FOLGE 161 APRIL 2003

DÖW-NEUERSCHEINUNG JAHRBUCH 2003 SCHWERPUNKT: EXIL

Das DÖW-Jahrbuch 2003, das ab Anfang Mai erhältlich ist, widmet sich vorrangig dem Themenbereich „Exil“. Christine Schindler, die das Jahrbuch redaktionell betreute, stellt im Folgenden die einzelnen Beiträge vor..n.

Das DÖW-Projekt „ÖsterreicherInnen im chischer Patriot und Anti-Österreicher? testes Werk „Revolte der Heiligen“ (1944) Exil: Die La-Plata Staaten“ versucht mit- Zu Ernst Sommers Bild von Österreich im thematisiert einen Aufstand jüdischer tels Oral-history-Interviews die Lebens- englischen Exil“ beschäftigt sich mit ei- Häftlinge in einem polnischen Arbeits- geschichten österreichischer EmigrantIn- nem Autor, dessen Lebensweg von Mäh- lager. In Sommers Werken halten sich ins- nen in Argentinien, Uruguay und Para- ren und Böhmen, zunächst habsburgi- gesamt äußerst kritische Rückblicke auf guay zu dokumentieren. Der Artikel „‚Wir schen Kronländern, in die Zugehörigkeit das k.u.k. Österreich, vor allem dessen sind für euch immer noch die Emigran- zur Tschechoslowakei und schließlich ins Militär und Justiz, mit positiv empfunde- ten.‘ Eine österreichisch-argentinische britische Exil führte. Bereits in den zwan- nen Beispielen aus der älteren österreichi- Lebensgeschichte“ von Regula Nigg und ziger Jahren trat Sommer in kurzer Prosa schen Geschichte sowie der jüngsten Ver- Philipp Mettauer gibt exemplarisch die mit radikaler Kritik am k.u.k. Österreich gangenheit, den Februarkämpfen 1934, Geschichte einer österreichischen Emig- in Erscheinung, die sich vor allem gegen die Waage. rantin wieder, die ihre Erlebnisse als Jüdin das Militär, eine dem Militär hörige Justiz, nach dem „Anschluss“, die gelungene die Zensur richtete und die nationalen und Eine Tagung in Rouen im November 2001 Flucht nach Argentinien und die Versuche, sozialen Spannungen im Vielvölkerstaat setzte sich mit dem Thema Exil bzw. im neuen Land heimisch zu werden, schil- anprangerte. 1938 nach London geflüchtet Rückkehr aus dem Exil auseinander. Ein dert. schreibt Sommer über Themen des tsche- Vorabdruck des Vortrages von Wolfgang chischen Widerstandes gegen den Natio- Neugebauer und Siegwald Ganglmair Die Vertreibung von jüdischen Künstlern nalsozialismus, die österreichischen Bau- über „Remigration“ untersucht die Mög- ist Thema zweier Beiträge: ernaufstände, aber auch (bereits im De- lichkeiten und Hindernisse der Rückkehr Jörg Thunecke beschäftigt sich in dem zember 1942) über den technisierten Mas- der aus politischen und rassistischen Artikel „Fritz (Frederick) Brainin. Öster- senmord an den Juden. Sein wohl bekann- Gründen vertriebenen Österreicher und reichischer Dichter in der Neuen Welt“ mit dem Dichter, der nach dem „An- schluss“ in die USA flüchten musste und dessen lyrisches Schaffen durch die Emig- Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes ration im Spannungsfeld zweier Kulturen und zweier Sprachen verlief. Fritz Brainin war sich der Problematik seiner Existenz Schwerpunkt: Exil als Lyriker im englischen Exil bewusst, litt unter dem Verlust des muttersprach- Redaktion: lichen Umfeldes und schaffte als Dichter Christine Schindler nie den ganz großen Durchbruch. Thunecke analysiert — auch anhand von Wien 2003, 212 Seiten, deutschen und englischen Beispielen — i 5,90 detailliert Brainins dichterisches Schaffen JAHRBUCH von 1929, dem Erscheinungsjahr seines Mit Beitr. v. ersten Gedichtbandes Alltag, bis zu seiner Edith Blaschke, Milo Dor, Egon letzten Arbeit, der Übersetzung ins Engli- Ehrlich / Helga Raschke, Christoph sche von Gedichten Theodor Kramers, Haacker, Philipp Mettauer / Regula während der er 1992 verstarb. Nigg, Jonny Moser, Wolfgang Der Beitrag von Christoph Haacker 2003 Neugebauer / Siegwald Ganglmair, „Ernst Sommer — Deutscher Jude, tsche- Jörg Thunecke 2 Mitteilungen 161

Österreicherinnen. Die überwiegende Mehrzahl der Flüchtlinge war aus „rassi- RUDOLF EDLINGER NEUER DÖW-PRÄSIDENT schen“ Gründen vertrieben worden. Auf- grund ihrer Erlebnisse von Unrecht und Bundesminister a. D. Rudolf Edlinger wurde im Rahmen der DÖW-Kuratoriums- Demütigung in ihrer alten Heimat, der all- sitzung am 31. März 2003 zum neuen Präsidenten des DÖW gewählt. Er löst damit gemeinen Lage im Nachkriegsösterreich Landtagspräsident a. D. Hubert Pfoch ab, der 20 Jahre durchgehend an der Spitze des mit seiner halbherzigen Entnazifizierung, Dokumentationsarchivs stand und nun als Ehrenpräsident des DÖW fungiert. des nach wie vor praktizierten Antisemi- Nachfolger des ebenfalls aus Altersgründen zurückgetretenen DÖW-Vizepräsidenten tismus und des bekannt gewordenen Aus- Dr. Hubert Jurasek wurde KR Dr. Gerhard Kastelic. maßes des Holocaust, aber auch wegen Zum Kassier wurde Prof. Dr. Jonny Moser, zum Kassier-Stellvertreter Othmar Burian der inzwischen stattgefundenen Integra- gewählt. Diözesanrichter Dr. Stefan Denk schied aus Altersgründen aus dem Vorstand tion im neuen Land dachten fast alle die- aus. ser EmigrantInnen nicht mehr an Rück- kehr, sondern an Einbürgerung im neuen DÖW-VORSTAND 2003 Land. Demgegenüber fühlten sich die po- litischen Flüchtlinge wie Sozialdemokra- Ehrenpräsident: Landtagspräs. a. D. Hubert Pfoch. Präsident: BM a. D. Rudolf ten, Kommunisten, Christlich-Konservati- Edlinger. Vizepräsidenten: KR Dr. Gerhard Kastelic, Prof. Hugo Pepper, Staats- ve und Legitimisten nie als Emigranten. sekretär a. D. Dr. Ludwig Steiner, Abg. a. D. Prof. Alfred Ströer, Oskar Wiesflecker. Sie waren vielmehr bestrebt, nach dem Kassier: Prof. Dr. Jonny Moser. Kassier-Stv.: Othmar Burian. Weitere Mitglieder: Ende der Hitlerdiktatur so früh wie mög- Dr. Heinz Arnberger, Mag. Dr. Brigitte Bailer, Sr. Dr. Edith Beinhauer, Obersenatsrat lich zurückzukehren und das politische Univ.-Prof. Dr. Hubert Christian Ehalt, Prof. Rudolf Gelbard, Sekt. Chef i. R. Leben daheim mitzugestalten. Aber auch Dr. Wilhelm Grimburg, RA Dr. Heinrich Keller, MR Mag. Elisabeth Morawek, sie waren mitbetroffen von der gegen Re- Präs. d. IKG Dr. Ariel Muzicant, Abg. a. D. Ing. Ernst Nedwed, Prof. Rudolf Sarközi, migrantInnen gerichteten Stimmung in Dr. Richard Schmitz, OSR Dr. Kurt Scholz, Abg. a. D. Dr. Edgar Schranz, Univ.-Prof. weiten Kreisen der Bevölkerung und in Dr. Erika Weinzierl, Dr. Helmut Wohnout. Wissenschaftlicher Leiter: Hon.-Prof. Dr. fast allen Parteien. Der Beitrag streift all Wolfgang Neugebauer. Kontrolle: OSR Dr. Josefa Breuer, Friederike Krenn, diese Fragen und verweist vor allem auf Mag. Peter Soswinski. das Forschungsdesiderat „Remigration“.

über das Massaker in der serbischen Stadt Wehrmacht in Gotha. Anfang 1945 wurde Das „andere“ Exil untersucht Edith Kragujevac. Um den Widerstand der Be- Gadolla Kampfkommandant der Stadt, Blaschitz im Beitrag „NS-Flüchtlinge ös- völkerung Jugoslawiens zu brechen und eine Verteidigung hielt er allerdings An- terreichischer Herkunft: Der Weg nach vor dem Hintergrund des nationalsozialis- fang April 1945 für völlig sinnlos und ver- Argentinien“. Die Möglichkeiten legaler tischen Rassenwahns, führte die Deutsche suchte die Stadt am 3. April kampflos den Emigration werden dabei ebenso themati- Wehrmacht zahlreiche Massenhinrichtun- amerikanischen Streitkräften zu überge- siert wie die illegale Flucht, die Fahndung gen in jugoslawischen Ortschaften durch, ben. Er wurde verhaftet, am 4. April 1945 nach geflüchteten Kriegsverbrechern und für jeden getöteten deutschen Soldaten in Weimar vom Standgericht der Wehr- das Verhalten der österreichischen Bot- sollten 100 und für jeden verwundeten machtskommandantur zum Tode verurteilt schaft in Buenos Aires. Blaschitz nennt 50 Geiseln erschossen werden. Im Okto- und am 5. April 1945 um 7 Uhr früh er- Namen und biographische Daten geflüch- ber 1941 wurden in Kragujevac 3.200 schossen. Zwei Stunden später wurde teter Nazigrößen, darunter der ehemalige Männer zwischen fünfzehn und fünfzig Gotha den Amerikanern übergeben. Landesstatthalter und Gauhauptmann der Jahren verhaftet, die jüngeren oft direkt Steiermark Armin Dadieu, Minister im von der Schulbank weg. Bereits gefangene Jonny Moser erzählt in seinem Artikel Kabinett Seyß-Inquart und Generalkom- Juden und Kommunisten wurden als Erste „Von der Don-Front ins jüdische Spital in missar für Finanz und Wirtschaft Hans erschossen. Am 21. Oktober 1941 folgten Wien“ die Geschichte von ungarisch-jüdi- Fischböck, Gerhard Lausegger, verant- die weiteren Hinrichtungen, insgesamt schen Arbeitsdienstsoldaten, die im Feb- wortlich für die Ermordung des Vorstehers wurden 2.300 Serben umgebracht. Milo ruar 1943 im Spital in der Malzgasse mit der Israelitischen Kultusgemeinde Inns- Dor präsentiert die erschütternden Aussa- schweren Erfrierungen eingeliefert wur- bruck Ing. Richard Berger, Unterrichts- gen der wenigen Überlebenden, die auch den. Moser erläutert das ungarische Sys- minister im Kabinett Seyß-Inquart Oswald von den nach dem Massaker auf dem Feld tem des Arbeitsdienstes, eine militärische Menghin, Eduard Roschmann, Komman- herumliegenden Schulheften, Schülerkap- Dienstpflicht für unliebsame Personen — dant des Rigaer Ghettos. Keiner der Ge- pen und Wörterbüchern berichten. Linksoppositionelle, Angehörige nationa- nannten wurde je für seine Verantwortlich- ler und religiöser Minderheiten —, die oh- keiten und Taten zur Rechenschaft gezo- Mit dem Widerstand in der Deutschen ne Waffen abzuleisten war, ebenso wie die gen; Josef Schwammberger, u. a. Kom- Wehrmacht beschäftigt sich der Artikel ungarische Sondergesetzgebung für die jü- mandant des Ghettos Przemys´l, wurde von Egon Ehrlich und Helga Raschke dische Bevölkerung. Die in Wien behan- 1992 wegen Mordes und Beihilfe zum über „Josef Ritter von Gadolla. Ein Gra- delten jüdischen Arbeitsdienstler wurden Mord an über 650 Menschen zu lebenslan- zer Offizier im militärischen Widerstand“. anschließend nach Ungarn zurückge- ger Haft verurteilt. Gadolla, bereits aktiver Offizier in der ös- schickt. Es ist unklar, ob ihre leidvolle terreichisch-ungarischen Monarchie, bei Odyssee in Auschwitz endete, bei der Außerhalb des Themen-Schwerpunkts der Volkswehr und im österreichischen Zwangsarbeit am Süd-Ost-Wall, bei einem „Exil“ schreibt der bekannte Schriftsteller Bundesheer der Ersten Republik wurde der Todesmärsche oder ob sie zu den we- Milo Dor in „Die Mechanik des Tötens“ 1943 Wehrmeldeamtsleiter der Deutschen nigen gehörten, die den Terror überlebten. April 2003 3

