Pferde die Landtechnik, später trieben Motore die Maschinen und Geräte an oder wurden von Traktoren gezogen. Der Einsatz leistungsfähigerer Land- technik erhöhte sich auch in den Betrieben des Kreises.

Die Dampflokomobile übernahmen schwere Arbeiten in der Feldwirtschaft und den An- trieb von Maschinen, breitwürfige Sämaschinen und andere Technik kam zum Einsatz. Auch Dienstleistungs- und Handelsunternehmen entstanden, vielfach auf genossenschaft- licher Basis. Der Bauer konnte beim dörflichen Händler und in der Stadt einkaufen sowie bestimmte technische Arbeiten fachgerecht beim Handwerker durchführen lassen. Durch die Befestigung von Wegen konnte der Transport auf Pflasterstraßen erfolgen. Auch wenn die ersten Traktoren erst Mitte der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts auf den Feldern des Kreises zum Einsatz kamen, sollen sie jedoch zuerst beschrieben werden. Im Jahre 1933 wies die Statistik der Landwirtschaft für den Kreis einen Bestand von 41 Traktoren aus, der sich bis 1944 auf über 100 erhöhte. Jedes größere Gut besaß ein bis drei Traktoren und mehr. 1921 brachte die Firma Heinrich Lanz in Mannheim den ersten Traktor heraus, einen 12 PS Bulldog, rohölgetrieben mit Glühkopf und Eisenrädern. 1926 kam von der gleichen Firma der Zweitakt-Diesel-Glühkopfmotor mit 22/28 PS und 1936 der Ackerluft-Bulldog in den Leistungsklassen 25 PS, 35 PS und 45 PS sowie der Bauern-Bulldog mit 20 PS her- aus.203 Diese Traktoren waren bis 1945 in ei- ner Reihe von Gütern als robuste leistungsfä- hige Feldmaschinen zu finden. Die letztge- nannten Traktorentypen besaßen neben der Stahlbereifung schon eine Luftbereifung und waren vielseitiger einsetzbar. Bulldog mit Wiesenräder Besonders der Lanz Bulldog wurde zum Antrieb von Dreschmaschinen eingesetzt, da sich an der Seite ein Antriebsrad mit Riemenscheibe befand. 1929 erschien auf dem Markt der Deutz Dieselschlepper mit 27/30 PS und wurde 1936 mit weiteren Deutz-Traktoren ergänzt.

Neben diesen beiden Traktorreihen kamen auf den Gütern vereinzelt Traktoren der Fir- men Hanomag, Fendt, Kramer und Güldner zum Einsatz. Eine Reihe davon war mit einer Zapfwelle und verlängerter Ackeranhängevorrichtung ausgerüstet, so dass die Möglichkeit des Anbaus von Ackergeräten bestand. Mit Beginn des 2. Weltkrieges gab es nur noch eingeschränkt Zugang zu Traktoren, da die Produktion von Kriegstechnik Vorrang besaß. Neben der Entwicklung und Produktion von Traktoren setzte sich der technische Fortschritt auch in anderen Bereichen der Landtech- nik durch.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelten neben den ausländischen Firmen auch deutsche Unternehmen Landtechnik, die einige Gutsbesitzer und Bauern des Kreises erwarben. Hierzu einige ausgewählte Beispiele. Düngerstreuer wurden ab 1867 von der Firma Siedersleben aus Bernburg und 1873 von Rudolf Sack aus Leipzig angeboten, später von weiteren Firmen Deutschlands. Die ersten Drillmaschinen kamen in Deutschland 1865 auf den Markt und wurden im Lau- fe der Zeit technisch weiterentwickelt. 94 1895 brachte die Firma Siedersleben einen Mähbinder heraus. Die Firma Rudolf Sack beschäftigte sich seit 1884 mit Verbesserungen der Pflüge und brachte später auch welche für Traktoren heraus. So könnte diese Aufzählung fortgesetzt werden. Sehr schnell vollzog sich die Vervollkommnung der Palette von Landtechnik. Auch aus- ländische Firmen brachten mit ihren Niederlassungen in Deutschland Modernes auf den Markt. Hier seien zum Beispiel die Firmen Deering und MC Cormick genannt.

Die preußische Regierung unterstützte ab 1928 die Mechanisierung und Modernisierung der landwirtschaftlichen Betriebe über das Osthilfe-Programm, ab 1931 gewährte sie durch Reichsgesetze langfristig günstige Kredite.204

Eine Betrachtung des Maschinenbestandes nach Betriebsgrößen zeigt, dass die Betriebe unter 20 ha über weniger Landtechnik verfügten. So zum Beispiel gab es 1933 nur in 20 % dieser Betriebe eine Schrotmühle, in 3 % einen Düngerstreuer, in 31 % eine Sämaschine, in 6 % einen Binder, in 5 % eine Kartoffelerntemaschine, jedoch in 31 % eine Dreschma- schine mit Göpelantrieb. Das Gut Steinmocker kaufte als erster im Kreis im Jahre 1940 zwei Mähdrescher.

Die Kleinbahn mit ihrem umfassenden Netz im Kreis bedeutete für viele Güter zur Bewäl- tigung der Transportaufgaben eine wichtige Hilfe. Die Bahn wurde durch ein bewegliches Schienennetz vieler Landwirtschaftsbetriebe er- gänzt. Über diesen Weg erfolgte in vielen Gütern des Kreises der Abtransport der Kartof- feln oder Zuckerrüben vom Feld.

In den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts bestand ein sehr differenzierter Mechanisie- rungsstand in der Landwirtschaft des Kreises. Während es in den Gütern schon leistungs- fähige Technik gab, die menschliche Arbeitskraft einsparte, sah die Situation in den klei- nen Landwirtschaftsbetrieben anders aus. Ein wesentlicher Grund hierfür war, dass die Anschaffungskosten für die Landwirtschafts- technik nicht im Verhältnis zur jährlichen Auslastung standen und zu einer höheren Kos- tenbelastung je dt produziertes Produkt geführt hätten. Bei vielen Technologien war der Mensch als Arbeitskraft billiger als eine moderne Ma- schine. Auch die Pferde oder Ochsen als Zugkraft waren kostengünstiger als ein Traktor des Typs Lanz Buldog.

Der technologische Prozess in der Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse soll für diesen Zeitraum an zwei Beispielen aus dem Landkreis dargestellt werden:

1. Die Getreideerzeugung in einem größeren Gut

Der Acker wurde mit Beetpflügen, von Traktoren gezogen, gepflügt. In Zeiten, in denen die Traktoren die Pflugarbeiten nicht schafften, kamen Karrenpflüge, von zwei Pferden oder Ochsen gezogen, zum Einsatz. Das Abschleppen und Eggen der Flächen sowie die Aussaat mit der Drillmaschine erfolg- te grundsätzlich mit Pferden. Zum einen reichten die Traktoren nicht aus, zum anderen wurde davon ausgegangen, dass bei der Durchführung dieser Arbeit mit Pferden ein gerin- gerer Bodendruck entstand. Schotteneggen oder schwere Zinkeneggen kamen zur Vorbereitung des Saatbettes zum Einsatz. Beim Schleppen wurde die Kastenschleppe bevorzugt eingesetzt, um eine ebene 95 Krumendecke zu schaffen. Die Kombination Pflug und Schleppe beim Pflügen mit dem Traktor galt als gängige Praxis. Die Grunddüngung wurde mit pferdegezogenen Düngerstreuern durchgeführt, während die Stickstoffdüngung des Getreides vorwiegend manuell aus der Düngemolle erfolgte. Zur Unkrautbekämpfung kamen bevorzugt mechanische Mittel zur Anwendung, insbeson- dere Egge oder Striegel. Im Frühjahr wurde der Winterweizen mit der mittelschweren Egge bearbeitet, um die Un- kräuter zu beseitigen und über die Bodenlockerung die Pflanzenbestockung zu fördern. Wachstumsregulatoren und Fungizide waren zu dieser Zeit wenig bekannt. Die chemische Unkrautbekämpfung erfolgte nur in geringem Umfang. Als erste Mittel kamen gegen einige Unkräuter Hedrichkainit, Kalkstickstoff, Eisenvitriollösung oder He- dolit zum Einsatz.

Zur Getreideernte standen weitgehend von Traktoren gezogene Zapfwellenbindemäher zur Verfügung. Der Binder hatte in der Regel eine Arbeitsbreite von 1,8 m und eine maximale Stundenleistung von 1 ha bei 4,5 km/h Fahrgeschwindig- keit.205 Die Mahd erfolgte in der Phase der Gelbreife. Lagergetreide wurde mit der Sense gemäht. Hinter jedem Mäher war eine Binderin tätig. Am Tag wurden ca. 0,3 bis 0,5 ha Getreide pro Mann gemäht. Während der Ernte gab es einen Zehnstundentag. Ca. 20 Getreidegarben wurden zu einer Hocke oder Puppe aufgestellt, die ungefähr eine Woche zum Trocknen stehen blieb. Danach war das Getreide reif zur Einlagerung. Die Getreidegarben wurden von Männern auf Leiterwagen gestakt, von Frauen gelegt und in der Scheune oder Miete eingelagert. Während der Ernte wurde vielfach vierspännig mit Wechselwagen gefahren. Größere Probleme während der Getreideernte traten unter Schlechtwetterbedingungen auf. Das Getreide wuchs häufig in der Hocke aus und musste zum Trocknen umgestellt wer- den. Auf vielen Getreideflächen wurden mit dem Pferderechen, auch „Hungerharke“ genannt, die liegengebliebenen Halme zusammen geharkt und danach ausgedroschen. Auch Schafe weideten auf den Stoppelfeldern und sammelten die Ähren auf.

Einige Wochen später begann das Dreschen der Garben mit Hilfe einer transportablen Dreschmaschine. Das Getreide kam erstmals auf den Speicher, das weitgehend ungepress- te, in einigen Gütern jedoch schon gepresste Stroh, als Streu- oder Futterstroh in die Scheune oder Miete. Der Körnersack wurde mit Hilfe einer Seilwinde oder einem Förderband auf den Speicher gebracht oder von Männern getragen. Ein Sack enthielt 50 bis 60 kg Getreide. Die einzige Technik in vielen Speichern bestand in Getreideschaufeln, Sackkarre, einfache Rohrbelüftungsanlage und Windfege zum Reinigen des Getreides. 96 Für diesen Arbeitsablauf wurden 45 bis 65 Arbeitsstunden je Hektar benötigt.206 Nach der Aberntung wurden die Stoppelflächen, vorwiegend mit dem Schälpflug, der von zwei Pferden gezogen wurde, umgebrochen.

2. Die Milchproduktion in einem Gut:

In den Wintermonaten wurden die Kühe im Anbindestall gehalten. Das Futter wurde von der Futtertenne mit einer Schubkarre auf die Krippe gefahren und das Trinkwasser über die Wasserleitung in die Krippe gelassen. In einigen Ställen gab es Selbsttränken. Der Dung wurde mit einer Schubkarre zum Dunghaufen gefahren, die Jauche floß in einer Rinne zum Jauchebehälter. In größeren Ställen erfolgte bereits eine Schleppschaufelent- mistung

Die Kühe wurden mit der Hand oder einer mechanischen Melkanlage gemolken und die Milch in größeren Behältern gesammelt. Ein Melker hatte zweimal täglich 15 bis 20 Kühe, die zu seiner Betreuungsgruppe gehörten, zu melken. Nicht jedes Gut verfügte über eine Kühlanlage. Im Sommer wurde die Milch zweimal am Tag zur Molkerei gefahren, um den Kühlungsaufwand einzusparen. Eine eigene Milchver- arbeitung fand ab 1936 nicht mehr statt, sie war von staatlicher Seite verboten.

Während der Sommermonate standen die Kühe auf der Weide und wurden dort von den Melkern gemolken. Vereinzelt gab es auch mechanische Melkanlagen für den Weidebe- trieb, moderne Melkhäuser jedoch nicht.

Abkalbeställe existierten in den meisten Gütern nicht. Die zur Abkalbung kommenden Kühe wurden in einem gesonderten Abschnitt untergebracht. Im Sommer kalbten sie viel- fach auf der Weide ab. Die veterinärmedizinischen Anforderungen waren zu damaliger Zeit nicht so streng. Für die Kälberaufzucht gab es in der Regel gesonderte Stallabschnitte oder Ställe.

Die Verknüpfung des Handwerks, Gewerbes und Handels mit der Land- wirtschaft

Der arbeitsteilige Prozess von Produktion, Aufkauf, Verarbeitung und Verkauf an die Ver- braucher der landwirtschaftlichen Erzeugnisse entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte schrittweise. Der Bauer produzierte landwirtschaftliche Erzeugnisse und tauschte davon einen Teil gegen andere Produkte ein, die er für seine Familie und zur weiteren Produktion brauchte. In diesen Prozess des Warenaustausches schoben sich immer stärker Kaufleute als Beteiligte ein.

