Freitag, 18. September 2020 SPORT REGION 13

Vor schwieriger, aber lösbarer Mission

Der FC St. Gallen steht in der Super League vor der Bewährungsprobe, die grandiose letzte Saison zu bestätigen. Es könnte klappen.

von Reto Voneschen «Natürlich braucht s gibt eine Szene der letzten es eine Weile, Saison, die verfolgte Peter bis wir wieder Zeidler noch lange. «Da E unten», sagte der St. G aller eingespielt und Trainer und zeigte bei sei- in Topform sind.» ner letzten Pressekonferenz der ver- gangenen Saison durchs Fenster in den Strafraum vor der Osttribüne des Ky- Trainer des FC St. Gallen bunparks. Da, wo am 23. Februar Law- rence Ati Zigi den schwach geschosse- nen Penalty von Guillaume Hoarau erst hielt und knapp 20 000 Grünweis- sind», sagte Zeidler dem «St. G aller Tag- se ins Delirium schickte, dann aber blatt» nach der Vorbereitung. Heute Hoarau wegen einer Spitzfindigkeit werden die Verantwortlichen ihre Zie- eine zweite Chance erhielt, diese nutz- le in einer Pressekonferenz erläutern. te und knapp 20 000 Grünweisse die Eher würde es wohl schwarz schneien, Welt nicht mehr verstanden. Statt 3:2 als dass Präsident Matthias Hüppi, «nur» 3:3, statt Ausbau der Leaderposi- Sportchef Alain Sutter und Zeidler in tion weiter «nur» knapp vor den «bö- Euphorie verfallen und den Meisterti- sen Buben» aus Bern. tel fordern würden. Viel eher wird das «Da unten», wiederholte Zeidler Triumvirat den Erhalt des Status quo und nahm tief Luft, «wer weiss, was als das höchste der Gefühle ausrufen. passiert wäre, wenn. ..» Er musste den Satz nicht beenden, jeder wusste, was Alles ist möglich gemeint war. Der Konjunktiv ist ein Die Ruhe und Bescheidenheit ist ein treuer Begleiter beim Blick auf die letz- Glücksfall für den Klub, der noch nicht te Saison. Was, wenn der FCSG damals vor allzu langer Zeit eher einer Skan- gewonnen hätte, die Saison nicht vier dalnudel denn einer Vorzeigeorganisa- Monate unterbrochen hätte werden tion glich. Mit dem überraschenden müssen? Und danach nicht vor leeren Soll beim FC St. Gallen Cédric Itten ersetzen: Florian Kamberi, der in der Saison 2013/14 für den FC Rapperswil-Jona spielte. Bild Keystone Abgang von Medienchef Daniel Last Rängen gespielt worden wäre? verschwand Ende Mai auch das letzte Überbleibsel der Ära Früh. Es ist keine Hoffnungsvolles Sturmduo Heimat. (32) und Mi- von Postur und Talent her – auch eins wenigen Wochen auf. Schon im ersten Überraschung, dass mit YB und St. Gal- Viel Zeit, darüber zu sinnieren, hatten lan Vilotic (33) wurden unsanft in den zu eins ersetzen. Grosse Hoffnungen Test gegen den österreichischen Zweit- len letzte Saison jene beiden Organi- die FCSG-Verantwortlichen und ihr An- Ruhestand verabschiedet, Axel Bakayo- hegen die Verantwortlichen an Youan. ligisten Lustenau (5:0) verletzte sich sationen auf den Rängen 1 