WIR BETRAUERN 40 JAHRE DÖW

Die Jahresversammlung des Dokumentationsarchivs des österreichischen Wider- Prof. Dr. Marcel Prawy, der dem Kurato- standes findet heuer aus Anlass des 40-jährigen Bestehens des DÖW im Rahmen ei- rium des DÖW angehörte, verstarb am ner Festveranstaltung am 5. Mai 2003 im Wiener Rathaus statt. Festredner ist der 23. Februar 2003 im 92. Lebensjahr. Präsident des Verwaltungsgerichtshofes und Vorsitzende der Österreichischen Prawy musste 1938 in die USA emigrie- Historikerkommission, Univ.-Prof. Dr. Clemens Jabloner. ren. Von 1943 bis 1946 gehörte er der U. S. Army als Sprachlehrer an. Zeitgerecht zur Veranstaltung gibt das DÖW die Broschüre „40 Jahre Dokumenta- tionsarchiv des österreichischen Widerstandes“ heraus, die ein Geleitwort von Erika Volkmar Gabert, Bundesvorsitzender der Weinzierl sowie Beiträge von Wolfgang Benz, Henry Friedlander, Peter Steinbach Seliger-Gemeinde, starb am 19. Februar sowie Brigitte Bailer-Galanda und Wolfgang Neugebauer enthält. Eine Bibliogra- 2003 im Alter von 79 Jahren. phie der vom DÖW herausgegebenen bzw. betreuten Publikationen (zusammenge- stellt von DÖW-Bibliothekar Herbert Exenberger) sowie eine Zusammenstellung der von DÖW-MitarbeiterInnen verfassten/herausgegebenen Arbeiten geben einen WIR GRATULIEREN Überblick über die Bandbreite der wissenschaftlichen Forschungsbereiche.

Univ.-Prof. Dr. Erika Weinzierl, Mitglied Dokumentationsarchiv des des DÖW-Vorstands, wurde mit dem Do- . österreichischen Widerstandes (Hrsg.) Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes . nauland-Sachbuch-Preis danubius ausge- (Hrsg.) zeichnet. n 40 Jahre Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes Ihren 80. Geburtstag feierten DÖW- 40 JAHRE 1963–2003 Vorstandsmitglied Sekt. Chef Wilhelm DOKUMENTATIONSARCHIV DES ÖSTERREICHISCHEN Grimburg und DÖW-Kuratoriumsmit- WIDERSTANDES Wien 2003, 112 Seiten glied Prof. Kurt Schubert. 1963–2003 EUR 5,–

Rella Steiner, Witwe des 2001 verstorbe- nen ehemaligen wissenschaflichen Leiters des DÖW Univ.-Doz. Dr. Herbert Steiner, vollendet am 28. April 2003 ihr 80. Le- bensjahr.

Seinen 70. Geburtstag feierte DÖW-Ku- ratoriumsmitglied BM a. D. Präs. Karl Blecha.

nationalen und Mitglied der als rechtsext- versität Wien mit dem DÖW als einer in- rem eingestuften Wiener Burschenschaft ternational anerkannten außeruniversitä- Solidarität mit DÖW „Olympia“, zum Mitglied des Universi- ren wissenschaftlichen Institution ein tätsrates der Universität Wien zum Aus- wichtiges Anliegen. Sie betrachten daher druck gebracht. (http://www.univie.ac.at/ derartige Aussagen eines von der Regie- In einem offenen Brief an BM Elisabeth konvent/stellungnahme.html) rung ernannten Mitgliedes des Univer- Gehrer protestierten die Vorstände der In- Die Vorstände der Institute für Alte Ge- sitätsrates der Universität Wien als völlig stitute für Alte Geschichte, Altertums- schichte, Altertumskunde und Epigraphik, inakzeptabel und als Schädigung der gu- kunde und Epigraphik, Geschichte, Öster- Geschichte, Österreichische Geschichts- ten wissenschaftlichen Kontakte der Uni- reichische Geschichtsforschung, Ostasien- forschung, Ostasienwissenschaft, Wirt- versität Wien. wissenschaft, Wirtschafts- und Sozialge- schafts- und Sozialgeschichte und Zeitge- Ao. Univ.-Prof. Dr. Birgit Bolognese- schichte und Zeitgeschichte am 10. März schichte teilen diese Sorge des Grün- Leuchtenmüller, Vorstand des Instituts für 2003 gegen diffamierende Angriffe seitens dungskonvents. Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Notars Dr. Friedrich Stefan auf das Die inzwischen in der Wochenzeitschrift Univ.-Prof. Dr. Karl Brunner, Vorstand DÖW. „Profil“ (Ausgabe 10/03) veröffentlichen des Instituts für Österreichische Ge- Aussagen von Notar Dr. Friedrich Stefan, schichtsforschung In dem Schreiben heißt es u. a.: in denen das Dokumentationsarchiv des A. Univ.-Prof. Dr. Johanna Gehmacher, Der Gründungskonvent der Universität österreichischen Widerstandes (DÖW) in stv. Vorstand des Instituts für Zeitge- Wien hat in seiner Stellungnahme vom diffamierender Weise angegriffen wird, schichte 28. 2. 2003 seiner ernsten Sorge anläss- bestätigen und verstärken diese Bedenken. A. Univ.-Prof. Dr. Alojz Ivanisevic, lich der Bestellung von Notar Dr. Fried- Den oben genannten Instituten ist die gute stv. Vorstand des Instituts für rich Stefan, einem bekennenden Deutsch- und fruchtbare Zusammenarbeit der Uni- Osteuropäische Geschichte 4 Mitteilungen 161

O. Prof. Dr. Sepp Linhart, Vorstand des ERANSTALTUNGENN Instituts für Ostasienwissenschaften V A. Univ.-Prof. Dr. Friedrich Stadler, Vorstand des Instituts für Zeitgeschichte Am 29. April 2003 lädt die Universität des DÖW, sowie Mag. Eva Blimlinger, O. Prof. Dr. Wolfgang Schmale, stv. Wien zu einer Gedenkveranstaltung für Forschungskoordinatorin der Historiker- Vorstand des Instituts für Geschichte Marietta Blau (1894–1970) ein. Sie war kommission, unter Mitwirkung weiterer A. Univ.-Prof. Dr. Karl Vocelka, Vorstand unter den ersten Frauen, die in Wien Phy- HistorikerInnen ab 29. April 2003 Ergeb- des Instituts für Geschichte sik studierten. Höhepunkt ihrer Forschung nisse der Historikerkommission vor. Univ.-Prof. Dr. Ekkehard Weber, Vorstand war die Entdeckung von „Zertrümme- Kurs-Nr. V 811; Termine: jeweils Diens- des Instituts für Alte Geschichte rungssternen“, den Spuren der Kernreak- tag: 29. April, 6., 13., 20. Mai um tionen, die die Höhenstrahlung in den Fo- 18.30 Uhr. Kosten: EUR 5,–. toplatten bewirkt. 1938 emigrierte sie auf Anmeldung: [email protected] Publikation von Vermittlung Albert Einsteins nach Mexi- ko. Nach ihrer Übersiedlung in die USA Bis 11. Mai 2003 kann im Karikatur- Ivan Hacker war sie zunächst in der Industrie tätig, be- museum Krems (Kunstmeile Krems, Stei- vor sie 1948 wieder Zugang zur Teilchen- ner Landstraße 3a; täglich 10.00 bis 18.00 physik und somit zu wissenschaftlicher Die Publikation „Unser Weg in die Hölle. Uhr) die Ausstellung „Heartfield. Foto- Forschung fand. Als sie 1960 nach Wien Ungarische Juden in den Klauen der SS. montagen 1928–1939“ besichtigt werden. Ein authentischer Bericht“ von Ivan zurückkehrte, war sie bereits dreimal ver- Hacker ist neu aufgelegt worden. Ivan geblich für den Nobelpreis vorgeschlagen Hacker war Präsident der Israelitischen worden. In ihrer Heimatstadt fand sie die Das Sigmund Freud-Museum (Berggasse Kultusgemeinde Wien und gehörte dem unaufgearbeiteten Probleme der Nazizeit 19, 1090 Wien) zeigt bis September 2003 Vorstand des DÖW an. Interessierte erhal- vor. die Ausstellung „Freuds verschwundene ten das Buch zum Preis von EUR 15,– bei: Im Rahmen der Veranstaltung wird die Nachbarn“. Das Gebäude Berggasse 19 Gabriella Teichner, Fax: 914 65 60 10 von Robert Rosner und Brigitte Stroh- verweist heute auf den Namen Freud und oder e-mail: [email protected]. maier herausgegebene Publikation „Ma- die Entstehung der Psychoanalyse, doch rietta Blau — Sterne der Zertrümmerung“ jenseits seiner musealen Funktionen dient (Band 3 der Reihe „Beiträge zur Wissen- es wie zu Freuds Zeiten als Miets- und schaftsgeschichte und Wissenschaftsfor- Geschäftshaus. Im Mittelpunkt der Aus- Studienreise nach Polen schung“, Verlag Böhlau, Wien) präsen- stellung stehen ein Haus, seine ehemali- tiert. gen Bewohner und Bewohnerinnen. An- Zeit: Dienstag, 29. 4. 2003, 16.00 Uhr c.t. hand von acht Wohnungen werden das Das Pädagogische Institut des Bundes in Ort: Kleiner Festsaal der Universität Bild der einstigen Hausgemeinschaft ent- Wien veranstaltet vom 3. bis 12. Juli 2003 Wien, Dr.-Karl-Lueger-Ring 1, worfen und Einblicke in das Leben jener eine Studienfahrt nach Polen: „Das Sys- 1010 Wien BewohnerInnen gegeben, die durch den tem der nationalsozialistischen Konzentra- Nationalsozialismus vertrieben oder er- tionslager“. Besichtigt werden u. a. mordet wurden. Über das Aufzeigen von Auschwitz, Belzec, Majdanek, Sobibor, In einer Vortragsreihe des Jüdischen Insti- Einzelschicksalen hinaus liefert die Aus- und Treblinka. Kosten: EUR 790,–. tuts für Erwachsenenbildung (Praterstern stellung Fallgeschichten über „Arisierun- Informationen: Johannes Schwantner, 1, 1020 Wien) stellen Dr. Brigitte Bailer- gen“ und die NS-Wohnungspolitik und Tel. 0699 1305099 oder 01 5991695351 Galanda, stellvertretende Vorsitzende der skizziert die verschleppte Entschädigungs- (BS Gastgewerbe). Historikerkommission und Mitarbeiterin praxis der Zweiten Republik.

