Berichte und Dokumente

2019

2010

3

Berichte und Dokumente

Herausgeber Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) Hochkreuzallee 246 | 53175

Generalsekretär Marc Frings

Redaktion Christoph Molitor

Layout pfeifle design, Stuttgart

Fotos

Privat 09 | 45 | 63 ZdK 14 | 30 | 49 | 72 | 86 | 106 | 191 | 201 | 212 | 231 | 243_ Wikimedia 198

ISBN 978-3-9816540-4-2

ID-Nr. 1979323 4

Inhaltsverzeichnis

1. Vorwort 9

2. Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken am 10./11. Mai 2019 in Mainz

2.1. Bericht zur Lage Prof. Dr. Dr. Thomas Sternberg 14

2.2. Der Synodale Weg Wolfgang Klose 30

2.3. Der Synodale Weg Leitantrag des Präsidiums 36

2.4. „Europa wählen. Demokratie stärken.“ Dr. Karlies Abmeier 45

2.5. „Europa wählen, Demokratie stärken!“ Ministerpräsidentin Malu Dreyer 49

2.6. „Europa wählen. Demokratie stärken.“ Aufruf des Zentralkomitees der deutschen Katholiken zur Europawahl 2019 60

2.7. „Frauen in kirchlichen Ämtern" Prof. Dr. Dorothea Sattler 63 5

2.8. „Warum kirchliche Verwaltungsgerichte?“ Prof. Dr. Dr. h.c. Klaus Rennert 72

3. Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken am 23./24. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg

3.1. Bericht zur Lage Prof. Dr. Dr. Thomas Sternberg 86

3.2. Impuls Segensfeiern Dr. Martina Kreidler-Kos 106

3.3. „Segen schenken – Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare“ Grundlagentext der Ad-hoc-Arbeitsgruppe „Segensfeiern“ Sachbereich 5 „Familie“ des ZdK 113

3.4. „Segen schenken – Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare“ Erklärung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken vom 23. November 2019 141 6

4. Erklärungen und Texte

4.1. „Es soll nichts zurückgenommen werden“ Gespräch zum jüdisch-christlichen Dialog im Vatikan, veröffentlicht am 7. Februar 2019 150

4.2. „Organspende nicht ohne freiwillige Zustimmung“ Stellungnahme des Präsidiums des Zentralkomitees der deutschen Katholiken veröffentlicht am 13. März 2019 154

4.3. IXE-Aufruf zur Wahl des Europäischen Parlaments 2019 veröffentlicht am 15. März 2019 159

4.4. „Für eine nachhaltige und gerechte Landwirtschaft“ Ein Diskussionsimpuls des ZdK anlässlich der Reform der Gemeinsamen europäischen Agrarpolitik veröffentlicht am 22. März 2019 165

4.5. „Kindeswohl und Elternwünsche – Eckpunkte zu aktuellen Fragen der Fortpflanzungsmedizin" Erklärung der gemeinsamen Konferenz von Deutscher Bischofskonferenz und Zentralkomitee der deutschen Katholiken beschlossen am 8. November 2019 veröffentlicht am 6. Dezember 2019 177 7

5. Weitere Reden und Beiträge

5.1. „Macht Kirche zukunftsfähig!” Statement von Prof. Dr. Margit Eckholt, gehalten beim Tag der Diakonin am 29. April 2019 in Mainz 191

5.2. „Es lohnt sich, Geschichte zu studieren, um zu wissen, was wir für die Zukunft verhindern müssen.“ Gedanken von Janusz Reiter anlässlich des 30. Jahrestages der Erklärung „Für Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden in Europa“ veröffentlicht am 29. August 2019 198

5.3. „Mit Rechten geredet. Ein Kurzbericht“ Impulsvortrag von Dr. Andreas Püttmann beim Symposium „Anstrengende Vielfalt. Kirche in der pluralen Gesellschaft“ gehalten am 30. September 2019 in Siegburg 201

5.4. „Der Geist der Bejahung – Wenn Christen politisch nicht neutral sein wollen, werden sie lernen müssen, strategisch zu denken.“ Impulsvortrag von Per Leo beim Symposium „Anstrengende Vielfalt. Kirche in der pluralen Gesellschaft“ gehalten am 1. Oktober 2019 in Siegburg 212 8

5.5. „Frauen an der Spitze II” – Ergebnisse der Befragung Frauen in Leitungspositionen im ZdK, in den Diözesanräten und in den Organisationen der AGKOD Erstellt von Judith Otterbach, mit einem Vorwort von Birgit Mock veröffentlicht im November 2019 231

5.6. Predigtelemente zum Gottesdienst am 1. Advent 2019 im Dom zu Aachen anlässlich der Eröffnung des Synodalen Weges Pfarrer Christoph Stender 243

6. Pressemeldungen 2019 251

7. Mitglieder und Gremien des ZdK 302 Vorwort 9

1. Vorwort

Nach 20 Jahren im Amt hat Dr. Ste- fan Vesper Ende 2019 das Zentralkomi- tee der deutschen Katholiken verlassen. Für die Einarbeitung, die er und die Kol- leginnen und Kollegen im Generalsekre- tariat mir ermöglicht haben, bin ich sehr dankbar. Jetzt habe ich die Position des Generalsekretärs inne und freue mich auf die Begegnungen und die vielen Projekte, die wir derzeit voranbringen. Das ZdK versteht sich als eine katholische Stim- Marc Frings me, die in Politik und Gesellschaft wirkt. Wir werden weiterhin – innerhalb und Generalsekretär des Zentral- komitees der deutschen außerhalb der katholischen und kirch- Katholiken lichen Kreise – zu wichtigen Fragen und Debatten Stellung nehmen.

Gesellschaftliche Polarisierungen nehmen zu und öffentliche Debatten werden von Stimmen entführt, die demokratische und rechtsstaatliche Werte ins Abseits drän- gen. Die Bandbreite des katholischen Le- bens kann und muss wichtige Impulse geben, um deutlich zu machen, dass es abseits politischer Organe weitere Ak- teure gibt, die dazu beitragen können, um die gesellschaftliche Mitte wieder zu stär- ken. Kirche – und mit ihr die Laien – muss Haltung zeigen. 10 Vorwort

Seien es Diskussionsimpulse „Für eine nachhaltige und gerech- te Landwirtschaft“, Eckpunkte zu aktuellen Fragen der Fortpflan- zungsmedizin oder Beiträge zur Europapolitik – es macht mich stolz, jetzt Teil des ZdK sein zu dürfen. Aus unserer Entstehungs- geschichte heraus orientieren wir uns eng an das Jahr 1848. Die großen Fragen von Freiheit, Gerechtigkeit und Mitbestimmung sollten wir auch künftig mitdenken, wenn wir unsere Stimme er- heben.

In besonderer Weise geprägt war das Jahr 2019 durch den Sy- nodalen Weg. In weniger als sechs Monaten haben Bischöfe und Laien etwas nie Dagewesenes auf die Beine gestellt: einen gleichberechtigten Reformprozess. Ich bin überzeugt, dass sich die Kirche in der nun beginnenden neuen Dekade ändern wird, weil sie sich ändern muss. Sie muss partizipativer werden, da- mit das Gefälle zwischen ihr und den alltäglichen Lebensum- ständen ihrer Mitglieder nicht noch größer wird. Das Zustande- kommen des Synodalen Weges zeigt bereits in eine eindeutige Richtung: Wir haben uns als Laien und Bischöfe gemeinsam auf diesen Weg aufgemacht. Dass die Bischöfe mit diesem Anliegen auf uns zugekommen sind, macht Hoffnung auf eine inklusive, integrierende Kirche.

Ich danke allen, die diesen Prozess tragen und mit Leben fül- len: den ehrenamtlich Tätigen, den ZdK-Mitgliedern, allen Bera- terinnen und Beratern in unseren verschiedenen Arbeitskreisen, den Mitgliedern in den Gesprächskreisen "Juden und Christen" und "Christen und Muslime" beim ZdK, den Rednerinnen und Vorwort 11

Rednern auf unseren Vollversammlungen, im Hauptausschuss, im Präsidium und bei den zahlreichen weiteren Veranstaltungen. Ganz besonders möchte ich auch meinen Kolleginnen und Kolle- gen im Generalsekretariat für ihren großartigen Einsatz danken.

Marc Frings Generalsekretär 12 13

2. Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken am 10./11. Mai 2019 in Mainz 14 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz

2.1. Bericht zur Lage

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Schwestern und Brüder,

die zurückliegenden Kar- und Oster- tage waren in diesem Jahr für uns Chris- ten von zwei Erschütterungen geprägt, deren Bilder noch gegenwärtig sind. Die Wochenzeitung „Christ & Welt“ doku- mentierte sie in der Osterwoche mit Bil- dern der zerstörten Kirchenräume in Paris und Negombo auf Sri Lanka. Am Mon- Prof. Dr. Dr. Thomas Sternberg tag der Karwoche brannte die Kathedrale

Präsident des Zentralkomitees Notre Dame. Am Ostersonntag starben der deutschen Katholiken auf Sri Lanka über 250 Menschen bei Ter- roranschlägen islamistischer Attentäter, die meisten von ihnen während der Oster- liturgie. Drei Kirchen in verschiedenen Tei- len des Landes wurden angegriffen: in der Antonius-Kirche, der St.-Sebastians-Kir- che sowie der Zionskirche starb der Groß- teil der Opfer.

Der Terror gegen unsere Glaubensge- schwister, die das höchste Fest der Chri- stenheit feiern wollten, ist unerträglich. Sie wurden ermordet, weil und während Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz 15

sie ihren Glauben ausübten. Mit ihnen werden viele andere welt- weit wegen ihres christlichen Bekenntnisses verfolgt und drang- saliert. Wir alle fühlen uns betroffen und fühlen die Trauer, Ohn- macht und Verzweiflung der Angehörigen, beten für sie und vergessen sie nicht.

Dass die islamistisch verblendeten Attentäter von Sri Lanka sich auf ihren Glauben berufen, ist eine Pervertierung ihrer wie jeder Religion. Es darf keine Gewalt im Namen Gottes geben. Wir wol- len uns auch weiterhin gemeinsam mit frommen Muslimen der Pervertierung des Islam im islamistischen Terror entgegenstel- len. Religionen dürfen nicht Grund für Terror, sondern müssen Medium seiner Überwindung sein!

Beim Brand der Kathedrale Notre Dame kam niemand zu Tode. Aber der drohende Verlust dieser wunderbaren Kirche erschreckte uns alle. Für die Europäer ist sie ein historisches, kunstgeschichtliches und religiöses Denkmal ersten Ranges. Der französische Staat und viele Spender waren spontan bereit, Ver- antwortung für den Wiederaufbau des Monuments zu überneh- men. Das ist eine eindrucksvolle Erfahrung nationaler und auch internationaler Solidarität. Zugleich gibt es Gelegenheit darauf hinzuweisen, dass im laizistischen Frankreich alle Kirchen, die vor 1903 gebaut wurden, vom Staat unterhalten werden, wäh- rend in Deutschland die Gläubigen selbst ihre Kirchengebäude pflegen und dies dank ihrer Kirchenbeiträge, der Kirchensteuer, auch können.

Synodaler Weg

Die Erschütterungen in unserer Kirche greifen jedoch weit tiefer. Noch nie habe ich eine Situation erlebt, in der die Empö- rung so weit in den Kern unserer Gemeinden reichte. Sie wurde 16 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz

ausgelöst durch die Veröffentlichung der Studie zum sexuel- len Missbrauch im letzten Herbst. Aber das war wohl nur der Tropfen, der eine aufgestaute Verärgerung über ausbleibende Reformen der Kirche zum Überlaufen brachte. Bei unserer letz- ten Vollversammlung nahm dieses Thema breiten Raum ein.

Wir sind uns einig: Nach den Ergebnissen der so genannten MHG-Studie können die systemischen Ursachen des sexuellen Missbrauchs nicht mehr ausgeklammert werden. Aus der Mitte der Vollversammlung wurde ein Text eingebracht und mit großer Mehrheit beschlossen, der für uns die Richtschnur des Agierens in den letzten Monaten war.

Ich erinnere an verschiedene Stationen: Im Februar fand im Vatikan eine Kinderschutzkonferenz statt. In der Medienöf- fentlichkeit wurde diese wichtige Konferenz zunächst schlecht bewertet. Aber erst die Durchführung dieser Konferenz hat die Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs auf die weltkirchliche Agenda gehoben. Es wurde deutlich, dass sexualisierte Gewalt ein globales Problem ist und nicht auf bestimmte Länder und einen bestimmten kulturellen Kontext hin reduziert und relativiert werden kann.

Dass offenbar in manchen Ländern und in nicht geringem Aus- maß auch Ordensfrauen Opfer von sexueller Gewalt geworden sind, ist ein Skandal, den niemand in der Kirche auf sich beru- hen lassen kann. Missbrauch gab und gibt es überall – und lei- der auch überall in unserer Kirche.

Das, was derzeit in vielen Ländern stattfindet, ist ein Kurswech- sel und zugleich eine Kulturveränderung. Ich will mich hier ganz deutlich an die Seite der Bischöfe und Bistumsleitungen stellen, die begriffen haben: Es geht um grundlegende und Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz 17

einschneidende Veränderungen. Die katholische Kirche muss den Ehrgeiz haben, bei Aufarbeitung und Prävention zum Vor- bild für andere zu werden. Wir sind noch nicht an diesem Punkt. So notwendig es aber ist, sexuellem Missbrauch mit lückenlosen Präventions- und Interventionskonzepten zu begegnen: Das reicht allein nicht aus! Es geht darum, unsere Kirche so zu verän- dern, dass sie keinen Nährboden für den Missbrauch bietet.

Fahrt aufgenommen hat seit der letzten Vollversammlung unsere dort bekräftigte, aber schon seit vielen Jahren erhobene Forderung, eine kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit zu errich- ten. Die Bischöfe haben sich dieses schon in dem an sie adres- sierten Anliegen der Würzbirger Synode zu Eigen gemacht. Bei dieser Vollversammlung können wir den Präsidenten des Bun- desverwaltungsgerichts als Referenten zu diesem Thema begrü- ßen. Möglicherweise wird die Frage der kirchlichen Verwal- tungsgerichtsbarkeit eine der ersten sein, bei der wir erleben, dass die Bischöfe endlich vom Reden ins Handeln kommen. Es ist wirklich höchste Zeit!

Ich bekam die Gelegenheit, in Lingen als Gast am Studientag der Bischöfe teilzunehmen. Es ging, ausgehend von der Erschüt- terung durch die Studienergebnisse und dem damit einherge- henden Vertrauensverlust, um die übergreifenden Fragen nach der Macht in der Kirche, nach der priesterlichen Lebensform und der katholischen Sexualmoral. Es war für mich sehr eindrucks- voll, nach den Referaten der eingeladenen Experten die Bischöfe im Austausch zu erleben. Bei der ganz überwiegenden Mehr- heit konnte ich neben einer tiefen Betroffenheit feststellen, dass sie die gegenwärtige Situation als Zäsur wahrnehmen und zu Reformen bereit sind. 18 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz

Betrachten wir exemplarisch nur das verminte Gebiet der kirch- lichen Sexualmoral: Seit 50 Jahren, spätestens seit dem Erscheinen der Enzyklika „Humanae vitae“ 1968 mit dem Verbot der so genannten „künstlichen“ Empfängnisverhütung, hatte sie sich so weit von der Lebenswirklichkeit der Menschen entfernt, dass sie kaum noch auf Akzeptanz stieß und stößt. Der Grund für diesen Autoritätsverlust war nicht die Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Moraltheologie, wie leider ein merkwürdig verfehlter Blick zurück im Zorn des früheren Papstes insinuiert, sondern eine Hierarchie, die glaubte, restriktive Vorschriften für das Leben von längst selbstbestimmten Menschen machen zu können. Die Hierarchie hatte sich selbst ins Abseits manövriert.

Erst Papst Franziskus hat mit seiner Schrift „Amoris laeti- tia“ über die Freude an der Liebe in den Fragen von Sexualität und Partnerschaft erste Schritte der Wiederannäherung an das Lebensgefühl der Gläubigen gemacht. Vielleicht sollte das Lehr- amt zu diesen Fragen einfach eine Zeit lang schweigen und diese Themen der Theologie und dem Glaubenssinn der Gläu- bigen, vor allem den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in ihren hoch geschätzten und wichtigen Ehe-, Familien- und Lebens- beratungsstellen überlassen. Dann könnte es möglicherweise gelingen, im Bereich der Sexualität Vertrauen zurück zu gewin- nen und wirkliche Hilfestellung zu geben.

Dies ist nur ein Beispiel für viele mögliche – daran haben wir ja eindrücklich mit dem Beschluss der letzten Vollversammlung erinnert. Als ich aus Lingen wegfuhr, fragte ich mich: Wie groß wird der Mut der Bischöfe sein, nun die notwendigen Schritte zu gehen? Nur wenig später wurde ich selbst für das ZdK mit dieser Frage konfrontiert. Kardinal Marx informierte mich, bevor er in die Abschlusspressekonferenz ging, über den einstimmigen Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz 19

Beschluss der Vollversammlung, einen „synodalen Weg“ mit dem ZdK gehen zu wollen.

Sie werden sich vorstellen können, dass ich dazu statt einer unmittelbaren Antwort erst einmal eine Reihe von Fragen hatte – und auch jetzt sind längst nicht alle beantwortet. Wir wer- den darüber heute Nachmittag noch ausführlich beraten. Es ist immer noch der Weg zu einem „synodalen Weg“, denn was das ist und werden kann, darüber müssen sich Bischöfe und Laien verständigen. Verbinden sollte uns die Forderung nach Konkre- terem als nur einem Gesprächsprozess.

An dieser Stelle nur so viel: Die Ankündigung in der Pressekon- ferenz nach der Vollversammlung der Bischofskonferenz lau- tete, einen verfassten, transparenten und verbindlichen Prozess unter Mitverantwortung des ZdK zu beginnen, dessen Ergeb- nisse in der Kirche in Deutschland umzusetzen und weitere The- men in Rom gemeinschaftlich vorzutragen. Das ZdK kann sich als Vertretung der Laien dieser Anfrage nicht entziehen und muss sich aktiv und konstruktiv in diesen Prozess einbringen. Dafür stehe ich als Präsident, habe dafür das Votum von Präsi- dium und Hauptausschuss und erbitte in dieser Versammlung Ihre Zustimmung.

Befragung zu Frauen in Leitungspositionen

An dieser Stelle sei ein Projekt genannt, das uns seit der Zeit des überdiözesanen Gesprächsprozesses in den Jahren 2011 bis 2015 beschäftigt. Auf vielen Gebieten blieb dieser Prozess folgenlos, aber es gab auch Fortschritte – so in der Beteiligung von Frauen an kirchlicher Leitungsverantwortung. Bei der Voll- versammlung in Lingen wurden die Ergebnisse einer Untersu- chung vorgestellt, die zeigt, dass sich dank der strukturierten 20 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz

Anstrengungen in vielen Diözesen etwas getan hat – allerdings auch, dass noch viel Luft nach oben ist.

Für das ZdK, die Diözesanräte, katholischen Verbände, Organisa- tionen und Gemeinschaften haben wir 2014 eine eigene Befra- gung durchgeführt – viele von Ihnen werden sich noch daran erinnern. Anfang 2019 fand eine Wiederholungsbefragung statt. Sie wurde im Auftrag und mit Unterstützung des Generalsekre- tariats von Frau Judith Otterbach durchgeführt, der ich dafür herzlich danke. Wir können Ihnen leider wegen der Themenviel- falt dieser Vollversammlung die Ergebnisse der Befragung nun doch nicht hier und heute vorstellen. Wir werden dafür einen geeigneten Rahmen finden, möglichst in einer Vollversammlung.

Die Befragung steht für einen von vielen kleinen Schritten auf dem Weg zu einer geschlechtergerechten Kirche. Denn Kirche, das sind nicht nur die Bischöfe mit ihren großen Bistumsver- waltungen. Das Gesicht unserer Gemeinden ist längst weiblich – ohne die Frauen läuft nichts. Aber Kirche, das sind auch wir in unseren Organisationen, und diese geschlechtergerecht zu gestalten, ist auch ein Auftrag an uns.

Ethische Streitfragen

Ich komme zu einigen nicht weniger drängenden gesellschafts- politischen Fragen. Im Bereich des Schutzes der Menschen- würde und des Lebensrechts sind es aktuell vor allem drei The- men, die sich dynamisch entwickeln und die uns fordern.

Da ist zunächst die geplante Neuregelung der Organspende. In diese Debatte konnten wir uns im Februar dank unseres Arbeits- kreises für politische und ethische Grundfragen unter Leitung von Bettina Jarasch mit einer Stellungnahme einbringen. Ich Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz 21

habe mich auf dieser Grundlage gegenüber den Abgeordneten des Bundestags für einen Ausbau der geltenden Entscheidungs- lösung und gegen die Einführung der doppelten Widerspruchs- lösung ausgesprochen. Voraussetzung für die Organentnahme muss weiterhin eine freiwillige Einwilligung des Spenders oder, falls keine Einwilligung vorliegt, die Zustimmung der Angehö- rigen sein. Die Organspende ist ein freiwilliges Geschenk und muss es bleiben!

Ich teile mit allen, die sich in dieser Debatte engagieren, das Ziel, die Organspendebereitschaft und die Transplantationszahlen zu erhöhen. Das wichtigste Medium hierzu ist das bereits in Kraft getretene neue Gesetz, das die Abläufe in den Kliniken, die Ver- gütung für Organentnahmen und -transplantationen sowie die Identifikation der Spender verbessert. Dazu gehört aber auch, die Zahl der zu Lebzeiten dokumentierten Entscheidungen für oder gegen eine Organspende zu steigern. Auf dieser Linie sehe ich den in dieser Woche vorgestellten Antrag einer fraktions- übergreifenden Gruppe um die Gesundheitspolitikerinnen Karin Maag (CDU), Ulla Schmidt (SPD), Christine Aschenberg-Dugnus (FDP) und die Parteivorsitzenden Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) und Katja Kipping (Die Linke).

Eine weitere ethische Streitfrage, zu der ich schon mehrmals öffentlich Stellung genommen habe, betrifft die Möglichkeiten der Pränataldiagnostik. Ich habe hier vor der Normalisierung einer vermeintlich unkomplizierten Untersuchung gewarnt, die zur Folge haben kann, dass noch weniger Kinder mit dem so genannten Down-Syndrom geboren werden als es schon jetzt der Fall ist. Die Hauptgefahr liegt dabei nicht in dem Bluttest und dem Wissen, das durch ihn gewonnen werden kann. Man darf dieses Thema auch nicht auf die Frage nach der Bezah- lung reduzieren. Das Problem ist vielmehr, dass es zu einem 22 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz

Automatismus kommen kann, die Schwangerschaft bei dem Befund Trisomie 21 nicht fortzusetzen. Solche Automatismen gilt es zu durchbrechen, zum Beispiel durch die stärkere Ver- knüpfung vorgeburtlicher Untersuchungen mit einer unabhängi- gen psychosozialen Beratung. Ich bin froh, dass es in den letzten Wochen immerhin gelungen ist, das mit den Untersuchungen verbundene ethische Dilemma in der Öffentlichkeit und im Bun- destag zum Thema zu machen.

Große Sorgen bereitet uns die Entwicklung in der Diskussion über die organisierte Suizidbeihilfe. Das Bundesverfassungsge- richt hat in der Karwoche an zwei Tagen öffentlich über die Kla- gen gegen die 2015 beschlossene Neufassung des § 217 StGB verhandelt. Vor der damaligen Entscheidung des Gesetzgebers haben wir uns sehr stark in die Debatte eingebracht. Die evan- gelische und katholische Kirche in Deutschland haben sich in bemerkenswerter Einmütigkeit für das Verbot der geschäftsmä- ßigen Suizidassistenz eingesetzt. Dieses Gesetz ist nach unserer Überzeugung keine übergriffige Einschränkung des Selbstbe- stimmungsrechts, wie es häufig auch in den Medien dargestellt wird. Das Verbot der geschäftsmäßigen Suizidbeihilfe schützt kranke, alte und schwache Menschen vor Fremdbestimmung und dem Druck, der droht, wenn die Suizidbeihilfe rechtlich und gesellschaftlich als normal bewertet wird.

Mich hat an der Verhandlung des Verfassungsgerichts erschreckt, dass es von den Befürwortern einer Liberalisierung und offenbar auch von einigen Richtern als Inbegriff mensch- licher Freiheit gewertet wird, mit Hilfe von Ärzten, Sterbehilfe- vereinen oder gar staatlichen Behörden aus dem Leben schei- den zu können. Ja, jeder Mensch hat das Recht auf ein Sterben in Würde – aber die Vorstellung einer Gesellschaft, in der die Selbsttötung als Dienstleistung verfügbar sein muss, hat für Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz 23

mich nichts mit der Achtung der Menschenwürde zu tun. In einer solchen Gesellschaft wird der Menschenwürde ihre Unan- tastbarkeit genommen. Die Selbsttötung ist nicht der Gipfel der Autonomie, sondern deren Auslöschung.

Globale Gerechtigkeit

Ethische Herausforderungen stellen sich nicht nur am Anfang und am Ende des menschlichen Lebens. Schutz und Förderung des menschlichen Lebens müssen für uns auch auf allen ande- ren politischen Gebieten die Richtschnur sein. Papst Franziskus mahnt uns immer wieder, an der Seite der Armen zu leben.

Vor kurzem jährte sich zum sechsten Mal jene Katastrophe in Bangladesch, wo beim Einsturz einer Textilfabrik über tausend Menschen zu Tode kamen und viele weitere schwer verletzt wurden. Sie arbeiteten dort unter unvorstellbaren Verhältnissen, die gegen Menschenrechte verstoßen. Dort wurde hauptsäch- lich Kleidung für den Export produziert, auch für unsere europä- ischen Modefirmen – Kleidung, die wir kaufen und tragen.

Diese Katastrophe ist ein besonders markantes Beispiel dafür, wie unser Wohlstand nicht zuletzt durch Ausbeutung von Men- schen in armen Regionen erwirtschaftet wird. Um daran etwas zu ändern, bedarf es eines langen Atems. Es geht um unser Konsumverhalten, um Bewusstsein für faire Produktionsbedin- gungen und es geht um die Verantwortung der Unternehmen für soziale, ökologische und ökonomische Verbesserungen ent- lang der gesamten Textil-Lieferkette.

Der Bundesminister für Entwicklung und wirtschaftliche Zusam- menarbeit, unser Mitglied Gerd Müller, hat hier einen Schwer- punkt gesetzt. Ab dem kommenden Sommer soll man fair 24 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz

produzierte Kleidung am „Grünen Knopf", einem staatlichen Gütesiegel, erkennen können. Im Juli will der Minister zehn deut- sche Firmen vorstellen, die als erste mit dem Nachhaltigkeits- siegel an den Markt gehen. Solche staatlichen Initiativen geben auch unseren kirchlichen Gruppen Rückenwind, die schon seit vielen Jahren auf diesem Gebiet arbeiten.

Darum war ich alarmiert, als vor einigen Wochen in der Haus- haltsplanung des Bundes für die nächsten Jahre Kürzungen unter anderem in diesem wichtigen Bereich angekündigt wur- den. Nach Jahren des mühsam errungenen Mittelaufwuchses, durch den Deutschland bei den Ausgaben für Entwicklungs- hilfe endlich der 0,7-Prozent-Quote nahekam, zeichnet sich nun ein Rückschritt ab. Ein Kurswechsel würde dafür sorgen, dass Gelder fehlen, die dringend zur Armutsbekämpfung und zur Schaffung von dauerhaften Perspektiven für die Menschen in den Ländern des globalen Südens benötigt werden. Wie schon oft in der Vergangenheit ist es leider wieder an der Zeit, dass wir die Einhaltung des 0,7-Prozent-Ziels anmahnen müssen. Nicht zuletzt handelt es sich dabei um einen wichtigen Beitrag zur Ver- besserung in den Herkunftsländern vieler Flüchtlinge.

Diskussionsimpuls zur Reform der Gemeinsamen europäischen Agrarpolitik

Auch in der Landwirtschaftspolitik geht unser lokales Han- deln mit globaler Verantwortung einher. Landwirtschaft ist in Deutschland zu einem gesellschaftlich hochstrittigen Themen- komplex geworden. Ich nenne als Stichworte nur Artenschutz, Tierwohl, Pestizide, Nitrat im Grundwasser, Milchpreisverfall, Höfesterben. Gleichwohl befinden sich die Stellschrauben für Veränderungen zum großen Teil nicht auf regionaler oder natio- naler, sondern auf der europäischen Ebene. Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz 25

Eine im Juli 2018 einberufene ZdK-Arbeitsgruppe unter der Lei- tung der Sprecherin des Sachbereichs „Nachhaltige Entwick- lung und globale Verantwortung“, Dr. Barbara Hendricks, hat anlässlich der Reform der Gemeinsamen europäischen Agrarpo- litik einen Diskussionsimpuls „Für eine nachhaltige und gerechte Landwirtschaft“ erarbeitet. Diesen Text, dem der Hauptaus- schuss im März zugestimmt hat, haben Sie bereits erhalten. Ich danke den Mitgliedern der Arbeitsgruppe für dessen Erar- beitung. Frau Dr. Hendricks wird ihn im Anschluss an meinen Bericht kurz vorstellen.

Wir alle sind von der Arbeit der Landwirte in Europa abhängig. Daher halte ich es für besonders wichtig, den Frauen und Män- nern, die in der Landwirtschaft tätig sind, unseren Respekt aus- zusprechen. Im letzten Hitze- und Dürresommer wurden die großen Herausforderungen, vor denen die Landwirtschaft steht, unmittelbar spürbar. Und die Prognosen für den kommenden Sommer deuten auf ähnlich heiße Monate wie im vergangenen Jahr. Eine Anpassung an die Folgen des Klimawandels ist für die Landwirte wie für die Verbraucher von großer Bedeutung. Das Ziel muss eine ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltige Landwirtschaft sein.

In diesen Monaten erleben wir, wie die Sorge angesichts der Erderwärmung und der Ruf nach einer konsequenten Politik des Klimaschutzes viele junge Menschen mobilisiert und auf die Straßen bringt. Der Klimaschutz muss wie der Artenschutz in der künftigen Förderperiode der Europäischen Union stärkere Berücksichtigung erfahren. 26 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz

Europa vor der Wahl

Die Agrar- und die Klimapolitik sind nur zwei Beispiele für die Rolle und Bedeutung, die die Europäische Union für unser Leben und unser Land hat. Wenn wir in zwei Wochen die neue Zusam- mensetzung des Europäischen Parlaments bestimmen, geht es auch darum, wie solche Sachfragen künftig behandelt werden. Wir werden im Anschluss noch ausführlich von der Weichen- stellung hören, die diese Wahl für den künftigen Weg der Euro- päischen Union hat. Dies will ich an dieser Stelle nicht vorweg- nehmen. Ich möchte nur auf zwei weitere offene Wunden in Europa hinweisen:

Auch wenn uns die Bilder kaum noch erreichen, ertrinken wei- terhin Menschen auf der Flucht vor Bürgerkrieg, Verfolgung und Hunger im Mittelmeer. Dies bleibt ein Skandal und darf uns nicht gleichgültig sein. Die politische Debatte über Flücht- linge ist in den vergangenen Jahren oft erschreckend gewe- sen, und wir mussten gerade bei dieser Frage auch feststellen, wie die Staaten Europas sich fremd wurden und nicht solida- risch füreinander und für den gemeinsamen Anspruch der Men- schenwürde einstehen. Was ist aus Italien geworden, wo man so lange vorbildlich geholfen hat und wo sich nun der Innenmi- nister mit der Zurückweisung von Menschen in Seenot brüstet?

Wir, die christlichen Frauen und Männer in den europäischen Staaten, müssen uns weiterhin für eine humane und gerechte Lösung in der EU einsetzen, den Flüchtenden zu helfen und die Fluchtursachen zu minimieren. Dazu gehört auch eine ehrliche Debatte über die Verteilung der Asylbewerber in Europa. Wenn wir die Mittelmeeranrainer weiterhin mit dem Problem alleine lassen, öffnen wir Populismus und Extremismus die Tore. Den Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz 27

können wir nicht nur Osteuropa, sondern auch in Italien und jüngst in Spanien beobachten.

Eine Entfremdung ist im deutsch-polnischen Verhältnis fest- zustellen. Gerade die Aussöhnung mit Polen führte in den ver- gangenen 50 Jahren zu einer Annäherung, die nach 1945 völlig unvorstellbar erschien. Wir müssen uns alle nach unseren Kräf- ten und Möglichkeiten dafür einsetzen, dass auch in einer poli- tisch schwierigen Phase der Gesprächsfaden zwischen Deut- schen und Polen nicht abreißt. Persönliche Kontakte sind die Grundlage. Hier sind wir als Katholikinnen und Katholiken in bei- den Ländern besonders gefragt.

Es ist unsere Wahl in zwei Wochen, und es ist auch unsere Ver- antwortung, was aus dem gemeinsamen Europa wird!

Vorbereitung zum 3. ÖKT auf gutem Weg

Wie Sie wissen, sind wir auf dem Weg zum Dritten Ökume- nischen Kirchentag, der in zwei Jahren gar nicht weit von hier in Frankfurt stattfinden wird. Am 7./8. Dezember des letzten Jah- res hat sich das Gemeinsame Präsidium in Frankfurt konstituiert. Die zweite Präsidiumssitzung folgte am 29./30. März in Sieg- burg. Inzwischen haben wir uns kennen gelernt und das Ver- trauen zueinander verstärkt oder aufgebaut. In Siegburg haben wir uns grundsätzlich zum Thema „Abendmahl und Eucharistie“ ausgetauscht, ein Thema, das nicht nur unseren evangelischen Glaubensgeschwistern besonders wichtig ist. Wichtig bleibt, dass wir gemeinschaftlich auftreten. Dazu gehört für uns Katho- liken auch die Anfrage: Wie wollen wir überzeugend ökume- nisch sein, wenn wir im Innern unserer Kirche zerstritten sind? Ich denke da nicht zuletzt an die infamen Angriffe auf unseren Papst aus dem Vatikan und darüber hinaus. 28 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz

Wir haben uns im Gemeinsamen Präsidium mit der Frage befasst, welche Hauptthemen das Programm prägen sollen. Wir sind zwar noch nicht zu druckreifen Formulierungen gelangt, aber wir können vier Richtungen benennen: Ein Schwerpunkt wird auf Fragen des Glaubens und der Spiritualität liegen. Das Zusammenleben zwischen Konfessionen, Religionen und Natio- nen, zwischen den Geschlechtern und Generationen im bunten Frankfurt wird ein weiterer sein. Ein dritter ist der Komplex der internationalen Verantwortung vom Klimawandel bis zum fairen Handel. Und ein vierter Themenschwerpunkt wird in der Finanz- metropole Frankfurt den Stichworten Geld, Herrschaft und Macht gewidmet sein. Im nächsten Gemeinsamen Präsidium im Oktober werden wir diese Themenbereiche in einem großen Themenkonvent weiter konkretisieren. Dann werden wir auch die Veranstaltungsformate festlegen und zu klären haben, wie wir die Expertise und den Mitgestaltungswillen der katholischen Räte, Organisationen, Gemeinschaften und Verbände integrieren können.

Eine besondere Form der Partizipation, zu der ich Sie hier und heute schon ermuntern möchte, wird die Suche nach einem Leitwort für den 3. ÖKT sein. An dem Verfahren, wie das ganz konkret geschehen soll, wird im Moment noch gefeilt. Sie wer- den in Kürze angeschrieben und um Vorschläge gebeten wer- den. Bitte beteiligen Sie sich!

Zum Schluss

Schwestern und Brüder, in den letzten Monaten hatten wir als Kirche aus nachvollziehbaren Gründen keine gute Presse. Zu den vielen belastenden Meldungen der letzten Zeit gehörte auch das Ergebnis einer Langzeitprognose über Mitglieder und Finanzen der Kirchen. Es deprimiert, wenn man hört, dass sich bis 2060 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz 29

unsere Zahlen halbieren werden, wenn die Entwicklung so wei- tergeht, wie sie zurzeit läuft. So erschreckend aber die Zah- len sein mögen: Machen wir uns bewusst, dass wir uns letzt- lich nicht für einen Verein einsetzen, sondern Zeugnis geben für den Glauben an Jesus Christus, der unser Leben trägt und der über die Generationen nur erhalten wird in der Gemeinschaft der Glaubenden.

Und wenn wir einmal die Perspektive verändern und – wie wir das 2016 beim 100. Katholikentag in Leipzig getan haben – auf Aufbrüche achten, dann freue ich mich über die 50 Erwachse- nen, die sich Ostern im Bistum Dresden haben taufen lassen. Sie geben Mut und Zuversicht, so wie die Vielen, Frauen und Män- ner, Laien und Kleriker, die sich engagieren in ihren Gemein- den und Verbänden, in sozialen Projekten und Einrichtungen, in Politik und Gesellschaft – die die ihr Christentum als Dienst begreifen.

Wir wollen Menschen für unsere Kirche begeistern, evangelisie- ren. Wir wollen mitwirken an der Einheit dieser Kirche innerhalb unseres Landes und international. Evangelisieren kann aber nur eine zeitgemäße Kirche, eine Kirche der Partizipation, eine von Männern und Frauen gestaltete Kirche!

Lassen Sie mich abschließend einen Dank aussprechen: unser Generalsekretär Dr. Stefan Vesper hat sich auf meinen und den Wunsch des ganzen Präsidiums bereit erklärt, in dieser turbu- lenten Phase seinen Dienst über den angekündigten Termin hinaus bis zum Ende dieses Jahres fortzusetzen. Dafür danken wir ihm von Herzen! Und nun freue ich mich auf die Aussprache und danke für die Aufmerksamkeit.

30 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz

2.2. „Der Synodale Weg” –

Einführungsrede im Rahmen der Vollversammlung des Zen- tralkomitees der Deutschen Katholiken am 10. Mai 2019

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Schwestern und Brüder,

wenn wir heute darüber beschließen, dass sich das ZdK am sogenannten „Synodalen Weg“ beteiligt, dürfen wir eines unter gar keinen Umständen ver- gessen: Ohne den Skandal der sexuali- sierten Gewalt und des Missbrauchs gäbe es dieses Format – zu dieser Zeit und unter unserer Beteiligung – nicht.

Wolfgang Klose Die Tatsache, dass die heilige katholische

Vizepräsident des Zentralkomi- Kirche als System einen Anteil an der per- tees der deutschen Katholiken sönlichen Schuld der Täter hat, verurs- acht Hilflosigkeit bei den kirchlichen Ver- antwortungsträgern. Das verlangt eine Bewältigung differenzierter Aufgaben. Im Zentrum aller Bemühungen müssen die Betroffenen stehen; ihnen muss mit allen möglichen Mitteln Gerechtigkeit zuteil werden. Erst in zweiter Instanz geht es um die Kirche selbst. In beiden Bezügen Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz 31

sind „besondere Vorgehensweisen“, wie Kardinal Marx in Lingen sagte, erforderlich.

Die globalen Ausmaße des Missbrauchs stellen der katho- lischen Kirche ein katastrophales Selbstzeugnis aus. Und dabei hat sie sich nicht nur an Menschen schuldig gemacht, sie hat auch gegen Gott gesündigt. Wenn sie solchermaßen das Evan- gelium verdunkelt, kann ihr Weg nur Umkehr sein (vgl. Mk 1,15). Auch dazu hat Kardinal Marx eindringliche Worte gefunden. Er hat von einem „nötigen Machtabbau“ gesprochen; dass „freie und offene Debatten“ ermöglicht werden sollen, um „neue Posi- tionen zu beziehen und neue Wege zu gehen“. Dieser Weg soll „verbindlich“ und „synodal“ gegangen werden.[1] Es ist der fäl- lige Weg zu den tiefenwirksamen Veränderungen, die der Prä- sident im Bericht zur Lage bereits angemahnt hat. Es ist die überlebenswichtige „Nagelprobe“, die unser Beschluss vom ver- gangenen November markiert hat. Es ist der Weg zu Reformen.

Unser Appell wurde gehört und ernst genommen. Die DBK ist bereit, „mit engagierten Laien“ und in „Gremien der Mitverant- wortung die anstehenden Fragen zu beraten und Konsequenzen zu ziehen“. Wir sind eingeladen, die Reformen mit zu gestalten und wir sind bereit dazu. Das haben wir im November auf der VV[2] gesagt und das hat unser Präsident im März noch einmal der DBK gegenüber bekräftigt[3].

