Nr 96 2011 EDITORIAL

Kulturzentrum im Herzen der Stadt

„Das Cercle-Gebäude ist für den Stadtbesucher von weither sichtbar. Es ragt durch seine Höhe und seinen Turm aus der Dächerwelt der Altstadt deut- lich empor. So erkennt man gleich die Place d’Armes, denn der Cercle stellt eine deutliche Referenz im Stadtbild dar. Das war auch so gewollt, denn histo- imedia ristische Architektur sah alle Gebäudefunktionen als gleichwertig an. Mithin rivalisierten im Stadtgebiet öffentliche und private Bauten untereinander, um ihre gesellschaftliche Wichtigkeit und Macht darzustellen, Mischung aus historistischer und moderner Archi- die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen oder um den tektur geschaffen wurde. In anderen Worten: eine Charakter ihrer zentralen Lage zu unterstreichen.“ ästhetische Symbiose für vielerlei soziokulturelle Derart beschreibt Robert L. Philippart in dieser Aktivitäten. ons stad-Nummer die Baugeschichte des „Stadtpa- Das im Januar 2010 eröffnete Cité (mit der Biblio- lastes“, der sich über ein Jahrhundert lang sozusagen thek-Mediathek, einem Restaurant und Auditorium) als „Bürgerstube“ am „Salon der Hauptstadt“, wie ist durch einen gläsernen Übergang direkt mit dem der Luxemburger Chronist Batty Weber die Plëss des restaurierten Cercle-Gebäude verbunden, was denn öfteren bezeichnete, bewährt hat. auch den Sinn des neuen Logos Cercle Cité erklärt. Mit der Wiedereröffnung des Cercle am 29. April Als neues multifunktionales Kultur-, Kongress- 2011 wird allerdings ein neues Stück Stadtgeschichte und Begegnungszentrum wird das Cercle Cité in Zu- geschrieben. Denn sie leitet sozusagen mit einigen kunft viele Menschen aller Nationalitäten anziehen, Jahren Verspätung mit dem Cercle Cité-Komplex und dies für einmal nicht auf dem Kirchberg oder in die Wende zum einundzwanzigsten Jahrhundert im der Unterstadt Grund, sondern mitten im Herzen der Stadtzentrum ein, mit dem eine überaus gelungene alten Festungsstadt. r.cl.

V.l.n.r.: Jean Reitz, Direktor der Agence Luxembourgeoise d'Action Culturelle, , Präsidentin des Comité de Gérance du Cercle-Cité, Stadtbürgermeister Paul Helminger und Anouk Wies, Koordinatorin, im renovierten Festsaal des Cercle.

Couverture et 4e de couverture :

Photothèque de la Ville de et imedia © David Laurent SOMMAIRE

4 44 58 Cercle und Cité: 1940-1944: Was bedeuten die ein neues kulturelles Das Cercle-Gebäude Straßennamen der Stadt? Zentrum während der deutschen Besatzung Eine Serie von Fanny Beck Elegant spannt sich eine Glas- und Stahlbrücke vom Centre socio- Eine Dokumentation culturel Cité hinüber zum altehr- von Paul Dostert würdigen Cercle-Gebäude. Cité und Cercle bilden nunmehr ein kulturelles Ensemble inmitten des 48 historischen Zentrums der Haupt- „Jamais pièce stadt. Das Cercle Cité reiht sich à Luxembourg somit in die lange Liste jener Kul- n’eut un tel succès.“ tureinrichtungen ein, welche Staat und Stadt seit den Kulturjahren Die Uraufführung von Dicks’ 1995 und 2007 in der Hauptstadt Komĕdĕstéck De Scholtscheîn am geschaffen haben. 25. Februar 1855 im Cercle. Eine historische Dokumentation Literaturgeschichtliches von Robert L. Philippart von Germaine Goetzinger 20 Stadtpalastgeschichten: Die ersten vierzig Jahre Es war einmal ein Stadtpalast in 59 der Hauptstadt eines Kleinstaates, „ Batty Weber und der Cercle: wo man immer wieder sah se Der Stadtpalast dérouler maintes fêtes et main- in seinen „Abreißkalendern“ tes manifestations qui donneront à notre capitale un semblant Ein kleines Feuilleton d'animation mondaine.“ Es war von René Clesse eine multifunktionale Mega-Kul- tur- und Maxi-Event-„Location“. So jedenfalls im Großherzogtum, 62 zu Beginn des 20. Jahrhunderts, Cité-Bibliothek mit seinen 260 000 Einwohnern im Jahre 1910, davon 45 169 in der Hauptstadt (mit Eich, Hamm und Rollingergrund). Der Palais muni- 65 13 cipal, bis heute und im folgenden Kleine Baumkunde Le Cercle, oft Cercle genannt, ermöglichte un haut-lieu 52 Satirische Lyrik überhaupt erst die Durchführbar- von Jacques Drescher de la vie musicale keit größerer Veranstaltungen. Am Puls der Stadt Après l’achèvement de l’actuel édi- Eine Chronik Die Wiedereröffnung des Cercle- fice au début du 20e siècle, la ville von Jean-Marie-Reding Gebäudes ist auch der Start des 66 disposait enfin d’une salle de fêtes Cercle Cité-Komplexes mit einem La collection digne de ce nom et réclamé de- neuen Konferenzzentrum und ei- luxembourgeoise puis longtemps par ses habitants. 30 ner üppigen Ausstellungsfläche. du Musée National Dorénavant on constate un nom- Visites d’Etat d’Histoire et d’Art bre croissant de manifestations au Palais municipal tous genres confondus. La déno- 56 Mihály Munkácsy mination voulue pour le nouveau Willy Brandt im Cercle Par Nathalie Becker bâtiment, en l’occurrence Palais am 4. Mai 1992 municipal, ne s’est en fait jamais 34 imposée. La salle des fêtes spa- Le Bal de l’Assoss 69 cieuse aménagée au premier étage au Cercle Municipal 57 se prêtait particulièrement bien Frühling und Frühsommer Le Bal de l’Assoss était pendant de Den Aly an de Benn auf den städtischen Bühnen pour l’organisation de concerts de longues années un événement fes- qualité. tif incontournable de la Mi-Carê- Eng Lëtzebuerger Short-Story Die Theaterrubrik Une rétrospective de Guy May me luxembourgeoise. Il était connu vum Josy Braun von Simone Beck pour la transformation radicale d’un Cercle municipal passable- ment solennel et pour l’ambiance légère qu’y firent régner la jeunesse étudiante de gauche et les fêtards de tous bords. Le libertinage et les mœurs légères qui s’annonçaient dans les titres des bals successifs proclamés sur de belles affiches d’artistes confirmés attiraient le chaland à la recherche d’âmes sœurs et d’aventures d’un soir. Par Ben Fayot ons stad N° 96 Avril 2011 Recherche internet: onsstad.vdl.lu Conception: Georges Fondeur 40 Périodique édité par Coordination: René Clesse Stadtpalast oder l’administration communale Layout: Dieter Wagner Märchenschloss? de la Ville de Luxembourg Photos: imedia paraissant trois fois par an Photothèque de la Ville de Luxembourg Der Architekturwettbewerb Fondé en 1979 par Henri Beck Photocomposition: zum „Neuen Cercle“ † Dynamo s.à.r.l., Luxembourg Tirage: 64 000 exemplaires Ein Beitrag von Stadtarchivarin Imprimé sur les presses de Distribution gratuite I’lmprimerie St-Paul S.A., Luxembourg Evamarie Bange à tous les ménages de la Ville de Luxembourg La revue ne peut être vendue Cercle und Cité ein neues kulturelles Zentrum

Das „Centre socio-culturel” reiht sich schließlich bot sich die Gelegenheit zum in die lange Liste jener Kultureinrichtungen Kauf des Ciné Cité. Eine Verbindung des ein, welche Staat und Stadt seit den Kultur- Cité mit dem Cercle herzustellen gehörte jahren 1995 und 2007 in der Hauptstadt gleich zum Plan1 – bot die Parzelle des ehe- geschaffen haben: , Philharmo- maligen Kinos doch die einzige realistische nie, MNHA, , städtisches Mu- Möglichkeit, beide Gebäude miteinander seum, Centre culturel de rencontre abbaye zu verbinden. de Neumünster (CCRN), Naturmusée usw. Am 29. Januar 2004 gingen die Lichter Die Idee zur Schaffung neuer Räum- definiv im ehemaligen Ciné Cité aus. Am lichkeiten für die Stadtbibliothek, einer 20. April desselben Jahres genehmigte der Mediathek und eines kleinen Amphithe- Gemeinderat das definitive Projekt, und die aters reifte kurz nach dem Kulturjahr von Abbrucharbeiten zum Bau des sozio-kultu- 1995, ging es doch darum, das historische rellen Zentrums mit Stadtbibliothek, Media- Stadtzentrum mit neuen kulturellen Aktivi- thek, Restaurant, Foyer für Ausstellungen täten zu beleben, um so seine Attraktivität und einem Amphitheater mit 185 Sitzplät- weiter zu steigern. Kongresszentren gab es zen für Kongresse und Vorträge begannen zu jener Zeit nur in perizentraler Lage. 1998 ein Jahr später2.

4 Elegant spannt sich eine Glas- und Stahlbrücke vom Centre socio-culturel Cité hinüber zum altehrwürdigen Cercle-Gebäude. Cité und Cercle bilden nunmehr ein kulturelles Zentrum inmitten des historischen Zentrums

der Hauptstadt. imedia 5 imedia

Das Architektenbüro Beng, das als Sie- Glasfassaden wirken komplementar, wobei Rue du Curé ist den Dienstboten und Kü- ger eines Architekturwettbewerbs hervor- das Cité den geschichtsträchtigen Charak- chenanlieferungen vorbehalten. In diesem ging, hatte sowohl den Symbolcharakter ter des Stadtpalastes noch unterstreicht. Trakt befinden sich ebenfalls Duschanlagen des Gesamtprojektes verinnerlicht als auch und Umkleideräume für das Personal. Die die vorgeschriebenen Funktionen des Neu- Was geschah mit dem Cercle? Ausdehnung der Küchenanlage im ersten baus und der Rehabilitation des Cercle-Ge- Stock verlangte eine Verlegung der Pfört- bäudes respektiert. Im Einverständnis mit Doch allein das Cité mit dem Cercle zu nerloge und eine Verkleinerung der Garde- dem Schöffenrat setzte es auf Authentizi- verbinden genügte nicht. Der ehrwürdige robe. tät, denn nur diese schafft Raumgefühl und Stadtpalast musste, um überhaupt noch Das zweite Stockwerk stellt mit sei- Identität. Man kann zwar zentrale Stadtla- baurechtlich nutzbar zu sein, vollständig nen Empfangs- und Prunkräumen und gen in die Peripherie verlegen, doch dann überholt werden. Er musste den neuen dem großen Festsaal nach wie vor die „Bel schwindet das Identitätsgefühl und somit gesetzlichen Bestimmungen in Sachen Si- étage” dar. Hier mündet die des die Verbundenheit der Bevölkerung mit ih- cherheit, Zugänglichkeit für Behinderte Cité in die „Salle flamande” ein. Dem sonst rer Stadt3. und Nachhaltigkeit angepasst werden. Zu neben der Ehrentreppe etwas abgelegenen Authentizität wurde hier geschaffen diesen Maßnahmen gehörten ebenfalls das Salon kommt jetzt die Funktion eines Vor- durch qualitativ hochwertige Architektur. Ersetzen der abgenutzten Parkettböden zimmers zugute. Ohne auf seine wertvolle Das Amphitheater als „schwimmende Bla- sowie das Einrichten einer neuen Küche Ausschmückung zu verzichten, verbindet se” in der Glasfassade des neuen Cité setzt mit Kälteräumen im ersten Stockwerk. Um er die zeitgenössische Architektur des Cité resolut auf Zeitgenössisch, ohne jedoch dem Workflow eines modernen Zentrums mit dem eklektizistischen Historismus des marktschreierischen Eventcharakter aus- gerecht zu werden, wurde der Innenhof, Cercle. Die Verbindung der beiden Gebäu- zustrahlen und ohne das bauliche Umfeld der zur Beleuchtung und Belüftung der de an dieser Stelle erlaubte den Erhalt der zu erdrücken. Ganz im Gegenteil, die hel- nach hinten gelegten Räume angelegt wor- Ehrentreppe und des Foyer in seinem ur- len Farben der modernen Baumaterialien den war, mit in den Bau einbezogen. Somit sprünglichen Glanz. Dazu kommt, dass die der Fassade stehen komplementär zu den konnten bessere Verbindungswege inner- „Salle flamande” nunmehr auch Zutritt zu historischen, in Stein errichteten Gebäuden halb des Gebäudes geschaffen, die Küche neuen, behindertengerechten Sanitäranla- der Nachbarschaft. Die Gesimshöhe des vergrößert und ein kleines Amphitheater gen bietet. Cité erlaubt es dem Neubau, sich sinnvoll eingerichtet werden. Die Einbeziehung des Innenhofes in und ästhetisch ins Stadtviertel einzufügen. Schade eigentlich um das Jugenstiltrep- das Projekt erlaubte es, einen kleinen Raum Der Kontrast zwischen dem zeitgenössi- penhaus zur Lantergässel hin. Es musste gleich hinter dem leicht zurückversetzten schem Cité und dem historistischen Cercle einer schmaleren Treppe weichen, welche Ausschank im Foyer zu schaffen. In direk- ist äußerst gelungen und sorgt dafür, dass Zugang zu den Personen- bzw. Frachtauf- ter Verbindung mit der darunterliegenden Alt und Neu sich ergänzen. Die Stein- und zügen schafft. Der Fahrstuhl zur Seite der Küche erleichtert er die Bedienung in den

6 ßen Wert auf die reichen Auschmückungen in Etappen in den Jahren 1971 bis 1976 Cercle und Cité der Friesen, Stuckdecken, Kolonnen und durchgeführt, denn das Gebäude musste ein neues Wandverzierungen6. schließlich während der Arbeiten zumin- Somit bot sich damals das Cercle- dest teilweise zugänglich bleiben11. kulturelles Gebäude in neuem Glanze regelrecht für Der Stadtpalast war inzwischen sechzig Staatsempfänge, Galadiners, akademische Jahre alt, und er hatte von 1952 bis 1969 Zentrum Sitzungen, Vorträge und Kolloquien, Bälle, auch als Sitzungssaal des Gerichtshofs der Konzerte und Theateraufführungen, Aus- Europäischen Gemeinschaft für Kohle und stellungen und Bazars an. Stahl (CECA) gedient, da die zum EGKS- Dabei muss gesagt werden, dass der Gerichtshof umfunktionierte Villa Vauban Cercle eigentlich nie „nur” ein Festsaal mit über keinen geeigneten Versammlungssaal angrenzenden Salons und Prunkräumen verfügte. Auch der besondere Ministerrat war. Er hatte immer eine doppelte Funk- der EGKS tagte im Cercle12. Die Vereini- tion, nämlich Verwaltungsbau und Fest- gung „Caméra Luxembourg” verfügte saal der Hauptstadt. Das 1957 über einen Arbeitsraum im Stadtpa- Tourist Office verließ das Cercle-Gebäude last, während die belgische Fluggesellschaft Empfangsräumen. Dem Archikturteam Ende 2006. Das ehemalige Empfangsbüro SABENA im Erdgeschoss Räumlichkeiten ging es hier ebenfalls um die Bewahrung für Touristen dient jetzt als so genannte angemietet hatte13. Die Abnutzung der und Aufwertung der historischen Archi- „Vitrine” des hauptstädtischen Geschäfts- Infrastrukturen war groß, und einige Gips- tektur. Die farbenfrohe Glaskuppel über verbandes. säulen waren an mehreren Stellen einge- dem Ausschank wurde beibehalten. Durch Als 1978 das Centre Hamilius fer- schlagen14. Unter der Leitung von Architekt künstliches Licht wird sie von außen ange- tiggestellt war, konnten der „service de Michel Heintz15-16 wurden umfangreiche strahlt, und so verleiht sie dem Foyer bei l’architecte”, der „service des travaux” Renovierungsarbeiten durchgeführt und Empfängen eine stilvolle und noble Atmo- und der „service de topographie et des verschiedene Verbesserungen und Mo- sphäre. Diese Anlage erlaubte es ebenfalls, biens communaux” neue Räumlichkeiten dernisierungen vorgenommen. Auch neue den Innenhof in der dritten Etage mit ein- an der Rue Aldringen beziehen. Sie waren Nutzungsmöglichkeiten des Gebäudes wur- zubeziehen. Somit konnte dieses gesamte seit 1909 im Cercle in den oberen Stock- den vorgesehen. Am 31. Januar 1972 legte Stockwerk als kleines Kongresszentrum werken untergebracht7. Die letztgenannte Michel Heintz seinen Kostenvoranschlag hergerichet werden, mit Auditorium (acht- Dienststelle kehrte schließlich in den Cercle für Arbeiten im Umfang von 26 200 000 undvierzig Sitzplätze) und vier modern zurück. Franken vor. Die alte Zentralheizung hat- eingerichteten Sitzungsräumen seitens der Im ehemaligen Ratskeller, der seit 1976 te ausgedient und musste ersetzt werden, Lantergässel und der Paschtoueschgaass. als Ausstellungsraum der Stadt figurierte8, was bereits 23% dieser Summe verschlang. Das Auditorium schließt einen Teil der ehe- wurde 1981 eine Kopie des Modells der 850 000 Franken waren für eine neue maligen Orchesterloge des Festsaals mit Festungsstadt aus dem Jahre 1805 zur Kücheneinrichtung vorgesehen, 250 000 ein. Sanitäranlagen und Sicherheitstreppen Besichtigung aufgestellt. Hier verblieb das Franken flossen in die Neugestaltung und vervollständigen diese neue Infrastruktur. Modell bis zu seiner Übernahme ins neue Vergrößerung der Räumlichkeiten des Syn- Unter dem Dachstuhl befinden sich städtische Geschichtsmuseum im Jahre dicat d’Initiative et de Tourisme (heute nunmehr die Pförtnerwohnung sowie tech- 1996. Zu Beginn der 1980er Jahre wurden LCTO). Die restlichen finanziellen Mittel nische Anlagen. einige Instandsetzungsarbeiten durchge- waren exklusiv den öffentlich zugänglichen Nach diesen umfangreichen Umbau- führt, wovon die markanteste wohl das Hallen, den Salons und dem Festsaal vor- arbeiten verfügt der Cercle nunmehr über Entfernen der Dachreiter war. Aus Sicher- behalten. Zu den Verschönerungsarbeiten 317 qm Sitzungs-, 806 qm Empfangs- und heitsgründen wurden damals an mehreren 320 qm Verwaltungsräume sowie über öffentlichen Gebäuden die Dachreiter ent- 490 qm Ausstellungsflächen im Erdge- fernt, was zur optischen Folge hatte, dass schoss inklusive Ratskeller4. diese Bauten nunmehr in ihren eleganten 1 Hansen, Josée, Débat culturel, la culture dans la Rue Proportionen gestört waren und nun sehr http://www.land.lu/html/dossier debat cult/itw flesch plump und schwerfällig wirken. In diese Zeit 23022001.html; Die Rolle des Cercle 2 Kieffer, Sophie, Deux grands chantiers de Luxembourg- in der Stadtgeschichte fällt auch das Anbringen der Monumental- ville: la bibliothèque sur le site de Ciné Cité et le Cercle, kohlenskizze „Golgotha” des ungarischen in d'Wort, 21 décembre, 2006; 3 Mäckler, Christoph, Verborgene Schönheiten vom Die letzte größere Renovierung des Meisters Michael Munkacsy im „Salon Hofraum zum Stadtraum, in Stadtvisionen 1910/2010, Cercle vor den jetzigen Umbauarbeiten bleu”. Das 1884 entstandene Werk kannte Vilnius, 2010, p. 456-459; 4 Ville de Luxembourg; Luxconsult- Ingénieurs-conseils, geht auf die Jahre 1990/1991 zurück5. Die einen großen Erfolg und wurde seinerzeit Centre socio culturel Cercle municipal, fête du bouquet Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag der in Europa und in Amerika ausgestellt. Die 2007, p. 7-10; 5 Ville de Luxembourg, LU 11IV/5 N° 3730 14 (travaux de Luxemburger Dynastie verlangten nach Luxemburger Gattin des Künstlers, Cecile restauration du cercle 1990-1991); einem geeigneten prunkvollen Rahmen. Papier, schenkte die Skizze ihrer Heitmat- 6 Vermast, Elisabeth, Der Cercle - ein Stück Stadtgeschichte, in ons stad, N° 37, Luxembourg, 1991, Die reich verzierten Wandtäfelungen wur- stadt. Lange Jahre schmückte das Bild den p. 11-13; den von ihren verschiedenen Farbschichten Gemeinderatssaal der Hauptstadt, bis es 7 Archives de la Ville de Luxembourg, LU P IV/2 B, N° 135; 8 Archives de la Ville de Luxembourg, LU IV/D, N° 1011; befreit, die Prunkräume in dezenten Far- 1982 fachmännisch restauriert wurde und 9 Mersch Jules, Madame de Munkacsy, in Biographie ben gestrichen, die Salons mit wertvollen schließlich im Cercle einen neuen würdigen nationale, Luxembourg, 1954, p. 460; Kohnen, Joseph, Munkacsy und Luxemburg, 2008, p. 103; Tapeten bespannt, die Säulen im Foyer im Platz fand9. 10 Archives de la Ville de Luxembourg, LU 11 IV/4 Trompe l’oeil N° 1009; - -Verfahren im Marmorstil 1969 hatten einige Dringlichkeitsar- 11 Idem, LU IV/D, N° 1011; bemalt. Das Parkett im Festsaal wurde neu beiten an der Zentralheizung und verschie- 12 www.ena.lu; 10 13 Archives de la Ville de Luxembourg, LU 11 IV/4 N° 931 versiegelt, feierliche rote Vorhänge wurden dene Dichtungsarbeiten den Auftakt zu et LU 32.2, N° 99; aufgehängt, Entlüftungs-und Belüftungs- größeren Arbeiten gegeben. Provisorische 14 Erinnerungen des Verfassers; 15 Archives de la Ville de Luxembourg, LU11 IV/4 N° 1009; anlagen geschaffen oder ausgebaut. Bei Zwischenwände im Festsaal wurden zu- 16 Michel Heintz war Architekt in Diekirch; er war am den damaligen Renovierungsarbeiten legte nächst wieder entfernt, und die Planung Wiederaufbau der Basilika in Echternach beteiligt gewesen, und arbeitete mehrfach für den Luxemburger das Architekturbüro der Stadt durch Schat- einer weitgehenden Renovierung wurde Staat (Frieden, Camille, Erwähnte Baugestalter nebst tierungen und farbliche Abstufungen gro- im folgenden Jahr vorbereitet. Sie wurde Kartographen, Luxembourg, 1996, p. 19.);

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gehörte auch das Ersetzen der Granit- und und der Gesangverein „Orpheon” seinen reiche Luxemburger Unternehmen an den Plattenbodenbeläge und der Kalksteinstu- Probesaal verlassen, denn der Schöffenrat Umgestaltungsarbeiten beteiligt, so die fen durch Travertin und Marmorstufen im investierte über eine Million Franken in die Marbrerie Jacquemart, der Malerbetrieb Peristyl, Promenoir und Foyer, das Anbrin- Neugestaltung des Ratskellers. Doch erst Regenwetter, Tapis Hertz u.v.a.19. gen einer Balustrade an der Orgeltribüne, am 18. März 1976 beschloss er dessen neue In den Zwischenkriegsjahren war der das Aufhängen von Vorhängen mit fest- Bestimmung. Er sollte für kleinere Anlässe, Festsaal des Cercle ein beliebter Treffpunkt lichem Charakter sowie die Anschaffung Rezeptionen, Vorträge und Ausstellungen des städtischen Bürgertums. Das durch einer angemessenen Einrichtung für die genutzt werden18. Wenig umstritten, wenn die Eingemeindung von 1920 geschaffene Konferenzsäle und den Festsaal. Hervorzu- überhaupt, war das Schaffen eines Vorzim- neue Territorium der Stadt bot nun weit- heben ist hier ebenfalls das Anbringen ei- mers zur besseren Trennung der öffentlich gehend Platz zur Auslagerung an die Pe- nes kunstvollen Farbfensters im Ratskeller zugänglichen und der Verwaltungsräume. ripherie einiger seit 1909 im Cercle etab- durch den Artisten Michel Heintz17 sowie Die seit 1934 für das „Syndicat d’Initiative lierter Dienststellen. 1929 konnten die seit der Einbau von Farbfenstern im Foyer. Zu et de Tourisme” bereitgestellten Räumlich- 1921 geschaffene Berufsfeuerwehr und den Renovierungsarbeiten gehörte auch keiten mussten vergrößert, der Empfangs- der Krankenwagendienst ihren Sitz am Pa- ein Lastenaufzug, der die Arbeiten zur Her- raum der touristischen Informationsstelle radeplatz verlassen20. Ab 193421 nutzte das richtung des Festsaals und Konferenzsäle verschönert und den modernen Erforder- „Syndicat d’Initiative et de Tourisme de la wesentlich vereinfachte, die Erneuerung der nissen der Kundschaft angepasst werden. ville de Luxembourg” die Räumlichkeiten elektrischen Anlagen, die Herrichtung neu- Zur Vergrößerung der Verwaltungsbüros des Krankenwagendienstes als Auskunfts- er öffentlicher Toiletten im Untergeschoss des „Syndicats” wurde die Wohnung des büro. Damit wurde dem Paradeplatz seine und im ersten Stockwerk sowie der Einrich- Pförtners im ersten Stock durch eine Wen- hohe urbane Funktion gesichert und wei- tung einer Bar im Foyer. Auch die Akustik deltreppe mit den Büros im Erdgeschoss terhin unterstrichen. im Festsaal wurde verbessert. Zusammen verbunden. Der Pförtner zog in eine neue Im Erdgeschoss befand sich seit der mit dem Dirigenten der Luxemburger Mi- Wohnung im dritten Stockwerk. Diese Eröffnung des Hauses, neben den bereits litärmusik wurde eine Analyse der Tonlage Räumlichkeiten waren zuvor von der Bau- genannten Dienststellen, zur Seite der durchgeführt. Daraufhin wurde die Decke tenverwaltung genutzt worden, die jetzt Lantergässel auch das städtische Polizei- des Festsaals mit Rustikputz Caparol ver- ins Zwischenstockwerk zur Seite der Rue du kommissariat. Hier tagten auch mehrere sehen, die Vorhänge mussten aus Samt Curé zog. Der „service des biens” etablier- Aufsichtskommissionen, so etwa jene der angefertigt werden und eine elektrische te sich in den Räumlichkeiten der Agenten Verwaltung der Hospize, der Schulen und Tonanlage wurde angeschafft. Die neuen der „Zone bleue”. Die für Büros als zu hoch des Wohltätigkeitsbüros. Im Keller waren Nutzungsformen blieben nicht unumstrit- empfundenen Decken wurden damals ab- von der Rue du Curé her, öffentliche Toilet- ten. Das „Centre Culturel et de l’Education gesenkt. Wie beim Bau des Cercle-Gebäu- ten zugänglich. Die Pförtnerwohnung be- Populaire” musste seine Bibliothek räumen des waren auch diesmal mehrere traditions fand sich im ersten Stockwerk, gleich hinter

8 Im Sommer 1909 war die Innenein- 17 Michel Heintz, (1944): Kunststudien in Nanzig und Cercle und Cité richtung fertiggestellt. Seit März 1906 . Mitglied des Cercle Artistique de Luxembourg. Werke: Brunnen an der Place Guillaume II (heute an der ein neues arbeiteten die Schreiner Kolbach, Hent- Rue de Strasbourg neu errichtet); St Willibrord Statue in zen, Lenertz, Feller und Linster an den Echternach; Monument zu Ehren der amerikanischen Befreier in Clervaux. (Herr, Lambert, Signatures kulturelles reich verzierten Türrahmen, Täfelungen, portraits et autoportrait, Luxembourg, 2001, p. 123.); Treppen und Geländern. Mit den Anstrei- 18 Archives de la Ville de Luxembourg, LU 11 IV/4, Zentrum N° 1011; cherarbeiten betraute die Stadt im Juli 19 Ibidem; 1906 die städtischen Handwerkerbetrie- 20 Vingt-cinq années au service de la ville de Luxembourg, in mémoriam Gaston Diderich, Luxembourg, 1946, be J. B. Schiltz, Welker & Scharpegge, Fr. p. 12; Burkel und Nik. Beicht. Jacques Bradtké 21 Pinnel, Roland, Des premiers pas du «Syndicat d'Initiative» vers le LCTO, in ons stad, N° 88, beschaffte 28 große Spiegel und besorg- Luxembourg, 2008, p. 51; te die Glaserarbeiten. Das Luxemburger 22 Archives de la Ville de Luxembourg, LU P IV/2 B, N° 121; 23 Philippart, Robert, L, Luxembourg, de l'historicisme au Unternehmen Nouveau-Printz lieferte die modernisme, de la ville forteresse à la capitale nationale, Kücheneinrichtung, Jacquemart die Mar- t. 2, Luxembourg-Louvain-la-neuve, 2006, p. 682-683; 24 Tony Dutreux (1838-1933) Zivilingenieur, Stadtrat mor- und Plattenböden der Empfangsräu- und liberaler Abgeordneter. Berater der Regierung zur me, Michael Funck legte die Mosaik- und Öffnung der Festung Luxemburg, zur allegorischen Ausschmückung der Abgeordnetenkammer, zur Wandplatten in den der Öffentlichkeit Einrichtung des Regierungssitzes, zum Bau eines nicht zugänglichen Räumen27. Neun aus- Nationalmuseums. Kommissar Luxemburgs anlässlich der Weltausstellungen von 1867, 1868, 1889 und ländische Firmen aus Paris, Berlin, Lüttich, 1900. Kurator bei der Fondation Pescatore. Beteiligt den Empfangs- und technischen Räumen22. Dresden und Frankfurt-am-Main reichten an den Plänen zu Errichtung der Denkmäler «Amalia» und «Wilhelm II». Promotor der Idee zum Bau Der Dachboden sollte, genau wie bei den ihre Kostenvoranschläge für 88 Bron- eines Museums für die Bildersammlung Jean-Pierre Staatsverwaltungen, als Archiv dienen23. ze- und Kristalleuchter ein. Die Firma des Pescatores. Vorsitzender des Elektrizitätswerkes, 24 der Wilhelm Luxemburg Eisenbahnnetzes, der Tony Dutreux hatte 1925 der Gemeinde Architekten Wilhem Maus aus Frankfurt- Museumsgesellschaft, Vizepräsident der ARBED vorgeschlagen, im Festsaal eine Konzert- am-Main wurde mit diesen Ausführun- und Ehrenvorsitzender der Banque Internationale (Philippart, Robert L., Luxembourg, historicisme et orgel einzubauen, da die städtische Musik- gen beauftragt, da die Bestimungen der identité visuelle d'une capitale, Luxembourg, 2007, schule hier regelmäßig sinfonische Konzer- Zollunion den deutschen FirmenVorteile p. 98.); 25 25 28 Archives de la Ville de Luxembourg, LU 52.1, N° 33; te gab . Dieser Vorschlag entsprach auch verschafften . Das Unternehmen Mölle- 26 Jourdain, Guy, Histoire du conservatoire, in 100 e dem von dem damaligen Abgeordneten ring aus Hannover erstellte die Zentralhei- anniversaire Conservatoire de musique de la ville de 29 Luxembourg, 2006, p .45; und Bürgermeister Gaston Diderich einge- zung , und die Firma Bembé aus Mainz, 27 Idem, LU 11 IV/2, N° 954; reichten Gesetzesprojekt über die staatli- die bereits für den großherzoglichen Pa- 28 Idem, LU 11 IV/2 N° 1529; 29 Koltz, J(ean)-P(ierre), Baugeschichte der Stadt und che Beteiligung an den Kosten des Musik- last gearbeitet hatte, fertigte die Parkett- Fstung Luxemburg, t. 3, Luxembourg, 1951, p. 103-104. konservatoriums26. böden an30. 30 Archives de la Ville de Luxembourg, LU 11 IV/2, N° 954;

Ausstellungsraum Ratskeller © Photothèque de la Ville de Luxembourg Auditorium Henri Beck 9 © Photothèque de la Ville de Luxembourg Salon de la coiffure et de la mode (1950)

Vom 23. bis zum 31. März 1985 fand im Eingang des Cercle eine von den „Femmes Socialistes“ Luxemburg organisierte Ausstellung über die Hexen statt. Die auf historischen Forschungen begründete Ausstellung zeigte die Entstehungsgeschichte und die Verbreitung des Hexenwahns im Laufe der Jahrhunderte.