Im Ergebnis dieser Arbeitsteilung entwickelte sich das Handwerk und der Handel. Hand- werker in Dörfern und Städten übernahmen eine Reihe von Aufgaben.

Unter den Beschäftigten in Klöstern und Grundherrschaften gab es Menschen mit hohen handwerklichen Fähigkeiten. Sie waren besonders in der Holzbe- und -verarbeitung, Me- tallbe- und -verarbeitung, Textilbearbeitung für den häuslichen Bedarf, Ledererzeugung und -verarbeitung zu finden und stellten viele Gebrauchsgegenstände wie Gefäße, Hand- werkzeuge, Bodenbearbeitungsgeräte und anderes mehr her. 97 Auch die Handwerker der Stadt erbrachten einen großen Teil ihrer Leistungen für die landwirtschaftlichen Betriebe. Es fand die Ware- Geldbeziehung statt. Besonders im Zeitraum 1765 bis 1861 nahm die Entwicklung der Arbeitsteilung einen we- sentlichen Einfluss auf den Bevölkerungszuwachs in der Stadt.

Im Mittelalter entwickelten sich viele Handwerks- und Dienstleistungszweige. So gab es den Müller, Schmied, Zimmermann, Tischler, Gerber, Seiler, Korbmacher, Töpfer, Schuh- macher, Böttcher, Schneider, Bäcker, Metzger u.a.m. Aus dem Pommerschen Landbuch geht hervor, dass es 1861 im Kreisgebiet 2000 Hand- werker gab, denen nur wenige kleine Industrieunternehmen der Stadt Anklam gegenüber- standen.207 Sehr früh begann sich das Metall- und Holzhandwerk zu entwickeln. Der Bauer gebrauch- te Technik für die Bodenbearbeitung und Ernte, den Transport und die Lagerung von Pro- dukten. Den zur Bodenbearbeitung benötigten Pflug fertigte der Schmied an. Modelle brachten die eingewanderten Bauern aus ihrer alten Heimat mit. Das vom Schmied zu bearbeitende Ei- sen wurde über den Warenaustausch vom Händler beschafft. Ein Vorläufer des Eisenpflu- ges war der Holzpflug, der Schreiner (Tischler) übernahm die Anfertigung und der Schmied führte die Metallarbeiten durch. Erst im 19. Jahrhundert erfolgte die industrielle Produktion des Pfluges.

Die Transportmittel nahmen eine vielseitige Entwicklung. War es zuerst der Karren mit ei- ner Achse und zwei Rädern, der von Menschen oder Zugtieren gezogen wurde, so folgte danach der zweiachsige später der vierachsige Wagen. Schreiner bauten ihn aus Holz, der Schmied fertigte Teile wie Achsen, Wagenreifen und Nägel aus Metall an. Eine koopera- tive Arbeit war schon im Mittelalter sehr wichtig. Im 19. Jahrhundert gab es Unterneh- men, die industriell Transportmittel anfertigten. Dazu gehörten auch Anhänger, die von Traktoren gezogen wurden.

Der Entwicklungsweg der Erntetechnik verlief weniger schnell. Als erste Mähtechnik kam die Sichel, angefertigt vom Schmied, zum Einsatz. Sie wurde weiterentwickelt zur Sense verschiedener Varianten, vorwiegend durch den Handwerkszweig Sensenschmied. Später, in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, gab es die Grasmähmaschine, danach den Ableger und ab Anfang des 20. Jahrhunderts den Binder. Mehrere Unternehmen der Stadt spezialisierten sich auf den Handel mit Landtechnik. Hierbei sind besonders die Maschinenfabrik Krabbe, C. Reckling und Ernst Martens zu nennen. Die Firma Bresemeister war für die Kraftfahrzeugtechnik zuständig und die Sen- senschmiede Bröcker in Spantekow lieferte Sensen. Als eine weitere Dienstleistung galt der Hufbeschlag. Diese Arbeiten führten vorwiegend die Guts- und Dorfschmieden durch. Da viele Schmiede- und Schlosserarbeiten anfielen, wurden besonders in größeren Dör- fern Dorfschmieden gebraucht. Das Gerberhandwerk entstand im frühen Mittelalter, um Tierfelle als Kleidung u.a.m. auf- zubereiten. Das Töpfern diente zur Herstellung von Tonkrügen und Behältern. Mit diesen Beispielen sollte der Prozess der Arbeitsteilung erläutert werden.

Das von den Bauern erzeugte Getreide wurde vorwiegend von Mühlenbesitzern zu Mehl verarbeitet. Im 12. bis 14. Jahrhundert erfolgte die Ablösung der Handmühlen durch eini- ge Wassermühlen. Im Peeneraum wurden dazu größere Gräben und Zuflüsse zur Peene genutzt. Bekannt ist, dass das Kloster Stolpe um 1348 am Stegenbach bei Görke eine Wassermühle betrieb. Weitere Wassermühlen gab es an einem Bach bei der Stadt zwi- 98 schen der Demminer Landstraße und Peene,208 in Bugewitz, Bornmühl (bei Boldekow), Bruchmühl (bei Rebelow), Heidemühl sowie Glien. Es muss davon ausgegangen werden, dass es weitere uns nicht bekannte Standorte von Wassermühlen gab. Im 18. bzw. 19. Jahrhundert wurden die meisten stillgelegt und durch Windmühlen ersetzt.

Über die Wassermühle von Heidemühl wird folgende Episode erzählt: Der Feldmarschall von Schwerin kam bei der Fahrt zu seiner Forst an dieser Wassermühle vorbei. Infolge des Klapperns wurden die Pferde scheu und gingen durch. Er trat daraufhin an die Stadt An- klam heran und forderte die Beseitigung der Mühle. Nach anfänglichem Zögern verlegte die Stadt sie nach Bugewitz. Auf Kosten des Grafen von Schwerin wurde sie abgebrochen und in Bugewitz aufgebaut. Gleichzeitig musste ein neuer Mühlgraben gestochen werden, der in den alten führte.209

Der Bau von Windmühlen erfolgte erst ab dem 15. Jahrhundert. Die älteste Urkunde im Archiv der Stadt Anklam, die über das Vorhandensein einer Windmühle berichtet, stammt von 1428.208 Weitere entstanden zum Beispiel auf dem Schülerberg, am Peendamm, Was- serturm, vor dem Stolper Tor (Demminer Straße) und Steintor. Es wird allgemein davon ausgegangen, dass in Anklam im Durchschnitt 8 bis 10 Windmühlen betrieben wurden.190 Auch in vielen Dörfern entstanden sie auf Anhöhen. Vorwiegend handelte es sich um Bockmühlen. In vielen Gutsherrschaften und Gutswirtschaften gab es für die Untertanen Mühlenzwang. Die Bauern waren verpflichtet, ihr Korn in der Mühle des Grundherrn gegen eine be- stimmte Gebühr mahlen zu lassen. Daraus kann abgeleitet werden, dass es in den meisten Gütern und Dörfern eine Mühle gab. In Orten, in denen die Voraussetzungen für den Müh- lenantrieb mit Wasser oder Wind nicht bestanden, gab es Mühlen, die mit Tierkraft bewegt wurden. Als An- triebsmaschine nutzten sie das Rosswerk, auch Göpel genannt. In der Literatur wird von Rossmühlen ge- sprochen.

In den Kriegen wurden die Wasser- und Windmühlen vielfach zerstört. So wird von Stavenhagen berichtet, dass der Feind 1638 in Anklam 10 Windmühlen abge- brannt hat.210 Der Kriegsgegner wollte damit für die Bevölkerung größere Ver- sorgungsprobleme auslösen. Einige dieser Mühlen wurden nicht mehr aufgebaut. Bockmühle Für das Jahr 1861 wird für den Kreis folgender Mühlenbestand angegeben211:

Stadt Land Dampfmühlen 2 Wassermühlen 2 Bockmühlen 8 35 Holländer Mühlen 4 11 Mit Tierkraftbewegung 1 13 Handmühlen 2 Mühlen insgesamt 17 61 99 Die Zählung der Windmühlen im Jahre 1942 sagte aus, dass es im Kreis noch 29 gab, da- von drei in der Stadt Anklam,208 die von den Unternehmern Adebar, Möhr und Branden- burg betrieben wurden.

Im 20. Jahrhundert erfolgte die Umstellung des Mühlenbetriebes auf Elektroenergie. Bäcker und Kaufleute wurden vorwiegend von den Mühlen mit Mehl versorgt. Aus alten Bildern ist zu entnehmen, dass Müller im 15. bzw. 16. Jahrhundert den Sack Mehl auf dem Rücken des Esels zum Bäcker brachten. Es ist anzunehmen, dass die Feinheit und Qualität des Mehls nicht dem heutigen Standard entsprach. Die Herstellung erfolgte aus Roggen, Weizen, Dinkel oder Gerste.

Im 20. Jahrhundert besaßen die Güter betriebseigene Mühlen, die besonders die Schrot- versorgung für das Vieh und die Versorgung der Untertanen mit Mehl sicherten. Im 20. Jahrhundert fand eine Industrialisierung dieses Wirtschaftszweiges statt. Die Firma Müller & Co. in Anklam galt als bekannter Müllereibetrieb.

Brot- und Nahrungsmittelgetreide wurde besonders an den Anklamer landwirtschaftlichen Ein- und Verkaufsverein, an die Mecklenburgische Landwirtschaftliche Hauptgenossen- schaft, die Firma Jensch & Co. und an Wind- und Motormühlen verkauft. Eine größere Menge an Getreide verblieb in den Landwirtschaftsbetrieben als Futtermittel.

Neben dem Müller und Bäcker spielte das Metzgerwerbe für die Versorgung der Stadtbe- völkerung mit Fleisch eine große Rolle. Im Laufe der Zeit stand zwischen dem Tierpro- duzenten und Metzger, heute Fleischer, der Tierhändler. Metzgereien gab es vorwiegend in der Stadt. Zur Eigenversorgung der Tierproduzenten dienten in der Regel Schlachtun- gen, durchgeführt von Hausschlächtern, die auch die Fleischaufbereitung und Wurstzube- reitung vornahmen. Das Geschäftshandbuch für die Stadt Anklam des Jahres 1886 wies 36 Schlächter aus, die dieses Handwerk betrieben. Hinzu kamen die Schlächter auf dem Lande.

Bevor es Molkereien gab, brachten einige Bauern die Milch in Holzbottichen mit Pferde- wagen zur Stadt und verkauften sie dort. Weitgehend besaßen sie einen festen Abneh- merkreis. Es ist zu vermuten, dass nicht nur Frischmilch sondern auch Butter, Dickmilch und Quark zum Verkauf kam. Im Laufe der Zeit entstanden in der Stadt Milchgeschäfte, die den Verkauf durchführten. Es ist zu erwähnen, dass für den Absatz landwirtschaftlicher Erzeugnisse der Marktplatz in Anklam eine Rolle spielte. Hier boten die Güter und Bauern ihre Produkte an und han- delten den Preis aus.

Die Entwicklung der Nahrungsgüterwirtschaft und deren Industrialisierung

Die Peene und der Hafen in Anklam stellten einen großen Vorteil für die verkehrstechni- sche Erschließung und die wirtschaftlichen Aktivitäten dar. Die Mecklenburgische Land- wirtschaftliche Hauptgenossenschaft und der Anklamer landwirtschaftliche Ein- und Ver- kaufsverein bewirtschafteten moderne Silos, über die der Getreideumschlag auf Schiffen erfolgte. Ein Silospeicher mit 4000 t Kapazität war 1899 errichtet worden (wurde im 2. Weltkrieg zerstört), ein Zellengetreidespeicher mit 3200 t Getreide neben dem 100 Stichkanal wurde 1937 in Betrieb genommen. Dieser erfüllte vorwiegend eine Umschlag- funktion für Getreide und Ölfrüchte. Der Schiffstransport von Getreide nahm weiter zu. Mit dem Saugrüssel konnte es aus dem Schiff in den Speicher übernommen werden. Die Stundenleistung lag bei ca. 12 t Getreide, die Schiffsbeladung aus dem Silo bei 60 t. Für damalige Verhältnisse bedeutete das eine ansprechende Leistung. In der Literatur212 wird der Anklamer Hafen für das Land Pommern als ein sehr bedeu- tungsvoller Getreideumschlagplatz genannt. Er wurde 1927 für den Güterumschlag weiter ausgebaut.