Es gibt aber Bedingungen zu einer Beteiligung. Die erste Bedin- gung setzt einen Akzent auf die zu ziehenden Konsequenzen! Ergebnisloses Reden hatten wir leider bereits zur Genüge im sog. „Dialogprozess“. Ich war die ganze Zeit mit dabei und so 32 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz

etwas sollten wir uns nicht noch einmal antun. Es muss allen Beteiligten klar sein, dass am Ende dieses „synodalen Pro- zesses“ nicht das herauskommen kann, was vorne reingescho- ben wurde. Das gemeinsame Ziel müssen nachhaltige Verän- derungen sein, die eine lebendige Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland ermöglichen. Ich erwarte darum wirkliche Reformen und keine neuen Frustrationen!

Das heißt, unsere Bedingung muss die oft genannte „Augen- höhe“ sein. Davon dürfen wir nicht abweichen, wenn wir unsere Rolle verantwortungsvoll ausführen wollen. Ein schüchterner Blick oder ein kurzes Blinzeln reicht nicht mehr. Es brauch ein geschwisterliches und permanentes Miteinander, das gemein- same Leitung und Verantwortung ebenso wie Entscheidungs- kompetenz beinhaltet.

So führt die erste Bedingung in die zweite ein: sie betrifft die Gestaltung des Prozesses. Erste Ideen dazu wurden bereits in Lingen von den Bischöfen auf den Weg gebracht. Sie haben den Aufschlag gemacht: „Wir werden Formate für offene Debatten schaffen und uns an Verfahren binden, die eine verantwortliche Teilhabe von Frauen und Männer aus unseren Bistümern ermög- lichen. Wir wollen eine hörende Kirche sein. Wir brauchen den Rat von Menschen [auch] außerhalb der Kirche. […] Geeignete Formate zur Klärung von Neuausrichtung und Veränderung wer- den wir in diesem Jahr bei der Vorbereitung des synodalen Pro- zesses suchen.“[4] – Genau darum geht es jetzt! Wir müssen den Ball annehmen und endlich gemeinsam spielen.

Wir befinden uns auf dem Weg zum „Synodalen Weg“. Wenn wir gleich förmlich beschließen, dass wir diesen Prozess mitma- chen wollen, geht es in der Folge darum zu verhandeln, wie der Prozess aussehen kann. Wir müssen dann aus dem Hin und Her Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz 33

einen gemeinsamen Rhythmus machen. Machen wir uns nichts vor: natürlich wird dabei auch gestritten! Ich bitte sogar darum. Es soll aber ein gutes Streiten sein, nicht gegen- sondern mitei- nander im Bemühen um Einheit.

Wir dürfen das ganz selbstbewusst angehen und brauchen uns nicht verstecken. Wir bringen ordentliche Pfunde mit, mit denen wir wuchern können. Wir sind bereits ein „synodales“ Gre- mium und haben Erfahrungen aus einer 150jährigen Praxis. Wir sind eine große Organisation, die Millionen von Stimmen in die Debatten trägt und wirksam werden lässt. Wir haben eine rei- che Beschlusslage mit vielen inhaltlichen Akzenten erarbeitet. Wir haben sehr viele fähige Leute, die unsere Kriterien umsetzen können.

Machen Sie sich bitte auch eines bewusst: eine Menge von dem, was wir seit Jahren für unsere Kirchen fordern, befin- det sich gerade in der Umsetzung begriffen. Die Aktualität von „Synodalität. Strukturprinzip kirchlichen Handelns“, unserem weitreichenden Beschluss von 2016, war nie größer.

Dort wird eine ganz wichtige, sehr kritische Rückfrage gestellt: „Ist es angemessen, nur solche Themen zu beraten, die auf orts- kirchlicher (diözesaner) Ebene entschieden werden können?“ Es ist nicht angemessen die weltkirchliche Ebene als Entschuldi- gung zu gebrauchen, sich konkreten Problemstellungen vor Ort nicht umfassend zu stellen! Das darf nicht zur Schutzbehaup- tung werden. Vielmehr verwirklicht sich die universale Kirche doch in den Ortskirchen; sie lebt von den Impulsen derjenigen Menschen, die versuchen das Evangelium Jesu in ihren kon- kreten Situationen darzustellen. 34 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz

Das passiert überall auf der Welt. Ein prominentes Beispiel sind unsere Schwestern und Brüder in Amazonien, die im kommen- den Oktober ebenfalls um lokale Klärungen für ihr Glaubensle- ben ringen. Das ist doch der Markenkern: die Liebe Gottes unter die Menschen zu tragen, Zeugnis davon zu geben und Lebens- möglichkeiten zu schaffen. Das muss Kirche an verschiedenen Orten unter verschiedenen Bedingungen tun. Diese Ungleichzei- tigkeit müssen wir aushalten lernen.

Unsere Pfunde gilt es nun aktiv und konstruktiv einzubringen. Vor diesem Hintergrund müssen wir die Zäsur jetzt so mitge- stalten, dass nachhaltige und tiefenwirksame Reformen in Gang kommen. Wenn wir entschlossenes gemeinsames Handeln jetzt fordern, dürfen wir uns der Bitte um Hilfe nicht verweigern! Die Fragen, die gestellt sind, sind auch unsere Fragen; darum neh- men wir den Gestaltungsauftrag an, weil wir Lösungen dazu anbieten.

Ich danke Ihnen und wünsche uns gute Beratungen! Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz 35

[1] Vgl. dazu den Pressebericht des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferez, Kardinal Reinhard Marx, anlässlich der Pressekonferenz zum Abschluss der Frühjahrs-Vollversamm- lung der Deutschen Bischofskonferenz am 14. März 2019 in Lingen [PK-Lingen].

[2] Vgl. „Entschlossenes gemeinsames Handeln, jetzt!“, Vollver- sammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken am 23./24. November 2018 in Bonn, Bad-Godesberg

[3] Vgl. dazu die Meldung auf www.zdk.de

[4] PK-Lingen 36 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz

2.3. Synodaler Weg – Leitantrag des Präsidiums

1. Aktuelle Entwicklung

Die Deutsche Bischofskonferenz hat sich in ihrer Vollversamm- lung in Lingen vom 10. bis 12. März 2019 mit 62 Ja-Stimmen und vier Enthaltungen für einen gemeinsam mit dem ZdK durch- zuführenden „Synodalen Weg“ zur Befassung mit drei Themen- komplexen in Konsequenz der strukturellen Veränderungen als Ergebnis der MHG-Studie zum Missbrauch im Raum der Kirche entschieden.

Kardinal Reinhard Marx sagte in seiner Pressekonferenz zum Abschluss der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonfe- renz in Lingen nach telefonischer Abstimmung mit dem Präsi- denten des ZdK am 11. März 2019:

„Die Missbrauchsstudie und in ihrer Folge die Forderung Vie- ler nach Reformen zeigen: Die Kirche in Deutschland erlebt eine Zäsur. Der Glaube kann nur wachsen und tiefer werden, wenn wir frei werden von Blockierungen des Denkens, der freien und offenen Debatte und der Fähigkeit, neue Positionen zu beziehen und neue Wege zu gehen.

Die Kirche braucht ein synodales Voranschreiten. Papst Fran- ziskus macht dazu Mut. Und wir fangen nicht am Nullpunkt an. Die Würzburger Synode (1972 bis 1975) und auch der Gespräch- sprozess der vergangenen Jahre haben den Boden bereitet, auch für viele Herausforderungen von heute. Einstimmig haben wir beschlossen, einen verbindlichen synodalen Weg als Kir- che in Deutschland zu gehen, der eine strukturierte Debatte Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz 37

ermöglicht und in einem verabredeten Zeitraum stattfindet und zwar gemeinsam mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken.

Wir werden Formate für offene Debatten schaffen und uns an Verfahren binden, die eine verantwortliche Teilhabe von Frauen und Männern aus unseren Bistümern ermöglichen. Wir wollen eine hörende Kirche sein. Wir brauchen den Rat von Menschen außerhalb der Kirche.

Daher benenne ich die drei Punkte, die beim Studientag eine Rolle spielten und um die es gehen wird: […] Geeignete For- mate zur Klärung von Neuausrichtung und Veränderung wer- den wir in diesem Jahr bei der Vorbereitung des synodalen Prozesses suchen. Dazu gehören bereits jetzt auf der Vollver- sammlung verabredete Foren, die sich den zuvor genannten drei Punkten widmen werden:

• Das Forum „Macht, Partizipation, Gewaltenteilung“,

• das Forum „Sexualmoral“

• und das Forum „Priesterliche Lebensform“.

Einen Zwischenbericht werden wir bei einer Konferenz am 13. und 14. September 2019 in einer gemeinsamen Zusammenkunft von Bischöfen, Mitgliedern des Zentralkomitees der deutschen Katholiken und weiterer Personen geben. Bis dann werden auch Zeitpunkt und Dauer der strukturierten Debatten klar sein. 38 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz

2. Die Reaktion des ZdK

Präsident Thomas Sternberg, der zu Teilen der DBK-Vollver- sammlung eingeladen war, hat in einer Pressemeldung vom 14. März 2019 auf diesen Beschluss positiv reagiert, aber zugleich eine Bedingung angegeben:

„Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Prof. Dr. Thomas Sternberg, begrüßt den einstimmigen Beschluss der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonfe- renz in Lingen, gemeinsam mit dem ZdK einen synodalen Pro- zess zu den Fragen nach dem Umgang mit Macht in der Kirche, nach der Zukunft der priesterlichen Lebensformen und der Wei- terentwicklung der kirchlichen Sexualmoral durchzuführen.

Wir stehen bereit, mit den Bischöfen in der Gemeinsamen Kon- ferenz und der Tagung im September dieses Jahres, die Vor- bereitung zügig voranzubringen, wenn der Wille zu wirklicher Veränderung erkennbar wird. Ich danke dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Kardinal Marx, und allen Bischöfen für die Bereitschaft einen verfassten, transparenten und verbind- lichen Prozess unter Mitverantwortung der Laien zu begin- nen, die Ergebnisse in der Kirche in Deutschland umzusetzen und weitere Themen gegebenenfalls in Rom gemeinschaftlich vorzutragen.“

Der Hauptausschuss hat in seiner Sitzung vom 22. März 2019 das Thema unter dem TOP 4. „Entschlossenes gemeinsames Handeln jetzt! – zur Nach- und Weiterarbeit im Sinne des Beschlusses der Vollversammlung und zum Vorschlag der Deut- schen Bischofskonferenz zu einem ‚Synodalen Weg‘“ beraten und folgenden Beschluss gefasst: Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz 39

In die Foren des „Synodalen Wegs“ sollen Personen zur Vor- bereitung eines verbindlichen Formats der entscheidungsbezo- genen Zusammenarbeit berufen werden. Es soll keine Doppel- strukturen im Hinblick auf die Gemeinsame Konferenz geben, vielmehr ist eine Klärung erforderlich, wie die Prozesse rund um den „Synodalen Weg“ mit der Gemeinsamen Konferenz zusam- menhängen. An diesem Prozess soll sich das ZdK gleichberech- tigt auf Augenhöhe beteiligen. Die Geschäftsordnung muss gemeinsam von ZdK und DBK erarbeitet werden.

3. Der Kontext

Die aktuellen Pläne zu einem „Synodalen Weg“ stehen in einem umfangreichen Kontext, an den hier exemplarisch erinnert wer- den soll.

• Im Abschlussbericht des überdiözesanen Gesprächspro- zesses „Im Heute glauben“ 2011-2015 hieß es: „Wie aber kann der begonnene Prozess des Dialogs fortgeführt wer- den? Wie können Verlässlichkeit und Verbindlichkeit sicher- gestellt und ein strukturiertes Miteinander künftig gewähr- leistet werden? […] Unser Weg als Kirche kann erfolgreich sein, wenn es gelingt, die Verkrustungen aufzubrechen, die das kirchliche Leben auf allen Ebenen durchziehen, und die Energie und die Potenziale freizusetzen, die es in unserer Kir- che auch heute in reichem Maße gibt. […] die Schätze, mit denen ein neuer Aufbruch in der Kirche gelingen kann.“

• Im November 2016 beschloss die ZdK-Vollversammlung die Erklärung „Synodalität. Strukturprinzip kirchlichen Han- delns“ und formulierte, Synodalität sei „als eine Grundhal- tung bei Beratungen sowie in Entscheidungsprozessen zu betrachten“, die „ergebnisoffen“ und „kommunikativ“ unter 40 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz

Einbezug des Glaubenssinns aller Glaubenden (sensus fide- lium) „im Rahmen der Gegebenheiten nach der besten pastoralen Praxis sucht“;

• Der Beschluss der ZdK-Vollversammlung „Entschlossenes gemeinsamem Handeln, jetzt!“ vom November 2018 hält fest: „Nur ein Aufbrechen von Machtstrukturen wird zu einer notwendigen und grundlegenden innerkirchlichen Reform führen. Der mehrjährige Gesprächsprozess ‘Im Heute glau- ben‘ hat leider bisher nicht zu notwendigen Veränderungen und entsprechenden Konsequenzen geführt. […] Das ZdK ist bereit, sich in den notwendigen Reformprozessen engagiert einzubringen. Eine Besänftigungs- und Beschäftigungsthera- pie für das Volk Gottes ist jedoch nicht angesagt.“

• Dieser Beschluss als ganzer ist die Grundlage einer Beteili- gung des ZdK am „Synodalen Weg“. Exemplarisch sei erin- nert an die Kernforderungen:

• Trennung von Exekutive und Judikative im Kirchen- recht. Wir fordern eine unabhängige kirchliche Verwal- tungsgerichtsbarkeit für den Bereich der Deutschen Bischofskonferenz.

• Um eine umfassende Transparenz zu schaffen und der von Papst Franziskus beschriebenen Klerikalisierung ent- gegenzuwirken ist eine gleichberechtigte Teilhabe von Laien und Geweihten an Leitung von Kirche zu schaffen.

• Frauen und Männer in Kirche gleich zu stellen und daher Frauen Zugang zu allen kirchlichen Ämtern zu gewähren. Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz 41

• Sich aktiv dafür einzusetzen, den Pflichtzölibat abzuschaffen.

• In der kirchlichen Sexualmoral die vielfältigen Lebens- formen und Lebenswirklichkeiten positiv anzuerkennen.

• Entwicklung einheitlicher Standards bei der Ausbildung für den priesterlichen Dienst auf der Ebene der Deut- schen Bischofskonferenz.

• die Verantwortung und Entscheidungskompetenz aller Getauften und Geweihten auf allen Ebenen für die Kirche zu verwirklichen.

4. Zum Zeitablauf:

Nach Beratungen im Präsidium und im Hauptausschuss hat das Präsidium ZdK-Mitglieder für die Foren benannt. Zwischenzeit- lich hat die Arbeit in den Foren begonnen bzw. erste Termine sind festgelegt.

Aus dem ZdK wirken derzeit in den Foren mit bzw. sind ange- fragt (in der Startphase ist manches noch im Fluss):

Forum Macht/Partizipation/Gewaltenteilung:

Dr. Christoph Braß, Luisa Fischer, Dr. Claudia Lücking-Michel, Prof. Dr. Thomas Söding

Forum Sexualmoral:

Thomas Andonie, Wolfgang Klose, Lisi Maier, Birgit Mock, Dr. Irme Stetter-Karp 42 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz

Forum Priesterliche Lebensform:

Ursula Becker, Stephan Buttgereit, Michaela Labudda, Prof. Dr. Joachim Söder

Für die noch einzurichtende oberste Leitungs- bzw. Steuerungs- gruppe des „Synodalen Weges“ sind Präsident Thomas Stern- berg und Vizepräsidentin Karin Kortmann vorgesehen.

Die jetzige Phase ist als eine Vorphase des „Synodalen Weges“ zu verstehen.

Die Kompetenzen, Zuständigkeiten, Rollenverständnisse und Entscheidungsbefugnisse sowie die Geschäftsordnung und der kirchenrechtliche Status des „Synodalen Weges“ sind bislang noch nicht geklärt. Das „Design“ des „Synodalen Weges“ ist Gegenstand weiterer Beratungen, wobei es Konsens ist, dass der „Synodale Weg“ aus mehreren größeren Versammlungen, zwischenzeitlichen Hearings, einem Zeitrahmen von etwa zwei Jahren und einem öffentlichen, transparenten, partizipativem und ergebnisbezogenen Verlauf bestehen soll.

Die gemeinsame Durchführung mit dem ZdK ist zugesagt. Eine gemeinsame Arbeitsgruppe aus Arbeitsebene ist eingerichtet. Sie soll Vorschläge für den Modus des synodalen Prozesses, den Zeitplan, die Sicherung gleichberechtigter Entscheidungskom- petenzen auf allen Ebenen und einer Verbindlichkeit der Ergeb- nisse machen sowie in der aktuellen Startphase die Ungleichzei- tigkeiten paralleler Prozesse einfangen. Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz 43

Die ersten Schritte waren und nächsten Schritte sind:

16. April Gespräch zwischen DBK und ZdK; erste Eckdaten, Einsetzung einer gemein- samen Vorbereitungsgruppe

29. April Ständiger Rat der DBK

10./11.Mai ZdK-Vollversammlung, anschl. Fortset- zung der Vorbereitungsarbeit. Entwicklung einer „Ordnung“, genauerer Zeitplan, inhalt- liche und organisatorische Klärungen

24. Juni Ständiger Rat der DBK, Entgegennahme Zwischenstand (dann fortlaufend)

5. Juli Gemeinsame Konferenz, Entgegennahme Zwischenstand (dann fortlaufend) und 1. Lesung einer Ordnung, Zeit- plan, weitere Klärungen

11./12. Juli Präsidiums- und Hauptausschusssit- zung des ZdK, Entgegennahme Zwi- schenstand (dann fortlaufend)

13./14. Sept. Erweiterte Gemeinsame Konferenz, (Doppelte Mitgliederzahl, das bedeutet jeweils 20 und 20, erweitert um Gäste, 2. Lesung der Ordnung, Zeit- plan, weitere Klärungen)

Abschließende Klärungen und Beschlüsse: 44 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz

23.-26. Sept. DBK-Vollversammlung

18. Okt. ZdK-Hauptausschuss

22.-23. Nov. ZdK-Vollversammlung

Voraussichtlich:

1. Dez./1.Adv. Beginn des „Synodalen Wegs“.

# Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz 45

2.4. „Europa wählen. Demokratie stärken.“

Rede zur Begründung des gleichnamigen Antrags im Rah- men der Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken am 10. Mai 2019

Politiker stilisieren gern jede bevorste- hende Wahl als eine Schicksalswahl und verweisen darauf, dass ausgerechnet die nächste Wahl eine ganz besondere sei. Durch den häufigen Gebrauch nutzt sich diese Charakterisierung allerdings ab. Dennoch: In der gegenwärtigen Situation ist es von hoher Bedeutung, das künftige europäische Parlament mit einem starken und breiten Votum zu stärken.

Verglichen mit früheren Jahrzehnten ist Europa – auf den ersten Blick – in einer Dr. Karlies Abmeier guten Verfassung: es gibt keine Kriege Leiterin des Teams "Religions-, mehr in dem Europa, das wir gemeinsam Integrations- und Familien- politik der Konrad-Adenauer aufgebaut haben. Die friedensstiftende Stiftung und Mitglied beim Kraft der Europäischen Union wirkt und ZdK-Hauptausschuss sie ist attraktiv für weitere Anwärter. Die Demokratie hat sich in Europa bewährt. Überall bestehen Regierungen, die aus demokratischen freien Wahlen hervorge- gangen sind. 46 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz

Aber das ist – auf den zweiten Blick – gegenwärtig in einzel- nen Ländern nicht mehr so selbstverständlich. Rechtstaatlich- keit und Medienfreiheit erscheinen gefährdet. Das Aufkommen populistischer Kräfte, die nur die Interessen des eigenen Lan- des in den Mittelpunkt stellen, beunruhigt. Da heißt es nur noch: „My country first“. Das Gemeinsame, das alle Europäer Verbin- dende, wird von diesen Kräften nicht mehr gesehen.

Auf diese Entwicklungen angesprochen hat Bundespräsident Steinmeier kürzlich in einem Interview für eine hohe Wahlbeteili- gung geworben. Er sprach von einer „Mobilisierung der Freunde Europas“.

Diesen Ansporn wollen wir mit unserem Aufruf, der Ihnen zur Beratung vorliegt, beherzigen.

Die Bedingungen für eine solche Mobilisierung haben sich in den vergangenen Jahren stetig verbessert. Ein Beispiel sind Demonstrationen des „Pulse of Europe”, wo sich Menschen zusammenschließen und für die Errungenschaften Europa demonstrieren.

Ein weiteres Beispiel war die lebendige europapolitische Debatte, die die beiden Spitzenkandidaten Frans Timmermans und Manfred Weber mit europäischen Themen im deutschen Fernsehen ausgetragen haben.

Ein starkes Zeichen ist der gemeinsame Wahlaufruf aller gewähl- ten Staatsoberhäupter in der Europäischen Union. Dieses Doku- ment, das gestern in verschiedenen europäischen Tageszei- tungen veröffentlicht wurde, ist erstmalig und betont: „Europa ist die glücklichste Idee, die wir je hatten“. Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz 47

Fortschritte zu einem europäischen Bewustsein zeigen sich auch in den Wahlaufrufen, die katholische Verbände und Diöze- sanräte erstellt und verbreitet haben. Sie können sie unter dem Label „Europa stimmt“ auf der gleichnamigen Seite des ZdK nachlesen. Hier zeigt sich eine breite Argumentation für Europa. Die Statements beleuchten aus verschiedenen Perspektiven die Vorzüge Europas und seine Werte. Sie nennen Gründe, warum es wichtig ist, für ein gemeinsames demokratisches Europa zum Wohlergehen aller zu streiten.

Im Sinne einer gemeinsamen europäischen Öffentlichkeit möchte ich besonders den Wahlaufruf von IXE hervorheben, der „Initiative von Christen für Europa”. IXE wird auch vom ZdK mit- getragen und umfasst nationale katholische Laienorganisationen und europäische katholische Verbände. Zwar hat es schon bei früheren Europawahlen einen solchen Aufruf gegeben, aber in diesem Jahr hat er viel mehr Menschen in allen Mitgliedsstaaten erreicht. Der Kreis derer, die unterschrieben haben, reicht von Polen bis Frankreich, von Lettland bis Spanien. Der Aufruf zeigt, dass es zu unserm christlichen Selbstverständnis gehört, uns für Europa einzusetzen. Er zeigt, Christen ziehen an einem Strang. Und sie tun das auch in Ländern und Debatten, in denen die gemeinsame europäische Identität in Frage gestellt oder instru- mentalisiert wird.

Nur gemeinsam werden wir Europäer die großen Themen in Zeiten der Globalisierung lösen können, Bewahrung der Schöp- fung, Digitalisierung, Friedenssicherung weltweit und Migra- tion. Selbst Deutschland oder Frankreich allein ist zu klein. Wir sind auf einem gemeinsamen Weg. Ihn gilt es mit einem starken Votum zu stützen. 48 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz

Deswegen bitte ich Sie dem Aufruf zuzustimmen und später zu verbreiten, damit unser christliches Engagement für Europa in der Gesellschaft deutlich wird. Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz 49

2.5. „Europa wählen. Demokratie stärken.“

Impulsreferat im Rahmen der Vollversammlung des Zentral- komitees der deutschen Katholiken am 10. Mai 2019

Sehr geehrte Damen und Herren, auch von mir ein herzliches Willkom- men! Ich begrüße Sie persönlich und im Namen der Landesregierung von Rhein- land-Pfalz sehr herzlich hier in Mainz.

Ich freue mich sehr, dass das ZdK für diese Vollversammlung, in der es um nichts weniger geht als die Zukunft Euro- pas, die Zukunft unserer Kirche und die zukünftige Perspektive des ZdK, Mainz als Tagungsort ausgewählt hat. Ministerpräsidentin Malu Dreyer

Ein Zufall ist das sicher nicht, denn die Ministerpräsidentin des Bundes- Geschichte des Laienkatholizismus ist mit landes Rheinland-Pfalz Mainz ganz eng verknüpft.

1848 fand der erste Katholikentag hier statt, es folgten fünf weitere. Auch für den Jubiläums-Katholikentag 1998 war Mainz Gastgeber. Und vor wenigen 50 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz

Tagen, am 29. April, wurde hier der diesjährige „Tag der Diako- nin“ gefeiert.

Mainz ist also ein guter Ort für mutige Schritte in die Zukunft!

Und natürlich: Wo könnte man besser für ein starkes demokra- tisches, weltoffenes Europa werben als in Rheinland-Pfalz? Frei die Grenzen zu Frankreich, Belgien und Luxemburg zu überque- ren, ist bei uns gelebter Alltag.

Dass wir in Frieden und Wohlstand in einem geeinten Europa ohne Grenzen leben, ist alles andere als selbstverständlich. Das erleben wir gerade. Wenn wir die Errungenschaft eines geein- ten Europas bewahren wollen, müssen wir dafür einstehen und kämpfen!

Vom 23. bis 26. Mai 2019 finden die Wahlen zum Europäischen Parlament statt. In Deutschland wird am 26. Mai gewählt, in Rheinland-Pfalz in Verbindung mit der Kommunalwahl.

Ich bin von Natur aus ein optimistischer Mensch und neige gewiss nicht zu apokalyptischen Übertreibungen. Aber ich sage ganz bewusst: Diese Wahl ist eine Schicksalswahl für unseren Kontinent!

340 Millionen Bürger und Bürgerinnen sind aufgerufen, zu ent- scheiden, ob wir weiter den Weg eines geeinten, solidarischen und freien Europa gehen oder ob Nationalisten und Popu- listen mit ihrem Kurs der Abschottung über die weitere Ent- wicklung der europäischen Gemeinschaft maßgeblich bestim- men. Die Wähler und Wählerinnen – also auch wir, die wir hier zusammensitzen – werden darüber entscheiden, ob die Eur- opa-Parlamentarier weiter nach Lösungen suchen sollen, die für Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz 51

möglichst viele Menschen gut sind, oder ob diejenigen den Ton angeben, die laut schreien: „wir zuerst“!

Die Herausforderungen, vor denen Europa steht, sind gewaltig. Ich nenne nur drei:

• Global operierende Konzerne und Digitalunternehmen geben immer mehr den Takt vor, dem die Menschen in ihren Arbeitsfeldern angeblich folgen müssen.

• Einst mühsam ausgehandelte internationale Verträge verlie- ren rasant an Geltung, ebenso schwindet die ebenfalls müh- sam aufgebaute Autorität internationaler Einrichtungen wie der Vereinten Nationen.

• Kooperation und Kompromisse, die ganze Kunst der Diplo- matie erscheinen in den Augen autoritärer Herrscher nur noch als Schwäche.

Friede bleibt in immer mehr Krisen und Kriegen ein ferner Traum, weil die politisch Handelnden dieses Ziel aufgegeben haben.

Friedenssicherung, Klimawandel, Armutsbekämpfung, Migra- tion, eine gerechte Weltwirtschaftsordnung – bei all diesen welt- weiten Herausforderungen werden die Europäischen Staaten nur dann ein gewichtiges Wort mitreden können, wenn sie es mit gemeinsamer Stimme tun. Europa ist nicht mehr der Nabel der Welt!

Die Menschen in Europa wissen das. 52 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz

Die Zustimmung zu Europa ist auf einem Höchststand: 62 Pro- zent der EU-Bürger und Bürgerinnen sahen im vergangenen Jahr die Mitgliedschaft ihres Landes in der EU positiv, das ist der höchste gemessene Wert in den letzten 25 Jahren. In Deutsch- land sind es sogar 81 Prozent!1

Andererseits schickt sich mit Großbritannien zum ersten Mal ein Land in der EU an, die Gemeinschaft zu verlassen. Die antieuro- päischen Kräfte haben sich durchgesetzt – meines Erachtens mit gezielter Falschinformation vor dem Brexit-Referendum.

Ich bedaure das Ausscheiden des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Gemeinschaft zutiefst. Nicht nur die Bürger und Bürgerinnen in Großbritannien werden massive Nachteile dadurch haben, es ist ein Rückschlag für die gesamte EU!

Leider nicht nur in Großbritannien, auch in anderen Ländern erleben wir, dass trotz hoher prinzipieller Zustimmung viele Men- schen die EU eher als Problem denn als Lösung sehen. Es ist höchst bedenklich, dass in immer mehr Mitgliedstaaten antieu- ropäische Kräfte an Einfluss gewinnen und in Teilen auch Regie- rungsverantwortung tragen. Ich nenne nur Ungarn, Polen und Italien.

Der europäische Einigungsprozess ist ganz offenkundig in der Krise. Nicht nur das Wie der Zusammenarbeit, sondern auch die gemeinsame Wertebasis steht unter Druck.

1 Vgl.: http://www.europarl.europa.eu/germany/de/presse-veranstaltungen/eurobarometer- september-2018. Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz 53

Auch innerhalb der Mitgliedstaaten gibt es offensichtlich unter- schiedliche Auffassungen darüber, was eine freiheitliche Demo- kratie ist und wo die Grenzen einer offenen Gesellschaft sind.

Die Gründe dafür sind vielfältig, wir werden darüber gleich in der Diskussion noch eingehender sprechen. Zu berücksichtigen ist sicherlich, dass die postkommunistischen Staaten einen unab- hängigen Nationalstaat, eine Zivilgesellschaft, eine marktwirt- schaftliche Ordnung und demokratische Strukturen auf einen Schlag aufbauen mussten.

Zu betrachten ist ferner die spezifische Geschichte jedes Landes, zu der oft auch die Erfahrung gehörte, dass im neuen Markt die alten Profiteure wieder zu den Gewinnern zählten und die Solida- rität innerhalb des Landes auf der Strecke blieb. Hier muss man sehr genau hinschauen, um sich ein Urteil über die Verhältnisse zu bilden.

Die Konsequenz aber ist eindeutig: Auch innereuropäisch gilt offensichtlich, was wir international schon länger feststellen, lei- der: Die Bejahung von Demokratie geht nicht notwendigerweise mit Rechtsstaatlichkeit, nicht-autoritärer Regierung und der Bejahung der europäischen Werte von Freiheit und Gleichheit einher. Wenn man ehrlich ist, haben wir noch keinen Königsweg gefunden, wie die Europäische Gemeinschaft ihre in der Grund- rechte-Charta niedergelegte Wertegrundlage nach innen hin durchsetzt.

Der französische Präsident Emmanuel Macron hat deshalb recht, wenn er sagt: „Unser Kontinent steht an einem Schei- depunkt, an dem wir gemeinsam in politischer und kultureller 54 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz

Hinsicht die Ausgestaltung unserer Zivilisation in einer sich ver- ändernden Welt neu erfinden müssen.“2

Doch was heißt es, die europäische Zivilisation neu zu erfinden?

Wer die Antwort sucht, der sollte kurz zurückschauen. Ein ver- eintes Europa ist zu allererst und vor allem anderen eine große, ja eine großartige Idee. Europa ist ein Versprechen, das über den Gräbern von Millionen von Toten zweier Kriege gegeben wurde:

• Nie wieder Krieg.

• Alle Menschen haben den Anspruch auf die gleiche Würde.

• Alle Bürger und Bürgerinnen sind gleich vor dem Gesetz und können am Gemeinwohl in gleicher Weise teilhaben, unab- hängig von Geschlecht, Religion oder Herkunft.

• Jeder und jede hat das Recht auf Meinungsfreiheit, es gibt eine freie Presse.

• Wo einer nicht mehr weiterkommt, greift die Solidarität der Gemeinschaft.

• „Alle Menschen werden Brüder“ (wir ergänzen natürlich die „Schwestern“) – diese Zeile aus der Europahymne ist die Kurzformel für die europäische Idee!

Die Idee von Europa als einem großen Friedensprojekt hat in unserer Gegenwart nichts von ihrer Aktualität verloren. Im

2 Zitiert nach: https://www.elysee.fr/emmanuel-macron/2019/03/04/fur-einen-neubeginn-in- europa.de Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz 55

Gegenteil: In einer Zeit, in der die Welt immer mehr aus den Fugen gerät, in der unser Planet immer mehr Schaden nimmt, in der immer mehr Menschen auf der Flucht sind und neue Mau- ern errichtet werden, zeigt sich, dass die Werte Europas ein not- wendiger Einspruch sind gegen die erbarmungslose Logik eines schrankenlosen Marktes und gegen den Zynismus nationaler Egoismen.

Unsere Werte ergreifen Partei für das Wohl der Einzelnen, sind eine Selbstverpflichtung zu Solidarität und Mitmenschlichkeit.

In ihrer Ausrichtung auf den einzelnen Menschen, in der Sorge für die Schwachen, in der Forderung nach Solidarität und Bewahrung der Schöpfung entsprechen sie zutiefst den Grund- überzeugungen des christlichen Glaubens. Es sind unsere gemeinsamen Werte als Christen und als Demokraten, um die es derzeit geht. Deshalb können Christen und Christinnen auch nicht schweigen, wenn Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität innerhalb der Europäischen Union auf dem Spiel stehen!

Ich habe mich am Montag gefreut, in dem gemeinsamen Aufruf zur Europawahl von Evangelischer und Katholischer Kirche den klaren Satz zu finden, dass nur ein geeintes Europa Antworten auf die großen Herausforderungen unserer Zeit bietet.

Und natürlich freue ich mich über die Europainitiative des ZdK, die sagt: Europa stimmt!

Diese Initiative zeigt, dass in den Diözesen, in den Verbänden und überall ganz viele Christen und Christinnen für ein freies, demokratisches und solidarisches Europa eintreten! Das ist auch die Botschaft dieser Vollversammlung in Mainz! 56 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz

Liebe Kollegen und Kolleginnen,

wir müssen als Demokraten und als Christen die europäische Idee wieder so erzählen, dass sie begeistert, dass Menschen wieder Lust und Freude haben davon zu erzählen. Vom Feuer vergangener Zeiten nur zu hören ist etwas anderes, als das Feuer selbst zu spüren. Ich bin überzeugt, dass das gelingen kann. Weil ein vereintes Europa ohne Feindschaft und Grenzen eine großartige Idee ist. „Pulse of Europe“ macht es uns vor.

Mir persönlich ist es ein besonderes Anliegen, junge Menschen für Europa zu begeistern.

Das kann am besten gelingen, wenn es persönlich erlebt wird. Ich mache mich dafür stark, dass jeder Jugendliche in Rhein- land-Pfalz die Möglichkeit bekommt – und auch nutzt – , wäh- rend seiner Schul- oder Studienzeit einen längeren Aufenthalt in einem anderen europäischen Mitgliedstaat zu machen. „Eras- mus“ (seit 2014 eigentlich „Erasmus plus“) ist eine gute Erfin- dung von Europa. Ein grenzenfreies Europa ist für die meisten jungen Leute heute wie das Wasser für den Fisch. Das ist wun- derbar und das soll auch so bleiben!

Im Blick auf diese jungen Leute bin ich für mich ganz klar: ich will unseren Enkeln ein Europa hinterlassen, das Frie- den und Freiheit bewahrt, das soziale Gerechtigkeit anstrebt und wirtschaftlichen Erfolg ebenso bietet wie lebenswerte Umweltbedingungen.

Das kann freilich nur gelingen, wenn die Menschen das Gefühl haben: Europa ist nicht nur eine Idee, sondern ist auch die Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz 57

„Solidarität der Tat“, wie Robert Schuman das so trefflich genannt hat.

Wie schwer das ist, dem selbstgesetzten Maßstab zu genügen, wird an keiner Stelle so deutlich wie beim Umgang mit Flücht- lingen. Natürlich stimmt es, wenn ein Schriftsteller wie Navid Kermani darauf besteht, dass die europäische Idee nicht natio- nalstaatlich, sondern universal ist, dass sie keine festgefügten geographischen Grenzen kennt und„nicht einfach in Gibraltar oder in Irland, an den Grenzen Polens oder Bulgariens aufhören“ kann.3

Die Tatsache, dass 2018 im zentralen Mittelmeer im Schnitt jeden Tag sechs Menschen ertrunken sind bei dem Versuch, Europa zu erreichen, ist himmelschreiend und überhaupt nicht hinzunehmen.

Es muss unbedingt gelingen, zu einem solidarischen und vor allem humanitären gemeinsamen europäischen Asylsystem zu gelangen!

Der berechtigte Wunsch nach Sicherheit durch Sicherung der europäischen Außengrenzen und die Prinzipien der Humanität müssen einen anderen Ausgleich finden!

Auch muss Europa in noch stärkerem Maße zu einem gerech- teren und sozialeren Europa für seine Bürger und Bürgerinnen werden.

3 Vgl.: Navid Kermani, Europa im Jahr 2032: Eine Vorschau auf das nächste Jubiläum (als pdf online). 58 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz

Aus der Geschichte verständlich, aber viel zu lange haben wir in der EU vor allem Fragen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit in den Vordergrund gestellt und die sozialen Fragen vernachlässigt.

Um nicht missverstanden zu werden: Probleme wie Ausbeu- tung, Lohndumping und Steuervermeidung sind keine Erfin- dungen aus Brüssel. Es gab sie vor der EU und es würde sie – noch dazu in einem globalen Wettbewerb – auch ohne Brüssel geben.

Für ein geeintes Europa zu werben heißt, den Menschen klarzu- machen, dass Brüssel einen Unterschied macht hin zu mehr Gerechtigkeit. Menschen müssen in ganz Europa viel stär- ker spüren, dass sie in einem sozialen Europa leben, das ihnen Wohlstand und Sicherheit bietet.

Wer ein demokratisches und weltoffenes Europa will, muss also dafür sorgen, dass sich das Versprechen der europäischen Idee nicht nur für wenige, sondern für möglichst viele erfüllt.

Wir brauchen dazu den Mut und die Entschlossenheit, die Strukturen der EU so weiterzuentwickeln, dass die Men- schen das Vertrauen in die Prozesse der Europäischen Union zurückgewinnen.

Denn nur eine starke, demokratische und soziale EU kann eine echte Antwort auf die „America-First“-Doktrin von Trump geben und auf den chinesischen Staatskapitalismus, der Wohlstand ohne Freiheit und Demokratie schafft.

Nur ein starkes und geeintes Europa kann Friedenskraft in der Welt sein, kann einen europäischen Mindestlohn durchsetzen und wirksame Maßnahmen gegen Ausbeutung ergreifen. Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz 59

Nationale Abschottung hat nichts, rein gar nichts anzubieten! Das müssen wir immer wieder klarmachen!

Liebe Kollegen und Kolleginnen, liebe Mitchristen,

Lassen Sie uns die Tage bis zur Europawahl nutzen, intensiv für ein geeintes Europa zu werben. Es ist gut, dass es viele Initia- tiven gibt, die sich für dafür einsetzen. Ein Beispiel hierfür ist „Make a cross“ (https://make-a-cross.com) – ein Projekt, das von mir persönlich unterstützt wird.

Für Pessimismus ist kein Grund, wenn man sich immer wie- der klarmacht, welch große, ja welthistorische Leistung mit der Europäischen Union bereits erreicht wurde.

Papst Franziskus hat in seiner Ansprache bei der Verleihung des Karlspreises gesagt:

„Die Kreativität, der Geist, die Fähigkeit, sich wieder aufzurich- ten und aus den eigenen Grenzen hinauszugehen, gehören zur Seele Europas.“4

Vertrauen wir diesem Geist! Gehen Sie am 26. Mai zur Wahl und fordern Sie andere dazu auf! Wir brauchen die Stimme der Chris- ten und Christinnen für ein starkes und freies, für ein demokra- tisches und weltoffenes Europa!

Ich danke Ihnen.

4 http://w2.vatican.va/content/francesco/de/speeches/2016/may/documents/papa- francesco_20160506_premio-carlo-magno.html 60 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz

2.6. „Europa wählen. Demokratie stärken”

Aufruf des Zentralkomitees der deutschen Katholiken zur Europawahl 2019

Gehen Sie am 26. Mai zur Wahl, nutzen Sie Ihre Möglichkeit, in Europa mitzuentscheiden und zeigen Sie, dass die Unter- stützung für unsere gemeinsame Europäische Union groß und lebendig ist. Denn nur gemeinsam sind wir stark!

So wie unser Glaube dort lebendig ist, wo zwei oder drei ihn gemeinsam leben, so lebt auch Europa von unserem Engage- ment und unserem Eintreten für die gemeinsamen Ziele. Eur- opa ist eine kulturelle, soziale und politische Gemeinschaft, in die wir als Bürgerinnen und Bürger, Politikerinnen und Politiker und Christinnen und Christen in Ost und West ganz unterschied- liche Erfahrungen und Talente einbringen. Es ist aber auch unser Alltag, nicht nur Binnenmarkt, sondern viel mehr noch Begeg- nungsraum, in dem wir arbeiten, einkaufen und reisen. So sind die gemeinsame Währung, der offene Schengen-Raum, der Austausch und die Begegnung über Grenzen hinweg für viele selbstverständlich und unverzichtbar geworden. Hinter alldem steht die Idee der Europäischen Union als Friedensprojekt, die aus den Kriegskatastrophen des 20. Jahrhunderts entstanden ist. Diese gelebte und oft nur noch von außen in ihrer Beson- derheit wahrgenommene Wirklichkeit ist gefährdet durch kurz- sichtigen Nationalismus und Populismus. Er schürt Ängste und bedroht die Errungenschaften der europäischen Integration. Die Sorge um die Zukunft der EU wird von vielen Menschen geteilt. Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz 61

In dieser großen Gemeinschaft wollen wir uns weiterhin für die Werte der europäischen Einigung einsetzen.