Die Symbolträchtigkeit Aldringen waren nahezu abgeschlossen. politische Macht kam bisweilen nur wenig des Cercle-Gebäudes Das Staatslaboratorium wurde auf einer zum Vorschein. Die „alte” Badanstalt am allgemein sichtbaren Anhöhe errichtet, die Bäderplatz war ebenso wenig repräsen- Das Cercle-Gebäude ist für den Stadt- Fondation Pescatore, das bischöfliche Kon- tativ wie das städtische Theater oder das besucher von weither sichtbar. Es ragt vikt oder der Sitz der Banque Internationa- Rathaus. Nur die Aldringen-Schule stellte durch seine Höhe und seinen Turm aus der le am Boulevard Royal gehörten damals zu einen gemeindeeigenen Monumentalbau Dächerwelt der Altstadt deutlich empor. den Großbauten der Stadt. Die staatlichen dar. Als die Gemeinde Hollerich einen Wo- So erkennt man gleich die Place d’Armes, Behörden diskutierten emsig um den Bau chenmarkt erlaubte, diskutierte der haup- denn der Cercle stellt eine deutliche Re- eines Nationalmuseums, einer Nationalbi- städtische Gemeinderat über den Bau einer ferenz im Stadtbild dar. Das war auch so bliothek, über eine weitere Vergrößerung Markthalle an der Place Guillaume II. Ein gewollt, denn historistische Architektur sah des Justizpalastes, den Bau einer Industrie- Turmbau sollte diese rein städtische Funk- alle Gebäudefunktionen als gleichwertig bzw. einer Handwerkerschule. Die Avenue tion unterstreichen und sie weithin sicht- an. Mithin rivalisierten im Stadtgebiet öf- de la Liberté wurde als Prachtstraße ge- bar machen. Private Eigentumsverhältnisse fentliche und private Bauten untereinander, plant, der Bau der Adolfbrücke begonnen. verhinderten jedoch die Ausführung dieses um ihre gesellschaftliche Wichtigkeit und In kirchlichen Kreisen erwog man den Bau Projekts34. Die Idee des Turmes als Symbol Macht darzustellen, die Aufmerksamkeit einer neuen Kathedrale am Pferdemarkt der öffentlichen städtischen Macht wur- auf sich zu ziehen oder um den Charakter (Glacis). de allerdings wieder beim Bau des Cercle ihrer zentralen Lage zu unterstreichen31. Dieser Drang nach Monumentalbau- übernommen. Geschäftsbauten wurden am Anfang des ten war nicht allein das Resultat einer guten Der Wunsch nach eigener Darstellung zwanzigsten Jahrhunderts mit drei Stock- wirtschaftlichen Lage oder der Sehnsucht im Stadtbild war groß, besonders auch, werken zuzüglich Mansardendachs in den nach Repräsentativität im Stadtbild. Man weil die Gemeinderäte der „neuen” Städte Hauptverkehrsstraßen errichtet. Befanden hatte erkannt, dass die Unterbringung von im Süden des Landes repräsentative Rats- sie sich an Straßenecken, wurden sie durch sich immer weiter spezialisierenden Ver- häuser planten. Der Stadtrat zog somit sein Rotunden, Eckrisalitten oder Kuppeln her- waltungen in ineinander verschachtelten Interesse am Bau eines Festsaales im Rah- vorgehoben. Hotels und Geschäftsbauten alten Wohnhäusern nicht einer modernen men eines Nationalen Museums zurück. bestimmten somit nach und nach die Skyli- Arbeitsweise und schon gar nicht neuen Daraufhin musste der Staat seine diesbe- ne der Stadt32. Auch der Staat machte sich Sicherheitskriterien entsprechen konn- züglichen Pläne überarbeiten und sein Pro- im Stadtgebiet durch Verwaltungsbauten te. Eine moderne Funktionalität, optimale jekt zurückstutzen35. Ein Monumentalbau, immer mehr wahrnehmbar. Prosper Biwer Beleuchtung und Belüftung der Innenräu- dem man 1910 den Titel „Stadtpalast” hatte eben das Haus de Gerden um einen me musste geschaffen werden33. Und die verlieh36, mit einem Turmbau als städti- Flügel erweitert; die Pläne zum Bau eines Machtverhältnisse mussten im Stadtbild sches Machtzeichen, sollte die Rolle der repräsentativen Postgebäudes an der Rue klar in Erscheinung treten. Die kommunal- Gemeinde unterstreichen, und die Bürger

10 mit der Monarchie des Landes unterstrei- Künstler schließlich zurückgezogen49. Für Cercle und Cité chen42. Das moderne Stadtwappen sowie den Sockel des Cercle-Gebäudes wurde ein neues das frühere aus burgundischer Zeit sollten Luxemburger Stein aus Ernzen, Dillingen, klar die Besitz- und Machtverhältnisse re- Born, Bollendorf, Bettendorf und Larochet- kulturelles flektieren. Als gemeindeeigener Bau ziert te verarbeitet50. Dennoch wurden für die auch das Stadtwappen den Seiteneingang Verzierungen französische Steine aus der Zentrum in der Rue Genistre sowie die Hauptpforte Bourgogne, der Provence, der Loire und des Festsaals. Kastanienblätter schmücken der Lorraine erlaubt51. Sie wurden häufig die Kapitäle der mächtigen Säulen, welche für Schlösser verwendet und sollten die die Terrasse tragen. Diese Ausschmückung kulturelle Nähe Luxemburgs zu Frankreich sollte auf die Naturschönheiten des Landes unterstreichen. hinweisen. Sie stehen in gewolltem Gegen- Historistisch eklektizistisch ist das Cer- satz zu den mediterranen Akanthusblät- cle- Gebäude nicht nur der vermischten Stil- tern neuklassizistischer Architektur43. Die richtungen der Fassaden und Ausschmüc- Ehrentreppe sollte durch ein farbenfrohes kungen wegen, sondern ganz besonders Glasfenster beleuchtet werden, das den auch durch die bewusste Verwendung der Stadt an einem öffentlichen Ort verei- Auszug der preußischen Garnison aus der neuer Baumaterialien. Der Luxemburger nen. Hinzu kommt, dass die Stadt damals Hauptstadt darstellt. Die Aufhebung der Sandstein kleidet ein Stahlbetongerüst plante, das 1902 geschaffene neue Musik- Festungsstadt im Jahre 1867 sollte klar und ein52 – wobei man bemerken muss, dass konservatorium im Cercle unterzubringen. deutlich zeigen, dass nunmehr Luxemburg man dem Dommeldinger Zement das La- In diesem Sinne wurde im Festsaal eine seine volle Freiheit erlangt hat44. Auf eine Orgeltribüne miteingebaut, die allerdings aufwändige Deckenmalerei im Festsaal nie für diesen Zweck genutzt wurde. 1906 wurde verzichtet, obwohl dies damals üb- hatte die Gemeinde ihre Musikschule, im lich war. Die Innenausschmückung sollte 31 Loyer, François, Paris XIXe siècle, Paris, 1994, p. 276- Rahmen der inzwischen erfolgten Schen- eher neutral sein: Blumengirlanden aus 277; 32 Philippart, Robert L., Luxembourg, historicisme et kung und Stiftung Eugénie Pescatore- Stuck sollten im Peristyl und in den „Pro- identité visuelle d'une capitale, Luxembourg, 2007, Dutreux, in der Rue du St Esprit eröffnet37. menoirs” den festlichen Charakter unter- p. 90-91; 33 Idem, Luxembourg, de l’historicisme au modernisme…. Der Bau des Cercle mit „Ratskeller” und stützen, ebenso wie Musikinstrumente an op. cit., t. 2, p. 794-815; Festsaal reiht sich ebenfalls in die europä- der Decke des Festsaals. Ganz im histori- 34 Koenig, Jean-Pierre, Avant-projet de passage et de marché couvert pour la ville de Luxembourg, in Bulletin ische Bewegung zum Bau von unzähligen stischen Sinne sollte auch jeder Saal sei- mensuel, organe officiel de l’association des ingénieurs Theater- und Kleintheatersälen ein. Die nen eigenen Stil haben, so der „Salon des et indsutriels luxembourgeois, N° 11, Luxembourg, 1906, p. 175. LU P IV/2/B, N° 22; großen „Brasseries” kannten einen unge- Dames”, der kleine Rauchersalon neben 35 Archives Nationales Luxembourg, Travaux Publics, ahnten Aufschwung. Dahinter verbarg sich dem „Grand Salon” mit Monumentalkamin N° 540; 36 Friedrich, Evy, 70 Jahre Cercle, in Tageblatt, Esch/ der Wunsch des gebildeten städtischen (spätere „Salle flamande”) oder das Kon- Alzette, 1976, N° 277, p. 5; 37 Conservatoire de la Ville de Luxembourg, Conservatoire Bürgertums, seine zunehmende Freizeit zu ferenzzimmer („Salon bleu”), das auch als e . de Musique de la ville de Luxembourg, 75 anniversaire, nutzen, um sich zu treffen, Geschäfte zu Buffet dienen sollte. Ob Adelspalast, Grand Luxembourg, 1981, p. 57 & 86; machen oder sich selbst zu feiern38. Das Hotel oder Stadtvilla, jedes Zimmer taucht 38 Pinchon, Jean-François, Edouard Niermans, architecte de la Café-Society, Liège, 1991, p. 215; Cercle-Gebäude garantierte in einer ideo- den Besucher in eine andere Epoche, in ei- 39 Archives de la Ville, LU P IV/2 B, N° 126; 40 Pinnel, Roland, Le Cercle… op. cit., p. 231; logisch stark geteilten Welt ein neutrales nen anderen Kulturraum. Man zeigt sich 41 45 Philippart, Robert L., Luxembourg, de l'historicisme au Terrain. Der „Ratskeller” im Erdgeschoss gebildet und nennt sich Erdenbürger! modernisme… op. cit., t. 2, p. 981-987; zur Rue du Curé hin bot dem Bürger eine Doch damit nicht genug. Das Cercle- 42 Peporte, Pit, Ermesinde, in Lieux de mémoire au Luxembourg, Luxembourg, 2007, p. 59; kleine Bar mit angrenzender Küche sowie Gebäude gibt sich auch betont luxembur- 43 Vandenbreeden, Jos; Dierkens-Aubry, De 19de eeuw in einen Tanzsaal mit Orchesternische39. gisch. Staatsminister Paul Eyschen war België, architectuur en interieurs, Tielt, 1994, p. 105; 44 Archives de la Ville de Luxembourg, LU 11 IV/2 N° 952- Bei den Diskussionen um den Bau ging engagierter Befürworter des „Heimat- 953; gar die Rede davon, das Cercle-Gebäude stils”, und so sollten auch alle öffentli- 45 Mihail, Benoît, Nationalism an architecture in nineteenth-Century France, in Sources of Regionalism, auch als Rathaus zu nutzen. Das bestehen- chen Bauten diesen heimischen Charakter in the nineteenth Century, Leuven, 2008, p. 59-71; de Gemeindehaus am „Knuedler” könnte vertreten46. Die an ausländische Künstler, 46 Philippart, Robert L., Dans quel style allons-nous construire? L’historicisme à Luxembourg, Syllabus du somit zum Museum umfunktioniert wer- Handwerker und Steinbruchbesitzer ver- cours Cycle «Histoire de l'architecture de l'ingénierie et den40. gebenen öffentlichen Aufträge hatten vie- de l'urbanisme au Luxembourg, savoirs, méthodes et 47 pratiques pour construire dans l'existant, Luxembourg, Historistische Architektur wurde als le Luxemburger in ihrem Stolz verletzt . 2009, p. 54-55; dauerhafte Architektur geplant. Sie soll- 1896 hatte Eyschen die Handwerkerschule 47 Idem, Luxembourg, de l’historicisme au modernisme… op. cit., t. 2, p. 886-887; te die Funktion eines Gebäudes durch ein zur Förderung Luxemburger Kunsttalente 48 Pierre Federspiel (1864-1924) hatte an den symbolträchtiges Dekor hervorheben und geschaffen. Demnach sollten es auch Lu- Kunstakademien in München und Berlin, sowie an der Académie Julian in Paris studiert. Er war Mitgleid so auch das Charisma des Besitzers dar- xemburger Architekten sein, welche diesen des Cercle Artistique in Luxemburg. Er gewann die stellen. In diesem Sinne schuf der Gemein- Großauftrag erhalten sollten, und es sollten Goldmedaille beim Prix de Rome (1894). Er schuf die Skulpturen des Dicks-Lentz Monumentes und die derat eine Arbeitsgruppe, der Nicolas Van auch Luxemburger Bildhauer mit ins Projekt Büsten am Bahnhofsgebäude. Er war Kunstlehrer in Werveke angehörte und die Stadt hier in einbezogen werden. Pierre Federspiel48, Luxemburg. (Herr, Lambert, Signatures… op. cit., p. 77.); Sachen historische Ausschmückung des und nicht etwa ausländische Künstler, wie 49 Archives de la Ville de Luxembourg, LU 11 IV/2 N° 1529 Gebäudes beraten sollte. Der Autor der es bei den Denkmälern für Prinzessin Ama- Jean Mich (Machtum 1871-Paris+/-1919) hatte an den Kunstakademien von Paris und München studiert, und „Kulturgeschichte des Luxemburger Lan- lia, König-Großherzog Wilhelm II. oder der war Mitglied des Cercle Artistique Luxembourgeois. des” 1902 erhielt er den Grossherzog Adolf Preis. Arbeitet in hatte den Staat bereits mehrfach in Ausschmückung der Kathedrale der Fall Paris, Luxemburg und Wuchang. Grabmal von Ernest ähnlicher Mission beraten, so z. B. bei der gewesen war, zeichnet die Bildhauerwerke derulles und Laurent Menager, Bildhauerarbeiten am Sitz der Sparkasse. (Philippart, Robert L, Eugène Gestaltung des großherzoglichen Palastes der Fassade. Der damals in München stu- Ruppert à l'origine des plus grandes usines de Chine, in oder dem Bau eines Nationalmuseums41. dierende Luxemburger Kunsthandwerker Le Jeudi, 31 décembre 2009, p. 11.); 50 Archives de la Ville Luxembourg, LU 11 IV/2 N° 954 & Die Überreichung des Freiheitsbriefes durch Jean Mich hatte den ersten Preis zur Erstel- 955; Gräfin Ermesinde an die Stadt Luxemburg lung des Kunstfensters an der Ehrentreppe 51 Audun-le-Tiche, Méreuil, Ravières, Chantenay, Maxéville (Archives de la Ville de Luxembourg, LU 11 sollte die Erlangung städtischer Freiheiten gewonnen. Aufgrund von Meinungsver- IV/2 N° 1527-1528; darstellen und die Verbundenheit der Stadt schiedenheiten mit der Jury hat sich der 52 Idem, LU P IV/2 B, N° 122;

11 © Photothèque de la Ville de Luxembourg 1905

bel „national” verlieh53. Beton ist stabil, er- Erziehung der Stadtbevölkerung über ihre fentliche „Arbeitszeit”. Der Mensch des laubt weite Spannweiten und bietet größ- Geschichte. Trotzdem mussten die Pläne den Industriezeitalters entwickelte somit ein ten Brandschutz. Der Innenhof war mit Wünschen der Jury, der Stadtväter und des neues Verhältnis zur Zeit, ganz anders emaillierten Backsteinen eingekleidet, um Staates angepasst werden. Jugendstilallüren als es die Agrargesellschaft inne hatte. 59 so das Sonnenlicht besser aufzufangen und mussten entfernt werden. Dem damaligen Tony Dutreux zahlte aus eigener Tasche auf die Glas- und Stahlkuppel weiterzulei- Verständnis nach hatte nur der Historismus den Aufpreis für das nachts von innen her ten. Trotz Einsatz von Beton, Glas und Stahl offiziellen Charakter und durfte das Stadt- beleuchtete gläserne Ziffernblatt der Uhr. war man noch nicht bereit, die Schönheit bürgertum reflektieren. In manchen Städten Der Stadtrat hatte nämlich ein billigeres aus dieser neuen Baumaterialien klar zur Schau ging man sogar so weit, dass man Jugend- Stein vorgesehen60. zu stellen, obwohl die Grey-Träger54 in stilbauten in Zentrumslagen verbot56. Schließlich verzichteten die Entscheider Differdingen hergestellt wurden und zu Den Grand-Hotels oder Stadtpalästen auf jene Figuren, die den Giebel des linken den zukunftsträchtigsten Industrieproduk- nachempfunden, musste der Cercle über Eckrisalitten abschließen sollten. Bei Fragen ten des Landes zählten. Die Stahlträger in- einen Approach zu erreichen sein. Der Be- zu Verzierungen an öffentlichen Gebäuden des wurden, wie es damals üblich war, in sucher konnte somit trockenen Fußes un- sprachen sich die Verantwortlichen gene- Gipssäulen eingekleidet55! ter den Arkaden seinem Wagen entsteigen rell für ein Maximum an Sobrietät aus61. und sich ins Innere des Gebäudes bege- Auch sind die Ausschmückungen im In- Die Architektur des Cercle-Gebäudes ben57. Dadurch konnte eine große Terrasse nenbereich viel bescheidener ausgefallen als weiteres Foyer des Festsaals gewonnen als ursprünglich geplant. So wurde auf jede Aus dem anonymen Architekturwett- werden, die auch für offizielle Kundgebun- figürliche Darstellung im Peristyl oder im bewerb der Jahre 1903/1904 (siehe den gen genutzt werden konnte. Das Anlegen Festsaal verzichtet. Beitrag von Evamarie Bange auf den Sei- des geräumigen Approach verlangte, dass Die endgültigen Pläne zum Bau des ten 40-43) ist das Projekt „Coq” von Paul sich der Stadtturm als Ausladung erst ab Cercle-Gebäudes wurden am 10. Sep- & Pierre Funck aus mehreren Gründen als der ersten Etage erhebt. tember 1904 angenommen. Trotz einiger Sieger hervorgegangen. So zeigte es deut- Der Mittelteil des Gebäudes wurde Einsparungen bei der Ausschmückung der lich die Funktion des Innern nach außen durch eine von Doppelsäulen flankier- Fassade und des Innenbereichs war das hin. Man kann die Lage des Festsaals an der te Stadtuhr hervorgehoben58. Die Uhr Budget von 750 000 auf 1 228 000 Franken Fassade ablesen. Es ist das einzige einge- hat besonderen Symbolcharakter: In der angestiegen62. Die Arbeiten begannen ein reichte Projekt, das die Idee des historischen städtischen Gesellschaft ist es die öffent- halbes Jahr später. Als Unternehmer wur- Stadtturms aufgreift. Als einziges Projekt er- liche Macht, die an das Einhalten der Zeit den die Betriebe Scholler und Ledrut mit laubt die Fassadengestaltung, zur Seite des gemahnt. Die Wirtschaft wird durch die den Erdarbeiten und dem Rohbau beauf- Paradeplatzes und zur Rue du Curé hin, das Zeitabläufe der Produktion reguliert. Die tragt. 1909 konnte das Gebäude bezogen Anbringen großer Reliefs zur pädagogischen Zeit teilt sich in private „Freizeit” und öf- werden63.

12 der Rue Genistre, die an die Hauptwache und Handelsschule zur Verfügung stellte Cercle und Cité der Garnison grenzte. Nach den Plänen des und sich finanziell am Bau dieser Schu- ein neues Stadtarchitekten Dagobert Chauchet er- le und des geplanten Nationalmuseums richteten sie hier im Jahre 1830 ihren Ver- beteiligte. Darüber hinaus verlangte der kulturelles einigungssitz65. Wahrscheinlich aufgrund Staat, dass der zukünftige Cercle-Bau ein der Wirren durch die belgische Revolution Monumentalgebäude mit „originellem Zentrum fehlten schließlich die Mittel, um den Bau Charakter” werde72. Auch geschichtsbe- abzuschließen. Um sich einige Einkünfte zu wusst zeigte man sich damals: Das Lasten- verschaffen, vermietete der „Cercle litté- heft zum Abriss der bestehenden Gebäude raire” seinen großen Saal für Feste, Kon- verlangte, dass historische, archäologische zerte und Theateraufführungen66. Die Stadt oder numismatische Gegenstände, welche kaufte der Vereinigung 1855 ihren Sitz für vor Ort gefunden wurden, der Gemeinde- 60 000 Franken ab. Der „Cercle littéraire” verwaltung gemeldet wurden73. konnte sich nun auflösen. Die Gemeinde Joseph Heintz erwarb übrigens die stellte den Bau fertig und brachte hier die Steine der ehemaligen Hauptwache und Musikschule sowie die Kinderbewahrschule errichtete sie 1902 im Park seiner Tabak- Der Ursprung des Namens unter. Im ersten Stockwerk nutzte die „So- manufaktur Heintz van Landewijk in Hol- ciété de Gymnastique” den Theatersaal für lerich. Hier steht sie bis heute mit ihrem Der Name des Cercle führt auf eine ihre Aufführungen67. Nach der Schleifung nach ursprünglichem Muster angelegten ehemalige Kasino-Gesellschaft zurück, wel- der Festung und dem Abzug der Garni- Vorplatz74. Es bleibt zu hoffen, dass die- che den Namen „Cercle littéraire” trug und son konnten nun die Musikschule und die ses historische Zeitzeugnis im Rahmen der am 19. November 1826 gegründet worden „Crèche” in die Artilleriekaserne umziehen, Neuurbanisierung dieses Stadtteils voll zur war (siehe auch den Beitrag von Germaine und die „Société de Gymnastique” konnte Geltung gebracht werden könnte. Goetzinger auf den Seiten 48-51). Sie war das ehemalige zur Festungsbäckerei umge- hervorgegangen aus der „Société du Ca- wandelte Kapuzinerkloster als Theater nut- sino”, die im gleichen Jahr aufgrund eines zen. Somit war das Cercle-Gebäude in der Duells zwischen Mitgliedern dieser Verei- Rue Genistre frei geworden, und die Stadt nigung und belgischen Handelsreisenden verpachtete das Haus für 4 000 Franken erfolgt war64. Die Mitglieder des „Cercle an Frl. Marguerite Faber, die hier ein be- littéraire” trafen sich zuerst im Restaurant liebtes Restaurant führte. 1877 erstand sie Schrobilgen in der Rue de l’Eau. Ein Jahr das Gebäude für 72 000 Franken. Seit der später erwarben sie das Haus „Metz” in Öffnung der Stadt war der Grundstück- Robert L. Philippart preis bereits um 25 Prozent gestiegen! Jean Lentz, Erbe des Anwesens, fügte dem Bau ein drittes Stockwerk hinzu und machte den Festsaal zum Mittelpunkt des haupt- städtischen Gesellschaftslebens68. 1901 53 Archives Nationales Luxembourg, Travaux Publics, erwarb die Gemeinde erneut das stattliche N° 566; Gebäude für den Preis von 185 000 Fran- 54 Archives de la Ville de Luxembourg, LU 11 IV/2 954; 55 Vandenbreeden, Jos; Dierkens-Aubry, De 19de eeuw in ken, was etwas mehr als dem dreifachen België, architectuur en interieurs, Tielt, 1994, p. 105; Preis von 1855 entsprach. Kurz zuvor hat- 56 Bekaert, Geert, La reconstruction ou l'heure de vérité, in Resurgam, Gand, (1994), p. 28-29; te sie das Gesuch des späteren Gewinners 57 Schmitt, Michael, Palast-Hotels,, Architektur und des Architekturwettbewerbs, Pierre Funck, Anspruch eines Bautyps 1870-1920, Berlin, 1982, p. 45; 58 Archives de la Ville de Luxembourg, LU-Imp. IV/2 abgelehnt, der hier für den Unternehmer N° 0187; Kummer ein Luxushotel mit 100-110 Zim- 59 Remy, Jean; Voye, Liliane, Ville, ordre et violence, Paris, 69 1981, p. 63; mern hochziehen wollte . Die Stadt wollte 60 Archives de la Ville de Luxembourg, LU 11 IV/2 N° 1172- auf diesem Grundstück und der angrenzen- 1176; 61 Philippart, Robert L, Luxembourg, historicisme et den Parzelle der „Hauptwache” ihre „städ- identité… op. cit., p; tische Festhalle” errichten70. 62 Pinnel, Roland, Der Cercle…op. cit., p. 229; 63 Koltz, J(ean)-P(ierre), Baugeschichte… op. cit., t. 3, Die anliegende Hauptwache war 1827 luxembourg, 1951 p. 104; im neo-klassizistischem Stil errichtet wor- 64 Baldauff-Beck, Simone, Un duel à l'origine du Cercle, in Biennale de l'antiquité et des arts, Luxembourg, 1997, den und ersetzte die alte Hauptwache aus p. 16; der französischen Zeit (1795-1814). Nach 65 Archives de la Ville de Luxembourg, LU-Imp. III-alt- Période LU III (1814-1843) procès-verbal de la pose de der Schleifung der Festung kam der Bau la première pierre pour le bâtiment du cercle littéraire; laut Code civil an den Staat. Hier war in 66 Koltz, J(ean)-P(ierre), Baugeschichte… op. cit., t. 3, Luxembourg, 1951, p. 103; der Folgezeit das Jägerbataillon bis 1881 67 Un duel… op. cit., p. 17; untergebracht und die wichtigste Polizei- 68 Rupprecht, Alphonse, Logements militaires à Luxembourg, Luxembourg, 1979, p. 260-262; stube der Hauptstadt eingerichtet71, und 69 Koltz, J(ean)-P(ierre), Baugeschichte… op. cit., t. 3, hier wurden das Feuerwehrmaterial und Luxembourg, 1951, p. 103; 70 Die städtische festhalle, in Luxemburger Wort, N° 222, die Krankenwagen abgestellt, alles Funktio- Luxemburg, 1941, p. 3; Cercle 71 Vue de la Place d’Armes à Luxembourg avec l’ancien nen, die auch das spätere -Gebäude Corps de garde (Hâptwuecht) en 1902, in Les cahiers innehaben wird. luxembourgeois, N° 4, Luxembourg, 1957, s.p; 72 Archives Nationales Luxembourg, Travaux Publics, Nach langen und schwierigen, seit N° 12; Archives de la Ville de Luxembourg, LU 11 IV/2 1884 geführten Debatten trat schließlich N° 1529; Ville de Luxembourg, Bulletin communal, N° 9, © Nationalarchiv Luxemburg Luxembourg, 1901, p. 142; der Staat das 4,8 Ar umfassende Grund- 73 Archives de la Ville de Luxembourg, LU 11 IV/2 N° 955; stück der Hauptwache an die Stadt ab. 74 Netgen, Eric, Quand c'est parti, c'est parti, que deviendra la garde principale de la place d'Armes? in Le Bedingung hierfür war, dass die Stadt dem Jeudi, N° 34 (20 août 2009), Esch-sur-Alzette, 2009, Staat ein Gelände zum Bau der Industrie- p. 10.

13 Le «Pendant trop longtemps Luxembourg Cercle était mis au ban de l’art: nous étions sevré de cette belle musique classique, qui fait le bonheur des connaisseurs, qui vous emporte et vous entraîne.» (L’Indépendance Luxembourgeoise, 26 janvier 1883) Charles Bernhoeft © Photothèque de la Ville de Luxembourg Concert du dimanche Place d'Armes Depuis la fin du Moyen-Âge, des cloches et des vielles, le Luxembourg, ville forte, hébergeait piaffement et l’ébrouement des d’importants contingents chevaux y alternaient avec les militaires étrangers. La ville cris des enfants et des militaires. formait un ensemble de casernes Point de vie culturelle et sociale et de casemates, d’habitations remarquable. Les seuls moments bourgeoises plutôt modestes et de détente ou de distraction de quelques édifices religieux, intellectuelle méritant mention mais il ne s’y trouvait ni palais étaient, de temps à autre, ceux des somptueux, ni résidences bals organisés à l’Hôtel de Ville prestigieuses, rien, en somme, (l’actuel Palais grand-ducal) par les qui aurait pu attirer de grands militaires ou les riches bourgeois, architectes, des peintres, des comme aussi les représentations sculpteurs ou des musiciens. théâtrales données par les élèves A longueur de journée, le son du Collège des Jésuites.