Eröffnung Segnung und Eröffnung: P. Dr. Ludwig Schwarz SDB, Weihbischof in Wien Restituta- Dokumentation Begrüßung: Glaube gegen NS-Gewalt Sr. Mag. Hilda Daurer, Generaloberin Gedenkräume für Vorstellung des Konzepts: Dokumentation und Begegnung Dr. Arthur Saliger, Leiter des Museums mittelalterlicher Kunst und (14 Themen, bleibende Kustos der Mittelaltersammlung der Österr. Galerien Belvedere Dokumentation) Helene Kafka (Maria Restituta), Schwes- Vorstellung der Dokumentation: ter des Ordens der Franziskanerinnen von Prof. Herbert Exenberger, DÖW der christlichen Liebe (Hartmannschwes- Sr. Dr. Edith Beinhauer, Vizepostularin der Causa der sel. M. Restituta tern), wurde am 30. 3. 1943 wegen „Hoch- verrats“ im Landesgericht Wien hingerich- Zeit: 24. April 2003, 19.00 Uhr tet. 1998 wurde Sr. Maria Restituta selig gesprochen. Ort: Hartmannspital — Foyer, Nikolsdorfergasse 26–36, 1050 Wien April 2003 5 NEUES VON GANZ RECHTSN

lichen Homepage nichts zu suchen [hat]“. tung von Volkskultur, Brauchtum und deut- Jungfreiheitliche im Dieser Hinweis verhallte wohl ungehört, scher Sprache einsetzt.“ (Eckart, Februar Dunstkreis von Neonazis hat doch ein User am 8. Februar 2003 die 2003, S. 7) Zur Kontaktaufnahme ist das inoffizielle SS-Hymne „Wenn alle untreu Postfach des BfJ angegeben. Schließlich werden ...“ in das Forum gestellt, wo sie wird auch noch der „Tag der Volkstreuen Im Gästebuch der neonazistischen Hei- noch Ende Februar abrufbar war. Jugend“ im Eckart (ebenda, S. 27) bewor- mattreuen Deutschen Jugend findet sich Auch mit den Links zu rechtsextremen ben. ein mit 19. 12. 2002 datierter Eintrag aus Parteien aus ganz Europa drückt der RFJ- In der Rubrik „Persönliches“ gratuliert der Österreich: Der Ring Freiheitlicher Ju- Kärnten auf seiner Homepage aus, wo er Eckart dem „Leser“ Jürgen Schützinger gend (Klagenfurt Land) wünscht „allen politisch steht. zum Erhalt eines Verdienstabzeichens für Freunden und Sympathisanten“ ein „schö- seine 20-jährige Tätigkeit im Gemeinderat nes Julfest“ und verweist auf seine neue von Villingen-Schwenningen (BRD). „Heimseite“. Landsmannschafter Schützinger trat 1975 der NPD bei, wo er Dort begrüßt einen der stellvertretende und Neonazis bis zum Bundesgeschäftsführer aufstieg. Landesobmann des RFJ-Kärnten, Florian Aufgrund seiner rechtsextremen Aktivitä- Thomas Rulitz, der als „politische Vor- ten wurde er nach längerem Verfahren bilder“ Jörg Haider, Ewald Stadler und Der Eckart, Organ der rechtsextremen Ös- 1987 aus dem Polizeidienst entlassen. Umberto Bossi angibt. Gekämpft wird vor terreichischen Landsmannschaft (ÖLM), Nach seiner Kündigung bei der NPD fand allem gegen die „Amerikanisierung“, die bewirbt in seiner Februar-Ausgabe eine er sich Anfang der 90-er Jahre unter den wie „ein Schimmelpilz [...] unser Heimat- Neonazi-Demonstration in Dresden: Der Gründern der rechtsextremen Deutschen land [überzieht].“ Schon die „Jüngsten“ „Trauermarsch im Gedenken der ermorde- Liga für Volk und Heimat, wo er ebenfalls würden in der Volksschule „der Yankee- ten Deutschen durch alliierte Bombenan- in den Vorstand aufstieg. Kultur [...] ausgesetzt“. Angesichts dieser griffe auf Dresden 1945“ (Februar 2003, „Gehirnwäsche“ und „Propagandawelle“ S. 27) wird von der Jungen Landsmann- gibt der RFJ-Kärnten die Losung „Zurück schaft Ostpreußen (JLO) organisiert. Wie Zur Zeit über den zu den Wurzeln unserer Ahnen und Vor- jedes Jahr mobilisiert auch heuer die ge- jüdischen „Hass“ fahren“ aus. Auch mit der Sammlung von samte neonazistische Szene —— von der Unterschriften wollen sich die Jungfrei- Nationaldemokratischen Partei Deutsch- Der konservative Theologe Robert Prant- heitlichen der „Kulturschänder“ erwehren. lands (NPD) bis zum Milieu der Freien ner, der schon 1997 in Zur Zeit die antijü- Unter dem Titel „Friede für den Nahen Kameradschaften — zu diesem zentralen dische Ritualmordlegende aufwärmte, Osten“ verdeutlichen die Kärntner Jung- Ereignis. widmet sich im FPÖ-nahen Wochenblatt freiheitlichen ihr Geschichtsverständnis: Der zunehmende Extremismus der 1991 wieder einmal seinem fixen Thema — „Hitler suchte ‚Lebensraum‘ und ver- gegründeten JLO veranlasste die Lands- dem unversöhnlichen „Hass“ der Juden brannte dafür unsere Erde. mannschaft Ost- auf die Christen. Prantner empört sich zu- Bush will Öl für seine ener- preußen, sich An- nächst über die Kontrolle des Erzbischofs giefressenden Ami-Schlitten Februar–April 2003 fang 2000 von ihrer von Jerusalem durch „jüdische[n] Beam- und gefährdet damit die ganze Jugendorganisation te“ (Zur Zeit 6/2003, S. 10) am Flughafen Menschheit. Bush und Hitler zu trennen. Adolf Tel Aviv, um diese dann in einen sinnstif- — die Ziele, die Mittel, die Mentalität ha- Hitler wurde auf der Homepage der JLO- tenden größeren Zusammenhang einzu- ben verdammt viel Ähnlichkeit.“ Sachsen/Niederschlesien schon mal als ordnen: „Der Hass der jüdischen Herren Im Forum zitiert ein User namens „Frei- „Sachverwalter und Garant deutscher Grö- von Palästina bleibt. Seit den Schreien maurer“ zustimmend aus der antisemiti- ße“ bezeichnet. Eng arbeitet die JLO mit rund um das Synedrium der Hohenpries- schen Fälschung „Die Protokolle der Wei- der NPD zusammen, der stellvertretende ter vor knapp zwei Jahrtausenden: ‚Ans sen von Zion“, wonach die „Weisen selbst JLO-Bundesvorsitzende ist gleichzeitig Kreuz mit ihm!‘ Und er verbreitete sich bis die seit dem 15. Jahrhundert bestehende Aktivist in der NPD-Studentengruppe an die Twin Towers des ‚World Trade Cen- Freimaurerei als wesentliches Instrument Nationaldemokratischer Hochschulbund ter‘ von New York vor dem ‚11. des Sep- zur Vorbereitung der Weltherrschaft nach (NHB). Das Landesamt für Verfassungs- tember 2001‘.“ (Ebenda) getaner Arbeit verbieten würden“. Eben- schutz Sachsen beobachtet dementspre- Nicht das erste Mal fällt Prantner mit sei- falls im Forum eingetragen hat sich das chend die Aktivitäten der JLO. nem Vorwurf des Gottesmordes hinter das neonazistische Radio Freiheit, welches In Österreich ruft neben der ÖLM nicht Zweite Vatikanum zurück. Dass aber der unter den „Volksgeschwister[n]“ für sich nur die neonazistische Kameradschaft „Hass der jüdischen Herren“ auch für den wirbt. Der Wiener FPÖ-Abgeordnete Germania zur Teilnahme am „Trauer- Terrorangriff auf das World Trade Center Eduard Schock (aB! Aldania) gratulierte marsch“ in Dresden auf, sondern auch der verantwortlich sein soll, stellt eine neue im Forum dem RFJ-Kärnten am 5. 12. Bund freier Jugend (BfJ). Dieser kommt Qualität dar. 2002 zu seiner „gelungenen Homepage“. im aktuellen Eckart ebenfalls zu Ehren. Er „muss“ die Jungrecken jedoch „darauf Über den Nachwuchs der rechtsextremen hinweisen“, dass diese „gewisse Dinge Arbeitsgemeinschaft für demokratische Ochensberger wieder aktiv (vor allem im Forum) löschen sollten“. Politik (AFP) heißt es dort: „Der Bund Konkret nennt Schock ein „Nazi-Lied aus Freier Jugend ist eine unabhängige Ju- Nach einer längeren haftbedingten Pause dem 2. WK“, welches „auf einer freiheit- gendorganisation, die sich für die Erhal- erschien Anfang März eine neue Ausgabe 6 Mitteilungen 161 von Walter Ochensbergers Zeitschrift Dem Brief lag ein vierseitiges Dossier zu handle sich um Juden) dürfen dem ameri- Phoenix. Dem Vorarlberger Neonazi steht den Entwicklungen in der FPÖ bei. kanischen Staat grünes Papier im Wert nun sein alter Kamerad Egon G. L. Rieder Haiders Funktion sei es gewesen, die „hei- von einem Cent mit der Aufschrift: ‚100 (Mohammedia = Marokko) als verant- mattreuen Österreicher“ eng an sich und Dollar‘ bedrucken und diesen Plunder so- wortlicher Redakteur und Geschäftsführer die FPÖ zu binden und so in das System dann dem Staat gegen Zins zur Verfügung zur Seite, verantwortlich für den Vertrieb zu integrieren. Dadurch sollte das Ent- stellen.“ Bei seiner Suche nach den an- zeichnet Michael H. Huber. Wieder mit stehen einer Partei, die noch weiter rechts geblichen Motiven der USA glaubt Hon- dabei sind die treuen Leser Walter Koren, stehe als die FPÖ, verhindert werden. sik eine Gemeinsamkeit zwischen Hitler Erwin Landl und Stefan Birnstingl, wel- Aber nun sei mit Haider eine „freiheitliche und Saddam Hussein entdeckt zu haben. che mit ihren Leserbriefen zwei Seiten Legende [...] am Ende“. Die „Herren der Wallstreet“ bzw. die von füllen. diesen in Abhängigkeit gehaltenen USA Inhaltlich bietet Phoenix nichts Neues: hätten Nazi-Deutschland deswegen den Ochensberger ist immer noch auf der Spur Zur Zeit im Krieg Krieg erklärt, weil „Hitler sich in unbot- von allerlei (natürlich jüdischen oder zio- mäßiger Weise der amerikanischen Herr- nistischen) Verschwörungen. Auch hinter Im FPÖ-nahen Wochenblatt Zur Zeit geht schaft entzogen und ein vom Dollar unab- der Antiglobalisierungsbewegung soll die Friedrich Romig der Frage nach den ver- hängiges Geldsystem eingeführt [hat]“. obligate jüdische Weltverschwörung meintlich jüdischen Interessen am Irak- Nun habe sich Saddam Hussein erdreistet, stecken: „In ‚offiziellen‘ Widerstands- Krieg nach. Dieser sei vor allem im Inte- „seine Ölgeschäfte, soweit sie ihm erlaubt organisationen können geheimdienstliche resse Israels, das im Schatten des Krieges waren, anstatt in Dollar in Euro abzurech- Elemente im Auftrag der US-‚Ostküste‘ — eine Ausweitung seines Territoriums an- nen“, was von den USA wieder mit Krieg wie z. B. der israelische Auslandsgeheim- strebe: „Israel soll und will eine Groß- beantwortet worden sei. dienst Mossad und seine US-Filiale CIA macht im Nahen Osten werden. Sein Ge- — ihre Aktivitäten frei entfalten und alles biet hat sich vom Jordan bis zum Mittel- in die richtige Richtung lenken.“ (Phoenix meer, im Süden bis zum Suezkanal und im Eckart bewirbt 1/2003, S. 20) Den antizionistischen Cha- Norden über die Golanhöhen hinaus zu Deutsche Stimme-Kongress rakter weiter Teile der Bewegung ausblen- erstrecken. [...] Den Palästinensern ist der dend, heißt es weiter: „Warum ziehen die Aufenthalt auf diesem Gebiet so lange zu idealistischen ‚Antiglobalisten‘ nicht mit verleiden, bis sie ‚abwandern‘.“ (Zur Zeit Im Organ der rechtsextremen Österreichi- ihrem ganzen Aufgebot vor die israeli- 12/2003, S. 16) schen Landsmannschaft (ÖLM), Der schen Botschaften und protestieren gegen Zur Zeit-Chefredakteur Andreas Mölzer Eckart, wird der „1. Freiheitliche Kon- den planmäßigen Kindermord der funda- wird im Editorial der darauf folgenden gress“ des Deutsche Stimme-Verlages be- mentalistisch-extremen Zionisten im ‚Hei- Ausgabe noch deutlicher und spricht vom worben (Der Eckart, April 2003, S. 27). ligen Land‘? Der kontrollierte Widerstand „amerikanisch-angelsächsisch-zionisti- Dieser gibt nicht nur das gleichnamige gegen den Globalismus ist eine Erfindung sche[n] Weltherrschaftsanspruch“ (Zur Organ der Nationaldemokratischen Partei der Globalisierer selbst, die führenden Zeit 13/2003, S. 2). Über das „Kriegsziel Deutschlands (NPD) heraus, sondern ver- Schaltstellen sind alle mit Angehörigen [...] Dollar-Dominanz“ schreibt Gerhoch legt und vertreibt auch im großen Stil der so genannten ‚Auserwählten‘ besetzt Reisegger (ebenda, S. 22 f.). Letzterer hat rechtsextreme bis neonazistische Mach- und so lenken die Drahtzieher nicht nur Kontakte ins neonazistische Milieu und werke. Der vom Eckart beworbene Kon- von ihren Menschheitsverbrechen in Pa- sorgte zuletzt im Jänner 2002 mit seinem gress steht unter dem Motto „Vision lästina ab, sondern stärken am Ende ihre Auftritt bei einer internationalen Tagung Europa — Kampf und Wiedergeburt“ und Globale Weltordnung.“ (Ebenda) von Holocaustleugnern in Moskau für soll zwischen 23. und 25. Mai stattfinden. Aufsehen. Unter den angekündigten Referenten fin- den sich mit Otto Scrinzi und Walter Marinovic auch zwei prominente Expo- Post von Dürr Honsik über Kriegsursachen nenten der rechtsextremen Szene Öster- reichs. Den „Kulturabend“ bestreitet u. a. Ebenfalls nach einer längeren Pause mel- Auch der vor Strafverfolgung nach Spa- der singende Neonazi Frank Rennicke. dete sich Ende Februar der burgenländi- nien geflohene Neonazi Gerd Honsik wid- sche Neonazi Robert Dürr mit einem met sein aktuelles HALT dem neuen alten Rundbrief zu Wort. Auf zwei Seiten be- Feindbild USA. Diese führten Kriege nur Der Patriot entlarvt schwert er sich darüber, dass er im No- aus einem Grund, nämlich dem Zwang vember 2000 „vom Geschworenengericht zum ökonomischen Wachstum. Es sei das Wie jedes rechtsextreme Pamphlet der in Eisenstadt als Verbrecher nach dem „undemokratische Geldschöpfungsrecht letzten Monate beschäftigt sich auch Der NSDAP-Verbotsgesetz abgeurteilt“ wor- Amerikas“ (HALT 114), welches den Patriot mit den USA und dem Irak-Krieg. den sei. Dieses Urteil entspreche „in sei- Zwang zur permanenten Expansion produ- Chefredakteur Günther Seger nennt dort ner Konsequenz [...] der Zielsetzung des ziere. Und wieder werden Juden und Präsident Bush einen „Größenwahnsinni- Morgenthau-Planes und anderer Völker- Jüdinnen für das Unglück verantwortlich ge[n], der sich anscheinend vom Talmud mordpläne“. Der Brief endet mit einem gemacht: „Dieses Bündnis aus Privat- und nicht vom Neuen Testament inspirie- Aufruf, die Notwehrgemeinschaft der banken [‚Federal Reserve Banken‘] hält ren lässt“, er habe „schnell von den wah- Bauern per beigelegten Zahlschein zu un- das Geldschöpfungsrecht der größten In- ren Herrschern dieser Welt und vor allem terstützen: „Ihr Beitrag für den Befrei- dustriemacht der Erde und somit die Leit- aus ihrer menschenverachtenden Schrift ungskampf unseres Volkes ist nach dem währung der Welt in Händen. [...] Eine — dem Talmud — gelernt!“ (Der Patriot, Platzen der FPÖ wichtiger denn je!“ Handvoll Familien (Antisemiten sagen, es 2p/2003, S. 4) April 2003 7 REZENSIONENN