- Im künftigen Europäischen Parlament brauchen wir Fürspre- cherinnen und Fürsprecher der Solidarität unter den Mit- gliedsstaaten sowie mit den Schwachen und Schutzlosen in den Ländern Europas. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen uns: Wir brau- chen in Europa auf unterschiedlichen Gebieten Solidarität zwischen den Mitgliedsstaaten. Es gilt, Verantwortung für Gemeinschaftsaufgaben wahrzunehmen und Lasten fair auf alle Schultern zu verteilen. Besonders deutlich tritt dies bei der Sorge um geflüchtete Menschen zutage. Aber auch von der europäischen Finanz- und Wirtschaftspolitik, die sich auf die soziale Lage in den Mitgliedsstaaten auswirkt, füh- len sich die Menschen in einigen Mitgliedsstaaten im Stich gelassen. Sie bedürfen der solidarischen Unterstützung durch die Europäische Union.

- Wir brauchen Vertreterinnen und Vertreter in Straßburg und Brüssel, die für ein starkes Europa streiten, das in der Welt- gemeinschaft mit einer klaren Stimme spricht, um für Frie- den und die Bewahrung der Schöpfung einzutreten.

Die Bedrohung durch den Klimawandel sowie die Sicher- heit der Energie- und Nahrungsversorgung sind Herausfor- derungen, die wir über die Grenzen der Nationalstaatlich- keit hinaus wahrnehmen müssen und nur in gemeinsamer, konzertierter Aktion lösen können. Auch beobachten wir mit Sorge die Zunahme zwischenstaatlicher Konflikte und welt- weite Aufrüstung. Zugleich braucht es eine kluge Unter- scheidung zwischen Problemen, die nur gemeinsam gelöst werden können und der Freiheit der Mitgliedsstaaten, in 62 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz

subsidiärer Verantwortung Lösungen auch auf regionaler und nationaler Ebene zu finden, wo Unterschiedlichkeit mög- lich und sinnvoll ist.

- Im künftigen Europäischen Parlament brauchen wir eine breite und starke Allianz der proeuropäischen, am Gemein- wohl orientierten politischen Kräfte. Vor 40 Jahren konnten erstmals die Bürgerinnen und Bürger der damaligen Europäischen Gemeinschaft ihre Abgeordne- ten direkt für das Straßburger Parlament wählen. Nur zehn Jahre später erstritten die Bürgerinnen und Bürger Mittel- und Osteuropas Freiheit und Demokratie. Seitdem kann Eur- opa weiter zusammenwachsen und gemeinsam die Zukunft gestalten in unserem europäischen Staatenverbund, der für eine einzigartige wirtschaftliche und gesellschaftliche Erfolgsgeschichte steht. Diese darf nicht durch europafeind- liche Stimmungsmache gefährdet werden.

Diese EU ist ein Gewinn für alle ihre Bürgerinnen und Bürger und schützt unseren Frieden, unsere Rechte und Freiheiten. Wir fordern alle Christinnen und Christen auf, am 26. Mai wählen zu gehen. Setzen wir so ein Zeichen für die EU, für Demokratie, Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und eine solidarische und gerechte Gesellschaftsordnung.

Beschlossen von der Vollversammlung des ZdK am 10. Mai 2019. Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz 63

2.7. „Frauen in kirchlichen Ämtern”

Eine Theologische Einordnung im Rahmen der Vollversamm- lung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken am 10./11. Mai 2019 in Mainz

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Mit- glieder der Vollversammlung, geschätzte Zuhörende – später – bald schon Mit- sprechende – und dies gewiss nicht erst heute zum ersten Mal über diese Thema- tik Sprechende, ja, mit diesem Gedanken möchte ich beginnen: Wahrlich nicht erst seit heute sprechen viele von uns immer wieder in unterschiedlichen Kontexten über die Thematik „Frauen in kirchlichen Ämtern“. Nein, wir sind es nicht leid – wir tun es sehr gerne – und immer wie- der, und in jüngerer Zeit immer häufiger, Prof. Dr. Dorothea Sattler weil es bei dieser Thematik um das öster- Direktorin des Ökumenischen lich formierte Evangelium Gottes in Jesus Instituts an der Universität Mün- ster und Sprecherin des Sachbe- Christus geht. Es geht um nichts weniger reichs 1: „Theologie, Pastoral und als dies: Es geht darum, die Herausforde- Ökumene“ rung aufzunehmen, in der Nachfolge Jesu Christi alles dafür zu tun, dass möglichst viele Menschen in irdischer Zeit Hoffnung 64 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz

gewinnen in ihrem endlichen, in unserem immerzu vom sicheren Tod bedrohten Leben – eine Hoffnung gewinnen, die begründet ist in dem Zeugnis für den auferstandenen Jesus Christus. Wenn Frauen – und davon erzählen die biblischen Schriften – wenn Frauen von Gott dazu berufen worden sind, in Jerusalem nahe bei dem sterbenden Jesus zu bleiben, ihn nicht zu verlassen, zu wachen bei ihm, ihn sterben sehen, den Leichnam salben möch- ten, das Grab aufsuchen – und dann dem auferstandenen Chri- stus Jesus begegnen und von ihm selbst gesandt werden, ihn zu bezeugen – wenn all das stimmt, was in den biblischen Schriften als Osterbotschaft erzählt ist – warum sollte es Frauen dann ver- boten sein, in der eucharistischen Feier öffentlich in der Wort- verkündigung und in der Zeichenhandlung im Mahl Zeugnis für Jesus Christus zu geben?

Ich möchte an dieser Stelle allen danken, die sich in den letzten Jahrzehnten um eine theologische, eine argumentative Bespre- chung der Thematik „Frauen in kirchlichen Ämtern“ bemüht haben. Es sind nicht wenige – Einzelpersönlichkeiten, Verbände, Gemeinden. Herzlich danken möchte ich in diesem Raum hier auch besonders den Geschwistern in den Kirchen reformato- rischer Tradition, die sich sehr mutig mit den eigenen theolo- gischen Bedenken gegen eine Teilhabe von Frauen am ordi- nierten Amt auseinandergesetzt haben.

Ökumenische Zugänge zu unserer Thematik legen offen, dass es seit dem 18. Jahrhundert vor allem einzelne missionarische Strömungen waren, die sich dankbar zeigten für die Charismen der Frauen bei der Verkündigung des Evangeliums. In den deut- schen evangelischen Landeskirchen hat die Praxis der Ordi- nation von Frauen noch eine sehr junge Geschichte. Martin Luther war aus geschlechteranthropologischen Gründen gegen die öffentliche religiöse Rede von Frauen – vermeintlich auf Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz 65

Paulus konnte er sich dabei berufen: die Frau schweige in der Gemeinde, so las Martin Luther in der Bibel – und er stimmte zu. Nach dem 2. Weltkrieg fehlten die Männer auf vielen Pfarr- stellen. Man mag unterschiedlich urteilen über neue Handlungs- formen, die aus dem Mangel, aus der Not am Mann, begründet werden. Es war so – aber könnte es nicht sein, dass die wache Aufmerksamkeit auf Phänomene der Gegenwart auch prophe- tischen Charakter haben? Viele – nicht alle – evangelischen Kir- chen weltweit haben sich inzwischen kritisch mit der Posi- tion von Martin Luther befasst und sind mit Luther über Luther hinaus gegangen: Das oberste Gebot Gottes ist die Verkündi- gung des Evangeliums – wer es vermag, der und die tue es. Nun könnte ich viel über die ökumenische Bedeutung unserer The- matik erzählen – ich denke, das trauen Sie mir zu – allein: Es fehlt uns die Zeit. Wichtig ist mir an dieser Stelle jedoch fest- zuhalten, dass aus meiner Sicht bei der Suche nach der anzu- strebenden sichtbaren Einheit der Kirchen die Frage nach der Partizipation von Frauen am ordinierten Dienstamt nicht ausge- blendet werden kann. Ohne eine Verständigung in dieser The- matik werden wir das von allen Kirchen in der „Charta Oecu- menica“ erklärte Ziel der Ökumenischen Bewegung, nämlich sichtbare Einheit – und dies bedeutet: Einheit auch in Gestalt der Eucharistie- und Abendmahlsgemeinschaft - nicht erreichen können. Ich wünsche mir im Kontext des 3. Ökumenischen Kir- chentags eine thematische Schwerpunktsetzung im Blick auf die Geschichte und Gegenwart von Frauen in den Kirchen.

Mit meiner gerade geschehenen Aufnahme des ökumenischen Kontextes der Thematik „Frauen in kirchlichen Ämtern“ habe ich an die erste der „Osnabrücker Thesen“ erinnert, deren Erar- beitung und Veröffentlichung am Ende des Jahres 2017 eine unerwartet hohe Aufmerksamkeit bewirkte. Viele hier im Raum haben dazu einen Beitrag geleistet. Zustimmung fand und findet 66 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz

in diesem ökumenischen Prozess vor allem die These, dass der Ausschluss von Frauen aus kirchlichen Ämtern der theo- logischen Begründung bedarf, nicht die Teilhabe von Frauen. Weithin unstrittig ist auch die Annahme, dass sich durch die Partizipation von Frauen an den ordinierten Dienstämtern nicht nur das äußerliche Erscheinungsbild der Kirchen ändert, viel- mehr auch die internen Kommunikationsformen und die Rol- lenverteilungen. Es ist ja nun einmal so: Der kategorische Aus- schluss von Frauen aus sakramentalen Dienstämtern in der römisch-katholischen Kirche bedeutet, dass Frauen bei allen Beratungen mit letztverbindlicher Entscheidungsfindung ausge- schlossen sind. Bei keinem der ökumenisch anerkannten univer- salen Konzilien in zwei Jahrtausenden der Christenheit hatte bis- her eine Frau Rede- oder gar Stimmrecht.

Was sind die Gründe, die das römisch-katholische Lehramt bis heute dazu bewegt, an der Lehre, dass Frauen nicht am sakra- mentalen Amt teilhaben können, festzuhalten? Die beiden auf diese Thema bezogenen lehramtlichen Dokumente – zum einen das Schreiben der Glaubenskongregation „Inter Insigniores“ aus dem Jahr 1976, zum anderen die Enzyklika „Ordinatio Sacer- dotalis“ von Johannes Paul II. aus dem Jahr 1994 – diese bei- den Dokumente stellen zunächst eines klar: Auf der Ebene der Schöpfungsordnung und auch der Erlösungsordnung hat die Frau den gleichen Rang wie der Mann: in Christus Jesus gibt es weder Mann noch Frau, weder Sklaven noch Freie, weder Juden noch Heiden – so sagt Paulus nach Gal 3,28. Es gebührt der Frau dieselbe Würde, dieselbe Wertschätzung wie dem Mann. Die in der mittelalterlichen und sogar noch in der neuzeitlichen Tradition zu findende Unterordnung der Frau unter den Mann aufgrund von anthropologisch begründeten Defiziten – all dies findet sich in den lehramtlichen Schreiben nicht. Ganz im Gegenteil – ein Lob der hoch zu achtenden Eigenschaften von Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz 67

Frauen und von deren Diensten jenseits ihrer Berufung in ein sakramentales Amt erklingt – und fern sei es mir, gegen dieses Frauenlob Einwände zu erheben.

Da es nicht geschlechteranthropologisch begründete Argu- mente sind, die die lehramtlichen Schreiben dazu führen, Frauen vom sakramentalen Dienstamt auszuschließen, stellt sich die Frage, welche sonst es sind. Aus meiner Sicht lassen sich dabei drei Begründungsstrategien unterscheiden:

Erstens: Es ist der erklärte Wille Gottes, dass nur Männer der Feier der Eucharistie vorstehen. Es handelt sich um eine gött- liche Ordnung – ein „ius divinum“. Jesus wusste davon und hat daher zwölf Männer an seinem letzten Mahl teilhaben lassen und diesen Männern den Auftrag gegeben, zu seinem Gedächt- nis das eucharistische Mahl zu feiern. Zweitens: Die kirch- liche Tradition hat diese Weisung Gottes immerzu im Gedächt- nis bewahrt und niemals anders gehandelt. Drittens: Auf der Ebene der zeichenhaften Symbolik ist die Weisung Gottes stim- mig: Der in der weiblichen Metaphorik vorgestellten Kirche als Braut Jesu Christi wird der Bräutigam in Gestalt eines Mannes als Repräsentant Jesu Christi gegenübergestellt. Gott ist – so ist verstärkt in jüngeren Äußerungen zur Thematik zu lesen – Gott ist ganz bewusst als ein Mann Mensch geworden. Nicht zeit- geschichtlich bedingte Vorzüge bei einer solchen Entscheidung haben ihn dazu bewogen, sondern tiefere Einsichten in die zeit- lose Unterscheidung des Wesens des Mannes vom Wesen der Frau – wie gesagt: nicht auf der Ebene der Differenzierung in Achtung, Wertschätzung und Würde zwischen den Geschlech- tern gedacht, wohl aber im Hinblick auf das öffentliche Handeln des Menschen im Sinne der Präsentsetzung Gottes in Zeit und Geschichte. 68 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz

Was lässt sich aus akademisch – theologischer Sicht zu die- sen in den lehramtlichen Schreiben vorgetragenen Positionen sagen? Vor allem in der europäischen und der nordamerika- nischen Theologie werden wir nicht müde zu betonen, dass die in den lehramtlichen Schreiben vorgetragene Argumentation nicht den Stand der Differenzierung erreicht hat, den die theo- logische Wissenschaft heute als Mindestmaß erwartet. Es scha- det somit aus Sicht vieler Theologinnen und Theologen dem Ansehen des Lehramts, wenn diese Positionen ohne Bereit- schaft zu einer Überprüfung weiterhin vorgetragen werden. Ich kann hier nur andeuten, was nach meiner Kenntnis die weithin einmütig in der Theologie vorgetragene Argumentation ist:

Thema „Zwölferkreis beim Abendmahl“: Wer das gesamte Neue Testament liest, wird feststellen, dass nur Lukas in seinem Evangelium und in der Apostelgeschichte den Kreis der Zwölf mit den Aposteln identifiziert. Lange Zeit vor Lukas war Paulus der Überzeugung, sich selbst zu den Aposteln zählen zu dür- fen – wenn auch der geringste unter ihnen – dennoch ein Apo- stel, weil er dem auferstandenen Herrn begegnet ist und ihn in seinem Leben und in seinem Sterben bezeugt. Die Begegnung mit dem Auferstandenen und die sich daraus ergebende Sen- dung zur Verkündigung – das begründet das Apostolat. Daher wird Maria von Magdala bis heute als „apostola apostolorum“ verehrt – als die Frau, die von Jesus Christus selbst als Zeugin für ihn zu den Aposteln gesandt wird. Die theologische Idee des Lukas, von zwölf Aposteln zu erzählen, steht im Kontext des Anliegens, die Sendung Jesu, Israel zur Umkehr zu bewegen, zu betonen. Das erwählte Volk mit seinen zwölf Stämmen bleibt auch angesichts von Ostern von hoher Bedeutung für die christ- liche Existenz. Lukas schreibt sein Evangelium und die Apo- stelgeschichte ca. 50 Jahre nach dem Tod Jesu. Jerusalem ist durch die Römer im Jahr 70 zerstört worden. Lukas erinnert an Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz 69

die bleibende Bedeutung von Israel – zwölf Stammväter daher. Lukas konnte keine Frau in den Zwölferkreis berufen.

Im Blick auf die ununterbrochene Tradition des Ausschlusses von Frauen aus der sakramentalen Ordination ist zum einen auf die unsichere Quellenlage in den ersten Jahrhunderten zu ver- weisen. Wir wissen wenig Gesichertes über die ersten Ver- sammlungen wohl zumeist am Abend nach dem Tageswerk, über die Tischgemeinschaften in den Häusern, über die Leitung dieser Begegnungen. Es waren Zeiten der Verfolgung damals – kleine Gruppen, die unter tiefen Anfechtungen dennoch sich zu Jesus Christus bekannten. Einzelne Namen sind überliefert – darunter auch Frauen – Junia, Phöbe, Lydia. Wir erinnern heute an sie. Zweifellos hat bei der Feier der Eucharistie die Leitung durch einen Mann sehr bald schon dominiert. Anders war es bei der Taufe – es gibt viele Zeugnisse, die die amtliche Rolle der Frau wohl auch aus Gründen der Schicklichkeit bei der Taufe von erwachsenen Frauen belegen – im Osten im gesamten ersten Jahrtausend. Kanones von Konzilien gibt es dazu; auch litur- gische Ordnungen von Amtsübertragungen liegen vor. Dies ist der Hintergrund, warum über die Teilhabe von Frauen am Dia- konat gesondert von der Frage nach der Teilhabe an der Leitung der Eucharistie nachzudenken ist.

Eine entscheidende Frage in unserer Thematik ist: Welche lehr- amtliche Verbindlichkeit können die bereits vorliegenden Doku- mente beanspruchen? Wer hat die Autorität, diese Frage zu beantworten? Wer entscheidet über die Kompetenzkompetenz – und mit welchen Methoden? Wer darf mitsprechen? Ich bin mit vielen meiner Kolleginnen und Kollegen in der Theologie der begründeten Überzeugung, dass bisher noch keine letztverbind- liche Lehre vorgetragen wurde. Auch eine päpstliche Enzyklika unterliegt der kritischen Prüfung durch die normative biblisch 70 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz

begründete Autorität – eine spontane Äußerung eines Bischofs von Rom ohnehin.

Gestern war in den Medien zu lesen, dass Papst Franziskus sich ernüchtert und enttäuscht darüber zeigte, dass die von ihm ein- berufene Kommission zur Prüfung des historischen Befundes sich im Hinblick auf die theologische Qualifizierung des Diako- nats von Frauen nicht einigen konnte. Mich wundert dies nicht. Bei jedem theologischen Urteil sind Vorentscheidungen wirk- sam. Das gilt gewiss auch für meine Rede heute. Eine ex – cathedra – Entscheidung des Bischofs von Rom liegt nicht vor – noch nicht. Der Papst möchte sich daran halten, was Jesus Christus selbst wünschte. Jedoch – hatte Jesus eine konkrete Vorstellung von der institutionellen Gestalt seiner Nachfolge? Hatte Jesus nicht gerade am Abend vor seinem Leiden am Kreuz andere Gedanken und Empfindungen als darüber nach- zudenken? Wissen und Selbstbewusstsein Jesu – diese Thema- tik gilt lange schon als eine der schwierigsten in der christlichen Theologie.

Auch die Berufung auf das einmütige Zeugnis aller Bischöfe weltweit in unserer Frage wird zunehmend schwieriger. Es gibt inzwischen Bischöfe, die sich zumindest dafür offen zeigen, über Argumente nachzudenken. Gleichwohl gibt es nicht wenige Versuche, die Diskussion beenden zu wollen. Andere Themen erscheinen manchen wichtiger. Im weltkirchlichen Kontext wer- den die Gewichte anders gesetzt und die Rollenbilder von Frau und Mann sind im kulturellen Vergleich sehr unterschiedlich. All dies stimmt – aber ist es nicht doch heute an der Zeit, in aller Nüchternheit die theologischen Fragen erneut aufzunehmen? Ich meine: Ja, so ist es. Wir sollten es tun in Verbindung mit einer grundlegenden Reflexion auf die vielfältigen Dienste und Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz 71

Ämter von Frauen und Männern in den Kirchen bei der Verkün- digung des Evangeliums.

Welche Bedeutung haben die vorgetragenen Überlegungen für uns und diese Versammlung hier? Die Vollversammlung des ZdK hat im November 2018 den Beschluss gefasst, sich für die Öffnung aller sakramentalen Ämter auch für Frauen einzuset- zen. Für die Zukunft – für den anstehenden synodalen Weg – erscheinen mir folgende Haltungen wichtig: (1) die Thematik als gemeinsames Anliegen aller Männer und Frauen in den Kirchen zu verstehen und zu jeder Zeit auskunftsfähig werden zu wollen; (2) die Bereitschaft, sich auf der Basis theologischer Argumenta- tionen in die Kontroversen erneut hinein zu begeben; (3) Denk- verbote und Sanktionsandrohungen dabei zu unterlassen; (4) auch im Streit einander mit Wertschätzung zu begegnen; (5) den weltweiten Kontext nicht aus dem Blick zu verlieren; (6) zu unter- scheiden zwischen dem Grund unserer österlichen Hoffnung auf Gottes Handeln auf der einen Seite und der von Menschen zu verantwortenden, immer auch sündigen Gestalt der Kirche auf der anderen Seite.

Was stimmt mich hoffnungsfroh – eine kleine Begeben- heit in den nächsten Tagen möchte ich ansprechen: Ich darf – ich werde – am kommenden Mittwoch vor der Gnadenkapelle meines Wohnorts, dem Wallfahrtsort Telgte in der Öffentlich- keit mit dem Propst der Gemeinde über das Thema „Frauen in kirchlichen Ämtern“ sprechen. Soweit sind wir immerhin bereits gekommen: Wir werden in der Sache vermutlich nicht einig wer- den. Wir möchten einander jedoch mit Respekt und im Wissen um den tiefen, spirituellen Ernst des Anliegens begegnen. Das wünsche ich mir auch für unsere Versammlung hier und für den synodalen Weg insgesamt. 72 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz

2.8. „Warum kirchliche Verwaltungsgerichte?”

Impulsvortrag im Rahmen der Vollversammlung des Zentral- komitees der deutschen Katho- liken gehalten am 10./11. Mai 2019 in Mainz

Sehr geehrter Herr Präsident Professor Sternberg, meine sehr verehrten Damen und Herren,

ich bedanke mich sehr für die Einladung, heute vor Ihnen zu sprechen, und für Ihre Bereitschaft, mir etwa zwanzig Minuten lang zuzuhören. Sie wollen sich erneut mit dem Thema einer Verwaltungsgerichts- barkeit in der Kirche befassen - einem Thema, das den deutschen Katholizis- mus, und nicht nur den deutschen, seit Prof. Dr. Dr. h.c. Klaus Rennert dem Zweiten Vaticanum, also seit mehr

Präsident des als fünfzig Jahren beschäftigt. Und Sie Bundesverwaltungsgerichts haben sich mit mir gewissermaßen einen externen Gutachter eingeladen. Extern nicht im Sinne der Kirchen- oder gar der Glaubensfremdheit; ich bin Katholik wie wir alle, und ich bin es gerne und pha- senweise auch mit Überzeugung. Extern aber deshalb, weil ich qua professione Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz 73

Verwaltungsrichter bin, und auch dies gerne und zumeist mit Überzeugung. Allerdings bin ich nicht im kirchlichen Verwal- tungsrecht groß geworden, sondern im staatlichen Verwaltungs- recht. Was könnte ich Ihnen dann aber zum Thema einer kirch- lichen Verwaltungsgerichtsbarkeit sagen? Nun, Kontrast schärft das Bild. Er lässt Unterschiede deutlicher hervortreten und lässt bestimmte Problemlagen vielleicht schärfer sehen. Lassen Sie mich insofern einige Punkte hervorheben, die mir wichtig erscheinen.

Zuvor aber liegt mir an zwei Klarstellungen. Die eine: Ich will Ihre Zeit nicht damit vertun, dass ich Ihnen das organisatorische Kon- zept einer innerkirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit vorstelle und erläutere, wie es ja schon die Gemeinsame Synode 1975 erarbeitet und beschlossen hat und wie man es so oder doch im Wesentlichen so schon morgen ins Werk setzen könnte, wenn man in der Bischofskonferenz und im Vatikan denn wollte. Sie kennen das alle, und wer es gerade nicht präsent hat, sei auf das großartige Werk von Bischof Dominicus Meier oder auf meinen eigenen kleinen Beitrag in der jüngsten Ausgabe der „Salzkör- ner“ verwiesen, der den Vorteil hat, dass er sich in zehn Minuten lesen lässt.

Die andere Klarstellung betrifft die aktuelle Debatte: Die Einfüh- rung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit ist kein Instrument zur Bewältigung des Missbrauchsskandals, der zur Zeit das öffent- liche Bild von der Kirche beherrscht. Natürlich besteht insofern ein gewisser Zusammenhang, als der Missbrauchsskandal die Kirche in sämtlichen Hierarchieebenen erheblich verunsichert hat und damit geneigter macht, sich auch über ihre Organisati- onsstruktur vertiefte Gedanken zu machen. Der Skandal macht reformbereit. Und es besteht die Hoffnung, dass die Einfüh- rung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit diese Reformbereitschaft 74 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz

an einer prominenten Stelle allgemein sichtbar dokumentieren und damit ein Stück Glaubwürdigkeit zurückgewinnen würde. All dies sei zugestanden. Inhaltlich aber hat eine Verwaltungs- gerichtsbarkeit nichts mit den Missbrauchsfällen zu tun. Sie ist vor allem keine Straf- oder Disziplinargerichtsbarkeit. Sie käme allenfalls ins Spiel, sollte ein Pfarrer seines Pfarramts enthoben oder in eine andere Pfarre versetzt werden, etwa weil sein Anse- hen in der Gemeinde gelitten hat, und dann auch nur gewis- sermaßen negativ, weil der Pfarrer die Berechtigung der Maß- nahme bestreiten und vor das kirchliche Verwaltungsgericht ziehen könnte, um trotz allem bleiben zu dürfen, wo er ist. Mir liegt viel daran, unmissverständlich zu betonen, dass die Forde- rung nach einer innerkirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit ihre Berechtigung in sich trägt, und zwar ganz unabhängig von der derzeitigen sittlichen Lage der Kirche, und dass diese Forderung unverändert begründet und unverändert dringlich bleibt, auch wenn sich die Wogen der öffentlichen Empörung über die Miss- brauchsfälle wieder geglättet haben sollten.

Ich sagte eingangs, dass die Idee einer kirchlichen Verwal- tungsgerichtsbarkeit auf das Zweite Vaticanum zurückgeht. Wir wissen alle, dass dieses Konzil das Heilsversprechen Chri- sti in unsere Zeit hinein neu formuliert und die Kirche damit in die Moderne, in unsere Zeit hineingeführt hat. In unserem Zusammenhang sind zwei Grundgedanken des Konzils wich- tig. Zum einen hat es die Idee der Gleichheit und der Freiheit aller Gläubigen betont. Und zum anderen hat es das Bild der Kirche dynamisch gezeichnet, als Kirche auf dem Weg, als Kir- che in Bewegung, in beständiger Fortentwicklung auf den Herrn hin. Gestatten Sie, dass ich bei diesem sehr grundsätz- lichen Punkt noch etwas verweile. Hier liegt nämlich nicht nur die Wurzel der kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit, sondern Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz 75

zugleich deren grundlegender Unterschied zur staatlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Jede Gerichtsbarkeit dient dem Rechtsschutz. Jede Verwal- tungsgerichtsbarkeit dient dem Schutz der Rechte des jewei- ligen Klägers gegenüber der Verwaltung. Demzufolge dient eine kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit dem Schutz der inner- kirchlichen Rechte des klagenden Gläubigen gegenüber der kirchlichen Verwaltung, also gegenüber dem Pfarramt, dem Dekanat, dem bischöflichen Ordinariat. Voraussetzung alles dessen ist, dass der jeweilige Kläger überhaupt eigene Rechte gegenüber der Verwaltung hat, dass solche Rechte in einem Gesetzbuch verbrieft sind, so dass er sich darauf berufen kann. Im Staat ist das der Fall; so sind im Grundgesetz der Bundes- republik Deutschland die Grundrechte aller Bürger verbrieft. Seit dem Zweiten Vaticanum ist das aber auch in der Kirche der Fall. Das Konzil hat die Gleichheit und die Freiheit aller Gläubigen betont, und Papst Johannes Paul II. hat 1983 das Gesetzbuch der Kirche – das Codex Iuris Canonici – erlassen, in welchem ein ganz ähnlicher Strauß von Grundrechten allen Gläubigen gewährleistet wird.

Und doch liegt es in der Kirche ganz anders als im staatlichen Recht. Im Staat sind die Grundrechte von den Bürgern erkämpft, sie sind einer zuvor absolutistisch regierenden Obrigkeit abge- trotzt worden, als Ergebnis der beiden großen bürgerlichen Revolutionen in Amerika und in Frankreich zum Ende des 18. Jahrhunderts. Ihr Kernanliegen ist deshalb bis heute konfrontativ und defensiv: Sie drängen den staatlichen Einfluss zurück, hal- ten eine bürgerschaftliche Sphäre staatsfrei. Der staatliche Jurist bezeichnet sie deshalb kurz als staatsgerichtete Abwehrrechte. Dem liegt ein Bild zugrunde, in welchem sich Staat und Bürger gegenüberstehen, und die Grundrechte markieren die Grenzlinie; 76 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz

Freiheit in diesem Sinne meint Staatsfreiheit, Freiheit vom Staat. Anders liegt es nur bei den politischen Mitwirkungsrechten: der Demonstrationsfreiheit, der Parteienfreiheit, dem Wahlrecht. Hier geht es um die politische Teilhabe im Staat, um die Verfas- sung des Staates als Demokratie. Darauf sei hier nur am Rande hingewiesen.

Das Bild der kirchlichen Grundrechte unterscheidet sich hiervon grundlegend. Die kirchlichen Grundrechte wollen dem einzel- nen Christgläubigen keinen kirchenfreien Raum sichern. Es geht ihnen nicht um Freiheit des Gläubigen von der Kirche, sondern um die Freiheit des Gläubigen in der Kirche. Sie zeichnen kein Bild, in dem der Gläubige einer kirchlichen Obrigkeit konfronta- tiv gegenübersteht, und sie markieren demzufolge auch keine Grenzlinie zwischen zwei prinzipiell geschiedenen Sphären. Es geht weder um ein „Gegenüber“, noch geht es um ein „Gegen- über-Stehen“. Es geht vielmehr um ein „Miteinander“, und es geht um ein „Miteinander-Gehen“. Ich habe bereits darauf hin- gewiesen, dass das Zweite Vaticanum für unser Thema zwei Grundgedanken formuliert hat: das der Grundrechte des Gläu- bigen und das einer dynamischen Sichtweise, welche die Kir- che als „Kirche auf dem Wege“ sieht. Dem liegt ein Bild vom Menschen zugrunde, welches den Menschen als allemal fehl- sam begreift. Keiner von uns weiß abschließend um das Heil; wir sind Suchende, wir sollen uns bemühen, wir sind immer unterwegs. In die Rechtssprache übersetzt, heißt dies: Erstens, wir haben das Recht auf den Irrtum, schon weil Irren mensch- lich und unvermeidlich ist. Zweitens, wir haben die Pflicht zu suchen, uns um Wahrheit und Heil zu bemühen. Und drittens, wir haben die dazu nötigen Rechte: uns in die Gemeinschaft der Kirche einzubringen, am Weg der Kirche als deren gleichbe- rechtigtes Glied teilzuhaben. Das ist der Grundgedanke und der Sinn der innerkirchlichen Grundrechte: jeden Gläubigen mit den Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz 77

Befugnissen auszustatten, die ihn in den Stand setzen, am Weg der Kirche gleichberechtigt teilzuhaben.

Natürlich erscheint das im Alltag dann nicht selten in recht klei- ner Münze: Eine Lektorin wehrt sich dagegen, dass der neue Pfarrer sie überhaupt nicht mehr zum Dienst am Ambo ein- teilt; ein Pfarrgemeinderat beschwert sich, dass das Ordinariat unter Berufung auf Belange des kirchlichen Denkmalschutzes keine Genehmigung zum Einbau einer Heizung in das Kirchen- gebäude erteilt; eine Wohngemeinschaft junger Ordensbrü- der möchte die Anerkennung als klösterlicher Konvent; ein Pfar- rer verlangt Erstattung von Reisekosten, welche ihm aus Anlass eines Jugendferienlagers entstanden sind; eine Gemeinderefe- rentin möchte bezahlten Urlaub, um ihre Ausbildung abzuschlie- ßen; und vieles andere mehr. Immer geht es um Dürfen und Müssen, das auch in der Kirche rechtlich geregelt und geord- net ist. Es geht aber im Kleinen wie im Großen niemals um ein Gegeneinander, sondern stets um ein geordnetes Miteinan- der. Ein Kirchengericht kann hier Wege weisen, Streitende ver- söhnen, Widerstreitendes zusammenführen. Natürlich stehen sich in einem Prozess Prozessparteien gegenüber; aber das ist den Spielregeln des Prozesses geschuldet, der den Streitenden bestimmte Rollen zuweist, um ein geordnetes, faires und trans- parentes Verfahren zu ermöglichen. Wenn dies gut und oben- drein klug gemacht wird, liegt Segen darin.

Das Kirchenrecht kennt zahlreiche derartige Verwaltungsmaß- nahmen, und es sieht auch durchaus vor, dass sich der jeweils Betroffene dagegen beschweren darf – übrigens nicht nur Kir- chenmitglieder, sondern auch Kirchenfremde, sofern sie denn von Maßnahmen der Kirchenverwaltung betroffen sind. Das Kir- chenrecht unterscheidet also zwischen einer kirchlichen Exeku- tive und einer kirchlichen Judikative; es legt damit die klassische 78 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz

Lehre von der Gewaltenteilung zugrunde. Allerdings bleibt es bei einer Unterscheidung der drei Funktionen stehen und schreitet nur unvollständig zu einer auch organisatorischen Trennung die- ser Funktionen fort: Auf der Ebene der Diözese vereinigt näm- lich der Diözesanbischof sowohl die exekutive als auch die judi- kative Funktion in seiner Person. Natürlich könnte er nicht alles und jedes selbst erledigen; er muss deshalb delegieren. Verwal- tungssachen delegiert er an seinen Generalvikar, dem das Ordi- nariat zuarbeitet; das sieht das Kirchengesetz vor. Ob er aber auch Justizsachen an einen Gerichtsvikar und damit an ein kirch- liches Gericht delegiert, stellt ihm das Kirchenrecht frei (vgl. can. 1400 § 2). Jeder Diözesanbischof könnte deshalb schon heute für seinen Bereich ein kirchliches Verwaltungsgericht einrichten; lediglich für die Installation eines Obergerichts für ganz Deutsch- land bräuchte die Bischofskonferenz die Genehmigung des Vati- kan (can. 1439 § 2).

Ein solches Verwaltungsgericht wäre für alle Verwaltungsstreit- sachen zuständig, deren Entscheidung sich der Bischof nicht vorbehält (vgl. can. 1420 § 2, can. 1439 § 3). Hier nun taucht das zweite Grundproblem der kirchlichen Verwaltungsgerichtsbar- keit auf, auf das ich hinweisen wollte. Eine Gerichtsbarkeit muss nach allgemeinen und gleichmäßig gehandhabten Regeln ver- fahren, will sie anders nicht die Idee der Rechtsgleichheit ver- fehlen. Damit vertrüge es sich nicht, dürfte der Bischof jede beliebige Sache wieder an sich ziehen. Was sich der Bischof vorbehält, muss deshalb allgemein bestimmt sein und sollte innerhalb der deutschen Kirchenprovinz auch für alle Bistümer gleich geregelt werden. Es kommt hinzu, dass für diesen Vorbe- haltsbereich auch ein sachlicher Grund angeführt werden muss, der seinerseits im Kirchenrecht wurzelt. Dieser Grund ist im Sakrament der Weihe zu suchen, durch welche Bischöfe, Prie- ster und Diakone aus dem Kreis der Gläubigen herausgehoben Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz 79

und zu geistlichen Amtsträgern bestellt werden (can. 1008). Was so Geweihten vorbehalten ist, dürfen, ja müssen sie der Zustän- digkeit eines Gerichts entziehen, in dem auch Nichtgeweihte mitwirken. Dazu zählen jedenfalls Fragen des Gottesdienstes, der Verkündigung und der Spendung der Sakramente.

Ob es um Gottesdienst oder Sakramente geht, lässt sich ziem- lich eindeutig feststellen. Je weiter aber der Vorbehaltsbe- reich gezogen wird, desto schwieriger wird die Sache. So wird etwa darum gestritten, ob auch Fragen des „nihil obstat“ in die Zuständigkeit eines kirchlichen Verwaltungsgerichts fallen oder aber hiervon ausgenommen bleiben sollen, ob also ein Theolo- gieprofessor, dem der Bischof das „nihil obstat“ verweigert, das kirchliche Verwaltungsgericht soll anrufen dürfen oder nicht. Die Frage wurde von Anbeginn an kontrovers diskutiert; nach dem Entwurf für eine kirchliche Verwaltungsgerichtsordnung, den die Würzburger Synode 1975 verabschiedet hat, sollen Lehrstreitig- keiten dem Bischof vorbehalten sein. Ich will hier in der Sache nicht Stellung beziehen. Der Fall kann aber illustrieren, wie ein kirchliches Verwaltungsgericht vermutlich damit umgehen würde. In der staatlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit haben wir gründliche Erfahrungen mit derartigen Konstellationen gewin- nen können, auf die wir hier zurückgreifen können. Deren Ertrag lässt sich schlagwortartig etwa wie folgt zusammenfassen. Aus- zugehen ist von der schlichten Tatsache, dass niemand den The- ologieprofessor an einer Klage hindern kann, auf die hin der Bischof vom Gericht zur Erteilung des „nihil obstat“ verpflich- tet werden soll. Fraglich ist nur, wie das Gericht damit umgeht: Weist es die Klage a limine ab, allein deshalb, weil es um das „nihil obstat“ geht? Oder prüft es immerhin, ob der Bischof tat- sächlich inhaltliche Einwände gegen die theologische Lehre des Professors geltend macht? Es könnte ja sein, dass die Verweige- rung des „nihil obstat“ nur vorgeschoben ist, um ganz andere 80 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz

Einwände gegen den Professor zu bemänteln. Derartiges ist zwar gottseidank sehr selten, aber völlig auszuschließen ist es nicht – und, vor allem, der Professor könnte publikumswirksam behaupten, in seinem Falle liege ein derartiger Missbrauch der bischöflichen Befugnis vor, und eine kirchenfeindliche Presse könnte es aufgreifen und das Ansehen des Bischofs beschädi- gen. Deshalb würden wir staatlichen Gerichte eine derartige Klage annehmen und prüfen, ob das „nihil obstat“ auf sachliche Gründe zurückzuführen ist; wir würden freilich zu diesen Grün- den selbst nicht inhaltlich Stellung nehmen, denn dies betrifft ja gerade den bischöflichen Vorbehalt. Ich sage voraus, dass ein innerkirchliches Verwaltungsgericht im Prinzip ebenso vorgehen würde, und ich halte das für sachgerecht.

Ich halte es obendrein auch für klug. Damit bin ich bei meinem letzten Punkt angelangt: Was spricht eigentlich dafür, eine kirch- liche Verwaltungsgerichtsbarkeit einzurichten? Weshalb wäre das klug? Drei Bemerkungen sollen das Bild abrunden:

Der erste Vorzug liegt auf der Hand: Jede Verwaltungsgerichts- barkeit entlastet die Verwaltung. Das würde auch für die Kirche gelten. Das gilt natürlich zunächst einmal für den Bischof selbst: Er wird von der Arbeitslast und von der Verantwortung in oft eher alltäglichen Streitsachen entlastet, die mit seinem eigent- lichen Heilsauftrag nichts oder nur am Rande zu tun haben. Rein quantitativ mag das nicht sehr ins Gewicht fallen; auch in größe- ren Diözesen ist nicht mit einem großen Geschäftsanfall zu rech- nen, auch wenn die Erfahrungen der evangelischen Kirchenge- richte lehren, dass ein Kirchengericht durchaus zu tun hätte. In der Sache dürfte diese Entlastung jedem Bischof willkommen sein. Bedeutsamer aber ist der Vorteil für die bischöfliche Ver- waltung, den Generalvikar und das Ordinariat. Kirchliche Ver- waltungsgerichte dürften für die Ordinariate denselben Vorteil Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz 81

bieten, den die staatlichen Gerichte für die staatliche Verwaltung bieten und der für diese nachgerade unverzichtbar geworden ist: Ihre Rechtsprechung bietet Gleichmäßigkeit, Rationalität, Konstanz und verleiht der Verwaltung damit Stetigkeit, Verläss- lichkeit und ein höheres Maß an Selbstgewissheit und Trittsi- cherheit. Routinen werden durch unabhängige Prüfung und Billi- gung abgesichert; das erleichtert die künftige Verwaltungsarbeit schon dadurch, dass das Rad nicht bei jedem Fall neu erfunden werden muss.

