Die Fahne von

Autor(en): Galliker, Joseph Melchior

Objekttyp: Article

Zeitschrift: Archives héraldiques suisses : Annuaire = Schweizer Archiv für Heraldik : Jahrbuch = Archivio araldico svizzero : Annuario

Band (Jahr): 83 (1969)

PDF erstellt am: 23.09.2021

Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-763046

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Die Fahne von Unterwaiden

von Joseph Melchior Galliker

Die Fahne und das Wappen des Teilung des Landes in die Gemeinden «ob Gesamtkantons Beider Unterwaiden stellen und nid dem Kernwald» ist mehr als ein eine künstliche Vereinigung zweier bloss politischer Tatbestand. Sie spiegelt selbständig gewachsener staatlicher den Gegensatz zweier sehr deutlich und Hoheitszeichen dar. Sie gehen zurück auf sehr widersprüchlich ausgeformter ethnischer einen Beschluss der eidgenössischen Charaktere ' Als Ausdruck dieser Tagsatzung vom 12. August 1816, der das souveränen Eigenstaatlichkeit wird bei gemeinsame Wappen der beiden Beflaggungen sehr oft nicht die Unter- Halbkantone — und damit gleichzeitig deren waldner Fahne gehisst, sondern es werden Fahnenbild •— endgültig festsetzte die Obwaldner und die Nidwaldner mit (Abb. 1). Wer sich für die Geschichte des ihrem eigenen Feldzeichen geehrt. Im dritten Standes der Urschweiz interessiert, gemeinsamen geteiltenWappen- und Fahnenbild für den existiert allerdings der Typ des steht aufder heraldisch rechten «Unterwaldners» nicht. Er ist eine Vorrangseite, das heisst vom Beschauer umrisslose Abstraktion, ein Mythos. Die aus gesehen links. Wie es dazu gekommen ist, soll nachstehend anhand historischer Tatsachen in Erinnerung gerufen werden.

Nidwaiden querst im Dreiländerbund Die Forschungen Robert Durrers2, des bedeutendsten Unterwaldner Historikers, haben ergeben, dass es im frühen Mittelalter in den beiden Tälern Unterwaldens, dem Tal der Sarner und dem der Engel- berger Aa, ein gemeinsames Grafschaftsgericht gab, zu dem sich die freien Bauern zu versammeln pflegten. Unabhängig von diesem alten Gerichtsbezirk entwickelte sich jedoch im 13. Jahrhundert mindestens im unteren Tal «nid dem Kernwald» ein eigener Zusammenschluss, der offenbar sowohl Freie als auch Eigenleute um- fasste. Denn 1261 bilden die Kirchgemeinden und Buochs bereits zusammen

