Nr 96 2011 EDITORIAL

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Nr 96 2011 EDITORIAL Kulturzentrum im Herzen der Stadt „Das Cercle-Gebäude ist für den Stadtbesucher von weither sichtbar. Es ragt durch seine Höhe und seinen Turm aus der Dächerwelt der Altstadt deut- lich empor. So erkennt man gleich die Place d’Armes, denn der Cercle stellt eine deutliche Referenz im Stadtbild dar. Das war auch so gewollt, denn histo- imedia ristische Architektur sah alle Gebäudefunktionen als gleichwertig an. Mithin rivalisierten im Stadtgebiet öffentliche und private Bauten untereinander, um ihre gesellschaftliche Wichtigkeit und Macht darzustellen, Mischung aus historistischer und moderner Archi- die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen oder um den tektur geschaffen wurde. In anderen Worten: eine Charakter ihrer zentralen Lage zu unterstreichen.“ ästhetische Symbiose für vielerlei soziokulturelle Derart beschreibt Robert L. Philippart in dieser Aktivitäten. ons stad-Nummer die Baugeschichte des „Stadtpa- Das im Januar 2010 eröffnete Cité (mit der Biblio- lastes“, der sich über ein Jahrhundert lang sozusagen thek-Mediathek, einem Restaurant und Auditorium) als „Bürgerstube“ am „Salon der Hauptstadt“, wie ist durch einen gläsernen Übergang direkt mit dem der Luxemburger Chronist Batty Weber die Plëss des restaurierten Cercle-Gebäude verbunden, was denn öfteren bezeichnete, bewährt hat. auch den Sinn des neuen Logos Cercle Cité erklärt. Mit der Wiedereröffnung des Cercle am 29. April Als neues multifunktionales Kultur-, Kongress- 2011 wird allerdings ein neues Stück Stadtgeschichte und Begegnungszentrum wird das Cercle Cité in Zu- geschrieben. Denn sie leitet sozusagen mit einigen kunft viele Menschen aller Nationalitäten anziehen, Jahren Verspätung mit dem Cercle Cité-Komplex und dies für einmal nicht auf dem Kirchberg oder in die Wende zum einundzwanzigsten Jahrhundert im der Unterstadt Grund, sondern mitten im Herzen der Stadtzentrum ein, mit dem eine überaus gelungene alten Festungsstadt. r.cl. V.l.n.r.: Jean Reitz, Direktor der Agence Luxembourgeoise d'Action Culturelle, Lydie Polfer, Präsidentin des Comité de Gérance du Cercle-Cité, Stadtbürgermeister Paul Helminger und Anouk Wies, Koordinatorin, im renovierten Festsaal des Cercle. Couverture et 4e de couverture : Photothèque de la Ville de Luxembourg et imedia © David Laurent SOMMAIRE 4 44 58 Cercle und Cité: 1940-1944: Was bedeuten die ein neues kulturelles Das Cercle-Gebäude Straßennamen der Stadt? Zentrum während der deutschen Besatzung Eine Serie von Fanny Beck Elegant spannt sich eine Glas- und Stahlbrücke vom Centre socio- Eine Dokumentation culturel Cité hinüber zum altehr- von Paul Dostert würdigen Cercle-Gebäude. Cité und Cercle bilden nunmehr ein kulturelles Ensemble inmitten des 48 historischen Zentrums der Haupt- „Jamais pièce stadt. Das Cercle Cité reiht sich à Luxembourg somit in die lange Liste jener Kul- n’eut un tel succès.“ tureinrichtungen ein, welche Staat und Stadt seit den Kulturjahren Die Uraufführung von Dicks’ 1995 und 2007 in der Hauptstadt Komĕdĕstéck De Scholtscheîn am geschaffen haben. 25. Februar 1855 im Cercle. Eine historische Dokumentation Literaturgeschichtliches von Robert L. Philippart von Germaine Goetzinger 20 Stadtpalastgeschichten: Die ersten vierzig Jahre Es war einmal ein Stadtpalast in 59 der Hauptstadt eines Kleinstaates, „ Batty Weber und der Cercle: wo man immer wieder sah se Der Stadtpalast dérouler maintes fêtes et main- in seinen „Abreißkalendern“ tes manifestations qui donneront à notre capitale un semblant Ein kleines Feuilleton d'animation mondaine.“ Es war von René Clesse eine multifunktionale Mega-Kul- tur- und Maxi-Event-„Location“. So jedenfalls im Großherzogtum, 62 zu Beginn des 20. Jahrhunderts, Cité-Bibliothek mit seinen 260 000 Einwohnern im Jahre 1910, davon 45 169 in der Hauptstadt (mit Eich, Hamm und Rollingergrund). Der Palais muni- 65 13 cipal, bis heute und im folgenden Kleine Baumkunde Le Cercle, oft Cercle genannt, ermöglichte un haut-lieu 52 Satirische Lyrik überhaupt erst die Durchführbar- von Jacques Drescher de la vie musicale keit größerer Veranstaltungen. Am Puls der Stadt Après l’achèvement de l’actuel édi- Eine Chronik Die Wiedereröffnung des Cercle- fice au début du 20e siècle, la ville von Jean-Marie-Reding Gebäudes ist auch der Start des 66 disposait enfin d’une salle de fêtes Cercle Cité-Komplexes mit einem La collection digne de ce nom et réclamé de- neuen Konferenzzentrum und ei- luxembourgeoise puis longtemps par ses habitants. 