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Sven Bremer mit Bremerhaven Orientiert in Bremen und Bremerhaven

Inhalt Stadt und Stadtviertel Sightseeing-Highlights Essen und Ausgehen Tour: Rund um den Marktplatz

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Orientiert in Bremen Deutschlands elftgrößte Stadt Die Stadt Bremen liegt inmitten von Stadt und Niedersachsen, rund 60 km von der Nordsee entfernt. Auf einer Fläche von Stadtviertel rund 325 km² lebten Ende 2017 557.000 Menschen. Damit wurde Bremen von Eine Besonderheit Bremens ist, Leipzig überholt und ist nur noch die dass ein Teil des Stadtstaates elftgrößte Stadt Deutschlands. Gemein- knapp 60 km vom Marktplatz sam mit Bremerhaven kommt das Bun- entfernt liegt. Seitdem die Han- desland Bremen auf rund 681.000 Ein- sestadt 1827 ein Areal an der wohner. Das bremische Stadtgebiet zieht Wesermündung vom Königreich sich von Südosten nach Nordwesten entlang der Weser. Nördlich der Häfen Hannover kaufte, gehört Bre- beginnt Bremen-Nord mit den drei merhaven zum Zwei-Städte-Staat Stadtteilen Vegesack, Burglesum und Bremen. Die touristischen High- Blumenthal. Vom nördlichsten Zipfel lights findet man rund um den der Hansestadt, dem Bunker Valentin und in den in Farge-Rekum, bis zum Bremer Kreuz Bremerhavener Havenwelten. im Südosten ist es eine halbe Weltreise, immerhin gute 40 km. Von der Bremer Innenstadt bis zum Flughafen auf der Neustadt-Seite ist es hingegen nur ein etwas größerer Katzensprung.

Stadt am Fluss Bremens Altstadt liegt zwischen den Wallanlagen als östliche Begrenzung und der Weser auf der anderen Seite. Gemeinhin wird zur Altstadt der Be- reich zwischen dem Brill und dem Os- tertor gezählt. Nach dem Zweiten Welt- krieg verwaiste das Gebiet an der Weser. Erst im Zuge des Projektes „Stadt am Fluss“ vor der EXPO 2000 rückte die Stadt wieder näher ans Wasser. Die Neugestaltung der Schlach- te, des historischen Hafens an der Weser, hat Bremen touristisch attraktiver ge- macht. Der Marktplatz mit Rathaus Bremer Wappen und Flagge und Roland gehört sowieso zu den Bremens rot-weiß gestreifte Flagge schönsten in Deutschland. Etwas wei- wird gerne als „Speckflagge“ bezeich- ter in Richtung Osten und ebenfalls in net. Das offizielle Bremer Wappen Wesernähe liegt das Ostertor, wenn man zeigt einen silbernen Schlüssel auf so will das „Kreuzberg“ der Hansestadt. rotem Grund, und im Hinblick auf Hamburgs Wappen heißt es spöt- Neustadt tisch an der Weser: mag ja das Tor zur Welt sein, aber Bremen Die heutige Alte Neustadt entstand im hat den Schlüssel dazu. Verlauf des 17. Jh., als es den Bremern Fehler! Kein Text mit angegebenerHavenwelten Formatvorlage im Dokument. 9 BREMERHAVEN auf der östlichen Weserseite zu eng wurde. Auch hier gibt es im Flüsseviertel eini- ALTSTADT ge typische Altbremer Häu- W ser. Lange hieß es in Bre- es er men, wer auf der Neustadt- S c h Rat- la seite wohnt, der wohnt auf c haus h t der „falschen“ Seite. Inzwi- e schen haben vor allem Stu- denten die Neustadt für sich ALTE NEUSTADT OSTER- entdeckt, weil die Mieten hier TOR günstiger sind, und sie bele- ben den einst tatsächlich rela- ÜBERSEE- BREMEN tiv langweiligen Stadtteil. Direkt STADT an der Weser liegt das Naherho- lungsgebiet Stadtwerder, Namens- geber für den mehrfachen deutschen Fußballmeister Werder Bremen. In diesen Stadtteilen wurden im Zwei- Häfen/Überseestadt ten Weltkrieg die meisten Häuser zer- bombt. Die wohlhabenderen Bremer Die stadtbremischen Häfen bzw. das, wohnen eher im Osten der Innenstadt, was von ihnen übrig geblieben ist, lie- in Schwachhausen oder in den ländli- gen nordwestlich der Innenstadt. Heute chen Ortsteilen Oberneuland und Borg- entsteht hier die Überseestadt, ein feld, an die sich das Blockland an- städtebauliches Experimentierfeld, eine schließt: Bremens bäuerlicher Ortsteil Spielwiese für Investoren und (Star-) und Naherholungsgebiet mit der Wüm- Architekten. Liverpool, Hamburg oder me, attraktiven Radwegen und zahlrei- London haben es vorgemacht und Bre- chen Gasthöfen. men konnte von den Fehlern lernen, die dort begangen wurden. Hat Bremen aber nur bedingt. Hafenbecken wurden zuge- Bremerhaven schüttet, anstatt Wohnen am Wasser zu Bremerhaven ist eine verhältnismäßig ermöglichen. Zunächst entstanden fast junge Stadt, entstand erst, als Bremen ausschließlich Behausungen für die Bes- 1827 wegen der zunehmenden Versan- serverdiener, Infrastruktur wurde kaum dung der Weser ein Areal an der Weser- geschaffen. Aber aus Fehlern lernt man mündung dazukaufte. Heute hat die und es bleibt spannend, wie aus dem kleine Schwester Bremens rund einstigen Welthafen bis 2025 ein Stadt- 114.000 Einwohner, die auf einer Flä- teil entstehen soll, der neues Wohnen che von knapp 94 km² leben. Längst mit altem Hafengewerbe vereint. können Häfen, Schifffahrt oder Fische- rei den Bremerhavenern nicht mehr ge- nug Arbeit geben. „Fishtown“ ist das Weitere Stadt- und Ortsteile Sorgenkind des Zwei-Städte-Staats mit Die Stadtteile Walle, Gröpelingen und einer vergleichsweise hohen Arbeitslo- Oslebshausen liegen entlang der ehe- sigkeit. Touristisch interessant ist die maligen stadtbremischen Hafengebiete. Stadt durch die Havenwelten mit dem Der Bremer Westen ist traditionell die Deutschen Schiffahrtsmuseum, dem Gegend der kleinen Leute, früher über- Deutschen Auswandererhaus und dem wiegend der Werft- und Hafenarbeiter. Klimahaus 8° Ost.

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Orientiert in Bremen Am Marktplatz  Bremer Rathaus: Viele Touristen ste- Sightseeing- hen staunend vor dem Bremer Rathaus mit seiner prachtvollen Fassade im Stil Highlights der Weserrenaissance. In der histori- schen Oberen Rathaushalle wird gefei- Die meisten Sehenswürdig- ert, wenn es etwas zu feiern gibt (Schaf- fermahlzeit, Werder-Meisterschaften – keiten in Bremen liegen nur zuletzt leider seltener). Im Ratskeller einen Steinwurf auseinander lagern überaus edle Tröpfchen, die al- und selten mehr als zwei von lenfalls die Queen von England mal pro- der Weser entfernt. Der bieren durfte.  Tour 1, S. 18 und S. 24 Marktplatz mit Roland, Rathaus und den Stadtmusikanten ist  Bremer Stadtmusikanten: Die meis- Bremens „gute Stube“, die ten Handy-Fotos und Selfies in Bremen Böttcherstraße die „heimliche werden in einer etwas abgelegenen Hauptstraße“ der Hansestadt – Ecke hinter dem Rathaus gemacht. Dort steht die Plastik der Bremer Stadt- und jenseits des Bürgerparks musikanten von Gerhard Marcks: Esel, sorgt ein Wal für Furore. Hund, Katze und Hahn sind genau ge- nommen ja nie in der Hansestadt ange- kommen, dennoch eines der Wahr- zeichen Bremens.  Tour 1, S. 26  Bremer Roland: Der Roland ist das Symbol für Freiheit und die Rechte der Bremer Bürger. Die mehr als 600 Jahre alte Statue des edlen Ritters haben die Bremer so richtig ins Herz geschlossen. Der Roland bekommt zu seinem Ge- burtstag einen Strauß Blumen und zu Zeiten des Freimarkts hängt man ihm ein großes Lebkuchenherz um und schenkt ihm ein paar bunte Luft- ballons. Und weil er ihnen so wichtig ist, wird der originale Kopf der größten Roland-Statue der Welt auch gut ge- schützt im Focke-Museum aufbewahrt.  Tour 1, S. 16  St.-Petri-Dom: Der mächtige Bremer Dom ragt knapp hundert Meter in den Himmel. Vor mehr als 1200 Jahren wurde hier auf einer Weserdüne der UNESCO-Welterbe erste Dom errichtet. In seinen heutigen Das Bremer Rathaus und der Ausmaßen entstand das überwiegend Roland wurden 2004 gemeinsam im gotischen Stil umgebaute Gottes- von der UNESCO zum Weltkultur- erbe ernannt – als „einzigartiges haus erst im Laufe der Jahrhunderte. Zeugnis“ für die Entwicklung von Zu Zeiten der Reformation war der bürgerlicher Autonomie und Dom über hundert Jahre geschlossen, Marktrechten in Europa. sein prachtvolles Erscheinungsbild

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Bürgerpark innen wie außen erhielt er Universum erst bei umfangreichen Renovierungsmaßnahmen