Der Zuckerrübenaufkauf erfolgte durch die Zuckerfabriken Anklam, Friedland und Jar- men. In Anklam stand die zu damaliger Zeit leistungsfähigste Zuckerfabrik Deutschlands, ge- gründet im Jahr 1883. Eine Reihe der Gutsbesitzer des Kreises legten hier als Aktionäre ihr Kapital an. Die erste Verarbeitungskampagne begann am 2. November 1883 und ende- te am 01. Januar 1884. In dieser Zeit wurden 10157 t Zuckerrüben verarbeitet und 954 t Zucker produziert. Die Tagesverarbeitung betrug 154 t Zuckerrüben in 24 Stunden.213 Am 04.11.1897 war der Kampagnestart der zweiten Fabrik. Ab 1906 wurde die Schnitzel- trocknung durchgeführt. 1926 wurde die erste Fabrik bereits stillgelegt und die zweite über eine umfassende Modernisierung leistungsfähiger gestaltet.213 Die Pommersche Zuckerfabrik AG Anklam beschäftigte Ende der dreißiger Jahre in der Saison bis zu 600 Arbeiter und erzeugte über 30000 t Zucker bei einer Verarbeitung von 200000 t Zuckerrüben im Jahr.214 1937 wurde in der Fabrik die dritte Trockentrommel aufgestellt, um besser die Nachfrage nach Trockenschnitzeln zu befriedigen. In den Jahren des 2. Weltkrieges hatte der Zucker für die Kriegsindustrie eine besondere Funktion, er wurde für die Sprengstofferzeugung benötigt. Auch die Zuckerfabrik Anklam hatte ihren Anteil zu leisten. Bei den Fliegerangriffen am 03.10.1943 und 04.08.1944 wurde die Fabrik durch Bomben zu dreiviertel zerstört, sie hatte 115 Bombentreffer.215

Die Kartoffel kam im Laufe der Zeit vielseitig zum Einsatz, zunächst als Speisekartoffel und Schweinefutter. Händler kauften sie in den Dörfern und boten sie in der Stadt als Speisekartoffeln an. Dieses neue Nahrungsmittel musste erst von der Bevölkerung ange- nommen werden.

Neben dem Handel als Speisekartoffel entwickelte sich die industrielle Verwertung der Kartoffeln. In Anklam, Ravelinstraße Nr. 14, entstand 1923 unter Mitwirkung des An- klamer Landwirtschaftlichen Ein- und Verkaufsvereins und der Kartoffelstärkefabrik Friedland eine Kartoffelflockenfabrik, die zum Beispiel im Jahre 1934 mit 70 Arbeitskräf- ten 10000 t Kartoffeln verarbeitete. Es war ein Kampagnebetrieb mit ca. 120 Betriebsta- gen im Jahr. Aus 75 t Kartoffeln ließen sich 20 t Kartoffelflocken herstellen.216 Dieser Betrieb wurde 1883 als Kartoffelstärkefabrik gegründet und beherbergte ab 1886 die Spritbrennerei von Carl Mehlhorn,216 die bis 1912 existiert haben soll. Ab 1899 besaß dieser Betrieb Kleinbahnanschluss. 1928 erfolgte eine Vereinigung des Unternehmens mit den Stärke- und Flockenfabriken Friedland und Pasewalk unter dem Namen Vereinigte Anklam-Friedländer Kartoffelstärke- und Flockenfabriken GmbH, Firmensitz Anklam.

Eine weitere Flockenfabrik stand in Gützkow, die bereits genannte Stärkefabrik in Fried- land. Die Güter des Kreises lieferten mit der Kleinbahn Kartoffeln zur Verarbeitung an. Kartoffelflocken waren ein gefragtes Futtermittel für Schweine und Pferde. Größere Men- gen gingen in andere Gebiete Deutschlands, selbst in andere Länder Europas. 101 Die Kartoffelflockenfabrik wurde durch Bombenangriffe beschädigt und 1945 zum großen Teil im Rahmen der Reparationsleistungen an Russland demontiert.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfolgte in den Dörfern Spantekow, Altwigsha- gen und Zinzow der Aufbau von Gutsbrennereien, die aus Kartoffeln Spiritus erzeugten, der an die weiterverarbeitende Industrie verkauft wurde. Eine Fabrik produzierte bereits 1861, die Errichtung weiteren Fabriken folgte. Der Kartoffelspiritus hatte 91 bis 93 % Methanolanteil. Die Schlempe, ein Abfallprodukt, diente als hochwertiges Viehfutter, besonders für Rinder.

Die Erweiterung der Kuhbestände und die größere Nachfrage nach Milchprodukten führ- ten zu einer weiteren Mechanisierung der Erzeugung von Butter, Quark, Käse, Trinkvoll- milch, Sahne und Buttermilch. Die Güter richteten sich für die Milchverarbeitung gesonderte Kellerräume ein, schrittwei- se entstand die Meierei. Die im Jahre 1874 von Wilhelm Lefeldt aus Helmstedt entwickel- te Milchschleuder217 fand in den Gütern Eingang. Um 1880 besaß in unserem Gebiet die Käseerzeugung wenig Bedeutung.

Am 25. Februar 1891 gründeten Landwirte aus der Stadt Anklam und den umliegenden Orten die Molkereigenossenschaft Anklam. Am 15. Dezember des gleichen Jahres nahm sie ihre Produktion auf.218 Immer mehr Bauern erkannten, dass ihnen viel zeitraubende Arbeit erspart blieb, wenn sie statt der eigenen Butter- und Käseherstellung die Milch der Molkerei zur Verarbeitung zuführten. 1926 wurde die Molkerei Anklam durch Um- und Ausbauten erweitert. Sie produzierte Butter, Fettkäse, Trinkvollmilch, Buttermilch und Sahne.

Bis zum Jahre 1900 gab es im Kreisgebiet vier Molkereien, bis zum Jahr 1913 stieg deren Anzahl auf 9. Die Milch wurde an eines der Unternehmen Molkereigenossenschaft An- klam, Bugewitz, Dennin, Krien, Medow, Leopoldshagen, Dampfmolkerei Ducherow, Pri- vatmolkerei Jahn in der Schulstraße Anklam oder an die Molkereien nach Jarmen bzw. Friedland verkauft.

Die landwirtschaftlichen Betriebe lieferten die Milch direkt zur Molkerei. Jeweils 4 bis 10 Bauern bildeten eine Anfuhrgemeinschaft und fuhren wechselseitig am frühen Morgen zur Molkerei. Sie nahmen die Kannen mit, die am Weg auf Milchbänken standen. Von den Molkereien wurde im Rücklauf die Mager- und Buttermilch bereitgestellt, auch Butter und Käse für den Eigenverbrauch. Die Molkereien ermittelten den Fettgehalt der Milch. Die Bezahlung erfolgte nach Milch- menge und Fettgehalt. Im Jahre 1913 lag der Preis bei 11 bis 12 Pfennig pro Liter Voll- milch, der Butterpreis bei 2,55 Mark/kg.

Die Abwicklung des Viehhandels erfolgte zum Teil über die Viehverwertungs-Genossen- schaft Anklam oder über private Viehhändler und Fleischereien. Auch der Schlachthof in der Ravelinstraße kaufte Rinder und Schweine zur Schlachtung und Weiterverwertung auf. In der Stadt und im Kreisgebiet gab es über 20 Viehhändler, die mit Schlacht- und Nutzvieh handelten.

Eier und Schlachtgeflügel wurden vorwiegend von der Eier- und Geflügelverwertungsge- nossenschaft Anklam aufgekauft. Auch der örtlicher Einzelhandel und öffentlicher Markt boten Eier, Schlachtgeflügel und Honig zum Verkauf an. 102 Der Antransport der Massengüter wie Zuckerrüben, Kartoffeln und anderes mehr zu den Verarbeitungs- und Aufkaufbetrieben erfolgte besonders mit der Mecklenburg-Pommer- schen-Schmalspurbahn (MPSB). Im Abschnitt „ Die Entwicklung des Verkehrsnetzes“ wurde die Rolle dieser Bahn für das Territorium bereits erläutert.

Bei der Versorgung der Landwirtschaftsbetriebe mit Dünge- und Pflanzenschutzmitteln, Brennstoffen, Treib- und Schmierstoffen, kleinerer Technik und weiteren Hilfsmitteln wa- ren besonders der Anklamer landwirtschaftliche Ein- und Verkaufsverein, L.F. Buckow, Jentsch und Co. GmbH und eine Reihe weiterer Firmen tätig. Es gab Unternehmen wie die ländlichen Spar- und Darlehenskassen in Boldekow, Wiet- stock, Leopoldshagen, Spantekow, Ducherow, Japenzin, Krien und Lübs, die sich neben dem Geldverkehr auch mit dem Handel beschäftigten. Außerdem gab es im Kreis mehrere ansässige Maschinengenossenschaften.

Der Einfluss der Politik auf die Landwirtschaft ab 1933

Am 30. Januar 1933 setzte der Reichspräsident Hindenburg Hitler als Reichskanzler ein und übergab der Nationalsozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (NSDAP) die staat- liche Macht. Schon am 4. Februar 1933 wurde die erste Notverordnung erlassen, die Hitler die Mög- lichkeit gab, auf legalem Wege eine Reihe von Grundrechten der Bürger des Staates au- ßer Kraft zu setzen.

Am 13. September 1933 wurde der Reichsnährstand geschaffen,219 dem sämtliche Höfe und Betriebe angehörten, die sich mit der Produktion, dem Verkauf und der Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte beschäftigten. Diese Organisation verfügte über eine lückenlose Gliederung von der Zentrale bis ins letz- te Dorf. Damit kamen die Anordnungen des Reichsministers für Ernährung und Landwirt- schaft auf dem schnellsten Wege in jeden Betrieb, es wurde angeordnet und befohlen. Die NSDAP übernahm die Entscheidungsgewalt zu allen Fragen der Landwirtschaft, und der Landrat mit seiner Kreisverwaltung hatte diese umzusetzen. In den Bauerndörfern gab es neben dem Bürgermeister den Ortsbauernführer, der den po- litischen Willen der NSDAP auszuführen hatte.

Am 29. September 1933 wurde von der Reichsregierung das Reichserbhofgesetz219 erlas- sen, das die weitere Linie der nationalsozialistischen Bauernpolitik festlegte. Das angebli- che Ziel dieses Gesetzes war, die Bauernhöfe vor einer weiteren Überschuldung und Zer- splitterung zu bewahren.

Bauernhöfe, die von ihrer Größe eine Familie ernähren konnten, höchstens jedoch 125 ha hatten, wurden als „Erbhof“ bestätigt, wenn sie einer bauernfähigen Person gehörten. Im Kreis trugen nach diesem Gesetz zahlreiche Betriebe die Bezeichnung Erbhof. In einer Statistik per 01.07.1937 wurden für den Kreis 445 Erbhöfe genannt. Der Eigentümer des Erbhofes hieß Bauer. Weitere Eigentümer von Land und Höfen, auch Großgrundbesitzer, hatten die Berufsbezeichnung Landwirt.220 Es entstand eine neue privilegierte Gruppe von Bauern mit besonderen Rechten wie Erb- folge, Veräußerung und finanzielle Belastung des Betriebes, Schutz vor Zwangsvollstre- ckung u.a.m. 103 Einige Maßnahmen der ideologischen Beeinflussung der Menschen wurden forciert. So erhöhte die Industrie die Produktion der Rundfunkgeräte um ein Wesentliches und senkte gleichzeitig die Preise des sogenannten Volksempfängers. Kostete in den dreißiger Jahren ein Radio 200 bis 400 RM, so lag der Preis 1933 bei 76 RM und später bei 59 RM. Auch Familien ohne Elektroenergieversorgung konnten ein Gerät mit Batterie und Akku erwer- ben.221

Das Erntedankfest, deren Ursprung in der kaiserlichen Zeit lag, wurde im Sinne der Blut und Boden Mystik gestaltet. Unter der Hakenkreuzfahne erfolgte diese Veranstaltung auf zentraler Ebene vorwiegend am Bückeberg bei Hameln, an der auch Bauern des Kreises teilnahmen. In den Dörfern fanden Festumzüge statt. Inwieweit die Rede Hitlers vom zentralen Ernte- dankfest von Lautsprechern übertragen und von Bauern und Landarbeitern angehört wur- de, ist dem Verfasser nicht bekannt.

Hatte die NSDAP vor 1933 den Landarbeitern und Kleinstbauern versprochen, die Sied- lungspolitik zu forcieren, so passierte ab 1933 in dieser Hinsicht wenig. Nur in Wietstock und Boldekow wurden noch Bauern angesiedelt. Das Versprechen der NSDAP vor der Wahl war eine Bauernfängerei. In der Folgezeit begann die ideologische Vorbereitung des deutschen Volkes mit der Lo- sung Volk ohne Raum auf den Eroberungskrieg. Die Großgrundbesitzer erhielten in der wirtschaftlichen Entwicklung von der NSDAP ak- tive Unterstützung, ihr Eigentum wurde nicht angetastet. Eine Reihe der Gutsbesitzer war nicht für die faschistische Partei, unterstützten sie aber in ihrem Handeln. Einige Adlige des Kreises waren bei der faschistischen Wehrmacht als Offiziere aktiv tä- tig.

