Berichte/Nachrichten
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Berichte/Nachrichten Im Kern dürfte dieser Bau zumindest bei einigen Fenstern des 1834 zum Berichte/Nachrichten teilweise im jetzigen Weckbecker- repräsentativen Wohnen umgestal- schlösschen erhalten sein. Das An- teten ehem. Klosters Besselich (Ur- wesen, dessen Besitzgeschichte noch bar, Kreis Mayen-Koblenz) vor9. Der Das Weckbeckerschlösschen nicht erforscht ist, gelangte 1806 Haupteingang liegt in der Mittelachse in Lehmen an der Untermosel durch Kauf an die Brüder Franz Ge- der Bergseite. Die zweiflügelige Tür – ein Kleinod in Gefahr org Severus Weckbecker (1775 bis mit Oberlicht ist noch die originale. 1862) und Karl Weckbecker (1779 Die beiden Türflügel zeigen Kasset- 7 Die Bergstraße in Lehmen, einem bis 1849) . Heute ist der Kernbau des ten, die jeweils mit einem plastischen kleinen Dorf am linken Ufer der Un- Schlösschens im Verfall begriffen, da Stern belegt sind. termosel (Kreis Mayen-Koblenz), derjenige, der diesen Teil des Gesamt- Das Sockelgeschoss, das den Charak- führt aus dem Ort auf die Hochfläche anwesen als Letzter geerbt hatte, das ter des Tragens versinnbildlichen soll, nach Moselsürschl. Wenn man aus dem Erbe ausgeschlagen hat. Somit ist das hat wohl aus diesem Grund keine recht- Dorf kommend, die Straße hochgeht, Gebäude herrenlos. Dennoch sind zur eckigen, sondern rundbogige Fenster liegt auf der linken Seite, und zwar Dachsanierung rund 30 000 Euro sei- mit dunkelgrau-schwärzlichen Ba- direkt neben der Grundschule, das tens des Landes Rheinland-Pfalz, ver- saltlavagewänden. Die rechte Achse sog. Weckbeckerschlösschen2. Der treten durch die heutige Generaldirek- nimmt ein großes Rundbogentor ein, Bau wird allgemein als Sitz der Ritter tion Kulturelles Erbe, zur Bestands- das es erlaubte, mit beladenen Fuhr- von Lehmen identifiziert, was wohl erhaltung und zur Gewährung der Ver- werken in den Keller zu fahren. Hier auch zutreffend ist. Das Geschlecht kehrssicherheit investiert worden. wurden die Weingebinde – Lehmen ist erstmals in einer Urkunde des Trie- Das Schlösschen, das sein heutiges war immer ein Winzerdorf – gelagert. Äußeres durch einen umfassenden Das gefaste Torgewände ist wiederum rer Erzbischofs vom 6. Februar 1229 8 3 , besteht aus Basaltlava. Beidseitig des Keil- genannt . Rudolf von Lehmen, gen. Umbau 1841/42 erhalten hat aus einem querrechteckigen Kernbau steins ist die Jahreszahl 17 – 68 ein- von Nürburg erklärte am 11. April von 5:2 Achsen. Er steht, deutlich ab- gemeißelt10. Der ursprüngliche Keil- 1380, dass das Kollationsrecht der im gerückt, parallel zur Straße. Später stein ist später gegen einen jüngeren Niederdorf gelegenen Pfarrkirche St. kam noch ein sehr kurzer, einachsiger ausgetauscht worden, der außer einer Stephan bei seinem Stamm läge und Seitenflügel hinzu, der im rechten Rosenblüte die Jahreszahl 1841 trägt. abwechselnd von ihm und Cuno von Winkel zum Altbau erbaut wurde. Der Von dem nachträglich hinzugefügtem Mielen, gen. von Dieblich wahrge- 4 aus Bruchstein errichtete, verputzte Seitenflügel ist lediglich die dem nommen werde . Die Ritter von Leh- Altbau zeigt über einem hohen Sockel- Kernbau benachbarte Achse der Bau- men waren