Ende des 19. und Anfang ALT- des 20. Jh.  Tour 1, S. 29 STADT

Stadt- musikanten Rathaus Historisches Böttcherstraße: Böttcher- St. Petri  Einst Stra- straße ße der Fassmacher (Böttcher), OSTERTOR wird die Böttcherstraße heute STEINTOR gern als Bremens heimliche Haupt- straße bezeichnet. Die Böttcherstraße ist mehr Gasse als Straße und darf als einzigartiges Gesamtkunstwerk durch- Deutschland. Wissenschaft zum An- gehen. Anfang des 20. Jh. ließ der Bre- fassen, zum Ausprobieren, zum Erle- mer Kaffeekaufmann Ludwig Roselius ben und zum Staunen. Inzwischen die baufälligen Häuser überwiegend im wurde der markante Bau, der an einen expressionistischen Stil umbauen. glitzernden Wal oder an eine Muschel  Tour 2, S. 38 erinnert, um den EntdeckerPark und  Schnoor: Der Schnoor ist das älteste die SchauBox erweitert und umfassend Quartier in Bremen. Die schmalen modernisiert.  Tour 5, S. 83 Kopfsteinpflaster-Gassen in dem ehe- maligen der Fischer und Hand- Havenwelten in Bremerhaven werker locken zum Bummeln und zum Shoppen, zudem gibt es dort einige  Klimahaus Bremerhaven 8° Ost: Mu- gute Restaurants. Besonders Amerika- seum, Science-Center und Erlebnispark ner und asiatische Touristen geraten in einem, ist es spannend und unter- oft völlig aus dem Häuschen, wenn sie haltsam zugleich. Hier macht man sich die winzigen und bisweilen arg schie- auf eine Reise einmal um die ganze fen Häuser erblicken.  Tour 3, S. 50 Welt auf dem 8. Längengrad – daher der Name. Im Klimahaus warten wei-  Bürgerpark: Der Bürgerpark ist im tere Ausstellungsbereiche (u. a. Pers- wahrsten Sinne des Wortes ein Park pektiven, World Future Lab und ein von Bürgern für Bürger. Denn seit sei- Wetterstudio).  Bremerhaven, S. 107 ner Entstehung im Jahre 1866 bis heute wird er fast ausschließlich durch Spen-  Deutsches Auswandererhaus: Besu- den der Bremer Bürger finanziert. Mit cher schlüpfen in die Rolle eines der seinen Wiesen und Wäldern, seinen Abertausende von Emigranten, die Wasserläufen und Seen, den Brunnen Deutschland einst via Bremerhaven und denkmalgeschützten Gebäuden ist verlassen haben, um ihr Glück in der er mehr als nur Bremens „grüne Lunge“. Neuen Welt zu suchen. 2012 wurde ein  Tour 5, S. 76 Erweiterungsbau eröffnet, in dem über 300 Jahre deutsche Einwanderungs- geschichte präsentiert werden. Durch Wissenschaft erleben die Verbindung von historischer sowie  Universum: Zwischen Stadtwald und der aktuellen Aus- und Einwande- Universität gelegen, war das Univer- rungssituation gilt das Auswanderer- sum bei der Eröffnung im Jahr 2000 das haus als erstes Migrationsmuseum in erste ScienceCenter seiner Art in Deutschland.  Bremerhaven, S. 111

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Orientiert in Bremen Bremer Küche Die typische Bremer Küche ist im Essen und Grunde genommen eine norddeutsche Regionalküche: Labskaus, Knipp sowie Ausgehen Grünkohl und Pinkel sind die regiona- len Klassiker. Von den Bremer Spezia- Gute Restaurants jeglicher litäten wird man nicht satt: als da Couleur sind über die ganze wären der Bremer Babbeler, eine Pfef- Stadt verteilt, aber spätestens, ferminz-Lutschstange, der Bremer Klu- wenn man in Bremen die Nacht ten, ein Pfefferminzfondant mit Scho- zum Tag machen will, landet kolade, oder der Bremer Klaben, ein stollenartiger Kuchen. Angeblich ist man im Ostertor oder im das Bremer Kükenragout das „Natio- Steintor, dem Bremer „Viertel“. nalgericht“, eine Komposition aus jun- Kein Geheimtipp mehr, aber gen Stubenküken mit Rinder- oder definitiv eher fürs Jungvolk ist Kalbszunge sowie mit Krabben- und die Kneipenlandschaft in der Krebsfleisch. Aber das kennt kaum ein Bremer Neustadt. Mensch und es steht höchst selten auf den Speisekarten. In Traditionshäusern findet man zuverlässig das Knipp auf der Karte. Knipp war früher ein „Arme- Leute-Essen“. Hergestellt wird es aus Hafergrütze sowie allerlei Zutaten vom Schwein (so genau will man das gar nicht wissen). Es wird kross gebraten und ist – serviert mit Bratkartoffeln und sauren Gurken – eine Delikatesse. Ende Februar bis Ende März kommen Stinte auf den Teller. Die kleinen Fische riechen nach grüner Gurke (!) und schmecken, in Roggenschrot paniert, kross in Butter gebraten am besten. Das weltberühmte Beck’s Bier ist seit 2008 Teil der weltgrößten Brauereigruppe Anheuser-Busch InBev. Lecker ist das Kräusenbier aus dem Hause Haake Beck. Ansonsten bietet die Gastronomie-Sze- ne Bremens fast die ganze Bandbreite, viele gute Restaurants sind im Ostertor beheimatet, dort findet man auch die Ausführliche Restaurantbeschrei- meisten Imbisse. Was fehlt, ist die bungen befinden sich am Ende absolute Spitzenküche. Schon seit Jah- jeder Tour. ren leuchtet kein Michelin-Stern mehr Eine Liste aller Restaurants bieten am Bremer Gastro-Himmel. wir Ihnen ab S. 168. Alle Kneipen und Klubs sowie Thea- 3 Tipps zum Essengehen ter- und andere Bühnen finden Sie im Kapitel Kultur- und Nachtleben  Medoo – französische Bistroküche: ab S. 128. Eingerichtet im Stil eines französi-

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El Mundo schen Bistros, stehen auch einige Klassiker der franzö- sischen Küche auf der täg- lich wechselnden Karte. Die Atmosphäre könnte man ALT- S c STADT Das kleine wohlwollend als lebhaft be- h la LokalLo c h schreiben, anders gesagt, es t e Bermuda-a- ist abends schon ziemlich OSTER- dreieckck TOR MedooMeM laut in dem fast immer rappel- SCHNOOR vollen Restaurant.  Tour 4, S. 72 Helden-n- Schau-S barar burg  Kleines Lokal – Gourmetküche: Das STEINTOR Kleine Lokal dürfte das Restaurant in Bremen sein, das sich noch am ehesten an der klassischen Gourmetküche ori- entiert. Das Feinschmecker-Restaurant Festivals bis hin zu Elektro-Klubs auf im Souterrain ist wirklich klein, aber ausrangierten Binnenschiffen. auch wirklich fein. Das gilt sowohl für die Speisen als auch für die erlesenen 3 Tipps für 3 Abende Weine.  Tour 4, S. 72  Bermuda-Dreieck: Wer einfach nur  El Mundo – international: Bremens mit Freunden feiern will, der ist am größtes Restaurant ist zwar nicht das Bermuda-Dreieck (Humboldtstraße/ beste, aber definitiv eines der beliebtes- Fehrfeld/Römerstraße) richtig. In der ten. Das liegt an dem wirklich guten Capri-Bar hockt man in den Grotten Preis-Leistungs-Verhältnis und wohl einer ehemaligen Animier-Bar, den auch am besonderen Ambiente im letzten Absacker nimmt man im Heart- Schuppen Eins in der Überseestadt. Im break Hotel. Tanzwütige gehen in den Sommer sitzt man draußen direkt am 2018 wiedereröffneten Kult-Klub Rö- Hafenbecken.  Tour 6, S. 98 mer.  S. 134  Sneak-Preview in der Schauburg: Seit Bremer Kultur- über 20 Jahren präsentiert die Schau- und Nachtleben burg jede Woche eine Sneak-Preview, also Filme in Originalsprache, die Bremen ist keine Partymetropole. An deutschlandweit noch nicht gezeigt der Discomeile in Bahnhofsnähe gibt es wurden. Die Einführungen von Marc die meisten Klubs, die von Mainstream Sifrin besitzen inzwischen Kultcharak- bis Elektro alles spielen. Die Amüsier- ter. Von Blockbuster bis Experimental- meile an lauen Sommerabenden ist die Film kann an den Sneak-Montagen . Und ganzjährig „versacken“ alles dabei sein.  S. 133 kann man in den Kneipen und Bars im Ostertor und Steintor. Im Bereich des  Quiznight in der Heldenbar: Die Hel- Sielwalls und am sogenannten „Bermu- denbar im Ostertorsteinweg 105 hat das da-Dreieck“ gibt es einige „Spelunken“, ehemalige Cinema-Café und inzwi- wo bis in die späte Nacht hinein ge- schen auch das Entrée des Kinos „ok- feiert wird. Vorteil in Bremen: Es gibt kupiert“. Regelmäßig finden in der keine Sperrstunde. Kulturell hat Bre- Kneipe kleine Konzerte statt, brechend men einiges zu bieten, vom Theater am voll wird es aber vor allem, wenn die Goetheplatz über Weltmusik und Punk Heldenbar zur Quiznight „Rum und im Kulturzentrum Schlachthof, diver- Ehre“ einlädt. Als Startkapital braucht sen Musik,- Theater- und Literatur- man laut Betreiber nix als gute Laune.

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Im Zentrum Rathaus, Roland & Stadtmusikanten Tour 1 Rund um den

Eine gewisse Zurückhaltung gilt als Marktplatz hanseatische Tugend. Geht es um ihre „gute Stube“, dann legen die Der Marktplatz ist unbestritten das Tour Bremer diese Zurückhaltung Zentrum Bremens, die „gute Stube“ Rund schon mal ab und behaupten ihrer Stadt, wie die Bremer zu sagen um de selbstbewusst, ihr Marktplatz mit pflegen. Hier steht der Roland, seit Markt Roland und Welterbe-Rathaus sei 2004 gemeinsam mit dem Rathaus atz der schönste in ganz Deutschland. von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt. Vis-à-vis findet man den Schütting, einst als Gildehaus der Bre- mer Kaufmannschaft errichtet, und an der Südostseite tagt das Landesparla- ment im 1966 errichteten Haus der Bürgerschaft. Etwas abseits des ei- gentlichen Marktplatzes ragt der St.- Petri-Dom knapp hundert Meter in den Himmel. Etwas versteckt hinter dem Eingang zum Ratskeller steht die Plastik der weltberühmten Bremer Stadtmusikanten. Treffpunkt auch vieler Bremer bei ih- ren Verabredungen in der Innenstadt ist der Roland. Von hier aus hat man fast alle Sehenswürdigkeiten am his- torischen Marktplatz im Blick. In wel- cher Reihenfolge man sie besichtigt, ist jedem Besucher selbst überlassen. Unmittelbar an den Marktplatz schließt der mit dem St.- Petri-Dom an.