und 2 der hang nicht. Nach einer kurzen Pause ko musste zurück nach Mailand, dazu Der ehemalige U21-Nationalspieler Abwehrjuwel Betim Fazliji. Gegen Super League standen, bei welchen kei- bat Zeidler wieder zum Training. Am werden Jérémy Guillemenot, respekti- Frankreichs wirkt zwar nicht so wuch- München erwischte es Lukas Görtler ne internen Turbulenzen herrschten. kommenden Sonntag steht schon das ve seinem Berater, noch Flirtversuche tig wie Vorgänger Demirovic, die (Schienbeinprellung), Victor Ruiz und Ganz im Gegenteil beispielsweise zu erste Meisterschaftsspiel gegen Sion an. Richtung Bundesstadt nachgesagt. 21-jährige Leihgabe von Nantes offen- waren zuletzt ange- Basel oder Luzern. Erst sieben Wochen ist es her, seit YB Zeidler hat aber schon Klartext gespro- barte aber im letzten Testspiel gegen schlagen. Nicolas Lüchinger verletzte Mit Lausanne und Servette drängen die Saisondernière gegen St. G allen ge- chen, wie es mit weiteren Abgängen Türkgücü München (3. B undesliga) viel sich dazu am Knie, kaum war er gene- neu zwei Teams mit «Divapotenzial» wann. Dazumal ohne Misstöne. aussieht: «Es geht keiner mehr.» Potenzial. sen vom letzten langen Ausfall. Besser nach vorne. So dürfte die neue Meister- Das Gesicht der St. G aller Mann- Mit Thody Élie Youan, Florian Kam- sieht es bei aus, der nach schaft so offen wie noch selten sein – schaft hat sich seither verändert. Céd- beri, Basil Stillhart, Kwadwo Duah, Keine optimale Vorbereitung der Coronapause als Joker vermisst auch die Kurve von Meister YB zeigte ric Itten sass damals schon auf der Tri- Boubacar Faye Traorè und Torhüter Gerade bei den drei Testpartien zeigte wurde. Nach seinem Kreuzbandriss im zuletzt nach unten. Und mit dem Coro- büne und spielt mittlerweile in Schott- Lukas Watkowiak vermeldeten die Ost- sich, dass die letzte, rauschhafte Saison Februar stieg er gestern wieder ins navirus wartet auf alle Beteiligten so- land, sein Sturmpartner Ermedin De- schweizer einige vielversprechende Zu- ihre Spuren hinterlassen hat. Gegen Mannschaftstraining ein. Bis zu einem wieso ein hartnäckiger Gegner. Für den mirovic wurde von seinem «Besitzer- züge. Der 25-jährige Ex-Hopper und Freiburg (1:3), Beinahe-Bundesliga-Auf- Meisterschaftseinsatz dürfte es aber FC St. G allen ist so alles möglich. Läuft klub» Alaves zum Bundesligisten Frei- einstige FC-Rapperswil-Jona-Spieler steiger Heidenheim (2:6) und Türkgü- noch bis Ende Monat dauern. es «da unten» nach Plan, dann dürfte burg ausgeliehen, und Silvan Hefti sah Kamberi machte den umgekehrten cü (1:3) spielte der FCSG selten mit «Natürlich braucht es eine Weile, bis Peter Zeidler Ende Saison wenig Grund in Bern bessere Perspektiven als in der Weg Ittens und dürfte diesen – rein dem gleichen Schwung wie noch vor wir wieder eingespielt und in Topform zu klagen haben.