Die Landwirtschaft stand ab 1933 unter dem Primat, mit ihrem Beitrag zu einer hohen Ei- genversorgung mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen beizutragen, um den Agrarimport einzuschränken und damit die Entwicklung der Kriegsindustrie zu unterstützen. Am 17.11.1934 fasste die Reichsregierung den Beschluss, dass landwirtschaftliche Impor- te weitgehend durch die eigene Produktion zu ersetzen seien. Es wurde die Erzeugungs- schlacht proklamiert.222 Am 22.01. 1936 erließ die Reichsregierung die Verordnung zur deutschen Milchwirt- schaft. Danach bestand für einige landwirtschaftliche Produkte eine gesetzliche Ablieferungs- pflicht. Die Betriebe bekamen vom Bürgermeister oder Landrat Vorgaben über den Ver- kauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse, deren Erfüllung von den Organen des Staates und der Partei kontrolliert wurde. Wer sein Ablieferungssoll nicht erfüllte, konnte bestraft wer- den. Ab Herbst 1936 bestand eine Rationierung des Butterbezuges.

Am 30 Juni 1938 wurde die Bäuerliche Marktordnung erlassen. Diese räumte den staatli- chen Stellen eine uneingeschränkte Kontrolle und Lenkung der Erzeugung und des Ver- brauchs landwirtschaftlicher Produkte ein. Das Selbstschlachten und -buttern wurde ver- boten, die Zentrifugen zum großen Teil plombiert. Die Bauern wurden gezwungen, Flachs, wichtig für die Kriegswirtschaft, anzubauen.223 Hierin ist eine Antwort auf die Einführung des Faserpflanzenanbaus im Kreis zu finden. So wurden zur Ernte 1937 be- reits 280 ha Faserpflanzen angebaut, eine Erhöhung fand in den Folgejahren statt. 104 Die Preise für die landwirtschaftlichen Produkte waren amtlich festgelegt, wobei weitere Preiserhöhungen ausgehandelt werden konnten. Die Bauern, Landwirte und Güter konn- ten ihre Produkte im Allgemeinen gut verkaufen, jedoch meist zu geringen Preisen. Das führte dazu, dass der Einkommenszuwachs der Landwirte unter dem Niveau der Industrie- arbeiter und Angestellten lag.

Ein Preisvergleich der Zeiträume 1938/39 zu 1913/14 einiger ausgewählter landwirtschaft- licher Produkte gibt folgende Entwicklung an224: Preis je 100 kg im Zeitraum 1913/14 = 100 1938/39 Getreide 111 Speisekartoffeln 116 Schlachtvieh 97 Butter 107

Der weitere Rohgewinn musste über die Produktionserhöhung realisiert werden. Die Kos- ten stiegen, weil modernere Technik gekauft werden musste, damit nahm die Verschul- dung der Betriebe zu. Zur besseren Kontrolle des wirtschaftlichen Verlaufs mussten die Bauern und Güter ab 1941 eine Hofkarte des Reichsnährstandes führen. In diesen Karten war zum Beispiel der Anbau von Kulturen, die Erträge, Viehbestände und deren Leistungen einzutragen.

Die Fluktuation junger Menschen von Bauernhöfen oder Gütern nahm zu. Es gab Proble- me bei der Bewältigung von Arbeiten in den Saisonzeiten, besonders während der Getrei- de- und Hackfruchternte. Die NSDAP organisierte solche Aktivitäten wie das Pflichtjahr für Mädchen, das ab 1938 obligatorisch wurde. Arbeitsmaiden als billige Arbeitskräfte kamen auf den Gütern und Bauernhöfen zum Einsatz. In den Kriegsjahren wurden diese Arbeitskräftelücken zusätz- lich mit dem Einsatz von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern ausgeglichen. Mit der Verordnung vom 7. März 1942 über den Einsatz zusätzlicher Arbeitskräfte erhiel- ten die Ortsbauernführer die Ermächtigung, Frauen, alte Männer und Jugendliche aus den Landgemeinden und Städten zur Bergung der Ernte zwangszuverpflichten. In den Kriegsjahren wurde in vielen Landwirtschaftsbetrieben die Sechzigstundenarbeits- woche eingeführt.

Am 27. August 1939, noch vor dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Polen, wurde die Bezugsscheinpflicht für Lebensmittel, Textilien und Kohlen sowie ab November die Reichskleiderkarte eingeführt.225 Da die Landwirte und Deputanten Lebensmittel aus der Eigenerzeugung entnahmen, er- hielten sie gesonderte Lebensmittelkarten als Selbstversorger. Fleisch, Butter, Käse, Brot und Kuchen konnten sie nicht ohne Bezugsberechtigung kaufen. Allgemein wurden auf dem Land zur Eigenversorgung Schweine, Schafe und Geflügel geschlachtet. Für diese Schlachtung musste die Genehmigung des Bürgermeisters eingeholt werden. Die wöchentliche Lebensmittelration für einen Normalverbraucher war in den Kriegsjah- ren durch die Reichsregierung wie folgt festgelegt226: Zeitpunkt Brot Fleisch Fett g/Woche g/Woche g/Woche Ende September 1939 2400 500 270 Mitte April 1942 2000 300 206 Anfang Juni 1942 2325 250 218 Mitte Oktober 1944 2225 250 218 Mitte März 1945 1778 222 109 105 Die Auswirkungen des 2. Weltkrieges

Der 2. Weltkrieg hinterließ viel Leid und große wirtschaftliche Schäden. Die Zahl der To- ten und durch den Krieg gesundheitlich geschädigten Menschen kann mit Zahlen nicht be- legt werden. Sehr viele Menschen, auch ortsansässige des Kreises, verloren ihr Eigentum und ihre Heimat.

Die sowjetischen Truppen besetzten im Zeitraum 28./29. April 1945 den Kreis. Zu größe- ren Kampfhandlungen kam es beim Einmarsch nicht. Eine Reihe der Bauern, Eigentümer von Gütern und Landarbeiter waren geflüchtet, viele kamen in den darauffolgenden Wochen zu ihren Höfen bzw. Wohnungen zurück. Wenige Gutsbesitzer verblieben beim Einmarsch der sowjetischen Truppen auf ihrem Be- trieb. Dazu zählten: Hans Bone von Schwerin in Spantekow Wolf-Eginhard von Kruse in Neetzow Manfred Graf von Schwerin in Schmuggerow Otto Martin Graf von Schwerin in Ducherow Eberhard Graf von Schwerin in Schwerinsburg Familie von Heyden-Linden in Stretense Familie Kolbe in Blesewitz. Besonders die zurückgebliebenen Gutseigentümer, viele Großbauern und Funktionsträger der NSDAP wie Ortsbauernführer oder Bürgermeister, wurden von den sowjetischen Truppen drangsaliert, vertrieben oder getötet.

Familien des Adels und Großgrundbesitzes verließen ihren Betrieb und suchten eine neue Bleibe im westlichen Teil Deutschlands. Weitere Einwohner, besonders Männer und Jugendliche, wurden von der russischen Kom- mandantur in Anklam, der GPU (Geheime Staatspolizei der Sowjetunion) mit unterschied- licher Begründung festgenommen. Die Verschleppung erfolgte über das Lager Fünfei- chen bei Neubrandenburg oder Graudenz/Westpreußen nach Russland. Eine große Anzahl dieser Menschen ist qualvoll gestorben.

Größere Kuhbestände hatte die Besatzungsmacht nach Russland abtreiben lassen. Weite- res Vieh wurde geschlachtet, um die kämpfende Front und Besatzer zu versorgen. Pferde, Traktoren und LKW wurden verstärkt von der kämpfenden Front mitgenommen. Waren die Schäden in den Dörfern durch Kampfhandlungen gering, so sind doch einige Beispiele zu nennen, Das Schloss Schwerinsburg wurde am 29./30. April 1945 eingeäschert, was vermutlich nicht mit den Kampfhandlungen zusammenhing sondern als Racheakt zu betrachten ist. Beim Kriegsende am 28. April 1945 vertrieb die Waffen-SS die Einwohner des Ortes Kamp, äscherte anschließend die Häuser und Stallungen ein. Danach wurde gegen 10.30 Uhr die Karniner Brücke gesprengt. Nur drei Häuser blieben von diesem Inferno ver- schont.227 Auch der Ort Anklamer Fähre wurde am 29. April 1945 von deutschen Armee- angehörigen vor dem Einmarsch der sowjetischen Truppen, ohne dass es zu kriegerischen Handlungen kam, als verbrannte Erde hinterlassen. Die Stadt Anklam hatte ab 1943 erheblich unter dem 2. Weltkrieg zu leiden. Durch engli- sche und amerikanische Luftangriffe wurden Teile der Stadt und Betriebe beschädigt bzw. zerstört sowie viele Menschen getötet. Am 29. April 1945, beim Einzug der sowjetischen Truppen, wurde durch den Beschuss von deutscher Seite und eines deutschen Luftangriffes, besonders das Stadtzentrum zu ca. 70 % zerstört.122 106 Die Betriebsstruktur der Landwirtschaft blieb nach dem Einmarsch der sowjetischen Truppen zunächst unverändert. Da viele Gutseigentümer nicht anwesend waren, übernah- men Inspektoren, Statthalter oder andere Leitungspersonen die Führung dieser Betriebe. Viele Bauernhöfe wurden von Frauen bewirtschaftet, da die Ehepartner im Krieg gefal- len, durch die Russen verschleppt oder noch in Gefangenschaft waren.

Die Anzahl der Einwohner im Kreis hatte sich durch die Flüchtlinge und Vertriebenen um ca. 30 % erhöht. Am 31.07.1946 wurden 51989 Einwohner, darunter 30454 Flüchtlinge und Vertriebene gezählt.228 Die Hauptbelastungen der Einwohnererhöhung lagen in den Dörfern. Die Einwohnerzahl erhöhte sich im Kreisdurchschnitt um 86% zum Stand von 1939. In vielen Dörfern verdoppelte sie sich. Die Bevölkerungsstruktur hatte sich zum Vorkriegsstand verändert. Der Anteil der weib- lichen Einwohner betrug ca. 55 %. Durch das Fehlen der Männer und den geringen technischen Stand in der Landwirtschaft fanden Flüchtlinge und Vertriebene Arbeit. Sie mussten auch eine Unterkunft erhalten. Die leeren Schlösser, Gutshäuser und Schnit- terkasernen wurden zu Wohnungen umfunktioniert, die Dorfbewohner hatten Zimmer bereitzustellen.

Die sowjetische Besatzungsmacht enteignete 1945 entschädigungslos die Grundbesitzer über 100 ha Land und Personen, die sehr aktiv das faschistische System gefördert hatten. Bei dieser Entscheidung berief sich die Besatzungsmacht auf das Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945. Die Eigentümer dieser Betriebe wurden aus ihren Heimatorten aus- gewiesen, sie durften nur in begrenztem Umfang Hausrat mitnehmen. Die neue Woh- nung musste mindestens 25 km vom bisherigen Wohnort entfernt sein.

Am 05.09.1945 beschloss die Landesregierung Mecklenburg die Verordnung über die Durchführung der Bodenreform im Lande Mecklenburg-Vorpommern. Dabei sei erwähnt, dass es sich um ein Gremium handelte, das nicht vom Volk gewählt sondern von der so- wjetischen Besatzungsmacht eingesetzt war.

An die Stelle der Macht der Großgrundbesitzer rückte im Landkreis die Diktatur der kom- munistischen Partei, später Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED).

Quellennachweis 107

( Gesonderte Datei: Siehe „Quellennachweis neu“ )

108 109 Abschließende Worte

Es gäbe noch vieles über die Geschichte des Territoriums zwischen Peene und Landgraben im Zeitraum vor 1945, besonders über die Land- und Nahrungsgüterwirtschaft, zu schrei- ben. Die Arbeit wäre dann jedoch zu umfangreich geworden.

Interessierte haben die Möglichkeit, über die zurückliegende Geschichte dieses Landstri- ches mit seinen Menschen besonders in nachstehend aufgeführten Büchern zu lesen.

- Berghaus, Heinrich: Landbuch des Herzogthums Stettin, Band I. Verlag W. Dietze Anklam, 1865 - Braning, Hans: Die Geschichte Pommern, Teil I 1300 – 1648. Böhlau Ver- lag Köln/ Weimar/ Wien, 1997 - Braning, Hans: Die Geschichte Pommern, Teil II 1648 – Ende des 18. Jahrhundert. Böhlau Verlag Köln/ Weimar/ Wien, 2000 - Buchholz, Werner: Deutsche Geschichte im Osten Europas - Pommern, Siedler Verlag Berlin, 1999/2002

Durch den Zugang zur Literatur im Heimatmuseum der Stadt Anklam, Landesmuseum Pommern Greifswald, in der Universitätsbibliothek Greifswald und der Stadtbibliothek Anklam konnten viele geschichtliche Zusammenhänge näher erkundet und belegt werden. Für diese Unterstützung sei den Leitern und Mitarbeitern der Bibliotheken und Museen gedankt.