Spaziergang Roland, mehr als 600 Jahre altes Symbol der Freiheit Symbol für Freiheit und Bürgerrechte Rathaus, Perle der Bremer Roland Weserrenaissance und UNESCO- Weltkulturerbe Seit nun mehr als 600 Jahren steht er Spazi auf dem Bremer Marktplatz unweit gan Bleikeller im Dom, gruselige Gruft des Rathauses – der Bremer Roland. mit mumifizierten Leichen Stolz und gleichzeitig freundlich Stadtmusikanten, Bremer schaut er in die Welt, dieser aparte Wahrzeichen, obwohl die nie hier junge Rittersmann mit seiner Lang- angekommen sind haarfrisur, die im Jahr 1404 ganz

Rund um den Marktplatz  Karte S. 25

Spaziergang 17 offensichtlich mo- dern war. Den Bre- mern war und ist er geradezu heilig, Stadt- musikanten wobei der Begriff Rathaus Roland „heilig“ eher in die St.-Petri-Dom Irre führt. Der Bre- Himmelssaal Schnoor mer Roland sym- Bremer 2 Tour 4 Geschichtenhaus Kunsthalle S. 58 bolisiert seit jeher Bremen die Freiheit und die Rechte der Bürger.

Mit der Errichtung Wuseum der Roland-Statue setzten sie ein Zei- chen gegen die alleinige Macht der Kirchenfürsten, die vor kaum etwas zurückschreckten. Erzbischof Albert II. jedenfalls ließ rund fünfzig Jahre vor dem Bau des me, bekamen die Steinmetze Claws bis heute erhaltenen steinernen Zeelleyher und Jacob Olde einst von Rolands dessen hölzernen Vorgänger den Kaufleuten für ihre Arbeit. Den von seinen Schergen umstoßen und Bremern ist er seitdem viel mehr wert. abbrennen. Weil sie natürlich ganz besonders in Kriegszeiten darum fürchteten, hatten Errichtet wurde der Bremer Roland sie ihrem Roland während des Zwei- zeitlich noch vor dem Rathaus. Er war ten Weltkriegs eigens einen maßge- nicht der Einzige; im Mittelalter schneiderten Bunker verpasst und schmückten viele Roland-Statuen die mauerten ihn rundherum ein. Seit Marktplätze vor allem nord-ostdeut- 1973 steht er unter Denkmalschutz, scher Städte. Und kopiert wurde der 2004 wurde er, gemeinsam mit dem Bremer Roland später auch gerne. Einer Rathaus, in die UNESCO-Weltkultur- ziert eine Kirche im New Yorker Stadt- erbe-Liste aufgenommen. teil Brooklyn, einer die ecuadorianische Hauptstadt Quito und einer erfreut die Das Schwert 11des Rolands steht Besucher eines Freizeitparks in Japan. weniger für seine Kampfeslust, als für In Brasilien wurde gar eine Stadt na- die Gerichtsbarkeit; seine Handschuhe mens Rolândia gegründet; ihr spende- für das freie Marktrecht Bremens, was ten Bremer Kaufleute Ende der 1950er- sich dadurch erklärt, dass der Kaiser Jahre eine Roland-Statue. den Städten im Mittelalter symbolisch einen Handschuh überreichte, wenn er Der Bremer Roland ist jedoch nicht nur ihnen das Marktrecht erteilte. Das kai- das Original, er ist auch der größte. serliche Wappen mit dem doppelköpfi- 5,47 m misst die aus einem besonderen gen Adler auf seinem Schild verdankt Kalkstein gehauene Statue, die auf ei- der Bremer Roland allerdings den nem 60 cm hohen Podest thront. Ge- dreist, aber von den Bremer Bürgers- stützt wird der edle Rittersmann von leuten offensichtlich gut gefälschten einem Pfeiler, den ein gotisch anmu- kaiserlichen Urkunden. tender Baldachin krönt, sodass das Denkmal insgesamt auf eine Höhe von „Vvryheit do ik ju openbar“ verkündet etwas über zehn Metern kommt. 170 die Inschrift auf dem goldverzierten Bremer Mark, damals eine stolze Sum- Schild.

18 Tour 1: Rund um den Marktplatz

auch deshalb hängen ihm die Bremer Umschrift auf dem Schild des Rolands: zur Zeit des Freimarktes liebevoll ein großes Lebkuchenherz um und Vryheit do ik yu openbar schmücken ihn mit bunten Luftbal- de karl und mennich vorst vorwar lons. Und alljährlich an seinem Ge- desser stede ghegheven hat, burtstag, dem 5. November, bekommt des dankt gode is min radt. der steinerne Geselle einen bunten Strauß Blumen geschenkt. Auf Hochdeutsch: Freiheit verkündige ich euch Perle der Weserrenaissance die Karl und mancher andere Fürst, fürwahr, Rathaus dieser Stadt gegeben hat. Der Roland stand bereits auf dem Dafür dankt Gott, dies ist mein Rat. Marktplatz, da begannen 1405 die Bau- arbeiten am Bremer Rathaus, die bis Dass der Roland so spitze Knie hat, 1409 andauerten. Der zunächst im soll einen ganz und gar banalen spätgotischen Stil errichtete Bau war – Grund haben: Das Maß zwischen den wie der Roland – als ein Zeichen des beiden Knien beträgt eine sogenannte Bürgertums an die Kirche zu deuten: Bremer Elle (ca. 55 cm) und soll den „Schaut her, ihr klerikalen Herrscher, Händlern als Maßstab gedient haben. das Bürgertum ist auf dem Vormarsch.“ Eindeutig mehr gerätselt bzw. gestrit- Ausgedrückt wurde das neue Selbstbe- ten wurde über die Bedeutung der Fi- wusstsein insbesondere durch die über- gur zu seinen Füßen: Bis heute hält lebensgroßen Figuren an der Südseite, sich die Sage, dass es sich dabei um die den Kaiser und seine sieben Kur- jenen Krüppel handelt, der anno 1032 fürsten darstellten. Nur einen hatten ein Areal umrundete, das der Stadt die Auftraggeber dort nicht verewigen schließlich von der Gräfin Emma ge- lassen – den damaligen Landesherren, schenkt wurde und heute den Bürger- den Erzbischof von Bremen. park bildet ( S. 76). Die Bremer Bürger bauten ihr Rathaus Dass der Roland immer noch den Bre- direkt an die Grenze des damaligen mer Marktplatz ziert, ist übrigens auch Dombezirks, genau neben den Palast der Gutgläubigkeit Napoleons zu ver- des Erzbischofs und provozierten den danken. Der französische Kaiser wollte damaligen Machthaber zudem damit, die Statue während der Besatzung zu dass das Rathaus in seinen Abmessun- Beginn des 19. Jh. eigentlich in den gen größer war als der Bischofspalast. Louvre nach Paris bringen lassen. Das in seiner Grundfläche rund 40 m Doch die cleveren Bremer redeten es mal 16 m große Gebäude erhielt bereits ihm aus: Der Roland sei künstlerisch den Ratskeller, eine Untere Halle für von viel zu geringem Wert – und so das Marktvolk sowie eine Obere Rat- blieb er auf dem Marktplatz stehen in haushalle, Versammlungsort und Re- seiner ganzen Pracht – was nicht ganz präsentationsraum für den Rat der richtig ist. Denn der originale Kopf Stadt. Ziemlich genau zweihundert wird seit 1983 im Focke-Museum aus- Jahre später wurde die zum Markt ge- gestellt, der Roland auf dem Markt- wandte Seite umfassend verändert, platz erhielt eine Kopie. während die beiden schmalen Seiten Bis heute ist der Roland das Wahrzei- an der Nordwest- und an der Südost- chen der Stadt und der Sage nach bleibt front des Gebäudes weitgehend erhal- Bremen so lange eine freie Stadt, wie er ten blieben. Insofern darf man durch- auf dem Marktplatz steht. Sicherlich aus behaupten, dass das Bremer

Spaziergang 19

Bremens gute Stube: Rathaus, Dom und Haus der Bürgerschaft

Rathaus das einzige europäische Rat- Die Umgestaltung des Bremer Rathau- haus des Spätmittelalters ist, das nie ses, die 1608 begann, wurde das Le- zerstört wurde. benswerk von Bentheims, der im Jahr Inspiriert für die Neugestaltung Ende der Fertigstellung 1613 starb. Und es des 16. Jh. wurden die Bremer Bürger wurde definitiv geklotzt und nicht ge- durch die prächtigen Bauten in den kleckert. Der komplette Mittelteil der reichen Bürgerstädten Flanderns, in Fassade wurde abgerissen und durch Gent, Brügge oder Antwerpen – und einen gläsernen Erker ersetzt, der von sie kopierten sie dennoch nicht. Der einem prächtigen Renaissancegiebel Rat beauftragte den Architekten Lüder gekrönt wird. Die gotischen Spitzbo- von Bentheim mit der Neugestaltung genfenster mussten eckigen Fenstern der Fassade. Dieser hatte in den Jah- weichen. Die Pracht des Gebäudes ren zuvor bereits mehrere Bauten in drückt sich jedoch vor allem in dem der Stadt im Stil der Weserrenaissance reichhaltigen Fassadenschmuck aus, errichtet. So wie von Bentheim es da- ein wahres Meisterwerk der Bildhauer- mals plante und realisierte, präsen- kunst. Immer noch sind nicht alle Figu- tiert sich das Bremer Rathaus weitge- ren und Symbole entschlüsselt, immer hend auch heute noch. Die Bremer sa- noch zerbrechen sich Kunsthistoriker gen, dass es das schönste Rathaus in ihre Köpfe darüber, was die Baumeister ganz Deutschland sei. Der ehemalige und Künstler aus dem beginnenden Leiter der Bremer Kunsthalle, Emil 17. Jh. ausdrücken wollten. Waldmann, nannte es „eines der groß- Über jedem der Arkadenbögen – in den artigsten Denkmale genialer Stilver- sogenannten Zwickeln – tummeln sich schmelzung“. Und etwas muss schon Frauenfiguren, teilweise nur leicht be- dran sein, denn sonst hätte die kleidet, teilweise wie der liebe Gott sie UNESCO den Bau 2004 nicht als Welt- schuf. Engel und Fabeltiere bevölkern kulturerbe ausgezeichnet. die Arkaden, auf den darüber liegenden