1 Allemann Fritz René : «25 mal die Schweiz.» München 1965, R. Piper & Co. Verlag, S. 54. 2 Durrer Robert : «Die Einheit Unterwaldens.» In : «Jahrbuch für schweizerische Geschichte» 35, Abb. 1. Die Fahne des Kantons Unterwaiden seit 1816. S. 1 ff. — I7 — die Universitas hominum intramontanorum zwei Drittel des Landes zu gelten. Ob- und yallis inferioris. Ihr Siegel mit der Nidwaiden bildeten somit keineswegs je Umschrift : SIGILLUM UNIVERSITATIS HOMINUM einen «halben» Stand. Nur jedes dritte Mal stannes, das einen grossen Schlüssel war es den Nidwaldnern vergönnt, den ftdt einfachem Bart enthält, reicht wohl Landvogt für die Gemeinen Herrschaften vor die Mitte des 13. Jahrhunderts zu stellen. Faktisch behauptete Obwalden zurück Da der heilige Petrus der Patron der bis zum Untergang der alten Eidgenossenschaft alten Pfarrkirche von Stans ist, erklärt seine Zweidrittelsstellung. Erst die sich die Wahl seines Attributes als Siegelbild. napoleonische Mediationsverfassung von Es waren diese Nidwaldner, die 1803 erklärte die volle Gleichberechtigung «Leute des unteren Tales», die im August beider Teile. Ein letzter Rest der einstigen l29i mit Uri und eine obwaldnerischen Vorrechte besteht noch vorangegangene Verbindung mit dem Abschluss heute fort am «Schnitzturm» im nidwaldne- des ewigen Bundes erneuerten und rischen Stansstad, der einst Bestandteil der besiegelten. Erst im Laufe desselben Jahres zum Schutz habsburgische kam gegen Obwalden hinzu. Sein Beitritt zum Landungsversuche gemeinsam errichteten Dreiländerbund erfolgte durch Anschluss Seebefestigung bildete, die vonbeiden Kantonen an die Nidwaldner Gemeinde in unterhalten werden musste. Daran ist formlosester Art, indem einzig die Umschrift Obwalden immer noch zu zwei Dritteln des alten Stanser Siegelstempels durch die beteiligt. Worte et vallis suPERiORis ergänzt ^urde, der Text des Bundesbriefes, der Die Obwaldens als Kontrahenten ausdrücklich nur die Hoheitszeichen Lnterwaldner des untern Tales festlegte, Als grösserer Teil nahm nun Obwalden dagegen unkorrigiert blieb 3. auch das alte, ursprünglich für Stans und das untere Tal allein verfertigte Siegel zu dasselbe &ie Zweidrittelsstellung Obwaldens Händen und hing fortan nicht nur im Namen des ganzen Landes an Entscheidend aber offenbar ist geworden, eidgenössische Verträge, sondern gebrauchte dass die Obwaldner Nachzügler nun es auch in seinen innern Angelegenheiten. die Führung des ganzen Landes an sich Nur einmal alle drei Jahre wanderte das rissen und in den Befreiungskämpfen eine gemeinsame Sinnbild der Landeshoheit Zeitweilige Einigung der beiden Täler in aus Sarnen ins Rathaus von Stans. einem gesamt-unterwaldnerischen Staats- Obwalden hat sich des angeerbten Siegels mit Wesen zustande brachten, das sich später dem einfachen Schlüssel während mehr nach der Freiheit wieder gesicherten in als 250 Jahren ausnahmslos bedient. Als seine ursprünglichen Bestandteile auflöste, es dann einen silbernen Stempel öa neuen Obwalden aus sechs Pfarreien bestand4, anfertigen Hess, der seit ca. 1548 den Elidwalden nur aus zweien5, welche Gebrauch des alten völlig verdrängte, Hess allerdings die meisten obwaldnerischen an es denselben als genaue Kopie des bisherigen Grösse und Bevölkerungszahl weit gestalten 6. Trotzdem sich somit der übertrafen, so beanspruchte und behauptete 6 Gbwalden, in eidgenössischen Fragen als Durrer Robert : «Die Kunstdenkmäler des Kantons Unterwaiden.» Zürich 1899, S. 584 ff. Den ersten deutlichen Abdruck erkennt man am Burgrecht 3 Durrer Robert : «Das Wappen von Unterwal- der sechs katholischen Orte mit dem Wallis vom Uen.» jn «Schweizer. Archiv für Heraldik», 1905, 12. März 1529. Von da an verdrängt er den Gebrauch • L S. x ff Taf. I sowie weitere dort zitierte Lite- des alten Stempels für innere Obwaldner Landessachen ratur. und in gemeinsamen Angelegenheiten. Durch den 4 Sarnen, Sachsein, Alpnach, Kerns, Lungern, eidgenössischen Schiedsspruch vom 9. August 1589 Djswil. verlor aber das Obwaldner Siegel den Charakter des 5 Stans und Buochs. gemeinsamen Landessiegels. — i8 — einfache Schlüssel im Siegel Obwaldens in einem Landbuch vom Jahre 176410. Die behauptete, ist er aber nie zu dessen rotweisse Teilung ist überall nachweisbar. Fahnenbild geworden. Das Panner Zwei Fähnlein weisen im roten Feld ein Obwaldens war in ältester Zeit lediglich von durchgehendes weisses Kreuz auf, was aber Rot und Weiss geteilt, wie dies die nicht als Bestandteil des Fahnenbildes zu Bilderchroniken von Tschachtlan (1470) und des betrachten ist, sondern als gemeineidgenössisches Luzerner Diebold Schilling (1513) Abzeichen, wie es die Tagsatzung anschaulich dartun. Infolge der superioren im Jahre 1480 bezüglich des Auszuges Stellung Obwaldens diente in in französische Dienste beschlossen hatte n. gemeineidgenössischen Kriegen das rotweisse Dieselbe rotweisse Farbteilung ohne Obwaldner Panner als Hauptfeldzeichen den Schlüssel zeigt auch das Wappen von des ganzen Landes Unterwaiden. Dieses Obwalden, welches ebenfalls das ganze Feldzeichen glich in seiner einfachen Land repräsentierte. So erscheint es bildlich Teilung und Farbe genau demjenigen So- bereits vor 1469 in einem Manuskript lothurns, welches in den Burgunderkriegen des Chronisten Fründ in der 1476-77 zum ersten Male in den Reihen der Bürgerbibliothek Luzern, 1507 auf dem schönen Eidgenossen flatterte. Die dadurch erregte heraldischen Titelblatt von Etterlins Eifersucht der Unterwaldner führte zu Chronik, 1548 in Stumpfs Chronik und ernsten Verwicklungen und war einer der auf zahlreichen Glasscheiben, vor allem Gründe ihres Widerspruches gegen die auf der Standesscheibe von 1500 im Aufnahme der Stadt Solothurn in den historischen Museum zu Stans. Die älteste Schweizerbund 7. So streng wachte man Darstellung des Obwaldner Wappens findet über eine exakte Differenzierung der uralt sich am Schlusstein des Chorgewölbes hergebrachten Symbole der Souveränität. in der Müslikapelle von ca. 1484 12. Erst Sehr wahrscheinlich gehen die rot- beim Neubau des Sarner Rathauses im weissen Farben von Unterwaiden auf Jahre 1747 verwendete man in der eines der drei Panner des Kaisers zurück, Wappenkomposition für die Portalbekrönung nämlich auf das rote mit dem durchgehenden zum ersten Male den einfachen Schlüssel weissen Kreuz als Kennzeichen der des Landessiegels als Schildfigur. dem Herrscher verliehenen Schutzgewalt über die gesamte Christenheit. Seine 7 Abschied Luzem 18. März Verleihung bestätigte neben der Reichsfreiheit vom 1476 (16 Tage nach der Schlacht bei Grandson) : «Von des Unwillens die Unabhängigkeit von allen wegen, der sich erhebt hat zwüschend denen von weltlichen Gewalten, ausser derjenigen des Solothurn und Underwalden, als die von Underwalden Kaisers. Eine meinent, inen ir panner ze nemend, umb dz sy ir entsprechende Andeutung panner fürend, ist angesechen, damit uns allen in disen wird noch in späterer Zeit im Lied von sweren kriegslöiffen kein schedlich uf&ur erwachs, dz die botten von Underwalden die sach der Schlacht bei Dornach 1499 gemacht, heimbringen und gütlich daran sin wollen, damit sölichs erspart die sich nur auf die Herkunft des und sust die sach früntlich undertragen werde.» Unterwaldner Panners von der alten Reichsfahne Vgl. auch Abschied Luzern vom 6. April 1476 8 sowie Amtl. Sammlung der ältesten eidg. Abschiede II, erklären lässt : S. 582 und 584. 8 «Ob und Nid dem Wald dessglich Gessler Ed. A. : «Die Banner der Heimat.» Sie führend wiss und roth umbs rieh.» Zürich 1942, Fraumünster-Verlag AG, S. 30. 9 Bruckner A. und B. : «Schweizer Fahnenbuch.» Mit Ausnahme des Juliuspanners von St. Gallen 1942, Verlag Zollikofer & Co., Nr. 546 15x2, wovon noch zu sprechen sein wird, und 547, S. 94. befinden sich keine alten Obwaldner 10 Abgebildet bei Durrer Robert : «Das Wappen von Unterwaiden», a. a. O., S. 15 und 16. Feldzeichen mehr Sarnen. Schlecht 11 in erhalten Abschied vom 9. August 1480, Amtl. Sammlung sind zwei Beutestücke aus dem Kappeler- III 1, S. 78 : «Doch dz jedermann in sim venly ein und im historischen wiss krüz mach, das sig gemeinen eidgenossen noch Villmergerkrieg bishar wol erschossen.» Museum zu 9, sowie zwei Abbildungen 12 Gezeichnet bei Durrer Robert, a. a. O., S. 17. Abb. 2. Fähnlein von Nidwaiden aus der Mitte des 15. Jahrhunderts, getragen im Alten Zürichkrieg und in den Burgunderkriegen. Höhe 76 cm, Länge noch ca. 202 cm. Stans, Rathaus. (Taf. 19 im Fahnenbuch von Bruckner. Leihgabe des Verlages Zollikofer & Co. AG, St. Gallen.)