30 ner üppigen Ausstellungsfläche. du Musée National Dorénavant on constate un nom- Visites d’Etat d’Histoire et d’Art bre croissant de manifestations au Palais municipal tous genres confondus. La déno- 56 Mihály Munkácsy mination voulue pour le nouveau Willy Brandt im Cercle Par Nathalie Becker bâtiment, en l’occurrence Palais am 4. Mai 1992 municipal, ne s’est en fait jamais 34 imposée. La salle des fêtes spa- Le Bal de l’Assoss 69 cieuse aménagée au premier étage au Cercle Municipal 57 se prêtait particulièrement bien Frühling und Frühsommer Le Bal de l’Assoss était pendant de Den Aly an de Benn auf den städtischen Bühnen pour l’organisation de concerts de longues années un événement fes- qualité. tif incontournable de la Mi-Carê- Eng Lëtzebuerger Short-Story Die Theaterrubrik Une rétrospective de Guy May me luxembourgeoise. Il était connu vum Josy Braun von Simone Beck pour la transformation radicale d’un Cercle municipal passable- ment solennel et pour l’ambiance légère qu’y firent régner la jeunesse étudiante de gauche et les fêtards de tous bords. Le libertinage et les mœurs légères qui s’annonçaient dans les titres des bals successifs proclamés sur de belles affiches d’artistes confirmés attiraient le chaland à la recherche d’âmes sœurs et d’aventures d’un soir. Par Ben Fayot ons stad N° 96 Avril 2011 Recherche internet: onsstad.vdl.lu Conception: Georges Fondeur 40 Périodique édité par Coordination: René Clesse Stadtpalast oder l’administration communale Layout: Dieter Wagner Märchenschloss? de la Ville de Luxembourg Photos: imedia paraissant trois fois par an Photothèque de la Ville de Luxembourg Der Architekturwettbewerb Fondé en 1979 par Henri Beck Photocomposition: zum „Neuen Cercle“ † Dynamo s.à.r.l., Luxembourg Tirage: 64 000 exemplaires Ein Beitrag von Stadtarchivarin Imprimé sur les presses de Distribution gratuite I’lmprimerie St-Paul S.A., Luxembourg Evamarie Bange à tous les ménages de la Ville de Luxembourg La revue ne peut être vendue Cercle und Cité ein neues kulturelles Zentrum Das „Centre socio-culturel” reiht sich schließlich bot sich die Gelegenheit zum in die lange Liste jener Kultureinrichtungen Kauf des Ciné Cité. Eine Verbindung des ein, welche Staat und Stadt seit den Kultur- Cité mit dem Cercle herzustellen gehörte jahren 1995 und 2007 in der Hauptstadt gleich zum Plan1 – bot die Parzelle des ehe- geschaffen haben: MUDAM, Philharmo- maligen Kinos doch die einzige realistische nie, MNHA, Villa Vauban, städtisches Mu- Möglichkeit, beide Gebäude miteinander seum, Centre culturel de rencontre abbaye zu verbinden. de Neumünster (CCRN), Naturmusée usw. Am 29. Januar 2004 gingen die Lichter Die Idee zur Schaffung neuer Räum- definiv im ehemaligen Ciné Cité aus. Am lichkeiten für die Stadtbibliothek, einer 20. April desselben Jahres genehmigte der Mediathek und eines kleinen Amphithe- Gemeinderat das definitive Projekt, und die aters reifte kurz nach dem Kulturjahr von Abbrucharbeiten zum Bau des sozio-kultu- 1995, ging es doch darum, das historische rellen Zentrums mit Stadtbibliothek, Media- Stadtzentrum mit neuen kulturellen Aktivi- thek, Restaurant, Foyer für Ausstellungen täten zu beleben, um so seine Attraktivität und einem Amphitheater mit 185 Sitzplät- weiter zu steigern. Kongresszentren gab es zen für Kongresse und Vorträge begannen zu jener Zeit nur in perizentraler Lage. 1998 ein Jahr später2. 4 Elegant spannt sich eine Glas- und Stahlbrücke vom Centre socio-culturel Cité hinüber zum altehrwürdigen Cercle-Gebäude. Cité und Cercle bilden nunmehr ein kulturelles Zentrum inmitten des historischen Zentrums der Hauptstadt. imedia 5 imedia Das Architektenbüro Beng, das als Sie- Glasfassaden wirken komplementar, wobei Rue du Curé ist den Dienstboten und Kü- ger eines Architekturwettbewerbs hervor- das Cité den geschichtsträchtigen Charak- chenanlieferungen vorbehalten. In diesem ging, hatte sowohl den Symbolcharakter ter des Stadtpalastes noch unterstreicht. Trakt befinden sich ebenfalls Duschanlagen des Gesamtprojektes verinnerlicht als auch und Umkleideräume für das Personal. Die die vorgeschriebenen Funktionen des Neu- Was geschah mit dem Cercle? Ausdehnung der Küchenanlage im ersten baus und der Rehabilitation des Cercle-Ge- Stock verlangte eine Verlegung der Pfört- bäudes respektiert. Im Einverständnis mit Doch allein das Cité mit dem Cercle zu nerloge und eine Verkleinerung der Garde- dem Schöffenrat setzte es auf Authentizi- verbinden genügte nicht. Der ehrwürdige robe. tät, denn nur diese schafft Raumgefühl und Stadtpalast musste, um überhaupt noch Das zweite Stockwerk stellt mit sei- Identität. Man kann zwar zentrale Stadtla- baurechtlich nutzbar zu sein, vollständig nen Empfangs- und Prunkräumen und gen in die Peripherie verlegen, doch dann überholt werden. Er musste den neuen dem großen Festsaal nach wie vor die „Bel schwindet das Identitätsgefühl und somit gesetzlichen Bestimmungen in Sachen Si- étage” dar. Hier mündet die Passerelle des die Verbundenheit der Bevölkerung mit ih- cherheit, Zugänglichkeit für Behinderte Cité in die „Salle flamande” ein. Dem sonst rer Stadt3. und Nachhaltigkeit angepasst

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