nicht unbedeutend. Sie geschoss, das kellerartige Funktionen phase von 1841/42 zuzuordnen. Auch besaßen schon kurz vor 1258 einen 5 wahrzunehmen hatte, zwei Hauptge- sie weist ein großes Rundbogentor, Hof in monte Lemene . Mit dem Abt schosse sowie einen Drempel. Das wiederum mit gefastem Basaltlava- des Benediktinerklosters Theoderich erste Obergeschoss war die Belétage. gewände, auf. Der Keilstein ist mit II. von Lehmen († 1307) hatte das Ge- 6 Die beiden Geschosse werden jeweils dem Wappen Waldbott-Bassenheim schlecht seinen Höhepunkt erreicht . durch einen rechteckigen Stockgurt geschmückt11. Das Burghaus des Niederadelsge- (Tuff), gleichzeitig Fenstergesims, Das Traufgesims des Kernbaues, das schlechtes von Lehmen lag strate- getrennt. Der Haupteingang liegt berg- mit Kerbschnittmuster verziert ist, gisch günstig am Eingang des Ortes. seitig. Da der Bau ins ansteigende Ge- wird als einigendes Band auch um lände gesetzt worden war, ist die rück- den Seitenflügel geführt und findet wärtige Front nur zweigeschossig, da sich ebenfalls an dem noch zu bespre- Abb. 1. Weckbeckerschlösschen, das Sockelgeschoss entfällt. Das Haus chendem Turm. Außerdem ziert es als Kernbau (Foto: Verf., 2009). zeigt ein abgeflachtes Satteldach. Schmuckelement die Fenstergewände Die großen, hochrechteckigen Fen- im talseitigen Giebel. ster, im ersten Obergeschoss höher als Der 1841/42 hinzugefügte Turm be- im zweiten, zieren Tuffgewände mit setzt die bergseitige Ecke, die Haupt- leicht fünfeckigen Stürzen. Fünf klei- und Nebenflügel miteinander bilden. ne Rundfenster belichten den Drem- Der hohe, schlanke Bau erhebt sich pel. Den talseitigen Giebel schmücken über einem gestreckt sechseckigen ein großes Rundfenster, darüber ein Grundriss. Der Turm ragt deutlich gleichbreites Segmentbogenfenster über die Traufe des Gebäudekom- über gekehltem Gesims, flankiert von plexes heraus. Er endet mit einer zwei kleinen Okuli mit eingestell- überdachten Pavillonkonstruktion ten Vierpässen. Zweiflügelige, grüne aus Gusseisen. Von hier aus konnte Klappläden gestatten es, die Fenster man über das Dorf bis auf die Mosel der Bergseite sowie die des straßensei- sehen. Der Turm nahm so die Funkti- tigen Sockelgeschosses abzudunkeln. on eines Belvedere wahr. Man konnte Die Fenster der Vorderseite sind mit diesen Pavillon nur über eine außen aufwändigen gusseisernen Brüstungs- geführte, elegant geschwungene guss- gittern ausgestattet, die zwei sehr un- eiserne Treppe erreichen, die nur noch terschiedliche Dekorationsformen zei- in Resten erhalten ist. Das Zifferblatt gen. Eines dieser Muster kommt auch einer großen Turmuhr, die zur Straße 262 Burgen und Schlösser 4/2009 Nachrichten/Berichte.indd 262 14.12.09 13:44 Berichte/Nachrichten Abb. 2. Weckbeckerschlösschen, neogotische Wandmalerei Abb. 3. Weckbeckerschlösschen, zerstörte Balkendecke im Saal (Foto: Verf., 2009). zwischen Erdgeschoss und Belétage (Foto: Verf., 2009). hin angebracht worden war, ist eben- dortigen Niederungsburg zu einem Wie bereits mehrfach erwähnt, er- falls nur noch in Resten erhalten. Ne- Renaissanceschloss erfolgte unter folgte der große Umbau des Schlös- ben der Kirchturmuhr, wenn es über- dem Trierer Erzbischof Johann VI. schens, das