Abb. 3. Juliusbanner von Nidwaiden 1512. Zeichnung aus Stanser Archivinventar von 1741. Höhe 150 cm, Breite 177 cm. Stans, Rathaus. (Taf. 42 im Fahnenbuch von Bruckner. Leihgabe des Verlages Zollikofer & Co. AG, St. Gallen.) Abb. 4. Juliusbanner von Obwalden 1512, ursprünglich für den ganzen Stand Unterwaiden verliehen. Höhe 152 cm, Breite 175 cm. Sarnen, Rathaus. (Taf. 42 im Fahnenbuch von Bruckner. Leihgabe des Staats¬ archivs Obwalden.) — i9 —

Die Hoheitszeichen Nidwaldens diesen gibt es nicht in Wirklichkeit, aber er ist damit in seiner ganzen Gestalt Nach dem völligen Auseinandergehen symmetrisch geworden. Dieses ästhetische der gemeinsamen Verwaltung und nach Anliegen nach Symmetrie ist eine Auslieferung des alten Siegelstempels an Besonderheit der Heraldik. Mit der Schaffung des Obwalden liess sich Nidwaiden einen Doppeladlers wie des Doppelschlüssels neuen Stempel stechen, mit der Umschrift wurde deren Symmetrie vollständig. SIGILLUM UNIVERSITATIS HOMINUM DE Die Form des Doppelschlüssels von stans et in Buochs. Und in noch deutlicherer Nidwaiden machte naturgemäss stilistische Beziehung auf die Mutterkirche Wandlungen durch. Der ursprünglich Stans setzte man nicht mehr bloss das rautenförmige, mit Knöpfen geschmückte Emblem ins Siegelfeld, sondern die Standfigur und mit Nasen oder Masswerk ausgesetzte des heiligen Petrus selber mit einem Handgriff16 wurde im 16. Jahrhundert grossen einbärtigen Schlüssel in der durch das italienische Vorbild des Julius- Hand 13. Das früheste erhaltene Exemplar panners verdrängt, welche seinen dieses Siegels datiert von 1363, doch hing kreisrunden Griff zeigt, der mit einem Vierpass es nach Durrer fast sicher schon an dem ausgefüllt und mit Pinienäpfeln besetzt ersten bekannten gesetzgeberischen Akt ist. Seit Anfang des 17. Jahrhunderts her Sonderlandsgemeinde Nidwaldens wuchsen die beiden Röhren in eine vom Jahre 1344. In zwei weitern Exemplaren zusammen und die Verdoppelung wurde dieser Siegeltypus später beschränkte sich auf den Bart, um später erneuert. Bezeichnend für Nidwaiden ist wieder zu zwei Röhren zurückzukehren. die Tatsache, dass der weisse aufrechte Die Zahl der kreuzförmigen und Schlüssel im roten Feld die eigentliche geradlinigen Einschnitte in den Bart variierte Panner- und Wappenfigur wurde, abgeleitet zu allen Zeiten sehr und war niemals aus dem Siegel. Der Schlüsselbart irgendwie fixiert. Die überlieferten befindet sich immer oben. Das älteste noch Darstellungen der Details von Bart und Griff erhaltene Feldzeichen im Rathaus zu Stans aus derselben Zeit weichen auch mehr ist ein rotes dreieckiges Fähnlein, das oder weniger wesentlich beim Fahnen- und nach der Überlieferung bei Sempach 1386 Wappenbild voneinander ab. Einige alte getragen wurde und analog dem Siegel Nidwaldner Panner und Fähnli sind noch einen einfachen Schlüssel enthält, dessen heute in Stans aufbewahrt. Bei den letztern Bart von der Stange abgewendet ist14. fehlt neben dem Doppelschlüssel auch das Mit dem Anfang des 15. Jahrhunderts gemeineidgenössische weisse Kreuz nicht. taucht dann die Form des zweibärtigen Dieses wurde Ende des 18. Jahrhunderts Doppelschlüssels auf, zuerst in jener als Lilienkreuz dargestellt (Abb. 5). hochrechteckigen Fahne, welche nach der Tradition Schlacht in der bei Arbedo 1422 Eine gute heraldische Synthese getragen worden sein soll15. Ferner im bereits dreieckigen Fähnlein aus der Mitte des Wie dargelegt, repräsentierte Obwaldens rotweisser Schild älterer U- Jahrhunderts, geführt im Alten in Zürichkrieg und in den Burgunderkriegen 13 Abb. bei Niederberger Ferdinand : «Das (Abb. seltsame des 2). Die Form Wappen und die Landesfarben von Unterwaiden nid Doppelschlüssels, aus dessen Griff zwei Röhren dem Wald.» In : «Wappen, Siegel und Verfassung der Schweizerischen und der Kantone.» mit je einem Bart wachsen, der also praktisch Eidgenossenschaft Bern 1948, S. 559. betätigt in einem Türschloss gar nicht 14 Abgebildet bei Bruckner A. und B., a. a. O., werden könnte, wurde vielleicht dem Taf. 5. 15 zu gleicher Zeit auf den Abgebildet bei Bruckner A. und B., a. a. O., Kaisersiegeln Fahnenkatalog S. 89. auftretenden Doppeladler nachgebildet. Auch 16 Kräpfligriff. 20