14 un haut-lieu de la vie musicale

uite aux décisions prises au Congrès Sde Vienne en 1815, une garnison prussienne s’est installée en ville. Bien que l’administration française, maîtresse de la place de 1795 à 1814, eût déjà commencé à favoriser le développement des arts et lettres dans la capitale, c’est surtout après son départ que l’on y voit naître – souvent sur l’initiative ou avec le concours de cadres supérieurs de la garnison – des associations à caractère culturel et social, comme par exemple le Cercle littéraire / Literarischer Verein, dont les statuts furent agréés le 19 novembre 1826. Ignace de la Fontaine en fut le premier directeur-président. Le but de l’association: «… jedem ihrer Mitglieder einen Mittelpunkt gemeinschaftlicher Zu- sammenkunft, und den Genuss fröhlicher Le Restaurant Faber (vers 1900)

© Robert-Schumann-Haus, Zwickau und nützlicher Erholungsstunden zu ver- La grande partie des manifestations à schaffen, nach Vorschriften, die für Recht caractère culturel ou social, organisées à und P flic ht jedes einzelne n Gewä hr leis te n .» Luxembourg au cours des années, se dérou- Les statuts prévoyaient expressément lèrent dorénavant dans une salle du Cercle. l’admission de membres de la garnison, En 1829 déjà, les Chanteurs de Vienne ont aussi le général von Goedecke comptait- donné un concert fort remarqué au local il parmi les premiers adhérents. Contre de l’association. En 1854 le Cercle musi- paiement d’une cotisation mensuelle, les cal et la Société Philharmonique ont in- membres pouvaient consulter au cabinet de terprêté au nouveau siège le Stabat Mater lecture livres, journaux, cahiers, atlas etc. de Rossini et Das Lied von der Glocke de Les réunions et autres manifestations de Romberg. Les comédies musicales de Dicks l’association avaient lieu rue de l’Eau, au Café (Edmond de la Fontaine) y furent créées à Français, tenu par Nicolas Schrobilgen. partir de 1855 par la GYM. C’est en ce lieu En 1830, les dirigeants du Cercle – des que, au mois de mars 1862, se constitua la personnalités comme François Scheffer, société chorale Harmonie. C’est également bourgmestre, Jean-Georges Willmar, gou- au Cercle que, le 25 avril 1863, Clara Schu- verneur, Ignace de la Fontaine, futur gou- man-Wieck, la veuve du compositeur Ro- verneur et Jean-Baptiste Gellé, secrétaire bert Schuman, joua au cours d’un concert de la Ville - avaient acquis l’immeuble Metz organisé par la Société de chant Sang & avec toutes ses dépendances, sis entre la Klang Pfaffenthal sous la direction de Lau- rue du Curé et la rue Génistre et donnant rent Menager. Un grand concert, avec le sur la place d’Armes, pour y construire leur concours des corps de musique des 19e et siège avec une salle de spectacles. Après un 20e régiments et de la Société Harmonie début prometteur, le projet de construc- y eut lieu le 13 février 1864. Le 23 février tion ne put être mené à bonne fin faute de de la même année, le violoniste-virtuose moyens financiers suffisants. Pour sortir de et compositeur italien Alessandro Bazzini l’imbroglio juridique créé par cette situation électrisa ses auditeurs venus nombreux. déplorable, la Ville de Luxembourg – pré- C’est là aussi, en hiver 1866 que la société sence de notables au sein du conseil d’ad- chorale Harmonie donna la première audi- ministration oblige – vint à la rescousse: elle tion de l’opéra Die doppelte Belagerung acquit la propriété et, après l’achèvement von Luxemburg de J.A. Zinnen. des travaux, y installa l’école de musique et Des travaux d’entretien devenus né- une crèche. Entre 1854 et 1902 l’immeu- cessaires en été 1886, firent que le concert ble a trois fois changé de propriétaire. Le prévu en l’honneur de Franz Liszt, en visite nom Cercle, encore vivant de nos jours, a à Luxembourg-ville le 19 juillet de la même donc son origine dans l’association littéraire année, dut être joué au Casino des Bour- créée en 1826. geois, rue Notre-Dame.

15 Après le départ définitif des Prussiens Le Cercle en 1867, un théâtre municipal – avec à l’époque 400 places - put être aménagé dans un bâtiment délaissé par la garnison et situé entre la rue des Capucins et la Place du Théâtre. Une première représentation y eut lieu le 15 février 1869. A la même épo- que, la dame Marguerite Faber ouvrit à la Place d’Armes, dans l’immeuble du Cercle, une brasserie à l’enseigne Café du Cercle - pour les intimes Beim Gréitchen - qui allait devenir un lieu de rencontre fort prisé par les citadins et qui se maintint jusqu’au tour- nant du siècle. Après l’achèvement de l’actuel édifice au cours de la première décennie du 20e siècle, la ville disposait enfin d’une salle de fêtes digne de ce nom et réclamée depuis longtemps par ses habitants. Depuis ce temps on relève un nombre croissant de manifestations de tous genres. Au 19e siè- cle on parlait soit du Cercle, soit du Cercle littéraire soit même du Cercle musical. Le nom proposé pour le nouveau bâtiment, à savoir Palais municipal, ne s’est toutefois pas imposé. La spacieuse salle des fêtes aménagée au premier étage se prêtait particulière- ment bien à l’organisation de concerts de qualité. On avait même songé à y installer un orgue comme dans une véritable salle de concerts. Le nombre moyen des tickets vendus pour les grandes manifestations va- riait entre 500 et 600. Mais la prestation des Berliner Philharmoniker (93 pupitres) sous la baguette de Wilhelm Furtwängler

Concert inaugural des Jeunesses Musicales (18 octobre 1946) © Collection Jeunesses Musicales

16 un haut-lieu de la vie musicale

«Erste Luxemburger Beethoventage», avec le concours de la pianiste Elly Ney (Du 14 au 17 mai 1942) le 2 mai 1929 avait attiré près de 800 audi- teurs! Pendant des décennies, la société chorale Orphéon Municipal avait son siège et sa salle de répétition au Cercle (Ratskeller). A la Place d’Armes, cafetiers et restau- rateurs ont peu à peu ouvert leurs commer- ces et créé ainsi ce qui est devenu le Salon de la capitale qu’agrémentent ses terrasses ombragées. Depuis près de deux siècles, les sociétés de musique et de chant se produi- sent sur le kiosque en face du Cercle. Aussi la plupart des concerts organi- sés par le Conservatoire de musique de la ville sous la direction de Lucien Lambotte, les matinées symphoniques de la Musique militaire sous la baguette de Fernand Mer- tens et les premiers concerts des Jeunesses Musicales ont-ils eu lieu au Cercle. Une grande partie des manifestations citées ci- après sont dues à l’initiative de la Société de Musique, fondée fin 1928 par un grou- pe d’amateurs de musique classique. Voici donc un choix d’événements musicaux par- ticuliers qui se sont déroulés dans la grande

salle du Cercle / Palais municipal: Herbert Ahrens © Photothèque de la Ville de Luxembourg

Dernier concert de la Musique militaire avant l'occupation (1940) Batty Fischer © Photothèque de la Ville de Luxembourg

17 Le Cercle

Voici ci-contre le tableau des moments musicaux forts ayant eu lieu au Cercle mu- 30 mars 1913 11 octobre 1930 IXe Concert symphonique par la Musique Concert de l’Orchestre des Concerts nicipal qui n’a toutefois pas été au seul ser- Militaire sous la direction de Fernand Defauw Bruxelles sous la direction de vice de la musique. Mertens Désiré Defauw On y organisait également des confé- rences, des expositions d’art (*), des réu- 4 mai 1913 8 mars 1931 nions importantes, des bals, des bazars, Les Béatitudes de César Franck, IVe Les Béatitudes de César Franck, des promotions pour les vins de la Moselle, concert annuel du Conservatoire concert organisé par le Conservatoire des dîners d’Etat, des réceptions officielles de musique de Luxembourg sous la de Musique sous la diection de Lucien et même, pendant l’occupation nazie, des direction de Victor Vreuls Lambotte Großkundgebungen. Le Théâtre municipal 12 octobre 1919 27 mars 1931 (rue des Capucins) et le Casino des Bour- Matinée musicale par Jules Kruger, Récital de piano par Walter Gieseking geois (rue Notre-Dame) ont bien sûr, eux violoniste, Marguerite Thyes, soprano et aussi, continué à accueillir des ensembles et Mme Gustave Simon, piano 6 novembre 1931 solistes de renom. Récital de piano par Alexandre Divers services communaux, le Syndi- 4 avril 1920 Brailowsky cat d’Initiatives et de Tourisme (City Tou- Grand Concert artistique par la Société rist Office) et même un bureau de police Royale de Chant Les Disciples de Grétry 4 décembre 1931 avaient leurs bureaux au Cercle; la Cour de et l’Orphéon de Luxembourg Récital de piano par Edwin Fischer Justice des Communautés Européennes y a 14 novembre 1925 8 mars 1932 commencé ses activités et bon nombre de Concert de gala pour le 50e anniversaire Concert sous le direction de Johann réunions de la Communauté Européenne de direction du compositeur J.A. Muller Strauss III avec son orchestre du Charbon et de l’Acier (CECA) ont eu (242 chanteurs) lieu entre ses murs. A l’occasion des élec- 13 mars 1932 tions nationales et municipales, le bureau 20 mars 1927 Les Saisons de Joseph Haydn par la de vote principal fonctionne au Cercle. Récital de piano par Arthur de Greef Chorale Mixte du Conservatoire sous la A partir des années 50 du siècle der- (élève de Franz Liszt) direction de Lucien Lambotte nier; les organisateurs de concerts se sont peu à peu orientés vers les salles nouvel- 18 décembre 1927 9 avril 1932 Concert du Conservatoire de Musique Concert de l’Orchestre Symphonique de lement créées telles l’auditorium de Radio- de Luxembourg avec le concours de Paris sous la direction de Pierre Monteux Luxembourg à la , la halle de Rodolphe Soiron, violoncelliste la Foire Internationale au Limpertsberg, le 12 novembre 1932 nouveau Théâtre de la Ville... 22 janvier 1928 Récital par Zino Francescati, violoniste et Récital de piano par Arthur de Greef Vlado Perlemuter, pianiste Guy May 24/25 mars 1928 13 décembre 1932 Festival Mozart, organisé par le Récital de piano par Edwin Fischer Conservatoire de Musique sous la direction de Lucien Lambotte 12 février 1933 Requiem de Gabriel Fauré par la Chorale 24/25 novembre 1928 Mixte du Conservatoire Festival Schubert, organisé par le Conservatoire de Musique 4 janvier 1935 Concert de Musique de la Garde 2 mai 1929 Républicaine de Paris sous la direction Concert des Berliner Philharmoniker du Commandant Pierre Dupont sous la direction de Wilhelm Furtwängler 13 février 1935 4 novembre 1929 Concert de gala patriotique à l’occasion Récital de chant par Lotte Lehmann, du centenaire de naissance de Laurent soprano Menager avec l’Orchestre de Radio- Luxembourg sous la direction de Henri 11,15,16 mars 1930 Pensis La Damnation de Faust d’Hector Berlioz, concert organisé par le Conservatoire 24 mars 1935 de Musique sous la direction de Lucien Le Messie de Haendel par la Chorale Lambotte Mixte du Conservatoire

11 avril 1930 18 décembre 1935 Concert de la Société des Concerts du Le Déluge de Camille Saint-Saëns par la Conservatoire de Paris sous la direction Chorale Mixte du Conservatoire de Philippe Gaubert 22 décembre 1935 Concert de la Chorale enfantine du Conservatoire de musique sous la (*) La plus grande exposition d’art jamais organisée direction de Fernand Mertens à Luxembourg a eu lieu au Cercle (voir ons stad, no 93, pp.41-43.)

18 un haut-lieu de la vie musicale

© Photothèque de la Ville de Luxembourg

15 mars 1936 16 mai 1947 Der Rose Pilgerfahrt de Robert Schuman Concert de l’Orchestre de Radio- par la Chorale Mixte du Conservatoire Luxembourg sous la direction de Henri Pensis avec le concours de Herbert 20 décembre 1936 Scherer, piano Sélection du Vaisseau Fantôme de Richard Wagner par la Chorale Mixte du 15 mai 1948 Conservatoire Concert de l’Orchestre de Radio- Luxembourg sous le direction de Georges 21 mars 1937 Enescu et Henri Pensis Rébecca de César Franck par la Chorale Mixte du Conservatoire 2 avril 1948 Rallye Scout sous la présidence de SAR le 6 novembre 1937 Prince Jean, Chef-Scout avec le concours Grand Concert Symphonique par de la Musique de la Garde grand-ducale l’Orchestre de Radio-Luxembourg sous la direction du Lt 1er Albert Thorn sous la direction de Henri Pensis avec le concours du violoncelliste Emanuel 14 janvier 1949 Feuermann Concert de la Société des Concerts du Conservatoire de Paris sous la direction 20 mars 1938 d’André Cluytens Sélection du Prince Igor d’Alexandre Borodine par la Chorale Mixte du 28 octobre 1949 Conservatoire Festival Chopin, Orchestre de Radio- Luxembourg sous la direction de Henri 17 mai 1938 Pensis avec le concours de Nikita Beethovenfeier, Orchestre de Radio- Magaloff, piano Luxembourg sous la direction de Henri Pensis 20 janvier 1950 Concert de l’Orchestre de Radio- 8-10 mai 1939 Luxembourg sous la direction de Henri Concours international de piano Gabriel Pensis avec le concours de Hendrik Fauré Szeryng, violon

8 mai 1939 19 décembre 1950 Festival Richard Strauss, Orchestre de Concert des Wiener Sängerknaben sous Radio-Luxembourg sous la direction de la direction de Harald Hedding Henri Pensis et de Richard Strauss 6 janvier 1951 13 mars 1940 Récital de piano par Friedrich Gulda Requiem de Verdi, concert organisé par le Conservatoire de Musique de la Ville 8 janvier 1951 de Luxembourg Concert de l’Orchestre National de Belgique sous la direction de Edouard 14-17 mai 1942 van Remoortel Erste Luxemburger Beethoventage, avec le concours de la pianiste Elly Ney 19 octobre 1951 Concert de l’Orchestre de Radio- 23-30 mai 1943 Luxembourg sous la direction de Henri Zweite Luxemburger Beethoventage, Pensis avec le concours de Ruggiero avec le concours de la pianiste Elly Ney Ricci, violon

13 février 1945 21 décembre 1951 Concert de gala par l’Orchestre de la Concert de l’Orchestre de Radio- Musique Militaire sous la direction Luxembourg sous la direction de Henri d’Albert Thorn suivi du tirage de la 1ère Pensis avec le concours de Geza Anda, tranche de la Loterie Nationale piano

16 février 1946 24 avril 1953 Concert de l’Orchestre National de Concert de l’Orchestre de Radio- Belgique sous la direction de Stéphane Luxembourg sous la direction de Henri Candeal avec le concours de la violoniste Pensis avec le concours de Norbert Thill, Michèle Auclair piano l8 octobre 1946 Concert inaugural des Jeunesses Musicales par l’Orchestre de Radio- Luxembourg sous la direction de Henri Pensis

19 Stadtpalastgeschichten

Die ersten vierzig Jahre

s war einmal ein Stadtpalast in der ment (ROI), historisch betrachtet, für EHauptstadt eines Kleinstaates, wo man die Stadt zweifellos klappte. Der gesamt- immer wieder sah „se dérouler maintes fêtes staatlichen Gesellschaft diente der Cercle et maintes manifestations qui donneront à als Allzweckraum, der Stadt teilweise notre capitale un semblant d'animation als Verwaltungsgebäude, dem Staat als mondaine.“1 Es war eine multi-funktionale Empfangskulisse für hohe Gäste aus dem Mega-Kultur- und Maxi-Event-„Location“. Ausland. Belichten wir bescheidenerweise So jedenfalls im Großherzogtum, zu Beginn vor allem mal die ersten vierzig Jahre. des 20. Jahrhunderts, mit seinen 260 000 Denn während sich die Mehrheit der ons- Einwohnern im Jahre 1910, davon 45 169 stad-Leser an Begebenheiten der letzten in der Hauptstadt (mit Eich, Hamm und Jahrzehnte gut erinnern kann, sieht es Rollingergrund). Der Palais municipal, für die Ereignisse im Cercle vor 1950 bis heute und im folgenden oft Cercle etwas anders aus. Wir helfen deshalb genannt, ermöglichte überhaupt erst die dem Gedächtnis, anhand von nur [!] zwei Durchführbarkeit größerer Veranstaltun- Tageszeitungen, nämlich dem Luxemburger gen. Eine Infrastrukturinvestition, die sich Wort und dem [Escher] Tageblatt,2 etwas wahrlich lohnte, wo der Return on Invest- auf die Sprünge.

Die ersten amerikanischen Soldaten vor dem Cercle (1918)

20 Fries am Cercle-Gebäude: Freiheitsbriefüberreichung Batty Fischer © Photothèque de la Ville de Luxembourg durch Ermesinde an die Stadtbürger im Jahre 1244

auptsächlich wurde gefeiert! Die Insbesondere die Kinderfürsorge kam im- HLuxemburger veranstalteten Feste, mer gut an. Mit Kindern konnte jedermann Bälle, Festbankette, Wohltätigkeitshappe- sensibilisiert werden. Die Gesellschaft Sang nings, Bazars, Musik- und Tanzabend- & Klang Pfaffenthal gab am 03.12.1911 veranstaltungen, usw. Zählen wir einige ihr erstes Wohlfahrtskonzert im Cercle. auf: Aus dem reinen Musiksektor die Der Dezember, in der bevorzugten Bälle der Harmonie municipale (an vorweihnachtlichen Zeit, konnte die Sylvester), des Orphéon Municipal, die Herzen der potentiellen Spender noch Konzerte oder musikalischen Vormittage ein Stück weiter erwärmen. Die Société der Société chorale für die Oeuvre de la chorale des Instituteurs Luxembourgeois charité maternelle (02.02.1911) und fürs gab ihr Bestes, um die Fondation Adolphe- Wohlfahrtsbüro (11.08.1918), die 50-Jahr- Adelaïde (1935) zu unterstützen. Auch Feier der Société philharmonique (09.- für die städtische Kinderkrippe wurden 10.12.1911), die Wohltätigkeitskonzerte früh Konzerte veranstaltet (02.02.1913). der Militärmusik (7. Konzert bereits am Oder es wurden Wohltätigkeitsfeiern für 27.01.1913), u.a. für das Foyer de l'Enfant dieselbe organisiert („Grande matinée et Colonie de vacances (12.03.1922). enfantine“-30.03.1919). Nach 1945 waren

Kein Lazarett, sondern Veranstaltungsort der Lotterie "Sweepstake" des Roten Kreuzes (1920) Batty Fischer © Photothèque de la Ville de Luxembourg

21 Stadtpalastgeschichten

im Kinderförderungsbereich die Bazars des Luxemburger Roten Kreuzes der Hit. „Grande Vente de Noël“, mit „Grand Bazar“ und „Salon de dégustation“ – der erste fand am 15.12.1945 im Cercle statt. Danach immer regelmäßiger, sogar mit Tageblatt, 01.03.1923, S. [3] Nikolaus, immer anfangs Dezember. Die ersten Gewinnüberschüsse dienten vor allem der Platzierung von Kindern der Stadt ries.“3 Das Zielpublikum des Cercle kann Legionärs im Cercle statt, indem dort ein Luxemburg in Ferienkolonien. noch etwas eingegrenzt werden, denn Konzert-Kino für die Witwen und Waisen- Für die Kinder selbst gab es im allge- der Stadtpalast war in erster Linie für die kinder der luxemburgischen Legionäre des meinen wenig Aktivitäten im Cercle. Ein Stadtbürger gedacht. Die Monarchie bei- Ersten Weltkrieges (1914-1918) organisiert Kinderfest am 31.01.1937 im Rahmen der spielsweise verfügt bis heute über ihren wurde. Bälle der Association des Anciens „Fêtes de la lumière“ von Frauen, der eigenen Palast, samt Balkon. Trotzdem Militaires Luxembourgeois, sowie der An- Femina-Sports Clausen und der Union des nutzte auch ein Mitglied der großherzog- ciens Combattants luxembourgeois 1939- Femmes de France, organisiert, blieb eines lichen Familie den Cercle-Balkon. Prinz 45 (06.01.1946) wurden dort abgehalten. der wenigen Nicht-Pro-Kinder-Fundraising- Felix, Gemahl der Großherzogin Charlotte, Erinnern wir ebenfalls daran, dass der Cer- Ereignisse. Der Cercle blieb den Erwachse- hielt am 10.09.1944 dort ohne Mikrofon cle während des Ersten Weltkriegs Sitz des nen vorbehalten. Nicht nur aus dem Grund, eine Rede und fand „Worte, die zu Her- Comité central des oeuvres de secours aux dass sich anfangs dort eine berühmt- zen gehen.“4 Ein Vierteljahrhundert davor, victimes de la guerre war. In diesem mili- berüchtigte stickige Bar im engen Keller am 09.01.1919, schafften es die Republik- tärischen Zusammenhang können gewisse befand und manche Weinverköstigungen anhänger nur bis auf den Kiosk der Place Beziehungen zwischen Cercle und Parade- des Winzerverbandes total aus dem Ru- d'Armes, also gerade gegenüber dem Cercle. platz (Place d'Armes) hergestellt werden. der liefen. So dass „d'honnêtes bourgeois, Hätten die die provisorische Republik im Im literarischen Zirkel des 19. Jahrhunderts entrés tout verts dans ce Pot-Bouille et feierlicheren Cercle-Ambiente proklamiert, waren außerdem in Luxemburg-Stadt sta- s'y étant attablés en joyeuse compagnie dann vielleicht... tja, wer weiß. tionierte preußische Militärs Mitglieder. remontèrent les trop peu larges escaliers Bereits 1912 gab es die ersten Wohltä- Kriege ergaben Kriegsverletzte und -ver- titubants et cuits comme des buissons tigkeitskonzerte für die Volksküche. Nach stümmelte. Am 03.11.1945 organisierte d'écrevisses. De bonnes bourgeoises, mè- dem Ersten Weltkrieg wurden nicht nur Ons Jongen eine „Grande soirée-dansan- res de famille, remontèrent à la lumière die Armen der Hauptstadt bedacht, son- te“ für die jungen Kriegsversehrten. fallacieuse du jour en proie au mal de mer. dern ebenfalls die Legionäre (14.11.1920). Die Frankophilen Luxemburgs hatten Bref, ce furent des jours de libations pan- Der Cercle spielte auch fürs Militär eine den Cercle offensichtlich als Hauptver- tagruéliques et de rabelaisiennes beuve- Rolle: Am 11.11.1920 fand der Tag des anstaltungsort auserkoren. Mindestens seit 1912 gab es dort regelmäßig den Bal français der Alliance Française, oft zu- sammen mit der Association des Dames Ort der Philanthropie: Einer der françaises und der Société française de Wohltätigkeitsbazare bienfaisance. Später war es die weniger im Cercle. rechtslastige Alliance-Française-Nachfol- (AZ Illustrierte, Nr. 11, 17.03.1935, georganisation Amitiés françaises, die im S. [14]) Cercle für eine programmatische Abwechs- lung sorgte. Die Union des Femmes de France sammelte für die Ferienkolonien der Kinder (26.02.1922). Französisch-Liebhaber Nicolas Ries regte sich in einem Zeitungs- artikel mit dem provokativen Titel „L'argot au palais municipal“5 darüber auf, dass der durch die Gemeindefusionen entstandene neue städtische Gemeinderat überhaupt im Cercle darüber debattierte, das „vulgäre“ Luxemburgisch zu benutzen. „Les conseil- lers municipaux venus du dehors [der ehe- mals selbständigen Kommunen, jetzt Vor-

© A. Heinen. orten] et appelés à siéger dans la belle salle

22 boisée du Palais municipal ne sont pas très Kautenbach, organisiert vom Mädchen- Patriotisch-feierlich ging es am forts en français. C'est déplorable.“ In An- gymnasium Luxemburg, sowie dem Verein 11.05.1938 im Cercle zu. Die UNEL (Union lehnung ans Parlament meinte er: „Depuis der ehemaligen Schülerinnen, gab es auch nationale des Etudiants Luxembourgeois), que des élus ignorants du beau parler de ein Geben: Die Ziehung der Nationallotte- die in seltener Vertrautheit eine linksorien- France y ont fait leur entrée, on nous a ha- rie im Cercle (z.B. 1940 & Sept./Okt. 1945) tierte Assoss und einen rechtsorientierten bitués à des spectacles écœurants par leur war immer ein groß aufgezogenes natio- Akademiker-Verein (A.V.) vereinte, feierte, vulgarité. Les ignorants sont par définition nales und tolles Event. Die „Eisverkäufer in Anlehnung an den Londoner Vertrag vom défiants, intolérants et violents.“ Ein Vier- boten ihre Ware an, um die vor Erregung 11.05.1867 [sic] den Unabhängigkeitstag in teljahrhundert nach der parlamentarischen erhitzten Gemüter etwas abzukühlen.“, für Studenten ungewohnter Seriosität. „Wir Antrittsrede von C.M. Spoo (09.12.1896) wenn man einem Zeitungsbericht6 Glauben betrachten es als eine Selbstverständlich- schien Luxemburgisch noch immer nicht so schenken darf. keit, daß diese Feier in absolut ruhiger und recht „Cercle-salonfähig“. Nach Ausbruch So richtig gefeiert wurde im Cercle mit würdiger, den luxemburger Interessen am des Zweiten Weltkriegs am 01.09.1939 den Neulingen der Anwaltskammer (Jeune besten dienenden Weise verläuft.“ Und sammelte die Oeuvre d'Assistance aux Barreau), dem Automobil-Club, der Spora Mitglieder der Freiwilligenkompanie wa- Femmes et Enfants de Mobilisés français Escrime, der Union Commerciale, usw. und ren als Ordnungsdienst eingespannt, deren mittwochs zwischen 14.00 und 16.00 Uhr besonders der Assoss, bzw. deren Vorgän- Anordnungen man höflichst gebeten war, in der Salle flamande des Cercle Spenden gerinstitution AGEL (Association Géné- Folge zu leisten. Wahrscheinlich deswegen, jeder Art. Ein Gala-Konzert für den gu- rale des Etudiants Luxembourgeois) seit weil auch ein Teil von diesem wohl eher als ten Zweck spielte vom 26.-27.05.1945 die den 1920er Jahren. Mit „Grande redoute akademische Sitzung anzusehenden Ereig- Metzer Militärmusik, organisiert von den populaire“ oder, aus heutiger Sicht lusti- nis von Radio-Luxemburg übertragen wur- Amitiés françaises. Derselbe Organisator gerweise „Grand bal travesti“ oder „Re- de. Der erste Jahrestag der Befreiung Lu- veranstaltete dort ebenfalls ein Nachkriegs- doute travestie“, mit „Tenue de soirée ou xemburgs wurde am 08.09.1945 abends im „Banquet démocratique“ (14.07.1945). travesti“, wurden die „verkleideten“ Bälle Cercle mit einem belgisch-luxemburgischen Überhaupt war der Cercle vor 1945 übertitelt. Heute allgemein akzeptabel „Grand Concert de Gala“ gefeiert. Nach wahrlich ein Zentrum der Philanthropie, erschienen da noch Annoncen wie „tous der endgültigen Akzeptanz von rechts- bis welche unser Großherzogtum seit ein paar propriétaires d'un béret sont priés de s'en linksideologisch orientierten Kräften, das Jahren als mögliche neue Geldquelle ent- munir.“ (06.01.1923). Allerdings wäre eine heißt wirklich aller gesellschaftlicher Krei- deckt hat und zaghaft fördert, wenn auch Ankündigung wie „pour les dames le tra- se, der anfangs umstrittenen Figur „Gëlle aus eher philanthropisch veranlagten Kapi- vesti oriental est recommandé mais non Fra“ im Jahre 2011, darf der Empfang am talfluchtverhinderungsgründen. Aber au- obligatoire“ (03.03.1923) frauenpolitisch 26.05.1923, die erste Station überhaupt ßer Nehmen, also Geld einsammeln durch und abendländisch-gesellschaftlich heut- des Einweihungsfestes des „Monument z.B. ein „Récital de piano“ (M.A. Etienne) zutage höchst problematisch. du Souvenir“ (26.-27.05.1923) im Cercle am 08.04.1945 für den Wiederaufbau von und die dortige „Crimes hitlériens“-Aus-

Ein nationales Großereignis: die Ziehung der Nationallotterie (1963) Tony Krier © Photothèque de la Ville de Luxembourg

23 noch heute: Leere Stühle auf Versammlun- Stadtpalastgeschichten gen sind in der Presse nie schön anzusehen. Insbesondere wenn ein Regime auf eine so ewig – 1 000 Jahre waren geplant – tolle Propaganda versessen war. Zur „Vielsei- tigkeit“ trug auch bei, dass eine bis heute umstrittene (Ex-)Luxemburger Persönlich- keit dort, in der Tradition des „Cercle lit- téraire“, eine Lesung abhalten konnte: am 08.11.1940 las Norbert Jacques im großen Nazigrößen im Cercle (1944) Festsaal des Cercle – ursprünglich war das Kasino vorgesehen – „vor den Gästen der ‚Luxemburger Gesellschaft für Deutsche Literatur und Kunst‘ [Gedelit] aus eigenen Werken, u. a. einem unveröffentlichten Luxemburger Roman und seinem Dreh- buch zum Klöppelkrieg-Film“. Der Eintritt kostete allerdings eine halbe Reichsmark für Nichtmitglieder. Eine besondere Er- mäßigung gab es für scheinbar eine und dieselbe Kategorie von Menschen: „Wehr- machtsangehörige und Studierende“, nur 0,20 Rm. Propaganda: Außer einer rechtsextre- men Vereinnahmung der Cercle-Hallen in der Zeit des Zweiten Weltkriegs blieb die Nutzung doch insgesamt politisch demokra- tisch ausgewogen. Ein russisches Musikfes- tival zum Nationalfeiertag der Sowjetunion