Friedrich, Jörg: Der Brand. Dies ist eine legitime Fragestellung, die wendigkeit“ besonders umstritten ist). Der Deutschland im Bombenkrieg sowohl in Großbritannien (im Gegensatz Luftkrieg gegen Deutschland hat eine Vor- 1940–1945. Propyläen: München 2002. zu NS-Deutschland) und den USA schon geschichte. Am 5. Mai 1942 erfolgte von 591 S. während des Krieges immer wieder und britischer Regierungsseite die Anweisung besonders nach dem Krieg öffentlich dis- zu Luftangriffen auf deutsche Städte mit kutiert wurde. Es wurden und werden den oben genannten Zielen. Gerade als Das vorliegende Buch bietet auf fast 600 auch dort Vorbehalte geäußert. Auch unter Luftmarschall Harris mit der Realisierung Seiten ausführliche Schilderungen des bri- britischen und amerikanischen Militär- seines Konzepts begann, konnte die briti- tisch-amerikanischen Bombenkriegs, der historikern wurde und wird kontrovers sche Bevölkerung am 1. Februar 1943 im während des Zweiten Weltkriegs viele diskutiert, ob diese Luftangriffe Ende deutschen Rundfunk Goebbels hören, des- deutsche Städte verheerte. Neben einer 1944 und Anfang 1945 militärisch not- sen wiederholte Frage „Wollt ihr den tota- Fülle von technischen und taktischen De- wendig und deshalb vertretbar waren. len Krieg?“ von der anwesenden Men- tails des Luftkrieges befasst sich der Autor Obwohl einzelne englische Politiker, Mili- schenmasse mit begeistertem „Ja“ und mit der Strategie, die dem britisch-ameri- tärs und Wissenschafter diese Fragen ganz „Sieg Heil“-Gebrüll beantwortet wurde. kanischen Luftkrieg — seiner Meinung oder teilweise mit „Nein“ beantworten, Etwas später, am 17. August 1943, wurde nach — zugrunde lag: den Krieg gegen geht der Konsens der Meinungen heute von der Royal Airforce (RAF) zum ersten Deutschland in der Luft zu gewinnen. dahin, dass dieses Konzept aus der kon- Mal Peenemünde angegriffen, wo die Flächenbombardements und Feuerstürme, kreten Kriegssituation Großbritanniens „Wunderwaffen“ hergestellt wurden, die die sowohl die Industrie als auch vor al- begriffen werden muss. 1940 wurde die Deutschland den „Endsieg“ bringen soll- lem die Zivilbevölkerung trafen, sollten britische Armee durch den „Blitzkrieg“ ten. zum Zusammenbruch der Moral der deut- der Deutschen Wehrmacht vom Kontinent schen Bevölkerung und damit zum Ende vertrieben, die neutralen Niederlande und Tatsachen, die nicht in das Konzept des des Krieges führen. Dieser Luftkrieg wur- Belgien überfallen, die französische Re- Autors passen, werden im Buch unter- de vor allem vom britischen Bomber gierung kapitulierte. Die siegreiche Wehr- spielt. Die ersten Bombengroßangriffe auf Command und ab 1942 von der in Groß- macht stand am Ärmelkanal und traf Vor- zivile Ziele führte die japanische Luft- britannien stationierten 8. US-Luftflotte bereitungen für den Angriff auf England. waffe gegen chinesische Städte zu Beginn getragen. Tatsächlich gab es in Großbri- Die Luftwaffe begann den „Blitz“ gegen der dreißiger Jahre — und ebenfalls in den tannien einige Politiker und Militärs, die Großbritannien. Die deutsche U-Boot- dreißiger Jahren erfolgten die italienischen eine solche Orientierung für richtig hiel- flotte schien den Krieg im Atlantik zu ge- Luftangriffe gegen abessinische Städte. ten. winnen und damit die lebenswichtigen Den Bombenreigen in Europa eröffnete Nachschublinien für Großbritannien zu das faschistische Deutschland 1937 mit ei- Das Buch ist nicht „einseitig“. Nach der bedrohen. Die einzige Möglichkeit, nicht nem ganztägigen Luftbombardement der Lektüre besteht kein Zweifel an der Ab- zu kapitulieren und den Krieg gegen den kleinen spanischen Stadt Guernica durch lehnung des NS-Regimes durch den Autor. Aggressor weiterzuführen, schien zu- die Legion „Condor“, wobei diese An- Im Klappentext wird auch auf diesbezügli- nächst darin zu bestehen, den Luftkrieg griffe der deutschen Luftwaffe offenbar che Publikationen verwiesen, einschließ- nach Deutschland zu tragen. In dieser als Training für die späteren Luftüberfälle lich der Mitarbeit an der „Enzyklopädie Situation entwickelte sich schließlich dienten: Warschau 1939 mit tausend Flug- des Holocaust“. Trotzdem hinterlässt das 1942/43 das Konzept, mit Großangriffen zeugen, Rotterdam, das im Mai 1940 Buch einen zwiespältigen Eindruck. Der aus der Luft nicht nur Industrie und durch Flächenbombardements und Feuer- Autor verschweigt die Untaten des NS- Transportwesen schwer zu schädigen (was sturm zerstört wurde, und ab Sommer Regimes nicht und schildert solche an ver- nur zum Teil gelang), sondern durch Flä- 1940 monatelange Luftangriffe auf briti- schiedenen Stellen des Buches, doch er- chenbombardements und Feuerstürme die sche Städte. Der deutsche Rundfunk be- scheinen diese merkwürdig unterkühlt ge- Moral der Bevölkerung zu zerstören (was richtete im September triumphierend über genüber den Schilderungen der Luftan- nicht gelang), um den Sieg und das Ende das „pulverisierte“ London und meldete griffe auf deutsche Städte und deren Fol- des Krieges herbeizuführen. Als Verfech- kurz später mit Stolz die Zerstörung Co- gen. ter dieser Politik gilt insbesondere Luft- ventrys. Der britische Militärhistoriker Viele solche Angriffe werden penibelst marschall Harris, der Chef des britischen Robin Neillands schreibt in seinem Buch aufgelistet. Die Schilderungen gehen in Bomberkomnandos. „Der Krieg der Bomber“: „In jenen grauenhafteste Details — Flächenbombar- Mir scheint die Schieflage des Buches Nächten säte Deutschland den Wind für dements, Feuerstürme, Erstickungen, Ver- darin begründet, dass der Autor den den Sturm, der die deutschen Städte in den stümmelungen, detaillierte Aufzählung Luftkrieg gegen Deutschland nicht genü- folgenden Jahren heimsuchen sollte.“ Ein von Verwundeten und Toten, ja sogar ge- gend in den allgemeinen Kontext des Kriegsschauplatz, den der Autor ganz aus- töteter Tiere. Es wird die berechtigte Fra- Krieges stellt, auch wenn dies nicht seine spart, ist die ehemalige Sowjetunion, in ge gestellt, ob die Angriffe mit tausend Absicht sein sollte. Der Bombenkrieg ge- der sowohl zu Lande als auch aus der Luft Bombern 1943/44 und auch noch 1945, gen die Zivilbevölkerung begann eben mehr als tausend Städte und zehntausende die vom britischen Bomber Command bei nicht mit den Luftangriffen auf Deutsch- Dörfer zerstört wurden. Zum Beginn der Nacht und der amerikanischen Bomber- land und den Angriffen auf Lübeck, versuchten Eroberung von Stalingrad im flotte bei Tag geflogen wurden, kriegsbe- Hamburg und zuletzt noch dem schreck- Sommer 1942 wurden Luftangriffe mit dingt notwendig und moralisch vertretbar lichen Tausend-Bomber-Luftschlag gegen tausend Bombern auf diese Stadt angekün- waren. Dresden 1945 (dessen militärische „Not- digt. 8 Mitteilungen 161