Insbesondere danke ich meiner Frau Inge und Tochter Petra, die mir aktive Unterstützung bei der Anfertigung dieser Arbeit gegeben haben. 110 111

Übersicht über die Anlagen

1. Kreis Anklam vor 1945 / Übersichtskarte

2. Übersicht über die Gründung von Dörfern und deren Strukturen

3. Archäologische Funde zwischen Peene und Landgraben

4. Grundherrschaften 14./15. Jahrhundert zwischen Peene und Landgraben

5. Landwirtschaftliche Betriebe ab 100 ha Betriebsgröße, Stand 1939

6. Anbauflächen der Erntejahre 1925 und 1937 / Kreis Anklam

7. Viehbestände der Jahre 1861 und 1936 / Kreis Anklam

8. Vergleich Landkreis Anklam zum Land Pommern

9. Ausgewählte Schlösser und Gutshäuser ehemaliger Güter im Altkreis Anklam 107 Quellennachweis

1 Wehrmann, Martin: Geschichte von Pommern, Erster Band. Verlag Wolfgang Weidlich Würzburg für den Weltbild Verlag GmbH, 1992, Seite 27/28. 2 Buchholz, Werner: Deutsche Geschichte im Osten Europas - Pommern. Siedler Verlag, Berlin 2002, Rudolf Beul, Seite 26. 3 Vgl. Görlitz, Walter: Die Junker – Adel und Bauern im deutschen Osten. E.U. Starke Verlag Limburg an der Lahn, 1964, Seite 13. 4 Vgl. Biewer, Ludwig: Verfassung und Verwaltung Pommerns in der Neuzeit, Band 2. Edition Temmen, Bremen 2001, Vorträge, Seite 144. 5 Schumacher, Paul: Stand der Bodenkmalpflege im Kreis Anklam. Anklamer Heimat- kalender 1966, Seite 110 bis 116. 6 Hornburg, Wilfried: Die „Großen Steine“ von Klein Polzin. Heimatkalender Anklam 1994, Seite 94. 7 Sommer, Ralph, DDP: Die Asche der Vorfahren in Vorpommern. Nordkurier 23.10.2009, Mecklenburg-Vorpommern, Seite 5. 8 Leube, Achim: Der Kreis Anklam und seine kaiserliche Besiedlung. Mitteilung des Bezirksausschusses für Ur- und Frühgeschichte Neubrandenburg, Nr. 34 /1987. 9 Schoknecht, Ulrich: Einige bemerkenswerte frühgeschichtliche Neufunde aus Görke. Anklamer Heimatkalender 1966, Seite 164 bis 166. 10 Kielmann, Peter: Heimatkalender 1978 Kreis Anklam, Seite 18. 11 Heimatkalender 1914 für den Kreis Anklam: Eine neue Schule für den Kreis, Seite 33. 12 Statistisches Taschenbuch 1956 Kreis Anklam, Herausgeber Staatliche Zentralver- waltung für Statistik/Kreisstelle Anklam, Seite 4 und 5. 13 Landesbauernschaft Pommern: Die Landwirtschaft Pommern in Zahlen, Herausgegeben vom Reichnährstand, Ausgabe Stettin, 10.01.1938. 14 Seibt, Ferdinand: Glanz und Elend des Mittelalters. Wolf Jobst Siedler Verlag Berlin 1987, Seite 224. 15 Geschichte des Geschlechts von Schwerin, Teil 3 Urkundenbuch, Wilhelm Gronaus Buchdruckerei, Berlin 1878, Herausgegeben von L. Gollmert, Wilhelm Graf von Schwerin und Leonard Grafen von Schwerin, Seite 9. 16 Bollnow, Otto: Der Kreis Anklam – Ein Heimatbuch des Kreises, Ausgabe 1935. Kunstdruck- und Verlagsbüro, Magdeburg 1935, Seite 43. 17 Wie 15, Seite 306/308. 18 Heutige Namen nicht bekannt. Diese Ansiedlung könnte aufgelöst worden sein. 19 Berghaus, Heinrich: Landbuch des Herzogthums Stettin, Band I. Verlag W. Dietze Anklam, 1865, Seite 336/337. 20 Gregor, Rudolf: Stadtnamen als Zeugen der Geschichte. Nordkurier 24.06.2002, Seite 21. 21 Vgl. Volkert, Wilhelm: Adel bis Zunft – Ein Lexikon des Mittelalters. Verlag C.H. Beck, München 1991, Seite 129. 22 Vgl. Mecklenburg – Vorpommern / Historische Landeskunde Mitteldeutschlands, Auflage. Siedlungsgeschichte von Helmut Möller. Verlag Weidlich/ Flechsig, Würzburg 1991, Seite 105. 23 Wie 2, Seite 67. 24 Vgl. wie 1, Seite 107. 25 Vgl. wie 2, Seite 69. 26 Vgl. wie 22, Geschichte Vorpommern von Otto Wille, Seite 85. 27 Sander, Max: Anklam – Beiträge zur Stadtgeschichte 1763/1816, Seite 65. 108

28 Metz, B. : 700 Jahre Anklamer Fähre. Heimatkalender 1986, Seite 87/94. 29 Becker, G.: Hugonoten in und um Anklam. Heimatkalender 1987, Seite 77/79. 30 Vgl. wie 16, Seite 48. 31 Braning, Hans: Die Geschichte Pommern, Teil II, 1648 – Ende des 18. Jahrhunderts. Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2000, Seite 110. 32 Wie 31, Seite 156. 33 Kriesche, Ulrich: Bauerntum und Großgrundbesitz in West- und Mittelpommern. Universitätsverlag Greifswald 1939, Seite 179. 34 Vgl. Hinz, Johannes: Pommern - Lexikon für alle, die Pommern lieben. Adam Kraft Verlag, Würzburg 1994, Seite 305. 35 Wie 16, Seite 19/22. 36 Vgl. wie 2, Roderich Schmidt, Seite 210/221. 37 Vgl. wie 1, Seite 305. 38 Bemowsky, Heinz: Martin Luther und die Reformation in Pommern. Heimatkalender 1983, Seite 96. 39 Vgl. Buske, Norbert: Feldklosteranlagen in Pommern. Zeitschrift „Pommern“, Heft 2/2004, Seite 26. 40 Vgl. Braning, Hans: Die Geschichte Pommern, Teil I, 1300 – 1648, Böhlau Ver- lag Köln Weimar Wien 1997, Seite 129/130. 41 Epperlein, Siegfried: Der Bauer im Bild des Mittelalters, Urania-Verlag Leip- zig - Jena – Berlin 1975, Seite 106. 42 Brümeck von, Wilhelm: Die Leibeigenschaft in Pommern. Zeitschrift für Rechtsge- schichte 1888, Seite 155. 43 Wie 31, Seite 35/36. 44 Stadelmann, Rudolph: Preußens Könige in ihrer Tätigkeit für die Landes- kultur Verlag Leipzig 1882, Seite 80. 45 Wie 16, Bauernschutz und Bauernsiedlung im heutigen Kreis Anklam unter Friedrich dem Großen von P.G. Heydemann, Seite 45/46. 46 Adreßbuch 1938 – Kreis Anklam. Die Besiedlung des Kreises Anklam, von Hermann Scheel, Seite 58. 47 Vgl. wie 2, Seite 268. 48 Bemowsky, Heinz: Bauern mit Bittgesuchen an den König. Nordkurier 13. Juli 1990. 49 Wie 1, Seite 218. 50 Heitz, Gerhard/Rischer, Hennig: Geschichte in Daten Mecklenburg-Vorpommern Koehler & Amelang Verlagsgesellschaft mbH München/Berlin 1995, Seite 245. 51 Wie 1, Seite 248/249. 52 Chowanetz, Rudolf: Land und Leute / Länderreihe Mecklenburg – Vorpommern . Leipziger Kommissions- und Großbuchhandelsgesellschaft mbH, 1995, Seite 31. 53 Bahler, Rudolf: Das Kloster Stolpe - das älteste Kloster in Pommern. Heimatkalender 2003, Seite 26. 54 Buchholz, Werner: Unter brandenburgisch-preußischer und schwedischer Herrschaft. Im Buch: Pommern im Wandel der Zeiten ( Deutsche Übersetzung ). Verlag Zamek Ksiazat Pomorskich / Stettin 1999, Seite 194. 38 Stiebens, Anneluise: Landwirtschaftsgeographie von Westpommern. Dissertation/ Bibliothek Universität Greifswald U. 44.3782, 1944, Seite 39. 56 Berechnung nach Statistik von 1939. 57 Volker, Wilhelm: Adel bis Zukunft – Ein Lexikon des Mittelalters, Verlag C.H. Beck München 1991, Seite 129. 58 Vgl. wie 22, Seite 129. 59 Vgl. wie 3, Seite 25. 60 Vgl. wie 3, Seite 62/63. 109 61 Eigene Berechnungen des Autors. 62 Krauß, Neidhardt: Aus dem Leben des Grafen Heinrich von Schwerin. Heimatkalender 1998, Seite 40/43. 63 Kielmann, Peter: Glück und Glas – wie leicht bricht das! Heimatkalender 1994, Seite 56. 64 Borke von, Wulf-Dietrich: Epitaphe der Familie von Borke in Altwigshagen. Zeitschrift „Pommern“ Heft 4 /2001, Seite 32/35. 65 Wie 19, Seite 336/337. 66 Bemowsky, Heinz: Von Raubrittern und blutigen Fehden. Freie Erde Heimatgeschichte, 7. Mai 1987. 67 Wie 19, Band I. 68 Vgl. Asche-Zeit, Ulricke: Mecklenburg Vorpommern / Historische Landeskunde Mitteldeutschlands. Verlag Weidlich Würzburg, 2. Auflage 1991, Seite 86. 69 Vgl. Landeszentrale für politische Bildung Mecklenburg-Vorpommern: Histori- scher und geographischer Atlas von Mecklenburg und Pommern, Band 2. Goldschmidt-Druck GmbH, Schwerin 1997, Seite 70. 70 Krauß, Neidhardt: Von Gutshäusern, Schlössern und Parkanlagen im Kreis Anklam (1). Heimatkalender 1991, Seite 40. 5 Prodöhl, Gerhard: Nach 1945 ergriffen nur wenige den Soldatenberuf. Anklamer Kurier (AK) vom 14.02.2002. 6 Frauenholz von, Eugen: Entwicklungsgeschichte des deutschen Heerwesen, Band 4, München 1940. Militär und preußischer Adel in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. 7 Internet: Generale der preußischen Armee. 8 Stelzig, E./ Braun, Anke: Das Erbe des „versoffenen Grafen verfällt, Nordkurier 21.07.2004. 9 Stavenhagen, Carl Friedrich: Chronik der Stadt Anklam, Greifswald 1773, Seite 300 – 301. 10 Wie 27, Seite 104 – 105. 77 Sander, Max: Heimatkalender 1906 des Kreises Anklam, Seite 90 78 Internet: Bürgerstiftung „Zentrum für Friedensarbeit“ Politische Memoriale Mecklenburg- Vorpommern. 79 Wie 77, Seite 75. 80 Wie 13, Seite 9. 81 Eggert, Oskar: Die Maßnahmen der preußischen Regierung zur Bauernbefreiung in Pommern. Böhlau Verlag Köln Graz, 1965, Seite 289. 82 Kruse von, Joachim: Das Schloß im Mond – Erinnerungen an eine untergegangene Welt. Verlag Ernst Vögel München 1987, Seite 79. 83 Vgl. wie 82. 84 Arbeitsvertrag zwischen der Gutsverwaltung Dennin und Schmiedemeister Ernst Günter vom 21.10.1933. 85 Forschungskollektiv des Rates des Kreises Anklam: Der Kreis Anklam in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Buchdruckerei Rauchmann, Anklam 1959, Seite 38/40. 86 Wie 85, Seite 39. 87 Sozialgesetzbuch VI, Anlage 1, 6. Auflage. Deutscher Taschenbuchverlag GmbH & Co. KG, München 2001, Seite 207. 88 Overesch, Manfred / Saal: Das III. Reich 1933-1939. Eine Tageschronik der Politik – Wirtschaft – Kultur. Weltbild Verlag GmbH, Augsburg 1991, Seite 546. 89 Vgl. Bischoff, Kurt: Die pommersche Landwirtschaft Buchdruckerei Pommersche Reichspost GmbH, 1913. 90 Münch, Ernst: Ein Jahrtausend Mecklenburg – Vorpommern. Hinstorff Verlag GmbH, Rostock 1995. Hennis Wolfram, Seite 319. 110 91 Wie 90, Hennis Wolfram, Seite 317. 92 Wie 88, Seite 319. 93 Preussische Gesindeordnung, Dorfbuch für Pommern, Glogau 1838. 94 Wohlatz, Otto: Kriener Geschichten. Heimatkalender 1969, Seite 59. 95 Bulge, Richard H. : Abenteuer 1900 – Leben im Gutshaus. Druck- und Me- dienzentrum Gerlingen, 1. Auflage, 2004, Seite 80. 96 Wie 82, Seite 79. 97 Vgl. wie 2, Roderisch Schmidt, Seite 215/218. 98 Vgl Schormann, Gerhard: Handbuch der Deutschen Geschichte, Band 10. J.G. Cotte`sche Buchhandlung GmbH, Stuttgart 2001, Seite 160. 99 Wie 69, Seite 34/41. 100 Grützmacher, Norbert: Die katholische Kirche in Anklam. Heimatkalender 2000, Seite 41. 101 Vgl. wie 100, Seite 41. 102 Wie100, Seite 41. 103 Wie 19, Seite 216. 104 Wie 75, Seite 129 105 Wie 19, Seite 216. 106 Kielmann, Peter: Anklam – eine alte Slawenstadt. Heimatkalender 1991, Seite 49. 107 Morgenstern, W.: Anklams historische Bauten. Heimatkalender 1985, Seite 75/79. 108 Wie 85, Seite 11. 109 Wie 27, Seite 4. 110 Wie 27.. 111 Wie 75, Seite 43. 112 Pichler, Fred: Die erste Zeit der Anklamer Löwenapotheke. Heimatkalender 1970, Seite 47. 113 Wie 75. 114 Beiträge zur Geschichte der Stadt Anklam 1264 – 1989, Buchdruckerei Rauchmann Anklam 1989, „Das schlimme 17. Jahrhundert“ von Gerhard Becker, Seite 42. 115 Wie 75 und 19. 116 Wie 75, Seite 265 – 287. 117 Vgl. Bemowsky, Heinz: Große Bauten im 14. und 15. Jahrhundert. Freie Erde vom 5. März 1987. 118 Vgl. Sack, Rainer: Aus der Geschichte der Anklamer Brücken. Heimatkalender 1972, Seite 57/61. 119 Geschichte der Stadt Anklam. Vortrag am 07.10.2005 von Holger Fries, Landesamt für Bodendenkmalspflege Schwerin. 120 Scheel, Hermann: Anklams Schiffbau im Wandel der Jahrhunderte. ( Teil II) Hei- matkalender 1968, Seite 62/68. 121 Bemowsky, Heinz: Vor 60. Jahren begann der 2. Weltkrieg. Heimatkalender 1999, Seite 58. 122 Bemowsky, Heinz: Tagebuchaufzeichnungen. 123 Pfitzmann, Andreas: Zucker- und Stärkefabriken sorgen für den Verkehr auf der Peene. Nordkurier 01.10.2004, Seite 15. 124 Bruinier/Sander: Führer durch Anklam. Verlag M. Negerlein Anklam 1912. 11 Bergmann, Heiko: Die Eisenbahnbrücke Karnin – technisches Meisterwerk bei Usedom. Küsten-Regionalverlag Malte Bergmann, Ueckermünde 2000, Seite 15/29. 12 Machel, W.-D.: Die Mecklenburg-Pommersche Schmalspurbahn. VEB Verlag für Verkehrswesen, Berlin 1984, Seite 12 . 13 Bardua, Sven: Technische Denkmäler in Mecklenburg. Nordkurier 17.03.2003. 14 Wie 16, Seite 97. 15 Brauns, Anke: Ein Fragezeichen und ein Wunder von Liepen. 111 Nordkurier 26.08.2005, Seite 19. 16 Wie 85, Seite 66. 17 Rautenberg, Ernst: Hundert Jahre Postgebäude Anklam. Heimatkalender 1980, Seite 70/71. 18 Anklamer Heimatkalender 1918. 19 Vetter, Wolfgang: Hoch auf dem gelben Wagen. Heimatkalender 1981, Seite 85. 20 Weding, Max: Postamt Anklam – 90 Jahre in der Steinstraße. Heimatkalender 1968, Seite 74. 21 Berwald, Bruno: Von Ziegeleien der Stadt Anklam bei dem Dorfe Rosenhagen. Heimatkalender 1968, Seite 101/105. 22 Vgl. Bemowsky, Heinz: Als die Industrie dann auch nach Anklam kam. Freie Erde 08.04.1988. 23 Scheel, Hermann / Berwald, Bruno: Der Torfstich der Stadt Anklam bei Rosenhagen. Heimatkalender 1966, Seite 135/137. 24 Kuzinski, Sandro: 130 Jahre Freiwillige Feuerwehr Anklam 1874 – 2004; Heimatkalender 2005, Seite 54 – 58. 139 Schreiber, Sieglinde: Heimatkalender 2007, Seite 33. 140 Chronik über Freiwillige Feuerwehr Putbus, veröffentlicht im Internet. 141 Vgl. wie 68, Zum Bildungswesen von Annemarie Haase, Seite 200. 142 Pridöhl, Ralf: Aus einem Tagebuch von 1699 aus dem Raum Anklam. Heimatkalender, Seite 62. 143 Wie 68, Seite 203/205. 25 Wie 117, Freie Erde 05.03.1987. 26 Becker, G. : Johannes Bugenhagen. Heimatkalender 1985, Seite 65. 27 Schnell, Jürgen: Ein Jubiläum am Lilienthal Gymnasium. Heimatkalender 1997, Seite 31. 147 Heimatkalender Anklam 1914, Seite 39. 148 Vgl. wie 68, Seite 211. 149 Vgl. wie 85, Seite 67. 150 Wie 31, Seite 171/172. 151 Kracht, F.: Ein 800-jähriger. Heimatkalender 1978, Seite 79/80. 152 Vgl. Stadtführer von Anklam. Herausgeber: Heimatmuseum Anklam 1979, Seite 13. 153 Köller von, Hans Wolf: Die pommersche Landwirtschaftskammer. Böhlau Verlag Köln Weimar Wien, 1999, Seite 179. 154 Heimatkalender 1914 für den Kreis Anklam: Eine neue Schule für den Kreis, Seite 33. 155 Vgl. wie 153, Seite 179. 156 Wie 152, Seite 14. 157 Vgl. Kühnel, Harry/Hundsbichler, Helmut: Alltag im Spätmittelalter. Weltbild GmbH, Augsburg 2003, Seite 235. 158 Vgl. Schumacher, Paul: Ein Anklamer Hexenprozeß. Heimatkalender 1966, Seite 78/83. 28 Vgl. wie 21, Seite 61. 29 Wie 142, Seiten 61/65. 30 Vgl. Pichler, Fred: Heimatkalender 1970, 1971,1977 und 1980. 31 Vgl. wie 161, Heimatkalender 1977, Seite 43. 32 Vgl. wie 21, Seite 220/221. 33 Wie 16, Seite 71. 34 Pichler, Fred: Hebammentätigkeit in unserer Stadt und auf dem Lande .Heimatkalender 1978, Seite 94/96 und Heimatkalender 1980, Seite 46/49. 35 Wie 112, Seite 44/47. 112