Nachruf Den Regionalfussball stark geprägt Seine Paraden verhalfen dem FC Rapperswil-Jona zum erstmaligen Aufstieg in die 2. Liga. Als Torhüter und Vereinsfunktionär machte sich Rolf Fehr um den Fussball in der Region verdient. Am 12. September 2020 ist der Schmerkner nach kurzer Krankheit gestorben.

von Fredi Fäh * lich unter Beweis. Auch in den fol- siegbringende 2:1 erzielte, durften trieb er ebenfalls mit grossem En- genden Aufstiegsspielen gegen Va- sich die Rapperswiler erstmals in gagement in verschiedenen Funktio- Es war das vorentscheidende Spiel duz (1:1), Goldach (2:0), Bürglen (5:1) der Geschichte als Aufsteiger in die nen voran, was ihm später die ver- um den Gruppensieg in der 3. Liga. und in der finalen Ausmarchung ge- höchste Regionalliga feiern lassen. diente Ernennung zum Ehrenmit- Die Fussballer aus Rapperswil gas- gen Chur war er dem Team von Trai- glied einbrachte. tierten im April 1954 beim Mitkon- ner Fritz Brügger eine eminent wich- Präsident, Trainer und Verträger kurrenten Herisau. Sie setzten sich tige Stütze. Seine herausragenden Leistungen in Enkel Profi bei GC mit 4:1 durch, «wobei Torhüter Fehr Im entscheidenden Aufstiegsspiel der Aufstiegssaison 1953/54 brach- Die Leidenschaftfür den Fussball hat eine Glanzpartie lieferte», war im fol- in Chur standen die Rapperswiler in ten Rolf Fehr weitherum Respekt Rolf Fehr seinen Nachkommen ver- genden Matchbericht in der Lokalzei- der ersten Halbzeit mächtig unter und Anerkennung ein. In der Folge erbt. Sein ältester Sohn Hanspeter tung zu lesen. Druck, doch dank einer famosen bewies er seine Qualitäten für Rap- stand einst für Winterthur, La Chaux- Rolf Fehr war in den 1950er-Jah- Leistung von Rolf Fehr und einem perswil auch auf Stufe 2. Liga. Er de-Fonds und Wettingen in der Natio- ren eine tragende Säule der erfolgrei- Treffer von Kurt Federer gingen sie weckte dadurch Begehrlichkeiten, nalliga A im Einsatz. Fredy, der Jünge- chen Rapperswiler Fussball-Mann- mit einem glücklichen 1:0-Vorsprung heuerte zuerst beim FC Rüti an, ehe re, kickte für Rüti und Tuggen in der schaft. Er, der als knapp 20-Jähriger in die Pause. Nach dem Seitenwech- ihn der bekannte Unternehmer und 1. Liga und erhielt Aufgebote für die von seinem Stammverein Roman- sel gab es für den damals 21-jährigen Sportförderer Charles Vögele mit ei- nationalen Junioren-Auswahlen. shorn nach Rapperswil transferiert Fehr gegen einen wuchtigen Ab- nem verlockenden beruflichen Ange- Fredys Söhne setzen die Fussbal- worden war, trug Massgebliches zum schluss des späteren NLA-Torschüt- Rolf Fehr bot zum FC Uznach holte. Während ler-Tradition der Familie Fehr fort: erstmaligen Aufstieg des FC Rappers- zenkönigs Peter von Burg nichts zu 14.7.1933 – 12.9.2020 seines knapp 15-jährigen Wirkens in Kevin spielt beim FC Schmerikon in wil (damals noch ohne den Zusatz halten. Chur bewerkstelligte den Aus- Uznach war Fehr nicht nur Torhüter, der 2. Liga, und Fabio steht als Pro- Jona) in die 2. Liga bei. gleich zum 1:1 und drückte vehe- Archivbild von 1954 sondern auch Präsident, Zeitungskor- fi beim Schweizer Rekordmeister ment auf den Führungstreffer. Doch respondent, Plakatverträger und Grasshoppers Club Zürich unter Im Entscheidungsspiel geglänzt Fehr hielt sein Tor in der dramati- Trainer verschiedener Mannschaf- Vertrag. Nicht nur beim vorentscheidenden schen Schlussphase sauber, und da ten. Mitte der Siebzigerjahre folgte * Der Joner Fredi Fäh ist Sportjournalist sowie Spiel um den Gruppensieg stellte Heinz Roth eine Viertelstunde vor der Übertritt zum FC Schmerikon, Sportmanager FH und arbeitet aktuell unter Fehr seine Fangsicherheit eindrück- dem Ende mittels Handspenalty das dem Verein seines Wohnorts. Diesen anderem am Buchprojekt «100 Jahre FCRJ».