In all diesen Fällen handelt es sich um mutigen Einsatz des Vaters, konnte aber sen war, bemerkte gegenüber Helmut Luftangriffe, bei denen die Ermordung der noch vor dessen Tod viele Gespräche mit Roloff, dass das nie der Fall gewesen sei. Zivilbevölkerung, also der Tod von Kin- ihm führen, die er — gestützt auf die Aus- Jahrzehntelang blieb die Rote Kapelle aus dern, Frauen und alten Menschen zumin- wertung zahlreicher Archive und privater der Würdigung des deutschen Widerstan- dest billigend in Kauf genommen wurde. Quellen — zu einem berührenden Porträt des ausgeschlossen, der konservative His- Der Autor verschweigt diese Tatsachen der Gruppe verarbeitete. toriker Gerhard Ritter etikettierte sie — nicht, aber sie verblassen gegenüber der In der Roten Kapelle fanden sich, ausge- gestützt auf Roeders Schrift — als „Lan- Wucht der Schilderung des Schicksals der hend von einigen Freundeskreisen, hun- desverräter“ und 1969 bediente sich eine deutschen Städte. Auch die Sprache des derte Gegner des Nationalsozialismus un- SPIEGEL-Serie ebenfalls dieser Kli- Autors ist manchmal verstörend. Der terschiedlichster sozialer und politischer schees. Noch 1988 wurde — allerdings Überfall auf die damalige Sowjetunion, Herkunft zusammen. Intellektuelle und bereits vergeblich — von Angehörigen der das Herzstück der deutschen Pläne zur Künstler trafen dort auf Arbeiter, Ange- Verschwörer des 20. Juli 1944 gegen die Welteroberung, ist „ein Fehler“; die Wehr- stellte, Soldaten und Offiziere ebenso wie späte Aufnahme der Dokumentation der macht hat das neutrale Holland nicht über- auf Sozialdemokraten, Kommunisten oder Roten Kapelle in die Gedenkstätte Deut- fallen, sondern ist „eingerückt“; die Bom- bekennende Christen. Es verband sie kein scher Widerstand protestiert. bergruppe 5 der englischen Luftwaffe gemeinsames Programm, sondern offenes Es ist zu hoffen, dass Roloffs Buch einen heißt hier „Einsatzgruppe“; die Keller der Denken, geschärfter Intellekt, Lebensfreu- Beitrag im Bemühen um eine gerechte deutschen Bombenopfer werden zu „Kre- de und ein gewisses Streben nach Indivi- Beurteilung leisten kann. H. G. matorien“. Ob der Autor gewollt oder un- dualität. Einige von ihnen (Schulze- gewollt Anklänge an den Holocaust sug- Boysen und Harnack) arbeiteten in höchs- Der Koffer der Adele Kurzweil. Auf geriert? ten Stellen in Ministerien und erhielten den Spuren einer Grazer jüdischen In einem Interview im ZDF beklagte der Zugang zu wichtigen Informationen, die Familie in der Emigration. Hrsg. von Autor zu Recht das Schicksal von 75.000 an die USA und die Sowjetunion weiterge- Christian Ehetreiber, Heimo deutschen Kindern, die im Luftkrieg getö- geben wurden. tet wurden, und fragte, wie sie dem Halbrainer, Bettina Ramp (ARGE Es war weniger eine homogene Orga- „Feind“ geschadet haben oder hätten. Die Jugend gegen Gewalt und Rassismus in nisation als ein Widerstandsnetzwerk, des- Fragestellung ist verständlich. Jedoch — Kooperation mit Clio). : Clio 2001. sen in die Geschichte eingegangener Na- ohne aufrechnen zu wollen — wäre sie 132 S. me überhaupt erst von der Gestapo kreiert mit einer anderen Frage zu verbinden: wie wurde. Ein abgefangener Funkspruch viele hunderttausende polnische und russi- 1990 wurden in einem südfranzösischen wurde der Gruppe zum Verhängnis: Fun- sche Kinder wurden im NS-Vernichtungs- Gemeindemagazin einige versiegelte Ka- ker bildeten in der Geheimdienstsprache krieg ermordet, als gewolltes oder unge- binenkoffer gefunden, die bereits 1942 für eine „Kapelle“ und mit der Zuordnung wolltes Nebenprodukt des Krieges? Er die Flucht in das rettende Überseeexil ge- „Rote“ wollte man die Rote Kapelle als hätte auch SS-Führer Himmler zitieren packt worden waren. Die Weiterreise wur- von der Sowjetunion dirigierte kommuni- können, der noch am 24. Mai 1944 in ei- de jedoch von der als verlängerter Arm der stische Spione abstempeln. ner Rede vor Generälen der Deutschen Nazis agierenden Polizei des kollaborie- Wehrmacht (die nach dem Krieg ja von Dies entsprach nicht den Tatsachen und renden Vichy-Regimes unterbunden. Die nichts gewusst haben) zum Thema „Kin- neben der Dokumentation des Schicksals Habseligkeiten in den Koffern gehörten der“ unwidersprochen zu sagen wusste, der Gruppe — mehr als fünfzig Mitglieder der 1938 aus Graz vertriebenen Familie „ich habe mich nicht für berechtigt gehal- wurden in der Strafanstalt Berlin-Plötzen- von Gisela, Bruno und Adele Kurzweil, ten, die jüdischen Frauen und Kinder groß see hingerichtet — zählt die Darstellung die über kurze Zwischenstationen in den werden zu lassen ... folglich wurde diese der Nachkriegsgeschichte, in der aus der Lagern von Septfonds und Drancy nach Frage kompromisslos gelöst“. Bekanntlich Roten Kapelle eine landesverräterische Auschwitz deportiert und dort nach der bestand diese „kompromisslose Lösung“ Spionagetruppe gemacht wurde, zu den Ankunft im September 1942 in der darin, dass ihr bis Kriegsende weit über beklemmendsten Details. Gaskammer ermordet wurde. eine Million jüdischer Kinder zum Opfer In 77 Fällen führte der Kriegsrichter Das Gymnasium in Montauban, das Adele fielen. Daran zu erinnern hätte den Ar- Manfred Roeder die Anklage und wurde Kurzweil in ihren letzten beiden Lebens- gumenten des Autors mehr Relevanz ver- dafür nach 1945 nie verurteilt. Im Gegen- jahren besucht hatte, erforschte im Rah- lieren. M. S. teil: Nach dem Krieg denunzierte er über- men eines engagierten Projektunterrichts lebende Widerstandskämpfer der Roten anhand der in den Koffern gefundenen Kapelle beim amerikanischen Geheim- persönlichen Dokumente die Lebensge- Roloff, Stefan, Mario Vigl: Die Rote dienst CIC als aktive sowjetische Spione. schichte der Familie und benannte zur Kapelle. Die Widerstandsgruppe im Daraufhin wurden diese ab 1947 wieder Erinnerung einen Schulhof nach Adele Dritten Reich und die Geschichte observiert. Später war Roeder in der neo- Kurzweil. Helmut Roloffs. München: Ullstein nazistischen Sozialistischen Reichspartei Zu den überlebenden Kameradinnen von 2002. 357 S. tätig und verfasste 1952 die diffamierende Adele Kurzweil zählt die in den USA le- Publikation Die Rote Kapelle — europäi- bende Hanna Papanek. Sie gehörte ge- Der Maler und Filmemacher Stefan Roloff sche Spionage. Auf der anderen Seite wur- meinsam mit Adele der von Marianne ist der Sohn des Konzertpianisten und de dieses Zerrbild von den sechziger Jah- Pollak und Erna Sailer geleiteten Pariser Widerstandskämpfers Helmut Roloff ren an durch die DDR gestützt, die der Rote Falken-Gruppe an. Später wohnten (1912–2001), der in der deutschen Wider- KPD die Führungsrolle der Roten Kapelle beide Mädchen in einem Heim für Flücht- standsgruppe Rote Kapelle aktiv gewesen zuschrieb. Greta Kuckhoff, die selbst als lingskinder, das vom sozialdemokrati- war. Lange Zeit wusste Roloff nichts vom Kommunistin in der Gruppe aktiv gewe- schen Pädagogen Ernst Papanek geführt April 2003 9 und für seine fortschrittliche, demokrati- ihren besten Freundinnen zählte Maria schen anhand eines persönlichen Schick- sche und mutmachende Atmosphäre be- Robinson, die Tochter des Chefredakteurs sals Geschichte anschaulich machen kön- kannt wurde. (Ernst Papanek hat seinen der steirischen sozialdemokratischen Ta- nen. Das beweisen auch die Kapitel über Schützlingen mit dem Buch Die Kinder geszeitung Arbeiterwille, die heute als die politisch-historischen Hintergründe, von Montmorency. Wien 1980 ein berüh- Mary Sive in den USA lebt. In diese Idylle die steirische Zeitgeschichte, das jüdische rendes Denkmal der Erinnerung gesetzt.) brachen 1938 die Nazis ein. Adele hatte Leben in Graz und das österreichische Hanna Papaneks Anliegen war es, nun ei- bislang keinen Bezug zum Judentum ge- Exil in Frankreich. Die jungen AutorInnen ne Verbindung zu Graz herzustellen. Dort habt und sah sich plötzlich als Jüdin aus- haben sich aber nicht nur auf Geschichte fanden sich 16 Schülerinnen und Schüler gegrenzt. Der Vater wurde aus der Rechts- beschränkt. Ausgehend vom Besuch in im Alter der ermordeten Adele, die sich anwaltskammer ausgeschlossen und er- Frankreich und in Zusammenarbeit mit gemeinsam mit Historikern auf die Spu- hielt Berufsverbot. Im Oktober 1938 der ARGE Jugend gegen Gewalt und Ras- rensuche in Graz und Montauban bega- konnte die Familie nach Frankreich flüch- sismus haben sie in einigen Beiträgen zur ben. Das Resultat ist beeindruckend und ten, wo sich Bruno Kurzweil in der aktuellen Situation von Flucht und Migra- bildet in Form von mehreren Beiträgen Auslandsvertretung der österreichischen tion in Österreich und Frankreich Fragen den Inhalt des Buches „Der Koffer der Sozialisten (AVÖS) anschloss. Von gestellt. Adele Kurzweil. Auf den Spuren einer Kriegsbeginn bis Februar 1940 wurde er Persönlich gehaltene Erinnerungen von Grazer jüdischen Familie in der Emig- interniert, was das Gefüge der an einen be- Hanna Papanek, Henry Leichter und ein ration“, das der um die regionale Zeitge- sonders engen Zusammenhalt gewohnten Porträt der noch heute in Montauban le- schichtsforschung besonders bemühte Familie schwer erschütterte. Währenddes- benden österreichischen Exilantin Trude Grazer Historiker Heimo Halbrainer he- sen war Adele in einem von Ernst Papanek Speiser ergänzen, bereichert durch viele rausgegeben hat. geleiteten Heim in Montmorency unterge- Fotos und familiäre Dokumente, die wert- Die Eltern Gisela und Bruno Kurzweil bracht. Nach dem Einfall der Wehrmacht volle Arbeit. Das Buch kann bei Clio. entstammten beide aus Böhmen zugewan- in Frankreich flüchteten die Kurzweils Verein für Geschichts- und Bildungs- derten jüdischen Familien, waren aber be- nach Montauban, wohin auch die AVÖS arbeit, Großgrabenweg 8, 8010 Graz (Tel. reits früh aus der Israelitischen Kultusge- transferiert wurde. Obwohl auch Papaneks 06766485414 / e-mail: [email protected] meinde ausgetreten. Dieser Schritt war da- Heim in den Süden verlegt wurde, zog graz.ac.at) bestellt werden. mals nicht untypisch für viele Genossin- Adele nun wieder zu ihren Eltern und be- H. G nen und Genossen jüdischer Herkunft, die suchte das Gymnasium von Montauban. . sich mit großem Enthusiasmus der Arbei- Nach der Flucht von Joseph Buttinger in terbewegung, die für sie alle Hoffnung auf die USA übernahm Bruno Kurzweil für Hamann, Brigitte: Winifred Wagner endgültige Emanzipation verkörperte, an- die Auslandsvertretung der österreichi- oder Hitlers Bayreuth. München: Piper geschlossen hatten. schen Sozialisten die „Agenden der Ver- 2002. 