© Photothèque de la Ville de Luxembourg am 30.04.1945 und die Filmprojektion „en exclusivité pour le Grand-Duché“ von „La prise de Berlin. Film distribué uniquement par le gouvernement soviétique. La marche stellung im April 1946, deren Einnahmen werden, wie die Klischees von Deutschen glorieuse de l'Armée Rouge de Stalingrad à ebenfalls für das gleiche Mahnmal galten, es sowieso schon immer vermuten ließen: Berlin. La Capitulation sans conditions de nachträglich in dieselbe patriotisch-feier- für den 08.10.1941, die 9.-November-Feier la Wehrmacht hitlérienne.“ am 06.11.1945 liche, national-politisch-korrekte Katego- (Niederschlagung des Hitler-Ludendorff- passte noch in die direkte Nachkriegszeit, rie eingeordnet werden. Die Luxembur- Putsches in München 09.11.1923 / Auftakt als die Sowjets als Nazigegner angesichts ger Geschichtsschreibung wird in Zukunft zur Reichskristallnacht 09.11.1938) machte eines extrem hohen verlustreichen Hum- dementsprechend noch umgedeutet und NSDAP-Ortsgruppenleiter Kraft – er hieß anressourceneinsatzes noch eine Menge -geschrieben werden. Und der Cercle wird wirklich so! – per parteiamtliche Mitteilung Sympathie genossen – und die luxembur- auch dort seinen Platz finden. „es allen Pgg. [Parteigängern] sowie sämt- gischen Kommunalwahlen 1945 den Kom- 1940-45: Zu glauben, dass die Nazis lichen Gastmitgliedern zur Pflicht, an die- munisten allgemein bemerkenswerte Re- den Cercle nicht propagandistisch ausge- ser Feier teilzunehmen.“ Die Plätze im Cer- sultate bescherten. schlachtet hätten, wäre eine Illusion. Dass cle mussten eine Viertelstunde vor Beginn aber auch sie die Räumlichkeiten „vielsei- eingenommen werden. Man kennt das ja tig“ nutzten, mag vielleicht eher verwun- dern. Es gab Ausstellungen (05.-18.10.1941 – Nationalsozialistische Volkswohlfahrt Trotz eigenem (NSV), Konzerte (22.02.1941 – mit Wehr- Palast benötigte die machtskapelle, fürs Kriegswinterhilfswerk), Monarchie manchmal eine „Kameradschaftsfeier“, „Mädelkund- auch den Cercle gebung“ (Bund Deutscher Mädel (BDM), (1944) usw. Nach dem ersten „Tag der deutschen Polizei“ (15./16.05.1941) titelte das da- mals gleichgeschaltete Luxemburger Wort am 17.02.1941 (S. 3): „Bunter Abend im Stadthaussaal“, Untertitel: „Vielseitiges Programm / Humor und gute Laune / Ge- füllte Sammelbüchsen“. Selbstverständlich war der Cercle-Saal „übervoll“. Unter- haltung gab es drei Stunden lang durch das „Musikkorps der Schutzpolizei, eine Akkordeon-Vereinigung“ sowie den „Poli- zeichor der 4. Kompanie.“ „Stimmung und Begeisterung“ waren garantiert, ja sogar „die Sonne der Freude lachte im Saal“. Manchmal musste gar auf Befehl gefeiert Gaston Mirgain © Photothèque de la Ville de Luxembourg 24 enden wir uns etwas mehr dem WVereinswesen zu. Versammlungen, Tagungen, Preisverleihungen, Wett- bewerbe, usw. Einfach viele, zu viele Organisationen nutzten das Cercle- Gebäude. Bereits am 10.03.1912 verein- nahmten die Beamten und Angestellten des Staates den „Rathskeller“ zur Generalversammlung. Der „Ratskeller“ – ohne „th“ – setzte sich erst durch, nachdem „1946 sinn d'Victimen vum Naziregime am Stater Cercle opgeboort“ (Rappel, N°1/1994, S. 10) die luxemburgische Presselandschaft die deutsche Rechtschreibreform vom Juni 1901 ernst nahm. In demselben Ratskeller fand beispielsweise auch 1931 die zweite Monatskonferenz der Association des Voyageurs et Employés du Commerce et de l'Industrie statt, wo französische Experten verpflichtet wurden, Vorträge über Protektionismus und Freihandel zu halten. Gewerkschaften nutzten den Cercle wenig (Beispiel: FEP – Fédération des Employés Privés, 13.01.1946), Berufsverbände (Landesfeuerwehrverband, 20.10.1946) schon öfter. Die Pfadfinder mochten ihn für ihre Cheftage buchen (03.05.1936 / FNEL 22.04.1945). In der Nachkriegszeit fand dort am 04.07.1945 die Wie-geht-es-weiter-Versammlung der Luxembourg Battery nach dessen Auf- lösung statt. Am 19.06.1945 ging die „Generalversammlong“ der „politesche Marie Mirgain © Photothèque de la Ville de Luxembourg KZ-Leit a Prisonne'er“ vonstatten. Am 12.05.1946 gingen eine Kundgebung der Resistenz, sowie der zweite (31.08.1946) Die Thematik verschiedener Veranstal- Überhaupt darf nicht vergessen wer- und dritte (30.08.1947) Ons-Jongen-Tag tungen im Cercle lässt manch sonderbare den, welche hauptstädtischen Verwal- zum Gedenken an den Generalstreik dort Verbindungen herstellen, die in der Realität tungen im Cercle im Laufe der Geschichte über die Bühne. Wobei der dritte Ons- wohl nie beabsichtigt waren: So hielt die untergebracht waren. Außer den bereits Jongen-Tag schon durch mehr Unterhaltung Société Luxembourgeoise d'Hygiène So- aufgezählten waren dies die Büros der zi- durch die Stadtmusik und Camille "Camillo" ciale et Scolaire Versammlungen und Kon- vilen Schutzwehr, des Straßenbauamts, des Felgen geprägt war. ferenzen (1950) in demselben Gebäude ab, städtischen Geometers, der Stadtarchitek- In die Kategorie nationale Trauer- wo der Luxemburger Verband der Friseure ten, für Neubauten, des Kriegsschäden- bewältigung im Cercle fallen: die Photo- oft große nationale Frisur-, Schönheits-, dienstes, der Informationsstelle des Frem- "Ausstellung" der mehr als 3 000 nicht Eleganz- und Parfümsalons, sowie Ausstel- denverkehrsamtes, usw. heimgekehrten Luxemburger (Org.: Service lungen (1947, 1949, 1950), organisierte. Die Bildung der Gesellschaft kam im des Recherches de la Ligue Ons Jongen – Bemerken wir in diesem Zusammenhang, Cercle auch nicht zu kurz. Rennen wir mal 02.-17.02.1946), die Präsentation der Särge dass das hauptstädtische Kanalisationsamt durch die Geschichte: neben unzähligen, und Urnen mit den sterblichen Überresten seine Büros ebenfalls im Cercle hatte. Je- auch per Radio übertragenen Musikvor- der toten luxemburgischen Patrioten (aus der hatte wohl seine eigene Definition von stellungen, mit berühmten Tenören, gab es Bonn, Wiesbaden, Frankfurt/Main & Hin- Düften. Oder was z.B. das Schlemmen regelmäßige Ausstellungen der bildenden zert – 09.03.1946). „Toutes réjouissances angeht: War es eine Frage des guten und Künste, vornehmlich des Cercle Artistique publiques sont interdites“ während des na- schlechten Gewissens, dass der Cercle so- Luxembourgeois (CAL). Wobei die Abspal- tional-dekretierten Trauertags vom 09.03. wohl die erste nationale und internationale ter des hiesigen nationalen Kunstkreises, (15.00h)-10.03.1946(15.00h). Die Licht- Foire gastronomique (heute: Expogast) am die „Sezessionisten“ erst ihren 2. Salon, bilderprojektionen der Vermissten erfolg- 08.09.1934, mit Krebszubereitungswettbe- der jedoch erstmals offiziell „Salon de la ten im wohl für diese Gelegenheit unfest- werb „Ecrevisses à la Luxembourgeoise“ Sécession“ hieß, vom 29.06.-15.07.1929 im lich dekorierten „Festsaal“ (24.03.1946). („15 Stück Krebse aufbereiten, mit reichli- Cercle abhielten. Der erste war vom 14.05.- Die posthume Überreichung durch die cher Sauce“), sowie die Folge-Happenings, 31.05.1927 im Rathaus. Des Weiteren Großherzogin der „Croix de l'Ordre de la als auch die Gesundheitswoche, organisiert konnte z.B. im Juli 1946 die „Jeune pein- Résistance“ an 153 von den Nazis hinge- von der ALPAR (Association Lux. Pour ture lyonnaise“ dort bewundert werden, richteten Patrioten wurde am 13.10.1946 l'Alimentation et l'Hygiène rationnelles) ein Ereignis, das von den hauptstädtischen vollzogen. Als frühe grenzüberschreitende vom 15.-19.10.1950 beherbergte? Auch Volksbildungsvereinen mitorganisiert wor- Kooperationsaktion waren im Cercle vom kann hier wieder angemerkt werden, dass den war. Der Volksbildungsverein Luxem- 21.12.1946-06.01.1947 die Photos der im sich zeitweise das Sous-Office du ravitail- burg-Stadt nutzte das Cercle-Gebäude (am Zweiten Weltkrieg vermissten Elsässer und lement im Cercle-Gebäude befand. Die 14.11.1919 sogar den Saisonstart, mit einer Lothringer zu sehen. durch kriegsbedingte Nahrungsmittel- „Soirée d'art musical“), u.a. nach dem produktionsausfälle bedingte Ausgabe von Krieg durch Unterbringung seiner öffentli- Lebensmittelkarten fand in der Oberstadt chen Bibliothek. Diese passte optimal zum Ende 1944 ebenfalls dort statt. alten Literaturzirkel-„Touch“, bis sie mit ih-

25 Stadtpalastgeschichten

ren ca. 7.000 Bänden Anfang der 1970er Jahre ziemlich brutal auf die Straße gesetzt und aufgelöst wurde. Erwähnen wir in der Geschichte des nationalen Buchwesens die große Buch- und Presseausstellung im Cercle, welche am 16.06.1939 eingeweiht wurde. U.a. konnten sich die Luxembur-

ger zum ersten Mal ein umfassendes Bild © Photothèque de la Ville de Luxembourg der hiesigen Satire-Presseproduktion seit Robert Schuman, „Citoyen d'honneur“ der Stadt Luxemburg (1949) dem 19. Jahrhundert machen. So jedenfalls schwärmte Nicolas „Philinte“ Ries davon im Tageblatt des 24.06.1939 (S. [10]). Im photographes ermittelt werden. Die Union einen Vortrag über Maréchal Foch – zwei Bereich des Druckwesens waren die Philan- photographique stellte ebenfalls im Cercle Jahre später kämpfte er gegen Ho Chi Minh telisten mit Briefmarkenausstellungen öfter aus. Internationale Photographiekunstsa- im französischen Indochina-Krieg. im Cercle präsent. Im Juli 1931 waren es lons (z.B. 1948 & 1950) fanden auch dort Selbst dem Sport wurden die Hallen internationale Grafiken und Radierungen statt. Und schließlich sind jedermann noch des Cercle manchmal zur Verfügung ge- aus bekannten Museen, deren Vorstellung die späteren zahlreichen Ausstellungen der stellt. Zur nationalen 100-Jahr-Unabhän- die nationale Kommission der geistigen Zu- hauptstädtischen Photothek in Erinnerung. gigkeitsfeier wurde vom 05.-06.08.1939 sammenarbeit (Unesco-Kommissionsvor- Im Konferenzbereich waren u.a. fol- eine „Coupe du Centenaire et grand Tour- gänger) organisiert hatte. gende internationale Persönlichkeiten noi International de Tennis de Table“, or- Weitere Ausstellungen, manchmal er- im Cercle, in chronologischer Reihenfolge ganisiert vom nationalen Tischtennisver- gänzt durch Vorträge, gingen über Schwei- aufgelistet, zu Gast: Dr. Léon Bernard, ei- band, „mit französischer, holländischer, zer Architektur und Städtebau (eingeweiht ner der Gründerväter der Gesundheitsor- polnische[r] sowie luxbg. Beteiligung“, am 25.09.1948), über die „Ecole Modèle“ ganisation des Völkerbundes, der späteren samt „schmucke[r] und sehr reichhaltige[r] (USA) vom 29.-30.06.1949, für Interessier- World Health Organization (WHO), sprach Broschüre“, geboten. Ein etwas anders ge- te und die Normalschulen, über Wohnungs- am 13.02.1921 über Tuberkulose. Der Poet artetes „Ping-Pong“ folgte: Am 18.11.1945 wesensprobleme anhand des Beispiels der Charles Couyba war am 04.04.1922 dort, machten beim Boxmeeting im großen Fest- Niederlande (24.07.-28.08.1948), über sowie der Schriftsteller Maurice Bedel am saal die Luxemburger Boxer die Belgier fer- Kristallherstellung (27.08.-04.09.1949), 30.05.1945. Der große Europäer und bel- tig. Der Profikampf war anscheinend mo„ - usw., usw. Wobei der Cercle wahrhaftig gische Ministerpräsident Paul-Henri Spaak noton“ – Georges Schiltz schlug Barthelmy eine bestimmte Anziehungskraft auf Pho- redete am 13.03.1948 „vor einer tausend- aus Lüttich in der vierten Runde k.o. -, toausstellungen ausübte. Bereits für die köpfigen Zuhörermenge im hauptstädti- doch von den Amateurkämpfen waren die Zeit des 24.08.-07.09.1912 konnte diesbe- schen Cercle-Saale“ über „die internatio- Zuschauer „restlos begeistert“. züglich eine erste historische Photoschau nale Lage“.7 Und General Jean de Lattre de Der Cercle war also ein multifunk- des Cercle luxembourgeois des amateurs- Tassigny († 11.01.1952) hielt am 08.12.1948 tionales Gebäude, jedoch mehr als ein kommunales Kulturzentrum. Denn, Haupt- stadt-Status oblige, fanden dort ebenso Cour de Justice Européenne siégeant au Cercle.. einige durchaus ansehnliche internationale Veranstaltungen statt. Auf ihnen ruht jetzt hier das Augenmerk: Im Volksmund wurde der Stadtpalast (Palais municipal) bekanntlicherweise bis heute Cercle genannt, wegen seiner litera- rischen Vergangenheit, als sich im 19. Jahr- hundert dort der hiesige Lesezirkel („Cer- cle littéraire“) befand. Ganz so literarisch wie von 1800-1900 ging es im Cercle ab 1910 nicht mehr zu. Und doch hatte das erste große Ereignis dort überhaupt etwas mit Literatur zu tun, wenn auch eher von der weniger amüsanten, nämlich kom- merziellen Seite aus. Der 33. Kongress der Internationalen literarischen und künstle- rischen Vereinigung (Association littéraire et artistique internationale), wo es um die Urheberrechtsproblematik ging wurde dort

Tony Krier © Photothèque de la Ville de Luxembourg bereits vom 02.-06.09.1910 [!] abgehalten.

26 Der überaus engagierte Kapellener Patent- anwalt und Hauptinitiator Charles Dumont (*1887-†1925), mit Büro in der hauptstäd- tischen Josephstraße (N°82), konnte auf diese neue Infrastruktur zurückgreifen, um die Belgier, Dänen, Deutschen, Fran- zosen, Italiener, Monegassen, Rumänen, Russen, Schweizer und US-Amerikaner kongressmäßig unterzubringen. Ihm zur Seite standen als Empfangspersonal seine Frau, sowie der einheimische Literaturpapst Batty Weber, mit Frau, die Regierungsräte Henrion und Frauenberg, Paul Stümper, Xavier Brasseur, usw. Selbst Bürgermeister Alphonse Munchen und alle Gemeinde- ratsmitglieder der Hauptstadt waren mobi- lisiert worden. Die Vorbereitung muss wohl ausgezeichnet gewesen sein, denn eine Ar-

tikelserie in der Zeitung Indépendance Lu- Tony Krier © Photothèque de la Ville de Luxembourg xembourgeoise (26.08.-02.09.1910) zum 4. Juni 1949: Kolonialausstellung (Belgischer Kongo) im Cercle Thema „Schutz des geistigen Eigentums“ in Präsenz von Staatsminister Joseph Bech war dem Ereignis vorangegangen. Es kam noch besser: sogar die Regierung fieberte tionskomitee dankte den Privatpersonen, war nämlich eines der Gründungsmitglie- diesem Mega-Event entgegen, ja verab- die Zimmer und Fahrzeuge zur Verfügung der der Féderation Internationale des Co- schiedete noch rechtzeitig im Memorial gestellt hatten. loniaux et Anciens Coloniaux, mit Sitz in (N°38, 18.07.1910) den Großherzoglichen Vom 03.08.-06.09.1931 waren alle Paris. Nach Brüssel (1935), Amsterdam Beschluss vom 14.07.1910, über die Ver- Radio-Amateure und „Bastler der verschie- (1936) und Paris (1937) war Luxemburg an öffentlichung des Berliner internationalen denen Radio-Clubs“ zur Zweiten Interna- der Reihe, „dank der sehr großen Zahl Lu- Vertrages vom 13.11.1908, zum Schutze tionalen Funk/Radio-Ausstellung (T.S.F. xemburger, die in den verschiedenen Ko- von Werken der Literatur und Kunst. Dass – Transmission sans fil) und verwandte lonien wertvolle Dienste geleistet haben, die gesamte Regierung mit Staatsminister Industrien im Cercle eingeladen. Ingenieur oder noch heute leisten.“ Insbesondere Paul Eyschen und allen drei Generaldirek- Willemart der Société Belge Radio Eletric sollte der Jugend die „kolonialen Berufe“ toren („Minister“: Mongenast, De Waha hielt einen Vortrag über „La télévision et le schmackhaft gemacht werden. Bemerken und Braun), sowie Parlamentspräsident cinéma parlant“ im Ratskeller. Und zu Be- wir, dass am 20.01.1947 der Cercle eben- Auguste Laval, zugegen waren, verwun- ginn der Funkausstellung erschien die erste falls für die gut besuchte Konferenz „Le dert wohl nicht. Nummer der „Radio Revue Luxembour- Congo dans la guerre“ (Pierre Rijkmans), Am 03. und 04.06.1922 dinierten im geoise“, offizielles Organ der F.N.L.A.R. in Präsenz aller nationalen und städtischen Cercle die Teilnehmer des 9. Kongress der (Fédération nationale luxembourgeoise Notabeln, herhalten musste, wo immerhin belgischen Presse (03.-05.06.1922). Die des Associations radiophiles), wo über an- schon der Geist der Entkolonialisierung übrige Zeit, außerhalb des Cercle-Gebäu- dauernde und komplexe Entstörungspro- erkennbar war. „On ne discontinue pas des, wurden die Belgier durch das ganze bleme bei Trambahnen berichtet wurde. d'améliorer les conditions pour les [Kon- Land gekarrt, von einem Empfang zum Es gab einen Kongress, auf den man golesen] faire participer à la civilisation.“9 andern, von Colmar-Berg (Großherzo- wohl aus heutiger Sicht lieber verzichtet hät- Ein Aufruf zu mehr Engagement in den gin) über Simmern (Botschafter) bis nach te. Der 4. Internationale Kolonialkongress Kolonien gehörte zur Konferenz. Immerhin Diekirch, Grevenmacher und Remich, und (17.-19.0 6.1938)8 fand im Cercle statt. Der wäre der Kongo „pas une sinécure pour des zurück nach Luxemburg. Das Organisa- „rührige“ Cercle Colonial Luxembourgeois ratés.“ 300 Luxemburger waren damals im Kongo, „qui tous occupent des places de choix.“ Eine Kolonialausstellung gab es u.a. noch im Cercle im Juni 1949, da sie wohl Tageblatt, 05.08.1939, S. [2] einer internationalen Hundeausstellung auf dem Limpertsberg weichen musste. Der Militarismus prägte die Vorkriegs- zeit – und wohl auch die Programmgestal- tung des Cercle. Am 01.07.1938 fand dort der Achte Internationale Kongress der Mi- litärmedizin statt. Mehr als 30 Nationen mit 62 angemeldeten Delegierten sollen vertreten gewesen sein. Auch ein Luxem- burger kam zum Einsatz: Pater Dominique Weisgerber der Benediktinerabtei in Clerf, „Lieutenant Médecin de réserve“, über- schrieb seinen Vortragstitel mit „Aperçu historique sur le sort des non-combattants dans les conflits armés.“ Für welches neu- tralitätsverliebtes Publikum dieser Vortrag damals in erster Linie wohl gedacht war? Es lebe der möglichst dauerhafte Frie- den nach einem Zweiten schrecklichen

27 Mehr als zwei Jahre später, vom 05.- Stadtpalastgeschichten 11.09.1948 fand im Cercle der Föderalisti- sche Weltkongress mit 600 Delegierten aus ca. 50 Ländern statt. Präsident der Uni- on Fédéraliste Luxembourgeoise war Nico- las Braunshausen. „Député-maire“ Emile Hamilius begrüßte die Gäste auf Englisch. Auf dem Kongress war man anscheinend überzeugt, „daß den Völkern der Erde die Wahl bleibt, eine einzige Wahl: sich alle gemeinsam zusammen zu schließen oder 30. September 1964: 12 Frauenkongress alle unter zu gehen.“ im Cercle Normalerweise zog es die Katholi- ken ins Volkshaus am Boulevard Royal, im Volksmund „Versoffene Rousekranz“ genannt. Doch es gab einige Ausnahmen: Am 06.01.1945 hielt Pater de Connick, Ex- KZ-Dachau-Insasse, der mit den berühm- ten Abbés Esch und Origer zusammen gefangen gehalten wurde, eine Konferenz im Cercle ab. Der Akademikerverein (A .V., Vorgänger der ALUC, Association Luxem- bourgeoise des Universitaires Catholiques) hielt dort am 03.01.1946 einen Tanz- abend ab. Die UCLIAS (Union catholique des infirmiers et assistantes sociales), in Zusammenarbeit mit der Société Luxem- bourgeoise d'Hygiène Sociale et Scolaire, lud ihre Mitglieder zur Konferenz über

Théo Mey © Photothèque de la Ville de Luxembourg Kindersterblichkeit am 27.10.1950 ein. Das große katholische Event im Cercle jemals stellte jedoch der Pax-Romana-Kongress (3. Assemblée interfédérale) dar, der am Weltkrieg: Am 29.07.1946 wurde der Erste Delegierten unterzukriegen. So erfolgte 23.07.1949 anfing. Mit C'est „ avec une Kongress des Weltverbandes der Ve- vor dem Kongress ein Aufruf in der Presse: fierté toute particulière que la capitale, et reine für die Vereinten Nationen ( 29.07.- „A la suite des Congrès Internationaux an- par elle les catholiques de tout le pays ac- 03.08.1946 / Org.: UNA – United Nations' térieurs les hôtels sont bondés; les efforts cueillent, à l'occasion de leur IIIe Assem- Associations) in Luxemburg, im Cercle er- et le dévouement de l'Office luxembour- blée Interfédérale, les nombreux délégués öffnet. Unglücklicherweise verursachten geois du Tourisme s'avèrent insuffisants du Mouvement International des Intellec- die vielen weltweiten Friedensbestrebun- pour caser tout le monde. Quelles familles tuels Catholiques [MIIC]“ leitete das Lu- gen eine Überschneidung dieser Veran- auraient l'extrême obligeance de mettre xemburger Wort am 25.07.1949 (S. [3]) staltung mit der Pariser Friedenskonferenz, leur chambre d'ami à la disposition d'une seinen Artikel ein. Präsent waren Bischof sodass viele hohe Staatspersönlichkeiten dame-déléguée du 1er au 10 août?“11 Unter Lommel, Staatsminister Pierre Dupong, nicht nach Luxemburg kommen konnten. Übernachtungsinfrastrukturmangel leidet Parlamentspräsident Emile Reuter, die Mi- Vom 04.-09.08.1946 gastierte der Luxemburg-Stadt bei internationalen Kon- nister Aloyse Hentgen und Pierre Frieden, Erste Internationale Nachkriegskongress, gressen bis heute. usw. Der Papst gab per Brief sein väterli- der 10. Kongress der „Women's Interna- tional League for Peace and Freedom“ (WILPF), mit Teilnehmerinnen aus mehr als Ausstellung des 20 Ländern, im Cercle. Thema: „Un mon- Photo-Club de nouveau?“ Viele der organisierenden, Luxembourgeois vor allem verheirateten Luxemburgerinnen im Cercle, 28.09.-02.10.1927. wurden in Presse nicht mit ihrem wahren (Lux. Illustrierte, Nr. Namen genannt: „Mme Hubert Clément, 41, 1927, S. [3]) [...] présidente [...]: Mlle Anne Beffort, professeur; Mme Egide Beissel, avocate; Mlle Andrée Bodson; Mme Ry Boissaux, journaliste; Mlle Nelly Flick, avocate, conseillère communale; Mlle Marthe Gle- sener, avocate; Mme Jones, professeur; Mlle Ginette Kohner, attachée juridique au Ministère de la Santé; Mme Pierre Krier; Mme Vinand Hildgen; Mlle Netty Probst, avocate; Mme Robert Stumper-Mersch; Mme Léon Thys-van Werveke.“10 Die Emanzipation folgte erst später. Wieder problematisch: es existierten nicht genug

Betten in den Hotels, um die mehr als 200 © Photo-Club Luxembourg

28 ches Wohlwollen zu den Pax-Romana-Akti- vitäten. Der Präsident der luxemburgischen Sektion des MIIC war übrigens ein gewisser . Und das alles vollzog sich im „Palais municipal“ – spätestens ab diesem Zeitpunkt dürften die Cercle-Hallen wohl als „heilig“ angesehen werden. Der Vierte Internationale Kongress der nationalen touristischen Organisationen, der nach London, Paris und Oslo organi- siert wurde, fand vom 20.-24.09.1949 in Luxemburg, insbesondere im Cercle, statt. Eröffnet wurde er durch Erbgroßherzog Jean. Die internationale Presse war gegen- wärtig. Es sei „der größte Kongreß“, „den Luxemburg je beherbergte.“ Nicht weniger als 33 Länder und 13 internationale Orga- nisationen nahmen teil. Und das Zentrum der Stadt sollte mitmachen: „Es sei außer- dem darauf hingewiesen, daß die Stadt an verschiedenen Abenden beleuchtet sein wird und die Geschäftsleute der Oberstadt gebeten werden, wahrend der Dauer des Kongresses ihre Häuser zu beflaggen.“13 1950 war natürlich nicht Schluss. Am 24.08.1952 wurde z.B. der 10. Internatio- nale Kongress, mit Ausstellung, des „Bu- reau international de la Chaussure et du Cuir“, mit 127 Delegierten aus Europa, im

Cercle eröffnet. Dabei gab es dort einen Raymond Faber © Photothèque de la Ville de Luxembourg 13. Juli 1995: Ausstellung der städtischen Cinémathèque im Cercle

3,5 Meter langen und 400 Kilo schweren 1 Didderich, Arthur: Le Cercle: propos d'un flâneur, Tageblatt, 23.11.1946, S. [6]; Riesenbergschuh zu bewundern. Ab 1953 2 Sämtliche Recherchen erfolgten in www. (bis 1969) diente das Gebäude der Euro- eluxemburgensia.lu. Die rein stichwortbasierte Suche hat, insbesondere beim Luxemburger Wort, Probleme päischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl wegen unzureichender Buchstabenerkennung (OCR (EGKS) als Sitzungs- und Tagungsort. Und - Optical Character Recognition). Zitierprobleme: Falsche Seitenangaben dürften eigentlich nicht, so weiter und so fort. Nur die Zahl der in- können aber leider vorkommen. Manche Digitalisate ternationalen Kongresse ließ doch merk- schweifen bei der Paginierung vom Original ab, wobei, wissenschaftlich betrachtet, durch eluxemburgensia lich nach. Sie wurden durch Empfänge von eine neue Version (die extra gekennzeichnet werden Staatsgästen ersetzt. muss) entstand. Ein Rat: Viel Geduld mitbringen; 3 Philinte: Le jus de la treille, Tageblatt, 30.08.1921, S. [1]; Fazit: Dieses Haus besitzt eine definitiv 4 Der 10. September 1944 in der Stadt Luxemburg, gewaltige Geschichte und, angesichts der Luxemburger Wort, 10.10.1944, S. [3]; 5 Tageblatt, 20.06.1920, S. [1]; Modernisierungsmaßnahmen der letzten 6 Ziehung der National-Lotterie, Tageblatt, 15.02.1940, Jahre, hört sie gewiss nicht auf, ja verhilft S. [3]; 7 Tageblatt, 15.03.1948, S. [5]; dem Stadtzentrum vielleicht wieder zu ei- 8 Lokalneuigkeiten, Tageblatt, 08.06.1938, S. [4]; nem internationaleren Glanz. Insgesamt 9 Le Congo belge dans la guerre, Luxemburger Wort, 22.01.1947, S. [2]; ergibt sich anhand dieses sehr zentral gele- 10 Bx: Le Congrès de la „Women's International League genen Gebäudes ein schönes gesellschaft- for Peace and Freedom“ à Luxembourg, Tageblatt, 26.07.1946, S. [2]; liches Gesamtbild einer Hauptstadt, und, 11 Congrès de la Ligue Internationale des Femmes pour la stadtstaatähnlich, eines Landes, mit seinen Paix et la Liberté, Tageblatt, 23.07.1946, S. [2]; 12 Welt-Federalismus, Tageblatt, 03.09.1948, S. [6]; menschlichen Höhen und Tiefen. Und, 13 IV. Internationaler Kongress des Tourismus, wenn die Vermietungskosten im Bereich Luxemburger Wort, 15.09.1949, S. [4]. des Zumutbaren bleiben, wird der Cercle es weiter tun, mindestens ein weiteres Jahr- hundert lang. Doch das alles lesen Sie dann bitte in ons stad N°396, dem ersten Heft des Jahres 2111 nach.

Jean-Marie Reding Katalog zur großen Buch- und Presseausstellung im Cercle im Sommer 1939

29 Personnalités internationales au Cercle Municipal

10 septembre 1944: Après la libération, le prince Félix ensemble avec la famille grand-ducale sur le balcon du Cercle, a su trouver les mots justes pour toucher le coeur des Luxembourgeois.

8 novembre 1976: Le collège des bourgmestre et échevins en attente de la reine Elisabeth II. D.g.à dr.: , bourgmestre avec les échevins Léon Bollendorff, Georges Margue, Camille Polfer, Boy Konen, et le secrétaire général Henri Beck

8 novembre 1976: Visite d'État d'Elisabeth II, reine de Grande-Bretagne et d'Irlande du nord et du prince Philip Mountbatten, Duc d'Edimbourg

30 18 octobre 1960: Visite d'État de Rama IXe Bhumibol Adulyadej, roi de la Thaïlande et de la reine Sirikit Kitiyakorn. À droite le bourgmestre de la Ville de Luxembourg Emile Hamilius

14 juillet 1975: Visite d'État de Rudolf Kirchschläger, président de la République fédérale d'Autriche de 1974 à 1986

16 juin 1959: Visite d'État du roi des Belges Baudouin 1er

et de la reine Fabiola de Mora y Aragon © Photothèque de la Ville de Luxembourg

31 22 novembre 1976: Visite d'État de Margrethe Il, reine du Danemark et de son mari le comte Henri de Laborde de Montpezat, aujourd'hui prince Henrik de Danemark

21 novembre 1978 Visite d'État de Patrick Hillery, président de la République d'Irlande

21 septembre 1983: Visite d'État de Gustav Carl XVI, roi de Suède et de sa femme Silvia Sommerlath

32 14 janvier 1992: Visite d'État de François Mitterrand, président de la République Française

100 Joer Lëtzebuerger Dynastie Im Rahmen der Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag der Thronbesteigung unseres Herrscherhauses Nassau-Weilburg hatte der Luxemburger Schöffenrat am 9. Dezember 1990 zu einem feierlichen Empfang ins Cercle- Gebäude geladen. Zu den geladenen Gästen gehörten außer der großherzoglichen Familie Königin Beatrix der Niederlande aus dem Hause Oranien-Nassau, ihr Gemahl Prinz Claus sowie zahlreiche Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft.