20 Tour 1: Rund um den Marktplatz Friesen findet man Darstellungen der Jahre 778 n. Chr. Der Gründungsmy- Sternzeichen, der Schwächen und Tu- thos lautet folgendermaßen: Auf der genden der Menschheit, aber durchaus Flucht vor Feinden sahen einige Fluss- auch Politisches. Auf einem der Friese fischer am Ufer der Weser eine Henne, außerhalb der sogenannten Mittelrisal- die im Abendlicht ihre Küken zu einem tis hockt ein Mann rittlings auf einem sicheren Ort in den Dünen brachte – anderen. Er drückt ihn zu Boden, ent- just als die Sonne durch die dunklen wendet seinem Widersacher das Wolken brach. Die Fischer, die arm wa- Schwert. Schaut man genauer hin, er- ren und denen nichts so wichtig war kennt man in dem Opfer den Papst, wie ihre Freiheit, sahen darin ein Zei- dessen Stab in seinem eigenen Hintern chen: Wo eine Glucke mit ihren Jungen steckt. Einmal mehr drückt sich in der ihr Nest baut, da würden auch sie frei Darstellung – erschaffen rund hundert und sicher leben können. Jahre nach der Reformation – das Auf- So hübsch die Geschichte auch sein begehren gegen die Allmacht der ka- mag, sie ist der blühenden Fantasie der tholischen Kirche aus. Erzähler und des Sagenschreibers Frie- Die meisten Betrachter, die versuchen, drich Wagenfeld entsprungen, der sie die ungeheure Fülle der Figuren zu er- 1845 als Erster aufgeschrieben hatte. In fassen, verrenken sich im Bereich des Wahrheit steht die Gluckhenne wohl – zweiten Arkadenbogens (von links aus neben den erwähnten anderen Tugen- betrachtet) den Hals. Sie sind auf der den – für „Custodia“, was sich als die Suche nach der Gluckhenne, die ir- Fürsorglichkeit des Rates gegenüber gendwo an der Rathausfassade ge- seinen Bürgern interpretieren lässt; meinsam mit ihren Küken im Nest sitzt korrespondierend mit einer gegenüber- – gehalten von einer Frauengestalt. liegenden Darstellung („Vigilantia“) ei- Diese Henne, so die Legende, soll ver- ner Frau, die einen Hahn auf der Hand antwortlich gewesen sein für die An- trägt, was ebenfalls für Wachheit oder siedlung der späteren Stadt Bremen im Schutz steht.

Im Bremer Ratskeller lagern unbezahlbare Tropfen

Spaziergang 21 1909 bis 1913 wurde an der Seite in die bis zu 450 Jahre alten Schiffsmodel- Richtung Dom das Neue Rathaus ange- le ins Auge. Die Kanonen der Schiffs- fügt, dreimal so groß wie das Alte Rat- modelle wurden früher tatsächlich mit haus und dennoch kaum wahrnehmbar Pulver gefüllt und zu besonderen An- im Gesamtensemble. Genau so sollte lässen wurde aus ihnen Salut geschos- der im Neorenaissance-Stil errichtete sen. Auffällig und besonders wertvoll Anbau sein, nicht das Gesamtbild stö- sind die Wandbilder von Bartholomäus rend, unauffällig, zweckmäßig – inso- Bruyn in der Halle: Eines (aus dem Jahr fern auch ein Meisterwerk. Im Inneren 1532) stellt die Gründung Bremens dar, des Neuen Rathauses befinden sich ein weiteres, „Das salomonische Ur- u. a. der Kaminsaal, daran angrenzend teil“, gilt als Symbol und gleichzeitig das Gobelinzimmer (in dem man sich als Ermahnung zu guter und weiser das Ja-Wort geben kann), der Senats- Rechtsprechung. saal und der große Festsaal mit seinem Die Güldenkammer wurde wahrschein- imposanten Jugendstil-Leuchter. lich bereits während des großen Um- An der Westseite des Alten Rathauses baus zu Beginn des 17. Jh. von Lüder führt eine Treppe hinunter in den Rats- von Bentheim geplant. Eine zweige- keller, eine hinauf in die Untere Rat- schossige Kammer, die der Baumeister haushalle, einen der bedeutendsten wie einen Schrein in die Obere Rat- Profanbauten der späten Gotik. Die in haushalle hineinbauen ließ, ein fein zi- drei Längsschiffe gegliederte Halle – seliertes Portal, eine filigran verzierte, getragen von mächtigen Eichenbalken barocke Wendeltreppe, die in das obere – mit einem einfachen Steinfußboden Stockwerk führte sowie „güldene“ Le- und weiß gekalkten Wänden hat ihr dertapeten machten den Versammlungs- mittelalterliches Antlitz weitgehend raum zu einer ganz besonderen Schatz- bewahrt und wird überwiegend als kammer. Anfang des 20. Jh. glänzte rein Ausstellungsraum genutzt. gar nichts mehr gülden. Der Raum war arg vernachlässigt worden, außer ein Ein Stockwerk höher geht es deutlich paar kaputten Stühlen war er nackt und prächtiger und schmuckvoller zu. Und leer – ehe sich Heinrich Vogeler in der man vermag gar nicht zu sagen, was Güldenkammer austoben durfte. Der nun das Prunkstück im Inneren des junge Künstler aus der nahen Künstler- Bremer Rathauses ist – die Güldenkam- kolonie Worpswede hatte 1903 einen mer oder die Obere Rathaushalle. Hier Wettbewerb zur Neugestaltung des Rau- begrüßten die Bremer Bürgermeister mes gewonnen und verzauberte zwei von jeher ihre Gäste aus aller Welt, die Jahre später die Kammer in ein wunder- sich ins Goldene Buch der Stadt eintru- schönes, fantasievolles, üppiges Jugend- gen. Und hier wird und wurde gefeiert, stil-Ensemble, wie es in der Form heute beispielsweise bei der Schaffermahl- weltweit nur noch ganz selten erhalten zeit, dem ältesten noch zelebrierten ist. Reiher und Rosen verarbeitet der Brudermahl der Welt ( S. 22). Und Künstler thematisch in seiner ornamen- schon so manches Mal musste man um talen Kunst, die Wände zieren selbster- die prachtvolle historische Einrichtung klärend goldene Tapeten. Seither werden bangen, wenn die nicht mehr ganz Staatsgäste, aber auch andere wichtige nüchternen Spieler des SV Werder hier Persönlichkeiten in der Güldenkammer Meisterschaften und Pokalsiege feierten. empfangen und verwöhnt. Beeindruckende acht Meter beträgt die Rathaus-Führungen finden Mo–Sa um 11, 12, Deckenhöhe der Halle. Unterhalb der 15 und 16 Uhr, So um 11 und 12 Uhr statt. ornamental bemalten Eichenholzdecke Eintritt 5,50 €, zu buchen über die BTZ (www. fallen die mächtigen Kronleuchter und bremen-tourismus.de).

22 Tour 1: Rund um den Marktplatz Wer einfach nur ein gutes Glas Wein „Nur über meine Leiche“ kosten oder eine regionale Spezialität Ratskeller probieren möchte, ist im gastronomi- schen Bereich des Bremer Ratskellers Wer im Bremer Ratskeller (Eingang an gut aufgehoben. Während in so man- der Westseite neben dem Aufgang zur chem Privathaushalt unter den or- Unteren Halle) einen Wein kaufen dentlich aufgeräumten Wohnräumen möchte, der kann sich in die ange- ein chaotischer und muffiger Keller schlossene Weinhandlung begeben und wartet, setzt sich im Bremer Rathaus dort einen sehr anständigen Tropfen die Pracht auch unterirdisch fort – zu- für 10 bis 15 Euro erstehen. Er könnte mindest in dem Teil, der heute als aber auch bis zur nächsten Versteige- Restaurant genutzt wird. In den riesi- rung warten und mitbieten um eine der gen Prunkfässern der Großen Säulen- kostbaren Raritäten, wie beispielsweise halle, die man als Besucher als erstes einen Rüdesheimer Apostelwein aus betritt, wird kein Wein mehr gelagert. dem frühen 18. Jh. Die letzte Flasche, Das größte dieser vier gigantischen, die von diesem guten Schluck unter bunt bemalten und reich verzierten den Hammer kam, lag bei etwa 15.000 Holzfässer (Affenfass, Löwenfass, Euro. Einige Weine, die in den Regalen Drachenfass und Delfinfass) würde des Bremer Ratskellers liegen und rei- das Volumen von 37.000 Flaschen fas- fen und reifen und reifen – und nach sen. Auffällig beim Betreten der von Hunderten von Jahren immer noch 20 Säulen getragenen Historischen trinkbar sind – könnten wohl höchs- Halle sind die kleinen Separées zur tens Scheichs oder chinesische Milliar- Marktplatzseite, die den hübschen däre kaufen. Aber noch nicht einmal plattdeutschen Namen „Priölken“ tra- das, denn sie sind unverkäuflich. Im gen. In diesen kuscheligen Kabinen Rosekeller, den man bei einer besonde- wurde traditionell nicht etwa herum- ren Führung besichtigen kann, duftet geknutscht, hier wurden Geschäfte es überaus intensiv; hier lagert im so- zwischen den Kaufleuten und heimge- genannten Rosefass auch der älteste kehrten Kapitänen abgewickelt. Inte- noch trinkbare Weißwein der Welt, der griert in die Halle ist der Bereich „Vor Rüdesheimer Rosewein, Jahrgang 1653. dem Bacchus“ mit einem weiteren Besagte Scheichs haben noch kein An- Prunkfass und der Abbildung des Ro- gebot abgegeben, aber ein Chinese lands. Unter strenger Beaufsichtigung wollte vor einigen Jahren eine Flasche durch den Weingott Bacchus werden kaufen. Summen, für die man ein Ein- im gleichnamigen Keller aus dem familienhaus kaufen könnte, waren da Jahr 1620 Weinproben abgehalten. im Spiel. Doch der Bremer Kellermeis- Sehenswert im Hauff-Saal sind die ter Karl-Josef Krötz stellt jedes Mal von den Geschichten des Bremer klar, wenn wieder so ein unmoralisches Dichters inspirierten Gemälde von Angebot eingeht: „Nur über meine Lei- Max Slevogt, darunter eine Darstel- che!“ Nur ganz selten durfte wichtiger lung der Stadtmusikanten. Bremen-Besuch – wie Queen Elizabeth II. im Jahr 1978 – von dem edlen Trop- Im Bremer Ratskeller finden zahlreiche Veran- staltungen statt, u. a. thematische Dinner fen kosten. Insgesamt erstrecken sich die Katakomben über ca. 5500 m² un- (Krimi-Dinner, Dinner in Concert, Dracula-Din- ner). Wer einmal in den „Keller kieken“ will, der terhalb des Rathauses, des Liebfrauen- geht zur offenen Führung, jeweils Sa um 11 kirchhofs, des Neuen Rathauses und und 13 Uhr und zu den Kellerführungen inkl. des Domshofs. In dem 600 Jahre alten Weinverkostung nach Absprache. Eintritt je Kellergewölbe lagern mehr als 1200 nach Führung 15 bis 35 €. Infos unter www. ratskeller-bremen.de oder www.ratskeller.de. verschiedene Sorten.