Damit verbindet sich der zweite Vorzug. Hier schauen wir auf das Kirchenvolk und auf die allgemeine Öffentlichkeit. Wenn Streitfragen durch unabhängige Gerichte einer Lösung zuge- führt und, wenn sie sich nicht schlichten lassen, nach Recht und Gesetz entschieden werden, so bietet schon dies allein ein Mehr an Legitimität und Vertrauen. Das liegt zum einen am gericht- lichen Verfahren: an dem kontradiktorischen Arrangement zweier Streitparteien, die um das bessere Argument ringen, und an der Autorität des streitentscheidenden Dritten, der bei- den Parteien gegenüber unabhängig ist; an der Diskursivität der Lösungssuche, die allein auf das rationale Argument setzt und jede Irrationalität, jeden Machtspruch und jede Willkür fernhält; und an der Transparenz und nach Möglichkeit Öffentlichkeit die- ses Verfahrens, das sich der allgemeinen Aufmerksamkeit und Kontrolle bereitwillig öffnet. Es liegt aber zum anderen daran, dass die Lösung und Entscheidung des Streitfalles sich allein an rechtlichen Maßstäben ausrichtet, die nicht erst aus Anlass dieses Streits, sondern mit allgemeinem Anspruch bereits zuvor von einer hierzu besonders legitimierten Stelle: dem Papst oder anderen kirchlichen Gesetzgebern gesetzt worden sind. Das Mehr an Legitimität und Vertrauen, das hieraus erwächst, stärkt die Kirche insgesamt, und sie ist darauf gerade in unseren Tagen mehr denn je angewiesen. 82 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz

Der dritte Vorzug betrifft das Kirchenrecht als rechtliche Ord- nung der Kirche. Verwaltungsgerichte behandeln nicht nur ein- zelne Streitfälle. In der Kette der Einzelfälle bilden sie eine Rechtsprechungslinie aus. Das bietet Stetigkeit und Verlässlich- keit; davon war schon die Rede. Vor allem aber vertieft es die Rechtserkenntnis. Gerade ein Streit um das Recht veranlasst das Gericht, den historischen Wurzeln des anzuwendenden Rechts- satzes genauer als bislang nachzuspüren, nach seinem Sinn zu fragen und die Auswirkungen zu bedenken, die jede der viel- leicht in Betracht kommenden Auslegungen nach sich zieht. Das Kirchenrecht wird so wissenschaftlich durchdrungen, und zwar nicht in akademischer Abstraktheit, sondern am konkreten prak- tischen Fall. Kirchenrecht wird so lebendig und dynamisch; es lebt wie die Kirche selbst: Es ist auf dem Weg. Das alles kann freilich nur eine eigenständige Kirchengerichtsbarkeit leisten; denn sie erfüllt die hierfür entscheidende Voraussetzung der Professionalität. Natürlich müssen die Gerichte dann so besetzt sein, dass diese Voraussetzung auch tatsächlich erfüllt werden kann. Nötig ist eine Mitwirkung von Klerikern, aber zugleich eine Mitwirkung von Laien, und zwar mit gleichem Stimmrecht; ebenso nötig ist aber eine Mitwirkung gelehrter Juristen des kirchlichen und gegebenenfalls des staatlichen Rechts. Maßge- bend für solche Besetzungsfragen sollte jedenfalls nicht das Kri- terium von Macht und Einfluss bestimmter Gruppen sein, son- dern die fachliche Expertise für das Recht.

Meine Damen und Herren: Ich stehe am Ende. Gerade die katholische Kirche war und ist prononciert rechtlich verfasste Kirche. Das war sie schon seit dem Mittelalter, es ist unverän- dert einer ihrer Markenkerne. Es birgt vielleicht die Gefahr einer übermäßigen Verrechtlichung; das sollte stets bewusst sein. Es bietet aber vor allem die Chance der Rechtlichkeit. Dazu gehört eine Pflege des Kirchenrechts, auch des kirchlichen Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz 83

Verwaltungsrechts, durch unabhängige Kirchengerichte. Es ist Zeit, diese Chance zu ergreifen. 84 Vollversammlung des ZdK am 10./11. Mai 2019 in Mainz 85

3. Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg 86 Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg

3.1. Bericht zur Lage

Sehr geehrte Damen und Herren,

nicht nur heute sind wir in einer beson- deren Situation. Wir haben sehr bewegte Monate hinter uns und vor uns. Seit der letzten Vollversammlung im Mai in Mainz, als Präsidium und Hauptausschuss den Auftrag zur weiteren Vorbereitung eines Synodalen Wegs erhalten haben, wurde kontinuierlich an diesem Synodalen Weg, der eine kirchengeschichtliche Novi- tät wäre, gearbeitet. Es ist daher ange- Prof. Dr. Dr. Thomas Sternberg messen, ihn heute auch zum Schwer-

Präsident des Zentralkomitees punkt dieses Berichts zu machen, bevor der deutschen Katholiken Sie heute Nachmittag endgültig darü- ber entscheiden, ob das ZdK diesen Weg in gemeinsamer Verantwortung mit den deutschen Bischöfen gehen wird.

Gleichwohl haben wir auch noch andere Aufgaben, die uns sehr wichtig sind und sein müssen, denn wir verstehen uns als die Vertretung der katholischen Frauen und Männer nicht nur in der Kirche, son- dern zuvorderst in Gesellschaft und Staat. Auf einige dieser Aufgaben gehen wir im ersten Teil der Rede ein. Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg 87

Gefährdungen der Demokratie

In diesem Jahr haben wir an mehreren runden Jahrestagen der politischen Weichenstellungen des letzten Jahrhunderts gedacht: 1919, 1939, 1949, 1989 seien hier genannt. Einige dieser Jahresdaten erfüllen uns mit dankbaren Erinnerungen, gleichzeitig mahnen sie uns aber alle zur Wachsamkeit und zum Schutz unseres demokratischen Gemeinwesens.

In die letzten Wochen fiel ein Ereignis, das uns alle erschüttert, schockiert und empört hat. In Halle wollte ein rechtsextrem ver- blendeter Attentäter am jüdischen Feiertag Jom Kippur einen Anschlag auf die Synagoge verüben und die dort versammel- ten jüdischen Gläubigen umbringen. Wir hätten uns noch vor wenigen Jahren ein solches Geschehen in einer deutschen Stadt nicht vorstellen können. Es hat sich daraufhin eine starke Soli- darisierung mit unseren jüdischen Gemeinden ergeben. Wir stehen, im siebzigsten Jahr seit der Gründung der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, an der Seite unserer jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger und verpflichten uns zu ihrem Schutz im Reden und Handeln. Wir helfen bei der Suche nach den Ursachen und Anknüpfungspunkten, solche Taten zu verhindern. Unser Gesprächskreis Juden und Christen beim ZdK setzt sich dafür in besonderer Weise ein.

Religiöses Leben in Deutschland muss geschützt werden. Das gilt nicht nur für uns Christen, sondern ganz besonders auch für unsere älteren Geschwister im Glauben, die jüdischen Frauen und Männer. Das ist unverzichtbarer Teil unserer Staatsraison. In den seit hundert Jahren gültigen, 1949 in das Grundgesetz auf- genommenen Religionsartikeln werden die Religionsgemein- schaften als Partner des freiheitlich-demokratischen Staates 88 Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg

qualifiziert. Wir sind sehr dankbar, dass es jüdische Gemeinden in Deutschland gibt. Sie gehören zu unserem Land.

Wir erinnern uns auch an die Öffnung der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenze vor 30 Jahren. Der Fall der Mauer war ein Sieg des auch in einem totalitären Regime nicht zu ersti- ckenden Freiheitsdrangs der Menschen, der Sehnsucht nach einem Leben in Freiheit und Frieden. Entgegen manch anderer Bilanz, die in diesen Wochen gezogen wurde, bleibt es für uns dabei, dass die friedliche Revolution, die ihr folgende staatliche Einheit und die Überwindung der Teilung eine Erfolgsgeschichte sind. Zur Überwindung der Trennung von Ost und West haben gerade auch mutige Christinnen und Christen beigetragen. Dafür sind wir dankbar, und dafür kann man nicht oft genug Anerken- nung und Respekt zollen!

Die allermeisten Menschen haben durch die Einheit unseres Landes viel gewonnen, auch wenn viele – insbesondere im Osten – durch schmerzhafte Transformationsprozesse gegangen sind. Umso wichtiger ist es aber, in ganz Deutschland die ost- deutschen Länder und ihre Menschen mit ihrer Geschichte und ihren individuellen Geschichten wahrzunehmen. Das ist übrigens vor einigen Wochen in exemplarischer Weise gelungen durch die „Pastorale“ in Magdeburg. Diese Großveranstaltung ist gut für das Selbstbewusstsein der Katholiken in Ostdeutschland, die sich als gesellschaftliche Minderheit auf die Herausforderungen der Diaspora und einer Umgebung, in der alles Religiöse exo- tisch ist, einlassen.

Die Ergebnisse der letzten drei Landtagswahlen verlangen unsere Aufmerksamkeit. Vergessen wir nicht: Die große Mehr- heit der Wählerinnen und Wähler hat nicht die AfD gewählt. Doch sie ist aus den drei Wahlen jeweils als zweitstärkste Kraft Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg 89

mit deutlich über 20 Prozent der Stimmen hervorgegangen. Und wo sie gewählt wurde, geschah das nicht aus Versehen und nicht aus einer reinen Proteststimmung heraus. Das bele- gen Umfragen aus Sachsen und nicht zuletzt der Umstand, dass die Wähler der AfD in Thüringen sehr genau wissen müssten, wen sie mit dem dortigen Spitzenkandidaten gewählt haben. Ein hohes Wahlergebnis ist kein Ausweis von Seriosität. Wir haben in Deutschland schreckliche Erfahrungen machen müs- sen – Demokratien können sich selbst zerstören. Deshalb brau- chen wir den Widerstand gegen eine Partei, die von Bürgerlich- keit spricht und das Gegenteil von bürgerlicher Verantwortung und Gemeinsinn praktiziert.

Vor einem Jahr hat unser Mitglied Prof. Heinrich Detering vor uns eine bemerkenswerte Rede über die Rhetorik der parlamen- tarischen Rechten gehalten. Prof. Detering hat sich zu Reakti- onen auf die Rede so geäußert:

„Auf meine Rede habe ich Antworten erhalten, die in einer bizarren Weise bestätigten, was ich kritisiert habe. Auf den Vor- wurf, sich der Sprache von Gangstern zu bedienen, antwor- ten mir diejenigen, die sich angegriffen fühlen, mit der Andro- hung von Gewalt; auf den Vorwurf der Vulgarisierung und Verrohung antworten sie roh und vulgär; auf den Vorwurf eines Missbrauchs der deutschen Sprache antworten sie in einem Deutsch, das vom Gebrauch dieser Sprache nichts weiß.“

Lieber Herr Professor Detering, Sie bringen hier auf den Punkt, was alle kennen, die sich in solche Auseinandersetzungen bege- ben. Danke für Ihre so treffenden Worte!

Es sind Konsequenzen aus dem schrecklichen Attentat von Halle und den Wahlergebnissen zu ziehen: Es kann nicht sein, dass 90 Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg

im Netz Hass und Hetze, Falschmeldungen und Aufwiegelung ungehemmt möglich sind! Auch wenn es unpopulär ist, wieder- holen wir unsere Forderung: Wir brauchen eine Übertragung bewährter presserechtlicher Regeln auf das Internet, damit dort nicht das passiert, was im Moment stattfindet: übelste Hetze, Bruch aller Tabus, Hass-Mails – und das alles unter dem Deck- mantel der Anonymität und der freien Meinungsäußerung. Hier sind Gesellschaft und Politik gefordert, Hass und Menschenver- achtung Einhalt zu gebieten!

Genauso wichtig ist, dass auch in der analogen Welt die den gesellschaftlichen Zusammenhalt zersetzenden Stimmen nicht allein den Ton angeben. Wir brauchen dazu mehr denn je poli- tische Bildung und die Ermöglichung ihrer Kontinuität. In der katholischen Kirche haben wir zahlreiche Träger der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung – Jugendverbände, Bildungs- werke, Akademien und weitere Initiativen. Effektiver als immer neue befristete Programme und Projektförderungen aufzulegen, ist es, sie finanziell sicher auszustatten, damit sie mit ihrer kon- tinuierlichen Arbeit die zivilgesellschaftlichen Potenziale heben und stärken können. Diese Art politisch-sozialer Bildung muss weiterhin eine verlässliche Grundlage behalten.

Rentenpolitische Debatte

Wir kommen zu einem anderen Thema, das in den vergangenen Wochen in den Schlagzeilen weit oben war und das zu dieser Stunde auch beim Bundesparteitag der CDU intensiv diskutiert werden dürfte: dem Koalitionskompromiss zur so genannten Grundrente. Zunächst einmal ist zu würdigen, dass die Bun- desregierung sich auf dem zentralen gesellschaftspolitischen Feld der Alterssicherung als handlungsfähig erwiesen hat – und das nach mehreren vergeblichen Anläufen in den letzten Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg 91

zehn Jahren. Dieser Kompromiss ist viel besser als sein Ruf. Der Appell der Bundeskanzlerin, die einfachen Leute nicht aus dem Blick zu verlieren, verdient über die von ihr angesprochenen Fraktionskollegen hinaus Unterstützung. Diese Menschen wol- len ihre Lebensleistung in Beruf und familiärer Sorge anerkannt sehen.

Es lohnt sich aber, genau hinzusehen. Bei der Grundrente, die eigentlich eine Aufstockrente ist, handelt es sich um einen nicht unerheblichen Systemeingriff – aber sie ist kein Systemwechsel. Begünstigt werden langjährig Versicherte mit unterdurchschnitt- lichen Rentenanwartschaften. Aber nicht alle von einer künftigen Altersarmut bedrohten Gruppen werden zielgenau erreicht. Die- jenigen, die auf Grundsicherungsleistungen angewiesen bleiben, profitieren, wenn überhaupt, nur in geringerem Ausmaß. Die Probleme der drohenden Altersarmut werden mit dieser Grund- rente nicht gelöst. Es bleibt die Notwendigkeit einer armuts- festen Grundsicherung, die nicht stigmatisiert werden sollte. Außerdem ist im Koalitionsvertrag eine Altersvorsorgepflicht für prekär abgesicherte Selbstständige vorgesehen und noch nicht umgesetzt. Vieles davon ist auch nachzulesen in der rentenpo- litischen Erklärung, die wir vor drei Jahren beschlossen haben.

Ebenso wichtig wie die soziale Gerechtigkeit in Deutschland ist uns seit langem auch die internationale Gerechtigkeit. Die Afrika-Konferenz, die in dieser Woche in Berlin stattfand, hat noch einmal die großen Aufgaben verdeutlicht. Wir freuen uns sehr, dass wir im Anschluss mit unserem Mitglied Gerd Müller über die Verantwortung von Unternehmen in Wertschöpfungs- ketten in den Austausch treten können. 92 Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg

Bioethische Fragen

Zwei bioethische Themen, die uns kontinuierlich beschäfti- gen, können wir heute nur streifen. Zur Neuregelung der Organ- spende steht die Entscheidung des Bundestages Anfang 2020 bevor. Wir haben uns frühzeitig mit einer Stellungnahme gegen die Widerspruchslösung und für eine erweiterte Zustimmungs- lösung an die Abgeordneten gewandt. Diese Haltung und die uns leitenden Argumente werden wir in den nächsten Wochen gerade gegenüber den noch nicht auf einen Gesetzentwurf fest- gelegten Abgeordneten bekräftigen. Wir wiederholen heute, was wir vielfach gesagt haben: Die Organspende ist ein freiwilli- ges Geschenk und muss es bleiben!

Zu ethischen Aspekten der modernen Fortpflanzungsmedizin hat jüngst die Gemeinsame Konferenz von Deutscher Bischofs- konferenz und ZdK eine Stellungnahme beschlossen, die vom gemeinsamen Beirat Bioethik unter Leitung von Bischof Dr. Gebhard Fürst und Vizepräsident Dr. Christoph Braß vorberei- tet wurde. Einige Mitglieder der Vollversammlung waren inten- siv daran beteiligt. Ein wichtiger Aspekt der Stellungnahme, die zeitnah veröffentlicht werden soll, sind die Herausforderungen, die die Entwicklungen in der Pränataldiagnostik mit sich bringen. Im September dieses Jahres ist von dem zuständigen Gremium die Kassenzulassung eines nichtinvasiven Bluttests zur Fest- stellung von Trisomie 21 beschlossen worden. Wir befürchten, dass damit dieser Test zu einer Regeluntersuchung wird. Und es wird nicht bei einer Trisomiefeststellung bleiben: Eine Fülle von Erkrankungen wird prognostiziert werden können. Deshalb wird es in Zukunft noch wichtiger sein, die werdenden Eltern mit den Angeboten der unabhängigen psychosozialen Beratung zu errei- chen. Die Expertinnen dafür sind auch in Beratungsstellen von Caritas, Sozialdienst katholischer Frauen und donum vitae zu Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg 93

finden. Möglichst schon vor der routinemäßigen Durchführung eines Tests sollten sich die Eltern mit den Folgen auseinander- setzen, die ein solches Testergebnis für sie haben kann. Und sie sollen wissen: Es gibt auch ein Recht auf Nicht-Wissen, das viel- fach eine unbelastetere Schwangerschaft ermöglichen kann. In jedem Fall ist hier eine unabhängige psychosoziale Beratung wichtig!

Danke, Rita Waschbüsch!

In dem erwähnten Beirat sind unsererseits sowohl der Sozial- dienst katholischer Frauen als auch donum vitae vertreten. Was uns aus gegebenem Anlass zu einem persönlichen Dank führt.

Vor 20 Jahren ist als Initiative aus der ZdK-Vollversammlung donum vitae entstanden. Seit der Gründung war eine Frau das Gesicht von donum vitae, unsere frühere Präsidentin Rita Waschbüsch. Liebe Frau Waschbüsch, Sie haben als Präsiden- tin des ZdK über lange Jahre den Kampf um den gesetzlichen Schutz des ungeborenen Lebens mit Nachdruck geführt. Als die deutschen Bischöfe gezwungen wurden, aus der Mitwirkung bei der gesetzlichen Beratungsregelung auszusteigen, haben Sie im Verein mit anderen mit der Gründung von donum vitae Verantwortung übernommen. Zwei Jahrzehnte lang haben Sie das Schiff dieses Vereins durch die manchmal sehr stürmische See navigiert und deswegen auch viele ungerechte Anwürfe ertragen müssen. Vor allem aber haben Sie durch Ihr Engage- ment mit den Beraterinnen von donum vitae vielen Menschen, die teils heute schon das Erwachsenenalter erreicht haben, ihr Leben ermöglicht. Jeder dieser geborenen Menschen ist ein Beweis der Richtigkeit der damaligen Entscheidung. Der Schutz des ungeborenen Lebens ist dann möglich, wenn wir auch Frauen, die eine Abtreibung erwägen, in ihrer Not helfen. Wir 94 Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg

stehen mit allergrößtem Respekt vor dem, was Sie in diesen bei- den Jahrzehnten geleistet haben. Wir alle sagen Ihnen: Vergelt’s Gott, liebe Frau Waschbüsch!

Donum vitae hat sich in all diesen Jahren zu einer anerkannten Beratungs- und Fachorganisation entwickelt. Das Bundesfamili- enministerium hat Ihnen zum wiederholten Mal ein Modellpro- jekt anvertraut, um Wege zu Frauen zu finden, die mit den kon- ventionellen Mitteln nur schwer zu erreichen sind. Nun haben Sie, liebe Frau Waschbüsch, auf dem hochseetüchtigen Schiff das Steuerrad weitergegeben.

Der neue Kapitän, Dr. Olaf Tyllack, ist seit langem Mitglied des ZdK. Und ebenso herzlich möchte ich in dieser Runde die neue Bundesvorsitzende des SkF, Frau Hildegard Eckert, begrüßen.

3. Ökumenischer Kirchentag 2021 in Frankfurt

Die Gründung von donum vitae war unser großes Thema vor 20 Jahren – auch damals – übrigens mit einem neuen General- sekretär. Die Großprojekte, vor denen wir heute stehen, heißen Ökumenischer Kirchentag, Aufarbeitung und Überwindung des sexuellen Missbrauchs in der Kirche und Synodaler Weg. Der Reihe nach:

Für den Ökumenischen Kirchentag 2021 in Frankfurt am Main haben wir im Gemeinsamen Präsidium Ende Oktober nach einer intensiven Beratung das Leitwort beschlossen. „schaut hin“ – dieses dem Markusevangelium entlehnte Wort soll unseren Blick auf alles lenken, was uns in Kirche und Gesellschaft bewegt und herausfordert. „schaut hin“ – dazu haben sicher- lich auch Sie in Ihren katholischen Verbänden und Organisati- onen, Räten und geistlichen Gemeinschaften etwas Sehens- und Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg 95

Beachtenswertes beizutragen. Unter dem Dach dieses Leit- wortes wird sich in den kommenden Monaten das Programm entwickeln. Ein ökumenischer Themenkonvent mit 150 Teilneh- merinnen und Teilnehmern hat dafür die Richtung angegeben. Morgen werden wir weitere Informationen zum Stand der Vor- bereitungen geben.

Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche

In der Frage der Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche sind wir an einem kritischen Punkt ange- kommen. Vor einigen Wochen informierte Bischof Ackermann als Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz in einer Pres- sekonferenz bei der Vollversammlung der deutschen Bischöfe über mögliche Entschädigungszahlungen der katholischen Kir- che an von sexuellem Missbrauch betroffene Menschen. Dazu liegt den Bischöfen die Empfehlung einer von ihnen eingesetz- ten Arbeitsgruppe vor.

Aus dem 19-seitigen Papier wurde seit der Veröffentlichung bei- nahe nur eine Zahl zitiert: die als Option genannte Zahlung einer pauschalen Entschädigung in Höhe von 300.000 Euro. Diese Zahl steht in dem Papier, doch die verkürzte Wiedergabe und Fixierung auf eine Zahl schadet dem Anliegen, dass den von sexualisierter Gewalt Betroffenen endlich Gerechtigkeit wider- fährt. Denn sie polarisiert die Debatte und erschwert die kon- struktive, ergebnis-orientierte Verständigung auf ein tragfähiges Verfahren.

Belastet wird das Thema aber auch durch die berechtigte Frage nach der Herkunft der Mittel. Diese Frage gilt eigentlich immer, aber erst recht, wenn es um solche Summen geht. Und sie wird 96 Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg

richtig virulent, wenn – so erste Informationen – das Geld auch aus unseren Kirchensteuern aufgebracht werden soll.

Wir erleben seit dieser Ankündigung eine wachsende Empörung bei vielen Katholikinnen und Katholiken. Es wäre verständlich, wenn bei einer Umsetzung dieser Entschädigungsoption die nächste schwere Akzeptanzkrise der Kirchensteuer im Kirchen- volk mit der Konsequenz vieler Kirchenaustritte ausbräche. Wir teilen diese Kritik und sagen entschieden: So geht das nicht!

Der Appell an eine Solidargemeinschaft geht an dieser Stelle ins Leere, denn unsere Solidarität gilt den Opfern – und nicht jenen Verantwortlichen und Institutionen, die nun nach Aus- wegen angesichts finanzieller Forderungen suchen. Es gibt keine Solidargemeinschaft mit den Tätern – und auch keine Haftungsgemeinschaft.

Priester und Bischöfe sind – nach ihrem klerikalen Selbstver- ständnis – Laien keine Rechenschaft schuldig. Sie sind vielmehr Teil eines Systems, das ihnen allein Vollmacht zuspricht und umgekehrt kaum Kontrolle und Transparenz vorsieht. Genau das problematisiert auch die MHG-Studie selbst. Deshalb soll es auf dem Synodalen Weg das Forum „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche“ geben, das genau diese Zusammenhänge themati- siert und Änderungsvorschläge erarbeitet.

Wenn ich als Bürger für Verfehlungen staatlicher Akteure hafte, dann weil ich zumindest indirekt Einfluss auf die Inhaber der Macht habe: Ich kann sie abwählen oder mich selbst um die gleichen Ämter bewerben. In unserer Kirche sollen wir Laien jetzt für Straftaten von Klerikern verantwortlich gemacht wer- den, obwohl wir als Gläubige gegenüber der Kirchenleitung Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg 97

praktisch keine politische und rechtliche Handhabe besitzen, um Machtmissbrauch zu verhindern.

Doch zugleich muss man sich als Kritiker einer Entschädigung aus Kirchensteuern fragen lassen, aus welchen Mitteln sie sonst zu bestreiten wäre. Der Vorschlag einer freiwilligen Abgabe aller amtierenden und emeritierten Bischöfe und Weihbischöfe mag nicht sehr weit führen. Die so gewonnenen Mittel, – das kann man leicht ausrechnen – decken nicht die Kosten, die bei die- sen exorbitanten finanziellen Entschädigungsleistungen entste- hen würden, aber immerhin hätten sie eine hohe symbolische Wirkung. Sie würden vor allem zeigen, dass diejenigen, die die Verantwortung tragen, auch bereit sind, sich dafür zur Rechen- schaft ziehen zu lassen und Konsequenzen zu tragen.

Wenn es den Bischöfen ernst ist mit einer angemessenen Ent- schädigung der Betroffenen und zugleich damit, dass die Kirche ihre Aufgaben auch künftig in ganz Deutschland wahrnehmen kann, werden sie hier gemeinsam eine andere Lösung finden müssen – keine, die jetzt Laien in Regress nimmt, und keine, die einzelne Diözesen oder auch Orden finanziell ruiniert. Und es muss übrigens auch eine Lösung sein, die die katholische und die evangelische Kirche in Deutschland gemeinsam vertreten können. Danach sieht es nach der jüngsten EKD-Synode aber ganz und gar nicht aus.

Es sind hier noch viel mehr Fragen offen als geklärt. Je länger man über – vom Kontext isolierte – Zahlen redet oder reden lässt, desto größer ist das Risiko, dass am Ende Betroffene ernüchtert, Erwartungen enttäuscht werden und Versöhnung verfehlt wird. Der Ständige Rat hat in diesen Tagen in Würz- burg weitere Schritte bis Januar angekündigt. Zu einer ernst- haften Aufarbeitung des Missbrauchsskandals gehört auch eine 98 Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg

aufrichtig gemeinte Entschädigung, die durchaus schmerzhaft für die beteiligten Akteure, nicht aber für die Laien in der katho- lischen Kirche sein darf.

Neben dieser dringlichen Aufgabe sei auch an die Errichtung einer kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit erinnert, zu der wir bei der letzten Vollversammlung den eindrucksvollen Vor- trag des Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts, Prof. Dr. Klaus Rennert, gehört haben. Erzbischof Dr. Ludwig Schick zufolge soll eine Einführung im nächsten Jahr möglich sein. Das wäre dann ein echter Durchbruch, auf den wir seit vierzig Jah- ren warten und für den unser langjähriger Vizepräsident, Dr. Walter Bayerlein, immer wieder gekämpft hat – und wir machen gerne einen Knoten ins Taschentuch, um heute in einem Jahr nachzufragen!

Synodaler Weg

Die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs und die rechtlichen Konsequenzen sind aber nicht die Aufgabenfelder, in denen das ZdK die Hauptverantwortung trägt. Anders ist dies beim Syno- dalen Weg, zu dem wir jetzt kommen. Er hat uns im Präsidium, im Hauptausschuss, in der Gemeinsamen Konferenz und vor allem auch unser Generalsekretariat in den letzten Monaten sehr intensiv beschäftigt. In der letzten Vollversammlung haben Sie uns als Präsidium und Hauptausschuss beauftragt, den Synoda- len Weg mit der Deutschen Bischofskonferenz weiter abzustim- men und vorzubereiten, und sich eine endgültige Zustimmung für die heutige Vollversammlung vorbehalten. Vieles ist seitdem geschehen, darunter auch manche organisatorische Festlegung, die trotz des noch bestehenden Zustimmungsvorbehalts getrof- fen werden musste, um, bei einem positiven Votum, am ersten Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg 99

Advent tatsächlich den Synodalen Weg bundesweit offiziell star- ten zu können.

Bevor wir auf einzelne Punkte eingehen, lassen Sie uns grund- sätzlich feststellen: Wir haben in der Situation des Jahres 2019 ein vorher ungekanntes, hohes Maß an Einigkeit in der katholischen Kirche in Deutschland, zwischen der Deutschen Bischofskonferenz und dem ZdK, bis auf wenige, allerdings sehr lautstarke Stimmen. Nur auf diesem Fundament des gegensei- tigen Vertrauens und der Einigkeit waren die Fortschritte des letzten halben Jahres zu erreichen. Und wir lassen uns durch die wenigen, immer gleichen gegnerischen Stimmen – zumeist von Emeriti – ganz sicher nicht von unseren Hoffnungen und Überle- gungen abbringen!

Was ist seit der Frühjahrsvollversammlung geschehen? Sie haben uns in Mainz den Auftrag gegeben, uns für ein viertes vorbereitendes Forum zum Thema des Zugangs von Frauen zu Weiheämtern einzusetzen. Dies konnten wir erreichen. Unsere Argumente haben die Bischöfe von der Sinnhaftigkeit dieser For- derung überzeugt.

Das vierte vorbereitende Forum „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“ nahm aufgrund seiner Entstehungsgeschichte seine Arbeit erst im Sommer auf, während die drei anderen vor- bereitenden Foren zu den Themen „Macht und Gewaltentei- lung“, „Priesterliche Lebensform“ und „Sexualmoral“ bereits im Frühjahr mit ihrer Arbeit starten konnten. Diese vorbereitenden Foren haben sehr gute Grundlagen erarbeitet, auf denen die ein- zurichtenden Foren des Synodalen Wegs aufbauen können. Für die künftigen Synodalforen wurden die Titel leicht abgeändert. 100 Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg

Erschwert wurde der Start in den vorbereitenden Foren dadurch, dass bei ihrer von der Bischofskonferenz initiierten Ein- richtung auf der ZdK-Seite ein hoher Handlungsdruck entstand. Als Präsidium mussten wir sehr schnell Vertretungen des ZdK für die Mitarbeit benennen, was bei einigen von Ihnen zu Ver- wunderung und Verärgerung geführt hat. Es bildete sich die in der Presse kursierende Legende, die Besetzung sei intransparent und unausgewogen gewesen. Dazu ist zu sagen, dass die Ver- treterinnen und Vertreter des ZdK in den vorbereitenden Foren alle durch das von Ihnen gewählte ZdK-Präsidium nominiert wurden. Niemand ist unautorisiert in ein vorbereitendes Forum berufen worden. Es war in der Kürze der Zeit aber schlichtweg nicht möglich, ein gründliches Interessenbekundungs-verfah- ren durchzuführen, wie es ja jetzt für die Mitgliedschaft in der Synodalversammlung angewandt wurde. Dafür bitten wir um Verständnis.

In den vier vorbereitenden Foren konnte ein hohes Maß an Transparenz und Augenhöhe der Partner erreicht werden. Zunächst wurden die Namen aller Mitwirkenden der Foren auf unserer Homepage und der Homepage der DBK veröffentlicht, seit Mitte September auch die Arbeitspapiere, die in den vor- bereitenden Foren erstellt wurden. Zu den Inhalten, die ja der Kern der Arbeit der vorbereitenden Foren sind, werden Sie sich heute Nachmittag in den Arbeitsgruppen austauschen. Wir sind gespannt auf Ihre Rückmeldungen und Einschätzungen zu dem bisher Erarbeiteten.

Wichtig für das Gelingen war auch die nachholende Bildung von Doppelspitzen in der Leitung der Foren. Das Forum zu „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“ war von vornherein so angelegt, mit Prof. Dr. Dorothea Sattler und Bischof Dr. Franz- Josef Bode als Vorsitzende. Für die drei anderen Foren hat der Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg 101

Hauptausschuss im Juli 2019 Dr. Claudia Lücking-Michel, Ste- phan Buttgereit und Birgit Mock als Vorsitzende benannt. Sie nehmen die Leitung gemeinsam mit den Bischöfen Dr. Karl- Heinz Wiesemann, Dr. Felix Genn und Dr. Georg Bätzing wahr. Ihnen und allen Mitwirkenden in den vorbereitenden Foren dan- ken wir sehr herzlich für ihre Bereitschaft mitzuarbeiten und für die Erstellung sehr guter und fundierter Texte in so kurzer Zeit.

Parallel zur Arbeit der vorbereitenden Foren nahm das Regel- werk des Synodalen Wegs allmählich Form an. Im künftigen Prä- sidium des Synodalen Wegs, das sich aus Kardinal Marx und Bischof Bode für die Deutsche Bischofskonferenz und aus Prof. Dr. Sternberg und Karin Kortmann für das ZdK zusammensetzt, wurde gemeinsam eine Satzung für den Synodalen Weg erar- beitet. Sie war in unterschiedlichen Entwurfsfassungen Gegen- stand der Beratung in der Vollversammlung und dem Ständigen Rat der Deutschen Bischofskonferenz, im ZdK-Hauptausschuss und in der Gemeinsamen Konferenz. Neben der personellen Zusammensetzung war die Übereinstimmung mit den kirchen- rechtlichen Vorgaben abzustimmen. Daraus ist in der medialen Beobachtung und in manchen internen Diskussionen der Vor- wurf erwachsen, es sei die anfangs versprochene Verbindlich- keit der Beschlüsse einer künftigen Synodalversammlung auf- gegeben worden. Wie mit den Beschlüssen umzugehen ist, sei in das Ermessen jedes einzelnen Diözesanbischofs gestellt. Diese Kritik wiegt schwer. Doch nicht die Satzung greift hier zu kurz, sie bildet lediglich ab, was das Kirchenrecht vorgibt. Und – das ist eine Lernerfahrung aus den letzten Monaten – sie muss diese Vorgaben getreu abbilden, wenn der ganze Prozess nicht auf tönernen Füßen stehen soll. Aber vertrauen Sie auch darauf: Wenn Sie heute Nachmittag diesem gemeinsamen Weg zustim- men, dann werden wir alles tun, um zu verbindlichen Beschlüs- sen und Voten in der Synodalversammlung zu kommen. 102 Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg

Wir konnten erreichen, dass die DBK das ZdK als Partner auf Augenhöhe anerkennt. Damit sind wir aber auch in der Mitver- antwortung sowohl für das Gelingen als auch für das hoffentlich nicht eintretende Scheitern. Betonen möchten wir: Die Zusam- menarbeit mit dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskon- ferenz, Kardinal Reinhard Marx, ist vertrauensvoll und gut. Er vertritt das gemeinsame Anliegen des Synodalen Wegs in der Weltkirche ganz entschieden, auch gegenüber teils haarsträu- benden Unterstellungen, und genießt unser volles Vertrauen.

Es gibt eine hohe internationale Aufmerksamkeit für den Syno- dalen Weg und inzwischen auch schon eine internationale Aus- strahlung auf Entwicklungen in der Schweiz, in Österreich und Frankreich. Auch in Rom ist die Aufmerksamkeit groß, wie wir alle wissen. Der ermutigende Brief von Papst Franziskus an die Gläubigen in Deutschland ist ein historisches Signal der Wert- schätzung und Unterstützung unseres Synodalen Wegs. Die Ein- heit mit der Weltkirche wird von keinem der am Synodalen Weg Beteiligten in Frage gestellt.

Der Brief von Kardinal Ouellet an Kardinal Marx mit dem kri- tischen Gutachten des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte zu einem unserer ersten Satzungsentwürfe erreichte die deut- schen Bischöfe kurz vor der erweiterten Gemeinsamen Konfe- renz am 13. und 14. September 2019. Er führte zu hoher Medien- wirkung – letzten Endes mit einer unserem Anliegen dienenden Wirkung. Die Sache ist längst durch ein Antwortschreiben von Kardinal Marx ausgeräumt. Auch Präsident Sternberg hat in Rom dazu Gespräche geführt.

Bei dieser erweiterten Gemeinsamen Konferenz mit insgesamt ca. 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmern wurden zentrale Wei- chenstellungen vorgenommen. Sie hat Bischöfe und Laien noch Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg 103

enger zusammenrücken lassen. Gemeinsam haben wir uns mit den Anfragen aus dem Vatikan auseinandergesetzt, und gemein- sam haben wir dem Heiligen Vater für seinen an uns alle gerich- teten Brief gedankt und ihm geantwortet. Im gemeinsamen Beten und Singen, in der respektvollen Debatte, dem gegensei- tigen Zuhören wurde bei dieser Konferenz konkret spürbar, dass der Synodale Weg ein geistliches Ereignis sein wird und schon ist.

Auf dem Synodalen Weg werden wir nicht alle kirchlichen Pro- blemkomplexe der Gegenwart behandeln können. Die hochdif- ferenzierten Entwicklungsprozesse in den deutschen Diözesen haben sicherlich viele Berührungspunkte zum Synodalen Weg, aber wir werden sie nicht alle systematisch aufgreifen können.

Am Ausgangspunkt des Synodalen Wegs stehen der Glaubwür- digkeitsverlust der katholischen Kirche und die Erkenntnis syste- mischer Ursachen von Machtmissbrauch und sexualisierter Gewalt. Unsere zentrale Aufgabe ist, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die katholische Kirche in unserem Land ver- lorenes und gefährdetes Vertrauen zurückgewinnen und recht- fertigen kann. Nur unter dieser Voraussetzung kann die Kirche, können wir evangelisieren und unseren Auftrag, die evangeli- umsgemäße Umgestaltung von Kirche und Welt, mit Gottes Hilfe erfüllen. Lassen wir uns nicht einen vermeintlich unver- einbaren Gegensatz von strukturellen Reformen und geistlicher Vertiefung einreden!

Wir gehen als ZdK nicht unvorbereitet auf diesen Weg. Viele der in den vier Foren zu führenden Diskussionen sind bei uns seit Jahren oder Jahrzehnten auf der Agenda. Vertrauen wir auch auf den Heiligen Geist, dass alle am Synodalen Weg Beteiligten die Offenheit besitzen, sich auf den Stuhl der jeweils anderen 104 Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg

zu setzen und zu einem vertieften gemeinsamen Verständnis zu gelangen.

Der Synodale Weg ist für alle Beteiligten Neuland und er entwi- ckelt sich tatsächlich erst beim Gehen. Gleichzeitig ist die öffent- liche und innerkirchliche Beobachtung und Erwartungshal- tung sehr anspruchsvoll. Alles, was noch nicht rund läuft, wird zum Gegenstand teils spöttischer Kommentare. Eine besondere Herausforderung wird die Beteiligung der kirchlichen Öffentlich- keit durch Kommentare und Vorschläge zu den in allen Phasen veröffentlichten Texten sein, die auf elektronischem Wege mög- lich sein wird.

Wir sind nach allen Gesprächen mit Bischöfen gewiss, dass es einen entschiedenen politischen Willen gibt, den erreichten Grad der Einigkeit zwischen den meisten Bischöfen und den meisten Laien nicht wieder aufzugeben und den Worten und gemeinsam verantworteten Beschlüssen auch Taten folgen zu lassen. Mit der Satzung haben wir eine Grundlage, auf die sich alle Beteili- gten einlassen können und die den Rahmen für die kommenden zwei Jahre setzt.

Und wenn in den letzten Wochen vielleicht auch einiges vor- schnell veröffentlicht wurde, ohne die heutige Abstimmung abzuwarten, dann bitten wir Sie um Verständnis. Es besteht hier ein hoher Zeitdruck und eine entsprechende Arbeitsbelastung, wenn der Synodale Weg am Ende der kommenden Woche star- ten kann und soll. Wir danken allen, die sich so intensiv enga- gieren – allen voran unserem scheidenden Generalsekretär Dr. Stefan Vesper, ohne dessen Engagement und Erfahrung die Vor- bereitungen nicht möglich gewesen wären. Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg 105

Wir danken den Ehren- und Hauptamtlichen für die unermüd- lichen Planungsarbeiten und für die Hartnäckigkeit, die ermög- lichen, dass dieser Weg nun bereitet ist und gegangen wer- den kann. Ich bitte Sie herzlich darum, die jeweils einstimmigen Voten des Präsidiums und des Hauptausschusses durch Ihre Zustimmung zu bestätigen.