Abb. 5. Landesfahne von Nidwaiden aus dem Jahre 1794. Höhe 220 cm, Breite 200 cm. Stans, Rathaus. (S. 291 im Fahnenbuch von Bruckner. Leihgabe des Verlages Zollikofer & Co. AG, St. Gallen.) 21

Zeit zugleich das ganze Land Unterwaiden. Nidwaiden suchte aber seine Gleichberechtigung zu dokumentieren, wobei ihm das nach 15 00 aufgekommene Kompositionsschema der schweizerischen Standesscheiben entgegenkam. Es handelt sich um den sogenannten Dreipass, in dem zwei gleiche, einander sich zuneigende Standesschilde vom Reichsschild als Symbol der Reichsunmittelbarkeit überhöht Werden. Es lag auf der Hand, dass Ob- walden nicht beide Schilde beanspruchen konnte. So errang der Doppelschlüssel Abb. 8. Das gemeinsame Wappen von Unterwaiden seinen Platz neben dem bisher dominierenden im 17. und 18. Jahrhundert : der rotweiss geteilte Schild Obwaldens, belegt mit dem Doppelschlüssel rotweissen Wappen, obschon damit Nidwaldens in gewechselten Farben. die Symmetrie nicht vollkommen war. Wir finden ihn bereits auf der spätgotischen Nidwaldens nie Eingang verschaffen, Unterwaldner Scheibe von ca. 1505 weshalb im Gegensatz zum Wappen keine 1® Schweizerischen Landesmuseum17. gemeinsame Unterwaldner Fahne Wohl Unkenntnis des Glasmalers 18 aus existierte. nimmt er sogar die heraldisch rechte Vor- rangstelle ein. Im Laufe des 16. Jahrhunderts wurden die beiden Schilde so häufig Die Juliusbanner von 1 J12 als Pendant verwendet, dass man schliesslich nicht mehr leicht zum rotweissen Mit Bannerprivileg vom 24. Juli 1512 Obwaldner Wappen als Symbol des ganzen erhielten die Unterwaldner von Kardinal Landes zurückkehren konnte, auch Schiner ihr Juliusbanner in rotweisser Wo nur ein Schild zur Verfügung stand. Teilung (Abb. 4), das sich in Sarnen So entstand denn um die Wende zum 17. vorzüglich erhalten hat. Neben dem Jahrhundert ein neues Wappenbild für Eckquartier mit der Kreuzigungsgruppe und Gesamtunterwaiden, das sich aus den den Passionsinstrumenten steht der heilige Bestandteilen der beiden Teilwappen Petrus, in der Rechten einen silbernen zusammensetzte. In das rotweisse Feld Ob- Doppelschlüssel haltend. Die Figur des Waldens wurde der Doppelschlüssel Nid- Heiligen könnte auf beide diesem Waldens in gewechselten Farben gelegt geweihte Mutterkirchen in Stans und Sarnen (Abb. 8), heraldisch eine ausgezeichnete Bezug nehmen. Durch den Verschmelzung. Erstmals sehen wir diese Doppelschlüssel aber sollte offenbar Nidwaiden Darstellungsart auf der 1606 den Luzernern zur Einweihung des neuen Rathauses 17 Abgebildet bei Lehmann Hans : «Geschichte der Luzerner Glasmalerei den Anfängen bis Zu geschenkten Standesscheibe 19, ausgeführt von Beginn des 18. Jahrhunderts.» Band 5 der Monographienreihe ® der Werkstatt des berühmten Zürcher «Luzern Geschichte und Kultur». Luzern 1941, Reuss- Glasmalers Christoph Murer (1558-1630). Verlag, Taf. 14, Text S. 17. 18 kam als Fremder Allerdings wurde der Schlüssel Oswald Göschel vermutlich von vor 1491 nach Luzern und kaufte sich fälschlicherweise ganz weiss gelassen (Abb. 7). 1497 in das Bürgerrecht ein. 1499 erscheint er im In das rotweisse Obwaldner Panner aber, Reiserodel für den Schwabenkrieg. Wahrscheinlich fiel 6. Welches er am September 1513 vor Dijon. Lehmann, nach wie vor den gesamten Stand a. a. O., S. 20 vermutet in ihm den Meister der Hand k'nterwalden repräsentierte und stets von B, welcher bei der Illustration der «Luzerner Chronik» e®em Obwaldner Pannerherrn des Diebold Schilling (1511-1513) mithalf. getragen 19 Historisches Museum, Rathaus am Kornmarkt ^urde, konnte sich der Doppelschlüssel Luzern, Kat.-Nr. 652. 22 allein dokumentiert werden, nachdem für liehenen Eckquartier und dem Obwalden schon die rotweisse Teilung Doppelschlüssel anfertigen24, welches gemäss bezeichnend war. Wir können daher dieses Archivinventar von 1741 im Schwabenkrieg Juliusbanner als ersten und einzigen, und Pavierzug gebraucht wurde. wenn auch heraldisch unbefriedigenden Für Obwalden beziehungsweise Versuch betrachten, in einem gemeinsamen Unterwaiden sind keine solchen Banner mit Landesbanner von Unterwaiden Eckquartieren überliefert. Dass aber die auch den Doppelschlüssel Nidwaldens Unterwaldner auf einem ihrer Banner aus einzubeziehen. der Zeit des Zweiten Kappelerkrieges Der Versuch misslang. Denn die Ob- 15 31 ein anderes Eckquartier als auf dem waldner brachten die Fahne nach Samen, Juliusbanner ins Feld führten, wissen wir und die Nidwaldner gingen leer aus. Sie aus der Unterwaldner Standesscheibe aus wünschten daher ein eigenes Banner und dem Jahre 153225, deren Eckquartier erhielten dieses am 20. Dezember 1512 rechts die Madonna mit Kind, Hnks zwei mit einer von Papst Julius II. persönlich gekreuzte Schlüssel zeigt, überhöht von der verliehenen Bulle. In einer Umschrift des päpstlichen Tiara. Froschauers Holzschnitt Banners wird die uralte Wappensage von von ca. 1513 gibt dem Freiviertel der Verleihung des Doppelschlüssels Unterwaldens nebst der Kreuzigungsgruppe durch Papst Anastasius im 4. Jahrhundert noch die Himmelskönigin, was vielleicht ausdrücklich bekräftigt20. Auf rotem, auf einer Verwechslung mit dem trefflich konserviertem Damast prangte Juliusbanner von Schwyz beruht, wo die der mit Gold- und Silberfäden gestickte Madonna wie der heilige Petrus beim aufrechte Doppelschlüssel, und ein ebenso Obwaldner Banner gross im Mittelfeld kostbares gleiches Eckquartier wie bei erscheint 26. Immerhin darf die Möglichkeit Obwalden 21. Dieses wie auch der Schlüssel nicht ausgeschlossen werden, es könnte wurden in den Franzosenwirren des für die besondere Gelegenheit der Metallwertes wegen entfernt, weshalb wir Kappelerschlacht auch eine besondere die bescheidene kolorierte Zeichnung im Darstellung des Kreuzigungstodes gewählt Stanser Archivinventar von 1741 worden sein 27. heranziehen müssen (Abb. 3). So verfügte nun jeder Teil über ein eigenes Juliusbanner. Dessen Eckquartiere Die unbestimmte Fahne aus der feiten gehen zurück auf die Bannerbriefe König Hälfte des 1 Jahrhunderts Maximilians I. vom 28. September 1487 für Nidwaiden 22 und für Obwalden Eine einwandfreie Bestimmung der in gleichen Datums 23. Wohl bald nach der Abb. 6 gezeigten Fahne aus der 2. Hälfte Ausstellung dieses Privilegs Hess Nidwaiden des 15. Jahrhunderts 28 ist bis heute noch ein kostbares Landesbanner mit dem ver- nicht gelungen. Vor allem konnte kein