Spaziergang 23 in Bremen angekommen sind. Der Ger- Esel, Hund, Katze und Hahn manist und Journalist Gerrit Reichert Bremer Stadtmusikanten behauptete in einer wissenschaftlichen Studie aus dem Jahr 2009 sogar, die Ge- Ein wenig versteckt hinter dem Ein- schichte hätte sich gar nie im Bremer gang zur Unteren Rathaushalle und Umland, sondern im Ostwestfälischen dem Ratskeller findet man die Plastik abgespielt. Aber davon wollen die der Bremer Stadtmusikanten. Irgend- Bremer so rein gar nichts wissen. wann in den 1990er-Jahren hat sich ein An vielen Orten in der Stadt findet man Witzbold einmal eine sogenannte B- Abbildungen oder Skulpturen der Stadt- Mannschaft für die Bremer Stadtmusi- musikanten. Sie wandern auf einem kanten ausgedacht. Da trägt ein Wasserrohr am Sieben-Faulen-Brunnen Schwein auf seinem Rücken ein Huhn, in der Böttcherstraße entlang, ein Fresko das wiederum einen Fisch trägt – und ziert eine Wand im Ratskeller, eine wei- zuoberst schwebt noch ein Schmetter- tere Plastik befindet sich im Kaiserzim- ling. Dabei dürfte jedes Kind wissen, mer des Ratskellers, eine andere im dass das Quartett aus Grimms Kinder- Stadtteil Huchting. Die bekannteste Dar- und Hausmärchen aus Esel, Hund, stellung der weltberühmten Märchenfi- Katze und Hahn besteht. Die Stadtmu- guren aber findet man hier an der West- sikanten gelten wie der Roland als seite des Rathauses: die Bronzeplastik Wahrzeichen der Stadt, obwohl die vier des Künstlers Gerhard Marcks. 1951 hat tapferen Gesellen genau genommen nie er die Stadtmusikanten erschaffen, doch die Bremer mussten bis 1953 warten, ehe das Werk aufgestellt wurde – und das zunächst auch noch als Leihgabe. Von den Nationalsozialisten wurden die Wer- ke von Marcks als entartete Kunst ge- brandmarkt, einige seiner Objekte sogar eingeschmolzen. Nach dem Zweiten Weltkrieg dann war Marcks ein gefeierter Star der internationalen Kunstszene; sei- ne Stadtmusikanten wurden zunächst im niederländischen Arnheim und in der Hamburger Kunsthalle ausgestellt. Erst 1955 konnte Bremen das Kunstwerk mit- hilfe von Spenden zahlreicher Bürger für 20.000 D-Mark erwerben. Seitdem haben Abertausende von Tou- risten die Hufe des Esels mit beiden Händen umfasst, sodass sie ganz blank poliert sind. Das Umfassen der Hufe soll angeblich Glück bringen. Beide Hu- fe mit beiden Händen, betonen die Tou- ristenführer immer wieder, denn sonst heißt es: „Da schüttelt ein Esel dem an- deren die Hand.“ Dass sich viele inzwi- schen mit ihren Smartphone-Kameras und Selfie-Sticks an den Stadtmusi- kanten mindestens wie ein Esel beneh- Bremens bekanntestes Quartett men, sei nur am Rande erwähnt ...

24 Tour 1: Rund um den Marktplatz

Sitz der Bremer „Pfeffersäcke“: der Schütting

Backsteinen lässt sich so gut die fast Erste Rats- und Marktkirche Bremens 1000-jährige Baugeschichte des Unser Lieben Frauen Gotteshauses ablesen. Ihre ganz be- sondere Atmosphäre erhielt das Got- Von den Stadtmusikanten sind es nur teshaus durch die Gestaltung der ein paar Schritte hinüber zur Kirche Buntglasfenster in den 1960er- bis Unser Lieben Frauen. Nach dem St.- 1970er-Jahren durch den französi- Petri-Dom ist die Liebfrauenkirche das schen Maler Alfred Manessier, die das zweitälteste Gotteshaus in Bremen. Au- Kircheninnere in ein mildes und gera- ßerhalb des Dombezirks gelegen, war dezu sphärisches Licht tauchen. sie die Rats- und Marktkirche Bremens. Wo zuvor bereits die hölzerne Sankt- Unser Lieben Frauen, Kirchhof 27. Mo–Sa Veits-Kirche stand, wurde Mitte des 11–16 Uhr, So 12–13 Uhr. 12. Jh. ein steinerner Neubau errichtet, von dem heute noch der romanische „Buten un binnen, wagen un winnen“

Südturm erhalten ist. Weil auch dieser Schütting Bau bald den Anforderungen der schnell wachsenden Siedlung namens Zurück auf dem Marktplatz schlendert Bremen nicht mehr gewachsen war, man vorbei an den denkmalgeschütz- wurde ab 1229 die bis heute weitge- ten Häusern der Nordwestseite des hend erhaltene, dreischiffige Hallen- Marktes mit dem Deutschen Haus samt kirche im frühgotischen Stil errichtet. Raths-Café, der Raths-Apotheke und Im Zweiten Weltkrieg wurde die Lieb- dem Haus der Stadtsparkasse zum frauenkirche durch Luftangriffe Schütting. „Buten un binnen, wagen un schwer beschädigt, der Nordturm winnen" („Draußen und drinnen – wa- brannte vollständig aus. Bei der Reno- gen und gewinnen“) lautet seit 1899 vierung wurde im Kircheninneren der der Wahlspruch der Bremer Kaufleute, Putz entfernt, an den sichtbaren roten der an der Fassade zu lesen ist. Bereits

Spaziergang 25 mehr als 300 Jahre zuvor ließen sich Spruch („Buten un binnen, wagen un die Bremer „Pfeffersäcke“ das prächtige winnen“) zu lesen, den der damalige Gildehaus am Marktplatz bauen. Erst- Bürgermeister Otto Gildemeister der mals 1444 wurde der Name Schütting Gilde der Bremer Kaufleute verpasste. für einen Vorgängerbau urkundlich er- Im Zweiten Weltkrieg wurde das Haus wähnt, wobei der Ursprung des Na- bei einem Bombenangriff schwer ge- mens nicht vollständig geklärt ist. Die troffen, die prächtige historische In- gängige Theorie ist, dass sich Schütting neneinrichtung fiel fast komplett den aus dem Norwegischen ableitet. In Ber- Flammen zum Opfer. 1951 wurde der gen, einer der wichtigsten Partnerstäd- Schütting wieder eröffnet, die kom- te Bremens in der Blütezeit der Hanse, plette Sanierung dauerte bis 1956. Das hießen Häuser, die im Winter Schutz Kupferdach mit den charakteristi- boten, „Scoting“ oder „Skotting“. Theo- schen Gauben erhielt das Gebäude rie Nummer zwei, die zumindest in- sogar erst wieder im Jahr 2009. haltlich dasselbe meint: Das Wort lehnt sich an das niederdeutsche Wort „schütten“ an, was ebenfalls schützen Umstrittener „Radiokasten“ bedeutet. Weniger wahrscheinlich ist, Haus der Bürgerschaft dass das Gildehaus den Namen Schüt- ting erhielt, weil die Bremer Kaufleute Vom Portal des Schüttings aus hat man hier ihre Gelder zusammenschütteten. einen wunderbaren Blick hinüber zum Rathaus, zum Dom und dem Haus der In den Jahren 1537/38 jedenfalls lie- Bürgerschaft. Beschlossen wurde der ßen sie sich an der Südseite des Mark- Bau des neuen Bremer Parlamentsge- tes ein prächtiges Haus im Renaissan- bäudes bereits in den frühen 1950er- cestil Flanderns erbauen. 1594 erhielt Jahren. Doch was anstelle der abgeris- das Gebäude seinen immer noch er- senen Neuen Börse direkt am Markt- haltenen Schiffsgiebel. 1673 soll hier platz entstehen sollte, das barg einigen im Schütting die erste Kaffeestube im Zündstoff. Jahrelang schimpften, dis- deutschsprachigen Raum eröffnet ha- kutierten und protestierten die Bremer, ben, urkundlich belegt ist das immer- ehe das Haus der Bürgerschaft am alt- hin ab 1679. Seit 1849 ist der Schüt- ehrwürdigen Marktplatz im September ting der Sitz der Handelskammer Bre- 1966 schließlich eingeweiht werden men, 1899 wurde die Fassade neu konnte. Viel zu modern erschien der gestaltet: Unter dem Wappen mit dem Entwurf des renommierten Berliner Ar- dreiköpfigen Adler ist eben jener chitekten Wassili Luckhardt. So einen komischen „Radiokasten“ wollten die meisten Bremer nicht in ihrer „guten Stube“ stehen haben. Eine eigens ge- gründete Gesellschaft zog gegen Luck- hardt zu Felde und präsentierte histori- sierende Entwürfe: Eine Reihe von Gie- belhäusern, wie auf der gegenüberlie- genden Seite, stellten sich die konser- vativen Kritiker vor. Sie erhielten über- wältigenden Zuspruch aus der Bevöl- kerung – aber die Modernisierer gaben nicht auf. Architekt Luckhardt zog noch berühmtere Kollegen wie Mies van der Rohe und Walter Gropius zu Haus der Bürgerschaft Rate. Immer wieder wurde der ur-