Zum silbernen Thronjubiläum von Großherzog Jean hatte die Hauptstadt am 14. November 1989 die großherzogliche Familie, die Vertreter von Regierung und Parlament und zahlreiche andere Autoritäten ins Cercle-Gebäude geladen, wo sie von Bürgermeisterin Lydie Polfer

empfangen wurden. © Photothèque de la Ville de Luxembourg

33 Le Bal de l’Assoss était pendant de longues années un événement Le Bal festif incontournable de la Mi- Carême luxembourgeoise. Il était connu pour la transformation de l’Assoss radicale d’un Cercle municipal passablement solennel et pour l’ambiance légère qu’y firent régner au Cercle la jeunesse étudiante de gauche et les fêtards de tous bords. Le libertinage et les mœurs légères Municipal qui s’annonçaient dans les titres des bals successifs proclamés sur de belles affiches d’artistes confirmés attiraient le chaland à la recherche d’âmes sœurs et Affiche: Raymon Mehlen d’aventures d’un soir.

’Assoss, appelée à ses débuts Associa- Ltion générale des étudiants (AGEL), fut fondée en 1912. Ce fut aussi l’année de la loi scolaire et de l’émancipation de l’école publique de la tutelle de l’Eglise. Née dans le contexte historique du bloc des gauches, l’Assoss réunissait des étudiants et des anciens de la mouvance libérale et sociale-démocrate. De nombreux jeunes à la sensibilité de gauche s’y retrouvaient amicalement, au-delà des frontières par- tisanes. Des jeunes qui aimaient con- tester et faire la fête. C’est dire que l’Assoss ne se prenait pas trop au sérieux, pratiquant l’ironie ravageuse et ne ména- geant personne, ni à droite ni à gauche. Elle s’opposait avec une férocité particulière à l’Eglise, à l’«Akademiker Verein (AV)» catholique, à la morale étouffante et au provincialisme. Elle participait à pas mal de joutes politiques, que ce fut aux mouvements révolutionnaires de 1918- 1919, à la lutte antifasciste dès 1933, à la campagne contre la loi d’ordre (Maulkuerf) en 1937, puis après la deuxième guerre mondiale à l’opposition de la jeunesse contre l’armée, ou encore à la lutte contre la dictature de Franco et de Salazar. Mai 68 eut raison de l’Assoss. Des gauchistes de diverses mouvances considé- raient l’Assoss comme un débris du monde ancien, honnie pour son idéologie libérale, sociale-démocrate, voire stalinienne. Ce mouvement de jeunes, tout au long de son histoire, rebelle au dogmatisme idéologi- que et au sérieux abyssal, fut transformée en 1969 en parti et disparut sous le nom de «Gauche sociale et révolutionnaire». 34 Affiche: L’histoire de l’Assoss est faite de pério- Pit Weyer des d’intense activité et de longues accal- mies. La seule constante, ce fut la redoute masquée qui se tenait infailliblement cha- que année à la Mi-Carême au Cercle muni- cipal, baptisé pour la circonstance en «Pa- lais municipal de Luxembourg», mais pour tous simplement le «Zerkel». Le chroniqueur de 1933 indique que les redoutes de l’Assoss ont commencé en 1926:» Ainsi, dès 1926, commence la ronde échevelée des fameuses redoutes de l’Assoss.»1 Mais j’ai trouvé une publicité pour une «Grande redoute masquée» de l’Association Générale des Etudiants, donc de l’Assoss, dans le «Escher Tageblatt» du 7 mars 1925, et encore le 15 mars 1924 pour le «Bal masqué de l’Assoss». Quoi qu’il en soit, la redoute masquée de l’Assoss était chaque année le rendez- vous obligatoire des jeunes et des moins jeunes. Le succès était toujours au rendez- vous. Comme dit le chroniqueur de 1933, «la formule de ces redoutes a été, depuis, imitée; jamais on n’a pu égaler la verve et l’entrain de ces manifestations. En somme, le truc est simple: il s’agit d’avoir une idée.» Chaque année, cette idée fut mûrie au cours de soirées mémorables des comités successifs, puis transposée par une équipe d’artistes et de décorateurs, avec l’aide de bénévoles plus ou moins sérieux au tra- vail. Voici ce que le chroniqueur rappelle pour l’avant-guerre: la redoute «qui flam- boyait de jaune et de vert, en 1926; celle qui, multicolore, éclatait en 1927; l’Oasis où les chameaux allaient boire en 1928, la Redoute maritime et terrestre de 1929(...); le Cirque, après, où tu domptais de gen- tils petits fauves; la Rhapsodie en Rouge, somptueuse (...) et enfin ces Terres chaudes

Quoi qu’il en soit, la redoute masquée de l’Assoss était chaque année le rendez-vous obligatoire des jeunes et des moins jeunes. Le succès était toujours au rendez-vous.

Assoss 1939 600 Joer Schueberfouer

35 et Iles lointaines, transportées par quel mi- Le Bal de l’Assoss au Cercle Municipal racle dans le Groenland de la salle blafarde du Cercle.» La fête recommença tout de suite après la guerre en 1946. Le «Tageblatt» du 28 mars 1946 fit le rappel pour le 30 mars de cette année:» Et vous les sportifs, fer- vents du ballon rond, adeptes de la Petite Reine et forçats de la Route, chasseurs de têtes et de papillons, pêcheurs d’étoiles et d’ombres, crawleurs et brasseurs, coureurs à pied et de cotillons, tous vous serez à l’en- traînement à la Guingette de Quat’Sous.» On retrouve dans ce boniment la verve à La dernière redoute la française pratiquée par les assossards au titre significatif de le plus souvent résolument tournés vers la France. On relèvera dans cette veine «Bal des Vampires» «Frou-frou» en 1948, «Estudiants et sans- eut lieu en 1969 culottes» en 1952, «St Gervais des Prés» en 1953, «Bouillabaisse» en 1956, «Faux-culs et Faux-cols» en 1957, «Rififi au Cercle» en 1958. Les animateurs du bal de l’Assoss se faisaient un plaisir de provoquer les défen- seurs des bonnes mœurs. Dans l’Annuaire de 1962, l’ancien président de l’Assoss René Reyland se rappelait qu’en 1933, «le «Luxemburger Wort» criait au scandale. Un toboggan partant d’un des balcons du Cercle pour se déverser sur la piste de dan- se avait choqué les défenseurs de la mo- rale. Et quand au cours d’une polémique véhémente avec le «Luxemburger Wort», le président de l’Assoss constatait que parmi les joyeux utilisateurs du toboggan il y avait pas mal de membres de l’AV, le président de cette association ripostait en décrétant le boycott des manifestations de l’Assoss qui devait durer jusqu’à la guerre.»2 On reparla beaucoup de ce toboggan dans les années soixante quand il fut remis en service au Cercle. L’Assoss ne réussit évidemment jamais à faire parler de sa redoute au quotidien ca- tholique. Sauf une fois, en 1967, en pleine vogue d’Astérix et d’Obélix, elle put glisser un petit pavé publicitaire dans la rubrique des annonces de mariage. Grâce à l’inno- cente ingénuité d’une employée qui en ac- cepta sans broncher le texte, le titre de la redoute qui porta cette année le joli nom de Pinobofix fut ainsi vanté par le «Luxem- burger Wort». La redoute de l’Assoss devait son suc- cès essentiellement aux artistes qui en si- gnaient les affiches et les décors. Dans les années vingt et trente ce fut Félix Glatz, jeune instituteur qui avait repris ses études artistiques à Paris de 1918 à 1922. Il fut un fidèle collaborateur de la redoute et des pu- blications de l’Assoss dans les années vingt et trente. La première affiche de Raymon Mehlen, alors tout juste âgé de 21 ans, datait de 1935 (Music-Hall). Il allait signer toutes les affiches de la redoute des an-

36 Les Bourgeois

Le coeur bien au chaud Les yeux dans la bière Chez la grosse Adrienne de Montalant Avec l'ami Jojo Et avec l'ami Pierre On allait boire nos vingt ans Jojo se prenait pour Voltaire Et Pierre pour Casanova Et moi moi qui étais le plus fier Moi moi je me prenais pour moi Et quand vers minuit passaient les notaires Qui sortaient de l'hôtel des "Trois Faisans" On leur montrait notre cul et nos bonnes manières En leur chantant

Refrain : Les bourgeois c'est comme les cochons Plus ça devient vieux plus ça devient bête Les bourgeois c'est comme les cochons Plus ça devient vieux plus ça devient...

Le coeur bien au chaud Les yeux dans la bière Chez la grosse Adrienne de Montalant Avec l'ami Jojo Et avec l'ami Pierre On allait brûler nos vingt ans Voltaire dansait comme un vicaire Et Casanova n'osait pas Et moi moi qui restait le plus fier Moi j'étais presque aussi saoul que moi Et quand vers minuit passaient les notaires Qui sortaient de l'hôtel des "Trois Faisans" On leur montrait notre cul et nos bonnes manières En leur chantant

(Refrain)

Le coeur au repos Les yeux bien sur terre Au bar de l'hôtel des "Trois Faisans" Avec maître Jojo Et avec maître Pierre Entre notaires on passe le temps Jojo parle de Voltaire Et Pierre de Casanova Et moi moi qui suis resté le plus fier Moi moi je parle encore de moi Et c'est en sortant vers minuit Monsieur le Commissaire Que tous les soirs de chez la Montalant De jeunes "peigne-culs" nous montrent leur derrière En nous chantant

(Refrain)

Jacques Brel (1961)

Affiches: Lex Weyer

37 nées trente, puis depuis la reprise en 1946 Le Bal de l’Assoss au Cercle Municipal jusqu’en 1952. Il fut aussi l’auteur de la fa- meuse affiche de l’Assoss pour le non dans la campagne contre la loi d’ordre (Maul- kuerf) en 1937. Dans les années cinquante Lex Weyer lui succéda, puis dans les années soixante son fils Pit Weyer. Entre 1965 et 1969 Pit Weyer créa les affiches en alternance avec Leo Reuter. La création des décors chaque année ne fut évidemment pas une mince affaire. Lex Weyer fut assisté dans cette tâche par de nombreux amis artistes. En 1962, pour le bal du cinquantenaire de l’Assoss avec le titre suggestif de «Marché aux puce…s», l’équipe comprenait sous la direction de Lex Weyer le peintre Lou Theisen, le graphiste Leo Reuter qui allait signer de nombreuses caricatures percutantes dans la «Voix des Jeunes», Pit Weyer, auteur d’une savou- reuse série de «Paafefrësser», Letz Knaff et des assossards inconditionnels comme Pol R.Schneider et Jean-Paul Raus. Anne Weyer contribua également aux décors et à pas mal de beaux costumes masqués. Le Clan des Jeunes, l’organisation des lycéens, mit la main à la pâte avec enthousiasme. Plusieurs orchestres faisaient chauf- fer à chaque fois les salles du Cercle. On rappellera les plus fameux de la scène luxembourgeoise des années cinquante et soixante, comme Tommy Dallimore, Andy Felten, Johny Glesener, Marcel Dax, Ca- mille Back, et à partir de 1962 à plusieurs reprises jusqu’en 1968 un invité de marque, «Faux-culs et Faux-cols», 1957 la Fanfare des Beaux-Arts de Paris sous la direction d’Octave Callot qui ouvrait la fête par une cavalcade dans les rues de la ville. Et pendant de longues années, les éclai- reurs FNEL du Pfaffenthal sous la direction «Uewen Op an Ënnenzopp», 1966 © Roby Raus énergique de Pierre Tonnar gardaient la tête froide dans l’atmosphère échauffée du Cercle pour assurer le service d’ordre. La dernière redoute au titre significa- tif de «Bal des Vampires» eut lieu en 1969 et fut organisée par la nouvelle équipe qui avait repris en main l’Assoss, déchirée par des luttes internes. Claude Wehenkel, tré- sorier de l’Assoss dès 1962 et organisateur des redoutes de 1962 à 1968, toutes large- ment bénéficiaires, ce qui ne fut pas tou- jours le cas auparavant, réussit à parquer le magot amassé lors des redoutes successives dans une asbl intitulée «Bibliothèque criti- que de l’Assoss», empêchant ainsi le nou- veau parti révolutionnaire de se construire sur les succès carnavalesques du passé…

Ben Fayot

1 AGEL Annuaire 1933 2 René Reyland, D’un annuaire à l’autre 1933-1963, p.12. Annuaire 9 (1962)

38 Affiche: Pit Weyer Affiche: Léo Reuter

«Carnaval à Venise» au Cercle Le 4 mars 1989, Pierre Dillenburg et Roland Hübsch (photo à gauche) avaient convié au Cercle municipal pour une soirée sur le thème du «Carnaval à Venise» qui allait s'avérer être un événement mondain exceptionnel. Les déguisements de la soirée étaient d'une incroyable opulence et d'une grande originalité, certains de ces fabuleux costumes furent réalisées par l’artiste Anne Weyer. © Jochen Herling

39 Stadtpalast oder Märchenschloss? Der Architekturwettbewerb zum „Neuen Cercle“

Der ursprüngliche Plan, das alte Ge- und Pierre Funck bitten daraufhin um einen bäude des Cercle littéraire zu renovieren, Monat Aufschub und bekunden ihre Angst, wird schnell verworfen, und der Schöffen- ausländische Architekten könnten über ei- rat beschließt den Abriss. An gleicher Stelle nen Strohmann teilnehmen8. Tatsächlich soll ein Neubau entstehen, der modernen tritt die internationale Jury erst über ein Ansprüchen entspricht. Ein Problem stellt Jahr nach der Ausschreibung im August allerdings das am Paradeplatz befindliche 1903 zusammen. Sie besteht aus zwei Lu- Wachgebäude dar, dessen Besitzverhältnis- xemburger und drei ausländischen Mitglie- se ungeklärt sind. Wie alle Festungsbauten dern: Auf nationalem Niveau steht dem Als die Stadt Luxemburg im Jahre gehört es möglicherweise dem Staat2. Im damaligen Bürgermeister Emile Mousel der 1901 das alte Cercle-Gebäude Februar 1902 kommt es zu einer Kompro- Ingenieur Tony Dutreux zur Seite, der be- zwischen Rue du Curé und Rue misslösung zwischen Staat und Gemeinde: reits an anderen Großprojekten, wie z.B. Die Stadt erhält das Gebäude des Wacht- der Fondation Pescatore, beteiligt war. Auf de Genistre kauft, ist gerade postens im Tausch gegen ein Gelände für Empfehlung von Staatsminister Eyschen ein neues, vielversprechendes eine neue Industrie- und Handelsschule. stammen die übrigen Jurymitglieder aus Jahrhundert angebrochen. Noch ist Zusätzlich verpflichten sich die Stadtvä- den drei Nachbarländern Luxemburgs: von den Schrecken, die Europa in ter zu einer Beteiligung an den Bau- und Joseph-Antoine Bouvard (1840-1920), Unterhaltskosten für die Schule sowie dem Directeur des services d’Architecture, des den darauffolgenden fünfzig Jahren neu zu errichtenden Nationalmuseum3. Promenades et Plantations de la Ville de heimsuchen sollten, nichts zu Insbesondere letzteres ist durchaus im In- Paris, Friederich von Tiersch (1852-1902), spüren. In der Hauptstadt stehen teresse der Stadtväter, die dringend einen Professor für Architektur an der Universi- die Zeichen auf Expansion. Das Ausstellungsort für ihre, durch das Testa- tät München, der als Meister der Symbio- 9 erstarkende Bürgertum erwartete ment von J.P. Pescatore beträchtlich ge- se historischer Baustile gilt , sowie Ernest wachsene Kunstsammlung suchen4. Schon Acker (1852-1912), Architekt aus Brüssel. von seiner Stadt einerseits eine drei Monate später beginnt der Bauunter- Für den ersten Wettbewerb tritt die effiziente Verwaltung, andererseits nehmer Jean Ledrut mit den Abrissarbeiten Jury am 3. August 1903 zusammen. Außer Infrastrukturen für Kultur und der alten Gebäude5. den schlussendlich vier prämierten Projek- geselliges Beisammensein. Nachdem der damalige Stadtarchitekt ten ist unklar, wer alles an diesem ersten Luja ein Vorprojekt ausgearbeitet hat6, ruft Wettbewerb teilgenommen hat. Die Ent- Daher sollte in zentraler Lage die Stadt noch im gleichen Jahr zu einem würfe der vier Sieger werden prämiert und ein multifunktionaler Bau zur nationalen Architekturwettbewerb auf. befinden sich bis heute im Archiv der Stadt Unterbringung der wachsenden Demnach soll das Gebäude folgende Funk- Luxemburg. Da sie alle anonym eingereicht Gemeindeverwaltung, eines tionen erfüllen7: Das Erdgeschoss ist der Po- werden, sind zu diesem Zeitpunkt die un- lizei, dem Städtischem Hochbauamt, dem terzeichnenden Architekten unbekannt. Die Festsaales und der Musikschule Ingenieur sowie den Kommissionen der Jury fertigt zu jedem prämierten Entwurf 1 entstehen . Schule, der Hospizen und des Wohltätig- eine Analyse an, spricht aber allgemein für keitsbüros vorbehalten. Der Festsaal ist für die zweite Stufe des Wettbewerbes folgen- den ersten, die Musikschule für den zwei- de Empfehlung aus: ten Stock vorgesehen. Teilnahmeberechtigt sind ausschließlich Luxemburger Architek- «Le jury exprime le vœu que dans ten, die vier Monate Zeit haben, ein Projekt leurs études définitives des façades et de bestehend aus Plänen und Kostenaufstel- décoration intérieure les auteurs des pro- lungen auszuarbeiten. Um Interessenkon- jets primés adoptent un style d’architec- flikte zu vermeiden, müssen die Vorschläge ture… qui soit en rapport avec le caractère anonym eingereicht werden. Die renom- pittoresque de la cité luxembourgeoise.» mierten Luxemburger Architekten Jean-Pi- erre König, Sosthène Weis, Georges Traus

40 © Archives de la Ville de Luxembourg

Die Entwürfe Municipal und Coq stammen von Pierre und Paul Funck

Coq I (1903) Coq II (1904)

Municipal I (1903)

Municipal II (1904)

41 Stadtpalast oder Märchenschloss?

© Archives de la Ville de Luxembourg Jos Nouveau, der Kopf hinter dem Projekt Laure, ist zum Zeitpunkt des Architektenwettbewerbs seit zwei Jahren an der Ecole Supérieur des Beaux-Arts in Paris eingeschrieben

Nicolas Petit reicht sein Projekt noch während seines Studiums im Alter von 27 Jahren ein

Jos Nouveau: Laure (1903)

Nicolas Petit: Motto O (1903) In laborem honor von Nicolas Petit (1904)

42 Jos Nouveau (1883-1946), der Kopf derates, endlich mit dem nicht ganz un- Der hinter dem Projekt Laure, ist zum Zeitpunkt umstrittenen Bau beginnen zu können13, Architekturwettbewerb des Architektenwettbewerbs seit zwei Jah- nutzen die Architekten den ihnen zuge- ren an der Ecole Supérieur des Beaux-Arts standenen Zeitraum, um die Wünsche der zum in Paris eingeschrieben, wo er sich nicht Jury einzuarbeiten. (Zur Architektur und seiner Passion der Bildhauerei, sondern tatsächlichen Nutzung des Gebäudes siehe „Neuen Cercle“ auf Wunsch seines Vaters der Architektur unseren Beitrag von Robert L. Philippart ab widmet. Sein Projekt für das neue Gebäude Seite 4) Obwohl der Turm des preisgekrön- des Cercle hat er im Alter von 20 Jahren ten Entwurfs dem Rotstift zum Opfer fällt, erstellt. Seine verspielte Fassade spiegelt gehört das Cercle-Gebäude heute zu den eindrücklich die Passion des Architekten für imposantesten Gebäuden im Herzen der Den Autoren wird erneut vier Monate die Bildhauerei wider. Hauptstadt. Zeit gegeben, ihre Pläne gemäß den Wün- Nicolas Petit studiert seit 1900 an der schen der Jury zu überarbeiten. Sie tritt im Technischen Hochschule in Karlsruhe, wo Evamarie Bange Februar 1904 erneut zusammen, um den er im Jahr 1905 sein Diplom erhält. Von endgültigen Gewinner zu küren. In Abwe- 1909 bis 1945 ist er Stadtarchitekt von senheit von Professor Tiersch nimmt dieses Luxemburg. Auch Petit reicht sein Projekt Mal der französische Staatsarchitekt Alfred noch während seines Studiums im Alter Vaudoyer (1846-1917) an dem Auswahl- von 27 Jahren ein12. 1 Robert L. Philippart, Luxembourg: De l’historisme au verfahren teil. Er hat den Luxemburger Pa- Alle Projekte stammen von jungen, modernisme. De la Ville forteresse à la capital nationale villon für die Weltausstellung in Paris 1878 zum Teil noch in der Ausbildung befindli- (Louvain-la-Neuve-Luxembourg 2006) 681-683. Archives de la Ville de Luxembourg LU 60.1.1.-73-74; konzipiert, dessen Kommissar Tony Dutreux chen Architekten, die innovative, stark von 2 Ville de Luxembourg. Bulletin Communal 1901, 185 ff; war10. Ihren Ausbildungsplätzen und -ländern be- 3 Philippart (Anm. 1) 479, 681, Archives de la Ville de Luxembourg LU 32.1-459; Den ersten Preis gewinnt das einem einflusste Ideen nach Luxemburg bringen. 4 Evamarie Bange, L’odyssée des collections. Märchenschloss ähnelnde Projekt Coq II, Leider nimmt der sehr begabte Jos Nou- Villa Vauban – Musée d’Art de la Ville de Luxembourg – Collection, Histoire, Architecture (Luxembourg 2010) das mit seinem hohen Turm den Wünschen veau am zweiten Teil des Wettbewerbes 14-17; der Jury nach einer pittoresken Ausführung nicht mehr teil. 5 Ville de Luxembourg. Bulletin Communal. 1902, 126f; Bulletin Communal 1902, 234; Archives de la Ville de wohl am ehesten entspricht. Endlich kann Von den vier Preisträgern hatte Pierre Luxembourg LU Imp. IV/2-457; auch das Geheimnis um die die Identität Funck die meiste Erfahrung in der Betreu- 6 Archives de la Ville de Luxembourg LU P IV/2 B 116; 7 Archives de la Ville de Luxembourg LU Imp. IV/2-431; der teilnehmenden Architekten gelüftet ung eines Großprojektes, hatte er doch be- 8 Archives de la Ville de Luxembourg LU 11 IV/2-643; Municipal Coq 9 http://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich-von-Thiersch; werden. Die Entwürfe und reits den Bau der Fondation Pescatore be- 10 Jean-Luc Mousset, Ulrike Degen: Un petit parmi les stammen beide von Pierre Funck (1846- treut. Da die Projekte anonym eingereicht grands. Le Luxembourg aux Expositions universelles 11 de Londres à Shanghai (1851-2010). Musée National 1932) und seinem Sohn Paul (1875-1939) . wurden, dürfte dies allerdings bei der Aus- d’histoire et d’art (Luxembourg 2010) S. 74-91; Pierre Funck absolvierte seine Studien wahl des Gewinners keine Rolle gespielt 11 Archives de la Ville de Luxembourg LU P IV/2 B 205- 210, 212, 214-215, 221-33; an der Ecole des Beaux-Arts in Paris und haben. 12 Zu den Architekten: Pierre Gilbert, Luxembourg-La seine Architekturausbildung bei François Für die erneute Überarbeitung der Plä- Capitale et ses Architectes (Luxembourg 1986). Archives de la Ville de Luxembourg LU P IV/2 B 200- Eydt (1808-1884), Stadtarchitekt von ne bleibt den Herren Funck Zeit bis August 203, 204, 237,- 239,C 741-749; Luxemburg (1834-1869). 1904. Trotz der Ungeduld des Gemein- 13 Ville de Luxembourg. Bulletin Communal. 1904, 97f. © Archives de la Ville de Luxembourg

43 © Photothèque de la Ville de Luxembourg

Der Cercle 1940 während der deutschen Besatzung 1940 –1944

Ob Gebäude Geschichte erzählen können oder ob sie nur als ls am 6. August 1940 der Gauleiter stumme Zeugen eine bestimmte Periode überlebt haben, bleibt eine AGustav Simon mit dem Einzug von Frage, deren Beantwortung nicht leicht fällt. Immerhin sind es die 600 Polizisten Luxemburg in Besitz nahm, Menschen, die Geschichte machen, erleben oder erleiden und weniger spielte sich dieses Zeremoniell auf dem Paradeplatz vor dem Cercle-Gebäude ab, die Gebäude selbst, in denen oder vor denen Dinge geschehen ohne dass es jedoch eine Rolle spielte. sind, die wir heute als Geschichte empfinden. Ein Gebäude, das Dies änderte sich, als die „Volksdeut- sich in der Stadt Luxemburg in zentraler Lage erhebt und von dem sche Bewegung“ Ende August anfing, fast man annehmen könnte, es habe Geschichte erlebt, ist das Cercle- täglich „Aufklärungsversammlungen“ ab- Gebäude an der Place d’Armes. Die Frage, was denn dort während zuhalten. Schon am 31. August 1940 spra- der Kriegsjahre geschah ist für den zufällig dort vorbei spazierenden chen Marius Didesch und Karl Dennemeyer im „Städtischen Festsaal“, wie das Gebäude Bürger oder Touristen kaum ersichtlich, denn heute weist nur eine nun genannt wurde, auf einer Kundgebung unscheinbare Plakette darauf hin, dass auf dem Balkon des Cercle- der VdB. Am 15. Oktober war es Gaulei- Gebäudes am 10. September 1944 General Lunsford E. Oliver von der ter Dr. Alfred Meyer1 und am 30. Oktober 5. „armored division“ und Prinz Felix von den auf der Place d’Armes der Reichshauptamtsleiter Prof. Dr. Walter zusammengeströmten Stadtbewohnern als Befreier bejubelt wurden. Groß, die dort auftraten und versuchten, mit propagandistischen Reden die Luxem- Doch schon im Laufe des Nachmittags wurde das Rathaus auf dem burger für Deutschland zu gewinnen. Am Knuedler zum politischen Mittelpunkt und das Cercle-Gebäude Tage zuvor hatten Gauleiter Simon und der verschwand aus der Aktualität. Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung

44 und Volksbildung, der Ex-Studienrat Bern- Leiter des Rassenpolitischen Amtes der hard Rust, am gleichen Ort vor der ver- NSDAP, Prof. Dr. Walter Groß aus Berlin. sammelten Lehrerschaft2 die Grundzüge Am Sonntag, dem 1. August zelebrierte die der nationalsozialistischen Erziehungspo- NS-Frauenschaft dort eine „Morgenfeier“. litik erläutert. Die zwangsweise erschie- In vergleichbarer Weise war das Cercle- nenen Lehrer sorgten aber dafür, dass die Gebäude auch schon 19425 und 1944 bei Rede des Gauleiters „in allen ihren wich- den „Kreistagen“ genutzt worden. Zu den tigen Teilen mit Gebrumm begleitet“ wur- Kreistagen war die „Beflaggung aller öf- de, um so ihren Unmut zu äußern,3 andere fentlichen Gebäude“, aber auch der priva- schwiegen oder „schüttelten den Kopf zum ten Häuser angesagt. Zeichen der Ablehnung“. Die meisten politischen „Großkundge- Im weiteren Verlauf der Besatzungs- bungen“ fanden jedoch in der Ausstellungs- jahre diente der Cercle immer wieder als halle auf Limpertsberg statt. Dort verfügte Ort, an dem politische Versammlungen man über mehr Platz als im Stadtzentrum. organisiert wurden. Besonders intensiv war Als Ausnahme muss die Großkundgebung die Nutzung des Saales z.B. während des der VdB vom 7. Dezember 1940 gelten, bei Kreistages 1943 der Nationalsozialistischen der Gauleiter Fritz Sauckel6 zwei Stunden Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP): Am lang sprach.7 Am 16. Februar 1943 durf- Samstag, dem 24. Juli erfolgte die Eröff- te der Landesleiter der VdB, Damian Krat- nung durch eine „Feierstunde im Stadt- zenberg, zum Thema „Luxemburg und der festsaal“.4 Am Montag, dem 26.Juli hatte Totale Krieg“ vor den „deutschbewussten die NSDAP eine „öffentliche Kundgebung Luxemburgern“ dort sprechen.8 Die gleiche im Stadtfestsaal“ organisiert zu Ehren ei- Rede hielt er auch noch in Esch-Alzette, in ner „Abordnung luxemburgischer Solda- Diekirch und in Grevenmacher. ten der Ostfront“. Am Mittwoch, dem Im Cercle organisierten die Nazis aber 28.Juli sprach an gleicher Stelle der Leiter in erster Linie neben diesen politischen Ver- des Hauptamtes für Kommunalpolitik der sammlungen kulturelle Veranstaltungen, in NSDAP, Reichsleiter Fiehler, Oberbürger- denen bewiesen werden sollte, dass Luxem- meister der Stadt München. Dieser Vortrag burg zum Deutschen Reich gehörte. Schon war gefolgt von einem Symphoniekonzert am 12. Oktober 1940 gab „die Luxem- ebendort. Am Samstag, dem 31.Juli sprach burger Volksjugend… im Saal des Cercle- bei der Tagung des Amtes für Erzieher der Gebäudes (sic) ihr erstes großes Konzert.“9

1940 Herbert Ahrens © Photothèque de la Ville de Luxembourg

45 Ausführende waren das Bann-Orchester und die Singschar der HJ aus Neuwied.10 Am 7. November hatte die „Gesellschaft für deutsche Literatur und Kunst“ (Gedelit) den aus Luxemburg stammenden Norbert Jacques zu einer Lesung aus seinen Wer- ken eingeladen. „Zu Zuhörern hatte ich in dem großen Saal des Cercle in der über- wiegenden Mehrzahl Luxemburger“, be- schreibt Jacques diesen Auftritt in seinem autobiografischen Werk „Mit Lust gelebt. Roman meines Lebens“11. Am 15. Dezem- ber 1940 fand eine „Weihnachtsstunde im Städtischen Festsaal“ mit dem RAD-Gau- musikzug statt.12 Auf Einladung der Stadt und des Senders Luxemburg gastierten am 16. April 1941 die Münchner Philharmo- niker im Cercle,13 und am 22. März 1943 fand dort eine öffentliche Rundfunksen- dung statt unter dem Titel: „Luxemburg spielt auf“, organisiert von der Außenstelle des Reichspropagandaamtes und dem Sen- der Luxemburg.14 Dies sind nur einige Bei- spiele, um zu zeigen, mit welchen Mitteln die Besatzer versuchten, die Luxemburger durch ein großzügiges kulturelles Angebot für den Anschluss an Deutschland zu ge- winnen, ohne nennenswerten Erfolg, wie wir wissen. Dabei wurde der große Saal des Cercle immer wieder genutzt. Als im März 1944 die „Gesellschaft für deutsche Literatur und Kunst“, die nunmehr

in „Kunstkreis Luxemburg“ umbenannt © Photothèque de la Ville de Luxembourg worden war, ihr zehnjähriges Jubiläum fei- Oberbürgermeister Richard Hengst (1942) erte, fanden zahlreiche Veranstaltungen im Cercle-Gebäude statt.15 An erster Stel- le stand die „Gründungsgedenkfeier“, auf der am 7. März der Gaupropagandaleiter Albert Urmes das Wort ergriff und der Eh- renvorsitzende des Kunstkreises, Landeslei-

Damian Kratzenberg (1942)

ter Damian Kratzenberg, den Festvortrag 1 Gau Westfalen-Nord, Münster; hielt. Eingeleitet worden waren die Feier- 2 LW, 30.10.1940: Gott gibt dem Faulen kein Brot und dem Feigen keine Freiheit. Reichserziehungsminister lichkeiten mit einem Sinfoniekonzert des Rust und Gauleiter Simon sprachen zur Städtischen Sinfonie-Orchesters mit Wer- luxemburgischen Erzieherschaft; 3 Archives nationales Luxembourg: SD/C6/Bl. 11-15: ken von Brahms, Bruch und Beethoven. SD-Bericht vom 31.10.1940 ; Den Abschluss bildete ein Konzert des Köl- 4 Programm abgedruckt in: Paul Spang:Von der Zauberflöte zum Standgericht. Naziplakate in ner Männer-Gesangvereins. 1944 aber war Luxemburg 1940-1944. Luxembourg, 1992, S.371-83; man längst von der Illusion abgekommen, 5 Siehe Farbfoto vom 2.August 1942. CDRR: Collection Stoll; zu glauben, mit solchen Aufführungen die 6 Gauleiter in Thüringen, ab 1942 Generalbeautragter für Luxemburger für sich gewinnen zu können. den Arbeitseinsatz; 7 Plakat C-25, in: Spang: S.85. LW, 9.12.1940: Blut Kollaborateure und Deutsche feierten sich ist stärker als Gold. Gauleiter Sauckel sprach vor sechs Monate vor der Befreiung Luxem- überfülltem Cercle-Saal (sic); 8 LW, 17.2.1943: Luxemburgs Bereitschaft zum totalen burgs nur noch selbst. Einsatz; 9 Plakat B-16, in: Spang: S.69; Bauliche Veränderungen waren am 10 LW, 14.10.1940: Festliche Musik der Luxemburger Gebäude nicht vorgenommen worden, so Volksjugend; 11 Norbert Jacques: Mit Lust gelebt. Roman meines dass nach einem Großreinemachen der Lebens. St. Ingbert 2005, Neuausgabe, S.453; Cercle ab dem 10. September wieder für 12 Nationalblatt, 16.12.1940 ; 13 Plakat I-127, in: Spang, S.195; die Bürger der Stadt zur Verfügung stand. 14 LW, 24.3.1943: „Luxemburg spielt auf“ – zum 25. Mal! 15 CDRR: Archives: Foto- und Pressebericht über die „Festliche Veranstaltungsreihe vom 4. bis 10.März 1944 Paul Dostert aus Anlass des 10-jährigen Bestehens des Kunstkreises Luxemburg“.