24 Abgebildet bei Bruckner A. und B., a. a. O., 20 Abgedruckt bei Bruckner A. und B., a. a. O., Taf. 32. S. 189-90. 25 Im Museum zu Samen, früher im Rittersaal des 21 Als Obwalden von der Bannerverleihung durch Deutschritterhauses in Hitzkirch. Abgebildet im Papst Julius II. vernahm, liess es den für Unterwaiden Kunstdenkmälerband von Unterwaiden, S. 724> ausgestellten Bannerbrief auf den eigenen Landesteil Abb. 454. umändern und ebenso das Datum des 20. Dezember 26 Durrer Robert, a. a. O., S. 23, Anm. 4. Weitere 1512 daruntersetzen. Etwas später, nach Durrer im Glasscheiben mit demselben Banner-Eckquartier sind Jahre 1552, liess man sinnlos in getreuer Kopie des abgebildet im «Innerschweiz. Jahrbuch für Heimatkunde», Nidwaldner Exemplars dessen Umschrift auf das Bd. VI. Luzern 1941. nunmehrige Obwaldner Banner setzen. Vgl. Text bei 27 Tomeï Wolf : «Die fünförtischen Banner im Bruckner, a. a. O., S. 191. Zweiten Kappelerkrieg 1531.» In: «Geschichtsfreund», 22 Bruckner A. und B., a. a. O., S. 126 und Taf. 30. Bd. 121, 1968, S. 229 ff. 23 Bruckner A. und B., a. a. O., S. 93. 28 Bruckner A. und B., a. a. O., Taf. 20. Abb. 6. Unbestimmtes Banner aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Höhe 108,5 cm> Breite 112 cm. Stans, Rathaus. (Taf. 20 im Fahnenbuch von Bruckner. Hier in umgekehrter, noch nicht einwandfrei abge¬ klärter Farbteilung. Leihgabe des Staatsarchivs Obwalden.) Abb. 7. Standesscheibe des Landes Unterwaiden, 1606, von Christoph Murer. Historisches Museum, Rathaus am Kornmarkt Luzern. (Photo Josef Brun, Luzern, 1969.) — 23 —