26 Tour 1: Rund um den Marktplatz sprüngliche Entwurf verändert, er- der Bürgerschaft (Mo–Do 9–17.30 Uhr, Fr bis gänzt, bis es schließlich grünes Licht 16.30 Uhr) kann zudem der Skulpturengarten für den Neubau gab. mit Werken von Gerhard Marcks besichtigt werden. Infos zu Führungen unter www. Es war unter anderem dem damaligen bremische-buergerschaft.de. Bremer Senatspräsidenten August Ha- gedorn zu verdanken, dass sich der Ent- wurf durchsetzte. Immer wieder appel- Wechselhafte Geschichte lierte er „Mut zum Neuen“ an den Tag zu St.-Petri-Dom legen. Das Haus der Bürgerschaft sei, so die Befürworter, durchaus ein sichtbarer In westlicher Richtung zwischen Rat- Bruch mit der Vergangenheit, aber kei- haus und Bürgerschaft steht der Bremer nesfalls ein Gegensatz zur bestehenden Dom. Übersehen kann man ihn eh nicht. Architektur in der Nachbarschaft. Der Fast 93 Meter ragen die Türme in den Arkadengang des neuen Gebäudes in Himmel. Eine bewegte Geschichte hat Richtung Dom nehme die Rathausarka- der St.-Petri-Dom hinter sich, seit hier den auf, die acht hochgezogenen Fens- vor mehr als tausend Jahren auf einer terelemente seien eine Antwort auf die Weserdüne der erste Dom zu Bremen er- des Schüttings und des Rathauses, zu- richtet wurde. Als Bremen im Jahr 789 dem würden sich die historischen Häu- zum Bischofssitz ernannt wurde, veran- ser am Markt in den Fenstern des Parla- lasste der erste Amtsinhaber namens mentsgebäudes spiegeln. Das lange Rin- Willehad den Bau eines hölzernen Doms. gen um das moderne Haus der Bürger- Drei Jahre später lag dieser nach Ausein- schaft sei schließlich, so Hagedorn, „zum andersetzungen während der Sachsen- Segen unserer parlamentarischen Arbeit kriege in Schutt und Asche. Wie die Holz- und zum Besten unseres Marktplatzes“ kirche ausgesehen haben könnte, darüber geschehen. Einer seiner Nachfolger, kann man nur spekulieren. Der Chronist Christian Weber, sieht in dem Gebäude Adam von Bremen schwärmt von seiner „gebaute Demokratie“ verwirklicht. Of- „wunderbaren Schönheit“. Schon wenige fenheit und Transparenz drücke das Jahre später (805) wurde hier das erste steinerne Gotteshaus gebaut, welches Haus aus, das bereits 1992 unter Denk- malschutz gestellt wurde. Viele Bremer wiederum im Jahr 1041 in großen Teilen einem Brand zum Opfer fiel. haben sich mehrheitlich nicht nur abge- funden mit dem markanten Gebäude, sie Inzwischen wirkte der mächtige Erz- verteidigen es inzwischen sogar gegen- bischof Adalbert in der Stadt, er wollte über Besuchern, die sich über den mo- Bremen zu einer Art „Rom des Nor- dernen Kasten am Marktplatz wundern. dens“ machen. Tatsächlich war der Sowohl die Plenarsitzungen als auch die Aus- Bischofssitz zu Bremen bereits im schusssitzungen der Bremischen Bürgerschaft 11. Jh. der geistlich-weltliche Mittel- sind öffentlich. Während der Öffnungszeiten punkt Nordeuropas. Und dazu gehörte

Bremen im Kasten Bremer Loch

Zwischen Bürgerschaftsgebäude und Dom tut sich das Bremer Loch auf. Wer et- was Gruseliges dahinter vermutet, liegt falsch. Das Bremer Loch ist eine Art Gully- deckel mit Einwurfschlitz und entpuppt sich als eine unterirdische Spar- bzw.

Spendendose. Wer eine Münze hineinwirft, wird mit den „Gesängen“ der Bremer

Stadtmusikanten belohnt. Das Geld kommt der Bürgerhilfe zugute.

Spaziergang 27 natürlich auch ein repräsentativer Bildsprache der alten kirchlichen Dom, dessen Wiederaufbau ab 1042 be- Kunstwerke. Sie bauten eine prächtige gann und dessen Material zum Teil aus Kanzel, von der das Wort Gottes ver- den hohen Mauern des Dombezirks kündet wurde. Andere Kunstwerke aus stammte, die Adalbert abreißen ließ. dem Dom hingegen wurden ver- Eigens aus der Lombardei in Italien ramscht, gingen Bremen so unwider- hatte der machthungrige Bischof Stein- ruflich verloren. Der Dom war inzwi- metze engagiert, die dem Sandsteinbau schen annähernd zu einer Ruine den richtigen Schliff geben sollten. verfallen, ehe 1888 mit Hilfe von Bre- Man orientierte sich hinsichtlich der mer Bürgern, allen voran dem schwer- äußeren Gestaltung am Kölner Dom so- reichen Kaufmann Franz Schütte, eine wie am Inneren des Doms zu Benevent umfassende Restaurierung begann – in Süditalien. Es entstand eine drei- und der Dom weitgehend sein heutiges schiffige, flach gedeckte Pfeilerbasilika Gesicht verpasst bekam. Bereits 1893 mit zwei bis heute erhaltenen Krypten, waren die beiden exakt 92,31 m hohen über denen sich zwei Chöre erhoben. Türme an der Westfassade fertig. 1901 waren auch die umfassenden Innenar- Um 1250 begannen die Einwölbung des beiten abgeschlossen, die maßgeblich bis dahin mit einer Flachdecke ausge- in der Ausmalung nach byzantini- statteten Doms und der Bau des West- schem Vorbild bestanden. Im Zweiten werks mit den beiden Türmen, zudem Weltkrieg zerstörten Bomben fast ein erhielt das Gotteshaus größere Fenster. Drittel des Nordschiffs, u. a. die alten All das nahm rund 100 Jahre in An- Fenster. Nach einer ersten Renovie- spruch. Ende des 15. Jh., Anfang des rung 1951 fanden in den 1970er- und 16. Jh. wurde das romanische Nord- 1980er-Jahren weitere Baumaßnah- schiff im Stil der Gotik umgewandelt. men im 1973 unter Denkmalschutz Mit dem Südschiff hatte man gleiches gestellten St.-Petri-Dom statt. vor, doch die Reformation und der Dreißigjährige Krieg (1618–1648) ka- Rundgang im Dom men dazwischen; von 1561 bis 1638 war der Dom geschlossen, 1638 wurde Beim Eintreten von der Marktplatzseite er wieder eröffnet. Im selben Jahr her gelangt man in die romanische krachte der baufällige Südturm in sich Westkrypta, 1066 geweiht und damit zusammen, knapp 20 Jahre später der älteste Teil des Doms. Ins Auge fällt brannte der Nordturm ab, der Dom das Relief Christus (1050) mit blieb erneut fast 80 Jahre geschlossen. Schlüssel und Buch, ein bedeutendes Frühwerk romanischer Kunst in Deut- schland. Während das Buch die Bedeu- Ruine und Renovierung tung der Missionskirche im Mittelalter Fast 150 Jahre wurde lediglich geflick- hervorhebt, haben die Bremer den schustert an dem einst so prächtigen Schlüssel, den Christus an den Schutz- Sakralbau. Der Dombezirk gehörte da- patron Petrus übergab, zu ihrem Wap- mals noch nicht zur Freien Reichsstadt penzeichen gemacht. Davon kündet Bremen, sondern abwechselnd zu auch eine Szene auf dem teilweise er- Schweden, Dänemark oder dem König- haltenen alten Chorgestühl (ca. 1360– reich Hannover, erst 1803 wurde er bre- 1380) in einer der Seitenkapellen im misch. Den neuen, nach der Reforma- Südschiff. Sehenswert in der West- tion zunächst calvinistischen, später krypta ist zudem noch das Bronzetauf- evangelisch-lutherischen Domherren becken auf vier Löwenreitern aus dem galt das Wort der inzwischen auf 13. Jh. sowie die filigrane historische Deutsch übersetzten Bibel mehr als die Silbermann-Orgel aus dem 18. Jh.

28 Tour 1: Rund um den Marktplatz

Die schweren Domtüren an der Markt- platzseite zeigen Szenen aus dem Alten und Neuen Testament. Die Darstellun- gen der Israeliten und Juden tragen deutlich antisemitische Züge. Die Bre- mer Domgemeinde ist sich der Tatsa- che eigener Angabe nach bewusst, an- erkennt auch ihren Anteil in der Ver- gangenheit an der Shoa und versteht die Eingangstüren des Doms als Mahn- mal und Aufforderung an die Besucher, Rassismus eine Absage zu erteilen. Das Gewölbe der gegenüberliegenden frühsalischen Ostkrypta ist in seiner Form seit mehr als tausend Jahren un- verändert. Hier hat die St.-Petri-Ge- meinde den sogenannten „Raum der Stille“ geschaffen, der Menschen aller Kulturen und Religionen zu einer stil- len Pause, zur inneren Einkehr und zum Gebet einlädt. Unmittelbar neben der Ostkrypta befindet sich seit 1987 das Dom-Museum, das einen reichen Schatz an mittelalterlichen Funden aus den Gräbern der Bremer Erzbi- schöfe präsentiert, die bei Ausgra- bungen in den 1970er- und 1980er- Jahren entdeckt wurden. Eher zufällig Mittelschiff des Bremer Doms stieß man 1985 im Untergeschoss des Museums auf Wandmalereien, die wohl aus der Zeit um 1414 vor der Altar- Hexen und Teufel. Welche Funktion im weihe stammen. Dom sie genau hatte, ist ungewiss. De- finitiv ist sie – wie oft verbreitet – kein

Verteilt im Inneren des Doms, an Pfei- Zeichen für Handwerker, die daran er- lern des Mittelschiffs oder an den Wän- kennen sollten, dass sie den Dom „arm den, sind die Epitaphe zu bewundern: wie eine Kirchenmaus“ verlassen wür- reich bebilderte, steinerne Gedenkta- den, weil der Bauherr ihnen den Lohn feln zu Ehren verstorbener Würdenträ- nicht zahlen würde. ger, überwiegend aus dem 16. und 17. Jh. Aus derselben Epoche stammt die reich mit biblischen Figuren ver- Turmbesteigung zierte barocke Kanzel (1638) in der Mit- 256 Stufen muss man erklimmen, ca. te des Gotteshauses. Den Schalldeckel 57 m hoch geht es auf die Aussichts- schmückt eine Figur des auferstande- plattform des Bremer Doms. Eng und nen Christus mit Siegesfahne. Ein we- finster ist der Aufstieg auf den Wendel- nig versteckt auf dem Ostchor, am treppen. Vom Dom bekommt man ei- Fuße eines Rundbogen-Portals zur Sa- gentlich nichts mit, aber oben wird kristei, findet man die kleine Dom- man mit einem tollen Ausblick belohnt. Maus. Die Maus war im Mittelalter ein Einziges Ärgernis: Durch die Gitter kann Symbol für das Unreine und Böse, für man nur unzureichend fotografieren.