46 ony Vaccaro © Photothèque de la Ville de Luxembourg T GIs vor einem erbeuteten Nazi-Wagen (November 1944)

Nach der Befreiung der Stadt Luxemburg (1944): Nach Frankreich geflüchtete Luxemburger kehren mit dem Bus in die Heimat zurück. Batty Fischer © Photothèque de la Ville de Luxembourg

47 1900/1/325 Batty Fischer © Photothèque de la Ville de Luxembourg Sonntagnachmittag auf der Plëss (um 1900) „Jamais pièce à Luxembourg n’eut un tel succès.“

Die Uraufführung von Dicks’ Komĕdĕstéck „De Scholtscheîn” am 25. Februar 1855 im Cercle

Am 25. Februar 1855 um 6 Uhr abends kerungsschichten entsprochen, die für Lu- wurde im Cercle Theatergeschichte geschrie- xemburg einen repräsentativen Theaterbau ben. Auf dem Programm stand das erste The- einforderten. So lesen wir in der Zeitung La aterstück in luxemburgischer Sprache, De Quotidienne luxembourgeoise: „Le conseil Scholtscheîn. Komĕdĕstéck an èngem Ackt. communal de la ville de Luxembourg, notre Tèxt a Muséck fum Dicks, alias Edmond de bourgmestre en tête, l’ont parfaitement com- la Fontaine.1 Verantwortlich zeichnete die pris, c’est qu’il était temps, par l’achat de la hauptstädtische Société de Gymnastique, die maison, dite Cercle littéraire, par la ville, de Gym oder der Turn, wie der Verein im Volks- doter enfin d’un théâtre la capitale de notre mund genannt wurde. Den Turnern war 1854 Grand-Duché, tandis que dans les pays voi- von der Stadtverwaltung der große Saal des sins, nous voyons, dans les villes d’une bien ehemaligen Gebäudes des Cercle littéraire moindre importance, toutes les préfectures, überlassen worden, nachdem die Stadt das et même le plus grand nombre de sous-pré- halbfertige Gebäude erworben hatte, um es fectures avoir leur salle de spectacle.“2 nach Fertigstellung einer neuen kulturellen Bestimmung zuzuführen. Damit hatte sie offensichtlich dem Wunsch breiterer Bevöl-

48 er Erfolg der angekündigten Aufführung Die Gym, die am 14. Juli 1849 von Pro- lich über die Stadt Luxemburg hinaus, denn war eigentlich vorprogrammiert, denn fessor Nic Martha gegründet worden war längst nicht alle Mitlieder der Gym residier- Dsowohl der Autor als die Schauspieler hatten und weniger als Turnverein, denn als The- ten in Luxemburg. Aus Diekirch beispiels- sich schon eine gewisse Renommee erworben. aterverein Furore machte, war ein wichti- weise stammte Theophil Schroell, der als Es bestand demnach keine Notwendigkeit, ger Akteur im gesellschaftlichen Leben der Beruf Stenograph angab, aus Wiltz kam der das Pseudonym Dicks aufzulösen, denn der Hauptstadt. Im Gegensatz zu den bisher Ledergerber Felix Servais und aus Koerich jüngste Sohn des Gouverneurs Théodore üblichen geschlossenen Vereinen, war die der Zollberamte Mathias Dutreux. Sogar Ignace de la Fontaine war als Komponist von Gym ein demokratischer Verein in vormärz- über die Landesgrenzen hinaus war die Gym zahlreichen Walzern, Mazurkas und Polkas licher Tradition, der den Männern aller ge- bekannt, gab doch Heinrich Stammer Düs- längst stadtbekannt geworden. Mit seinen sellschaftlichen Schichten offenstand und seldorf als Wohnort an, und wohnten Sylvain Liedern wie Och du meîn am Kameîn oder sich dem Neuen verpflichtet fühlte. V„ ous y Bonn in Brüssel und Jean-Baptiste Scheiteler Méng Freiesch as en hierzécht Kant, die unter verrez confondus le vilain et le roturier, l’ar- in Paris. Mit August Herzberg wies die Gym dem Pseudonym Dicks als Einblattdrucke tisan et le poète, le pauvre et le riche, sans gar ein Mitglied aus New York auf. zirkulierten und zu regelrechten Gassen- morgue d’un côté, sans fausse humilité de In den wöchentlichen Sitzungen der hauern avanciert waren, hatte er offen- l’autre“, schreibt Emile Tandel im Courrier Gym wurde eine neue Form von geistreicher sichtlich den Publikumsgeschmack seiner du Grand-Duché de Luxembourg5. „Compo- und die Kreativität fördernder Geselligkeit Zeit getroffen. „On ne peut entendre sa sée presqu’entièrement de jeunes gens aux getrieben, die den Berichterstatter des Écho musique sans s’en rappeler les paroles et idées vives et généreuses, aux vues larges du Luxembourg beeindruckte: „Vous ferai- sans les chanter“ heißt es im Wächter an et détendues, cette société est devenue le je assister à une de ses réunions où il se dé- der Sauer.3 Ausserdem hatte Dicks mit centre, le point de départ du progrès et de la pense plus de joyeuses folies, de spirituelles dem Spottgedicht D’Vulleparlament am liberté, de grandes pensées et de riches as- bêtises, d’aperçus ingénieux, d’idées grandes Gréngewald4 hinlänglich bewiesen, dass er pirations, du développement littéraire et du et nobles qui dans maint corps savant qui, s’il sich nicht scheute, polemisch und satirisch in mouvement artistique qui, de là, rayonnent dit des bêtises, n’a pas le talent de les rendre das politische Tagesgeschehen einzugreifen. sur tous les points du pays“. Ein Blick in die spirituelles? Où entre la pipe et le verre de An der Universität Heidelberg, wo er bis Mitgliederliste von 18566 bestätigt die für bavière, on se renvoie en se jouant, la pointe vor kurzem Rechtswissenschaften studiert die damalige Zeit ungewöhnlich komplexe qui effleure sans blesser jamais; où les rires et hatte, war er als Mitglied der studentischen soziale Zusammensetzung der Turnerschaft. la joie, l’esprit et la science, la plaisanterie et Verbindung Helvetia in Kontakt zu den Hier tagte der Metzger Joseph Bourg neben l’amitié courent, volent, se heurtent, s’entre- liberalen Kreisen Deutschlands gekommen dem Banquier Charles Auguste, der Händ- choquent et se confondent.“7 Kein Wunder, und hatte die vormärzlichen Bestrebungen ler Hippolyte Cahen neben dem Apotheker dass es manchmal hoch herging, so dass sich um mehr Freiheit und Demokratie aus François Dargent und der Bäcker François Polizeikommissar Jean François Gangler am nächster Nähe miterlebt. Speyer neben Professor Nicolas Martha. 6. April 1851 an den Gemeinderat der Stadt Auch reichte der Ruhm der Gym tatsäch- Luxemburg wandte mit der Frage, ob für die

Foto der Turner der Gym in ihren rot-grau gestreiften Hemden. In: Hanny Heuertz: Am eigenen Herd. Anfänge und Grundsteinlegung des Luxemburger Vereinswesens vor 100 Jahren mit besonderer Berücksichtigung des mutualistischen Gedankengutes. Luxemburg (1956), S. 44. Dicks befindet sich in der 2. Reihe, 4. von links. Michel Lentz steht in derselben Reihe, 2. von links.

49 Gym dieselbe Sperrstunde gelte, wie für die Für Dicks war die Mitgliedschaft in willigt in die Heirat ihrer Tochter Marrĕ, anderen Vereine der Stadt. „La réunion de einem Verein wie die Gym, die er aber erst die eigentlich dem Schornsteinfeger Néckel samedi, 5 de ce mois, ayant été assez bruyan- nach der Aufführung des Scholtscheîn bean- zugeneigt ist, mit dem bejahrten Buchbin- te, après 11 heures de la nuit, au point de tragte, etwas durchaus Erstrebenwertes. Hier der Papschossel ein, weil sie von diesem mit fixer l’attention du voisinage et des gens de fand er Anerkennung, hier wurde er verehrt, einem angeblich uneingelösten Schuldschein la police, j’ai l’honneur de vous prier, Mes- hier konnte er maskulinen Geselligkeitsfor- erpresst wird. Indem sich Marrĕ und Neckel sieurs, de vouloir bien me faire connaître, si men frönen, denen die Notabelnfamilien die Eitelkeit des alten Junggesellen zu Nut- par le fait de son existance, cette société est nicht unbedingt positiv gegenüber standen. zen machen, gelingt es ihnen, Papschossel en dehors du règlement sur la fermeture des Sie stellten einerseits eine Verlängerung des des Betruges zu überführen. Während Marrĕ cabarets.“8 Und am 24. Oktober 1857 schlug Studentenlebens dar, andererseits auch eine den von Altersgicht geplagten Papschossel der Administrateur général de la Justice dem Verbindung zu jenen Schichten, die als Trä- zu einem rasanten Tanz überredet, dringt Procureur général Augustin vor, Erkundun- ger einer authentischen Volks- und National- Néckel durch den Kamin in die Stube ein gen über die Gym einzuziehen und gege- kultur angesehen wurden. und bringt den Wechsel, den Papschossel in benfalls eine Oberservation anzuordnen, Einen ersten öffentlichen Auftritt hatte seiner Weste aufbewahrt, an sich. Das Stück da dieser Verein „des tendances démocra- die Gym 1852 mit De Prënz Carnaval an endet in Wohlgefallen, indem Papschossel tiques“ aufweise, auf suspekte Zeitschriften de Prënz Faaschtdeg10, eine Satire auf Adel als Betrüger bloßgestellt und der Lächer- wie Das Jahrhundert und L’Echo universel, und Klerus gleichermaßen, die auf allen öf- lichkeit preisgegeben wird, während dem journal de la Haye abonniert sei und dort fentlichen Plätzen der Stadt aufgeführt wur- Happy-End des jungen Paares nichts mehr ein Geist herrsche, „qui […] pourrait la rend- de und große Begeisterung beim Publikum im Wege steht. re dangereuse pour la sûreté et pour l’ordre hervorrief. Im Gegensatz zu den üblichen, Das Sensationelle an dem Stück ist we- publics.“ von Wanderbühnen in Luxemburg gezeig- niger der Inhalt, als die Tatsache, dass es in ten Stücken, war dieses Stück in Gemein- luxemburgischer Sprache geschrieben ist. In schaftsarbeit entstanden. „Si nous sommes einer Geste vorgetäuschter Bescheidenheit, bien informés“, schreibt Felix Thyes, „tous so als ob sich die Darsteller dafür entschul- les membres y ont apporté leur quote-part digen oder rechtfertigen müssten, tritt Marrĕ d’idées et d’entrain; c’est un pique-nique lit- zum Schluss auf das Proscenium und wendet téraire où chacun a fourni son trait, son bon sich an die Zuschauer mit den Worten: mot, son couplet ou sa pointe“.11 So wurde denn auch die Aufführung des Koméidistécks De Scholtscheîn, die in Ze scharef kritizĕert nét den Händen der Gesangsektion der Gym lag, Dât ĕscht Stéck, wât zu Letzeburéch erwartungsgemäß ein großer Erfolg. Regie Op onnst Dêitsch opgefĕert gét. führten Michel Lentz und Nicolas Martha. Huelt ons alt nét ze strèng erduréch. Auf der Bühne standen ausschließlich Her- ren, und zwar Victor Hoffmann, Jean Pierre Mè hâ’ dîr flêicht èng Gretz Plesĕer – Küntgen, Franz und Albert Poncin. Weibli- Ewĕ mîr et ze hoffe wo’n – chen Schauspielerinnen war zu diesem Zeit- Dan as et nét fir d’lèschte Kĕer, punkt noch der Zutritt zur Bühne verwehrt. Das mîr îech gudden Owent so’n.12 Die Handlung des Stücks ist nicht sonderlich kompliziert. Vom Genre her handelt es sich um ein Heiratsanbahnungsstück. Die Mutter

50 Nach der gelungenen Premiere des ein bescheidenes Nationalgefühl „un véri- in demselben Jahr gingen De Koséng oder Scholtscheîn wurde im Cercle zünftig mit table petit bonheur national“ verspürt, wo- Schwârz oder Blont und D’Mumm Se’s oder Kalbsbraten, Salat und Nachtisch gefeiert. für er dankbar sei. Besonders der Gebrauch De Gêscht über die Bühne des Cercle, ein Auf einem Stuhl soll Dicks von vier kräfti- des Luxemburgischen habe ihn tief berührt: Jahr später D’Kirmesgäscht. Dann wurde gen jungen Männern des Turnvereins im Tri- „J’étais ému et heureux de l’entendre à côté es still um Dicks und die Gym. Beruflicher umph durch den Saal getragen worden sein. de la coquette et brillante langue française Misserfolg mit seiner Weberei in Remich In der Presse überschlugen sich die Re- et de la voir se produire avec tant d’aisance, und unerquickliche Erfahrungen als Lo- zensenten mit Lob. „Le 25 février sera un de facilité et de charme même. Damit habe kalpolitiker in Stadtbredimus waren dem jour mémorable dans nos modestes annales Dicks der jungen Luxemburger Literatur zu Schreiben nicht gerade förderlich gewesen. littéraires“, hieß es am 1. März 1855 in La einem qualitativen Sprung verholfen. „M. de Erst sieben Jahre später trat er 1863 mit De Revue, Journal du Grand-Duché de Luxem- la Fontaine […] a fait faire un grand pas à no- Ramplassang wieder vor die literarische Öf- bourg. Insbesondere die Qualität und sprach- tre jeune littérature; un dialogue clair, léger fentlichkeit. 1869 aber, als das Stadttheater kreative Kraft des Luxemburgischen wurde et vif, une intrigue peut-être un peu simple eingeweiht wurde, hatte die Gym sich wieder hervorgehoben. „C’est que pour la première mais intéressant jusqu’au dernier moment, dem französisch- und deutschsprachigen Re- fois le Luxembourgeois s’est trouvé chez soi, des caractères bien soutenus et aussi natu- pertoiretheater zugewandt und organisierte Dicks, qui connaît si bien notre langue, qui rels que la langue, ce qui présentait la plus vor allem Bälle, so dass Batty Weber voller sait si bien la manier, la plier, sans jamais grande difficulté, le tout émaillé de spirituels Melancholie in seinem Abreißkalender vom porter atteinte à sa pureté, a su, dans cette couplets, de délicieuses chansons, ne laisse 17. Juli 1915 schreiben konnte: „Es waren pièce, charmer ses compatriotes. Expressions qu’une chose à désirer: c’est de voir l’auteur einmal drei Gesellschaften, die jede in ihrem proverbiales, bons mots, allusions fines, tout faire bientôt un nouvel appel à son talent mu- Schoß viele Mitglieder, aber in ihrem Namen y est admirablement appliqué“. Im Courrier sical et poétique.“ nur eine Silbe hatten. Es waren; die Schieß, du Grand-Duché schrieb Philipp Funck, er Diesem Wunsch kam Dicks entge- die Gym und die Schwemm. Alle drei dien- habe beim Verlassen des Saals etwas wie gen mit drei neuen Theaterstücken. Noch ten dem Sport. Die eine, die Gym, war eine Tochter des Völkerfrühlings von 1848. Sie verweichlichte, als der Frühling von damals Das Dicks-Lentz-Denkmal Ende der dreißiger Jahre ausgeblüht hatte, als die Jünglinge, die sie gegründet hatten, alte Herren mit Schmer- bäuchen wurden und keinen Klimmzug mehr riskieren durften.“13 Der Cercle aber blieb als Ort der Geselligkeit bestehen, bis auch er 1868 von Marguerite Faber zuerst gemietet, dann gekauft wurde und als Gasthaus „Beim Gréitchen“ eine neue Bestimmung bekam, um schließlich 1901 wieder in den Besitz der Stadt überzugehen und dem Neubau von Pierre und Paul Funck zu weichen.

Germaine Goetzinger

1 De Scholtscheîn. Komĕdĕstéck an èngem Ackt. Tèxt a Muséck fum Dicks. Letzeburéch 1856. Dazu: Goetzinger, Germaine/Müller, Roger/Sahl, Nicole/ Weber Josiane: Dicks. 1823-1891. Edmond de la Fontaine. Mersch 2009. 2 La quotidienne luxembourgeoise, 12 novembre 1855. 3 Der Wächter an der Sauer, 27. Mai 1857. 4 (La Fontaine, Edmond de): D’Vulleparlament am Gréngewald. 1848. 5 Tandel, Emile: Le Turnverein. In: L’Écho du Luxembourg, 8 mai 1856. 6 ANLux G-202. 7 Tandel, Emile: Le Turnverein. In: L’Écho du Luxembourg, 8 mai 1856. 8 Archives municipales LU11-IV/1,0185. 9 ANLux G 202. 10 (Kleyr, Jean-Michel): De Prenz Carnaval an de Prenz Faaschtdaag. E Bild no der Natur. Letzeburg (1852). 11 Thyes: Essai, p. 58. 12 Dicks: De Scholtscheîn, S. 32. 13 Edouard Kutter © Photothèque de la Ville de Luxembourg Luxemburger Zeitung, 17. Juli 1915.

51 CERCLE CITÉ

Am Puls der Stadt (Lantergässel) steht heute das soziokulturelle Cité mit der Stadtbibliothek, einem Restaurant und einem Auditorium. Die Wiedereröffnung des Cercle-Gebäudes Ende Dieses ist durch einen gläsernen Übergang mit dem April ist auch der Start des Cercle Cité-Komplexes mit früheren „Palais municipal“, allgemein als Cercle bekannt, einem neuen Konferenzzentrum und einer üppigen verbunden und soll wie in der Vergangenheit wieder ein Ausstellungsfläche. Anziehungspunkt und Aushängeschild der Hauptstadt Die Stadt Luxemburg hat die Agence luxembourgeoise sein. Der hundertjährige und architektonisch imposante d’action culturelle unter der Direktion von Jean Reitz Cercle erinnert auch heute noch an viele historische und mit der Verwaltung dieses Kultur- und Meetingraums festliche Ereignisse und ist vielen Luxemburgern ans Herz beauftragt. Koordinatorin Anouk Wies, die Cultural gewachsen. Management studiert und Erfahrungen in verschiedenen Der Cercle Cité-Komplex ist ebenfalls das Herzstück Kunstinstituten im In- und Ausland gesammelt hat, ist der Stadt. Als regelrechter Blickfang der Plëss soll er speziell für die Leitung des Cercle Cité eingestellt worden. deshalb auch zu deren Belebung beitragen und von Sie verwaltet die Tagungsräume und organisiert das den Bewohnern als „gute Stube“ bzw. als „Salon der Programm. Hauptstadt“ angesehen werden. Hausverwalter Nicolas Marx ist zuständig für die Künftig wird das Cercle Cité wieder in neuem Glanz Eventorganisation und den Kundenkontakt. erstrahlen, als Zentrum für kulturelle und zeremonielle An Stelle des früheren Ciné Cité in der rue Genistre Veranstaltungen des 21. Jahrhunderts.

An Stelle des früheren Ciné Cité in der rue Genistre (Lantergässel) steht heute das soziokulturelle Cité mit der Stadtbibliothek, einem Restaurant und einem Auditorium. Dieses ist durch einen gläsernen Übergang mit dem früheren „Palais municipal“, allgemein als Cercle bekannt, verbunden und soll wie in der Vergangenheit wieder ein Anziehungspunkt und Aushängeschild der Hauptstadt sein.

52 Ceci n’est pas un Cercle fermé Un lieu de travail et d’échange

Après plusieurs années d’inactivité due D’une part, le Cercle Cité offre ses aux travaux de modernisation et de res- espaces à la location pour des réceptions, tauration du bâtiment, le Cercle s'ouvre de congrès, cérémonies et assemblées, d’autre nouveau au public. part, il dynamise le centre ville en conviant Désormais relié au centre socioculturel les citoyens et visiteurs à devenir les acteurs Cité par une passerelle en verre, l’ensem- de l’animation et de faire de cet endroit leur ble Cercle Cité de la Ville de Luxembourg «palais», le nouveau rendez-vous de la ville, se positionne comme un lieu représentatif synonyme de récréation et de moments ex- de rencontres et d’animation culturelle au ceptionnels. cœur de la capitale. De par son histoire, sa multifonctionna- Si pour les festivités de l’ouverture, les lité et sa situation géographique centrale, journées portes ouvertes, le samedi 30 avril le Cercle Cité se positionne comme un car- et 1er mai 2011, permettent aux visiteurs de refour idéal pour tous les habitants de la découvrir les lieux, les démonstrations et cité, avec ses multiples facettes. prestations artistiques y présentées annon- cent également les activités à venir au Cer- Une plateforme de rencontre cle Cité: expositions temporaires, musique et de découverte et danse, mise en avant de la création et du savoir-faire locaux, soirées thématiques, Afin de resserrer les liens entre la ville rendez-vous sociaux, activités pour en- et ses habitants, la programmation cultu- fants, workshops, manifestations touchant relle tourne autour de questions concer- à des domaines aussi variés que la littéra- nant la vie urbaine. ture, les sciences, l’histoire, l’urbanisme et la vie urbaine. Pour la programmation, plusieurs axes Incontournable pôle d’attraction sur d’approches sont donnés: la place d’Armes, en tant que Salon de la - accueil de manifestations variées; ville, le Cercle Cité invite à voir, à être vu, à - événements en partenariat; s’échanger, à réfléchir, à partager, à rêver, à - activités sociales; travailler et à se divertir. - expositions et commandes d’œuvres d’art. Entrez dans le Cercle Un Centre de conférences Le Cercle Cité fait preuve d’une grande polyvalence et propose plusieurs fonction- L’amphithéâtre au Cité, inauguré en nalités qui sont par ailleurs soulignées par janvier 2010, se présente comme une salle les différents accès au bâtiment. confortable pour des conférences, des dis- De part et d’autre de l’entrée principa- cussions, des lectures ou des concerts. Cet le, qui part de la Plëss et mène par le grand amphithéâtre complète les salles de réu- escalier au Bel-Etage où se trouvent les sa- nions et l'auditorium Henri Beck situés au lons de représentation, il existe deux autres 5e étage du Cercle. entrées au Cercle: L’entrée rue Genistre (Lantergässel) Partenariats ouvre sur les ascenseurs qui montent au cinquième étage, au Centre de conférences Un des objectifs consiste à créer des avec ses salles de réunions; l’entrée rue du synergies avec d'autres institutions de la Curé (Paschtoueschgaass) donne sur l’es- Ville, telles la bibliothèque, le LCTO, le pace d’exposition. CAPEL et les musées ou d’autres centres de Le Cercle héberge par ailleurs deux ressources comme l’Université du Luxem- autres espaces d’accueil avec pignon sur bourg, l’ALIAI, l'Institut Pierre Werner ou le rue et sur la Place: la vitrine de l’Union Mudam. commerciale et le Bureau de l’enfance et de Le Cercle Cité, en coproduction avec la jeunesse, opéré par le CAPEL. la Ville et la Fondation de l’architecture Une autre entrée au Cité mène à la Ci- et de l'ingénierie, propose notamment un té-Bibliothèque, ainsi qu’à un restaurant si- cycle de tables rondes, les Stadgespréich/ tué au premier étage. Cette entrée permet Citytalks, auxquelles le public est invité également d’emprunter la passerelle reliant pour discuter de différents thèmes concer- la partie contemporaine à son pendant his- nant l’urbanisme. torique. imedia

53 Le Ratskeller et la galerie d’art Durant les mois d’été, et pour renouer 10h30: Erzéiung, eng faarweg Saach. avec la tradition, la Photothèque organise Wäerter, Grenzen an Kommunikatioun Plusieurs grandes expositions (durée une exposition thématique au Ratskeller. an der Erzéiung avec Jeannine Schumann, de 2 à 3 mois) sont programmées au Rats- Cette année, elle sera dédiée au photogra- éducatrice graduée et coordinatrice de keller. Aux sujets variés, elles vont notam- phe, artiste, éditeur et galeriste Edouard l'Ecole des Parents Janusz Korczak ment traiter de l’actualité, de la vie locale et Kutter, une centaine de photos couleurs (Kannerschlass). urbaine, de la culture d'ici et de l’influence et noir et blanc des années cinquante et 11h30: Web 2.0 - Wie begleite ich mein d’ailleurs. soixante y sera présentée. A cette occasion Kind? Angemessene elterliche Kontrolle, Dans le cadre de la réouverture du Cer- la Photothèque de la Ville de Luxembourg Filter und anderes Wissenswertes cle, une exposition est présentée au public présente son nouvel ouvrage «Trésors de la Par Georges Knell, BEE Secure dans l’ancien Ratskeller. Photothèque - Edouard Kutter». (Service National de la Jeunesse) «Si le Cercle pouvait parler» montre Dans le cadre du centenaire de la nais- Pour plus d'informations: Claude Faber une trentaine de photographies retraçant sance du peintre luxembourgeois Joseph Tél.: 4796 - 4660 / E-mail: [email protected]. les grands moments du lieu, des documents Probst, une exposition pourra être visitée de la Photothèque municipale et des Archi- du 19 novembre 2011 au 29 janvier 2012. 10 mai: ves de la Ville. Un documentaire, réalisé Pendant la même période, un deuxième From engineering to poetry? How to par la cinéaste Cathy Richard, sur l’histoire volet de cette exposition est montré en bring a good idea to life (Prof. Dipl.-Ing. mouvementée du Cercle y est également partenariat au Musée national d’histoire et Andreas Schulz). diffusé. d’art. Une introduction dans la nouvelle tech- nique LED par Armin Reichert dans le cadre du cycle de conférences organisé par Aperçu des manifestations à venir Evénements l’ALIAI.

En mai 2011, la dixième édition du prix 7 mai: 11 mai: international d’art contemporain Robert Salon de l’éducation (CAPEL) Penser l’Europe Schuman aura lieu pendant la première La Ville de Luxembourg invite les parents Dans le cadre du cycle de conférences grande exposition, présentée au Ratskel- et les professionnels des secteurs ensei- organisé par l’Institut Pierre Werner. ler et dans une grande partie du bâtiment gnant et éducatif à son Salon de l’édu- du Cercle rénové. Ce prix est remis tous les cation le samedi 7 mai 2011, de 10h00 à 25 mai: deux ans par les villes de Metz, Trèves, Sar- 16h00. Entrée libre. 18h00: CeCiL’s Afterwork Round 6: rebruck et Luxembourg et met en avant les A cette occasion, les différents acteurs de DJ Kustonbeater Eurosound oeuvres de seize artistes de la Grande-Ré- l’éducation et du périscolaire, commente- gion. Le lauréat, nommé par un jury inter- ront leurs rôles dans l’école publique de la 25 mai: national, sera annoncé dès l’ouverture de Ville ainsi que l’actualité de leurs program- 20h00: European Soirée. Dans le cadre de l’exposition. Pour plus de renseignements: mes. Présentations thématiques, suivies la conférence Transatlantic dialogue orga- www.prix-schuman.eu d’un débat en public: nisée par l’Université du Luxembourg. http://transatlanticdialogue.uni.lu/2011/ Information & Inscription avant le 20 mai: [email protected] Rut Blees, Black Sunrise (2010) Philipp Neumann, Selbstportrait (2010)

54 31 mai: 16 juin: Rendez-vous sociaux Spektakuläres Konstruieren mit Holz Stadgespréich: Wunnen. Table ronde (Dipl. Bauingenieur Hermann Blumer, sur l’urbanisme, suivie du lancement Chaque dernier mercredi du mois, le ETH Zürich /SIA) du Festival de l’architecture. Cercle Cité invite dès 18h00 tous les inté- Konferenz im Rahmen des internationalen Dans le cadre du cycle de conférences ressés à un afterwork culturel au cœur de la Jahres der Wälder durch die UNO, débat sur l’actualité urbanistique à Luxem- ville. Le temps d’un apéritif, venez partager organisiert von der ALIAI. bourg, la Ville de Luxembourg et le Cercle- un moment convivial et assister à des créa- Cité, en coproduction avec la Fondation tions originales, visuelles et sonores. 7 juin: de l’Architecture et de l’Ingénierie, invitent Luc Marteling. Vorstellung des Buches le public à participer à la discussion. «Round 6-CeCiL's Afterwork»: Luxemburg in der Welt. Eine Veranstaltung der Cité-Bibliothèque. 29 juin: 25 mai: DJ Kustonbeater "EUROSOUND" 18h00: CeCiL’s Afterwork Round 6: 14 juin: Afterwork drumming by Sven Kiefer - 29 juin: Afterwork drumming by Sven Kiefer - Bahiyyih Nakhjavani au Luxembourg. Solo Percussion. Solo Percussion L'auteur présente son livre La femme qui lisait trop. Lecture organisée par la Cité- 27 juillet: Sascha Ley & Nataša Gehl - Bibliothèque. „BeyonD“ - Voice & Accordion

Von links nach rechts: Nicolas Marx, Management Gebäude und Events, Anouk Wies, Leitung Cercle Cité, Patrice Ressel, Assistenz Gebäude und Events und Tania Neves, Verwaltungsassistenz

Edouard Kutter Joseph Probst

Expositions

«Si le Cercle pouvait parler». Exposition de la Photothèque Regard sur le riche passé de l’ancien palais Edouard Kutter municipal à l’occasion de la réouverture du Du 16 juillet au 7 novembre 2011. Cercle. Du 30 avril au 8 mai 2011. Exposition de peintures Joseph Probst Prix d’art Robert Schuman Du 19 novembre 2011 au 29 janvier 2012. Du 20 mai au 10 juillet 2011.