überzeugender Nachweis erbracht werden, sich vielleicht doch um eine Unterwaldner dass es sich um ein Obwaldner Fahne aus den Burgunderkriegen Landesbanner handelt. Ein Nidwaldner handeln, die die Obwaldner den sich stets Landesbanner kann es nicht sein, weil der zurückgesetzt fühlenden Nidwaldnern zur Schlüssel fehlt. Nachdem fünf von Nid- Aufbewahrung überlassen hätten, weil Walden in den Kriegen des 15. Jahrhunderts es ja schliesslich nur ein Fähnli und nicht geführte Banner in Stans vorhanden ein Landesbanner war, entbehrt ebensosehr sind29, könnte man sich der Ansicht einer quellenmässigen Grundlage wie Bruckners anschliessen, wonach wir es die Annahme Bruckners, bei der Rückgabe mit einem Obwaldner Fähnli aus der Zeit der Nidwaldner Fahnen während der der Burgunderkriege zu tun hätten30. Flelvetik sei ein Irrtum unterlaufen und Grössenmässig würde dies stimmen, und das Obwaldner Banner fälschlich nach kein Geringerer als der heraldisch äusserst Stans gelangt34. Letzteres kann sogar bewanderte Diebold Schilling 31 zeichnete durch das Verzeichnis vom 7. März 1799 für diese Zeit mehrmals ein rotweiss an den Regierungsstatthalter des «Kantons geteiltes Fähnlein mit dem für Kriegszüge Waldstette» widerlegt werden 35. tns Ausland verlangten gemeineidgenössischen Im Nidwaldner Archivinventar von weissen Kreuz im obern roten Feld, 1741 von Landschreiber Felix Leontius ohne Unterschied für Obwalden/Unter- Keyser wird eine Fahne aquarelliert Walden wie für Solothurn. R. Mader32 gezeichnet und wie folgt beschrieben : «Das verwendet eine analoge Zeichnung für Felldt-Zeichen mit No. 5 von weyss- und ein altes Obwaldner Fähnli. Indessen rothem Doppel-Taffet, war der Schützenfahnen, fehlen andere Obwaldner Banner aus so in der Capellschlacht dieser Zeit, weshalb kein genügendes Anno 15 31 gedienet. Ist hoch 4 Schuohe, Vergleichsmaterial zur restlichen Abklärung 4 Zohl, breith 3 Schuohe, 7 Zohl»36. dieser sehr wichtigen Frage zur Verfügung Schon nach Durrer 37 klingt diese Nachricht steht. aber verdächtig, weil Schützenfähnlein Auf einen wichtigen Umstand hat in dieser Zeit immer dreieckig waren B- Niederberger33 hingewiesen. Es sei und die Unterwaldner mit dem Banner praktisch undenkbar, dass ein Obwaldner Landesbanner bald 500 Jahre lang in den 34 Bruckner A. und B., a. a. O., S. 112. Händen der Nidwaldner sein könnte, ohne 35 Niederberger Ferdinand, a. a. O., Nr. 49 : Gleich nach der Erwähnung des Juliusbanners (bereits Beweis eines einzigen obwaldnerischen ohne Hinweis auf Schlüssel und Eckquartier, nur auf Auslieferungsbegehrens. Die Geschichte die Umschrift mit goldenen Buchstaben) wird an 2. Stelle : «Ein weis und rother Fahne mit des Juliusbanners erhärtet diese genannt Meinung. einem Kreuz im rothen Theile, so in der Kapellenschlacht Hie Vermutung des Verfassers, es könnte gebraucht worden, ist von Tafet.» (Protokoll Nr. 642.) 36 Nach der Beschreibung müsste die weisse Hälfte 29 Bruckner A. und B., a. a. O., Fahnenkatalog oben sein. Die Zeichnung enthält aber eine rotweisse S. 89/90, Nr. 523-527, sowie Taf. 19, 21 und 32. Fahne, was als sicherer gelten kann als eine Beschreibung, 30 Bruckner A. und B., a. a. O., S. 112. die nicht immer den heraldischen Regeln gemäss 31 Schilling Diebold : «Luzerner Bilderchronik erfolgte, besonders nicht im 18. Jahrhundert. Auch 1513. » Herausgegeben von der Einwohner- und liesse die Angabe der Masse, sofern keine Verwechslung Korporationsgemeinde Luzern, bearbeitet von Robert vorliegt, auf eine eher hochrechteckige Fahne Durrer und Paul Hilber, Genf 1932, Verlag Sadag SA, schliessen, während das überlieferte Tuch in Abb. 6 Genf, Taf. 148-153. (Nr. 544 im Fahnenbuch von Bruckner) beinahe 32 Mader Robert : «Die Fahnen und Farben der quadratisch ist. Spätere Verkürzungen bei Restaurationen Schweizerischen Eidgenossenschaft und der (Belege sind nicht ausgeschlossen. Nachdem keine Kantone.» St. Gallen 1942, Verlag Zollikofer & Co., S. Fahnentülle mehr vorhanden ist und keine Löcher "3/64 und Abb. 37. eines event, aufgenähten Eckquartiers festzustellen 33 Niederberger Ferdinand : «Die weiss-rot sind, wird die ursprüngliche Farbteilung an der Stange geteilte Fahne des Unüberwindlichen Grossen Rates von kaum je mit Sicherheit bestimmt werden können. 37 Mans.» In : «Der Unterwaldner», Nr. 49 und 50, 20. Durrer Robert : «Die Kunstdenkmäler des und 24. Juni 1953. Kantons Unterwaiden», a. a. O., S. 877/79. — 24 —