687 S. Bruno Kurzweil war schon in den Jahren lassenschaft“, wie er es selbst in einem vor dem Ersten Weltkrieg während seiner Brief an Buttinger ausdrückte. Nun ging Brigitte Hamann hat mit „Hitlers Bay- Studienzeit an der juridischen Fakultät der es darum, möglichst vielen die rettende reuth“ eine vorzügliche Studie vorgelegt. Grazer Universität in sozialdemokrati- Flucht zu ermöglichen. In enger Zusam- Sie beleuchtet darin eine wesentliche Fa- schen Organisationen engagiert. Nach menarbeit mit Muriel und Joseph Buttin- cette der nationalsozialistischen Machter- dem Studium trat er in die Kanzlei des ger konnte Bruno Kurzweil vielen Genos- greifung bzw. -erhaltung, nämlich die ih- Parteianwaltes der steirischen Sozialde- sinnen und Genossen helfen, während die rer „kulturellen, ideologischen Hegemo- mokratie Arnold Eisler ein. Nachdem eigene Rettung missglückte. Kurzweil be- nie“ (Antonio Gramsci). Eisler als Nationalratsabgeordneter und ging den fatalen Fehler, sich und die Fa- Im Zentrum von Hamanns Buch steht die Mitglied des Verfassungsgerichtshofes milie vom Vichy-Regime als Juden regist- Frage, wie die Nazis an die Macht kamen. nach Wien übersiedelt war, avancierte rieren zu lassen, womit er den Behörden Bayreuth und der Wagner-Clan waren für Kurzweil zum führenden Anwalt der Lin- die spätere Verhaftung erleichterte. Viele Hitler und die NSDAP von eminenter Be- ken in politischen Prozessen. So erstattete von derselben Situation Betroffene gingen deutung: ideologisch in der Ausschlach- er bereits 1927 eine Anzeige gegen den angesichts der Umstände in den Unter- tung des — antisemitischen — Richard Heimwehrführer Walter Pfrimer wegen grund, was für das Überleben entschei- Wagner-Mythos, aber auch unmittelbar Hochverrates und öffentlicher Gewalt- dend sein konnte. Für Adele Kurzweil politisch und materiell. Die Bühnen- tätigkeit und verteidigte 1933 erfolgreich wurde das starke Zusammengehörigkeits- weihfestspiele dienten den Nazis als riesi- den Funktionär der Sozialistischen Jung- gefühl der Familie zum Verhängnis. Henry ge Propaganda-Plattform, als weltan- front Otto Fischer, der in Notwehr einen Leichter berichtet, dass sie gerettet werden schaulicher und politischer Multiplikator. Nationalsozialisten tödlich verletzt hatte. hätte können, wenn sie sich — wie vorge- Über Vermittlung des Wagner-Clans er- Koloman Wallisch wünschte sich Kurz- schlagen — einer anderen Familie mit folgten Kontakte zur deutschen Industrie, weil als Verteidiger im Standgerichts- Visa für die USA als fingierte „Tochter“ die ein direktes Interesse am „Drang nach verfahren im Februar 1934, doch zu die- angeschlossen hätte. Osten“ hatte. Im Dunstkreis von Bayreuth sem Zeitpunkt war Kurzweil selbst ver- Bis zuletzt war Bruno Kurzweil verzwei- erhielt Hitler erst jenen persönlichen haftet. Nach der Freilassung übernahm er felt bemüht, für seine Familie Ausreise- „Schliff“, die gesellschaftlichen Manieren, die Rechtsvertretung von Mitgliedern der papiere zu erhalten. Er benötigte nur noch die ihm den Weg in die „gehobenen Krei- Revolutionären Sozialisten und von die Bestätigung der Visa für Mexiko, als se“ ebneten. Und als er nach dem fehlge- Kommunisten. am 26. August 1942 die todbringenden schlagenen Putsch in Landsberg einsitzen Adele Kurzweil wurde 1925 geboren und Häscher zuschlugen. musste, organisierte Winifred Wagner, die verbrachte eine behütete Kindheit in für „Der Koffer der Adele Kurzweil“ ist ein Frau des Richard Wagner-Sohns Siegfried, jene Zeit wohlhabenden Verhältnissen. Zu gelunges Beispiel dafür, wie junge Men- jede nur mögliche Hilfe und trug damit 10 Mitteilungen 161 entscheidend zum kometenhaften Aufstieg bringen. Er unterscheidet Fundamentalis- den Kapiteln widmet sich Burleigh der Hitlers nach der Entlassung bei. mus, Neoaristokratismus, Alten und Weimarer Republik und der NSDAP vor Das Buch stellt Winifred Wagner als Neuen Nationalismus, planetarischen Im- 1933, der Zerstörung des Rechtsstaats widerspruchsvolle Persönlichkeit dar. Des perialismus und völkischen Nationalis- nach 1933, der Einrichtung und Propa- Öfteren setzte sie sich für bedrängte Jü- mus. gierung einer „Volksgemeinschaft“, der dinnen und Juden ein, ohne je den Antise- Die Stärken von Breuers Darstellung lie- Diskriminierung und Verfolgung der Ju- mitismus grundsätzlich in Frage zu stel- gen in seiner guten Kenntnis der Ideolo- den von 1933 bis 1939, der Eugenik- und len. Ebenso sah sie ihren persönlichen giediskussion der seinerzeitigen „Rech- Euthanasiepraxis, der Besatzung und Kol- Freund Hitler (Spitzname „Wolf“) in rosi- ten“ und in der differenzierten Untersu- laboration in Europa 1939 bis 1943, der gem Licht: Nicht er, sondern seine brau- chung von deren unterschiedlichen Posi- Kriegsführung gegen die Sowjetunion nen Spießgesellen seinen für die Verbre- tionen zu bestimmten Politikfeldern. Die 1941 bis 1943, der Judenverfolgung und chen der Nazis verantwortlich ... Noch von ihm gewählten Kategorien zur Zuord- -vemichtung während des Zweiten Welt- 1975 (!) ließ sie wissen: „Wenn der Hitler nung wirken häufig gekünstelt und kon- kriegs, dem Widerstand in Deutschland heute hier zur Tür reinkäme, ich wäre ge- struiert, was aber nur bedingt dem Autor 1933 bis 1945 und dem Untergang des Na- nauso fröhlich und glücklich, ihn hier zu anzulasten ist. Breuer versucht vielmehr, tionalsozialismus 1943 bis 1945. sehen und zu haben als wie immer.“ Ordnung in das Gewirr von ideologischen Burleigh legt eine überaus informative Brigitte Hamann schließt mit „Hitlers Fragmenten und Modellen zu bringen. und anschaulich geschriebe Darstellung Bayreuth“ positiv an ihren Klassiker „Hit- Nicht ihm, sondern seinem Gegenstand des „Dritten Reichs“ mit interessanten lers Wien. Lehrjahre eines Diktators“ mangelt es an Systematik. Gleichwohl Beobachtungen und konkreten Beispielen (1998) an. Nur gegen Ende franst das kann immer wieder berechtigt nach der vor. Sie machen vielfach auch die Alltags- Buch etwas aus. Hier wäre die Devise Angemessenheit der gewählten Katego- wahrnehmung des totalitären Systems und „weniger ist besser“ angebracht gewesen. rien gefragt werden. Weitaus kritikwürdi- Dimensionen der terroristischen Herr- H. D. ger wäre indessen, dass Breuer nicht stär- schaft des Systems deutlich. Um eine sys- ker den formalen Aspekt der Ideologie- tematische Gesamtdarstellung auf neues- präsentation und den historisch-politi- tem Forschungsstand handelt es sich aller- Breuer, Stefan: Ordnungen der schen Kontext berücksichtigt. Aussagen dings nicht. Trotz des voluminösen Um- Ungleichheit — die deutsche Rechte im und Zitate von Pamphletisten und Pro- fangs fehlen wichtige Aspekte, so etwa die Widerstreit ihrer Ideen 1871–1945. grammatikern stehen ebenso nebeneinan- Beschreibung des Prozesses der „Macht- Darmstadt: Wissenschaftliche der wie Positionen aus den unterschied- übertragung“ oder des außenpolitischen Buchgesellschaft 2001. 424 S. lichsten Zeiträumen der untersuchten 74 Weges zur Entfesselung des Zweiten Welt- Jahre. Gegen Ende bleibt mit dem Verweis kriegs. Die von Burleigh ausdrücklich ge- Eine natürliche Ordnung, die dem Grund- auf die „losen Koppelungen“ der beschrie- nannten theoretischen Ansätze werden in prinzip der menschlichen Natur ensprach, benen politischen Ideologievarianten nur die Darstellung nicht analytisch integriert, nämlich der Ungleichheit, sieht der Ham- ein etwas blasses Fazit. Gleichwohl ver- allenfalls verweist er bei der Beschreibung burger Soziologe Stefan Breuer als zentra- dienen die Rekonstruktionen politischen bestimmter Aspekte kurz darauf, ohne les Ideal der politischen Rechten an. Bei Denkens und deren systematische Analyse eine systematische Analyse und inhaltli- ihr gruppierten sich diese beiden Elemente und Typologisierung Aufmerksamkeit. che Diskussion vorzunehmen. allerdings in unterschiedlicher Art und apt apt Weise. Dies will Breuer in seinem Buch „Ordnungen der Ungleichheit — die deut- sche Rechte im Widerstreit ihrer Ideen Burleigh, Michael: Die Zeit des Ausschuß für Rechtsfragen der 1871–1945“ verdeutlichen. Nach einer Nationalsozialismus. Eine Bevölkerungspolitik (1934–1940) und kurzen Einleitung geht der Autor dazu Gesamtdarstellung. S. Fischer-Verlag: Ausschuß für Kolonialrecht zusammen über, die Auffassungen von intellektuellen Frankfurt/M. 2000. 1080 S. mit den Entwürfen des und politischen Vertretern der „Rechten“ Kolonialpolitischen Amtes (1937–1941). entlang bestimmter Themen darzustellen Mittlerweile gibt es zahlreiche Detailstu- Sachverständigenbeirat für und zu typologisieren. Es geht um die dien und Überblicksdarstellungen zum Bevölkerungs- und Rassenpolitik im Stichworte „Boden“, „Blut“ und „Volk, „Dritten Reich“, an einer umfassenden Reichsministerium des Inneren Nation“, um die Auffassungen zum Staats- Gesamtdarstellung auf neuestem For- (1933–1939). (Protokolle der modell und zum Imperialismus, um die schungsstand mangelte es bislang aller- Ausschüsse / Akademie für Deutsches Einstellungen zu Wirtschaft und Sozialem, dings. Eine solche Arbeit will der britische Recht 1933–1945 / Bd. 12). Hrsg. u. mit Bevölkerung und Familie, Kultur und Zi- Historiker Michael Burleigh mit seinem einer Einleitung versehen von Werner vilisation, aber auch um die Positionen zu über tausendseitigen Werk „Die Zeit des Schubert. Frankfurt/M.: Peter Lang Religion und Antisemitismus. Insgesamt Nationalsozialismus“ vorlegen. In der 2001. XXXIX, 657 S. entsteht durch diese Präsentation ein kom- Einleitung benennt er als seinen Deu- pliziertes Gebilde, das noch vielfältiger als tungsansatz einerseits die Interpretation Bisher erschienen in der von Werner das des Altkonservativismus sei. Breuer des Hitler-Regimes als Ausdruckform ei- Schubert, Professor für Römisches Recht, erklärt sich dies durch die verstärkte Not- ner politischen Religion und andererseits Bürgerliches Recht, Zivilprozessrecht und wendigkeit der „Rechten“, auf die Moder- die auf die strukturellen Besonderheiten Rechtsgeschichte der Neuzeit an der Uni- nisierungsschübe in der Gesellschaft ideo- eines neuen Diktaturtyps hin ausgerichtete versität Kiel, edierten Reihe die Aus- logisch und strategisch zu reagieren. Totalitarismustheorie. schussprotokolle der „Akademie für deut- Trotzdem versucht der Autor über eine In zehn historisch-chronologisch angeleg- sches Recht“ aus den Jahren 1933 bis Typologie, Ordnung in das Ideengebräu zu ten, aber inhaltliche Schwerpunkte bilden- 1945 unter anderem zu „Handelsrecht“ April 2003 11