Vieles mehr wäre zu berichten. Für den Augenblick danken wir für Ihre Aufmerksamkeit und freuen uns auf die Aussprache. 106 Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg

3.2. Impuls Segensfeiern

Ich bedanke mich zunächst ganz herz- lich für die Gelegenheit, hier einen Impuls zum Thema „Partnerschaftssegnungen“ am Beginn eines langen und sicher auf- regenden Sitzungstages zu geben. Ich werde aus pastoraler Perspektive spre- chen, denn ich bin im Bistum Osnabrück u.a. für die Ehe- und Familienpastoral zuständig. Und bin dankbar, dass sich Herr Prof. Kranemann von liturgiewissen- schaftlicher Seite anschließen wird. Wir verstehen unsere Beiträge als inhaltliches Dr. Martina Kreidler-Kos Warming-Up für Ihre anschließende Dis-

Diözesanreferentin der Ehe- kussion. Wir haben jeder zehn Minuten – und Familienpastoral im Bistum deshalb gleich zur Sache: Osnabrück Die pastorale Erfahrung zeigt etwas Ermutigendes: Liebende Menschen bit- ten um Segen. Sie tun das nicht immer offensiv, weil viele von ihnen eine nega- tive Antwort vermuten oder sogar fürch- ten, aber sie artikulieren den Wunsch, dass das, was sie als gut und heilsam, als Glück erleben – nämlich ihre Beziehung – in einen ausdrücklichen Zusammenhang mit einer guten, heilsamen und Glück stif- tenden Gotteserfahrung gestellt wird. Sie erhoffen sich dadurch Mehreres: Bestär- kung und sicher auch Anerkennung, aber Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg 107

sie bringen damit vor allem – wie es in Ihrem Papier heißt – ihr Angewiesensein auf Gott zum Ausdruck.

Menschen warten offensichtlich in dieser Frage auf konkrete Signale. Der Bedarf ist groß. Zwei Beispiele aus der Praxis: Sie alle kennen sicherlich den Vorstoß des Frankfurter Stadtdekans Johannes zu Eltz vom Januar 2018. Sofort nachdem sein vor- sichtiges Papier in der Welt ist, erhält er die ersten Anfragen. Obwohl er klar gemacht hat, dass er zunächst nur eine Diskus- sion in Gang setzen kann. Dieselbe Dringlichkeit zeigt auch die Erfahrung einer Kollegin, die eine Segensfeier anlässlich einer Silberhochzeit mitgestaltet hat – völlig unverfängliches Terrain. Wenig später hat sie vier Anfragen von ganz unterschiedlichen Paaren, die ausdrücklich sie und nicht den Priester bitten, ein Segensritual mit ihnen zu feiern.

Obwohl der Antragstext sich ausschließlich mit dem Segens- wunsch von gleichgeschlechtlichen Paaren befasst, lassen Sie mich in Erinnerung rufen, dass dieser Bedarf auf breiter Ebene da ist. Liebende gibt es in allen Farben: Da sind natürlich auch die (, was Ihr Text leise andeutet), die in einer zweiten Bezie- hung glücklich sind und da sind vermehrt Paare, von denen nur der eine Teil katholisch ist. Oft respektiert der andere, die and- rer, diese Anbindung an die Kirche und ist auch bereit, erste Schritte mitzugehen. Aber gleich das ganz große und wirkmäch- tige „Gesamtpaket“ einer sakramentalen Eheschließung wird als Unwucht in der Beziehung erlebt. Auch wenn der Liturgie- wissenschaftler hier zurecht Einwände erhebt, weil Segen etwas ganz Großes ist, deuten diese Paare eine Segensfeier als etwas Vorsichtiges, Tastendes, das erst einmal das Angemessenere zu sein scheint. 108 Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg

Ich erzähle Ihnen das mit der Vielfalt der Segenswünsche nicht, um hier Verwirrung zu stiften, sondern um unser Bewusstsein und – ja auch eine Dankbarkeit – dafür zu stärken, wie vielfältig Segen ist, wenn er so vielfältig gewünscht, erbeten oder auch ersehnt wird. Der Zuspruch Gottes ist nicht an eine bestimmte Klientel gebunden, das wissen wir alle. Spannend ist an dieser Stelle: Das müssen wir nicht einmal predigen, das wird von ganz allein verstanden. Was ist das für ein Schatz, wenn so ganz ver- schiedene Menschen in so ganz verschiedenen Lebenssituati- onen, wenn selbst die buntesten Vögel spüren, dass ein Segen sie stärken kann, dass er wohl tut – und dass er für eine ange- messene Form von Ernsthaftigkeit steht. Sicher wird man die verschiedenen Beziehungsformen in liturgischer Hinsicht aus- differenzieren müssen, in pastoraler Hinsicht kann man sich zunächst an dieser Vielfalt von Segenswünschen freuen!

Es ist ja nicht nur bei der Eheschließung so, dass Menschen sich eine Segenshandlung vorstellen können, aber mit dem Sakra- ment fremdeln. Das gilt genauso für sogenannte „Segen für Neugeborene“, die in Krankenhäusern angeboten und vielfach angenommen werden. Oder: Ein „Segen für den Neuanfang“ wird im Rahmen von Begleitungsgesprächen als hilfreich erlebt, ebenso die Sterbesegen, die in Altenheimen oder Krankenhäu- sern gesprochen werden.

Für unser Thema der Liebesbeziehungen könnte das heißen: Diese Bitten spiegeln eine Richtung, die vom Konzil eingeschla- gen wurde, aber jetzt erst an Fahrt gewinnt: Das Konzil hat von der Ehe als „Bund“ gesprochen, nicht mehr als „Vertrag“ und hat damit die pragmatische Lehre von den Ehezwecken in ihre Schranken gewiesen. Etwas spröde könnte man sagen: Das Konzil hat die personale Dimension der Ehe gestärkt. Poe- tischer formuliert: Es hat begonnen, der Liebe zu trauen. Wenn Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg 109

Menschen heute für eine kirchenrechtlich „unmögliche“ Liebe nach Segen fragen, dann erinnern sie an diese Weichenstellung des Konzils, die wir noch längst nicht eingeholt haben. Dass nicht die Ehezwecke das allein entscheidende sind, sondern mindestens ebenso wichtig, die gegenseitige Liebe ist. Und wer weiß, vielleicht müssen wir noch weiter gehen und für unsere Zeit formulieren: Sie ist das Wichtigste.

Ein letzter inhaltlicher Gedanke: Aus Sicht der Dogmatik mag man für das Thema des Antragtextes die Frage nach der Schöp- fungsordnung bedenken. Aus Sicht der Pastoral sollte man die Bitten gerade der gleichgeschlechtlichen Paare als das benen- nen, was sie sind: ein hartnäckiges und oft sehr berührendes Glaubenszeugnis. Und dem sollte man Gewicht geben. Paare, die nicht den Erwartungen entsprechen, geraten, wenn sie in der Kirche bleiben wollen, nicht selten unter hohen Druck. Gerade deshalb zeigen sie oft und in berührender Weise, wie unbedingt Liebe beschützt werden muss – manchmal sogar gegenüber einer Institution, die doch ihrerseits nichts anderes tun möchte, als die Liebe zu schützen. Und von diesen Erfah- rungen ausgehend, müsste man bedenken, was das für unsere Überlegungen zur Schöpfungsordnung bedeutet.

So, jetzt bewegt Sie alle vermutlich die Frage: Grundsätzlich mag das alles so sein, aber ist jetzt ein guter Zeitpunkt für ein solches Papier? Das Jetzt ist christlich gesprochen immer ein guter Zeitpunkt. Erst recht, wenn es Not gibt, auf die eine Ant- wort gegeben werden muss – und diese Not gibt es in drei- facher Weise:

Die ersten, die leiden, sind die Paare: Darüber habe ich gerade gesprochen. Aber auch hier schlage ich einen Perspektivwech- sel vor: Da geht es nicht nur um Wünsche oder Sehnsüchte, die 110 Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg

dann eben leider nicht erfüllt werden können. Bedenken wir die Wirkung von Segen: Ein Segen, der über etwas gelegt – oder ausgesprochen wird, weil er längst da ist – der ist ja nie privat. Und der bleibt auch nicht privat. Der wirkt – durch die Geseg- neten und durch alle die, damit in Berührung kommen. Ich denke manchmal: Vielleicht bekommen wir derzeit auch und gerade die Verweigerung von Segen zu spüren.

Die zweite Ebene sind die Seelsorgenden: Wie oft kommt ein Priester oder Diakon oder auch ein Laie ins Schwitzen, weil eine solche Bitte an ihn herangetragen wird. Und wie oft wird sie zurückgehalten, weil man eben jenen geschätzten Priester, Dia- kon oder Laien nicht in Schwierigkeiten bringen will. Da gibt es eine unglaubliche Rücksichtnahme von Paaren. Für die Arbeit dieser Hauptamtlichen und auch für ihre Gewissensnöte brau- chen wir jetzt eine Lösung dieser Fragen.

Und die dritte Ebene ist ein waches Gottesvolk, das kopfschüt- telnd fragt, wo die Schwierigkeiten denn eigentlich liegen? Wenn man einer Reaktion in dieser Sache begegnet, dann die- ser: „Wir segnen doch alles! Hamster, Autos, sogar Panzer! Nur Menschen, die segnen wir nicht?!“ Die Gläubigen können sich des Eindrucks nicht erwehren, dass manchen Menschen Segen vorenthalten wird. Und das Delikt soll die Liebe sein? Man mag es lehramtlich auch noch so gut begründen, pastoralpraktisch überzeugt das nicht. Das sollte zu denken geben. Das Empfin- den der gläubigen Menschen hat von jeher eine eigene theolo- gische Dignität. Dieser Sensus fidelium erinnert im Moment sehr klar daran, dass Liturgie nicht dazu da ist, moralische Urteile zu fällen. Segen ist keine moralische Instanz.

Also, warum jetzt? Weil die Not groß ist! Aber nicht alleine deswegen. Wir können froh und dankbar sein, wenn in der Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg 111

Vorbereitung des Synodalen Weges und erst recht in der inhalt- lichen Arbeit der Foren auf gute Diskussionsgrundlagen zurück- gegriffen werden kann. Wir müssen uns dort auf Vorarbeiten stützen können. Die nehmen nichts vorweg, sondern strukturie- ren und befruchten die Debatten. Der Prozess ist auf zwei Jahre angelegt. Das ist gut so, damit er Fahrt aufnehmen kann. Aber wir gehen dafür nicht alle zurück auf Los. Wir beginnen doch nicht bei null. Im Gegenteil, die Idee ist doch gerade, all das mit- zubringen, was an wissenschaftlichen und pastoralen Erkennt- nissen vorliegt, und damit in die Diskussionen zu gehen. Dann und nur dann kann in zwei Jahren ein ordentliches Wegstück gegangen werden.

Auf der Ebene der Bistümer im Übrigen gehen wir bereits wei- tere Schritte. Es ist ja nicht so, als müsse man Partnerschafts- segnungen neu erfinden. Es gibt sie schon. Es gibt sie in Wohn- zimmern oder Gartenhäusern, auch in klandestinen Feiern im Kirchenraum, und wir wissen auch um Ansprechpersonen, die damit Erfahrungen haben. Ich halte es immer noch für einen der wichtigsten Impulse, des Frankfurter Papieres, diese Praxis zu benennen und ans Licht zu holen. Verantwortlich und gemein- sam klären zu wollen, was geht und was der Veränderung bedarf. Dazu werden vielerorts bisherige Erfahrungen gesam- melt und dazu sitzen pastorale Mitarbeiterinnen und Mitarbei- ter zusammen, um sich für den Ernstfall vorzubereiten. Damit sie theologisch und pastoral verantwortet handeln können in dem Moment, in dem es grünes Licht gibt. Wenn die Ampel auf Rot bleibt, gut, dann wird diese Arbeit umsonst gewesen sein. Aber ich fürchte, das ist dann das kleinste Problem.

Wir hätten mit diesem Beschlusspapier einen Baustein, einen zugegeben gewichtigen, mit dessen Hilfe die konkreten Fra- gen nach konkreten Segnungen für gleichgeschlechtliche Paare 112 Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg

intensiv debattiert werden könnte. Diese Frage wird bewegt werden, ebenso wie die Frage nach den Zweiten Ehen oder wo wir sonst noch Baustellen haben. Für diese jetzt zu führenden Debatten sind breite Erfahrungen und klare Voten das Beste, was dem Synodalen Weg passieren kann.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg 113

3.3. „SEGEN SCHENKEN – SEGENSFEIERN FÜR GLEICHGESCHLECHTLICHE PAARE“

Grundlagentext der Ad-hoc-Arbeitsgruppe „Se- gensfeiern“ Sachbereich 5 „Familie“ des ZdK

[1] Einleitung

Der folgende Text fungiert als Grundlagenpapier für den Antrag- stext „Segen schenken – Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare“ auf der ZdK-Vollversammlung in Bonn 2019. Mit Texten greift das ZdK die Perspektive seiner Erklärung „Zwischen Lehre und Lebenswelt Brücken bauen. Familie und Kirche in der Welt von heute“ (Würzburg 2015) auf und entwickelt sie entlang der gezeichneten Fluchtlinien weiter.

2015 bezog das ZdK Stellung, indem es seine Wertschätzung für die Ehe und für die vielfältigen Formen gemeinschaftlichen Lebens ausdrückte, in denen Erwachsene in liebender Weise sowohl Verantwortung füreinander als auch für ihre Schutzbe- fohlenen und ihr soziales Umfeld übernehmen. Denn es wer- den auch in verbindlichen und auf Dauer angelegten nicht-ehe- lichen Paarkonstellationen, die vom katholischen Familienideal abweichen, Akte gelebt und vermittelt, die nach lehramtlicher Sicht der sakramentalen Ehe vorbehalten sind. Die Erklärung von 2015 identifizierte eine „Spannung und vielfach eine Kluft zwischen Aussagen des päpstlichen Lehramtes zu Ehe und Familie und der von pluralen Familienformen geprägten heu- tigen Lebenswellt der Gläubigen“. Als Konsequenz wurde „eine 114 Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg

Weiterentwicklung von liturgischen Formen, insbesondere von Segnungen gleichgeschlechtlicher Partnerschaften, neuer Part- nerschaften Geschiedener und für wichtige Weichenstellungen im Familienleben“ empfohlen.

Diese Spannungen, so die Erklärung von 2015 weiter, ergeben sich zu einem erheblichen Teil aus der kirchlichen Morallehre, die eine deutliche „Tendenz zur Idealisierung, Ontologisierung und restriktiven Normierung“¹ aufweist. Damit legt die kirchliche Morallehre ein abstraktes Schema für die Beurteilung von Bezie- hungssituationen zugrunde, das insofern exklusiv und zudem noch sexuell fokussiert ist. Von diesem Standpunkt aus kann nur ein Defizit-orientierter Blick auf andere Lebensformen erfol- gen. Um solche Spannungen abzubauen, braucht es eine diffe- renzierte Blickrichtung, die den Reichtum der jeweiligen Bezie- hung wahrnehmen lässt. Auf der Grundlage dieses Befundes von 2015 hat das ZdK als gebotene Weichenstellungen in sei- ner Stellungnahme benannt: eine Achtung des Zusammenle- bens in festen nicht-ehelichen sowie die vorbehaltlose Akzep- tanz gleichgeschlechtlicher Partnerschaften; das Ringen um eine neue Sprachfähigkeit hinsichtlich der Sexualität im Rahmen einer verbindlich gelebten Partnerschaft und die Frage nach ritu- ellen Anerkennungsmöglichkeiten im Raum der Kirche für sol- che Paare, die ihre Partnerschaft im Horizont der Liebe Gottes gestalten wollen (Segenswunsch).

[2] Eine pastoral notwendige Debatte

Diese Weichenstellungen vertiefen wir heute – auch im Lichte des von Papst Franziskus verfassten nachsynodalen aposto- lischen Schreibens Amoris Laetitia. Und wir vertiefen sie, weil Paar und Seelsorgende auf das ZdK zukommen: Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg 115

Sie sehen sich einer enormen Spannung ausgesetzt, die sie als ungerecht erleben und die pastorale Härten schafft. Paare sehen sich mit der Frage konfrontiert, wie sie sich und ihre Beziehungs- situation, die sie als überaus wertvoll erfahren, denn mit ihrem Glauben und mit ihrem Zugehörigkeitsgefühl zur katholischen Kirche zusammenbringen können. Wo sie Gottes Freundschaft spüren und einen kirchlichen Ausdruck dafür suchen, treffen sie auf Vorbehalte und Angst, die ihnen Anerkennung verweigert oder sie gar verurteilt. Zahllose Katholikinnen und Katholiken lei- den unter dieser Situation, weil sie mit Ausgrenzung umgehen müssen oder deutliche Ablehnung erleben müssen, die mit der offiziellen kirchlichen Lehre begründet ist.

„Berührt sind von diesen Fragen [aber] nicht nur die beiden Partner(innen) selbst, sondern auch ihre Angehörigen, Eltern, Verwandte, Kinder und Gemeindemitglieder“, wie auch die Seelsorger(innen), an die Paare ihren Segenswunsch herantra- gen.² Letztere werden hier in eine Zwangslage gebracht: Sie wis- sen die Lebenswirklichkeiten ihrer Gemeindemitglieder oftmals sehr gut einzuschätzen und begleiten in Nächstenliebe deren Lebenswege, doch sind ihnen in solchen Fragen die Hände gebunden, wollen sie nicht in Konflikt mit ihren Dienstherren geraten. Und doch gibt es in fast allen deutschen Diözesen Seel- sorgerinnen und Seelsorger, die sich nach einer Gewissensprü- fung dazu entschließen, den Paaren ihren Segenswunsch zu erfüllen – diese Gottesbegegnung muss dann allerdings in einer klandestinen Form gestaltet werden.

Eine 38-jährige Frau, die mit einer Frau lebt, erzählt: „Ich war in den Zweitausendern Stipendiatin im Cusanuswerk und im Laufe meines Lebens intensiv, ziemlich existenziell und sehr ernst- haft mit meinem christlichen/katholischen Glauben und der Kir- che beschäftigt und immer wieder am Ringen. Ohne aber jetzt 116 Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg

lange ausholen zu wollen, stand am Ende für mich die Entschei- dung, aus der katholischen Kirche auszutreten und austreten zu müssen. Das habe ich mir nicht im Geringsten leichtgemacht, und es war ein sehr schmerzlicher Abschied. Aber es gab keine Alternative mehr. Alternativen hatte ich bereits versucht, und es blieb in der Konsequenz nur mehr die Klarheit, dass ich nicht Teil dieser Kirche sein kann.“ Sie führt weiter aus: „Die katholische Kirche, die ich vorfinden musste, ist eine hetero-normative Kir- che, die von Männern innerhalb männlicher Macht-Strukturen regiert wird. Jesus, soweit ich sein Leben und Wirken nachvoll- ziehen kann, war unglaublich radikal in seiner Liebe und seinem Gleichstellen der Menschen und Lebenswirklichkeiten. Davon ist in den Strukturen der heutigen verfassten Kirche für mich nur mehr wenig zu spüren.“

In einem anderen Testimonial wird ganz deutlich gefragt: „Wie kann es sein, dass dieser christliche Ort meine Liebe nicht erlaubt? Wie kann es sein, dass die Gemeinschaft, die so viel von Liebe spricht, das, was ich empfinde, nicht als Liebe aner- kennt? Es tut weh. Die katholische Kirche, in der ich aufgewach- sen bin, hat mich verletzt und das tut weh. Es ist Folter, in einem Gottesdienst zu sitzen, der über Liebe spricht und meine Liebe verwehrt. Nicht aufzustehen und zu schreien, meinen Unmut frei zu lassen, meine Verletzung offenzulegen, macht alles nur noch schlimmer.“

In einem letzten Beispiel wird festgehalten: „Für mich ist Liebe mit Treue verbunden. Beides ist nicht selbstverständlich und erfordert ein lebenslanges Arbeiten daran. So wie mein Leben ohne Gott nicht gelingen kann, kann auch eine Partnerschaft ohne Gottes Unterstützung nicht bestehen. Wenn ich ‚offiziell‘ diese Bindung eingehe, würde es mir sehr viel bedeuten, wenn wir beide, als Paar, den Zuspruch Gottes dazu erhalten würden. Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg 117

Gott liebt uns Menschen und wir sollen einander lieben. Wenn ich als Mann einen Mann liebe und daraus Gutes erwächst, sehe ich keinen Grund dafür, warum dieses Gute – anders als in einer Ehe – nicht gesegnet werden soll. ‚Gutes erwachsen‘ bedeutet voraussichtlich nicht ‚Kinder‘. Aber wenn es mir gut geht, finde ich die Muße, mich ehrenamtlich zu engagieren, mein Glück in die Gemeinde zu tragen.“

Wir erleben also Lebenszeugnisse, die uns berühren und die uns verändern. Wir erleben Menschen, die tief gläubig sind und die ihre Paarbeziehung in Treue und voller Verantwortung leben. Wir erleben Paare, die in unserer Kirche ihre Heimat haben und hier verwurzelt sind. Als kirchliche Gemeinschaft dürfen wir uns „von der Freundschaft dieser Paare anstecken lassen“³. Diese tiefe Freundschaft hat sich ihre Anerkennung nicht dadurch zu verdie- nen, indem sie etwas Anderes werden muss; sie bieten aus sich heraus überzeugende Gründe, ihrer Bitte um einen kirchlich ver- mittelten Segen nachzukommen.

[3] Eine Sache Gottes und der Menschen – und auch der Kirche?

Diese Härten fordern dazu heraus, in eine theologische Reflexion über das Evangelium und über die Rolle der Kirche einzutreten. „Wiederverheiratete oder gleichgeschlechtliche Paare [etwa], die nach offizieller kirchlicher Lehrmeinung vom sakramentalen Leben ausgeschlossen sind, erwünschen von den Gemeinde- leitern eine Segnung ihres gemeinsamen Lebensweges. Schon dies ist – für sich betrachtet – von theologischer Relevanz: In derartigen Bitten äußert sich eine Gottessehnsucht jenseits dog- matisch gesetzter kirchlicher Grenzziehungen, die zu denken gibt und ernst zu nehmen ist.“4 118 Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg

Aus theologischer Sicht also kann die „kirchliche Morallehre in der Beurteilung der Frage nach Segensfeiern […] nicht das ent- scheidende Kriterium darstellen. Zwar ist die Klärung dieser Frage wichtig und keineswegs zu vernachlässigen, entscheidend […] ist jedoch die heilsgeschichtliche Perspektive; genauer: die biblische Verheißung der Gegenwart Gottes, die all jenen gilt, die ihn – in welcher Lebenssituation auch immer – um seine Gegen- wart bitten.“5

Wir suchen also in einer Auseinandersetzung mit dem Evange- lium sowie unserer katholischen Tradition einen Weg, den pasto- ralen Situationen, die unsere Ausgangsposition beschreiben, sowohl anthropologisch (den Menschen gegenüber) als auch theologisch (Gott gegenüber) gerecht zu werden. Die Lebens- situationen, denen wir uns hier verpflichtet fühlen, fordern uns vielleicht mehr noch ekklesiologisch heraus. Was also ist im Lichte des Evangeliums geboten und im Rahmen der Kirche möglich (zu machen)? Das verlangt, sich in Fragen der Moral von bisherige Vorstellungen einer ungeschichtlich denkenden Instruktionstheorie weiterzuentwickeln. Auf diesem Weg kann der theologische Standard aktualisiert und können auch human- wissenschaftliche Erkenntnisse angemessen berücksichtigt werden.

[4] Öffnungen

Dabei zeigt sich äquivalent zur säkularen Gesellschaft6 auch innerhalb der Kirchen eine zunehmende und im Glauben moti- vierte Akzeptanz differenzierter Beziehungs- und Familienmo- delle. Wir nehmen in diesem Zusammenhang zur Kenntnis, dass im Rahmen der Umfrage zur Familiensynode 2015 eine Mehr- heit der deutschen Katholikinnen und Katholiken homosexuelle Beziehungen Akzeptanz entgegenbringt.7 Außerdem wurde aus Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg 119

den Diözesen angeregt, über Segnungsfeiern für zweite, zivile Ehen nachzudenken,8 ein Impuls, der nun von uns unter Ein- bezug weiterer Beziehungsformen und in der Flucht der ZdK- Erklärung wieder aufgenommen wird. Solche Bemühungen um ein Aggiornamento zeigen sich auch an anderen Stellen. So hat etwa die Pastoralkonferenz Baselland (Schweiz) schon 2003 beschlossen, dass Segnungen von gleichgeschlechtli- chen Paaren möglich sind.9 Wir begrüßen ausdrücklich, dass die deutschsprachige Gruppe der Bischöfe im Nachgang der Familiensynode 2015 einen großen Schritt auf wiederverheira- tet Geschiedene, gleichgeschlechtlich liebende Menschen und weitere Personengruppen zugegangen ist. „Im falsch verstan- denen Bemühen, die kirchliche Lehre hochzuhalten, kam es in der Pastoral immer wieder zu harten und unbarmherzigen Hal- tungen, die Leiden über Menschen gebracht haben, insbeson- dere über ledige Mütter und außerehelich geborene Kinder, über Menschen in vorehelichen und nichtehelichen Lebensge- meinschaften, über homosexuell orientierte Menschen und über Geschiedene und Wiederverheiratete. Als Bischöfe bitten wir diese Menschen um Verzeihung“.10

Hingewiesen sei unter diesem Punkt auch auf die Bemühungen anderer christlicher Kirchen, die sich in dieser Frage ebenfalls einer Aktualisierung der kirchlichen Praxis stellen und in ihren Antworten bisweilen sogar über die diskutierte Beschlusslage hinausgehen. So ermöglichen alle evangelischen Landeskir- chen Segensfeiern11 und mehrheitlich sogar Traugottesdienste für gleichgeschlechtliche Paare; dazu sind Handreichungen und Materialsammlungen erstellt worden.12 Die alt-katholische Kir- che in Deutschland hat ein liturgisches Rituale für Partner- schaftssegnungen erarbeitet.13 Mit diesen Kirchen steht die katholische Kirche in enger ökumenischer Verbundenheit. 120 Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg

[5] Perspektiven entdecken

[5.a] Gott und Menschen in Beziehung

„Beziehung“ ist ein Wesensbegriff des Glaubens in den jüdisch- christlichen Traditionen. Sie überliefern eine Erzählung, die den Gang der Welt als Heilsgeschichte interpretiert. Ihre tragenden Kategorien drücken Verhältnisse aus: Heil und Un-Heil, Schuld und Sünde, Vergebung und Erlösung, aber auch Fluch und Segen. Sie beschreiben in existentieller Weise eine vielfältige Konstellation zwischen Gott und den Menschen, der Menschen untereinander und noch einmal jedes Menschen zu sich selbst sowie zur Welt als ganzer (vgl. Gen 2,4b - 4,16).

Die Ambivalenzen der menschlichen Selbst- und Welterfahrung werden nicht aufgehoben oder relativiert; sie erhalten vielmehr einen Deutungsrahmen in der Offenbarung Gottes. Es ist der Gott Abrahams, der mit den Menschen in Beziehung tritt und sich ihnen zur Erfahrung gibt (vgl. Ex 3). Es ist der Gott Jesu von Nazareth, von dem wir glauben, dass in ihm das Heil der Men- schen konkret geworden ist als vorbehaltlos für die Menschen entschiedene Liebe Gottes (vgl. 1 Joh 4,16).

Die Nähe Gottes wird als heilsam erfahren: Gott und das Sein der Menschen stehen in einem guten Zusammenhang. Gottes Liebe überwindet die Trennung der Menschen von Gott (Sünde) und die Trennung der Menschen untereinander (Schuld), womit sie gemeinsam einen Neuanfang in ihrer Geschichte in gegen- seitiger Anerkennung und im Frieden ermöglicht. Die mensch- liche Selbst- und Welterfahrung wird im Lichte der Liebe Gottes qualifiziert. Den Segen Gottes zu erbitten, bedeutet den Wunsch, im Horizont dieser Liebe für sich und für andere das Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg 121

eigene Leben zu gestalten, um selber frei zu werden für die Liebe.

[5.b] Wege der Liebe Gottes

Was sich in der Offenbarung vermittelt und wie es sich ver- mittelt, steht in einem unmittelbaren Verhältnis. Liebe lässt sich nicht durch Gewalt, Zwang oder Autorität vermitteln; diese Wege stehen ihr völlig entgegen (vgl. 1 Kor 13,4f.). Liebe lässt sich nur auf ihren besonderen Wegen mitteilen, damit sie wirklich und erfahrbar wird. Gottes Liebe kommt auf den Wegen Jesu zu den Menschen. Durch ihn hat Gott sich in die Geschichte hineingegeben (Kenosis) und ist ganz Mensch geworden (Inkarnation). Die Körperlichkeit, die Gott in Jesus angenommen hat, ist ein integraler Bestandteil der Heilsge- schichte; sie ist heilsrelevant, indem Gottes Anerkennung der Menschen durch sie Wirklichkeit wird.

Jesu Zuwendung geschieht in Wort und Tat. Er verkündet das Königreich Gottes und lebt die damit verbundenen „ethischen Zielvorstellungen“ vor. „Er tat es nicht als Gesetzgeber, son- dern als Weisheitslehrer und Prophet.“14 So schafft er einen Heilsraum, der einer anderen Logik folgt, als die Ökonomien des Lebens es tun, die sich die Menschen einander zumuten (vgl. Am 5,6-15; Lk 18,2-8) und die alles unter Bedingungen von „Wert“ und „Nutzen“ stellen.

Jesus durchbricht solche Differenzierungen. Er nimmt jeden Menschen vorbehaltlos an und führt sie in seiner Gemeinschaft zusammen; was sie zuvor noch voneinander getrennt haben mag, ist nun kein Ausschlusskriterium mehr (vgl. Gal 3,25-29). Das persönliche Scheitern in einer Gesellschaft, die sich exklu- siv versteht, sowie das Scheitern als exklusive Gesellschaft, die 122 Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg

nämlich Ausgrenzung betreibt, kann in Gott überwunden wer- den. Gott fixiert die Menschen nicht auf ihr Leiden, sondern ermöglicht ihnen durch seine zuvorkommende Liebe, stets einen Neu-Anfang miteinander zu wagen. Er richtet die Menschen in seiner Liebe auf und stiftet Neu-Orientierung: „Steh auf und geh! Dein Glaube hat dich gerettet“ (Lk 17,19). Der Zuspruch Gottes wird in der Folge zum Anspruch an die Menschen, das, was sie erfahren haben, auch anderen Menschen zugänglich zu machen.

Es ist eine Botschaft, die sich im und durch das Leben vermit- telt, indem sie zu Solidarität und Barmherzigkeit motiviert. „Wie die spätere Kirche mit [Jesu] kompromisslosen Haltung gegen die Reichen (vgl. Mk 10,25) leben musste, so sah sie sich auch bei seiner radikalen Polemik gegen die Ehescheidung und sei- nem Plädoyer für unbedingte eheliche Treue genötigt, seine Weisungen mit den Gegebenheiten des Lebens zu vermitteln. Davon zeugen schon 1 Kor 7,15f. und Mt 5,32 par. 19,9. Viele Kir- chenväter beriefen sich auf diese Stellen, als sie Ehescheidung und Wiederheirat in Ausnahmefällen gestatteten, wie das in den Ostkirchen (unter Bezug auf Canon VIII des Konzils von Nizäa) heute noch üblich ist.“15

[5.c] Geheimnis im Geist Gottes

Wo Menschen eine partnerschaftliche Beziehung aufbauen können, in der sie sich am Beispiel Jesu orientiert auf Augen- höhe begegnen, in der sie sich auf liebende Weise Anerken- nung schenken und einander frei machen, wird etwas von die- sem Geheimnis Gottes gewahr. Sie lassen gemeinsam etwas entstehen, das größer ist als sie und noch über ihre Bezie- hung hinausreicht; die Offenheit füreinander und der von Zwän- gen befreite Raum ihrer Liebe erlaubt auch eine Offenheit für Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg 123

andere. Sie beschenken auch die Gemeinschaften, in denen sie leben. „Menschen sind [gar] dazu geschaffen, um in Beziehung zu leben. In jeder liebenden Beziehung zu einem anderen Men- schen ereignet sich auch etwas von Gottes Liebe. Der Mensch sehnt sich danach geliebt zu werden und Liebe zu schenken. Liebe ist das umfassende und bedingungslose Ja zu einem anderen Menschen – um seiner selbst willen, ohne Hintergedan- ken und Vorbehalte.“16

Diese Struktur liebender Beziehung ist tief in der katholischen Tradition verankert und reicht weit bis in unsere Gottesvorstel- lungen hinein. Beispielhaft findet sich der Gedanke des condilec- tus bei Hugo von St. Viktor in dessen Überlegungen zur Trinität. Die liebende Beziehung von Gott-Vater und Sohn bringt ihr Wirk- prinzip, den Heiligen Geist, hervor, der solchermaßen nicht von ihnen zu trennen ist. Dieses Wirkprinzip markiert jene Offenheit, durch die wir Gläubigen in diese Liebe hineingenommen wer- den. Gelingende Liebe im christlichen Sinn ist also immer inklu- siv und sie vollendet sich dort, wo sie Lebensräume schafft.

„Jesu Verheißung (Lk 11,13) zufolge sagt Gott, der Vater im Him- mel, allen Menschen seinen Heiligen Geist, das ist seine Gegen- wart, zu, die ihn darum bitten. Die Segensbitte von Paaren, die nicht kirchlich heiraten können, ist von der in Lukas 11,13 par. begründeten Zusage der Treue Gottes her zu beurteilen. Nicht begründen lässt sich, dass Gott seine Treue und Zuwendung von einer zuvor zu leistenden Übereinstimmung mit der Moral- lehre der Kirche abhängig macht.“17 Es ist sogar vielmehr so, dass alles kirchliche Recht „sich am Geist Jesu zu orientieren“ hat. 124 Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg

[5.d] Körperlichkeit und Beziehungsgestalten als Zeugnisformen

Die Ausdrucksformen der Liebe sind so vielfältig wie die Men- schen, denen sie gelten sollen. Dabei wird von vielen die kör- perliche Teilgabe an sich, die Intimität erotischer und sexueller Art, als hohes Gut erkannt, weil sie eine ganz besondere, aber verletzliche Form der Anerkennung unter Menschen bedeuten kann. Die tiefe seelische Verbundenheit findet eine weitgehende körperliche Weise, in der die biblische Sicht auf den Menschen Aktualität gewinnt. Die Schrift teilt die Menschen nicht auf in Leib und Seele oder nimmt eine reduzierende Priorisierung vor. Vielmehr begreift sie die Menschen in der Einheit von Körper und Geist, als die sie geschaffen sind. Eros und Agape können in einem positiven Bezug zueinander gefasst werden.

Diese Ansätze einer (theologischen) Hermeneutik implizie- ren eine Mehrdimensionalität menschlicher Sexualität, wie sie auch durch die Humanwissenschaften beschrieben wird, und im Widerspruch zur eindimensionalen Bestimmung der Kirche steht, der zufolge Sexualität nur dann legitim ist, wenn sie inner- halb einer sakramentalen, zwischen Mann und Frau geschlos- senen Ehe, und an den Zweck der Fortpflanzung gebunden ist. – „Es sind [aber] nicht allein die humanwissenschaftlichen Erkenntnisse, sondern auch und gerade die Lebenserfahrungen, die zeigen: Sexualität ist als ein Grundbedürfnis des Menschen zu verstehen – aber nicht analog zu Hunger und Durst, son- dern zu Sprache und Kommunikation. Sexualität ist eine Aus- drucksweise des Menschen und in ihrem besten Fall eine Aus- drucksweise der Liebe. Menschen erleben sie nicht (nur) als Trieb, sondern als Gestaltungsmittel. Sie erfahren sie mehrdi- mensional.18 Sie dient auch im Leben gläubiger Menschen nicht allein der Fortpflanzung, sondern auch der Lustgewinnung, der Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg 125

Beziehungspflege und der Identitätsfindung oder –vergewisse- rung.“ Menschen müssen entsprechend als kompetent wahr- genommen werden, ihr Erfahrungs- und ihr Glaubenswissen als Expertinnen ihrer Biographie integrieren zu können. „Sie wis- sen, wovon sie reden, wenn es um die Gestaltung von sexuellen Beziehungen geht. Sie können etwas sagen zur Verwirklichung von Werten wie Treue, Ausschließlichkeit, Dauer und zuletzt von Fruchtbarkeit. […] Und sie leisten die Deutung dieser Erfah- rungen im Licht ihres Glaubens.“19

[6] Entwicklungsbedarf

[6.a] in moraltheologischer Hinsicht

Vor diesem Hintergrund sehen wir den Umgang in der Kirche etwa mit Wiederverheirateten oder gleichgeschlechtlichen Part- nerschaften differenziert. Sie sind ebenso wenig per se schlecht, wie die idealtypische Konstellation im kirchlichen Familienbild, ein formales Kriterium, schon ihr Gutsein ausmacht. Entschei- dend in der Wahrnehmung dieser vielfältigen Verhältnisse muss die Liebe, ein qualitatives Kriterium, sein, die Menschen mitei- nander realisieren.

Wenn nun aber die Liebe Heilung verspricht und Erlösung, die Überwindung von Schuld und Sünde ermöglicht, „markiert eine Feststellung des Moraltheologen Hans Rotter SJ aus dem Jahr 2001 [bezüglich der Homosexualität den] Dreh- und Angelpunkt der Diskussion innerhalb der katholischen Kirche: „‚Die Beurtei- lung einer homosexuellen Beziehung hängt auf dem Hintergrund unserer christlichen Tradition wesentlich davon ab, ob man diese Beziehung an sich für sündhaft und deshalb für sittenwidrig hält.‘“ Auch römische Dokumente gehen „bislang von einer Ana- logielosigkeit zwischen hetero- und homosexuellen Beziehungen 126 Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg

aus und fixieren sich dabei auf die Sexualität einer gleichge- schlechtlichen Partnerschaft“, insofern diese nicht genital-kom- plementär und somit auf Fortpflanzung ausgerichtet ist.20

So kommt von Seiten der katholischen Amtskirche für die auch mit diesen Partnerschaften verbundenen „Lebensaufgaben wenig Hilfestellung“. Papst Franziskus findet in Amoris laetitia (AL) 37 Worte zur Selbstkritik und gesteht einen „tiefsitzenden kirchlichen Argwohn [dieser] Liebe gegenüber“ ein, dem er ein erneuertes Vertrauen gegenüberstellt: „Lange Zeit glaubten wir, dass wir allein mit dem Beharren auf doktrinellen, bioethischen und moralischen Fragen […] die Familie bereits ausreichend unterstützten, die Bindung der Eheleute festigten und ihr mitei- nander geteiltes Leben mit Sinn erfüllten. Wir haben Schwierig- keiten, die Ehe vorrangig als einen dynamischen Weg der Ent- wicklung und Verwirklichung darzustellen und nicht so sehr als eine Last, die das ganze Leben lang zu tragen ist. Wir tun uns ebenfalls schwer, dem Gewissen der Gläubigen Raum zu geben, die oftmals inmitten ihrer Begrenzungen, so gut es ihnen mög- lich ist, dem Evangelium zu entsprechen und ihr persönliches Unterscheidungsvermögen angesichts von Situationen zu ent- wickeln, in denen alle Schemata auseinanderbrechen. Wir sind berufen, die Gewissen zu bilden, nicht aber den Anspruch zu erheben, sie zu ersetzen.“21

Die naturrechtliche Kasuistik räumt der biologischen Dimension noch immer „einen Vorrang gegenüber allen anderen Dimensi- onen der menschlichen Sexualität“ ein und setzt einseitig, was als menschlich und menschenwürdig gelten darf. „Anthropolo- gisch betrachtet gehört es [jedoch] zur Natur der menschlichen Sexualität, auf kultivierte Weise gestaltet, sinnlich genossen und moralisch reguliert werden zu können. Wie jeder andere Lebens- bereich soll auch die menschliche Sexualität menschenwürdig Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg 127

gestaltet werden. Das heißt zum Beispiel, dass in der Sexuali- tät das Recht einer jeden Person – gleich welcher sexuellen Ori- entierung – auf sexuelle Integrität (Selbstbestimmung) zu ach- ten und zu respektieren ist. Der menschlichen Würde ungerecht wird Sexualität nicht dadurch, dass sie einer bestimmten Natur- finalität nicht gehorcht, sondern immer dann, wenn sie die Frei- heit, die Gleichheit und das Wohl der Person missachtet, wenn sie also den berechtigten Erwartungen und Interessen des Part- ners oder der Partnerin widerspricht und die möglichen Folgen des eigenen Handelns verantwortungslos ignoriert. Das Konzil hat die Formel der von Person zu Person (GS 49) gelebten Sexu- alität geprägt – freilich für die eheliche Liebe reserviert.“22

„Die moralische Position, die in der Lehre gegenüber der Homo- sexualität vertreten wird, gehört zu einer Kirche“, die sich als societas perfecta begreift, eine Kirche als vollkommener, über- natürlicher und damit letztlich ungeschichtlicher Staat. „Papst Franziskus lässt diese Lehrposition auf die Komplexität von [kon- kreten und damit geschichtlich zu begreifenden] Lebensver- hältnissen einschwenken und macht deutlich, ‚dass nicht alle doktrinellen, moralischen und pastoralen Diskurse durch ein lehramtliches Eingreifen entschieden werden müssen‘ [AL 3]. Ob Homosexualität zu diesen Themen gehört, ist nicht entschieden, aber die Mahnung, dass jeder allgemeine Grundsatz inkulturiert werden muss, greift bereits darauf über.“23

[6.b] Zur Inklusion von Menschen – zur Exklusion von Gewalt

Auch die Schrift muss für eine hinreichende Antwort auf diese Fragen im Gegenlicht differenzierter Erkenntnisse gelesen wer- den. So besteht in der Exegese ein weitgehender Konsens darü- ber, dass die biblische Überlieferung gleichgeschlechtliche 128 Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg

Beziehung im Sinne einer Partnerschaft, wie wir sie perspekti- vieren, nicht kennt. Wenn die Bibel Homosexualität verurteilt, hat sie andere Erscheinungen im Blick. Männliche Homosexu- alität wird im Kontext von entschlusshaften Gewalthandlungen verurteilt (Gen 18,16-29,26). Paulus beurteilt praktizierte Homo- sexualität vor dem Hintergrund eines seiner Zeit entsprechenden Begriffs von „Natur“ und unter dem Aspekt der „Willkürlichkeit“ als „widernatürlich“ (Röm 1,26f.). Weibliche Homosexualität fin- det überdies nirgends Erwähnung.