Entrée libre. Ouvert tous les jours de 11h00 à 19h00.

55 Willy Brandt im Cercle am 4. Mai 1992

Am 4. Mai 1992 hielt der frühere Inbegriff des Freiheitswillens dieser Stadt. deutsche Bundeskanzler Willy Brandt sei- Als deutscher Außenminister und Bundes- ne letzte große Rede im Saal des Cercle, kanzler von 1966 bis 1974 gestaltete er die und zwar über die Architektur Europas, ein Friedenspolitik seines Landes, um Brücken nach den Ereignissen von 1989-1990 be- zwischen Ost und West zu schlagen und sonders aktuelles Thema. Willy Brandt hielt die Aussöhnung mit den vom Naziregim sich in Luxemburg auf Einladung des LSAP- geschundenen Völkern zu vollenden. Sein Präsidenten Ben Fayot auf. Er traf während Kniefall vor dem Ehrenmal des Warschauer seines Aufenthalts Großherzog Jean, Pre- Ghettos am 7. Dezember 1970 bleibt in der mierminister Jacques Santer, Außenminis- Erinnerung als eine der ergreifendsten Ges- ter Jacques Poos sowie die Parteiführung ten eines Politikers überhaupt. der LSAP. Von 1976 an bis zu seinem Tode am Der am 18. März 1913 in Lübeck ge- 8. Oktober 1992 war Willy Brandt ein in borene Politiker war in der Nazizeit ein der ganzen Welt geachteter Präsident der kompromissloser Gegner des Faschismus. Sozialistischen Internationale. Als Regierender Bürgermeister des geteil- ten Berlin in den sechziger Jahren galt er als B.F.

56 der Mëtt huet een e jonkt Meedche gesinn; Den Aly an de Benn eent an engem Trench, mat laange blonden Hoer a mat enger Schoulmapp am Grapp. Siechzéng Joer misst et gehat hunn. Op den éischte Bléck wousst hien, Et kënnt vir, datt de Benn sengem Aly spéider an hir Partei gelackelt hunn; de wien et wier, wien dat deemools war: Brudder Aly op en Hoer begéint oder, bes- Cerkel als Sprangbriet fir an d‘Politik, bei d’Wilma vun doheem, wéi et op de Bus fir ser gesot, datt en dee vu wäitem gesäit. De verschiddene Leit geet alles. an de Lycée gaangen ass. Dat Wilma, dat Benn hofft dann, an e riicht et och sou an, Him, dem Benn, seng fréist Erënne- bei hinnen zwéin an der Klass war, mat datt hie sengersäits net vum Brudder gesi rungen un d‘Gebai nieft der Plëss, si ganz deem hien deen éischten Danz an sengem gëtt. anerer. Hie mengt, ‘t wier réischt gëschter Liewe gedanzt huet, dat hien sou gären als Eigentlech huet säin Zwillingsbrudder gewiescht, datt en ënnen op den Toiletten Frëndin, als Freiesch gehat hätt, dat den him näischt ze leeds gedoen. Dee gehéiert eng éischte Kéier an sengem Liewen huet Aly him awer wechgebotzt huet, aus purer eeben zu de Gewënner am Liewen, an hie misse bezuelen, fir dierfe pissen ze goen. Expressegkeet. selwer ze deenen, déi de Schwaarze Péiter A wéi en sech, och fir d’éischt an sengem Den Aly huet d’Wilma awer och net gezunn hunn an nach ëmmer zéien. Neen, Liewen, op der Wo, déi an der hallwer Kel- kritt, dat schwéierräicht Baueremeedche den Aly huet him näischt Konkretes gedo- lertrap stoung, fir e Frang wollt weien, du goung spéider op eng Schwäizer Uni, soll en; bis op eng Kéier allerdéngs, an déi ass war um Ticket, wou säi Gewiicht hätt misse haut am Frankräich liewen, mat engem Ira- duergaangen. Sou duergaangen, datt hien, stoen, soss näischt wéi e grousse schwaar- ner bestuet sinn an e puer Kanner hunn. de Benn, mat 40 Joer bei de Strummerte ge- zen Tëntefleck. Mä de grousse Brudder huet deem klenge lant ass, mä datt hien, den Aly, doru schold Soll den Aly och ageluede sinn, fir fën- Brudder deemools gewisen, wien ze ku- wier, dat géif deen souwisou gleewen oder nef Auer op de Vernissage? Hie wëllt him schen hätt. unhuelen. Fir den Aly, dat weess de Benn, net begéinen. Virun zwee Joer, wéi se op „Dat war den Ufank“, hätt e bei där ass hien e Loser, ëmmer gewiescht, do den ale Fotoen d’Stroosseliewen aus de Foto gären zum Aly gesot. „Du hues mer kann een näischt maachen. ‘t ass schonn 70er gewisen hunn, du hätt de Brudder d’Wilma begaachelt, an och duerno hues dermat ugaangen, wéi si zwéin op d’Welt missen hanner him stoen; där Deeg een, de mer alles vreckt gemaach.“ koumen: Natierlech gouf den Aly als éisch- nom Vernissage, wéi hie bal leng am Hall Dat kéint en him och haut nach soen; te gebuer; gouf, blouf fir ëmmer deen Eels- getrëppelt ass, vu Foto zu Foto. De Ge- wann e wierklech kënnt, lo, ëm fënnef ten, dee Groussen, dee Verstännegen, dee mengebeamten, deen dobannen oppasst, Auer, wann de Vernissage mat de Brécken Gescheitsten; och wann den Ënnerscheed kennt hien, dee geheit hien net raus. Hien ass. Mä méi wéi sécher géif de Brudder hie tëschent den zwou Gebuerte keng zwan- deet jo och kengem eppes a geheit näischt vun ënne bis uewe bekucken, him de Réck zeg Minutte waren. ëm. Muer oder iwwermuer geet hien och dréien an sech e Glas Schampes fëschen. Mat 40 Joer souz den Aly an der Cham- déi nei Ausstellung iwwer déi méi wéi 100 An iergendsou en Oppassert géif hien, den ber, an an den Zeitunge steet ze liesen, datt Brécken aus der Stad kucken. ongebiedene Strummert, virun d’Dier set- hie lo massiv Chancen hätt, fir Minister ze Virun zwee Joer stoung hie virun en- zen. ginn. Als Affekot ass dat jo net schwéier. ger Foto aus der Monterey-Avenue. Hin an Da gëtt e vläicht Justizminister a suergt fir hier sinn d’Leit um Bild gelaf, a matzen an Josy Braun Gerechtegkeet; oder Familljeminister, mat senger Modell-Véier Kanner-Famill. Lo am August kéinten si zesummen hir 55 Joer feieren; kéinten. De Benn sëtzt op der Trap vum Kiosk op der Plëss. Hei ass an der gudder Saison ëmmer eppes lass, an ’t gesäit ee Leit aus aller Häre Länner. ’t gesäit een och, wien an de Cerkel rageet, wann do nees eng Mani- festatioun, Versammlung oder Receptioun ass. Ganz dacks ass dann och säi grous- se Brudder um Dill, am schwaarze Kos- tüm oder souguer am Frack; a ganz dacks huet en seng Fra bei sech. Lo ëm fënnef Auer ass de Vernissage vun enger Fotos- ausstellung vun der Gemeng. Se maache fir de Summer ëmmer sou eng Ausstellung mat ale Fotoen. Wa Concert um Kiosk ass, da muss een als Strummert natierlech réckelen. Da kënnt et vir, datt hie mat Kollegen ënnerem Balcon vum Cerkel un der Fläsch ze suckele sëtzt. Do léisst et sech souguer aushalen, wann et reent. Mä an sou Momenter wéilt hien dem Brudder net an d’Gräpp lafen. Deen hat scho mat 20 Joer e grous- sen Optrëtt dohannen am Cerkel. Och dat stoung deemools an den Zeitungen; wéi hien e modernt Theaterstéck fir eng een- zeg Persoun gespillt huet. Et solle Politiker

an der Virstellung gewiescht sinn, déi den Pol Aschman © Photothèque de la Ville de Luxembourg

57 Was bedeuten Universität in Berlin studierte er Theologie lie seine Pläne, nach Übersee auszuwandern, und Diplomatik und promovierte 1915 mit abgelehnt hatte, beginnt er eine für ihn frus- einer Arbeit über die „Geschichte der Grund- trierenden Karriere als Verwaltungsbeam- die Straßennamen herrschaft Echternach“. 1921 erhielt er eine ter. Zwei Jahre später wird er mit 25 Jahren Ernennung in die Pfarrei Hamm, von der Stenograph der Abgeordnetenkammer, ein der Stadt? er sich aber 1930 beurlauben ließ, um seine Amt, das er von 1885 bis 1929 bekleidet. wissenschaftlichen Forschungen über Ech- 1893 demissioniert er als „commis première ternach vertiefen zu können. Ein Jahr später classe“, um genügend Freiraum für seine jour- wurde er Dozent für luxemburgische und nalistischen Tätigkeiten zu haben. Während westeuropäische Geschichte an der Univer- rund dreißig Jahren ist er Chefredakteur der sität Bonn, wo er 22 Semester lang lehrte. In Luxemburger Zeitung und Mitarbeiter der den fünf Jahren vor dem Ausbruch des Zwei- Obermosel-Zeitung. Seinen Beruf als Kam- Walram (Rue) ten Weltkrieges erschienen die vier ersten merstenograph behält er bei, ergänzt ihn Im Stadtviertel Merl-Belair gelegen, führt Bände seiner „Urkunden- und Quellenbü- sogar ab 1896 als Stenograph des Gemeinde- die Rue Walram in der Verlängerung von cher zur Geschichte der altluxemburgischen rates der Stadt Luxemburg, dessen Sitzungs- der Rue d’Oradour von der Avenue du X Territorien“. Um seine Haltung gegen das berichte er während 32 Jahren verfasst. Septembre zur Rue Auguste Neyen. Auf- nationalsozialistische Regime und die Beset- Neben diesen administrativen und journa- grund eines Schöffenratsbeschlusses vom zung Luxemburgs deutlich zu machen, lehn- listischen Tätigkeiten veröffentlicht er zahl- 13. Mai 1935 trägt sie den Namen Walrams te Wampach 1941 einen Preis der Görres- reiche Romane („Fenn Kass, Roman eines IV. von Limburg, der 1214 als zweiter Gatte Gesellschaft ab, einer Vereinigung, die 1876 Erlösten“, Neuauflage CNL 2001), Gedichte der Gräfin Ermesinde Graf von Luxemburg von katholischen Forschern und Publizisten („Dem Jabo seng Kap“, 1918), Erzählungen wurde. Walram beteiligte sich mit seinem gegründet worden und unter dem National- („Bella Ghitta“ 1889; „Novellen“, 1940) Vater am dritten Kreuzzug, der von 1189 bis sozialismus propagandistisch gesteuert war. Theaterstücke („De Schéifer vun Aasselbur“, 1192 unter der hochkarätigen Leitung von Daraufhin ward ihm seine Professur in Bonn 1897; „Aarme Pierrot“, 1911; „D’Wonner Kaiser Friedrich Barbarossa, König Richard entzogen, und Wampach lebte eher schlecht vu Spéisbech“, 1915 – mit der Musik von Löwenherz von England und Philipp II. als recht als Hilfsgeistlicher in Echternach. Fernand Mertens), Reiseberichte und Essays. von Frankreich Jerusalem von den Arabern Umso bitterer war die Erfahrung, die er 1945 Diese zeitintensiven Tätigkeiten – Weber befreien sollte. Die Kreuzritter mussten sich machen musste: Als er sich um die Stelle des selbst spricht von Zwölf-Stunden-Tagen nur aber mit der Küstenstadt Akkon begnügen, Direktors des Nationalarchivs bewarb, wurde für seine „Brotberufe“ – scheinen ihn nicht und Jerusalem blieb verloren. Vier Jahre spä- seine Bewerbung von dem Minister, der für ausgelastet zu haben: „.. denn mit allerhand ter beteiligte sich Walram an der Rebellion die Epuration zuständig war, abgelehnt, weil Reisen war immer meine Freizeit ausgefüllt. der Reichsfürsten gegen den Plan Heinrichs Wampach seine Beziehungen zu deutschen Wenn nicht geradelt wurde, wurde gewandert, VI., das Wahlkönigtum in ein Erbkönigtum Wissenschaftlern vorgeworfen wurden. Zwei gerudert und gefischt“. zu verwandeln. Der erbitterte Widerstand Monate später beauftragte die Regierung – Am bekanntesten ist Batty Weber aber für zahlreicher Reichsfürsten brachte diesen Plan ein Trostpflaster, das ihm aber immerhin eine seinen „Abreißkalender“. Vom 25. Septem- zum Scheitern, führte aber – ungewollt – zum angemessene Besoldung sicherte – ihn mit ber 1913 bis zum 17. Dezember 1940 ver- deutschen Thronstreit. 1198 kam es zu einer der Aufsicht über das Regierungsarchiv, und öffentlichte er täglich in der Luxemburger Doppelwahl: Sowohl der Staufer Philipp auch die Universität Bonn erneuerte seine Zeitung Glossen, in denen er 7 055 Mal die von Schwaben als auch der Welfe Otto IV. Honorarprofessur. Allerdings widmete sich Luxemburger Aktualität kommentierte, was wurden zum deutschen König ausgerufen. Wampach von dem Moment an vor allem der ihn – so Joseph Tockert – zum „kulturellen In der Schlacht bei Wassenberg (1206), an Quellenforschung und der Veröffentlichung Gewissen der Nation“ machte. „Er hat,“ so der auch Walram teilnahm, wurde das wel- von sechs weiteren Bänden seiner „Urkun- Tockert, „nach dem Vorbild seines Meisters fische Heer geschlagen. 1214 heiratete Wal- den- und Quellenbücher“. Dieses Werk von Dicks, das ganze Land zu volkskundlichem ram von Limburg in zweiter Ehe die luxem- unschätzbarem Wert betrifft die Zeitspanne und landestümlichem Bewusstsein zusammen- burgische Gräfin Ermesinde, mit der er vier von siebten bis zum sechzehnten Jahrhun- geschweißt, es auf höherer Ebene denken und Kinder hatte, und wurde so zum Grafen von dert. Unveröffentlicht sind allerdings die fühlen gelernt“. Luxemburg. Im gleichen Jahr beteiligte er Manuskripte, welche die Periode von 1313 In zweiter Ehe heiratet Batty Weber 1903 die sich an der Schlacht von Bouvines, und drei bis 1400 betreffen. Denn nach einer harm- Schriftstellerin, Übersetzerin und Frauen- Jahre später nahm er am fünften Kreuzzug losen Operation stirbt Camille Wampach rechtlerin Emma Brugmann (1877-1964), teil (1217-18). Als sein Vater Heinrich III. im unerwartet am 7. August 1958. die ihren Mann um fast ein Vierteljahrhun- Jahre 1221 starb, wurde Walram auch Herzog dert überlebt. Batty Weber stirbt am 15. von Limburg und Graf von Arlon. 1226 starb Dezember 1940 in Luxemburg. Walram IV., Graf von Luxemburg, Herzog Seit 1987 trägt der jährlich verliehene luxem- von Limburg-Arlon nach einem kampfinten- Weber (Rue Batty) burgische Nationalpreis für Literatur seinen siven und abenteuerlichen Leben. Sein Erbe Im oberen Teil des Stadtviertels Limpertsberg Namen. Zahlreiche Texte von Batty Weber Heinrich V. war beim Tod seines Vaters erst verbindet die Rue Batty Weber die Avenue wurden im Laufe der Jahre auch in ons stad fünf Jahre alt. Pasteur mit der Avenue de la Fayencerie. Der veröffentlicht (onsstad.vdl.lu). luxemburgische Schriftsteller, Journalist, Feuilletonist und Publizist, dessen Namen Fanny Beck sie auf Grund eines Gemeinderatsbeschlus- Wampach (Rue Camille) ses vom 29. Dezember 1945 trägt, kommt Im Bonneweger Viertel Kaltreis erstreckt sich am 25. November 1860 in Rümelingen zur Quellen: die Rue Camille Wampach halbkreisförmig Welt. Getauft auf den Namen Jean-Baptiste, - Otto Reinhard Redlich: Walram III., Herzog von Limburg. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 40, zwischen der Rue Michel Gehrend und dem geht er als Batty Weber in die Luxemburger Duncker & Humblot, Leipzig 1896, S. 774 f.; Boulevard Kaltreis. Benannt ist sie durch Literaturgeschichte ein. Ab und zu verwen- - http://de.wikipedia.org/wiki/Walram_IV._(Limburg); einen Schöffenratsbeschluss vom 21. Febru- det er außerdem Pseudonyme wie z.B. Ewald - Luxemburger Lexikon / Das Großherzogtum von A-Z. Editions Binsfeld, Luxemburg 2006; ar 1983 nach dem Theologen und Historiker Günther oder Hary Rodemol. Da sein Vater - Camille Wampach: Jean Malget in „Biographisches- Camille Wampach, der 1884 in Esch geboren Lehrer ist, muss die Familie öfters umziehen. Bibliographisches Kirchenlexikon“ Band 13. Verlag Traugott wurde und 1958 in Luxemburg starb. Nach So lernt der kleine Batty das Leben in Süden Bautz, Herzberg 1996. http://de.wikipedia.org/wiki/Henri- Camille_Wampach; seinen Sekundarstudien am Athenäum und des Landes, aber auch in der Moselgegend - Batty Weber: www.cnl.lu; seinen Theologiestudien am hiesigen Pries- kennen. Nach seinem Abitur beginnt er ein - Sylvie Kremer-Schmit, Zum 50. Todestag von Batty Weber, in: ons stad, Nr. 35, Dezember 1996; terseminar wurde Camille Wampach 1908 Philologiestudium in Berlin und Bonn, das - Hilgert, Romain: 7 055 altbackene Betrachtungen über Gott zum Priester geweiht. An der Humboldt- ihm aber wenig zusagt. Nachdem seine Fami- und die Welt, in: D'Lëtzebuerger Land vom 2. August 2002.

58 Batty Weber und der Cercle Der Stadtpalast in seinen „Abreißkalendern“

Was Wunder also, dass auch der sich, und ihre Schwester sei eine königliche hauptstädtische Cercle mit all seinen viel- Frau. Sie sind beide groß und blond, nicht fältigen Veranstaltungen dem fleißigen zu schlank und nicht zu stark, ganz genau Chronisten durch die Jahre oft und gerne wie ich sein möchte, wenn ich groß und ein Thema war. blond wäre. (…)“ Wenn im Cercle eng Kaz geschleeft gouf, stand es in der Regel tags darauf in Gëlle Fra der „Luxemburger Zeitung“. So verglich er als eingefleischter Libe- Und als am 6. Oktober 1920 im Cerc- raler zum Beispiel – unter dem weiblichen le die nicht preisgekrönten Entwürfe zum Pseudonym Dutz – in einem offenen Brief Denkmal für die Luxemburger Legionäre an seine imaginäre Freundin Butz am 8. Fe- (Gëlle Fra) ausgestellt waren, vermerkte bruar 1919 den Französischen Regiments- der Abreißkalendermann tags darauf: „Im ball im Cercle leicht ironisch wie folgt mit Ernst: Die Künstler und sogar die Stümper, der „Soirée beim Prince und der Princesse die sich am Wettbewerb beteiligt, aber de Ligne“: „Gegen den Französischen Re- vor den Augen der Jury keine Gnade ge- gimentsball (…) war die Soirée (…) ein Fa- funden haben, hätten eine Belohnung für milienfest, freilich ein Familienfest großen ihre Mühe verdient. Jeder Künstler schafft Stils, sagt unser Bob. Du weißt ja, Butz, ich im Hinblick auf die Anerkennung, die ihm bin durch und durch Demokratin, Du hast zuteil werden soll. Findet er keine Anerken- neben mir gestanden, wie ich am 9. Januar nung, so bleibt ihm die Kritik als Genugtu- vor der Kammer Vive la République, à bas ung. Lieber wird er heruntergerissen, dass la Grande-Duchesse! gerufen habe. Aber die Fetzen fliegen, als dass er totgeschwie- ich muss dir sagen, es macht einem doch gen wird. (…) Was ich für die Durchgefal- etwas aus, wenn ein authentischer, histo- lenen vorschlage, ist dies: Die Jury soll über rischer Prinz einem die Hand drückt, einen jede Arbeit ein knappes, kurz begründetes mit zwei blanken Zahnreihen anlächelt und Urteil abgeben, das veröffentlicht würde. Während siebenundzwanzig einem mit allen Zeichen der Aufrichtigkeit Die Berufskritik geht bei Ausstellungen Jahren, von 1913 bis zu seinem versichert, er freue sich ganz besonders, ja auch auf zahllose Einzelwerke ein, und Todesjahr 1940, verfasste der dass man gekommen sei. Er hat mich auch warum sollen hier die beteiligten Künstler der Prinzessin vorgestellt. Alle fanden sie nicht erfahren, welche Stelle sie in der Be- Schriftsteller und Journalist entzückend, unser Bob sagt, sie habe so urteilung des Preisgerichtes eingenommen Batty Weber Tag für Tag in der eine majestätische Liebenswürdigkeit an haben?“ „Luxemburger Zeitung“ ein kleines Feuilleton, den legendären „Abreißkalender“. Verleger Schroell, der damalige Besitzer der Zeitung, hatte gewettet, Weber würde diese Herausforderung nicht länger als ein Jahr durchhalten. Er sollte sich gewaltig irren, wie Joseph Tockert 1950, zehn Jahre nach Batty Webers Tod, vermerkte: „Der Verfasser hat in diesen langen Jahren gerade durch den ‚Abreißkalender‘ seine Landsleute künstlerisch erzogen wie niemand vor ihm.“

Batty Weber (der junge Mann mit dem Fahrrad) als Mitglied des Veloce-Club Luxemburg (um 1885)

59 Batty Weber und der Cercle

Der Cercle als Spritzenhaus Die Tremont-Ausstellung von 1921 ‚Und außerdem‘, fuhr Gust fort,‘ ich male jetzt Tiere, weil man die nackig ma- Batty Weber war bestimmt kein Geg- Fünf Monate später, am 4. Oktober len darf, ohne als Pornograph mit dem ner der Feuerwehr, aber am 12. Mai 1921 1921, fand der Chronist anlässlich der Aus- Pinsel verschrien zu werden. Die prüdeste platzte ihm doch der Kragen, als in der stellung des damals 29-jährigen Luxembur- alte Jungfer, die über den Reichsadler auf Vorhalle des Cercle, am Fuß der Galatrep- ger Künstlers Auguste Tremont im Cercle einer Mannesbrust Schreie des Entsetzens pe, „allerlei Fahrzeug mit Löschgerät sich wieder versöhnlichere Worte über die – wie ausstoßen würde, hängt sich ruhig das Bild breit machte“. Das ging dem Chronisten zu man heute sagen würde – Events im Stadt- eines flirtenden Löwenpaares im Paradies weit: „Kein Bauer wird seine Pflüge in sei- palast: „‘Und warum hast du das Men- in ihre gute Stube. Und weil ich es müde ner guten Stube unterstellen. Unser Cercle schenmalen aufgegeben und dich ganz war, Kleiderstoffe zu malen, aus denen da ist unsere gute Stube. Die besten Architek- dem Tierreich zugewandt?‘, fragte ich Gust und dort ein paar Zoll Haut herausgucken, ten haben die Köpfe zusammengesteckt, Tremont, der in der Ausstellung im Cercle weil ich Geschmeidigkeit, paradiesische um ihrer Vaterstadt würdige und vornehme mit Löwen, Tigern und Panthern glänzt. ‚O Ursprünglichkeit und Unverhülltheit in ih- Repräsentationsräume zu schaffen. Dar- vreck,‘ sagte er. ‚Menschen malen! Lieber ren unsäglich schönen Linien malen wollte, aus wurde der Neue Cercle, auf den jeder wäre ich Tapezierer und Anstreicher gewor- und weil nackte Menschen von den From- Luxemburger stolz ist. (…) Aber die Stadt den. Man könnte einen so herrlich malen, men perhorresziert werden und außerdem weiß mit dieser Kostbarkeit nichts anzu- wie man wollte, aus dem hässlichsten und als Modelle zu teuer sind, deshalb male ich fangen. (…) Im Krieg musste der Cercle dümmsten Kerl einen Adonis und Picus von heute Tiere.‘“ als Mehl- und Erbsenmagazin herhalten. Mirandola machen, er rümpfte die Nase Das ließ sich einigermaßen entschuldigen. und sagte, es sei ja im Ganzen nicht übel, Militärkapelle Aber wenn jetzt der Cercle als Spritzenhaus aber es gehe doch nichts über die Photo- gerade gut genug sein soll, so fahre der graphie. Doch meine Löwen und Tiger, die Am 1. Oktober 1924 ärgert sich Batty Henker drein. Es sind schon aus geringeren sehen sich ihre Bilder an wie Kenner und Weber in seiner Chronik über die tumben Anlässen Revolutionen entstanden.“ Philosophen, und noch keinem ist es einge- Luxemburger Sonntage: „Als Mittel zur fallen, sich über Unähnlichkeit zu beklagen Bekämpfung der Sonntagslangeweile, die oder an meiner Kunst zu zweifeln!‘ einer der schrecklichsten Schrecken der

Auguste Trémont, Tigresse marchant (1921)

60 Kleinstadt ist, waren seinerzeit bei uns die Abonnementskonzerte der Militärkapelle erfunden worden. Sie bewährten sich wun- dervoll und sind heute eine der angenehms- ten Vorkriegserinnerungen. Sie waren eine wahre Erlösung für alle, die für Skat oder für Käseschmieren in Hesperingen und Dommeldingen keinen Sinn hatten. Man ging zu diesen Konzerten einzeln mit der Aussicht auf angenehmen Anschluss, oder familien- und rudelweise, trank sein Bier, rauchte seine Zigarre oder Pfeife, aß sein Schinken- oder Käsebrot, unterhielt sich in den Pausen je nach dem Lebensalter über Politik oder Liebe und ergötzte sich zwi- schendurch an guter volkstümlicher Musik in musterhafter Ausführung. Heute haben wir statt dieser Konzerte nur noch Dan- cings mit Weinzwang. Die Gemütlichkeit ist zu den Hunden geflohen. (…)“ Webers Hoffnung: „Wie man hört, will unser Militärkapellmeister Fernand Mer- tens die beliebten Abonnementskonzerte zu neuem Leben erwecken. Die Ersten fan-

den seinerzeit Jahre hindurch im alten Cer- Théo Mey © Photothèque de la Ville de Luxembourg cle statt. Schon der Charakter des damali- Konzert der Luxemburger Militärmusik am 7. Februar 1973 im Cercle gen Inhabers, Lentze Jang, bürgte für eine Atmosphäre von deftiger Gemütlichkeit. (…) Auch heute soll Fernand Mertens an Haute-Cuisine Jahrhundert der Literatur ein Beispiel gibt, den Cercle-Saal für seine Konzerte denken. das die Literatur immer noch nicht befolgt Einen vornehmeren Rahmen könnte er da- Am 29. Juni 1934 verwies der Chro- hat. Wir haben seit rund fünfzig Jahren für nicht finden, und es ist wohl selbstver- nist, der bekanntlich zeit seines Lebens kein einen Luxemburger Kunstverein. Aber wir ständlich, dass ihm dabei die Stadtverwal- Kostverächter war, auf eine Veranstaltung haben immer noch keinen Luxemburger tung nach Möglichkeit entgegen kommt.“ der ganz besonderen Art: „Im großen Cer- Literaturverein. Wir könnten drei Luxem- cle-Saal haben wir schon allerlei Genüsse burger Literaturvereine haben, einen für Konzert zum 100. Todestag erlebt, aber meist geistiger Art. (…) Wuss- Luxemburger, einen für französische, einen von Franz Schubert ten Sie, dass es in unserem Ländchen eine für deutsche Literatur. Von diesen drei- Coopérative des Cuisiniers du G.-D. de en besteht, soviel ich weiß, nur einer: der Der „Abreißkalender“ vom Samstag, Luxembourg gibt? Eine Vereinigung ohne französische. Von den zwei andern sollen den 17. November 1928 kündigte ein mu- Gewinnzweck, also mit rein idealem Cha- Spuren oder Trümmer vorhanden sein. (…) sikalisches Event der besonderen Art an: rakter? Und dass sie als eine Einrichtung Wir haben kürzlich hier den Versuch erlebt, „Wenn morgen Nachmittag drei Uhr die öffentlichen Nutzens anerkannt und ange- einen Luxemburger Verein für deutsche Zuhörer Stuhl an Stuhl im großen Cercle- schlossen ist an die Fédération générale et Literatur in unser heimisches Geistesleben Saal sitzen, um einige Stunden lang die mondiale des associations culinaires? (…) einzuschalten. Es stellte sich bald heraus, süße Flut Schubertscher Musik über ihre Nur Produkte der Kochkunst und Feinbä- dass der Versuch mit untauglichen Mitteln Herzen strömen zu lassen, werden sie sich ckerei werden zugelassen. Am Samstag, gemacht wurde. Wer bei uns der Sache sagen: Heute vor hundert Jahren lag er in 8. September, feierliche Eröffnung und der deutschen Literatur einen Dienst als Wien auf dem Totenbett und hatte noch so weiter. Auch die Luxemburger Küche Luxemburger leisten will, darf diese Sache vierundzwanzig Stunden zu leben; und kommt zu Ehren. Kongress der Küche. Aus- nicht aus aus fremden Quellen speisen. (…) vielleicht gingen durch seinen Geist immer stellung von Gerichten aus Frauenhand. Und er muss sich vor allen Dingen herme- noch neue Weisen und Harmonien, sicher (…) Der 11. September wird den Fischen tisch abschließem gegen politische Einglie- klang es in seinen schwindenden Sinnen und Krustentieren gehören, und in der derungen, die mit deutscher Literatur, wie von einer Melodie, die aus den unerschöpf- Krebszubereitung wird Luxemburg seinen wir sie pflegen wollen, nicht viel (…) zu tun lichen Tiefen seiner Tondichterseele auf- Mann stehen müssen.“ haben.“ stieg – er konnte sie nicht festhalten, sie Einigermaßen deutliche Worte, über war verloren, wie ganze Wegstrecken sei- Für einen Luxemburger Literaturverein zwei Jahre nach dem Reichstagsbrand. nes musikalischen Schaffens verloren und versunken sind. (…) Auf seine Lieder freuen Am 25. Mai 1935 soll im Cercle letzte René Clesse wir uns, denn sie sind uns ergreifend nah. Hand an die Ausstellung des Kunstvereins (…) Es ist nicht gleichgültig, wer sie singt. gelegt werden, die selbigen Tages nachmit- Morgen singt sie Marianne Delacre-Weber. tags feierlich eröffnet werden soll. Was den Diese hörten und hören wir leider zu sel- Chronisten dazu bewegt, über die Zukunft ten, (…) mit ihrer warmen, ergreifenden der Luxemburger Literatur zu philosophie- Stimme, mit der Schlichtheit und Klarheit, ren: „Zweck dieser Zeilen ist nun aber nicht die wir an ihr schätzen, in dem Stil, der die künstlerische Wertung des Luxemburger Größten ihres Faches auszeichnet.“ Salons 1935. Sie sollen in der Hauptsache ein Hinweis darauf sein, dass hierzulande die Kunst schon seit rund einem halben