Spaziergang 29

Toten um einen Dachdecker handle, Bleikeller der bei Reparaturarbeiten in die Tiefe Acht Leichen zählen zu den beliebtes- gestürzt war. Als man sich darüber ten Sehenswürdigkeiten in Bremen. bewusst wurde, dass der vermeint- Acht Leichen, die im Bleikeller des liche Dachdecker keinerlei Knochen- Doms in mumifiziertem Zustand in ih- brüche hatte, fand man bei einer ren Särgen liegen und dem einen oder Röntgenuntersuchung eine Kugel in anderen Besucher einen gehörigen seinem Rücken. Vermutlich handelt Schauer über den Rücken jagen. Im es sich um einen Soldaten aus den Bleikeller, einst in der Ostkrypta unter- Zeiten des Dreißigjährigen Krieges. gebracht, wurde tatsächlich das Blei für Die St.-Petri-Gemeinde hat mitnichten die Bedachung und die Orgeln gelagert Freunde des Horror-Genres in ihren und verarbeitet. Und hier wurden im Reihen; sie wollen vielmehr mit dem Mittelalter die Toten aufgebahrt, deren Bleikeller daran erinnern, dass das Identität nicht bekannt war, die keine Leben endlich ist. „Die Mumien hal- Angehörigen in Bremen hatten. Anno ten uns also einen Spiegel vor, indem 1698 entdeckten neugierige Gesellen sie uns an die eigene Vergänglichkeit des Orgelbauers Arp Schnitger die Sär- erinnern“, ist auf einer Tafel am Ein- ge, öffneten sie und fanden die mumifi- gang zu lesen. zierten Leichen. Man nahm lange Zeit Öffnungszeiten Dom: Ganzjährig Mo–Fr 10– an, dass das dort gelagerte Blei oder ei- 17 Uhr, Sa 10–14 Uhr und So 14–17 Uhr (Juni ne angebliche Radioaktivität des Bleis bis Sept. Mo–Fr und So bis 18 Uhr). für die Mumifizierung der Leichen ver- Turmbesteigung: April/Mai und Okt. Mo–Fr antwortlich waren. Inzwischen ist man 10–16.30 Uhr, Sa 10–13.30 Uhr, So 14– sich sicher, dass es allein die extrem 16.30 Uhr; Juni bis Sept. Mo–Fr 10–17.30 Uhr, trockene Luft war, die die Leichen der- Sa 10–13.30 Uhr, So 14–17.30 Uhr. Eintritt 2 €, art konserviert hat. Ähnlich lange hielt erm. 1 €; Kombiticket Turm und Bleikeller 3 €, sich die Mär, dass es sich bei einem der erm. 1,40 €.

Bremen im Kasten Domtreppen fegen Traditionen und Brauchtum werden in Bremen gern gepflegt, auch wenn sie mitunter ein bisschen albern daherkommen oder zu einem Besäufnis verkommen. Der Brauch des Domtreppenfegens geht auf das Jahr 1890 zurück. Männer, die bis zu ihrem 30. Geburtstag noch nicht unter der Haube sind, werden – traditionell in Frack und Zylinder gewandet – zu den Domtreppen geführt und müssen selbige fein säuberlich fegen. Damit das mit dem Fegen – zum Klange einer Drehorgel oder auch dem Wummern eines Ghettoblasters – auch halbwegs Sinn macht, streuen Freunde und Bekannte Kronenkorken auf die Treppen. Und damit sich der Trep- penfeger auch richtig lächerlich macht, werden ihm zum Fegen Wattestäbchen, Zahnbürsten oder lustig präparierte Besen zur Verfügung gestellt. Von ihrem Treppenfeger-Job erlöst werden die Junggesellen erst, wenn sie von einer von drei Zeugen beglaubigten Jungfrau freigeküsst werden. Zurück geht der Brauch wohl auf den Glauben, dass Unverheiratete, die bis zum Alter von 30 Jahren kinderlos geblieben waren, nach dem Tod dazu verurteilt würden, sinnlose und niedere Ar- beiten zu verrichten.

30 Tour 1: Rund um den Marktplatz Bleikeller: April/Mai und Okt. Mi–Fr 10– mussten 1999 einige Bäume dem glä- 16.45 Uhr, Sa 10–13.45 Uhr, So 12–16.45 Uhr; sernen Domshof-Forum weichen. Unter Juni bis Sept. Mo–Fr 10–17.45 Uhr, Sa 10– diesem Namen kennt es kaum ein Bre- 13.45 Uhr, So 12–17.45 Uhr. Eintritt 2 €, erm. mer, schließlich war von Beginn an das 1 €; Kombiticket Turm und Bleikeller 3 €, erm. 1,40 €. Café Alex dort beheimatet. Dom-Museum: Mo–Fr 10–16.45 Uhr, Sa 10– Beim Brunnenbau in der Nähe des 13.30 Uhr, So 14–16.45 Uhr. Eintritt 6 €, Schü- Doms durften die Bremer zwischen drei ler 2 €, Audioguide 1 €. www.dommuseum- Modellen wählen. Warum es letztend- bremen.de. lich der Entwurf des modernen Neptun- Führungen durch den Dom finden jeden 1. brunnens (1991) des Bildhauers Wal- Sonntag im Monat sowie mittwochs jeweils um demar Otto wurde, fragen sich im 15 Uhr statt. Kombinierte Dom- und Museums- Nachhinein zumindest all diejenigen, führung jeden 2. und letzten Samstag. Eintritt die damals nicht abgestimmt haben. 6 €, erm. 4 €. Besondere Schließzeiten unter Man ist sich weitgehend einig: Es han- www.stpetridom.de. delt sich bei dem Brunnen um einen „Steh-im-Weg“, der an „Scheußlich- Platz mit Potenzial keit“ kaum zu überbieten ist. So war es Domshof jedenfalls in den ausliegenden Listen zu lesen. Verweilen will dort jedenfalls Nördlich bzw. nordöstlich des Doms er- kaum jemand. Dabei hat man von dort streckt sich der Domshof. Der Platz ist aus den besten Blick auf den architek- ein bisschen das Waisenkind der histo- tonisch überaus gelungenen Neubau rischen Bremer Innenstadt. In den heu- der Bremer Landesbank (BLB). Das tigen Ausmaßen gibt es ihn mehr oder Unternehmen geriet 2016 nach nicht minder schon seit dem 14. Jh. Im Laufe mehr bedienten Schiffskrediten in eine der Jahrhunderte fanden hier Rittertur- veritable Krise (man sprach von 400 niere und Hinrichtungen statt ( Ge- Mio. Euro Verlusten) und verlor seine sche Gottfried, Kasten S. 34), Militär- Eigenständigkeit an den Mehrheitseig- paraden wurden abgehalten, es gab De- ner NORD/LB – das Gebäude der BLB monstrationen gegen und für alles erstrahlte paradoxerweise fast zeit- Mögliche, auf der Großleinwand wurde gleich in neuem Glanz. mit Werder gezittert, gejubelt (oder ge- weint). Aber ein Platz zum Leben und Im denkmalgeschützten Neorenais-

Verweilen, zum Wohlfühlen und sance-Bau gegenüber (einst Sitz der

„Kaffeesieren“ ist der Domshof nie ge- Bremer Bank) an der Ecke Domshof/ wesen. Die Bemühungen, den Platz Sandstraße wurde 2016 eine Filiale von attraktiver zu machen, ziehen sich seit Manufactum samt eines Bistros mit

Jahren hin wie ein ausgelutschter Kau- Plätzen im Außenbereich eröffnet, we- gummi. Irgendwie kommen die Bremer nig später im Haus nebenan die Markt- nicht so richtig voran. halle Acht. In der Schublade liegen seit Mitte 2017 neue Pläne eines Millionen- In den Morgenstunden von Montag bis projektes, durch das der Platz aufge- Samstag wird der Domshof als Wo- peppt werden soll. Die Rede ist von chenmarkt genutzt, danach ist es dort einigen Bäumen, die rund um den Nep- zumeist reichlich öde. Daran hat auch tunbrunnen gepflanzt werden sollen, der Anschluss an die Sögestraße via von Wasserfontänen vor dem Café Domshof- bzw. Katharinen-Passage im Alex. Aber ob der Domshof damit von Jahr 1998 nicht wirklich etwas geän- seinem Aschenputtel-Dasein erlöst dert. An der Nordseite des Platzes wird, ist mehr als fraglich.

Praktische Infos 31

Beliebter Treffpunkt: die Schweine in der Sögestraße

Praktische Infos Bremer isst zu mindestens 90 % die „vom Rost“ Essen & Trinken für 2,80 €. Nicht selten hört man bei Stamm- Ratskeller , den Wein im Bremer Rats- gästen den Zusatz „aber eine schöne dunkle bitte“. Im Angebot ist auch noch die Wurst aus Prakti keller haben im Lauf der vergangenen Jahr- he Info hunderte einige berühmte Menschen probiert: der Pfanne und inzwischen gibt es bei Stock- die Dichter Heinrich Heine und Theodor Fon- hingers auch Kartoffelsalat zur Wurst. Gleich tane oder auch die gekrönten Häupter Kaiser gegenüber ist der Laden der Bremer Imbiss- Wilhelm II. und Queen Elizabeth. Heute kann Dynastie Kiefert. Das sei der Fairness halber man im Bremer Ratskeller ziemlich gut essen. erwähnt, denn die Bremer werden sich nie Dafür sorgt schon Geschäftsführer Arnd Feye, einig, wer die bessere Wurst brät – wobei der der sich einst in Bremen mit seinem Restaurant Autor eindeutig ein Stockhinger-Fan ist. Tägl. L’Orchidée einen Michelin-Stern erkocht hat. 9.30–23.30 Uhr. Unser Lieben Frauen Kirchhof, Sterne-Küche kann man in den historischen  0421/3398804. S 2 und 3. Gewölben natürlich nicht erwarten, eher regio- Raths-Konditorei Stecker , bei schönem nale Spezialitäten, aber auch Gutbürgerliches Wetter genießt man die Spezialitäten der zu einem anständigen Preis-Leistungs-Verhält- Raths-Konditorei mitten auf dem Marktplatz, nis (Hauptgerichte überwiegend zwischen 11,50 ansonsten drinnen im urgemütlichen Gastraum und 20 €, Mittagstisch 7,90 €, Schoppen Wein im Souterrain eines der schönen Bürgerhäuser ab 3,75 €). Tägl. 11–24 Uhr. Am Markt,  0421/ an der Westseite des Marktplatzes. Stecker 321676, www.ratskeller-bremen.de. S 2 und 3. blickt auf eine über 100-jährige Geschichte zu- Stockhingers Bratwurstglöck’l , die Bre- rück, die meisten der Kuchen- und Tortenspe- mer hätten es auch gewusst, ohne dass das zialitäten sind auch heute noch handgemacht Gourmet-Magazin „Der Feinschmecker“ Stock- und haben zahlreiche Preise gewonnen, so hingers Bratwurtsglöck’l lobend erwähnt hätte. zum Beispiel die original „Bremer Kluten“. In In dem Pavillon auf dem Liebfrauenkirchhof der Filiale in der Knochenhauerstraße hat einst gibt es 1-A-Bratwürste, für viele die besten der täglich Werder-Trainer Otto Rehhagel gesessen Stadt. Wobei man unterscheiden muss: Der und bei Kaffee und Kuchen angeblich die