„Die moderne Sicht der Homosexualität als Veranlagung und gelebte personale Beziehung“, die in diesem Papier berücksich- tigt wird, „ist [Röm als] konventionelle[m] Text, der Paulus als Argument gegen pagane24 Kultur dient, völlig fremd. In Span- nung zu ihm steht Gal 3,28, eine Maxime im Zentrum der pln Theologie, die personale Identitäten und Orientierungen auch in geschlechtlicher Hinsicht für soteriologisch irrelevant erklärt: ‚Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht männlich und weiblich; denn ihr alle seid einer in Christus Jesus‘. So wenig die religiöse Differenz von Juden und Griechen und der soziale Unterschied zwischen Freien und Sklaven für die Frage der vollen Zugehörigkeit zur Ekklesia und damit auch nach dem Heil eine Rolle spielt, so wenig gilt dies von der Frage nach dem Geschlecht. Es ist konsequent, diese auch auf unterschied- liche geschlechtliche Orientierungen wie ‚homosexuell‘ oder ‚heterosexuell‘ auszudehnen.“25

Geschlechtlichkeit und Sexualität beschreiben weit mehr als eine bloße Funktion menschlicher Existenz. „Als Menschen sind wir mit unserer geschlechtlichen Orientierung ange- legt. Wir sprechen daher auch von geschlechtlicher Identi- tät. Theologisch können wir diese Einsicht als Modifikation der Sexualität als Schöpfergabe verstehen. Vor 29 Jahren hat die Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg 129

Weltgesundheitsorganisation (WHO) Homosexualität aus dem Diagnoseschlüssel für psychische Krankheiten gestrichen.“ Trotzdem werden auch aus kirchlichen Kreisen solche Stan- dards der Humanwissenschaften bestritten. „Damit wird ein gro- ßer Schaden angerichtet. In der Woche für das Leben im Jahr 2019 wurde das Thema Suizid in den Mittelpunkt gestellt. Das Suizidrisiko für homosexuelle Jugendliche ist weiterhin mehrfach größer als für ihre heterosexuellen Gleichaltrigen, weil es wei- terhin viel schwieriger ist, als Homosexuelle in unserer Gesell- schaft aufzuwachsen. Auf der anderen Seite ist nach einer Stu- die des Deutschen Jugendinstituts (DJI) das kirchliche Umfeld mit Abstand der Ort, an dem sich die meisten Jugendlichen nicht trauen, ihre sexuelle Orientierung offen zu leben. Wir müs- sen uns [besonders] die jungen Menschen vor Augen führen, die gerade mit ihrer sexuellen Orientierung ringen, vielleicht auch wegen [dessen], was sie im Katechismus gelesen haben. Wir haben als Christinnen und Christen die Verantwortung so zu handeln, dass das Leben und die gesunde Entwicklung jeder Person unterstützt wird.“26

So kommt das Spannungsverhältnis zwischen Lehre und Lebenswelt an sein Widerstandsmoment, das sich am Verhält- nis zur Geschichte und dem konkreten Leben festmacht: „In der Welt, nicht von der Welt – auf diese biblische Formel wird zurückgegriffen, um das christliche Weltverhältnis zu bestim- men. Gilt dies [also] auch für die Wahrnehmung und Bewertung von Homosexualität? Ist die christliche Perspektive aus theolo- gisch guten Gründen nicht von der Welt? Stellt die Akzeptanz von Homosexualität eine verkehrte Anpassung an die Welt dar? Was bedeutet die göttliche Herkunft für moralische Fragen? Grundsätzlich gilt hier: Wer sich für seine Moralvorstellungen auf göttliche Herkunft beruft, muss diese begründen – und zwar 130 Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg

sittlich begründen, also auf die menschliche Wirklichkeit und Würde bezogen.“27

[7] Gott schenkt Segen

[7.a] Gott segnet unbedingt

Eine entsprechende kirchliche Praxis sollte „vom genuin bib- lischen Thema Segen her“ angedacht und gestaltet werden. „Segenshandlungen in der Bibel sind mehr als nur das Aus- sprechen guter Worte oder frommer Wünsche, es sind wirk- same Handlungen, durch die dem Gesegneten oder Geseg- neten Gottes [Zuspruch] zuteil wird, ‚vitales Wohlergehen‘ und ‚heilschaffende Kraft‘ von Gott her (Martin Leuenberger). Dabei zeigt sich im Alten wie im Neuen Testament eine erstaunliche Breite von Situationen, in denen Segnungen geschehen. Sie spiegelt die Angewiesenheit des Menschen auf Gottes Segen, [ihre] Segensbedürftigkeit [vgl. auch Benediktionale, Nr. 1]. [So kann der Mensch] sich zwar Segen ersehen, er kann ihn sich aber nicht selber spenden. Eine neutestamentliche Segensthe- ologie baut auf den unkonditionierten Segenszuspruch Gottes und möchte mit ihm ein sittlich verantwortetes Leben gestärkt sehen. Der Geschenkcharakter des Segens wird nirgendwo deutlicher als in der Episode der Segnung der Kinder durch Jesus (Mk 10,13-16).“28 Das heißt, was zunächst als Zuspruch erfahren wird, soll im Weiteren einen Anspruch bedeuten, in der Weise zu handeln, wie Gott an einem selbst gehandelt hat (vgl. Mt 5,48). Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg 131

[7.b] In der Weise Jesu

„Gemäß biblischer Perspektive sollten ‚Segenshandlungen‘29 aus einem Segenswort – der Bitte um Gottes Segen und sei- nen Zuspruch – wie aus einem sprechenden Zeichen bestehen (vgl. Gen 32,1; 2 Sam 19,40; Tob 7,6; JosAs 22,5; 28,15: ‚küs- sen‘ und ‚segnen‘).“ Die Kirche und die kirchlichen Akteure neh- men hier eine vermittelnde Rolle ein. Denn „gebeten wird um ‚Gottes Segen für eine gelingende Zukunft von etwas, das es‘ im gemeinsamen Leben der Partner an sittlich Gutem ‚bereits gibt‘: Treue, Fürsorge, Verantwortung, Verpflichtung (Johannes zu Eltz).“ Das würde bedeuten, der kirchlichen Handlung eine Form zu geben, die der Würde dieser Beziehung entspricht (litur- gische Vollform). „Eröffnet werden könnte die ‚Segenshand- lung‘ durch eine Bitte der Hinzutretenden um den Segen Gottes. Wie die Jünger bei der Himmelfahrt Jesu auf seinen Segen mit einem Lobpreis Gottes antworten (Lk 24, 53), so sollen auch ‚Segenshandlungen‘ in einem Lobpreis Gottes durch die Geseg- neten einmünden. Sie sind es, um die es in dieser Handlung geht.30 Wünschenswert ist, dass die ‚Segenshandlungen‘ in das Gemeindeleben eingebettet sind. Eine Verwechslung von ‚Segenshandlungen‘ mit der Sakramentenspendung (sakramen- tale Ehe) ist nicht gegeben.“31

[7.c] Aufgabe der Kirche

Die oftmals geäußerte Sorge vor dieser Verwechselung tei- len wir nicht, „da sie die liturgische Kreativität der Kirche unter- schätzt.“ Vielmehr wären wir also gefordert, diese Potentiale zu nutzen, um der artikulierten Sehnsucht nach Gott eine Gestalt zu geben. Denn „[w]enn jemand um den Segen Gottes bittet, dann erkennt er damit […] an, dass er Gott braucht […] Mit welchem Recht könnten wir Menschen denn diesen göttlichen Zuspruch 132 Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg

verwehren?“ In den Beratungsstellen tauchen immer wie- der Menschen auf, „die tief verletzt sind, weil sie die Erfahrung gemacht haben oder manchmal auch nur der Überzeugung sind, in ihrer Lebensform, in ihrer Beziehung, des Segens nicht wür- dig zu sein. Die [formal-pauschale] Vorenthaltung des Segens und des ermutigenden kirchlichen Sprechens und Handelns entfremdet Menschen von Gott“, was wir nicht verantworten können. Die moralische Konditionierung „gilt bei anderen Seg- nungen schließlich auch nicht. Bei traditionellen Autosegnungen beispielsweise werden die Fahrer ja auch unabhängig von ihrem Fahrverhalten gesegnet. Der Kirche ist aufgetragen, den Segen Gottes als Zusage weiterzugeben. Der Gesegnete soll aus dem, was ihm zugesprochen worden ist, leben.32

„Entscheidend ist also eine Sicht der Lebensgemeinschaften von wiederverheiratet Geschiedenen oder gleichgeschlechtli- chen Paaren gemäß heutigen humanwissenschaftlichen und theologischen Erkenntnissen.“ Insofern ist das wichtige Krite- rium die Liebe, in der und aus der heraus Paare ihre Beziehung gestalten, sein und der Wunsch, diese Beziehungen im Hori- zont der Liebe Gottes zu pflegen. „Grundsätzlich geht es um den Segen der grenzenlosen und bedingungslosen Liebe Gottes, um das Vertrauen in Gottes Zuneigung, Güte und Barmherzigkeit. Dies zu bezeugen und erfahrbar zu machen ist die vornehmste Aufgabe von Kirche und Gemeinden. ‚Segenshandlungen‘ sind eine Brücke zwischen Himmel und Erde, sie können die Ent- fremdung zwischen Gott und Mensch überwinden helfen und eröffnen neue Wege der Kirche zu den Menschen. Es gilt, eine Pastoral (weiter) zu entwickeln, die sensibel ist für die Verlet- zungen der Menschen heute, die ihre Sehnsucht nach Heil auf- greift, ihre widersprüchliche Wirklichkeitserfahrung zulässt und in das Leben unserer Gemeinde zu integrieren sucht.“33 Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg 133

„Solche Segensfeiern müssen [dann] als Liturgie der Kirche in der entsprechenden theologisch-ästhetischen Feiergestalt begangen werden. Die Würdigung der jeweiligen Beziehung durch die Kirche muss in der Gestalt der Feier zum Ausdruck kommen. Diese Feiern [wären dann] die [Leistung] eines ver- änderten kirchlichen Umgangs mit unterschiedlichen Partner- schaftskonstellationen.“ Diese kirchliche Akzeptanz sowohl der Feiern als auch der Menschen, die diese begehen, muss sich in der Öffentlichkeit der Feier und einer kirchlich legitimierten Lei- tung ausdrücken. Die Akzeptanz dieser Feiern hängt global vom jeweiligen kulturellen Kontext ab. So werden sie nicht weltkirch- lich zu regeln sein.34

[7.d] Zur Verortung der Kirche zwischen Himmel und Erde

Kirche steht darin vor der Notwendigkeit zu unterscheiden, was Sache Gottes und was Sache der Menschen ist. Die theolo- gische Zuordnung könnte deutlicher kaum sein: Gott steht ein für die Sinndimension menschlicher Existenz; auf den Wegen Jesu und im Geist Gottes können wir erfahren und lernen, was das bedeutet. Die Menschen und auch die aus Menschen beste- hende Kirche verantwortet die Gestaltung der Welt aus diesem Geist heraus; aber sie kann die Sinndimension nicht an sich fest- machen, weil diese sonst auch mit ihren Möglichkeiten endet. So unterscheidet sie Evangelium und Gesetz. „Die Kirche ist und wird immer Pilgerin auf dem Weg der Geschichte sein; dabei ist sie Trägerin eines Schatzes in irdenen Gefäßen (vgl. 2 Kor 4,7). Das ruft uns in Erinnerung: IN dieser Welt wird die Kirche nie vollkommen sein, während ihre Lebendigkeit und ihre Schönheit in jenem Schatz gründet, zu dessen Hüterin sie von Anfang an bestellt ist [vgl. LG 8]“.35 134 Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg

Die Wahrheit des Evangeliums kann nicht vom konkreten Leben der Menschen entkoppelt werden. Vielmehr muss sie die Men- schen in ihren Lebenssituationen erreichen und sich hier als tragfähig erweisen. Insofern kann nur schwerlich von „dem“ Glauben gesprochen werden, weil er überall verschiedene Akzente kennt, die eine lebendige Vielfalt im Glauben ausma- chen. Dazu gehört allerdings auch, dass im Glaubensverste- hen unter den je veränderten Bedingungen und in den verschie- denen Erfahrungsräumen, in die das Evangelium hineingetragen wird, neu angesetzt werden muss. Eine daran orientierte Glau- benspraxis kann darum keine pauschalen Antworten geben, weil Wahrheit des Evangeliums eine Wahrheit aus und in gelebten Beziehungen ist. Sie zeigt sich in Worten, die Klarheit schaffen, und in Taten, die für deren Überzeugung einstehen.

„Jede Segenshandlung ist für die Kirche daher ein locus theo- logicus alienus, eine prekäre Fundstätte Gottes, an deren hete- rotoper36 Autorität sie scheitern kann, wenn sie verpasst, was diese Fundstelle zu sagen hat. Daher ist die Frage, ob die Kir- che gleichgeschlechtliche Partnerschaften“ oder Beziehungen in zweiter ziviler Ehe „segnet, nicht einfach eine Frage, ob sie denen großzügig etwas geben will, die diese Partnerschaft leben. Es geht vielmehr darum, ob ihr selbst das Gespür dafür erhalten bleibt, wo sie Gott finden und seine Bedeutung deut- lich machen kann.“37 – So müssen die Ortskirchen ihren eigenen Weg gehen: Denn die Lebenssituation ihrer konkreten Adressa- tinnen und Mitglieder muss rituell ernst genommen werden, weil sie sich durch Anamnese und Epiklese in den Horizont der Heils- geschichte (s.o.) stellen wollen. Das Paar hat Teil an der Heils- und Freiheitsgeschichte Gottes.38

Wo Menschen in diesem Bewusstsein nach der Bedeutung des Evangeliums für ihr Leben suchen und ihr Leben daran Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg 135

orientieren wollen, ist die Kirche zur Anteilnahme gerufen. Wo Seelsorgerinnen und Seelsorger, Gläubige, Priester und Bischöfe in sorgfältiger Prüfung ihres Gewissens die Lebenswirklichkeit der Menschen und ihre Suche ernst nehmen, um gemeinsam Antworten zu finden, können Spuren für unsere Kirchen ent- stehen. Wenn sie sich im Licht der Tradition, der theologischen Erkenntnisse und der pastoralen Praxis bewähren, tragen sie zur Entwicklung der Kirche und ihrer Lehre bei. „Prüft alles und behaltet das Gute!“ (1 Thess 5,21) Deshalb setzen wir uns als ZdK dafür ein, dass die kirchliche Praxis erweitert und die Seg- nung gleichgeschlechtlicher Paare offiziell ermöglicht wird.

1 Vgl. Heimbach-Steins, Marianne: „Das moralische Gebäude der Kirche – 'ein Kartehaus'? Tendenzen der Idealisierung, Ontologisierung und restriktiven Normierung in den lehr- amtlichen Weisungen zu Ehe und Familie”, in: „Leitbild am Ende? Der Streit um Ehe und Familie”, hrsg. v. Konrad Hil- pert und Bernhard Laux. Freiburg i.Br. 2013, 131-145.

2 Vgl. Mock, Birgit: „Für eine Theologie der Beziehung. In: Mit dem Segen der Kirche? Gleichgeschlechtliche Partnerschaf- ten im Fokus der Pastoral”, hrsg. v. Stephan Loos, Michael Reitemeyer u. Georg Trettin. Freiburg i.Br. 2019, 117-125.

3 Amoris laetitia, Nr. 207.

4 Michael Theobald, in seinem Beitrag für das Hea- ring im Sachbereich Familie des ZdK.

5 Michael Böhnke, in seinem Beitrag für das Hea- ring im Sachbereich Familie des ZdK. 136 Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg

6 Vgl. dazu Einstellungen gegenüber Lesben, Schwulen und Bisexuellen in Deutschland. Ergebnisse einer bevölkerungs- repräsentativen Umfrage der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, die 2016 auf das Themenjahr für sexuelle Viel- falt Gleiches Recht für jede Liebe hin erhoben wurden.

7 Die Berufung und Sendung der Familie in Kirche und Welt von heute: Antwort der Deutschen Bischofskonfe- renz auf die Fragen im Hinblick auf die Rezeption und Ver- tiefung der Relatio Synodiim Vorbereitungsdokument für die XIV. Ordentliche Generalversammlung der Bischofs- synode 2015, S. 16: „Die große Mehrheit erwartet von der Kirche eine differenziertere moraltheologische Bewer- tung, die die pastoralen Erfahrungen und die humanwis- senschaftlichen Erkenntnisse berücksichtigt. Die mei- sten Katholiken akzeptieren homosexuelle Beziehungen, wenn die Partner Werte wie Liebe, Treue, gegensei- tige Verantwortung und Verlässlichkeit leben, ohne des- halb homosexuelle Partnerschaften mit der Ehe gleich- zusetzen. Es geht um eine Würdigung bei gleichzeitiger Betonung der Verschiedenheit. Einige Stellungnahmen sprechen sich auch für eine – von der Eheschließung unter- schiedene – Segnung dieser Partnerschaften aus.“

8 Ebd., S. 15: „In diesem Zusammenhang wird auch ange- regt, über die Segnung einer zweiten (zivilen) Ehe nach- zudenken, die sich jedoch liturgisch deutlich von der kirchlichen Eheschließung unterscheiden soll.“

9 https://www.kath.ch/newsd/segnung-homosexueller- paare-in-bern-basel-und-zuerich-gang-und-gaebe/ Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg 137

10 Relatio der deutschsprachigen Gruppe zum drit- ten Teil des Instrumentum laboris (20. Oktober 2014). In: Die Berufung und Sendung der Familie in Kir- che und Welt von heute. Texte zur Bischofssynode 2015 und Dokumente der Deutschen Bischofskonfe- renz (Arbeitshilfen Nr. 276), 2. November 2015, S. 128.

11 Vgl. den Beschluss der württembergischen Landes- synode vom 23. März 2019 oder den Beschluss der Synode A.B. der Evangelischen Kirche Augsburgischen Bekenntnisses in Österreich vom 9. März 2019.

12 So etwa die Evangelisch-Lutherische Landeskirche in Hannover; s. dazu: https://www.landeskirche-hannovers.de/evlka-de/presse- und-medien/nachrichten/2019/05/2019_05_16_1 Hierbei handelt es sich um ein Beispiel zur Anschau- ung; die Beschlusssituation und die Optionen in der liturgischen Gestaltung sind ungleich größer.

13 Die Feier der Partnerschaftssegnungen im Katholischen Bistum der Al-Katholiken. Für den gottesdienstlichen Gebrauch erarbeitet durch die Liturgische Kommission und herausgegeben durch Bischof und Synodalvertre- tung. Alt-Katholischer Bistumsverlag, Bonn 2014.

14 Michael Theobald, in seinem Beitrag für das Hea- ring im Sachbereich Familie des ZdK.

15 Michael Theobald, in seinem Beitrag für das Hea- ring im Sachbereich Familie des ZdK. 138 Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg

16 Aus der Orientierungshilfe des Präsidiums des Fami- lienbundes der Katholiken zum Familienbild 2015.

17 Michael Böhnke, in seinem Beitrag für das Hea- ring im Sachbereich Familie des ZdK.

18 Diese Mehrdimensionalität (oder auch „Polyvalenz“) hat bereits die Würzburger Synode im Sinne einer differenzierten Behandlung des Themas Sexualität aufgenommen, vgl. das Arbeitspapier „Sinn und Gestaltung menschlicher Sexuali- tät“ und den Beschluss „Christlich Gelebte Ehe und Familie“:

19 Martina Kreidler-Kos, in ihrem Beitrag für das Hea- ring im Sachbereich Familie des ZdK.

20 Stephan Goertz, in seinem Beitrag für das Hea- ring im Sachbereich Familie des ZdK.

21 Martina Kreidler-Kos, in ihrem Beitrag für das Hea- ring im Sachbereich Familie des ZdK.

22 Stephan Goertz, in seinem Beitrag für das Hea- ring im Sachbereich Familie des ZdK.

23 Hans-Joachim Sander: „Das Möbiusband von Segen und Fluch – eine Fundstelle Gottes”, in: „Mit dem Segen der Kir- che? Gleichgeschlechtliche Partnerschaft im Fokus der Pastoral”, hrsg. v. Stephan Loos, Michael Reitemeyer u. Georg Trettin. Freiburg i.Br. 2019, 101-116; hier 102-107.

24 Bei „pagan“ handelt es sich um eine religionsge- schichtliche Bezeichnung zur Unterscheidung bzw. Abgrenzung zu religiösen Traditionen außerhalb der Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg 139

eigenen, so vom Standpunkt des christlichen Mili- eus gegenüber etwa der Religiosität der (paganen) grie- chisch-römischen Kultur zur Zeit der Spätantike.

25 Michael Theobald, in seinem Beitrag für das Hea- ring im Sachbereich Familie des ZdK.

26 Petra Dankova, in ihrem Beitrag für das Hea- ring im Sachbereich Familie des ZdK.

27 Stephan Goertz, in seinem Beitrag für das Hea- ring im Sachbereich Familie des ZdK.

28 Michael Theobald, in seinem Beitrag für das Hea- ring im Sachbereich Familie des ZdK.

29 Benedikt Kranemann, in seinem Beitrag für das Hearing Sachbereich Familie des ZdK.

30 „In der Segensfeier danken wir Gott für die in Liebe gelebte Beziehung und bitten ihn um seinen Schutz für die Partner“; Ulrich Hoffmann, in seinem Beitrag für das Hearing im Sachbereich Familie des ZdK.

31 Michael Theobald, in seinem Beitrag für das Hea- ring im Sachbereich Familie des ZdK.

32 Ulrich Hoffmann, in seinem Beitrag für das Hea- ring im Sachbereich Familie des ZdK.

33 Michael Theobald, in seinem Beitrag für das Hea- ring im Sachbereich Familie des ZdK. 140 Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg

34 Benedikt Kranemann, in seinem Beitrag für das Hearing Sachbereich Familie des ZdK.

35 Papst Franziskus: „An das pilgernde Volk Gottes in Deutschland”, 5.

36 Heterotopien bezeichnen nach Michel Foucault - im Gegensatz zu den Utopien - konkrete Räume, denen ein besonderes Regelsystem zugrunde liegt und die entspre- chend eigene Zugangsvoraussetzungen schaffen. Klas- sische Beispiele sind Gefängnisse, Bibliotheken, The- ater oder eben auch die Kirche und das, was sie zu repräsentieren beansprucht. Sie stehen für einen Tei- lausschnitt der Gesamtwirklichkeit und verkörpern in dieser Weise auch einen Teil ihrer Wahrheit(en).

37 Hans-Joachim Sander, wie Anm. 12, 114f.

38 Benedikt Kranemann, in seinem Beitrag für das Hearing Sachbereich Familie des ZdK. Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg 141

3.4. „Segen schenken – Segensfeiern für gleichge- schlechtliche Paare”

Erklärung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken vom 23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg

Segnungen und Segensfeiern sind eine alte Tradition in der Kir- che. Sie wenden sich in der Regel an bestimmte Personen, um diese unter Gottes Segen zu stellen. In der katholischen Kirche wächst gegenwärtig an vielen Orten das Bewusstsein, dass heute eine neue differenzierte Sicht auf zwischenmenschliche Beziehungen und Partnerschaften notwendig ist. Hier sieht die ZdK-Vollversammlung eine besondere Verantwortung und bringt ihre Position als Konkretisierung ihres Beschlusses zum Thema „Zwischen Lehre und Lebenswelt Brücken bauen. Familie und Kirche in der Welt von heute“ vom 9. Mai 2015 ein. In diesem Beschluss ist als eine der Konkretisierungen benannt, für „eine Weiterentwicklung von liturgischen Formen, insbesondere Seg- nungen gleichgeschlechtlicher Partnerschaften, neuer Partner- schaften Geschiedener und für wichtige Weichenstellungen im Familienleben“ Sorge tragen zu wollen.

Nach unseren bisherigen Erkenntnissen sehen wir als ZdK die Möglichkeit und das Erfordernis, die vielfältige Segenspra- xis in unserer Kirche zu stärken und zu erweitern. Wir denken dabei insbesondere an Paare, denen eine kirchliche Eheschlie- ßung nicht möglich ist, wie zum Beispiel gleichgeschlechtliche Paare, die aber aufgrund ihrer Gottesbeziehung um den Segen Gottes für das Gelingen ihrer Partnerschaft bitten. Ausgangs- punkt soll diese Bedeutung der Segensfeiern für die bitten- den Paare sein. Ihre Lebenssituation muss im liturgischen Ritus ernst genommen werden. Die Gefahr einer Verwechslung von 142 Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg

Segenshandlungen mit der Feier der Sakramente – vor allem der Eheschließung – sieht die ZdK-Vollversammlung nicht. Bereits heute verfügt unsere Kirche über eine reiche Vielfalt bei litur- gischen Feiern.

Warum wir handeln

Im Mai 2015 brachte die ZdK-Vollversammlung im Vorfeld der Weltbischofssynode „Die Berufung und Sendung der Familie in Kirche und Welt von heute“ in einer Erklärung ihre Wertschät- zung für die Ehe und für die vielfältigen Formen gemeinschaft- lichen Lebens zum Ausdruck, in denen Erwachsene in liebender Weise sowohl Verantwortung füreinander als auch für ihre Schutzbefohlenen und ihr soziales Umfeld übernehmen. Festge- halten wurde in der ZdK-Erklärung von 2015, dass auch in ver- bindlichen und auf Dauer angelegten nichtehelichen Partner- schaften Werte, die wie in einer sakramentalen Ehe gelebt und vermittelt werden, zum Ausdruck kommen. Im Einzelnen haben wir uns ausgesprochen für: eine Achtung des Zusammenlebens in dauerhaften nichtehelichen Partnerschaften sowie die vorbe- haltlose Akzeptanz fester gleichgeschlechtlicher Partnerschaf- ten; das Ringen um eine neue Sprachfähigkeit hinsichtlich der Sexualität im Rahmen einer verbindlich gelebten Partnerschaft; die Frage nach kirchlichen Segensfeiern in der Kirche für solche Paare, die ihre Partnerschaft unter Gottes Segen stellen wollen. In der ZdK-Erklärung werden eine „Spannung und vielfach eine Kluft zwischen Aussagen des päpstlichen Lehramtes zu Ehe und Familie und der von pluralen Familienformen geprägten heutigen Lebenswelt der Gläubigen“ benannt.

Es ist wichtig, die vor Ort in der Seelsorge Tätigen in die- sem Spannungsfeld und in ihrer Entscheidungssituation nicht alleine zu lassen, wenn Paare mit dem Wunsch nach einer Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg 143

Segenshandlung auf sie zukommen. Das ZdK betont daher die Notwendigkeit, einen wertschätzenden Blick auf konkrete Bezie- hungen zu fördern. Hier setzt die ZdK-Vollversammlung im Jahr 2019 erneut an. Sie steht damit auch im Vorfeld des Synodalen Wegs der katholischen Kirche in Deutschland. Sie bringt Votum und Argumente in die noch offenen Beratungen des Synoda- len Weges für kirchliche Segensfeiern für Paare, die um einen Segen für sich und das Gelingen ihrer Beziehung bitten, ein. Die im Folgenden aufgeführten Argumente nehmen die gleich- geschlechtlichen Paare in den Blick. Viele von ihnen lassen sich aber auch auf andere Partnerschaften anwenden, denen eine kirchliche Trauung nicht offensteht, z. B. neue Partnerschaf- ten von geschiedenen Gläubigen, auch wenn die theologischen Zusammenhänge in Unterscheidung zwischen der Schöp- fungsordnung und der Erlösungsordnung jeweils zueinander zu betrachten sind.

Die ZdK-Vollversammlung betrachtet die theologischen Argu- mente, auf deren Grundlage gleichgeschlechtliche Paare, die in einer auf lebenslange Dauer angelegten Beziehung leben, nicht nur von der sakramentalen Eheschließung, sondern auch von den Segenshandlungen der Kirche ausgeschlossen werden, als nicht mehr dem Stand der Erfahrung sowie der Reflexion entsprechend.

Wo Paare sich für ihr gemeinsames Leben den kirchlich vermit- telten Segen Gottes erbitten und aufgrund ihrer Beziehungsform abgewiesen werden, schafft die Kirche in jedem Fall pastorale Härten, mitunter auch existentielle Notsituationen. Diesen Situ- ationen fühlen wir uns als gläubige Christinnen und Christen im ZdK aus dem Evangelium heraus verpflichtet. Der kirchliche Blick auf diese Paare muss ein evangeliengemäßer Blick werden, 144 Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg

der auf die gelebte Liebe fokussiert und der diese liebende Ver- bindung im Zusammenhang der Heilsgeschichte verortet.

Gute Gründe für den Segen

Biblischer Befund: Im Neuen Testament wird die Grundbot- schaft der gesamten Bibel zusammengefasst: „Gott ist Liebe“ (1 Joh 4,8.16). Der Gott der jüdisch-christlichen Überlieferung ist ein Gott der Beziehung. Jesus von Nazareth bringt uns diese Liebe in Taten und Worten als unbedingte Bejahung nahe, die zum Leben befreit. Wenn Menschen sich in Paarbeziehungen in Liebe und Treue, in Respekt und Fürsorge füreinander begegnen und sich aus dieser Liebe auch anderen öffnen, dann können sie das Geheimnis Gottes erspüren.

Gerade in den weltweiten ökumenischen Gesprächen ist sehr bewusst, wie groß die Herausforderung ist, den Sinngehalt der biblischen Texte angesichts des kulturell geprägten Entste- hungskontextes theologisch angemessen zu deuten. Die Inkul- turation damals wie heute ist notwendig, damit das Wort Gottes bei den Menschen ankommen kann. So müssen wir uns in jedem neuen Kontext je neu der Bedeutung vergewissern. Eine wortidentische Auslegung der Bibel, etwa in Fragen der Homo- sexualität, verengt die Sicht auf die Botschaft. In der Exegese besteht ein weitgehender Konsens, dass der biblischen Über- lieferung homosexuelle Beziehungen, wie wir sie heute ken- nen, unbekannt sind. Wenn biblische Texte Homosexualität ver- urteilen, haben sie andere Phänomene vor Augen, als sie heute in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung partnerschaftlich gelebt werden. Von gleichgeschlechtlichen Veranlagungen wis- sen die biblischen Texte nichts. Lesbische Beziehungen werden nirgends behandelt. Männliche Homosexualität wird im Kon- text von Gewalthandlungen verurteilt (Gen 18,16-29,26). Paulus Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg 145

beurteilt praktizierte Homosexualität, die nicht einer Veranla- gung folgt, sondern willkürlich ist, als „widernatürlich“ (Röm 1,27), verwendet hier aber einen Begriff der „Natur“, der zeitbe- dingt ist.

Segen als Vergegenwärtigung des Wortes Gottes: Die Kirche ist berufen, Menschen zu segnen, nicht sie zu verfluchen. Der Segen kommt nicht aus ihr selbst, sondern von Gott, dessen Präsenz wir als Kirche erkennen und bekennen. Der biblische Segen ist eine wirksame Handlung, die Gottes Wort vergegen- wärtigt, so dass Leben entsteht und Gnade erfahren wird. Ein Segen bejaht im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heili- gen Geistes, was gut ist, und führt es über sich selbst hinaus zu Gott. Die Beziehungs-Realitäten drücken die Segensbedürftig- keit der Menschen und ihre Angewiesenheit auf Gott aus. Paare, die um den Segen bitten, bekennen diese Situation und bringen gleichzeitig zum Ausdruck, ihre Beziehung im Horizont Gottes gestalten zu wollen. Als Kirche sind wir aufgerufen, uns das Gespür für das Wirken Gottes zu bewahren und diese „Fundstät- ten“ durch Segenshandlungen zum Ausdruck zu bringen.

Was Offenheit für das Leben meint, erschöpft sich nicht in einer Kategorisierung in heterosexuelle, potentiell generative und homosexuelle, nicht generative Partnerschaften, sondern sie ist zuerst und ganz grundlegend eine intersubjektive, soziale Hal- tung, die verschiedene Ausdrucksformen kennt: natürlich in der Verantwortung für Kinder, für leibliche Kinder und für Kinder, für die wir Verantwortung tragen; aber auch in Verantwortung für die Gemeinschaft, in der wir leben.

Bei Paaren, die ihr Glück finden und in Liebe verbunden sind, erleben wir, dass sie etwas erfahren und entstehen lassen, was über die Beziehung hinausreicht. Ihre Offenheit füreinander und 146 Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg

der Raum ihrer Liebe erlaubt eine Offenheit für andere und für die Gemeinschaft. Auch der Zölibat dient ja der Weitergabe des Lebens – auf eine spirituelle Weise. Immer dann, wenn wir in der eigenen Lebensführung eine Option für das Leben anderer ent- decken und es mit dem eigenen Leben verbinden, sind das For- men der Fruchtbarkeit, die die Gesellschaft und uns als Kirche reich beschenken.

Vielfältige Sinngehalte von Sexualität: Jede Liebe ist auf Aus- drucksformen angewiesen. So wie die Menschen in ihrer Ein- heit von Körper und Geist existieren, ist die Sexualität ein ganz wesentlicher Teil des Menschen. Sie reicht in ihrer Wertigkeit (Valenz) noch über die leibliche Weitergabe des Lebens hinaus: sie schafft Identität und stiftet Beziehung; sie ist Ausdruck von Zuneigung, Lust, Zärtlichkeit und Verbundenheit; in ihr verwirk- lichen sich Menschen miteinander im gegenseitigen Geschenk tiefster Freundschaft. Solche Liebe genügt sich nicht selbst, sondern strahlt auf andere aus. Selbst wenn eine biologische Weitergabe des Lebens ausgeschlossen ist, kann sie sich in einer sozialen Generativität niederschlagen. Wir sprechen daher von Polyvalenz von Sexualität. Es eröffnen sich neue Chancen, wenn wir als Kirche Sexualität in ihren vielfältigen Wertigkeiten begreifen und sie daher nicht nur in der Ehe von Mann und Frau verorten. Liebe und die unbedingte Anerkennung der Würde des anderen und meiner selbst sind dafür essentielle Bedingungen. Dem können Paare auch aus ihrem Glauben kompetent nach- kommen. Sie sind in der Lage, ihr Glaubens- und ihr Erfahrungs- wissen sowie ihre Sinn- und Lebenserfahrungen zu integrieren; diese Fähigkeit muss auch durch die Morallehre wertgeschätzt werden.

Den Weg der Kirche neu denken: Die pastorale Praxis der Kir- che braucht mehr als die Anwendung lehramtlicher und Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg 147

kirchenrechtlicher Vorgaben. Eine maßgebliche Rolle spielt die Aufmerksamkeit für die Zeichen der Zeit und den Glaubenssinn der Gläubigen. Wo Menschen nach der Bedeutung des Evan- geliums für ihr Leben suchen und ihr Leben danach ausrichten, ereignet sich Kirche. Wo Seelsorgerinnen und Seelsorger, Gläu- bige, Priester und Bischöfe in sorgfältiger Prüfung ihres Gewis- sens die Lebenswirklichkeit der Menschen und ihre Suche ernst nehmen und darauf antworten, können Spuren für unsere Kir- che entstehen. Wenn sie sich im Lichte der Tradition, der theolo- gischen Einsichten und der pastoralen Praxis bewähren, tragen sie zur Entwicklung der Kirche und ihrer Lehre bei. „Prüft alles und behaltet das Gute.“ (1 Thess 5,21)

Konsequenzen

Die ZdK-Vollversammlung ermutigt und unterstützt die Diözes- anbischöfe zu einer gemeinsamen, pastoral sensiblen und the- ologisch begründeten Neubesinnung auf das Wesen mensch- licher Beziehungen, um ihre pastorale Verantwortung für die Gläubigen wahrzunehmen und Möglichkeiten von Segensfeiern für alle Paare, die den Segen Gottes für ihre Partnerschaft erbit- ten, zu öffnen. Kirchenrechtlich sieht CIC can. 838 § 4 vor, dass es „dem Diözesanbischof (zu)steht (…), in der ihm anvertrauten Kirche innerhalb der Grenzen seiner Zuständigkeit Normen für den Bereich der Liturgie zu erlassen, an die alle gebunden sind“.

Jedes Paar ist in seiner verantwortlich gelebten Liebe ein Segen für uns als Kirche. Als Gemeinschaft gläubiger Christinnen und Christen blicken wir als ZdK auf die gelebten Werte der Paare. Als Gemeinschaft gläubiger Christinnen und Christen machen wir als ZdK die Qualität einer Beziehung an der gelebten Liebe fest. Als Gemeinschaft gläubiger Christinnen und Christen wol- len wir als ZdK Paare auf ihren zuweilen auch zerbrechlichen und 148 Vollversammlung des ZdK am 22./23. November 2019 in Bonn-Bad Godesberg

gefährdeten Wegen begleiten und unterstützen. Als Gemein- schaft gläubiger Christinnen und Christen im ZdK wollen wir, dass Paaren, ihren Familien und Freundeskreisen ebenso der Reichtum und die Wirkmächtigkeit von Segensritualen nicht vorenthalten werden. Für uns bringt eine Segnung des Liebes- Paares das ins Wort, was längst Wirklichkeit ist. Deshalb set- zen wir uns als ZdK dafür ein, dass in naher Zukunft ein offizieller Ritus für die Segnung homosexueller Paare erarbeitet wird.

Beschlossen von der Vollversammlung des ZdK am 23. Novem- ber 2019. 149

4. Erklärungen und Texte 150 Erklärungen und Texte

4.1. „Es soll nichts zurückgenommen werden”

Gespräch zum jüdisch-christlichen Dialog im Vatikan veröffentlicht am 7. Februar 2019.

Auf Initiative der katholischen Präsidentin des Deutschen Koor- dinierungsrats der Gesellschaften für Christlich-jüdische Zusam- menarbeit (DKR) kamen am Dienstag, dem 22. Januar 2019, das Präsidium des DKR und die Leitung des Gesprächskreises „Juden und Christen“ beim Zentralkomitee der deutschen Katholiken zu einem Gespräch mit dem Präsidenten des Päpst- lichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, Kurt Kardi- nal Koch, im Vatikan zusammen. Anlass waren die Irritationen über eine Stellungnahme von Joseph Ratzinger/Papst em. Bene- dikt XVI. zum Dokument der Vatikanischen Kommission anläss- lich des 50. Jahrestages der Promulgation von „Nostra Aetate“, die Kardinal Koch im Juli 2018 in der Zeitschrift „Communio“ veröffentlicht hat.

„Der Text von Papst em. Benedikt XVI. hat zu erheblichen Irri- tationen im christlich-jüdischen Gespräch geführt. Insbeson- dere seine Kritik an der Rede vom ungekündigten Bund Gottes mit Israel hat Zweifel hervorgerufen, ob die katholische Kirche zur Anerkennung des Judentums auf der Grundlage von ‚Nostra Aetate‘ noch steht.“, so die Vertreter und Vertreterinnen des Deutschen Koordinierungsrats der Gesellschaften für Christ- lich-Jüdische Zusammenarbeit und des ZdK-Gesprächskreises „Juden und Christen“. Die teilweise leidenschaftlichen Reakti- onen auf den Artikel seien Ausdruck der Sorge, dass das, was in den jüdisch-christlichen Beziehungen erreicht worden sei, Erklärungen und Texte 151

an entscheidenden Punkten wieder in Frage gestellt werden könnte.