167 Vgl. Hausfeld, Herbert: Die Lüssower. VEB Hinstorff Verlag, Rostock 1987, Seite 125. 168 Vgl. wie 22, Seite 267. 169 Wie 2, von Rudolf Benl, Seite 37. 170 Vgl. wie 2, Seite 193. 171 Fritzkowsky, Rudi: Der „Anklamsche“ Kreis. Heimatkalender 1994, Seite 105/106. 172 Vgl. Sobotka, B. J./Strauß, Jürgen: Burgen, Schlösser, Gutshäuser in Mecklenburg- Vorpommern. Konrad Theiss Verlag GmbH & Co. Stuttgart 1993, Seite 325. 173 Wie 85, Seite 78 174 Glaser, Fritz: Die Stände Neuvorpommern 1806 – 1826. Pommersche Jahrbücher, Band 25, Greifswald 1929, Seite 127. 175 Handbuch der deutschen Geschichte, Band 15. Herausgegeben von Jürgen Kocka J.G. Cotta‘sche Buchhandlung Nachfolger GmbH, Stuttgart 2003. Lenger, Friedrich, Seite 114. 176 Biewer, Ludwig: Verfassung und Verwaltung Pommern in der Neuzeit. Edition Timmen 2001, Seite 139. 36 Vgl. wie 175, Band 16, Volker Berghahn, Seite 319. 37 Vgl. wie 176, Seite 140. 38 Wie 63, Seite 56. 39 Buchsteiner, Ilona: Grundbesitz in Pommern 1871 – 1914. Akademie Verlag GmbH, Berlin 1993. 40 Wie 153, Seite 30. 41 Wie 153, Seite 38. 42 Wie 16, Kreis und Kreisverwaltung von Wilhelm Becker, Seite 94. 43 Sandhagen, Herbert: Die Entwicklung der demokratischen Organe der Staatsmacht im Kreis Anklam 1945 – 1949, Pommernarchiv Greifswald, Staatsexamenarbeit. 44 Vgl. Holder-Egger, Kurt: Der Pflanzenbau in Pommern: Verlag W. Schmidt, Gießen 1963. 45 Vgl. wie 185, Seite 189/190. 46 Dade, Heinrich: Die deutsche Landwirtschaft unter Kaiser Wilhelm II., Band I. Verlag Halle 1913, Seite 6. 47 Vgl. Nonnenmacher, Eugen: Die landeskulturelle Erschließung des Peenetales Heimatkalender 1969, Seite 77/79. 48 Wie 188, Seite 78. 49 Vgl. wie 2, Seite 479. 50 Wie 13, Seite 17 bis 20. 51 Vgl. wie 16, Seite 69. 52 Vgl. Bischoff, Kurt: Die pommersche Landwirtschaft. Buchdruckerei Pommersche Reichspost GmbH, 1913, Seite 51/52. 53 Wie 13, Seite 44 bis 56. 54 Oertzen-Strelow von, H.U.: Tierzucht in Pommern 19. und 20. Jahrhundert. Holzner Verlag, Würzburg 1969, Seite 2. 55 Wie 195, Seite 2. 56 Vgl. wie 195, Seite 11. 57 Wie 195, Seite 50. 58 Wie 195, Seite 124. 59 Landwirtschaftschaftliches Adreßbuch der Provinz Pommern, 9. Auflage. Verlag von Niekammer`s Adreßbücher GmbH, Leipzig 1939, Seite XI. 60 Wie 195, Seite 131. 61 Wie 193, Seite 63/64. 62 Vgl. Bols, Udo: Traktoren. Podszun Motorbücher GmbH, 2003. 113 63 Vgl. wie 2, Seite 481. 64 Redieck, M. & Schade, Joachim GbR: Verschwunden – vergessen – bewahrt, Denkmale und Erbe der Technikgeschichte in Mecklenburg – Vorpommern. Landmaschinen von Mecklenburg-Vorpommern von Eichler, Chr. W. & R. Stadtdruckerei Rostock, 1997, Seite 97. 65 Wie 205, Seite 98. 66 Vgl. wie 136. 67 Petermann, Robert: Die Windmühlen in Anklam. Heimatkalender 1981, Seite 87/89. 68 Vetter, Wolfgang: In alten Kalendern geblättert. Heimatkalender 1970, Seite 72. 69 Wie 19, Seite 210. 70 Wie 19, Seite 210 71 Wie 16, Seite 97. 72 Kuchenbrandt, Ingo: Die Zuckerfabrik Anklam. Heimatkalender 2001, Seite 81. Nordkurier Verlagsbeilage : 125 Jahre Zuckerfabrik Anklam / 29.09 2008 73 Wie 85, Seite 97. 74 Betriebsgeschichtskommission des VEB Zuckerkombinat: 100 Jahre Zuckerfabrik Anklam, 1983, Seite 43. Hammer, M.: Die Zuckerfabrik wird 100 Jahre alt. Heimatkalender 1983, Seite 51. 75 Lembrich, Wolfgang: Zur Geschichte der Anklamer Kartoffelflockenfabrik. Heimatkalender 2004, Seite 123/124. 76 Bluhm, Franz: Die Milchwirtschaft und das Molkereiwesen. Böhlau Verlag Köln Wien 1988, Seite 44. 77 Schumacher, Paul und Ingeborg: 75 Jahre Molkereigenossenschaft Anklam. Heimatkalender 1967, Seite 124. 78 Grube, Frank/Richter, Gerhard: Alltag im Dritten Reich – So lebten die Deutschen 1933 – 1945. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 1982, Seite 71. 79 Wie 219, Seite 71. 80 Vgl. Schneider, Wolfgang: Alltag unter Hitler. Rowohlt-Berlin Verlag GmbH, 2000, Seite 78. 81 Wie 221, Seite 32. 82 Wie 221, Seite 133. 83 Vgl. wie 88, Seite 546. 84 Vgl. wie 219, Seite 76. 85 Wie 221, Seite 186. 227 Kumm, Hans-Jürgen. Heimatkalender 2006, Seite 115. 228 Wie 34, Seite 33. 114 Quellennachweis

1. Schumacher, Paul: Stand der Bodenkmalpflege im Kreis Anklam. Anklamer Heimatkalender 1966, Seite 110 bis 116.

2. Schoknecht, Ulrich: Einige bemerkenswerte frühgeschichtliche Neufunde aus Görke. Anklamer Heimatkalender 1966, Seite 164 bis 166.