Benya, Anton: Mein Weg. DÖW-REIHE „ERZÄHLTE GESCHICHTE“ IM PAKETA Lebenserinnerungen eines Gewerkschafters und Demokraten er- ERZÄHLTE GESCHICHTE. Berichte von Widerstandskämpfern gänzt um Aussagen aus seinem letzten Lebensjahrzehnt. Wien: ÖGB-Verlag und Verfolgten, Österreichischer Bundesverlag, Wien 2002. 142 S. O Bd. 1: Arbeiterbewegung, Wien-München 1985, 360 Seiten O Bd. 2: Katholiken, Konservative, Legitimisten, Wien 1992, Anlässlich des 90. Geburtstages des 2001 verstorbenen Anton Benya wurden seine 483 Seiten Erinnerungen von 1992 neu aufgelegt und O Bd. 3: Jüdische Schicksale. Berichte von Verfolgten, Wien durch spätere Aussagen in Interviews er- 1992, 730 Seiten gänzt. Benya, von 1963 bis 1987 Präsident O Bd. 4: Die Kärntner Slowenen. Spurensuche, Wien 1990, des österreichischen Gewerkschaftsbun- 455 Seiten des, schildert seine Kindheit in Wien–Pen- zing ebenso wie seine ersten politischen Alle vier Bände (Karton) zum Sonderpreis von EUR 36,30 und gewerkschaftlichen Erfahrungen wäh- rend der Lehrzeit als Elektromechaniker. 1929 wurde er Mitglied der Sozialdemo- kratischen Arbeiterpartei und nahm an po- (Bd. 5), „Strafprozessrecht“ (Bd. 7) sowie die Politik der NSDAP und Hitlers eine litischen Schulungen teil. Mit 21 Jahren zu „Jugendrecht“ (Bd. 11). Im vorliegen- nicht zu unterschätzende Rolle spielte. wurde er Betriebsrat. 1934 und 1937/38 den zwölften Band werden die Protokolle Aber sie gehörte entgegen den Wünschen war Anton Benya aus politischen Gründen — soweit erhalten — des „Ausschusses der Kolonialanhänger niemals zu den in Haft. für Rechtsfragen der Bevölkerungspolitik“ Kernpunkten nationalsozialistischer Poli- Benya erinnert sich weiter an den Neu- (1934–1940), des „Sachverständigenbei- tik wie die Ostraumpläne. Weiter unterla- beginn 1945 und die Entwicklungen in der rates für Bevölkerungs- und Rassenpolitik gen die Verfasser der Gesetzesentwürfe Zweiten Republik, die er als Vorsitzender im Reichsministerium des Inneren“ zum Kolonialrecht [...] dem Irrtum, eine der Metallarbeitergewerkschaft, ÖGB- (1933–1939) und des „Ausschusses für gegenüber den Engländern und Franzo- Präsident und Präsident des Nationalrats Kolonialrecht zusammen mit den Entwür- sen qualitativ bessere Kolonialgesetzge- entscheidend mitgestalten konnte. Auch in fen des Kolonialpolitischen Amts“ (1937– bung zu schaffen. Das konnte schon des- seinem letzten Lebensjahrzehnt erhob er 1941) wiedergegeben. Der „Ausschuss für wegen nicht gelingen, weil sie gezwungen seine Stimme als moralische Instanz ange- Rechtsfragen der Bevölkerungspolitik“ waren, das nationalsozialistische Rassen- sichts möglicher Gefahren für Demokratie beschäftigte sich beispielsweise mit der recht in vollem Umfang auf das Kolonial- und Sozialstaat. So meinte er 1994 bei ei- Reform des Geschlechtskrankheitenge- recht zu übertragen.“ (S. XXIII) ner GPA-Gedenkfeier: setzes von 1927, dem Familienlastenaus- Von einer kurzen Einleitung durch den „Wenn die hohen Politiker den Kontakt gleich durch eine Reichsfamilienkasse Herausgeber abgesehen, in der die benütz- mit den kleinen Leuten verlieren, sei bei oder mit Fragen einer offiziell geförderten ten Quellen und die historischen Hinter- zunehmenden sozialen Spannungen die Eheahnbahnung, dem Mutterschutz sowie gründe zu den Ausschüssen angerissen Gefahr der Radikalisierung groß.“ im Jahre 1940 mit der Bevölkerungspolitik werden, bzw. mehr oder minder ausführ- 1997 mahnte er anlässlich seiner Geburts- im Kriege. Ähnliche Aspekte wurden auch lichen Kurzbiographien der Ausschuss- tagsfeier, dass er "gelegentlich die kon- vom „Sachverständigenbeirat für Bevöl- mitglieder und -mitarbeiterInnen werden struktive Haltung zum Parlamentarismus" kerungs- und Rassenpolitik“ behandelt, so die Sitzungsprotokolle, Referate, Geset- vermisse. „Die Sprache erinnere ihn u. a. eine Bevölkerungspolitische Steuer- zesentwürfe, Kurzberichte und Beratungs- manchmal an die Erste Republik, in der reform, ein Verbot empfängnisverhütender niederschriften im Wortlaut und unkom- das Parlament in den faschistischen Ab- Mittel, Abteilungen für Erb- und Rassen- mentiert wiedergegeben. Die vorliegende grund getrieben worden sei.“ pflege bei den Gesundheitsämtern und die Publikation beabsichtigt derlei Kommen- Im Rückblick auf Anton Benyas Leben Sterilisation durch Röntgen- und Radium- tararbeit auch gar nicht. Vielmehr wird spiegelt sich so ein wesentliches Stück der bestrahlung. Der Ausschuss für Kolonial- dem/der wissenschaftlich Interessierten österreichischen Zeitgeschichte. recht fußte auf der Forderung nach einer ein Quellenwerk vorgelegt, dessen Lek- B. E. L. zumindest teilweisen Rückgabe jener afri- türe aber gerade ob seiner Dichte die „Bü- kanischen Kolonialgebiete, die Deutsch- rokratie des Verbrechens“ drastisch vor An der Herstellung dieser Nummer wirkten mit: land nach dem Ersten Weltkrieg verloren Augen zu führen vermag. Wolfgang Hermann Dworczak (H. D.), Herbert Exenberger, Heimo hatte. Dass dem Ausschuss, der Gesetzes- Schubert verweist in diesem Zusammen- Gruber (H. G.), Eva Kriss, Lisi Kübler (L.K.), Willi entwürfe für quasi fiktive Kolonialisierun- hang auf umfangreiche Literatur zur natio- Lasek, Bruno E. Liszka (B. E. L.), Armin Pfahl- Traughber (apt), Heribert Schiedel, Christine Schindler, gen Nazi-Deutschlands in Deutsch-Ost- nalsozialistischen Bevölkerungs- und Ras- Max Schneider (M. S.) afrika, Kamerun und Togo ausarbeitete, senpolitik bzw. auf seinen eigenen Aufsatz ein eher geringer „Erfolg“ beschieden war, zum Kolonialrechtsausschuss. Ein solides Impressum: Verleger, Herausgeber und Hersteller: Do- kumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, begründet Wolfgang Schubert in seinem Sach- bzw. Personenregister, jeweils nach Wipplingerstraße 8 (Altes Rathaus), 1010 Wien; Einleitungstext folgendermaßen: „Dabei den beiden Ausschüssen getrennt aufge- Redaktion ebenda (Christa Mehany-Mitterrutzner, Tel. unterlagen die konservativen Kolonial- schlüsselt, sowie Quellennachweise und 534 36/90315, e-mail: [email protected]; Sekre- tariat, Tel. 534 36/90319, Fax: 534 36/9990319, e-mail: anhänger einer doppelten Täuschung. Nachträge bilden die notwendige Ergän- [email protected]; Homepage: http://www.doew.at). Zwar steht fest, daß die Kolonialfrage für zung zum Quellenstudium. L. K. Ich bestelle folgende Publikationen zum Sonderpreis für Abonnenten der Mitteilungen:

Österreicher im Exil. Mexiko 1938–1947. Eine Dokumentation, 1938. NS-Herrschaft in Österreich. Texte und Bilder aus der hrsg. v. DÖW. Deuticke 2002, 704 S., Bildteil. Leinen i 23,–, gleichnamigen Ausstellung, hrsg. v. BM f. Inneres und DÖW, Karton i 19,– Leinen ... Stück Wien 1998, 48 S., i 1,00 ... Stück Karton ... Stück Gedenken und Mahnen in Wien 1934–1945. Gedenkstätten zu Österreicher im Exil: Sowjetunion 1934–1945. Eine Doku- Widerstand und Verfolgung, Exil, Befreiung. Eine Dokumen- mentation, hrsg. v. DÖW. Deuticke 1999, 800 S., Bildteil tation, hrsg. v. DÖW, Wien 1998, 488 S., rund 230 Abb. i 15,20 Karton i 18,80 ... Stück ... Stück Wolfgang Neugebauer (Hrsg.), Von der Utopie zum Terror. Gedenken und Mahnen in Wien 1934–1945. Ergänzungen I, Stalinismus-Analysen. Wien 1994, 181 S. Sonderpreis i 9,– Wien 2001, 99 S. i 5,80 ... Stück ... Stück Kombiangebot Gedenken und Mahnen in Wien, Wien 1998 und Gedenken und Mahnen in Wien. Ergänzungen I,Wien 2001. Florian Freund, KZ Ebensee. Ein Außenlager des KZ Mauthau- i 17,80 (statt i 21,–) ... Stück sen, Wien 1990, 48 S. i 2,90 ... Stück Zeugen Jehovas. Vergessene Opfer des Nationalsozialismus?, Florian Freund, Concentration Camp Ebensee. Subcamp of Schriftenreihe des DÖW zur Geschichte der NS-Gewaltverbre- Mauthausen, 2nd revised edition, Vienna 1998, 63 S., i 4,30 chen – 3, Wien 1998, 61 S., i 3,60 ... Stück ... Stück Brigitte Bailer, Wiedergutmachung kein Thema. Österreich Florian Freund/Hans Safrian, Expulsion and Extermination. und die Opfer des Nationalsozialismus. Löcker Verl. Wien 1993. The Fate of the Austrian Jews 1938–1945. 62 S. i 4,30 309 S. Ladenpr. i 27,60 ... Stück ... Stück Claudia Kuretsidis-Haider/Winfried R. Garscha (Hrsg.), Keine Jonny Moser, Demographie der jüdischen Bevölkerung Öster- „Abrechnung“. NS-Verbrechen, Justiz und Gesellschaft in Euro- reichs 1938–1945, Wien 1999, 86 S. i 4,30 ... Stück pa nach 1945, Leipzig–Wien 1998, 488 S., i 22,50 ... Stück Brigitte Bailer/Wolfgang Neugebauer, ... ihrer Überzeugung treu geblieben. Rechtsextremisten, „Revisionisten“ und Anti- semiten in Österreich, hrsg. v. DÖW, Wien 1996, Deutsch Albert Sternfeld, Betrifft: Österreich. Von Österreich betroffen. (72 S.)/Englisch (64 S.). i 2,90 Böhlau 2001, 294 S., Ladenpr. i 28,90 Deutsche Ausgabe: ... Stück Engl. Ausgabe: ... Stück ... Stück Das Netz des Hasses. Rassistische, rechtsextreme und neonazis- Anton Pelinka/Sabine Mayr (Hrsg.), Die Entdeckung der tische Propaganda im Internet, hrsg. v. DÖW, Wien 1997, Verantwortung. Die Zweite Republik und die vertriebenen 304 S., 131 Abb. i 14,10 ... Stück Juden, Braumüller 1998, 306 S. Sonderpreis i 5,90 ... Stück Josef Hindels, Erinnerungen eines linken Sozialisten, hrsg. v. DÖW, Bund Sozialdemokr. Freiheitskämpfer, Wien 1996, 135 S. Herbert Exenberger (Hrsg.), Als stünd’ die Welt in Flammen. i 6,50 ... Stück Eine Anthologie ermordeter sozialistischer SchriftstellerInnen. Mandelbaum 2000, 284 S., Ladenpr. i 18,– ... Stück Carl Szokoll, Die Rettung Wiens 1945. Mein Leben, mein Anteil Emmerich Tálos/Ernst Hanisch/Wolfgang Neugebauer/Reinhard an der Verschwörung gegen Hitler und an der Befreiung Öster- Sieder (Hrsg.), NS-Herrschaft in Österreich, öbv und hpt 2001, reichs, Molden 2001, 416 S. Ladenpr. i 28,90 ... Stück 959 S., Ladenpr. i 25,40 ... Stück Franz Danimann, Flüsterwitze und Spottgedichte unterm Ha- CD-ROM kenkreuz, Ephelant 2001, 202 S. Ladenpr. i 22,– ... Stück Die österreichischen Opfer des Holocaust / The Austrian Victims of , Wien 2001, Deutsch/Englisch, i 24,– Gertrude Enderle-Burcel/Michaela Follner, Diener vieler Her- ... Stück ren. Biographisches Handbuch der Sektionschefs der Ersten Re- Jahrbuch 2002, hrsg. v. DÖW, Schwerpunkt: Widerstand und publik und des Jahres 1945, hrsg. v. DÖW/Österr. Gesellschaft f. Verfolgung, 184 S. i 5,90 ... Stück histor. Quellenstudien, Wien 1997, 541 S. Leinen (L) i 18,10 / Karton (K) i 13,80 Herbert Exenberger/Heinz Riedel, Militärschießplatz Kagran, (L) ... Stück (K) ... Stück Wien 2003, 112 S. i 5,– ... Stück

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