Kardinal Koch erläuterte, er habe die Stellungnahme von Papst em. Benedikt XVI. der Öffentlichkeit nicht vorenthalten wollen und die Möglichkeit einer offenen Diskussion für den besten Weg gehalten. Es handle sich bei dem Artikel nicht um ein Schreiben mit lehramtlicher Autorität, sondern um die Posi- tion eines einzelnen Gelehrten. Auf die Rückfrage, ob nicht die Person des Schreibenden dem Text ein anderes Gewicht gebe, erwiderte Kardinal Koch, dass „Nostra Aetate“ höchste lehr- amtliche Autorität genieße und auch der Kommissionstext kir- chenamtlich autorisiert sei, während der Text des emeritierten Papstes allein dessen persönliche Auffassung wiedergebe. Ausdrücklich wies der Kardinal die Lesart zurück, dass Joseph Ratzinger/ Papst em. Benedikt XVI. mit dem Artikel die Kar- freitagsfürbitte für den Außerordentlichen Ritus theologisch untermauern wollte. Der emeritierte Papst habe mit seinen Aus- führungen „Nostra Aetate“ in keiner Weise in Frage stellen wol- len und stehe auch voll hinter dem Kommissionstext. Er habe nur an zwei Punkten eingehakt und theologische Kritik geübt, etwa ob man vom biblischen Verständnis her überhaupt von einer „Kündigung“ des Bundes sprechen könne. Die Fragen, die er aufwerfe, seien es wert, bedacht zu werden – nicht um etwas zurückzunehmen, sondern um es zu vertiefen. Kardinal Koch merkte in diesem Zusammenhang an, dass die Formulie- rung einer „Umstiftung des Sinai-Bundes in den neuen Bund im Blute Jesu“ auf das katholische Selbstverständnis ziele und das Judentum nicht abwerten wolle, da auch von Papst em. Benedikt XVI. nicht bestritten werde, dass der Bund mit Israel ewig gültig sei. Freilich zeige die Debatte, dass auf katholischer Seite die Frage, wie der christliche Glaube an die Heilsuniver- salität Christi und die ebenso klare Glaubensaussage vom nie 152 Erklärungen und Texte

aufgekündigten Bund Gottes mit Israel überzeugend zusammen- gedacht und ohne Verletzungen ausgesprochen werden kann, noch nicht ausreichend beantwortet sei und des weiteren Nach- denkens bedürfe.

Die Mitglieder des Präsidiums des DKR und die Leiter des Gesprächskreises „Juden und Christen“ beim ZdK gaben zu bedenken, dass der Dialog auch nach 50 Jahren noch ein „zartes Pflänzchen“ sei, weshalb es umso wichtiger sei, dass das entstandene Vertrauen nicht durch missverständliche Äuße- rungen gefährdet würde. Kardinal Koch erklärte, dass im Dialog zwischen Juden und Christen keine Seite der anderen ihre Glau- bensüberzeugung streitig machen dürfe und man sich gegen- seitig auch unbequeme Glaubenswahrheiten zumuten müsse. Er beklagte in diesem Zusammenhang, dass im Dialog mit den Juden nicht alle Katholiken offen sprechen würden, quasi ihr Kreuz versteckten, und mahnte mehr Ehrlichkeit im Dialog auf Augenhöhe von allen Seiten an.

Beide Seiten stimmten darin überein, dass die theologische Arbeit weitergehen müsse. Das gelte auch für das Verständnis der religiösen Bedeutung des Landes Israel.

Der ZdK-Gesprächskreis wird eine wissenschaftliche Publika- tion zu den offenen Fragen des Dialogs initiieren und lud Kardi- nal Koch zu einer öffentlichen Auftaktveranstaltung ein, um den Austausch mit dem Gesprächskreis fortzusetzen. Kardinal Koch wies darauf hin, dass der Diskurs auf regionaler Ebene ebenso wichtig sei wie die Arbeit im Vatikan. Aktivitäten des DKR und des Gesprächskreises gäben wichtige Impulse, die die Kommis- sion bereichern würden. Erklärungen und Texte 153

Abschließend hoben alle Gesprächspartner die gesellschaftliche Bedeutung des jüdisch-christlichen Dialogs hervor: „Juden und Christen verbindet der Glaube an den Einen Gott. Nur wenn klar ist, dass die Kirchen das Judentum wirklich anerkennen, können wir antijüdischen Stereotypen den Boden entziehen und zum Wohl der Gesellschaft zusammenarbeiten.“, so die Leitungen des DKR und des Gesprächskreises beim ZdK. Sie bedankten sich bei Kardinal Koch für die Einladung und die Möglichkeit zum offenen und konstruktiven Austausch.

Gesprächsteilnehmerinnen und -Teilnehmer:

• Kurt Kardinal Koch, Präsident des Päpstlichen Rates zur För- derung der Einheit der Christen

• Pater Dr. Norbert Hofmann, Sekretär der Päpstlichen Kom- mission für die religiösen Beziehungen zum Judentum

• Dr. Margaretha Hackermeier, Präsidentin des Deutschen Koordinierungsrats der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit,

• Pfarrer Friedhelm Pieper, Präsident des Deutschen Koor- dinierungsrats der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit,

• Rabbiner Prof. Dr. Andreas Nachama, Präsident des Deut- schen Koordinierungsrats der Gesellschaften für christlich- jüdische Zusammenarbeit und Leiter des Gesprächskreises „Juden und Christen“ beim ZdK

• Dagmar Mensink, Leiterin des Gesprächskreises „Juden und Christen“ beim ZdK 154 Erklärungen und Texte

4.2. „Organspende nicht ohne freiwillige Zustim- mung”

Stellungnahme des Präsidiums des Zentralratkomi- tees der deutschen Katholiken veröffentlicht am 13. März 2019

Die Entscheidung für eine Organspende verdient hohe mora- lische Anerkennung. Das Zentralkomitee der deutschen Katho- liken (ZdK) teilt das Ziel, die Organspendebereitschaft und die Transplantationszahlen zu erhöhen, und befürwortet alle ethisch angemessenen Schritte zu seiner Realisierung. Denn die Organ- spende dient als Akt freiwilliger Solidarität den Lebenschancen schwer erkrankter Menschen, die auf ein Spenderorgan warten.

Bei der im Deutschen anstehenden Neuregelung der Organspende spricht sich das ZdK für einen Ausbau der gel- tenden Entscheidungslösung und gegen die doppelte Wider- spruchslösung aus. Voraussetzung für die Organentnahme muss weiterhin eine freiwillige Einwilligung des Spenders / der Spen- derin oder, falls keine Einwilligung vorliegt, die Zustimmung der Angehörigen sein. Denn eine Organspende ist keine Frage der Verwertung eines Leichnams, sondern betrifft den Prozess des Sterbens. Dafür muss jede und jeder Einzelne ausdrücklich ihre oder seine Entscheidung treffen.

Als Vertretung der katholischen Frauen und Männer in Deutsch- land möchten wir im Respekt vor der unbedingten Würde jedes Menschen auf der Grundlage der Prinzipien christlicher Sozial- ethik einen Beitrag zu dieser Debatte von fundamentaler ethi- scher und gesellschaftspolitischer Bedeutung leisten. Wir begrü- ßen die Ernsthaftigkeit und Nachdenklichkeit, mit denen diese Erklärungen und Texte 155

Debatte in der Öffentlichkeit und in zwei Gesetzgebungsverfah- ren im Deutschen Bundestag geführt wird.

1. Das Potenzial der Organspendebereitschaft besser ausschöpfen

Vor diesem Hintergrund begrüßen wir sehr das bereits vom Deutschen Bundestag beschlossene "Zweite Gesetz zur Ände- rung des Transplantationsgesetzes – Verbesserung der Zusam- menarbeit und der Strukturen bei der Organspende". Es konzen- triert sich auf Maßnahmen, mit denen das vorhandene Reservoir der Organspendebereitschaft besser ausgeschöpft und die Zahl der Organentnahmen und anschließenden Transplantationen erhöht werden sollen. Zu nennen sind zum Beispiel die verbind- liche Freistellung der Transplantationsbeauftragten und deren Finanzierung, die höhere Vergütung der Entnahmekrankenhäu- ser, die flächendeckende Bereitstellung neurologischer Konsi- liardienste zur Feststellung des Hirntodes und eine verbesserte Angehörigenbetreuung.

In der Verbesserung der Strukturen sehen wir den wichtigsten Ansatzpunkt, um die vorhandene Bereitschaft zur Organspende besser zu identifizieren und so mehr Menschenleben durch eine Organtransplantation retten zu können. Denn wie eine Lang- zeitstudie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) belegt, sind fast 80 Prozent der Bevölkerung grundsätz- lich bereit, Organe zu spenden – eine im Vergleich zu den tat- sächlichen Zahlen der Organentnahmen beachtlich hohe Bereit- schaft. Die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) verweist auf eine in den letzten Jahren leicht wachsende Zustim- mungsquote, wenn Angehörige nach Feststellung des Hirntodes nach dem mutmaßlichen Willen des potenziellen Spenders/der potenziellen Spenderin gefragt werden. Beide Belege stützen 156 Erklärungen und Texte

die Annahme, dass es zur Erhöhung der Zahl der Organentnah- men und Transplantationen zuvorderst ihrer strukturellen Ermög- lichung und Begünstigung im Gesundheitssystem bedarf – und nicht einer Abkehr von der freiwilligen, bewussten Entscheidung der Spenderinnen und Spender.

2. Freiwillige Zustimmung als Voraussetzung der Organentnahme

In der öffentlichen Debatte steht aber eine andere Frage im Zen- trum, die in den nächsten Monaten mit fraktionsübergreifen- den Gruppenanträgen beraten und entschieden werden soll. Es wird vorgeschlagen, die Organentnahme künftig nicht mehr an die Zustimmung des Spenders/der Spenderin oder der Ange- hörigen zu knüpfen, sondern eine Organentnahme nach Hirn- toddiagnostik nur dann auszuschließen, wenn von ihnen ein expliziter Widerspruch vorliegt. Demgegenüber sind wir der Überzeugung, dass die Organspende wissentlich gewollt, also Ausdruck freiwilliger Zustimmung sein muss, weil davon unaus- weichlich auch eine Entscheidung über das persönliche Ster- ben berührt wird. Es gibt gute und gerade aus christlicher Sicht sehr überzeugende Gründe, die es Menschen für sie selbst als persönliche Pflicht erscheinen lassen, ihr persönliches Sterben an der Lebensrettung anderer auszurichten. Es gibt aber weder eine moralische Pflicht zu dieser Solidarität, noch können auf ein Spenderorgan wartende Patientinnen und Patienten oder die Gesellschaft insgesamt ein moralisches Recht darauf geltend machen. Die Organspende ist ein freiwilliges Geschenk.

Eine (einfache oder doppelte) Widerspruchslösung übergeht diese Qualität einer postmortalen Organspende. Sie verwischt den Unterschied zwischen freiwillig und nicht freiwillig. Zwar lässt sie den Widerspruch zu einer Organentnahme zu und Erklärungen und Texte 157

grenzt sich so von einer unfreiwilligen Zwangsabgabe ab. Aber bei einer Entnahme der Organe gemäß Widerspruchsregelung handelt es sich nicht um eine freiwillige Gabe, denn sie könnte stattfinden, ohne dass Spenderin und Spender oder ihre Ange- hörigen sich jemals dafür entschieden und darin eingewilligt hätten.

Dies erscheint uns mit dem Persönlichkeits- und Selbstbe- stimmungsrecht der sterbenden Patientinnen und Patienten nicht vereinbar. Denn bevor es zu der postmortalen Organ- spende kommen kann, sind Voraussetzungen zu erfüllen, die den Prozess des Sterbens beeinträchtigen. Zwar sind vor einer Organentnahme zwingend alle für das Weiterleben entschei- denden Hirnfunktionen unwiderruflich erloschen, so dass an ein Gesundwerden nicht mehr zu denken ist und alle weiteren kurativen Therapieversuche zwecklos sind. Zugleich bildet aber das Fortbestehen von Teilfunktionen des Körpers durch künst- liche Beatmung die unverzichtbare Voraussetzung für jede Organspende und -transplantation. Die Beatmung setzt ihrer- seits aber entsprechende medizinisch-therapeutische Maß- nahmen im Sterbeprozess voraus, die sich von der ansonsten palliativen Therapie in der terminalen Phase des Sterbens unter- scheiden können. Die Aufrechterhaltung körperlicher Grund- funktionen (künstliche Beatmung usw.) kann sogar in direktem Widerspruch zu einer Patientenverfügung stehen. Gerade weil der Patientenwille im Prozess des Sterbens unbedingt zu befol- gen ist, wie der rechtliche Stellenwert von Patientenverfügungen zeigt, sollte dieser explizite Wille auch für die fremdnützige Wei- terbehandlung des Patienten/der Patientin zur Vorbereitung einer Organentnahme ausschlaggebend sein. 158 Erklärungen und Texte

3. Über Organspende informieren, reden und zur Ent- scheidung ermutigen

Da die freiwillige Entscheidung für oder gegen eine Organ- spende für uns eine herausragende Bedeutung hat, teilen wir das Anliegen, dass die Zahl der zu Lebzeiten dokumentierten Entscheidungen gesteigert werden sollte.

Dazu sind verschiedene Wege vorstellbar. Uns erscheint eine Variante sinnvoll, in der der Hausarzt / die Hausärztin regelmäßig eine (zu vergütende) ergebnisoffene Beratung schon zu einem Zeitpunkt anbietet, wenn die Patientin / der Patient nicht wegen einer schweren Krankheit in Behandlung ist. Denkbar wäre auch eine Vermittlung an ortsnahe medizinische Informationsstellen. Die Entscheidung sollte aber nicht zeitgleich mit der Informa- tion fallen, sondern zum Beispiel durch spätere Eintragung in ein Organspenderegister, auf das die Bürgerinnen und Bürger eigen- ständig zugreifen können.

Niemand soll zu einer Entscheidung gedrängt werden, aber allen soll bewusst sein, dass die eigene Organspendebereitschaft ernsthaft zu prüfen ist. Diese Frage zu verdrängen, hilft nieman- dem, aber schadet denjenigen, die auf ein Spenderorgan ange- wiesen sind. Erklärungen und Texte 159

4.3. IXE–Aufruf zur Wahl des Europäischen Parla- ments 2019

veröffentlicht am 15. März 2019

Mit Blick auf die Wahl zum Europäischen Parlament im Mai 2019 veröffentlichen wir, die 2006 gegründete "Initiative Christen für Europa" (IXE), die sich für das europäische Projekt aus christ- licher Sicht engagiert, diesen gemeinsamen Appell. Unser Auf- ruf richtet sich nicht nur an Politikerinnen und Politiker, sondern an alle Bürgerinnen und Bürger. Er möchte die Wählerinnen und Wähler, insbesondere junge Menschen, mobilisieren, da eine geringe Wahlbeteiligung eine ernsthafte Bedrohung für eine echte europäische Demokratie darstellt.

"Die Zeit ist gekommen, gemeinsam das Europa auf- zubauen, das sich nicht um die Wirtschaft dreht, son- dern um die Heiligkeit der menschlichen Person, der unveräußerlichen Werte. " (Papst Franziskus)

Auf siebzig Jahren Frieden und der schrittweisen Entwicklung eines gemeinsamen wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmens aufbauend bleibt Europa ein Raum der Hoffnung. Dennoch zei- gen die derzeitigen sehr ernsten politischen Turbulenzen in meh- reren Ländern, wie sehr sich die Europäerinnen und Europäer von wachsenden Ungleichheiten, sozialer Ausgrenzung, eini- gen Faktoren wirtschaftlicher Migration und den Auswirkungen der wirtschaftlichen und kulturellen Globalisierung betroffen fühlen. Sie fühlen sich auch durch den Terrorismus im eigenen Land, aggressive Strategien einiger Weltmächte und das stei- gende Risiko bewaffneter Konflikte bedroht. Nationalistische und 160 Erklärungen und Texte

populistische Tendenzen gefährden die Demokratie und schwä- chen die unerlässliche Beachtung der Rechtsstaatlichkeit. In Debatten, in denen unsere gemeinsame europäische Identität in Frage gestellt wird oder in welchen der christliche Glaube für parteiische Zwecke instrumentalisiert wird, werden wir das euro- päische Projekt als Ausdruck unserer gemeinsamen Hoffnung verteidigen.

In der aktuellen geopolitischen Situation kann und muss Europa seine Verantwortung wahrneh- men und seine vordringlichen Ziele umsetzen:

- Durch Solidarität die Verbindungen zwischen den Menschen und Völkern erneuern

"Ich träume von einem Eµropa, das die Rechte des Einzelnen fördert und schützt, ohne die Verpflichtungen gegenüber der Gemeinschaft außer Acht zu lassen. " (Papst Franziskus).

Unser gemeinsames europäisches Haus baut auf dem Grund- satz der Solidarität auf, der im Vertrag von Lissabon verankert ist. Solidarität ist eine effektive Antwort auf Ungleichheiten und auf Ängste, die sich aus der Globalisierung speisen. Die Poli- tik der Europäischen Union muss neu ausgerichtet werden, um den Herausforderungen Rechnung zu tragen, vor denen wir und unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger stehen. Hierfür sollte die Sozialpolitik gestärkt werden, um Ungleichheiten, Armut und Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Dies erfordert auch eine verant- wortungsvolle Finanz- und Haushaltspolitik, die dem Europä- ischen Parlament und den nationalen Parlamenten Handlungs- spielräume für eine nachhaltige Sozialpolitik lässt. Wenn wir diese Priorität entschlossen verfolgen, dann können wir auch die gestörte Beziehung zu Euroskeptikerinnen und -skeptikern wie- derherstellen und antieuropäischen Diskurs bekämpfen. Erklärungen und Texte 161

- Sorge für unser gemeinsames Haus

"Ich träume von einem Europa, das sich um das Kind kümmert, das dem Armen brüderlich beisteht und ebenso dem, der Auf- nahme suchend kommt, weil er nichts mehr hat und um Hilfe bittet. ".

Wir fordern ein schützendes Europa, das bereit ist, Verantwor- tung für den Frieden in der Welt zu übernehmen. Europa muss dafür kämpfen, dass die Ziele der Vereinten Nationen für nach- haltige Entwicklung (SOG) bis 2030 erreicht werden. Darüber hinaus ist die Umsetzung des Pariser Abkommens über den Kli- mawandel von 2015 auf nationaler und europäischer Ebene eine moralische und rechtliche Verpflichtung.

Dies setzt eine aktive Rolle in fairer Partnerschaft mit Nachbar- und Entwicklungsländern, besonders in Afrika, voraus.

Wir wissen, dass die Debatten über Asyl und Migration in ganz Europa schwierig und spaltend waren. Aber nur wenn wir als Europäerinnen und Europäer zusammenarbeiten, werden wir dauerhafte gemeinsame Lösungen finden, die wir benötigen, da wir die Kontrollen an unseren Binnengrenzen abgeschafft haben. Wir brauchen eil') reformiertes europäisches Asylsy- stem, das auf Menschenrechten und Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten basiert. Wir sollten auch eine gerechte, humane Migrationspolitik entwickeln, welche die Bedürfnisse und begrenzten Möglichkeiten unserer Gesellschaften berücksich- tigt. Das Europäische Parlament muss ein wichtiger Akteur bei der Reform unseres Rechtsrahmens sein. Als Christen in Europa werden wir zu einem vertrauensvollen und geschwisterlichen Dialog zu diesen Themen beitragen. 162 Erklärungen und Texte

Ein Europa, das schützt, bedeutet auch eine engere Zusammen- arbeit in der Sicherheits­ und Verteidigungspolitik, die zugleich die ethischen Herausforderungen der modernen Militärtechnolo- gien und digitalen Bedrohungspotentiale ernst nimmt. Dies wird das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger stärken und die Ver- lässlichkeit Europas gegenüber seinen Partnern erhöhen.

- Subsidiarität, aus Respekt vor unserer Vielfalt

"Die europäische Identität ist und war immer eine dynamische und multtkulturelle Identität. "

Vielfalt ist unser Reichtum und muss respektiert werden. In vie- len gesellschaftspolitischen Fragen, wie z.B. bei bioethischen Regeln oder im Familienrecht, können unsere Länder unter- schiedliche Entscheidungen treffen. Die Anerkennung und der Respekt vor unseren kulturellen Unterschieden tragen dazu bei, Ängste sowohl vor einem antireligiösen, säkularisierten Europa als auch vor einer Rückkehr von Religion als autoritärer Unter- drückungskraft zu zerstreuen. Wir vertreten ein anspruchs- volles Verständnis von Subsidiarität als Voraussetzung für echte Demokratie.

Die Europäische Union muss transparent sein und besser kom- munizieren, um die von den Bürgerinnen und Bürgern wahrge- nommene Distanz zu den EU-Institutionen zu überwinden.

Als Christen in Europa

- sind wir uns der ernsthaften Gefahren einer geringen Wahlbe- teiligung und der Weigerung, sich an der gemeinsamen politi- schen Debatte zu beteiligen, bewusst. Wir fordern die EU ­Bürge- rinnen und -Bürger auf, zur Wahl zu gehen! Erklärungen und Texte 163

- wollen wir die derzeitigen Missverständnisse und Spannungen innerhalb der Europäischen Union überwinden, besonders zwi- schen Nord und Süd, Ost und West.

- glauben wir an eine Union, die den Menschen in den Mittel- punkt stellt, ihre Bürgerinnen und Bürger schützt, das Subsidiari- tätsprinzip respektiert und weltweit eine faire Partnerin ist.

- vertrauen wir auf die Zukunft eines geeinten und solidarischen Europas.

Wir sind entschlossen, die Hoffnung, die das gemeinsame euro- päische Projekt in sich trägt, mit neuem Leben zu füllen.

Gemeinsam ermutigen wir Christinnen und Christen in allen europäischen Ländern, an den Europawahlen teilzunehmen und unser gemeinsames europäisches Haus zu gestalten.

Wir laden die Ortskirchen, die anderen christlichen Organisati- onen sowie ihre Vertretungen auf europäischer Ebene ein, sich diesem Engagement für Europa anzuschließen.

Verabschiedet durch die folgenden Mitgliedsorganisationen von IXE im Februar 2019 in Mailand:

Andante - Europäische Allianz katholischer Frauenorganisationen (EU)

Česká křesťanská akademie (Tschechische Christliche Akademie, Tschechien)

Commission Iustitia et Pax der Kroatischen Bischofskonferenz (Kroatien) 164 Erklärungen und Texte

Centre for European Documentation and Research R. Schuman (Kroatien)

Europäisches Forum nationaler Laienkomitees (ELF, EU)

Fundacja Kultury Chrześcijańskiej ZNAK, (Christliche Kulturstif- tung, Polen)

Institución Teresiana (Theresianische Institution, Spanien)

Jesuit European Social Centre, (JESC, EU)

Journees sociales de Luxembourg (Luxemburg)

Latvijas KristTgä Akademija: Latvijas KristTgä Akademija (Lettische Christliche Akademie, Lettland)

Semaines Sociales de France (SSF, Frankreich)

Socialna akademija (Soziale Akademie, Slowenien)

Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK, Deutschland) Erklärungen und Texte 165

4.4. „Für eine nachhaltige und gerechte Landwirt- schaft”

Ein Diskussionsimpuls des ZdK anlässlich der Re- form der Gemeinsamen europäischen Agrarpolitik veröffentlicht am 22. März 2019

Einführng

Die letzte Reform der Gemeinsamen europäischen Agrarpoli- tik (GAP) wurde im Jahr 2013 verabschiedet. Seitdem haben eine Reihe von Entwicklungen die im Bereich der Landwirt- schaftspolitik bereits existenten Spannungen noch einmal ver- schärft: die wissenschaftlichen Daten zu Ausmaß, Zusammen- hängen und Folgen des Klimawandels haben sich vervielfacht; der weltweite Verlust an Biodiversität hat sich dramatisch fort- gesetzt; mit großen Schritten nähern wir uns den planetaren Grenzen, erschöpfen natürliche Ressourcen, zerstören unsere Ökosysteme und verbrauchen und verdrängen unsere Mitge- schöpfe. Unsere Nutztiere in der Landwirtschaft leben zudem häufig unter Bedingungen, die ihr Wohlbefinden, das Ausleben ihrer Bedürfnisse und Verhaltensweisen erheblich beeinträch- tigen. Gleichzeitig hat sich das Bewusstsein der Öffentlichkeit für die global ungleiche Verteilung von Wohlstand und die öko- logischen, migrationsbezogenen und sozialen Folgen unseres Produktions- und Konsumverhaltens geschärft. Bereits vor der letzten Reform hat sich das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) in der Erklärung „Eckpunkte für eine nachhal- tige europäische Landwirtschaft“ für eine ökologisch, ökono- misch und sozial nachhaltige Gemeinsame Agrarpolitik in Eur- opa ausgesprochen, die kohärent mit den anderen relevanten 166 Erklärungen und Texte

EU-Politiken verzahnt ist und der internationalen Verantwor- tung der EU gerecht wird. Dieser Anspruch ist sieben Jahre nach dieser Erklärung nicht weniger aktuell. Er ist sogar noch dringlicher geworden. Anlässlich der bevorstehenden Reform der GAP äußert sich das ZdK in diesem Diskussionsimpuls zu den verschiedenen Herausforderungen, denen die Landwirt- schaft bereits heute begegnet, und zeigt Forderungen auf, deren Umsetzung für eine nachhaltige europäische Landwirtschaft, die auch in Zukunft Bestand hat, unerlässlich sind.

Eine zukunftsfähige und gerechte Agrarpolitik

Über Jahrzehnte hinweg war die Gemeinsame Agrarpolitik eine der wichtigsten Klammern in der Europäischen Union. Sie ist die am stärksten vergemeinschaftete Politik der EU. Die Agrarpolitik, insbesondere ihre Funktion zur Ernährungssicherung, trägt auch heute erheblich zur gesellschaftlichen Stabilität und wirtschaftli- chen Entwicklung in Europa bei. Im Hinblick auf die nächste För- derperiode der GAP ab 2021 müssen wir als Gesellschaft aber folgende Fragen beantworten:

• Welche Landwirtschaft wollen wir?

• Wie muss die Förderpolitik gestaltet sein, um die europä- ische Landwirtschaft sozial und ökologisch zukunftsfähig zu machen?

Im Vordergrund muss dabei der gerechte Selbstversorgungs- grad Europas mit Lebensmitteln und damit eine eigenständige und multifunktionale Landwirtschaft stehen, ohne die natür- lichen Grundlagen unseres Kontinents, auf denen schließlich auch alle Ernährung basiert, zu schädigen. Erklärungen und Texte 167

Gemeinwohlorientierung als Leitbild für die GAP

Das ZdK begrüßt die Umwelt- und Klimaziele der EU-Kom- mission zur neuen Förderperiode der GAP ab 2021. Auch die Möglichkeit der flexibleren Ausgestaltung der GAP in den Mitgliedsstaaten und das Ziel der Subsidiarität und der Entbü- rokratisierung sind positiv zu bewerten. Dabei muss allerdings sichergestellt werden, dass der gemeinsame rechtliche Rahmen, insbesondere zu Umwelt- und Klimastandards, europaweit ein- gehalten und der innereuropäische Wettbewerb nicht verzerrt wird. Das ZdK begrüßt auch den Vorschlag der EU-Kommission, die Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) als Maßstab einer neuen Agrarpolitik heranzuziehen. Agrarsubventionen als Ker- nelement der GAP müssen neben ökonomischen auch ökolo- gischen und sozialen Kriterien im Sinne der SDGs genügen. Dies bedeutet, zugleich die Umwelt- und Klimaziele wie auch die sozi- ale Situation von Landwirtinnen und Landwirten und die wirt- schaftliche Entwicklung ländlicher Räume im Blick zu haben.

Der bisherige Fokus der GAP, die eigene globale Wettbewerbs- fähigkeit zu verbessern, ohne auf eine bessere Balance mit der landwirtschaftlichen Produktion in Entwicklungsländern zu ach- ten, ist verfehlt. Es gilt, eine Einkommensverbesserung der Landwirtinnen und Landwirte im Sinne der Agenda 2030 welt- weit anzustreben. Zur Einkommenssicherung europäischer Landwirte diente bisher vor allem die an landwirtschaftliche Flä- che gebundene erste Säule der GAP. Trotz strenger Standards ist inzwischen klar, dass Boden, Wasser, Luft und Biodiversität zumindest regional stark geschädigt wurden. Zudem haben die flächenbezogenen Prämien dazu beigetragen, dass Bodenpacht- und Kaufpreise stark gestiegen sind, was bei einem hohen Anteil an Pachtland zu einem Durchreichen der Gelder an die Verpäch- ter geführt, und deshalb nur bedingt zur Einkommenssicherung 168 Erklärungen und Texte

beigetragen hat. Eine Gemeinwohlorientierung der Fördermaß- nahmen, insbesondere eine konkretere Bindung an Umwelt- und Klimaschutz sowie Tierwohl und Beschäftigung ist deshalb not- wendig. Um die Disparitäten in Europa nicht zu verstärken, muss die Systematik der Säulenfinanzierung aufgebrochen werden. Die künftige GAP soll sich nach dem Entwurf der Europäischen Kommission vom 1. Juni 2018 für den Zeitraum 2021 bis 2027 auf neun spezifische Ziele konzentrieren, welche im Folgenden aus unserer Perspektive im Sinne des Gemeinwohls weiterentwi- ckelt, konkretisiert und bewertet werden.

Ziel 1 Unterstützung für tragfähige landwirtschaftliche Ein- kommen sowie Krisenfestigkeit in der gesamten EU zur Verbesserung der Ernährungssicherheit

Für viele Beschäftigte in der Landwirtschaft ergeben sich aus der aktuellen Lage des Marktes für Agrarerzeugnisse existenzbe- drohende Zustände. Ein fairer Wettbewerb sowie gesellschaft- liche Wertschätzung der Landwirtschaft und landwirtschaft- licher Produkte – auch über den Preis – bilden für dieses Ziel eine zentrale Basis.

Ziel 2 Verstärkung der Ausrichtung auf den Markt und Steige- rung der Wettbewerbsfähigkeit, auch durch einen stär- keren Schwerpunkt auf Forschung, Technologie und Digitalisierung

Vor dem Hintergrund der Agenda 2030 und des unbedingten Schutzes der Menschenrechte muss dieses Ziel auf eine Art und Weise ausgestaltet und konkretisiert werden, dass sich der Wettbewerb innerhalb der EU auf die aus ökologisch, sozi- aler und ökonomischer Sicht besten Anbau-, Erzeugungs- und Bewirtschaftungsmethoden bezieht. Die Förderung eines Erklärungen und Texte 169

Strukturwandels nach dem Motto „Wachse oder weiche”, der rein ökonomisch auf Markteroberung und Expansion abzielt, ist hiermit nicht vereinbar. Entsprechend sind auch die Bereiche Forschung, Technologie und Digitalisierung in der bisherigen Ausrichtung kritisch zu betrachten. Sie müssen stattdessen an Nachhaltigkeitskriterien gemessen werden.

Ziel 3 Verbesserung der Position der Betriebsinhaber in der Wertschöpfungskette

Die Entwicklung des Einzelhandels hin zu wenigen großen Han- delsketten ist kritisch zu bewerten, ebenso wie die Konzentration in der zuliefernden Agrarindustrie. Preisdruck durch Marktmacht drückt sich auf regionaler und nationaler Ebene aus, wie die EU- Kommission bereits festgestellt hat. Die Amtsermittlungspflicht der Kartellbehörden muss an dieser Stelle politisch stützend flan- kiert und in ihrer Umsetzung gestärkt werden. Neben dem Kon- sumentenschutz muss auch verstärkt der Schutz der Produ- zenten gesichert werden. Preise und Einkommen dürfen nicht unter den Gestehungskosten liegen. Regionale Erzeugergemein- schaften und Genossenschaften sowie eine Direktvermarktung müssen gestärkt werden.

Ziel 4 Beitrag zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel sowie zu nachhaltiger Energie

Die Landwirtschaft bietet sowohl durch Reduktion der Tierbe- stände und die Bindung der Tierzahlen an die vorhandene Fut- terfläche als auch aktiv durch eine Anpassung und Weiter- entwicklung der Anbaumethoden (z. B. Humusaufbau) hohes Potenzial zur Eindämmung des Klimawandels. Insofern muss eine auf lokale/regionale Stoffkreisläufe ausgerichtete Land- wirtschaft besondere Förderung erfahren. Die unbedingt 170 Erklärungen und Texte

erforderliche Adaption an den Klimawandel erfordert auch den Schutz der Agrobiodiversität sowie die Bewahrung und stand- ortangepasste Weiterzucht alter Sorten und Rassen. Der Anbau landwirtschaftlicher Produkte für die Energieerzeugung führt zu Flächenkonkurrenzen mit dem Anbau von Nahrungsmitteln und verschärft den Preisdruck im Bodenmarkt. Aus diesem Grund sollte sich die Förderung auf die Nutzung von Rest- und Abfall- stoffen zur Energiegewinnung konzentrieren. Hier verfügt ins- besondere die Landwirtschaft über ein bisher noch weitgehend ungenutztes Potential.

Ziel 5 Förderung der nachhaltigen Entwicklung und der effi- zienten Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen wie Wasser, Böden und Luft

Die Zerstörung der "dünnen Haut der Erde" schreitet zunehmend voran. Eine ökologischere Bewirtschaftung der Böden ist drin- gend erforderlich. Eine nachhaltigere Bewirtschaftung sollte im gesamten Produktionssystem erfolgen. Ausschließlich auf ver- besserte Technologien zu setzen ist nicht ausreichend. Bewirt- schaftungsansätze, die den Schutz der natürlichen Ressourcen einbeziehen, müssen gefördert und deren Umsetzung nach- gehalten werden. Dabei müssen die Prinzipien der guten fach- lichen Praxis tatsächlich zur Anwendung kommen und fortent- wickelt werden.

Ziel 6 Beitrag zum Schutz der Biodiversität, Verbesserung von Ökosystemleistungen und Erhaltung von Lebens- räumen und Landschaften

Wir brauchen zum Schutz der Biodiversität und zur Verbesse- rung der Ökosysteme dringend eine neue Fördersystematik der GAP – weg vom Fokus der Flächenförderung – sowie die Erklärungen und Texte 171

konsequente Anwendung des bestehenden Ordnungsrechts. Die Erhaltung und Wiederherstellung von Ökosystemen – zum Bei- spiel die Pflanzen- und Insektenvielfalt – liegt auch im Interesse der Landwirtschaft selbst. Hier ist eine naturschutzfachliche Beratung, Begleitung und Forschung vonnöten. Weiterhin ist die Agrobiodiversität von Nutztierrassen und Nutzpflanzen zu schüt- zen. Deren Erhalt muss in die Förderprogramme aufgenommen werden. Die Agrobiodiversität hat gerade angesichts des Klima- wandels für eine zukunftsfähige Landwirtschaft eine enorme Bedeutung.

Ziel 7 Steigerung der Attraktivität für Junglandwirte und Erleichterung der Unternehmensentwicklung in länd- lichen Gebieten

Eine der zentralen Herausforderungen für eine zukunftsfeste und generationengerechte Landwirtschaft liegt in einer gelingenden und frühzeitigen Hofübergabe. Hierfür bedarf es einer Überar- beitung und eines Ausbaus der Junglandwirteförderung sowie die aktive Ermöglichung einer jungen, innovativen und verän- derungsbereiten Landwirtschaft. Darüber hinaus braucht es die Einrichtung eines Fonds für Betriebsstarts und Übergaben auch an Neueinsteigerinnen und Neueinsteiger. Wichtig ist zudem die Förderung und Schaffung attraktiver ländlicher Räume mit der Möglichkeit nachhaltiger Dorfentwicklung und eines attraktiven sozialen Lebens.

Ziel 8 Förderung von Beschäftigung, Wachstum, sozialer Inklusion sowie der lokalen Entwicklung in ländlichen Gebieten, einschließlich Biowirtschaft und nachhaltige Forstwirtschaft 172 Erklärungen und Texte

Der Erhalt lebenswerter ländlicher Räume ist ein wichtiges und richtiges Ziel für eine gemeinsame Landwirtschaftspolitik in Eur- opa. Viele EU-Mitgliedsstaaten sind ländlich geprägt, doch ist es vor allem für die junge Bevölkerung zunehmend schwierig, Per- spektiven auf dem Land zu entwickeln. Die EU-weite Mobilität ist unbestritten eine große Errungenschaft und Chance, kultu- rell, wirtschaftlich und sozial zusammenzuwachsen. Doch zeigen sich die Nachteile eines deregulierten Arbeitsmarktes auch hier in Deutschland vor der Haustür. Menschenwürdige Arbeit und soziale Absicherung für Landwirtinnen und Landwirte, aber auch für saisonale und zugewanderte Arbeitskräfte, müssen gewähr- leistet werden, damit ländliche Räume in Europa als Lebens- und Arbeitswelten erhalten bleiben.

Ziel 9 Verbesserung der Art und Weise, wie die Landwirt- schaft in der EU gesellschaftlichen Erwartungen in den Bereichen Ernährung und Gesundheit – einschließlich sicherer, nahrhafter und nachhaltiger Lebensmittel – sowie Tierschutz gerecht wird

Bei diesem Ziel besteht ein besonderer Handlungsbedarf der GAP. Eine mit einem zu hohen Einsatz von Medikamenten ein- hergehende intensive Tierhaltung steht zurecht stark in der Kri- tik. Verbesserte Haltungsbedingungen für Hühner und Schweine unter anderem mit mehr Platz und der Möglichkeit die arteige- nen Bedürfnisse besser auszuleben, ermöglichen durch besse- ren Überblick und eine verbesserte Einzeltierbehandlung die dringend erforderliche Verminderung des Antibiotikaeinsatzes. Am Tierwohl zu messende Haltungsbedingungen sind dabei ohnehin ethisch geboten. Die neue GAP muss den Umbau von Ställen und die Verbesserung der Haltungsbedingungen ver- stärkt fördern. Eine verpflichtende Haltungs- und Herkunfts- kennzeichnung gibt den Verbraucherinnen und Verbrauchern Erklärungen und Texte 173

die Möglichkeit, dieses Ziel ebenfalls zu fördern. Auch der One- Health-Ansatz muss bei der Ausgestaltung und Umsetzung der GAP berücksichtigt werden. Dies ist unter anderem deswegen wichtig, weil nicht nur Konsumentinnen und Konsumenten von Fleisch, sondern auch zunehmend Landwirtinnen und Landwirte und auch Patientinnen und Patienten weltweit unter multire- sistenten Keimen leiden. Der Einsatz von Pestiziden muss deut- lich vermindert werden. Die neue GAP soll unterstützend wirken und helfen, Alternativen zu entwickeln, um zum Beispiel den Ein- satz von Glyphosat und anderen Herbiziden zu minimieren und vollständig zu ersetzen. Auch die aus dem außereuropäischen Ausland kommenden Lebensmittel sollten diesen Anforderun- gen genügen.

Die internationalen Bezüge der europäischen Agrarpolitik

Die Europäische Union trägt eine große Verantwortung. Sie muss die eigenen und die internationalen Regeln so (mit-)gestal- ten, dass alle Menschen weltweit das Recht auf eigenständige Ernährungssicherung und Entwicklungsländer ihr Recht auf Ent- wicklung wahrnehmen können. Konkret muss die europäische Politik zum einen darauf hinwirken, dass landwirtschaftliche Flä- chen in Entwicklungsländern nicht dazu genutzt werden, die Ernährungssicherheit der dortigen Bevölkerung aufs Spiel zu setzen, nur um des Exportes landwirtschaftlicher Güter willen.

Zum anderen muss die europäische Politik so ausgestaltet sein, dass sie weder die Möglichkeiten der Landwirtinnen und Land- wirte in Entwicklungsländern, für ihre eigene Ernährung und die der Bevölkerung ihres Landes zu sorgen, durch europä- ische Agrarexporte vernichtet, noch den Aufbau eigener Wert- schöpfungsketten in den Ländern des globalen Südens ver- hindert. Die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik muss eine 174 Erklärungen und Texte

Politikkohärenz zwischen den agrar-, umwelt-, klima-, sozial-, migrations- und entwicklungspolitischen Zielen der Europä- ischen Union herstellen. Dies bedeutet im Mindestmaß, dass die europäische Agrar- und Handelspolitik nicht konterkarieren darf, was mit Mitteln der Entwicklungspolitik wiederaufgebaut wer- den muss. Exporte der europäischen Landwirtschaft können schädlich für landwirtschaftliche Märkte oder Marktsegmente im Globalen Süden sein. Deswegen brauchen wir eine europä- ische Stelle, die systematisch die quantitativen und qualitativen Auswirkungen der europäischen Exporte auf diese Märkte und Marktsegmente erfasst und ihre sozialen und volkswirtschaft- lichen Folgen analysiert. Auf dieser Grundlage sind dann Maß- nahmen zu treffen beziehungsweise zu ermöglichen, die Ent- wicklungsländern die Option geben, ihre heimischen Märkte zum Zwecke der Ernährungssicherheit oder zum Aufbau nach- haltiger Wertschöpfungsketten im eigenen Land zu schützen.