3. Sommer, Ralph, DDP: Die Asche der Vorfahren in Vorpommern. Nordkurier 23.10.2009, Mecklenburg-Vorpommern, Seite 5.

4 Hornburg, Wilfried, Dr.: Die großen Steine von Klein Polzin – Ein Beitrag zur Vorgeschichte des Peenetals. Heimatkalender 1994 Anklam, Seite 94.

5. Leube, Achim, Dr.: Der Kreis Anklam und seine kaiserliche Besiedlung. Mitteilung des Bezirksausschusses für Ur- und Frühgeschichte Neubrandenburg, Nr. 34 /1987, Seite 44 / 45.

6. Horst, Fritz, Dr.: Der älterbronzezeitliche Hortfund von Borntin, Kreis Anklam. Mitteilung des Bezirksausschusses für Ur- und Frühgeschichte Neubrandenburg, Nr. 31 /1984, Seite 4 / 9.

7. Frankenberg, Ralf: Mündliche Informationen zu archäologischen Funden im Kreis Anklam. 117

Übersicht über die Anlagen

1. Kreis Anklam vor 1945 / Übersichtskarte

2. Übersicht über die Gründung von Dörfern und deren Strukturen

3. Archäologische Funde zwischen Peene und Landgraben

4. Grundherrschaften 14./15. Jahrhundert zwischen Peene und Landgraben

5. Landwirtschaftliche Betriebe ab 100 ha Betriebsgröße, Stand 1939

6. Anbauflächen der Erntejahre 1925 und 1937 / Kreis Anklam

7. Viehbestände der Jahre 1861 und 1936 / Kreis Anklam

8. Vergleich Landkreis Anklam zum Land Pommern

9. Ausgewählte Schlösser und Gutshäuser ehemaliger Güter im Altkreis Anklam Anlage 1

Kreis Anklam vor 1945

Quelle für die Kreiskarte: Bolnow, Otto: Der Kreis Anklam – Ein Heimatbuch des Kreises Anklam, Kunstdruck- und Verlagsbüro Magdeburg, 1935 . Auszug und verkleinert.

121

Anlage 2 Übersicht über die Gründung von Dörfern und deren Strukturen Altkreis Anklam

Dorf/Name Alter Name Grün- Kirche Struktur Weitere dung Stand 1939 Informationen Stadt Anklam Tachlim, 11./12.Jh. 1264 Stadtgut, Bauern Stadtgründung: Anclam 1264 Gellendin Gelendy 17. Jh. Stadtgut Görke Göreke 1348 14. Jh. Bauern 1755 Bauern angesiedelt Blesewitz Blezewisse 1365 14. Jh. Gut Sanitz Sanica 1764 Bauern 1764 Bauern angesiedelt Butzow Budessow 1365 Bauern 1931 aufgesiedelt Lüskow Lüsco 1291 14. Jh. Bauern 1931 aufgesiedelt Grüttow Chrütow 1882 Bauern Ermordung Wartislaw I. 1136 Dersewitz Derzowici Domäne Medow Medowa 1236 15. Jh. Gut, Bauern Ansiedlung vor 1767 Brenkenhof Brenkenhof 1754 Bauern Ansiedlung 1754 Pelsin Pulsin 1285 15. Jh. Bauern Pelsin-Gut Stadtgut Postlow Postelow Bauern Ansiedlung 1764 Tramstow Trambisztow 15. Jh. Bauern Ansiedlung 1767 Stolpe Ztulp 1153 1180 Gut, Bauern Benediktiner Kloster Neuhof Neuhof Vorwerk-Gut Wussentin Woscentien 1172 Bauern Ansiedlung 1764

Bugewitz Bogowici 14. Jh. 15. Jh. Bauern, Stadt Bugewitz Gut Stadtgut Kalkstein Kalkstein 1749 Bauern Ansiedlung 1749 Ducherow Duggerow 1472 Gut, Bauern Busow Bozow 1288 15.Jh. Gut Gnevezin Gniewenein 15. Jh. Bauern Bargischow Barwetzkowe 1285 Um 1300 Bauern Anklamer Olde Vir 1285 Bauern Fähre Neu Neu-Kosnow 1752 Bauern Ansiedlung 1752 122 Kosenow Dorf/Name Alter Name Grün- Kirche Struktur Weitere dung Stand 1939 Informationen Alt Kosenow Alt-Kosnow 1348 15. Jh. Stadtgut, Bauern Kagendorf Kaghendorp 1307 Um 1300 Bauern Dargibell Dargebel 1287 15. Jh. Gut Auerose Owrose 1724 Gut Kirche wohl älter Eichenfelde Eichenfelde Vorwerk-Stadtgut Rathebur Radobor 13. Jh. Gut-Vorwerk, Ansiedlung 1777 Bauern Marienthal Marienthal 1776 Bauern Ansiedlung 1776 Rosenhagen Rosenhagen 13./14. 17. Jh. Bauern Aufsiedlung 1748 Jh. Kamp Krones Camp 13./14. Fischer, Stadt Jh. Heidberg Heidemühl Rossin Rusin 1235 Um 1500 Gut Glocke 1506 Charlottenhof Charlottenhof 18. Jh. Gut-Vorwerk Woserow Woserowe Bauern

Iven Iwy 15. Jh. Gut, Bauern Krien Kryne 1253 13. Jh. Domäne, Bauern Ansiedlung 1767 Krusenkrien Vorwerk-Domäne Stammers- Vorwerk-Domäne felde Albinshof Vorwerk- Domäne Krusenfelde Krusenfelde Gut-Vorwerk Gramzow Grambzow 13. Jh. Gut, Bauern Ansiedlung vor 1777 Liepen Lipz, Lypa 1222 13. Jh. Bauern, Gut Preetzen Precno Gut Priemen Primziz 1172 Gut-Vorwerk Neetzow Nezow 1258 Gut Padderow Pedrow 1222 Gut Kagenow Chojnow 15. Jh. Gut-Vorwerk, Bauern Klein Below Bela Gut-Vorwerk Neuendorf B 14. Jh. 15. Jh. Gut Janow Janow Gut Ab 16. Jh. „ von Schwerin“ Landskron Lanzkrohn 1183 1576 Veste: 1576-79 123 erbaut

Dorf/Name Alter Name Grün- Kirche Struktur Weitere dung Stand 1939 Informationen Steinmocker Moker 13./14. 15. Jh. Gut Jh. Wegezin Wugusin 1267 1861 Bauern Ansiedlung 1748 Dennin Dembina 1254 15. Jh. Gut Stern Gut-Vorwerk Krien-Horst Bauern Flemingsfeld Gut-Vorwerk e

Alt Teterin Tetterin 15. Jh. Bauern Neu Teterin Gut Drewelow Trebelow 15. Jh. Gut-Vorwerk, Bauern Fasanenhof Gut-Vorwerk Japenzin Jawencin 1281 14. Jh. Bauern Glocken 1336 Rehberg Sarnow Gut - Vorwerk Nerdin Norin Bauern Ansiedlung 1748 Thurow Turow 1387 Gut Neuenkirchen Neuenkirchen 1249 13. Jh. Klostergut Müggenburg Müggenborg 14. Jh. Gut Burg 1355 erwähnt Strippow Stüppow Bauern Spantekow Spantecow 1150 15. Jh. Gut, Bauern Wasserburg 12. Jh. Rebelow Röbelow 1533 Gut, Bauern Bruchmühl Bauern Zinzow Czinutzow Gut Glocke 15. Jh. Rubenow Rubekow 1285 Bauern Ansiedlung 1725 Borntin Borrentyn 16. Jh. Gut-Vorwerk Wüste Feldmark16./17. Jh. Cavelpaß Kabelpaß Gut-Vorwerk Zollstelle Pommern/Meckl.

Boldekow Boletekow 13. Jh. Gut, Bauern Teile 1933 aufgesiedelt Bornmühl 1747 Bauern Ansiedlung: Löwitz Louwitz 1250 17. Jh. Gut Ab 1684 „von Schwerin Sophienhof Hagedorn 15. Jh. Gut Schmuggero Smuggerow 1307 18. Jh. Gut, Bauern Glocke 15. Jh. 124 w Putzar Pussare 1306 16. Jh. Gut

Dorf/Name Alter Name Grün- Kirche Struktur Weitere dung Stand 1939 Informationen Glien Glina Gut-Vorwerk, Glocke 1691 Bauern Sarnow Carnowe 1235 1754 Gut, Bauern Wendfeld Gut-Vorwerk Panschow Panzkow 15. Jh. Gut Hermannshof Hermannshof Bauern 1932 aufgesiedelt Wusseken Wodseken 1242 13. Jh. Bauern Schwerins- Kummerow Gut burg Stretense Strutenze 1365 19.Jh. Gut

Altwigshagen Oldagshagen 1258 17. Jh. Gut Annenhof Annenhof 18. Jh. Gut-Vorwerk Louisenhof Lovisenhof 1777 Bauern Lübs Lypz 1890 Gut, Bauern Glocke 14. Jh. Neuendorf A 13./14. 1892 Gut-Vorwerk Jh. Kurtshagen Curtshagen 18. Jh. Gut-Vorwerk Leopolds- Grönberg, 1749 1755 Bauern Ansiedlung Bauern hagen Leopoldshage n Wietstock Wietstock 1224 1450 Bauern 1933 aufgesiedelt Heinrichshof Heinrichshof 18. Jh. Gut-Vorwerk Finkenbrück Gut-Vorwerk Demnitz Dembnica Gut-Vorwerk Millnitz Melnica Gut-Vorwerk

Erläuterung der Abkürzungen:

Jh. Jahrhundert Domäne Staatsdomäne zum Amt Klempenow, kann verpachtete sein. Gut-Vorwerk Vorwerk zu einem Gut. Bauern Bauernansiedlung, kann auch eine Teilansiedlung sein. Stadtgut Stadt Anklam ist Eigentümer des Landes. Kirche Muß nicht die erste erbaute Kirche gewesen sein. Gründung Urkundlich erwähntes Gründungsjahr der Ansiedlung. Alter Name Ein urkundlich erwähnter alter Name, soweit bekannt. Es können weitere Namen existiert haben. 125

Quellen:

Heimatkalender 1907 für den Kreis Anklam / Dr. E. Mucke in Freiberg, Seite 91 – 98: Die Namen der Ortschaften des Kreises Anklam und ihre Bedeutung.

Landbuch des Herzogthums Stettin / Band I „ Der Anklamsche Kreis“ Verfasser: Heinrich Kreplin, Verlag: W. Dietze Anklam

Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler Mecklenburg-Vorpommern Bearbeitet von Hans-Christian Feldmann / Deutscher Kunstverlag 2000 - Georg Dehio -

Bau- und Kunstdenkmale in der DDR – Herausgegeben vom Institut für Denkmalpflege im Henschelverlag Kunst und Gesellschaft Berlin 1982

Vorpommerns Schlösser und Herrenhäuser Hubertus Neuschäffer; Husum Druck- und Verlagsgesellschaft 1993

Ducherower Land, Amt Ducherow 2000

Quellennachweis

1. Schumacher, Paul: Stand der Bodenkmalpflege im Kreis Anklam. Anklamer Heimatkalender 1966, Seite 110 bis 116.

2. Schoknecht, Ulrich: Einige bemerkenswerte frühgeschichtliche Neufunde aus Görke. Anklamer Heimatkalender 1966, Seite 164 bis 166.

3. Sommer, Ralph, DDP: Die Asche der Vorfahren in Vorpommern. Nordkurier 23.10.2009, Mecklenburg-Vorpommern, Seite 5.

4 Hornburg, Wilfried, Dr.: Die großen Steine von Klein Polzin – Ein Beitrag zur Vorgeschichte des Peenetals. Heimatkalender 1994 Anklam, Seite 94.

5. Leube, Achim, Dr.: Der Kreis Anklam und seine kaiserliche Besiedlung. Mitteilung des Bezirksausschusses für Ur- und Frühgeschichte Neubrandenburg, Nr. 34 /1987, Seite 44 / 45.

6. Horst, Fritz, Dr.: Der älterbronzezeitliche Hortfund von Borntin, Kreis Anklam. Mitteilung des Bezirksausschusses für Ur- und Frühgeschichte Neubrandenburg, Nr. 31 /1984, Seite 4 / 9.