32 Tour 1: Rund um den Marktplatz

Aufstellungen seiner Mannschaft ausgebrütet. Zweiteres die astreinen italienischen Kaffee- Mo–Sa 10–18 Uhr, So 13–18 Uhr (Mai bis Sept. spezialitäten. Für den kleinen Hunger gibt es 10–18 Uhr). Am Markt 11,  0421/12593, www. leckere belegte Sandwiches zu fairen Preisen. konditorei-stecker.de. Mo–Fr 8–18 Uhr, Sa 8.30–18 Uhr. Ger- hardIversen-Hof 1,  0421/69500983, www.  Markthalle Acht , der Bremer ist be- minkensfreunde.de. kanntlich ein wenig stur und so hat es eine Weile gedauert, bis er das Konzept der 2016 Grashoff’s Bistro , das Bistro in der Nähe eröffneten Markthalle Acht am Domshof an- der Wallanlagen etwas abseits des Spazier- genommen hat. Dabei ist das wirklich nicht gangs ist die Institution schlechthin in der Bre- schlecht. Das Motto der Betreiber ist: „Weniger, mer Gastronomie. Angeschlossen an einen ex- dafür besser“. In der Halle jedenfalls sind di- quisiten Delikatessenladen wird in Grashoff’s verse „Marktleute“ versammelt, die dort ihre Bistro seit 1968 eine exzellente Küche serviert, Speisen anbieten. Einen schnellen Mittagstisch die lange Jahre auch mit einem Michelin-Stern bekommt man hier, allerdings nicht in Plastik, dekoriert war. Das im französischen Ambiente sondern auf richtigem Geschirr. Die Gastgeber gehaltene Bistro-Restaurant serviert überwie- in der Markthalle Acht setzen vielfach auf biolo- gend Klassiker der deutschen Küche. Das Ni- gisch erzeugte Produkte oder zumindest auf re- veau ist zweifelsohne hoch, die Preise sind es gionale Zutaten. Von Italienisch über Asiatisch auch: Der im Dampf gegarte Schellfisch kostet bis hin zu deutscher Küche, vielfach vegan und 23,50 €, die Kalbsleber „Berliner Art“ 24,50 € vegetarisch reicht das Angebot. Richtig span- und der gebratene Seeteufel mit Kapern-Limo- nend wird’s an den Streetfood-Donnerstagen, nen-Sauce schon 29,50 €. Letztendlich sind das wenn immer wieder neue Gastronomen für ei- Preise für den Mittagstisch, denn geöffnet hat nen Tag in der Markthalle kochen. Di–Sa 10– Grashoff’s Bistro in der Woche lediglich von 10 20 Uhr, Do bis 22 Uhr. Domshof 8–12,  0421/ bis 20.30 Uhr (Küche 12–19.30 Uhr, Fr bis 33118311, www.markthalleacht.de. 21 Uhr, Sa 12–16 Uhr). Contrescarpe 80/Loriot platz 1,  0421/14749, www.grashoff1872.de. Minkens , winzig und doch ganz groß. Ver- S 4 und 6, Busse 24 und 25. steckt am Rande der Domshof-Passage bzw. des Katharinenklosterhofs liegt das kleine Ca- Wallanlagen/Kaffeemühle , ebenfalls ei- fé Minkens. Wer schlechte Laune hat und mü- nen Abstecher wert ist die Kaffeemühle am de kommt, der geht mit ziemlicher Sicherheit Wall. Zu Beginn des 19. Jh. wurden rund um besser gelaunt und wacher wieder. Für Erste- die Bremer Altstadt die Wallanlagen angelegt, res sorgt die freundliche Atmosphäre, für heute sind sie im wahrsten Sinne des Wortes

Auszeit mitten in der Stadt: Kaffeesieren in der Wallmühle

Praktische Infos 33 ein Naherholungsgebiet, eine wunderbare stil- le und grüne Oase inmitten der Großstadt. Der Shopping schönste Abschnitt der langgestreckten Parkan- Manufactum , das Edelkaufhaus, in dem lage mit ihren zahlreichen Skulpturen und es laut Eigenwerbung „die wirklich guten Denkmälern befindet sich zwischen der Kunst- Dinge“ gibt, hat im September 2017 seine halle im Ostertor und dem Herdentorsteinweg. Filiale in Bremen eröffnet. Definitiv ein Gewinn Das Wahrzeichen der Wallanlagen liegt aller- für die Bremer City, auch wenn man sich bis- dings etwas weiter nordwestlich: die einzige er- weilen über die Preise der Produkte ärgert. haltene Windmühle in den Wallanlagen aus Aber der Laden in dem neoklassizistischen dem Jahr 1833, ein beliebtes Fotomotiv. Die Bau, in dem jahrzehntelang die Bremer Bank besten Schüsse macht man von der Brücke am (so hieß die ehemalige Dresdner Bank in Bre- Herdentorsteinweg. Einst waren es sechs Müh- men) residierte, ist echt eine Wucht. Das Tages- len, übrig geblieben ist nur die Ansgaritormüh- licht in der ehemaligen Schalterhalle mit sei- le, auch Herdentorsmühle genannt und in- nen Säulen und dem edlen Marmorfußboden zwischen nur noch als Kaffeemühle am Wall fällt durch ein wunderschönes Glasdach, ange- bekannt, in der man nicht nur Kaffee und Ku- gliedert an den Manufactum-Store ist ein chen bekommt, sondern auch ganz anständig brot & butter-Delikatessen-Tresen sowie ein essen kann. Am Wall 212,  0421/14466, www. Café, im Sommer kann man draußen auf dem muehle-bremen.de. Domshof sitzen. Mo–Sa 10–19 Uhr. Domshof Topaz , seit Jahren eines der besten Res- 8–12,  0421/89776540, www.manufactum.de. taurants Bremens. Die Qualität hat sich auch Bremer Ratskeller Weinhandel , ein be- gehalten, nachdem der langjährige Maestro liebtes Mitbringsel sind die Ratskeller-Weine, die Tom Schmidt den Laden verlassen hat und sei- es im Shop im hinteren Bereich des Rathauses ne Frau Holle das Topaz in unmittelbarer zu kaufen gibt. Im Angebot sind Hunderte von Marktplatznähe mit ihrem Team alleine weiter- edlen, aber auch einfachen Tropfen. Soll es viel- führt. In einem stilvollen Bistro-Ambiente wer- leicht ein Bechtheimer Hasensprung für 9,50 € den hier als Vorspeise oder Zwischengericht sein oder lieber der Eiswett-Wein, ein edler Leckereien wie Makrelentatar mit Queller und Riesling für 27,50 €? Gern genommen werden Schwarzwurzel (13,50 €) oder Wildschweinbrat- der Stadtmusikanten-Weißwein (9,95 €), eine wurst (13,50 €) gereicht. Das klassische Wiener Cuvée aus edlen Pfälzer Weinen. Dass es hier Schnitzel mit Gurkensalat (22,50 €) ist ebenso die „original verkorkste“ Oberföhringer Vogel- zu empfehlen wie der Kabeljau in Knippkruste spinne von Pahlhuber & Söhne aus den Loriot- (24,50 €) oder die Variationen von Sushi & Sa- Sketchen gibt, ist allerdings nur ein Gerücht (den shimi (21,50 €). Mo–Sa 12–21.30 Uhr. Langen- und viele andere Loriot-Devotionalien gibt es straße 2–4,  0421/77625, www.topaz- dafür unweit vom Marktplatz im BUTLERS-Shop). bremen.de. S 2, 3, 4, 6 und 8, Bus 24 und 25. Mo–Fr 9–18 Uhr, Sa 9.30–15 Uhr. Schoppensteel 1,  0421/337788, www.ratskeller.de. S 2 und 3.  1885 – Die Burger , zugegeben, die Go Bäng! , Go Bäng passt eigentlich besser Lage – eingeklemmt zwischen Parkhaus und ins Ostertor, hat aber seinen Laden seit mehr Galeria Kaufhof – ist eher eine Katastrophe. als 25 Jahren in der Knochenhauerstraße – einst Aber die Burger sind wirklich erstklassig und vorne „im Angesicht der Schweine“, jetzt etwas werden sogar von der Slowfood-Sektion Bre- weiter in Richtung Brill, gut versteckt zwischen mens ausdrücklich gelobt. „Puristisch, trans- Gravis und King Kong. Angefangen haben die parent, natürlich.“ Damit werben die 1885er Macher mit Postern, dazu gekommen sind Shirts, für ihr 100 %iges Biohack, den frisch vom Block Aufnäher, Sticker, vieles davon mit politischer geschnittenen Landkäse aus der Region und Botschaft. Die Go Bängs sind die letzten (und das selbstgebackene Brot. Der Gast kann sich schon immer einzigen) Punks in der Bremer City. seine Burger selbst zusammenstellen und auch Irgendwann haben die Macher angefangen, ei- selbst würzen mit leckeren Gewürzmischungen gene T-Shirts zu produzieren, witzig und mit Bre- wie „Rosemary’s Baby“ oder „Butcher’s Bren- men- und/oder Fußball-Bezug. Wie zum Beispiel ner“. Der Basic-Hamburger kostet 6,50 €, der das Shirt mit dem Aufdruck „Ich persönlich fin- große „Butcher’s“ ist für 13,50 € zu haben und de den HSV eher uncool“. Mo–Fr 10–19 Uhr, Sa der dreistöckige „Tower“ für 18,85 €. Mo–Sa 10–18 Uhr. Knochenhauerstraße 20–25 (Ein- 11.30–22 Uhr, So 16–22 Uhr. Pelzerstraße 8, gang in der Passage zwischen King Kong und  0421/30178885, www.burger1885.de. S 2, 3, Gravis),  0421/12132, www.gobaeng.de. 4 und 6.