nach Kappel auszogen, wobei die Sonderzeichen Die Hypothese einer Nidwaldner «underschlagen» zu werden pflegten Freifahne wird von F. Niederberger39 38. Er vermutet in dieser Fahne eine vertreten, während dieselbe Fahne auf dem Freifahne, und zwar jene des Unterwaldner farbigen Titelbild des Obwaldner Heimatbuches Harstes im Saubannerzug vom Februar von 1953 sowie im zitierten 1477 oder der Reisläufer in die Franche- Schweizer Fahnenbuch als Landesbanner Comté im darauffolgenden Sommer. Als von Obwalden erscheint. Er sieht darin Begründung bringt er einen interessanten eine Freifahne der Zunft des «Gross Rat» Beschluss aus dem Obwaldner von Stans von 1477, welche von den Landratsprotokoll, wonach inskünftig die in einer gegen Karl den Kühnen ins Feld «fryheyt» laufenden Knechte ein «spitzes gezogenen und heimgekehrten Nidwaldner fenly» machen lassen müssten, zur Offizieren gegründet worden ist und der Unterscheidung sowohl von «unserem paner» die führenden Geschlechter von Stans als auch vom «vierschröten fenly». Denn angehörten40. Aus dieser Gesellschaft es seien von unserem Land etliche wurden später die Schützen rekrutiert. Knechte nach Oberburgund gezogen und Die angenommene weissrote Teilung des hätten da ein Fähnlein getragen, «rott und Fahnenbildes wird mit dem Wappen auf wyss und vierschröt und ein klein wyss dem Weiberbrief von 1627 in Beziehung crütz in dem rotten, das zwar unserem gebracht, ohne dass aber die Schlussfolgerungen zeychen vast glich was». Diese Eintragung zu überzeugen vermöchten 41. scheint trefflich auf unser Stück zu passen, Wenn es sich tatsächlich um eine umsomehr als durch den Abschied vom Nidwaldner Freifahne handeln sollte 42, dürfte 21. Februar 1477 ausdrücklich bezeugt ist, kaum dieselbe Farbteilung wie bei dass im Torechten Leben (Saubannerzug) Obwalden gewählt worden sein. Zur die Unterwaldner Knechte ein eigenes Umkehrung brauchte es ja keine grosse «Fendli» hatten. Bezüglich der Standortfrage Phantasie. Einem interessanten Hinweis glaubt Durrer, das in dem Landrats- begegnete man bei der vor wenigen beschluss von Obwalden beanstandete Jahren vorgenommenen Restauration der Fähnlein könnte von Nidwaiden Eingangshalle des Stanser Rathauses. Auf konfisziert worden sein, was aber einer sichern Quellengrundlage entbehrt. 41 Das Wappen des Unüberwindlichen Grossen Rates von Stans auf dem pergamentenen Weiberbrief von 1627 zeigt zwei sich zuneigende weissrot gespaltene Schilde, belegt mit einem Pantoffel in 38 Das will aber nicht unbedingt heissen, es seien gewechselten Farben und überhöht vom Reichsschild gar keine Sonderzeichen mitgeführt worden. mit dem Doppeladler. Bei einem solchen Dreipass Hinsichtlich der «Einrollung» vor der Schlacht ist im wechselt der heraldisch rechte Schild seine Farbteilung Falle Nidwaldens eine gewisse Zurückhaltung geboten. oder Schildfigur zur Erlangung der Symmetrie, weshalb Wer hätte dies der draufgängerischen Kriegerschar für die Bestimmung der Teilung der heraldisch nid dem Kernwald angesichts der Feinde linke, hier also weissrot geteilte Schild herangezogen befehlen wollen, während die Luzerner und Zürcher werden muss. Schliesst man aus diesem Wappenrand Schützen sowie die Talleute des Entlebuch ihre auf die Stangenseite des Banners wie bei den Zeichen offen tragen durften Diebold Schilling zeichnet aufgeführten Luzerner Fahnen, müsste obiges Wappen von auf Taf. 269 das Nidwaldner Banner mit denjenigen einer rotweissen Fahne abgeleitet worden sein. der übrigen 12 Orte, als sie im März 150; die französische Vielleicht aber hat sich der Zeichner von der Vorrangseite Flottille auf dem Laghetto zu Locarno be- leiten lassen, dann entspricht einer heraldisch rechten schiessen. weissen Wappenhälfte ein oberer weisser Fahnenteil 39 Niederberger Ferdinand : «Nidwaldner Wehrgeist (siehe Wappen und Fahne des Kantons Tessin). Aus 1476 bis 1957.» Stans 1957, 2. Auflage 1958, dieser einzigen vorhandenen Wappenzeichnung sind herausgegeben von der Offiziergesellschaft Nidwal- Rückschlüsse nicht mit Sicherheit anzubringen (Abb. den, S. 7 ff. und Abb. im «Innerschweiz. Jahrbuch für Heimatkunde», 40 Businger Joseph : «Die Geschichten des Volkes Bd. VII, S. 140). 42 von Unterwaiden ob und nid dem Wald.» 1828, Niederberger Ferdinand : «Die Gesellschaft der Band II, S. 311/12. Heute existiert diese Zunft nur Herren Burger zu Beckenried und ihre Bruderschaft noch als Bruderschaft für Jahrzeit und Gedächtnis 1609-1966.» Stans 1966, herausgegeben von der und als Gesellschaft für exklusive Fastnacht. Burgergesellschaft Beckenried, Vorwort. — 25 —