61 Aktuelles aus der Cité-Bibliothek

Thierry Van Werveke

Trouble : 1988-2010 Langues: luxembourgeois Adler-Olsen, Jussi Andy Bauschs Gängsta-Trilogie (avec passages en allemand et français) Erbarmen und Réalisateur: Andy Bausch Interpr.: Schändung Paul Thiltges Distribution etc.; 2010 Thierry Van Werveke, Ender Frings, Dtv 3 DVD vidéo (ca 287 min.) Nicole Max, Marco Lorenzini …

Beim Andy Bausch sénger „Gängsta-Trilo- Haaptpersonnage, de Jacques Goudebour Jussi Adler-Olsen ist ein dänischer Autor, gie" handelt et sech em eng Zesummestel- alias Johnny Chicago, versichen ëmmer der mit seiner Serie um Kommissar Carl lung vun dräi vun deene wuel bekanntes- rëm op d’neits mat ënnerschiddleche Mork Riesenerfolge feiert. Auf deutsch te Lëtzebuerger Filmer, déi ënnert sénger Strofdoten u Geld zu kommen. Eemol sind die beiden ersten Bände der Serie Regie am Laf vun de Joren entstane sinn: probéiere si ee Geldtransporter ze iwwer- bereits erschienen, der dritte wird im den „Troublemaker“, de „Back in trou- falen, eng aner Kéier wëllen d’Gangsteren Sommer erwartet und der vierte ist in der ble“ an den „Trouble no more“. Aus der een däitsche Rentner beklauen, dee säi dänischen Originalversion schon auf dem ursprénglecher Iddi, e klenge Gangster- Geld zu Lëtzebuerg wëll deponéieren. Markt. film ze maachen, ass et dem Andy ge- Meeschtens landen de Johnny a séng Adler-Olsen wird allgemein als Nachfol- longen, ee vun deene wuel bekannteste Kollege dann awer nees am Prisong. Den ger des verstorbenen Stieg Larsson ange- lëtzebuerger Filmer ze realiséieren. Trotz Thierry Van Werveke, deen den Haaptper- sehen, und die Fans von Mikael Blomqvist finanzielle Problemer, engem feelende sonnage Johnny Chicago verkierpert, ass und Lisbeth Salander werden ihre Freude grousse Produzent an inexistenter Hëllef mat dem 1. Deel vun der Trilogie de grous- an den Ermittlungen von Carl Mork und vun den Autoritéiten huet hien et fäerdeg sen Duerchbroch gelongen. Hien huet och seinem Assistenten Hafez el-Assad haben. bruecht, den „Troublemaker" Enn den 80- am „Back in trouble“ d’Haaptroll iwwer- Kommissar Carl Mork ist Leiter des Son- er Jore fäerdeg ze stellen. De groussen holl. De leschten Deel vun der Trilogie ass derdezernats Q der Kopenhagener Poli- Duerchbroch ass dunn am Februar 1988 virun allem doduerch gekennzeechent, zei. Dieses Dezernat hat zur Aufgabe, alte gelongen, wéi d’Münchner Filmfest beim datt d’Haaptroll net méi vum Van Wer- unaufgeklärte Verbrechen neu zu unter- Réalisateur ugeklappt huet, fir säi Film veke konnt iwwerholl ginn, an datt den suchen und aufzuklären. op hirem Festival ze weisen. Nom grous- Andy Bausch d’Dréibuch huet missen ëm- In „Erbarmen“ geht es um Merete Lyng- se Succès vum „Troublemaker" huet eng schreiwe, fir de Film kënne glafwierdeg ze gard, eine junge Parlamentsabgeordne- Fortsetzung net laang op sech waarde ge- realiséieren. Wéi gouf dem Andy Bausch te, die auf mysteriöse Art und Weise ver- looss. „Back in trouble“ an „Trouble no seng Aarbescht als Réalisateur eemol zou- schwunden ist. more“ féieren d’Linn vum “Low budget"- treffend an der Zeitung WOXX beschriw- Im zweiten Buch „Schändung“ führt die Film fort. Insgesamt kann ee soen, datt wen: „Et ass eng stänneg Gratwanderung Aufklärung eines Doppelmordes das un- déi dräi Filmer zesummen en homogenen tëscht Film Noir a Stammdësch-Humor, gleiche Ermittlerduo Mork und Assad in Ensemble sinn, well si sech an hirem Stil déi schlussendlech dem Andy Bausch säi die Abgründe der feinen und reichen dä- an an hirer Stëmmung trei bleiwen. An Stil vum „Kino des kleinen Mannes“ aus- nischen Gesellschaft. der „Gängsta-Trilogie" geet et, wéi den mëcht. An dat gëtt dem lëtzebuergesche Numm et schon verréit, em allerlee Bri- Kino seng Identitéit, ob Verschiddener lo gangsgeschichten: Verbriecher wéi den domat liewe kënnen oder net.

62 Diwo, Jean Neel, Julien Mathis, Jean-Marc et Martin, Thierry La calèche Lou Le roman de Renart Flammarion Bandes dessinées pour enfants Bandes dessinées en trois volumes pour 279 p. Editions Glénat jeunes à partir de dix ans Editions Delcourt

Aujourd’hui la marque «Hermès» évoque Lou est une jeune fille qui habite seule Quelle bonne idée d’adapter le fameux les cuirs et les foulards de luxe. Mais avant avec sa maman dans un grand immeu- «Roman de Renart» pour jeunes lecteurs! d’être une grande société spécialisée dans ble. C’est une fille moderne, très atta- Cette bande dessinée raconte et illustre la fabrication et la vente de produits de chante qui essaie d’aider sa mère, «accro» en 3 volumes les aventures et méfaits du luxe avec des boutiques dans 45 pays à à la console de jeux, en lui trouvant un célèbre goupil «Renart», également très travers le monde, Hermès était une petite «chéri». De son côté, Lou est amoureuse connu dans la littérature luxembourgeoi- entreprise qui réalisait des selles et des de son voisin Tristan, mais elle n’ose pas se. Grâce à cette BD, les jeunes pourront équipements pour chevaux. Originaire de lui adresser la parole. Les enfants et les apprécier les ruses et roueries de Renart Krefeld en Allemagne, Thierry Hermès, adolescents découvriront avec Lou un per- face à Ysengrin, le loup. dont le père était sellier, quitta son pays sonnage sympathique, charmant et intel- Même si le texte original date du Moyen natal pour s’implanter à Paris. ligent dont ils pourront suivre les aventu- Âge, les sujets: les malices de Renart et Avec son incomparable talent de conteur, res en lisant les 5 albums de la série parus la crédulité d’Ysengrin sont toujours d’ac- Jean Diwo nous fait vivre au temps des jusqu’à présent. tualité. A l’époque de sa création le Ro- campagnes napoléoniennes dans un Pa- L’auteur, Julien Neel, est un jeune Français man de Renart était une parodie des ro- ris où le Baron Haussmann entreprend de qui a commencé sa carrière d’artiste en mans de chevalerie, or, en transformant le grands travaux. A travers l’histoire de la composant sur des manèges de foire des texte en bulles et en y ajoutant des illus- famille Hermès on redécouvre l’histoire grandes fresques à la mémoire des héros trations, le message de l’œuvre s’adapte de France du 19e siècle avec une capitale de la culture populaire, comme par exem- parfaitement à notre époque, où les iné- encombrée de calèches et, en fermant les ple: Astérix ou Batman. Immobilisé après galités sociales existent toujours. yeux, on peut presque entendre le bruit un grave accident, Julien Neel est devenu des sabots sur le pavé. auteur de bandes dessinées.

Cité-Bibliothèque 3, rue Génistre Heures d’ouverture: L-1623 Luxemburg du mardi au vendredi 10 à 19 h Tél.: 47 96 27 32 samedi 10 à 18 h e-mail: [email protected] Fermée le lundi

63 Guy Hoffmann Kinderanimationen in der Cité-Bibliothek Jeden Samstagmorgen von 10.30 bis 11.30 Uhr (auch während der Schulferien) lädt die Cité-Bibliothek Kinder von 4 bis 8 Jah- ren zu einer spannenden Kinderanima- tion ein. Um diese Aktivität für die jun- gen Leser möglichst abwechslungsreich zu gestalten, werden regelmäßig luxembur- gische Kinderbuchautoren eingeladen. So besuchte uns am 12. Februar Dany Gales und stellte ihr neues Buch „Kolja a Galina - wa Kuebe reesen“ mit Gesang und originellen Masken vor. Einen Monat später, am 12. März, amü- sierte Patricia Petruccioli die Kinder mit ihrem Buch „Dem Lila säi Laachen“. Das Lachyoga für Kinder kam sehr gut an! Auch in nächster Zukunft kommen beson- dere Gäste in die Bibliothek: So können die Kinder am 30. April von 10.30 bis 11.30 Uhr mit „A’Musee“ eine magische Erfahrung machen und selber ein Märchen „schreiben“. Nachmittags, ab 14 Uhr, kommt die Künstlerin Stina Fisch in die Bibliothek und lädt die Kinder zu einer kreativen Werkstatt rund um das Buch ein. Auch Sonntags, am 1. Mai wird sich Sti- na Fisch nachmittags von 14.00 bis 17.00 Uhr kreativ mit interessierten Kindern be- schäftigen.

Les mardis littéraires 1er février 2011: rendez-vous hebdomadaires où des auteurs luxembourgeois Jhemp Hoscheit mais également originaires des pays voisins, présentent leurs œuvres. lit des extraits de son roman policier "Mondelia" à la Cité-Bibliothèque. Hoscheit, Jhemp Mondelia Editions Guy Biensfeld

Kuerz nodeems d’Marie Delken beim Här Grimmler op Besuch war, gëtt hatt ent- fouert. D’Kidnapper froe Léisegeld vum Marie sengem Papp, dem Chef d’Agence vun der Luxbank. Den Här Delken wëllt d’Polizei net aweien, fir d’Liewe vum Marie net op d’Spill ze setzen. Den Här Grimmler ass e grousse Planzefrënd an en Hobby-Botaniker. Eng vu sengen Zëm- merplanzen, d’Mondelia, ass Zeie vun der Entféirung ginn. Si entwéckelt am Laf vun der Zäit aussergewéinlech Fähegkeeten. Et schéngt, wéi wann d’Mondelia op eng ganz besonnesch Manéier bei der Sichak- tion hëllefen an sech lues a lues als intelli- gent Detektivin erausstelle kéint. Déi kri- minalistesch Enquête kritt Dimensiounen, wéi een sech s’an engem gewéinleche Kri- mi bis zum Schluss net erwaart hätt.

64 Was ist das denn für ein Baum? Stacheln haben ihre Schalen, Früher stand sie meist im Orte, Eine Kiefer, eine Lärche? Sind wie Igel anzuschauen, Seiner Mitte, war der Kern, Ich erkenne ihn noch kaum. Kinder können sie bemalen Und ein Treffpunkt von der Sorte, Dass ich das auch nicht beherrsche. Und Figuren daraus bauen. An dem plauderte man gern.

Oder ist es eine Buche? Fast wie Hände sind die Blätter, Nunmehr sind wir bei den Buchen. Eine Pappel oder Weide? Und der Stamm ist sehr robust, Sie steh’n dicht an dicht im Wald. Indem ich den Namen suche, Trotzt den Zeiten und dem Wetter – Lange braucht man nicht zu suchen; Forsche ich im Blätterkleide. So, das wär’ jetzt auch gewusst! Sie sind häufig, werden alt.

Einfach ist’s am Anfang nicht, Fahre fort jetzt mit den Eichen, Ihre Wipfel sind ein Fächer, Denn der Bäume gibt’s wie Sand, Deren Blätter haben Lappen. Der sich hoch zum Himmel reckt. Und ich bin nun sehr erpicht Eichenlaub ziert Rangabzeichen, Sonnenstrahlen werden schwächer, Und weiß schon: am Straßenrand Goldne Münzen oder Wappen. Durch den Schirm, der alles deckt.

Stehen meistens die Platanen, Eichen war’n geweihte Bäume, An den Ufern strecken Erlen Sind robust und sehr von Nutzen, der Germanen Heiligkeit. Früh am Morgen sich zum Baden, Lassen sich auch gut verplanen Doch sind deutsche Heldenträume Von den Blättern tropfen Perlen, Und die Zweige gerne stutzen. Hoffentlich Vergangenheit. Noch verhüllt von Nebelschwaden.

Ihre Blätter sind wie jene, Und die Früchte fressen Schweine, Prächtig sind die Trauerweiden, Die dem Ahorn eigen sind, Denn sie schmecken ihnen sehr, Wie sie sich mit ihren Zweigen Und ich denke, und ich sehne Und das Holz, es ist wie Steine, Herrschaftlich im Frühling kleiden, Nach der Zeit mich, als ein Kind, Fest und dauerhaft und schwer. Dienend sich zum Wasser neigen.

Als der Ahorn wie ein König Was ist das denn? – Eine Linde, Unbeliebt ist nur die Fichte, Früh im Herbst die Flügelfrucht Die mit Macht zum Himmel strebt. Die den Schädlingen behagt. Reich verschenkte, fiel ein wenig Und sie wiegt sich stark im Winde, Rasch macht sie den Wald zunichte; Von dem Berg in eine Schlucht. Sie ist kraftvoll, denn sie lebt. Heut ist sie nicht mehr gefragt.

Und wir tanzten in dem Regen, Wie der Ebereschen Früchte Der vom Baume niederfiel, Ist der Wald doch wie ein Wunder. Und es war ganz schön verwegen, Und steht er in gutem Lichte, War unser Propeller-Spiel. Leuchtet rot er wie Holunder.

Solches lässt sich leicht begreifen, Jacques Drescher Sich’s zu merken, fällt nicht schwer, Und wenn Baumesfrüchte reifen, Sind’s Kastanien, bitte sehr!

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Kleine Baumkunde illustr. 1.0.indd 1 3/31/11 6:18 PM La Collection Luxembourgeoise du Musée National d’Histoire et d’Art

Mihály Munkácsy

Pour bon nombre de citadins, le nom timistes dans une veine réaliste, se laissant de Munkácsy évoque d’abord une rue de la inspirer par les pittoresques alentours du ville de Luxembourg, située dans le quartier château et par les villageois de Colpach. de Hamm. Pourtant, derrière ce patronyme De ce fait, plusieurs œuvres de Mi- hongrois se cache un artiste de grande en- hály Munkácsy figurent dans la collection vergure, fondateur d’un courant réaliste luxembourgeoise du Musée National d’His- imprégné de romantisme et l’une des figu- toire et d’Art et leur place est tout à fait res les plus importantes de la peinture hon- justifiée car la force émanant des scènes de groise du XIXème siècle. De surcroît, Mihály genre, la simplicité de la vision du peintre, Munkácsy, durant près de 25 ans, a résidé le dramatisme bouleversant de ses scènes avec son épouse, Cécile Papier, veuve du de la passion du Christ, le coloris serein et Baron de Marches, au château de Colpach. la légèreté de ses tableaux de salon ainsi Dans cette résidence d’été, le peintre hon- que le pittoresque de ses paysages ne peu- grois va produire des tableaux de genre in- vent que séduire le public.

Mihály Munkácsy est né à Munkács en Hongrie, le 20 février 1844, il décède à Endernich en Allemagne le 1er mai 1900 © MNHA

66 En 1867, Mihály Munkácsy se rend à Paris grâce à une bourse d’études et y découvre les œuvres de Gustave Courbet qui l’influenceront fortement ainsi que les maîtres de l’Ecole de Barbizon. © MNHA

Fils d’un fonctionnaire d’origine ba- ne sorti du sommeil. Cette œuvre de style faiseuses de charpie» mettant en scène un varoise, Mihály Munkácsy, de son nom de humoristique propre aux tableaux de genre soldat narrant les horreurs de la guerre à naissance Michel Lieb voit le jour le 20 fé- allemands est également nimbée d’une di- des femmes en train de confectionner des vrier 1844 à Munkács (l’actuelle Munkach- mension psychologique évoquant l’influen- charpies pour les combattants. tevo en Ukraine). Orphelin à l’âge de six ce de Gustave Courbet. Répondant à l’invitation d’un couple ans, il fut élevé à Békéscsaba par un oncle Toujours en 1869, le peintre réalise «Le d’aristocrates français, le Baron de Marches maternel qui le fit embaucher quelques an- dernier jour d’un condamné», un tableau et son épouse Cécile Papier, qui lui ont été nées plus tard comme apprenti menuisier. réaliste traitant le sujet romantique d’un présentés par son ami le peintre Lazlo Paál C’est au cours de ces difficiles années bandit d’honneur et qui évoque la ques- lors d’un diner donné à Pest, Munkácsy d’apprentissage qu’il fait la connaissance tion de l’avenir de la paysannerie hongroise arrive finalement à Paris en janvier 1871. en 1860 d’Erik Szamossy, un portraitiste puisqu’ à cette époque, l’armée impériale Le couple possède un château à Colpach. ambulant, lequel va lui apprendre les rudi- habsbourgeoise enrôlait à tour de bras les C’est là que le peintre va passer plusieurs ments de la peinture. Le jeune Mihály va jeunes villageois. Les réfractaires considé- étés et y réaliser des chefs d’œuvre comme rester à ses côtés durant un an et demi, l’ac- rés comme déserteurs étaient sévèrement «La femme aux fagots» ou «La femme à la compagnant dans ses voyages. En 1863, châtiés. Cette toile va apporter le succès baratte». Munkácsy s’installe dans la capitale hon- et la renommée à Munkácsy, aussi bien En 1873, Munkácsy va rejoindre à groise et grâce à l’aide de Szamossy, ren- dans son pays qu’à l’étranger. EN effet, elle Barbizon son ami Lazlo Paál installé dans contre des protecteurs qui lui offrent une fut achetée par William Wilstack, un mil- la colonie d’artistes et découvre le travail bourse pour intégrer l’Académie des Beaux- liardaire américain. Cet achat va attiser la des pleinairistes. Cette année 1873 va être arts de Munich puis celle de Vienne. curiosité de Goupil, un marchand d’art pa- un tournant dans son existence. En effet, En 1867, il se rend à Paris grâce à des risien qui vient visiter l’atelier du peintre à le Baron de Marches meurt et sa veuve subsides d’études et y découvre les œuvres Düsseldorf, acquiert plusieurs toiles et l’en- continue à veiller sur les intérêts du peintre de Gustave Courbet qui l’influenceront for- courage à s’installer à Paris. en tant que mécène. Cette amitié étroite tement ainsi que les maîtres de l’Ecole de Cependant, La période est peu favora- mènera au mariage. Une fois, la période de Barbizon. Son premier tableau de genre ble à un déplacement en France. Les trou- deuil écoulée, Munkácsy épouse Cécile Pa- «L’apprenti baillant» peint en 1869 à Düs- pes prussiennes envahissent la capitale au pier le 5 août 1874. Le voyage de noces se seldorf où Munkácsy est l’élève du peintre cours de l’été 1870. Cet événement inspire déroule en Hongrie où l’artiste va peindre Knaus, représente un jeune apprenti à pei- à l’artiste resté à Düsseldorf, le tableau «Les «Le chemin poussiéreux», une de ses œu-

67 La Collection Luxembourgeoise du Musée National d’Histoire et d’Art

Mihály Munkácsy «salon», des scènes de la vie bourgeoise De retour en Europe en janvier 1887, le aisée et insouciante au riche chromatisme. Mihály Munkácsy reçoit de la part du gou- L’univers sombre et engagé laisse place à vernement autrichien la commande d'un la futilité. Le marchand d’art Sedelmeyer le des panneaux de plafond du Kunsthisto- met en contact avec de riches clients amé- risches Museum de Vienne, «L'Apothéose ricains dont certains entre 1878 et 1892, de la Renaissance». Il y travaillera jusqu'en vont lui acheter jusqu’à 17 toiles. 1890. Pourtant, le peintre se lasse de ce gen- Après l’achèvement de cette charge, re de sujets et en 1881, s’attèle à la repré- le peintre oeuvre jusqu’en 1893 à la déco- sentation de la figure du Christ. Sa source ration du bâtiment du Parlement à Buda- d’inspiration principale est «La vie de Jésus» pest. A cette époque, sa santé physique et d’Ernest Renan, ouvrage publié en 1863. mentale décline. Il part de nombreuses fois vres les plus étonnantes par sa dimension Munkácsy travaille avec une grande ferveur en cure à Baden-Baden mais rien n’y fait, cosmique voire irrationnelle dont le rendu à sa toile «Le Christ devant Pilate» mais des son état psychiatrique est tel qu’en janvier luministe et les coloris évoquent les aqua- événements tragiques l’empêchent de la 1897, il est interné à l’asile d’Endernich. relles de Turner. terminer. Son enfant, nouveau-né meurt Il va y mourir le 1er mai 1900 après avoir Fin 1874, de retour en France, le couple et son hôtel particulier parisien est détruit sombrer dans le coma. Munkácsy est en- s’installe dans une somptueuse résidence par un incendie. Le peintre reprend sa série seveli le 9 mai au cimetière de Kerepesi à près du parc Monceau à Paris. Cependant, entre 1882 et 1885. Pest. Des milliers d’amateurs d’art viennent Munkácsy s’accorde régulièrement de longs Au cours de l’été 1886, Sedemelyer lui rendre un dernier hommage. séjours à Colpach afin de se reposer et de visite l’atelier de Munkácsy en compagnie Enfin, il est à souligner que lors de ses trouver l’inspiration. Son nouveau train de de clients américains en vue d’organiser périodes de rémission, le seul endroit où vie lui coûte cher et pour couvrir les frais une série d’expositions aux Etats-Unis. Le l'artiste disait reprendre goût à la vie était somptuaires de son ménage, l’artiste tente 15 novembre 1886, le peintre débarque à Colpach. Par conséquent, il est légitime de trouver un nouveau style qui lui permet- New-York et y est accueilli comme un hôte de rendre au peintre l’attachement qu’il trait de gagner largement sa vie. Il s’engage de prestige. 15 jours après, il est même reçu éprouvait pour la terre luxembourgeoi- donc dans la voie du changement et inau- à la Maison Blanche par le président Grover se en le considérant comme l'un de nos gure en 1876 la série des tableaux dits de Cleveland. artistes.

Nathalie Becker

«Golgotha», esquisse au fusain, 1884 (voir l'article de Robert L. Philippart page 7) © MHVL

68 Frühling und Frühsommer © Pierre Grosbois

Carmen auf den Städtischen Bühnen

Oper und Musiktheater

hat. Sänger (Barbara Hannigan und Char- lotte Hellekant) teilen sich die Bühne mit den begnadeten Tänzern von Sasha Waltz Es gibt Vornamen, die brauchen keine Als letzte Opervorstellung der dies- und dem Vocalconsort Berlin. Diese Auf- Stütze, sie stehen und strahlen allein : so jährigen Spielzeit später gastiert eine sehr tragsarbeit für das Théâtre de la Monnaie ein Vorname ist Carmen. Sobald er fällt, orginelle Produktion im Großen Theater: in Brüssel enstand in Koproduktion mit dem liegt die Habanera in der Luft und es fin- die große Berliner Choreographin Sasha Grand Théâtre de Luxembourg und dem det sich immer jemand, der den „Amour Waltz, an deren „Dido und Aeneas“- oder Polish National Opera und in Kooperation enfant de Bohème“ summt. Mitte Mai „Medea“-Inszenierungen wir uns so gerne mit der Staatsoper Unter den Linden. In beglückt uns das Große Theater mit einer erinnern, fühlt sich angezogen von dem Luxemburg spielt das Orchestre Philharmo- Carmen-Inszenierung von Adrian Noble, klassischen japanischen No-Theater. Nach nique du Luxembourg (9. und 10. Juni1). des früheren Leiters der Royal Shakespeare einem Libretto von Hanna Dübgen zeigt sie Company. Anna Caterina Antonacci, die „Matsukaze“, ein Klassiker des No, für den 1 Achtung: wegen des ING-Marathons wird die schon öfters im Großen Haus zu Gast war, Toshio Hosokawa die Musik geschrieben Vorstellung vom 11. Mai auf den 9. vorverlegt. erntet überall begeisterte Kritiken für ihre sinnliche und hinreißende Carmen. Beson- Matsukaze, der Berliner Choreographin Sasha Waltz © Bernd Uhlig deres Lob verdienen auch Anne-Catherine Gillet als Micaëla, Andrew Richards als Don José und Nicolas Cavallier als Escamillo. Der Kinderchor der Maîtrise des Hauts- de-Seine, der Chor der „Opéra Comique“ und das Orchestre Philharmonique du Lu- xembourg spielen unter der musikalischen Leitung von Evelino Pidò. (9., 11. und 13. Mai). „Les Pendus“ überschreiben Josse de Pauw und Jan Kuijken ihren zweifellos be- eindruckenden Abend in lateinischer und niederländischer Sprache (französische Übertitelung). Sänger, Schauspieler und Musiker verleihen Giordano Bruno und Ga- lileo Galilei Ton und Stimme: von der Kirche verurteilt, obschon sie Recht hatten, stehen die beiden großen Humanisten für all die Geister, die den Mut haben sich aufzuleh- nen und gegen den Strom zu schwimmen. (25. Mai).

69 Frühling und Frühsommer

„Pacifique“ Nasser Martin-Gousset © David Bersanetti

„Orphée“ Ensemble Montalvo-Hervieu © Laurent Philippe © Regina Brocke

70 auf den Städtischen Bühnen

TANZ SPRECHTHEATER

Monteverdis „Poppea“ dient Christo- „Jungles“ von Patrice Thibaud und Ende April kommt mit „Les chaises“ pher Spuck als Vorlage für sein gleichnami- Philippe Leygnac ist ein Abend, der sich von Ionesco einer der großen Klassiker der ges Ballett, das bei seiner Uraufführung in in die Tradition der federleichten und ent- Moderne nach Luxemburg, und dies in ei- Stuttgart begeistert aufgenommen wurde. spannenden Programme von Jérôme De- ner Inszenierung von Luc Bondy. Er setzt Die Tänzer von Gauthier Dance tanzen in schamps einreiht. Patrice Thibaud gelingt Ionesco bewusst von Beckett ab: „Ionescos Barockkostümen und dem opernbegeister- es, allein durch seine Mimik und seine per- Theater ist eine Erfindung, die genauso ten Choreographen gelingt „die Quadra- fekte Körperbeherrschung eine ganze Reihe wichtig ist wie die von Beckett. In Ionescos tur des Tanzkreises: Er lässt, angeregt von von Menschen- und Tiertypen dar zu stel- Theater gibt es eine traumhafte Dimensi- Monteverdis letzter Oper, die Illusionsma- len, die man auf den ersten Blick erkennt. on, eine Art die Logik zu gebrauchen, um schine auf Hochtouren laufen, wirft an den Sein Partner Philippe Leygnac scheint einen sie umso besser zu zerlegen, die einmalig kostbarsten Stellen aber Sand ins Getrie- Körper aus Gummi zu haben, so dehnbar ist sind“. (28. und 29. April). be“. (Stuttgarter Nachrichten) (20. Mai) dieser begnadete Musiker, der alle zum Klin- Mit einer Luxemburger Produktion Ganz andere Register zieht Nasser gen bringt, das er berührt. (26. April) Zwei von „Closer“, dem mehrfach ausgezeich- Martin-Gousset in „ Pacifique“, einem Aus- Tage später laden uns Thibaud und Leygnac neten (und erfolgreich verfilmten) Stück flug in die Welt der 60er und 70er Jahre, in auf „Cocorico“ ein, einen wortlosen Abend des amerikanischen Autors Patrick Mar- denen der Choreograph seine Liebe für die voller Poesie und Zärtlichkeit, „dans les pas ber, geht die diesjährige Spielzeit zu Ende. populäre Kultur in einer Explosion von Far- de Chaplin, Keaton et Tati... Tout dans cette Myriam Müller und Jules Werner, Elisabet ben und Formen – von Dali bis Vasarély – proposition traduit le haut talent de person- Johannesdottir und Richard Shackley spie- auf die Bühne bringt. (17. und 18. Juni). nes aussi intelligentes que sensibles et virtu- len unter der Regie von Douglas Rintoul in Das in Luxemburg so gern gesehene oses“ (Armelle Héliot, Le Figaro). dieser Komödie, welche die New York Post Ensemble Montalvo-Hervieu greift – wie als „smart, sexy and sublimely funny“ be- Spuck – auf Monteverdi zurück, aber auch schreibt. Eine schöne, leichte und geistrei- auf Christoph W. Gluck und Philipp Glas che Art, den Sommer zu beginnen! (Vom für sein neues Programm „Orphée“. Domi- 13. bis zum 27. Mai). nique Hervieu und José Montalvo siedeln ihre Interpretation des Orpheus-Mythos Simone Beck zwischen Oper und Musical an, indem sie Tanz, Gesang und Texte verbinden. (29. und 30. Juni). „Cocorico“ ein wortloser Abend voller Poesie und Zärtlichkeit, „dans les pas de Chaplin, Keaton et Tati...

„Poppea“

Christopher Spuck © Céline Aubertain

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