7. Frankenberg, Ralf: Mündliche Informationen zu archäologischen Funden im Kreis Anklam.

131 Anlage 5

Landwirtschaftliche Betriebe ab 100 ha Betriebsgröße - Landkreis Anklam / Stand 1939 -

Ort Eigentümer Betriebs- LN Acker- Wal größe land d ha ha ha ha Pelsin Stadt Anklam/ Pächter: 189 178 140 Bernhard Werner Gellendin Stadt Anklam/ Pächter : G. Grönow 554 550 467 Anklam Paul Funk 120 120 90 Anklam Fritz Tschirnhorski 105 105 81 Dersewitz Preußischer Staat / Pächter: Wette 358 335 260 Görke Bruno Kling 102 99 70 Blesewitz Paul Kolbe 865 708 127 Medow Hildegard Holtz 458 422 341 10 Postlow Julia Keßler 448 429 335 5 Stolpe Ursula Stürken 913 840 687 20 Iven Wilhelm von 1129 850 667 258 Schwerin Janow Wolf Dietrich von Schwerin 1053 743 595 274 Rehberg Wolf.Dietrich von Schwerin 491 406 303 72 Krien Preuß. Staat/ Pächter: G. Hertz-Kleptow 285 263 201 Krusenfelde W.-Eginhard v. Kruse 412 409 354 Neetzow W.-Eginhard v. Kruse 724 558 479 155 Klein Below W.-Eginhard v. Kruse 250 239 164 Kagenow Paul Kutschke 175 170 132 Wegezin A.von dem Hagen Pächter: D.v .d. Hagen 236 224 194 3 Kl.ein Below Franz Albrecht 400 385 300 Padderow Helen Krech 316 291 222 Stammersfeld Harry Berg 245 241 218 e 132 Steinmocker Conrad Weißenborn 903 764 668 99 Liepen Paul Deckmann 103 99 78 Preetzen Hanna Dudy 485 422 364 53 Priemen Hans-Jürgen v. Below 158 158 100 Albinshof Richard Brandis 142 137 122 1 Ort Eigentümer Betriebs- LN Acker- Wal größe land d ha ha ha ha Spantekow Hans Bone von. Schwerin 1547 767 606 714 Müggenburg Dr. Karl-Fr. Holtz 711 677 559 33 Nerdin Fritz Bartelt 138 134 99 4 Thurow Friedrich Helms 487 468 374 6 Rebelow H. Bone v. Schwerin 461 443 354 Dennin Freifrau von Schwerin 920 891 817 Dennin Karl Heiden 102 100 72 1 Neuenkirchen Klosterkammer zu Ha. Pächter: Kurt 602 575 488 9 Schröder Drewelow Hans Bone v Schwerin 233 x x Einzelverpachtung Zinzow Jürgen Werner von Schwerin 1119 881 662 117 Borntin J. Werner v. Schwerin 378 372 364 5 Drewelow Willy Heiden 109 103 83 4 Stretense Bogislaw v. Heiden- Linden 702 663 527 23 Panschow B. von Heiden-Linden 444 426 320 10 Neu Teterin B. von Heiden-Linden 309 285 196 18 Boldekow Viktor von Schwerin 734 445 340 275 Sarnow Eberhard v. Schwerin 799 473 370 319 Schwerinsbur Eberhard v. Schwerin 839 674 499 119 g Putzar Joachim von Schwerin 1133 754 505 50 Löwitz Hans v. Gerstenberg, Edler v. Zech, v. Schw. 548 461 297 83 Pächter: W.v. Schwerin Sophienhof Margarete v. Schwerin 417 316 254 84 Rossin Achim Kolbe 750 629 439 90 Charlottenhof Heinrich Kolbe 307 277 207 20 133 Schmuggero Manfred von 665 384 280 216 w Schwerin Ducherow Ulrich von Schwerin 1082 733 570 333 Busow Graf von Schwerin- Stolpe 700 549 414 121 Dargibel Ulrich von Schwerin 529 473 378 24 Auerose Wolf von Borke- Auerose 619 583 354 8 Rathebur Marie Brügge 230 193 141 29 Bugewitz Stadt Anklam Pächter: Heidborn 392 390 236 Woserow Ewald Grönow 185 178 124 1 Rosenhagen Willi Alhaber 110 97 47 Ort Eigentümer Betriebs- LN Acker- Wal größe land d ha ha ha ha Lucienhof Lucie Lotz 144 127 78 Lucienhof Frau Meilahn/ Pächter: 103 90 43 Georg Meilahn Alt Kosenow Stadt Anklam/ Pächter: 406 368 221 Teichmannsche Erben Eichenfelde Stadt Anklam/ Pächter: 188 152 87 Teichmannsche Erben Kagendorf Fritz Berndt 104 103 81 1 Kagendorf Karl Brandenburg 117 117 80 Kagendorf Willi Dittmer 128 109 54 15 Borkenfriede/ Dr. Rudolf Erich Lübz von Borke 1379 851 519 512 Neuendorf a Friedrich Franz von Borke 1314 683 511 614 Altwigshagen Bernhard von Borke / Restgut x x x Annenhof Nordische Holzhan- delsgesellschaft Berlin 695 404 204 284 Demnitz Freifrau von Maltzahn 778 692 310 50 Wietstock Paul Hartsch 180 123 75 42 Heidemühle Schmied / Hoheheide 1086 500 0 586

Quelle: Landwirtschaftliches Adressbuch der Provinz Pommern 134 9. starkvermehrte Auflage 1939. Verlag von Niekammerr`s Adressbücher GmbH Leipzig O5, Wissmannstraße 19 Kreis Anklam, Seite 2 bis 10. 135 Anlage 6

Anbauflächen der Erntejahre 1925 und 1937 / Kreis Anklam

1925 1937 Kulturart % zu % zu ha Acker ha Acker Winterweizen 1612 4,5 2110 6,1 Sommerweizen 99 0,3 1248 3,6 Winterroggen 7929 22,3 7289 21,2 Sommerroggen 224 0,6 69 0,2 Wintergerste 415 1,2 978 2,8 Sommergerste 2325 6,6 1772 5,2 Hafer 5739 16,1 5264 15,3 Körnermais 68 0,2 Sonstiges Getreide 1615 4,5 1445 4,2

Getreide insgesamt 19958 56,1 20243 58,8 Winterraps 96 0,3 Winterrübsen 46 0,1 Sommerrübsen 3

Ölfrüchte insgesamt 145 0,4 Speiseerbsen 410 1,1 131 0,4 Futtererbsen 22 0,1 Ackerbohnen 250 0,7 92 0,3 Wicken 834 2,3 20 0,1 Lupinen 417 1,2 524 1,4 Gemengehülsenfrüchte 46 0,1

Körnerhülsenfrüchte insg. 1911 5,3 835 2,4 Faserlein / Flachs 15 0,1 82 0,2 Hanf 198 0,6

Faserpflanzen insgesamt 15 0,1 280 0,8

Kartoffeln 4501 12,7 5034 14,6

Zuckerüben 2875 8,1 2997 8,7 Futterrüben 325 0,9 720 2,1 Kohlrüben / Wrucken 683 1,9 929 2,7 Futtermöhren 144 0,4 28 0,1 Andere Hackfrüchte 19 136 Futterhackfrüchte insg. 1152 3,2 1696 4,9 1925 1937 Kulturart % zu ha Acker ha

Gemüse insg. 15 0,1 110 0,3 Klee 3247 9,1 1638 4,8 Luzerne 62 0,2 284 0,8 Ackerweide 810 2,3 218 0,6 Einjähriges Feldfutter x x 701 2,1

Feldfutter insg. 4119 11,6 2858 8,4 Samenerzeugung x x 55 0,2 Übrige Kulturen 1) 1004 2,8 95 0,3 Brachland x x 55 0,2

Ackerland insgesamt 35550 100 34403 100 2) Differenz zwischen nachgewiesene Kulturen und Ackerland insgesamt.

Flächenstruktur des Kreises

1925 1937 % zu % zu ha Insg. 2) ha Insg. 2) Ackerland 35550 54,7 34403 52,9 Wiesen 12501 10049 Weiden 4863 5522 Grünland insg. 17364 26,7 15571 23,9 Gärten u. Obstanlagen 625 1,0 657 1,0 Landwirtschaftliche Nutzfl. 53539 82,4 50631 77,8 Moorflächen unkultiviert x x 1145 1,8 Wald / Forsten x x 8900 13,7

Gesamtkreisfläche 64987 100 65095 100 2) Gesamtkreisfläche

Quellen: 1925: Der Kreis Anklam – Ein Heimatbuch des Kreises, Ausgabe 1935, Seite 67 – 72, Verlag: Kunstdruck- und Verlagsbüro Magdeburg. Verfasser: Walter von Holly, Anklam.

1937: Die Landwirtschaft Pommern in Zahlen. Herausgegeben vom Reichsnährstand, Landesbauernschaft, Ausgabe Stettin 10.01.1938, Seite 17 -20. 137 Anlage 7

Viehbestände der Jahre 1861 und 1936 / Kreis Anklam

1861 1936 Stück 100 ha/ Stück 100 ha/ LN LN

Pferde 4283 8,8 6006 11,9 dar. Fohlen x. x 1319 2,6

Rinder insg. 10633 21,8 25351 50,1 dar. Kühe 7247 14,8 12429 24,6

Schweine insg. 5955 12,2 38381 75,9 dar. Sauen x. x 3691 7,3

Schafe 73930 153,3 21238 42

Ziegen x. x 461 0,9

Legehennen x. x 92006 182

Bienenvölker x. x 3786 7,5

Milch je Kuh / kg x. x 3588 x

Landw. Nutzfläche in ha 48865 50553

Quellen:

1936 Die Landwirtschaft Pommern in Zahlen. Herausgegeben vom Reichsnährstand, Landesbauernschaft, Ausgabe Stettin 10. Januar 1938, Seite 44 bis 56.

1861 Landbuch des Herzogthums Stettin, Band I, Kreis Anklam, Verfasser Heinrich Kreplin, Verlag W. Dietze Anklam, Seite 207. 139 Anlage 8 Vergleich Landkreis Anklam zum Land Pommern

Bezugs- Kreis Land Kreisan- Text jahr Anklam Pom- teil mern %

Gesamtfläche 1937 ha 65095 3023522 2,15 Wald / Forsten 1937 ha 8900 717658 1, Anteil zur Gesamtfläche % 13,7 23,7 24 Öd- und Unland 1937 ha 995 74265 1, Anteil zur Gesamtfläche % 1,5 2,5 34

Landwirtschaftliche Nutzfläche 1937 ha 50631 1960124 2,58 Anteil zur Gesamtfläche % 77,8 64,8 Ackerland 1937 ha 34403 1512800 2,27 Anteil zur landw. Nutzfläche % 67,9 77,2 Wiesen und Weiden 1937 ha 15571 419630 3,71 Anteil zur landw. Nutzfläche % 30,8 21,4

Betriebe über 100 ha 1933 Betriebe 78 2902 2,69 Betriebsfläche ha 42186 1488206 2,83 % 64,8 49,2 Anteil zur Gesamtkreisfläche ha 541 513 Durchschnittliche Betriebsgröße

Einheitswert 1935 RM 780 610

Einwohner insg. 1933 Personen 35279 1520897 2,32 Berufszugehörige(L.&F.)Einwoh. Personen 14708 732632 2,01 Anteil zu Einwohner insg. % 41,7 38,1

Erwerbstätige in der Land- und 1933 Forstwirtschaft Personen 8181 432830 1,89 Je 100 ha LN Personen 16,2 22,1

Anbauflächen Getreide insgesamt 1937 ha 20243 899323 2,25 Anteil zum Ackerland % 58,8 59,4 Ölfrüchte insg. 1937 ha 145 2561 5,66 Anteil zum Ackerland % 0,4 0,2 Kartoffeln 1937 ha 5034 266977 1,89 Anteil zum Ackerland % 14,6 17.6 Zuckerrüben zur Verarbeitung 1937 ha 2997 28961 10,35 Anteil zum Ackerland % 8,7 1,9 Feldgemüse und 1937 ha 110 3262 3,37 Erwerbsgartenbau % 0,3 0,2 140 Anteil zum Ackerland Kohlrübenanbau 1937 ha 929 56741 1,64 Anteil zum Ackerland % 2,7 3,75 Viehbestände

Bezugs- Kreis Land Kreis Text jahr Anklam Pommern a n - t e i l

% Pferde insgesamt 1933 Stück 5560 224982 2,47 je 100 ha LN Stück 11,0 11,5 Rinder insg. 1933 Stück 23042 909351 2,53 je 100 ha LN Stück 45,5 46,4 darunter Kühe 1933 Stück 11215 476409 2,35 je 100 ha LN Stück 22,2 24,3 Schweine 1933 Stück 28592 1395202 2,05 je 100 ha LN Stück 56,5 71,2 Schafe 1933 Stück 19655 486643 4,04 je 100 ha LN Stück 38,8 24,8

Milch je Kuh 1934 kg 3001 2444 1935 kg 2800 2484 1936 kg 3588 2730

Quelle: Die Landwirtschaft Pommern in Zahlen. Herausgegeben vom Reichsnährstand, Landesbauernschaft, Ausgabe Stettin, 10. Januar 1938. Eigene statistische Aufbereitung.