bis dahin wohl noch sein haupt eine solche in Lehmen gegeben von der Leyen (1556 bis 1567)16. Der mittelalterliches Bild, das während hat, war das die einzige öffentliche große Keilstein, entweder später ein- der Renaissance verändert worden Uhr im Dorf. Der Turm als Belvedere gesetzt oder ausgetauscht, stammt aus war und möglicherweise zusätzlich und als Träger eines großen Chrono- einem anderen Bruch als die übrigen barocke Züge trug, in den Jahren meters war gleichzeitig Symbol für Gewändesteine. Es muss aber kein 1841 und 1842. Der Baumeister ist Macht, Ansehen und Bedeutung der zeitlicher Unterschied zwischen dem unbekannt, doch sprechen Formen vermögenden Familie Weckbecker. eigentlichen Gewände und dem Keil- und Details dafür, dass er im Um- Überdies gehörte im 19. Jahrhundert stein bestehen. Denkbar ist nämlich, feld des Koblenzer Architekten Jo- ein Turm zur absolut notwendigen dass zwei unterschiedliche Steinmet- hann Claudius von Lassaulx (1781 bis architektonischen Ausstattung eines ze mit den Arbeiten beauftragt worden 1848) zu suchen ist. Möglicherweise Schlosses oder einer Villa12. Wenn ein waren. Die höhere Qualität darf der war es dieser selbst gewesen, der die älterer Bau, der nach zeitgemäßen Be- große Keilstein für sich beanspru- Umbaupläne geliefert hatte. Lassaulx dürfnissen umgebaut wurde, keinen chen. Er trägt das A1lianzwappen von hat mehrfach derartige Bauaufgaben Turm hatte, musste, wie beim Weckbe- der Leyen-Metternich. Die heraldisch durchgeführt. Zudem liebte er das da- ckerschlösschen in Lehmen, ein Turm rechte Seite nimmt das Leyen’sche mals neuartige Material Gusseisen20. nachträglich hinzugefügt werden. Für Wappen ein. Es wird also ein von Das Besondere und das Einzigartige einen Vergleich aus der Region soll der Leyen gewesen sein, der eine von des Weckbeckerschlösschens liegt hier Schloss Sayn dienen, das 1848 Metternich geheiratet hat17. Die obere aber weder in seiner Geschichte noch bis 1851 sein jetziges Erscheinungs- Zone, im Inneren als Hohlraum gestal- in seiner Architektur, vielmehr in bild erhalten hat. Hier wurde einfach tet, der auf der linken Seite eine kleine seiner köstlichen malerischen Aus- der neben dem Schloss stehende Tor- rundbogige, aber nicht verschließbare stattung, die in die Jahre des großen turm der Ortsbefestigung einbezogen Öffnung zeigt, ist mit Basaltlavaplat- und entsprechend umgebaut13. Ein ten verkleidet. Ein kräftiges Gesims Beispiel für eine Villa, die von Be- bildet den Abschluss. Darüber wurde Abb. 4. Weckbeckerschlösschen, Zwi- ginn an mit einem Turm ausgestat- 1841/42 ein gusseisernes Gitter ge- ckelmalerei im Saal (Foto: Verf., 2009). te war, bietet Villa Diana (1867/68), setzt. Der Altan ist bewusst später Schloss Balmoral genannt, in seiner ursprünglichen im nicht weit entfernten Bad Ems14. Form belassen worden, um Die mittlere Achse beim Kernbau auf das Alter und die Ge- des Weckbeckerschlösschens wird schichte des Hauses hinzu- straßenseitig durch einen querrecht- weisen. Wahrscheinlich soll eckigen Altan betont, der zweizonig auch der Taufstein, der vor aufgebaut ist. Der untere, höhere der Fassade platziert wor- Abschnitt besteht aus verputztem den ist – er stand ursprüng- Bruchstein. In