den beiden Wappenschildchen unter den anfänglich nicht gegen die ins Bundessiegel prächtigen Hirschgeweihen kam die aufgenommene Wappenform an sich. ursprüngliche weissrot geteilte Bemalung Sie erhob nur die völlig unbegründete wieder zum Vorschein. Kritik, es sei darin die Standesfarbe Die Geschichte dieses Banners muss verkehrt angedeutet, die rote Farbe müsse Wohl erst noch geschrieben werden. unten und die weisse oben sein, weil Weiss-Rot Unterwaiden zukomme und nicht Rot-Weiss wie Solothurn43. Doch Das neue vereinigte Wappen von i8ij!i6 bald stellte sie die bestimmte Forderung um Aufnahme des Doppelschlüssels, Bei der Schaffung des Fünfzehnerbundes damit das Wappen wieder jene Form erhalte, stand Nidwaiden noch immer die es in früheren Zeiten hatte. Dies war unter dem furchtbaren Eindruck der durchaus berechtigt, vielleicht ebenso die Schreckenstage und Verwüstungen von weitere Behauptung, es hätte «der zwey- t798. Es konnte nur schwer verwinden, fache Schlüssel in den gefärbten Fähnen» von Obwalden in dem ebenso heroischen auch bei gemeinschaftlichem Auszug von wie aussichtslosen Verzweiflungskampf jeher geweht 44. gegen die französische Fremdherrschaft Dem Begehren Nidwaldens setzte alleingelassen worden zu sein. Als einziger Obwalden unbegreiflichen Widerstand Stand verweigerte Nidwaiden die entgegen. In einer Denkschrift vom 16. Juni Anerkennung des Bundesvertrages von 1815, 1816 setzte es einseitig und weitläufig Weshalb die Tagsatzung am 17./i 8. Juli auseinander, dass der Doppelschlüssel das folgenden Beschluss fasste : «Der Can- Auszeichnende von Nidwaiden sei, dass tonstheil Ob dem Wald wird unter dem dagegen der rotweisse Schild schon in den Namen Unterwaiden als der dritte Ur- ältesten Zeiten das ganze Land repräsentiert Canton mit Sitz und Stimme in der habe. Der seit zweihundert Jahren Tagsatzung anerkannt.» Gleichzeitig vereinigte nachweisbare allgemeine Gebrauch der sie mit demselben die bundestreue von Nidwaiden geforderten Wappenform Gemeinde Engelberg, die seit 1803 wurde geflissentlich verschwiegen, ob- entsprechend ihrer natürlichen Lage einen schon noch in der dekorativen Publikation Bestandteil von Nidwaiden gebildet hatte. der Genfer Regierung vom 13. September Aus jener Zeit stammt das vom Winter- 1814 über die von der Tagsatzung thurer Johannes Aberli gestochene erste beschlossene Aufnahme der Kantone Genf, eidgenössische Bundessiegel, welches die Wallis und Neuenburg in den Bund der Kantonswappen im Kranze um das Eidgenossen der Stand Unterwaiden mit Schweizer Kreuz gruppiert, und worin dem rotweissen Schild, belegt mit dem Obwalden nun seinen alten rotweissen Doppelschlüssel in gewechselten Farben Schild ohne Schlüssel setzen Hess. Als dokumentiert ist. Obwalden beanspruchte dann aber eineinhalb Monate später Nid- zudem wieder seine Zweidrittelsmehrheit, V'alden um Aufnahme in den Bund bat wurde aber in diesem Punkt einstimmig und dieselbe am 29. August 1815 erhielt, abgewiesen. Eine Einigung schien nicht Verlangte es neben der Rückgabe Engelbergs möglich. Die eidgenössischen Schiedsrichter, auch die Repräsentanz auf dem Statthalter Sidler von , Jean Bundessiegel. In der Folge entspann sich de Montenach von Fryburg, Landammann Während eines vollen Jahres ein heraldi- Scher Streit, der von beiden Seiten 43 An Obwalden 11. September 1815. teilweise mit wenig Sachkenntnis und Korrespondenz-Protokoll Nidwaiden III, 107. Die weissrote Verstand geführt wurde. Interessanterweise Farbteilung scheint in Nidwaiden eine gewisse Bedeutung gehabt zu haben. protestierte die Nidwaldner Regierung 44 Siehe Anm. 38. 20

Müller-Friedberg von St. Gallen und chen Anspruch haben und man sich über Johann Jakob Hirzel von Zürich, denen ein einfaches Zeichen nicht vereinigen die verschiedenen Streithändel zwischen konnte, so soll der Schild von oben nach den beiden Kantonsteilen unterstellt worden unten in zwo gleiche Hälften getheilt und waren, schlugen nun eine Vereinigung Obwalden auf der rechten Seite mit dem anstatt eine Verschmelzung der beiden einfachen Schlüssel in rot und weissem Wappen vor. Auf diese Weise konnte jede Felde, Nidwaiden hingegen auf der linken Partei ihr Standessymbol selbst bestimmen. Seite mit dem gedoppelten Schlüssel im Damit Obwalden dem prunkvollen roten Felde repräsentiert werden.» Doppelschlüssel Nidwaldens etwas In der Beschreibung nicht erwähnt wurde «Anständiges» gegenüberzustellen hatte, nicht die Stellung des einfachen Schlüsselbartes nur eine einfache Schildteilung, die erst im Obwaldner Wappen, der im Bundessiegel noch gleich war wie diejenige Solothurns, gegen die Mitte zeigt, somit nach griff es jetzt auch auf seinen einfachen heraldisch links, während er bald darauf Schlüssel zurück, den es vorübergehend rechtsgewendet dargestellt wurde, also schon im 18. Jahrhundert aus dem Siegel gegen die Fahnenstange. Das neue Wappen in das Wappen aufgenommen hatte. Der wurde der Ausdruck der völligen eingangs erwähnte Beschluss der Gleichberechtigung zweier Gemeinwesen Tagsatzung vom 12. August 1816 war die innerhalb eines Standes. Nidwaiden wurde Ratifizierung eines Vergleichs und als Halbkanton anerkannt, Obwalden bestimmte : unter § 3 musste seine Mehrheitsstellung aufgeben, «Da beyde Cantonstheile auf das erhielt dafür im Wappen- und Fahnenbild gemeinschaftliche Wappen und Feldzeichen glei¬ die heraldisch rechte Vorrangseite.