Dies ist mit Mitteln der Gemeinsamen Agrarpolitik, durch die Ausgestaltung bilateraler und multilateraler Handelsverträge und durch das WTO-Recht erreichbar. Die Bemessung von Agrar- subventionen sollte auch an ihrer entwicklungspolitischen Unbe- denklichkeit ausgerichtet werden. Sie könnten beispielsweise auf Produkte beschränkt werden, die innerhalb der EU konsumiert werden. Die EU sollte in ihren internationalen Handelsvereinba- rungen mit Ländern und Regionen des globalen Südens Flexi- bilitätsklauseln aufnehmen, um die Ernährungssicherung und den Aufbau von Wertschöpfungsketten zu unterstützen. Die im Recht der Welthandelsorganisation angelegten Möglichkeiten zur Aussetzung von Freihandelsverpflichtungen sollten konse- quent genutzt oder auch erweitert werden.

In jedem Fall muss die deutsche und europäische öffentliche Entwicklungshilfe so ausgerichtet und -gestaltet sein, dass sie Erklärungen und Texte 175

die Ernährungssicherung und den Aufbau von Wertschöpfungs- ketten garantiert und eine nachhaltige Entwicklung ermöglicht.

Herausforderungen an uns als Christinnen und Christen

Seit der Verabschiedung der letzten Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik im Jahr 2013 haben sich der Klimawandel und der Verlust der Biodiversität verschärft, ist der Strukturwandel mit allen seinen sozialen Folgen vorangeschritten, hat sich das Kon- sumentenbewusstsein verändert und die Entfremdung zwi- schen Gesellschaft und Landwirtschaft zugenommen. Vor die- sem Hintergrund sind in den letzten Jahren die Diskussionen um Zustand und Zukunft der Agrarwirtschaft in Deutschland und in Europa immer heftiger geworden.

Als „Kompass“ in diesem Ringen hat das ZdK die im Jahr 2015 veröffentlichte Enzyklika Laudato Si‘ von Papst Franziskus fest im Blick. Laudato Si‘ richtet sich nicht nur an uns Christinnen und Christen, sondern an „jeden Menschen“, „der auf diesem Planeten wohnt“. Wie selten eine Enzyklika zuvor wurde Lau- dato Si‘ daher weltweit als wegweisend bei der Ausgestaltung von Politik anerkannt. Bereits in ihrem Veröffentlichungsjahr gab Papst Franziskus wichtige Impulse für die Vertragsverhand- lungen zur Agenda 2030 und zum Pariser Klimaabkommen.

Wir sind dazu aufgerufen, unseren Lebensstil radikal zu verän- dern und unseren Alltag, unser Erwerbs- und Sozialleben, unser Produktions- und Konsumverhalten im Sinne der Nachhaltig- keit zu überprüfen und zu korrigieren. Vor allem müssen wir als Kirche Plattformen und den Rahmen für Dialog schaffen und auch die uns zur Verfügung gestellten Ressourcen – finanzieller und personeller Natur – dafür in diesem Sinne stärken. Daher begrüßen wir die zehn Handlungsempfehlungen zu Ökologie 176 Erklärungen und Texte

und nachhaltiger Entwicklung für die deutschen (Erz-)Diözesen Schöpfungsverantwortung als kirchlicher Auftrag, die die deut- schen Bischöfe auf ihrer Herbstvollversammlung am 27. Sep- tember 2018 beschlossen haben.

Das Engagement für die Bewahrung der Schöpfung, nicht zuletzt im Sinne zukünftiger Generationen, für gemeinsame Werte, den Respekt vor den Mitmenschen und die Schärfung des Blicks für soziale Ungerechtigkeit ist heute mehr denn je eine vordringliche Aufgabe von uns Christinnen und Christen.

Schluss

Die Gemeinsame europäische Agrarpolitik steht vielfältigen Herausforderungen gegenüber. Dementsprechend umfangreich sind auch die Anforderungen, die an sie gestellt werden. Eine nachhaltige und zukunftsfähige Landwirtschaft kann nur gelin- gen, wenn sie ökologisch, ökonomisch und sozial verträglich ist und ihrer Verantwortung gegenüber allen auf der Erde lebenden Menschen und Geschöpfen gerecht wird.

Das ZdK appelliert an die Bundesregierung, den Ministerrat der Europäischen Union sowie die Mitglieder des Europäischen Par- laments, die grundlegende Ausrichtung der Kommissionsvor- schläge zur Reform der Gemeinsamen europäischen Agrarpolitik zu unterstützen, unabhängig davon, ob diese nach der Europa- wahl noch die Grundlagen der Diskussionen bilden. Sie sollen sich für die gemeinwohlorientierte und gemeinwohlfördernde Ausgestaltung der GAP einsetzen, die entsprechend der darge- legten Aspekte eine ökologisch und sozial gerechte sowie ver- antwortungsbewusste Landwirtschaft zum Ziel hat. Erklärungen und Texte 177

4.5. „Kindeswohl und Elternwünsche – Eckpunkte zu aktuellen Fragen der Fortpflan- zungsmedizin”

Erklärung der Gemeinsamen Konferenz von Deut- scher Bischofskonferenz und Zentralkomitee der deutschen Katholiken beschlossen am 8. November 2019 veröffentlicht am 6. Dezember 2019

Fragen der Fortpflanzungsmedizin rücken aufgrund sich ändernder gesellschaftlicher Lebensverhältnisse sowie der sich rasant wandelnden technologischen Entwicklungen verstärkt in den Fokus öffentlicher und politischer Debatten. Die katholische Kirche sieht sich deshalb in der Pflicht, auf der Grundlage des christlichen Menschenbildes zu einem verantwortungsvollen Umgang mit diesen Themen beizutragen und nachfolgend einige Eckpunkte, die für die Debatte wichtig sind, zu erläutern.

(1) Ethische Orientierung: Kindeswohl als zentrales Kriterium

Die unverlierbare und unverletzliche Würde des Menschen, das damit verbundene fundamentale Recht auf Leben und Schutz vor Verletzung, das Wohl des Kindes und das Recht jedes Men- schen, als individuelle Person wahrgenommen und gewürdigt zu werden, sind für die ethische Orientierung in diesen Fragen von besonderer Bedeutung.

Grundsätzlich ist daran zu erinnern, dass Fragen der Fort- pflanzungsmedizin immer im Zusammenhang von Sinn und 178 Erklärungen und Texte

Gestaltung menschlicher Sexualität zu würdigen sind. Der erste Ort für die Weitergabe menschlichen Lebens ist die zwischen- menschliche, als Ausdruck ehelicher Liebe sich manifestierende Sexualität.

Auch die Situation derer ist sehr ernst zu nehmen, die an einem unerfüllten Kinderwunsch leiden oder sich um das gesundheit- liche Wohl ihrer zukünftigen Kinder sorgen. In diesem Wunsch manifestiert sich die tiefe Sehnsucht, die Freude und das Glück, menschliches Leben weiterzugeben und Eltern zu werden.

Im Wissen darum, dass in diesem Zusammenhang unterschied- liche normative Kategorien und Geltungsansprüche relevant sind, ist es dennoch moralisch erstrangig verpflichtend, die Per- spektive der Schwächsten einzunehmen, nämlich der unge- borenen Kinder. Sie müssen in ihrer extremen Verletzlichkeit besonders bedacht und geschützt werden. Daran muss sich die Anwendung neuer Technologien und Techniken auch im Rah- men der Reproduktionsmedizin ausrichten.

Zum Kindeswohl gehört das Geborenwerden in eine Lebens- welt, in der das Kind leiblich wie seelisch möglichst unversehrt zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Per- sönlichkeit wachsen kann. Voraussetzung ist die Erfahrung einer starken Zugehörigkeit in der Familie wie in der Gesellschaft, die nicht aufgrund eines besonderen, sei es eines körperlichen oder eines sozialen Merkmals des Kindes beeinträchtigt werden darf. Ein Gefühl starker Zugehörigkeit verlangt die Erfahrung unbe- dingter Annahme durch die Eltern, die Familie und die Gesell- schaft. Es verlangt auch das Wissen um die eigene Herkunft. Deshalb umfasst das Wohl des Kindes auch sein Recht auf Wis- sen um seine biologische Abstammung. Erklärungen und Texte 179

(2) Festhalten am Verbot der Eizellspende

Der Schwerpunkt kinderwunscherfüllender Fortpflanzungsme- dizin hat sich in den letzten Jahrzehnten deutlich verlagert. Zu Beginn diente die extrakorporale Befruchtung (IVF) hauptsäch- lich der Therapie einer grundsätzlichen Infertilität der Frau oder des Mannes. Heute überwiegt die Therapie altersbedingten Nachlassens der weiblichen Fertilität. Solche so genannte „altersassoziierte Subfertilität“ ist oftmals die Konsequenz der Entscheidung, die Erfüllung des eigenen Kinderwunsches in eine spätere Lebensphase aufzuschieben („postponement“). In vielen Fällen könnte eine ungewollte Kinderlosigkeit vermieden werden, wenn Paare ihren Kinderwunsch früher im Lebensver- lauf realisieren würden. Dazu benötigen sie förderliche gesell- schaftliche Rahmenbedingungen insbesondere hinsichtlich der ökonomischen Absicherung und der Vereinbarkeit einer Famili- engründung mit der Berufstätigkeit, der beruflichen Entwicklung oder dem Studium beider Elternteile.

Noch stärker als die homologen Formen der assistierten Fort- pflanzung werfen die heterologen Formen (durch Samenspende und Eizellspende von Dritten) wegen der mit ihnen verbundenen gespaltenen Elternschaft große grundsätzliche Probleme auf. Hier müssen auch die Rechte der betroffenen Kinder im Blick sein, deren Zugehörigkeit zu ihren genetischen, biologischen, sozialen und rechtlichen Eltern komplexe Anforderungen an sie stellt.

Derzeit wird erneut die Forderung erhoben, im Rahmen fort- pflanzungsmedizinischer Kinderwunschbehandlung die so genannte Eizellspende zu legalisieren. Im Unterschied zur Samenspende ist sie – abweichend von einer Reihe europä- ischer Länder – in Deutschland verboten. Dieses Verbot ist 180 Erklärungen und Texte

beizubehalten. Bei der Eizellspende handelt es sich für die Spen- derin um ein keinesfalls risikofreies invasives Verfahren (hor- monelle Stimulation, Follikelpunktion). Hinsichtlich der Risiken herrscht oft Unklarheit. Durch eine Legalisierung würde zudem die Kommerzialisierung der Fortpflanzungsmedizin einen wei- teren Schub erfahren. Die Erfahrungen in anderen Ländern zei- gen: Die Gefahr wäre erheblich, dass auch soziale Schieflagen zwischen potenziellen Spenderinnen und eizellerwerbswilligen Eltern ausgenutzt würden.

Trotz des sehr verständlichen Wunsches nach eigenen Kindern bleibt – nicht zuletzt angesichts der bei vielen Paaren mit Kinder- wunsch vergeblichen Versuche, mittels Reproduktionsassistenz Eltern zu werden – festzuhalten, dass das letzte Glück und das Heil des Menschen nicht an einer ganz bestimmten Form der Lebensgestaltung hängen, und sei es auch das hochgeschätzte Leben in einer Familie. Die Entscheidung, auf dem Weg der Adoption eine Familie zu gründen, verdient mehr gesellschaft- liche Anerkennung, ebenso aber auch das Akzeptieren der eige- nen Kinderlosigkeit.

(3) Adoption so genannter überzähliger Embryonen

Eine besondere ethische und rechtliche Herausforderung stellt in der Reproduktionsmedizin der Sonderfall des Umgangs mit so genannten überzähligen Embryonen (im Unterschied zu Vor- kernstadien) dar. Da gemäß Embryonenschutzgesetz bis zu drei Embryonen eingesetzt werden, entstehen bei assistier- ter Fortpflanzung gehäuft Mehrlingsschwangerschaften. Eltern müssen sich ihrer Verantwortung für alle von ihnen gezeugten Embryonen bewusst sein. Wenn die Zahl der Embryonen zum Schutz vor einer Überlastung oder aus anderen Gründen durch einen Schwangerschaftsabbruch reduziert wird, ist diese Erklärungen und Texte 181

Folgehandlung der IVF, wie jede Abtreibung, in aller Deutlich- keit abzulehnen. Auch der oft als Ausweg vorgeschlagene elek- tive Single-Embryo-Transfer führt in eine Selektionsproblematik, denn hierbei wird im Regelfall vor dem Transfer der vielverspre- chendste aus einer ganzen Reihe in vitro gezeugter Embryonen ausgewählt, damit aber das Absterben der restlichen Embryo- nen in Kauf genommen.

Einen Ausweg könnte in Ausnahmefällen die Option einer Embryoadoption bieten. Hierbei handelt es sich um das Implan- tieren von überzähligen Embryonen, die einer extrakorpora- len Befruchtung entstammen, aber nicht (mehr) in die gene- tische Mutter transferiert werden (können). Grundsätzlich ist dafür die Bezeichnung Embryonenspende abzulehnen. Embryo- nen sind vom Zeitpunkt ihres Zustandekommens menschliches Leben. Als solche können sie nie wie eine Sache gespendet wer- den. Solche Transfers ausdrücklich und bewusst als Spende zu bezeichnen, missachtet den Status, den diese Embryonen haben. Vielmehr gibt es bei der Weitergabe von Embryonen Analogien zur Kindesadoption.

Embryonenadoptionen sind in Deutschland geduldet – vor allem deshalb, weil solche Embryonen dann nicht verworfen werden, sondern ausgetragen und geboren werden können. Gleichwohl ist auf zwei Bedenken aufmerksam zu machen: Zum einen wer- den in Deutschland Frauen und Paare, die sich mit dem Gedan- ken tragen, ihr Kind zur Adoption freizugeben, in diesem Prozess intensiv beraten und begleitet. Zudem gelten in Deutschland aus guten Gründen für adoptionsbereite Eltern hohe Stan- dards, die das Kindeswohl der zur Adoption freigegebenen Kin- der schützen sollen. Es müssen daher auch bei der Weiter- gabe von Embryonen feste Grundsätze eingehalten werden. Sie sollten sich an den bewährten Standards von Regeladoptionen 182 Erklärungen und Texte

orientieren, soweit diese auf die Situation einer Adoption vor Beginn der Schwangerschaft sinnvoll zu übertragen sind. Die Herausforderung, die passenden Eltern für ein genetisch nicht mit ihnen verwandtes Kind zu finden, gehört zu jeder Adopti- onsvermittlung. Gelingt die Vermittlung, sodass es zur Annahme eines Embryos durch ein Paar mit Kinderwunsch kommt, könnte sich die Erfahrung der miterlebten Schwangerschaft durchaus zusätzlich positiv auf die Eltern-Kind-Bindung auswirken.

Es wäre daher wünschenswert, mittels einer gesetzlichen Rege- lung die Weitergabe von Embryonen aus einer rechtlichen Grau- zone herauszuholen. Keinesfalls darf die Embryonenadoption aber dazu führen, dass im Rahmen von primären extrakorpora- len Befruchtungen bedenkenlos überzählige Embryonen pro- duziert werden – mit dem Hinweis auf eine dann mögliche, ja sogar gewünschte weitere Verwendung für die kinderwunscher- füllende Behandlung adoptionswilliger Eltern.

(4) Gegen Selektionsoptionen nichtinvasiver pränataler Diagnostik

Im September 2019 hat der Gemeinsame Bundesausschuss für bestimmte Fallgruppen von Genvariationen/-anomalien nichtin- vasive genetische Diagnostikverfahren in den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen. Es ist mit gro- ßer Sorge zu beobachten, dass eine zunehmende Zahl nichtinva- siver Tests keine therapeutischen, sondern selektive Ziele verfol- gen: für das ungeborene Leben mit unerwünschten Merkmalen erfolgt mittlerweile zumeist der Abbruch der Schwangerschaft. Dies ist mit der Würde des ungeborenen Lebens absolut unver- einbar. Auch bei einer schweren genetisch präfigurierten Schä- digung müssen die Eltern das Lebensrecht des Embryos achten. Erklärungen und Texte 183

Eine qualifizierte psychosoziale Beratung vor der Diagnostik und im Falle eines auffälligen Befundes ist in diesem Zusammenhang eine unverzichtbare Notwendigkeit.

Schon die generelle Zulassung solcher Testverfahren ist aus weiteren Gründen problematisch. Mittlerweile werden Tests für alle derzeit nachweisbaren Chromosomenanomalien angebo- ten. Zudem kommen noch ganz andere unerwünschte genetisch bedingte Eigenschaften des ungeborenen Kindes in den Blick, die Gegenstand von Selektionsoptionen werden können.

Die Tests sind für die meisten Schwangeren inzwischen zu erschwinglichen Preisen erwerbbar. Dies senkt die Schwelle zur Durchführung dieser Tests dramatisch. Die Kassenzulassung bei Risikoschwangerschaften verschärft die Tendenz zur Nor- malisierung solcher Tests erheblich. Sie erzeugt den Eindruck, es handle sich um eine ganz gewöhnliche medizinisch-diagnos- tische Regelleistung für jede Schwangerschaft. Damit verbrei- tet sich zunehmend eine persönliche, familiäre und nicht zuletzt gesellschaftliche Erwartungshaltung, eine solche unproblema- tisch verfügbare und prinzipiell erstattungsfähige Regelleistung in Anspruch zu nehmen und – nach positivem Befund – die Schwangerschaft abzubrechen.

Die Kassenzulassung begünstigt auch die Ausweitung auf andere unerwünschte genetische Eigenschaften. Es droht die Tendenz einer ausufernden Eugenik, die sich an der Fiktion eines reibungslos gelingenden, perfekten Lebens orientiert. Demge- genüber erscheint alles, was dieser Norm nicht entspricht, auto- matisch als Defizitvariante eines vollgültigen und als lebenswert beurteilten Lebens. 184 Erklärungen und Texte

Eine solche Tendenz gefährdet nicht nur Ungeborene, sondern auch geborene Menschen mit Behinderungen. Denn sie ver- stärkt nicht nur den Rechtfertigungsdruck derer, die sich für ein Zusammenleben mit besonders vulnerablen Menschen ent- schieden haben. Sondern sie verstärkt generell eine gesell- schaftliche Defizitperspektive auf Behinderung. Damit trägt sie zum Gegenteil dessen bei, worauf sich unsere Gesellschaft in der vor zehn Jahren in Kraft getretenen UN-Behindertenkonven- tion ausdrücklich verpflichtet hat: den Abbau von negativen Vor- urteilen der Mehrheitsgesellschaft gegenüber behinderten Men- schen, die Wertschätzung dessen, was diese Mitbürgerinnen und Mitbürger zum Reichtum und zur Vielfalt der Gesellschaft beitragen und die Stärkung von umfänglichen Teilhabemög- lichen als gleichberechtigte Mitglieder der Gesellschaft.

Daraus ergibt sich die Forderung, dass die Zulassung neuer Tests politisch bzw. gesetzlich geregelt werden muss. Einen Automatismus auf dem Verwaltungsweg darf es nicht geben. Bei der Anwendung von Tests sind die Vorgaben des Gendia- gnostikgesetzes einzuhalten. Es ist zudem deutlich darauf hin- zuweisen, dass Tests immer nur eine vermeintliche Sicherheit vermitteln. Über später eintretende Erkrankungen und über tat- sächliche Krankheitsverläufe können diese Tests in der Regel keine gesicherte Auskunft geben. Umso mehr gilt es den Stel- lenwert einer (pädiatrisch qualifizierten) psychosozialen Beratung bei auffälligem Befund zu stärken. In diesen Fällen wäre eine regelhafte Beratung wünschenswert. Ziel muss es sein, dass mehr Frauen und Eltern die Beratung in Anspruch nehmen. Erklärungen und Texte 185

(5) Genchirurgische Eingriffe in die menschliche Keimbahn: für ein internationales Moratorium ihrer Anwendung

Die in ethischer wie wissenschaftlicher Sicht überaus fragwür- digen und daher inakzeptablen Menschenversuche eines chine- sischen Wissenschaftlers, dessen Experimente an menschlichen Embryonen zur Veränderung des menschlichen Erbgutes Ende 2018 öffentlich wurden, haben weltweit einer breiten Öffent- lichkeit die ethische Brisanz bewusst gemacht, die die enormen technischen Fortschritte im Bereich genchirurgischer Eingriffe – wie beispielsweise mittels Genscheren wie CRISPR et al. – in die menschliche Keimbahn bergen. Manche Erkenntnisse und Techniken der Molekularbiologie, Genetik und Proteomik mögen geeignet sein, den Menschen zu nützen. Dennoch geben die vorliegenden Entwicklungen Anlass zu großer Sorge. Denn sie entfalten mittlerweile eine Eigendynamik, die alle ethische Sorg- falt außer Acht zu lassen scheint.

Angesichts dessen ist es zu begrüßen, dass sich der weit über- wiegende Teil der Wissenschaftsgemeinschaft gegen diese Eigendynamik stellt und mit Blick auf die Anwendung genchi- rurgischer Eingriffe in die menschliche Keimbahn ein möglichst sanktionsbewehrtes Moratorium fordert. Ein solches Morato- rium, wie es etwa der Deutsche Ethikrat gefordert hat, ist unein- geschränkt unterstützenswert. Es muss vor allem dazu die- nen, die ethischen Implikationen gentechnischer Eingriffe in die menschliche Keimbahn sorgfältig auszuloten. Dabei sind insbe- sondere folgende Aspekte unverzichtbar:

Erstens entfalten Eingriffe in die menschliche Keimbahn – im Unterschied zur somatischen Gentherapie, die den üblichen medizinethischen wie -rechtlichen Kriterien unterliegen – ihre 186 Erklärungen und Texte

Wirkungen nicht in bereits geborenen Menschen, so dass sie hinsichtlich ihrer Belastungen und Risiken auf diese beschränkt werden könnten. Stattdessen präfigurieren sie die genetisch bedingten Lebensoptionen ungeborener beziehungsweise zukünftiger Menschen. Diese können nicht gefragt werden, ob sie solche künstlichen Festlegungen wollen oder nicht. Solche Festlegungen könnten – wenn überhaupt – nur dann gerecht- fertigt sein, wenn deren zukünftige Zustimmung zum jetzigen Zeitpunkt nahezu zweifelsfrei unterstellt werden könnte. Dies ist allenfalls bei der Minderung des Risikos schwerster Erkran- kungen vorstellbar.

Zweitens müssen genchirurgische Eingriffe in die menschliche Keimbahn ausreichend sicher und wirksam sein. Diese Voraus- setzungen sind angesichts der überaus komplexen Zusammen- hänge zwischen Geno- und Phänotyp bzw. Genetik und Epi- genetik und damit implizierten Fragen der Genregulation im Gesamtsystem derzeit nicht zu erfüllen.

Drittens dürfen Forschungen, die der Sicherheit und Wirksam- keit dienen, keinesfalls dazu führen, dass dabei Embryonen ver- braucht werden. Die Festlegungen im deutschen Embryonen- schutzgesetz gehen zu Recht davon aus, dass menschliches Leben ab der vollständigen Verschmelzung von Ei- und Samen- zelle, also nach erfolgter Rekombination der vormals haploiden Chromosomensätze, beginnt und umfassende Schutzrechte genießt.

Für genchirurgische Eingriffe gilt wie für alle anderen Anwen- dungsgebiete moderner Fortpflanzungsmedizin: Mensch- liches Leben ist und bleibt in jedem Augenblick seiner Existenz unverfügbar. Erklärungen und Texte 187

Von der Gemeinsamen Konferenz der Deutschen Bischofskon- ferenz und des Zentralkomitees der deutschen Katholiken am 8. November 2019 beschlossen. 188 Erklärungen und Texte 189

5. Weitere Reden und Beiträge 190 Weitere Reden und Beiträge 191

5.1. „Macht Kirche zukunftsfähig!“

Statement zum Tag der Diakonin gehalten bei der zentralen Veranstaltung am 29. April 2019 in Mainz

1. Warum kann die Kirche auf den Diakonatsdienst für Frauen nicht verzichten?

Wir begehen heute einen wichtigen Tag: die lebendige Erinnerung an eine Frau, die – zusammen mit vielen anderen Frauen in der Geschichte und heute – dafür steht, dass Frauen als Diakoninnen gewirkt haben und wirken, und dass dies eine sakramentale Repräsentanz des Christus „diakonos“ ist. Prof. Dr. Margit Eckholt

Professorin für Dogmatik und Bei allen Debatten heute, ob historisch-, Fundamentaltheologie an der dogmatisch- oder pastoraltheologisch: Universität Osnabrück Kirche (ob Entschei­dungsträger, Theo- loginnen oder ehrenamtlich tätige Män- ner und Frauen in der Kirche) dreht sich im Kreise und bleibt auf einem „Holz- weg“, wenn sie nicht bereit ist, den „Umkehr­prozess“ Wirklichkeit wer- den zu lassen im Blick auf ihre institutio- nelle Verfasstheit; den Prozess, der aus der Tiefe der Glaubenser­fahrung – dem 192 Weitere Reden und Beiträge

Ostergeschehen – auch heute erwächst: Maria von Magdala, Petrus, Johannes und die vielen anderen haben ihn durchlebt, und er hat sie zu Zeugen und Zeuginnen des Evangeliums wer- den lassen.

Mit dem 2. Vatikanischen Konzil ist dieser Umkehrprozess Pro- gramm für das geworden, was Kirche überhaupt ist: dass sie sich immer wieder zu erneuern hat aus der Tiefe der Rückbin- dung an das Evangelium, Jesus Christus, diesen Jesus von Nazareth, der der Barmherzigkeit des Gottes Israels eine neue und – so unsere christliche Überzeugung – einmalige Aus- drucksgestalt gegeben hat: den Armen das Evangelium zu verkün­den, die Kranken zu heilen, den Blinden das Augenlicht zu geben, die Gefangenen zu be­freien, ein Gnadenjahr des Herrn zu verkünden. Ohne diese je neue Bin­dung an den Nächsten, vor allem an die, die Not leiden, die nach Befreiung schreien, Junge und Alte, Männer und Frauen, ist Kirche nicht das, was sie zu sein hat: insofern ist sie in ihrem Wesen diakonische Kir- che und als solche missio­nari­sch, weil sie stets auf der Suche bleibt, den zu finden, der ihr diese Barmherzigkeit und Liebe ins Herz geschrieben hat und den sie auf allen Wegen der Welt, vor allem dort, wo physische und seelische Not zum Him­mel schreien, finden kann. Das ist ein Prozess des Aufbruchs, des Aufbrechens, der Einsicht in Holzwege und in Schuld, und es ist auch ein steter Prozess der Erneuerung gerade durch die, an die Kirche sich bindet. In dieser Tiefe der Offenbarung, an die Paulus in seinen Briefen immer wieder gerührt hat, gibt es nicht Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau (vgl. Gal 3,28), diesen Weg der Nachfolge gehen in gleicher Weise Männer und Frauen. Nur aus den gemein­ ­samen Prak- tiken im Dienst des Evangeliums der Barmherzigkeit wird Kir- che. Und genau darum kann Kirche nicht auf Frauen im Diako- nat verzichten, weil sie damit mehr als die Hälfte ihrer Mitglieder Weitere Reden und Beiträge 193

ausblendet und sich damit selbst um die „Gnaden­chance“ bringt, die der Dienst der Frauen bedeutet.

2. Welcher „Mehrwert“ bedeutet die Öffnung dieses Dienstes für Frauen für die Kirche heute?

Das ist die geistliche – im Evangelium der Barmherzigkeit grün- dende – und theologische Tiefendimension, die auch den Osna- brücker Thesen zugrunde liegt und in denen wir for­muliert haben: „Nicht der Zugang von Frauen zu den kirchlichen Dien- sten und Ämtern ist begründungspflichtig, sondern deren Aus- schluss“, so These 3, und im 1. Punkt der Selbst­verpflichtung notiert haben: „Wir werden die Geschlechtergerechtigkeit bei der Über­nahme und der Ausübung kirchlicher Ämter zum Prüf- stein der Glaubwürdigkeit der Ver­kündigung des Evangeliums machen. Das ist unverzichtbar für die apostolische Sendung der Kirchen.“1

Es könnte vielleicht der eine oder die andere nun meinen, ich „spiritualisiere“ hier die Debatte um den Zugang zu einem sakra- mentalen Frauendiakonat, wo es doch um „harte“ Fakten der dogma­tisch-theologischen Begründung und des Kirchenrechts gehe, so um die Auseinandersetzung mit can. 1024 des CIC, in dem „festgeschrieben“ ist, die Weihe sei nur getauften Män- nern vorbe­halten. Diese Position hat Papst Johannes Paul II. in seinem Apo­stolischen Schreiben „Ordinatio sacerdotalis“ vom 22. Mai 1994 unter Rückbezug auf die Erklärung der Kongrega- tion für die Glaubenslehre zur Frage der Zulassung der Frauen zum Priesteramt „Inter insigniores“ vom 15. Oktober 1976 als verbindliche lehramtliche Aussage be­nannt und damit die wei- tere Debatte um die Priesterweihe von Frauen für beendet erklärt; Kardinal Ladaria hatte sich noch im letzten Jahr darauf bezogen, im Blick auf einen Zugang von Frauen zur Weihe sei 194 Weitere Reden und Beiträge

alles gesagt, und auch Papst Franziskus spricht unter Rückbezug auf Papst Johannes Paul II. davon, dass die Tür in dieser Frage geschlossen sei.

Wir kommen in diesen „festgefahrenen“ Debatten nur wei- ter, wenn auch die dogmatisch-theologischen lehramtlichen Be­gründungslinien im Blick auf den Ausschluss von Frauen von der Weihe in den genannten geistlichen Umkehrprozess ein- bezogen werden und Theologie sich erneuert aus den Dyna- miken und stets lebendigen Praktiken des Glaubens. Frauen, deren diakonische Tätigkeiten auf den unterschiedlichen Feld- ern – die sie de facto ausüben – ernst genommen und die über ein Diakoninnenamt sichtbar werden, werden dazu beitra- gen, dass genau dieser geist­liche Prozess der Erneuerung kon- kret wird. Der Prozess zu dem Papst Franziskus immer wieder neue Impulse gibt und der in seine Rede von der „Kirche im Auf- bruch“ einge­schrie­ben ist, deren Strukturwandel im Blick auf Gender-Perspektiven er aber ausblendet – Kleri­kalismus und Machismo kritisiert er, aber was Klerikalismus und Machismo im Blick auf Frauen in der Kir­che bedeutet, sieht er nicht, ver- steht er – vielleicht – nicht. In der in die patriarchale Kultur der Antike eingebetteten Theologie der Kirchenväter und dann in der über Jahr­hunderte wegweisenden scholastischen theolo- gischen Metaphysik eines Thomas von Aquin wurde die geistli- che Dynamik des Evangeliums aus der theologi­schen Begriffs- logik ausge­klammert, den Frauen ein „status subjectionis“ zugeschrieben und eine Frauen exkludierende Ekklesiologie und Ämter­theologie entfaltet. Die theologischen Begründungs- muster des kirchlichen Lehramtes im Blick auf den Ausschluss von Frauen aus mit einer Weihe verbundenen Leitungsämtern basieren bis heute auf dieser theologischen Grundstruktur. Das bedeutet „Entmächtigung“ von Menschen in der Nachfolge Jesu Weitere Reden und Beiträge 195

Christi, während das Evangelium immer mit „Ermächtigung“ zum Dienst an den Nächsten verbun­den ist.

Vom petrinischen und paulinischen Prinzip der Kirche ist oft die Rede gewesen, nicht be­nannt wurde das magdalenische Prinzip, die Sendung, das Evangelium zu verkünden, die aus der „Diako- nia“ erwächst, auch wenn die biblischen Texte gerade von den Frauen sagen, dass sie Jesus Christus „nachfolgten“ und ihm „dienten“ (Lk 8,1-3), und Maria von Magdala und die anderen Frauen „wohlriechende Öle“ kauften, „um damit zum Grab zuge- hen und Jesus zu salben“ (Mk 16,1) und dem zu Grabe gelegten Leichnam Jesu den Dienst der Nächsten­liebe leisten wollten und dann zu den er­sten Zeuginnen der Auferstehung wurden. Petrini­sches, paulinisches und magdalenisches Prinzip verst- ehe ich nicht als mit statischen Ge­schlechterbeziehungen ver- bundene Prinzi­pien, sondern als aufeinander bezogene Grund­ vollzüge der Kirche (der Leitung, Verkündigung und Diakonie), die jeweils von Män­nern und Frauen wahrgenommen wer- den können. Dabei kommt dem diakonischen Dienst – und mit ihm dem magdalenischen Prinzip – eine besondere Bedeu­tung zu: Christus zu „re­prä­sentieren“, das Evangelium zu verkünden, die Gemeinde zu leiten, zu heilen und aufzu­rich­ten, ist immer an die Dynamik der Kenosis Christi rückzubin­den, an eine vor- urteilslose und unbe­dingte Liebe für die, denen Lebensmöglich- keiten ge­nommen sind, mit der „Option für die Armen“, um die Formulierung der lateinamerikani­schen Kirche und Theologie aufzugreifen.­ 196 Weitere Reden und Beiträge

3. Was bedeutet dies für die gesamte Kirche und ihre Zukunftsfähigkeit?

Wenn Frauen, die bereits heute die vielfältigsten diakonischen Dienste ausüben, in Gemein­den, Einrichtungen von Diözesen, der Bischofskonferenz, kirchlicher Hilfswerke, auf Leitungs­ ebene von Caritas, Krankenhäusern, Flüchtlingshilfe usw., das Diakoninnenamt erschlossen würde und damit ihre „diakonia“ eine amtlich anerkannte Repräsentanz erfährt, wird das magda- lenische Prinzip in der Kirche zur Entfaltung kommen und auch dem petri­nischen und paulinischen den Horizont des Evangeli- ums neu erschließen können. Aufgedeckt werden Machtstruk- turen, die ausgrenzen und abwerten, und sichtbar wird die Ermächtigung, die aus dem Dienst an den Nächsten in der Nachfolge Jesu Christi erwächst. Verändern wird sich eine abstrakte, von den dynamischen Glaubenspraktiken losgelöste Theologie, und der Bo­den wird bereitet für den Perspektivwech- sel, den das Ernstnehmen der Gender-theoreti­schen Ansätze für Theologie und weitergehende Strukturreformen der Kir- che bedeutet: weil Kirche gar nicht anders zu verstehen ist, als eine „Ekklesiogenese“ aus und in den vielfältigen Glaubensprak- tiken, in die die vorurteilsfreie und anerkennende und versöh- nende Liebe Jesu Christi eingeschrieben ist. So werden Män- ner und Frauen, Bischöfe, Priester, Diakone und Frauen in den verschiedenen Diensten und Ämtern, sakramental, nicht-sakra- mental, haupt- oder ehrenamtlich, gemein­sam den notwendigen Verände­rungs­prozess der Kirche anstoßen können.

Erst wenn wir uns alle auf diese Umkehrdynamik des Evan- geliums einlassen, wird die Reali­tätsblindheit von der Kirche abfallen. Es gab Diakoninnen in der Nachfolge Jesu und in der Ge­schichte der Kirche, Phoebe, Olympias, Radegundis und die vielen anderen, es gab sie auch im sakramentalen Amt, und es Weitere Reden und Beiträge 197

gibt heute Diakoninnen, ohne dass sie die offizielle Aner­kennung über die Weihe und Hineinnahme ins Amt haben. Sakramen- tale Repräsentanz des „Christus diakonos“ ereignet sich auch dort, und gerade darum ist der konkrete Schritt dringend ange- sagt: Die Weihe von Frauen betrifft nicht allein die Frauen, son- dern sie steht für die „Kirche im Aufbruch“. Geweihte Diako­nin­ nen haben Anteil am Leitungsamt der Kirche, und so wird die Tür geöffnet in die Zukunft, in der uns Christus immer schon erwartet.

1 Vgl. dazu: Margit Eckholt/Ulrike Link-Wieczorek/ Dorothea Sattler/Andrea Strübind (Hg.): „Frauen in kirchlichen Ämtern. Reformbewegungen in der Ökumene“, Freiburg/Göttingen (Her- der/Vandenhoeck & Ruprecht) 2018, 465-476.

198 Weitere Reden und Beiträge

5.2. „Es lohnt sich, Geschichte zu studieren, um zu wissen, was wir für die Zukunft verhin- dern müssen.“

Gedanken anlässlich des 30. Jahrestages der Erklärung „Für Freiheit, Gerechtigkeit und Frie- den in Europa“ veröffentlicht am 29. August 2019

Uns war, als wir den Brief verfassten, die Besonderheit der Zeit bewusst. Wir waren hoffnungsvoll, ohne aber zu wis- sen, wie die Entwicklung weitergehen würde. Anders als das heute erscheinen mag, war damals noch nichts entschie- den. Weder der Erfolg der polnischen friedlichen Revolution, noch die Zukunft der polnisch-deutschen Beziehungen. Diese Unsicherheit kann man in dem Text auch heute erkennen. Mehr als das spürt man aber die Kraft der Hoffnung, die uns alle damals leitete. Im Grunde genommen sind die Grundlinien der spä- Janusz Reiter

teren Entwicklung in dem Dokument Botschafter Polens in Deutsch- gezeichnet, ohne dass die strukturellen land von 1990 bis1995 langjähriger Ansprechpartner des Formen genannt werden konnten. Der ZdK für die deutsch-polnische Glaube an eine friedliche demokratische Versöhnung

Foto: J. Patrick Fischer, CC BY-SA 3.0 via commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=21188130 Weitere Reden und Beiträge 199

Entwicklung Polens kommt in dem Text deutlich zum Ausdruck. Diese Hoffnung war, wie wir wissen, begründet.

Auch die Perspektive der polnisch-deutschen Beziehungen ist in dem Brief gezeichnet. Wir konnten weder den Zeitpunkt noch die politischen Formen vorhersehen, aber im Grunde genom- men, hat die spätere Entwicklung auch hier unsere Erwartungen bestätigt. Eins konnten wir nicht ahnen; und zwar, wie schnell die Entwicklung verlaufen würde. Als ein Zeichen des gegensei- tigen Vertrauens hat der Brief damals seine Rolle erfüllt. Darum ging es gerade, den Menschen Zuversicht zu vermitteln, dass die stürmische Entwicklung beiden Völkern eine bessere Per- spektive eröffnete, wenn sie es nur schafften, gemeinsam auf das Ziel hinzuarbeiten. Es gibt Dokumente, die nach 30 Jahren ziemlich antiquiert erscheinen. Das ist hier nicht der Fall. Darauf können wir auch heute stolz sein.

Auch wenn die Bilanz der letzten 30 Jahre durchaus befriedi- gend ist, ganz frei von Spannungen und Missverständnissen war diese Zeit nicht. Mehr noch: Wir waren vor 30 Jahren zuversicht- lich, dass wir alle in Europa ein gemeinsames Ziel hatten und einen Bestand an gemeinsamen Überzeugungen, die unerschüt- terlich sind. Heute herrscht weitgehend das Gefühl, dass der „Zeitgeist“ in eine andere Richtung wandert. Der Optimismus von 1989/1990 fehlt. Es gibt keinen Grund diesem neuen Pessi- mismus zu erliegen. So wie damals nichts vorbestimmt war, so ist auch heute nichts für die Zukunft entschieden.

Eins gilt heute wie damals: Polen und Deutsche tragen eine besondere Verantwortung für die Zukunft Europas. Wir haben auch besonders viel zu verlieren, wenn das große europäische Projekt, an das wir vor 30 Jahren mit so viel Hoffnung dachten, scheitern würde. 200 Weitere Reden und Beiträge

Ich kann meine Hoffnung minimalistisch ausdrücken: Ich hoffe, wir werden eine gegenseitige Entfremdung nicht zulassen. Ich kann sie aber auch positiv formulieren: Ich hoffe, dass wir trotz aller Unterschiede zwischen den beiden Ländern nicht nur eng zusammenarbeiten, sondern zu einer Erneuerung der europä- ischen Union beitragen. Europa muss mehr Selbstbewusstsein entwickeln, wenn es von den anderen Mächten ernst genom- men werden will. Und schließlich, dürfen wir nicht vergessen: Nichts ist für ewig gegeben, Rückschläge sind möglich. Es lohnt sich, gerade in dieser Zeit, Geschichte zu studieren, um zu wis- sen, was wir für die Zukunft verhindern müssen.

Wir waren, und damit meine ich insbesondere die polnischen Unterzeichner, bei dem Verfassen dieses Dokumentes sehr auf- geregt. Wir wussten, es würde in beiden Ländern Beachtung finden. Und trotzdem war der Geist dieser Gespräche anders als in amtlichen Verhandlungen. Nein, wir haben nicht verhandelt, wir haben das Beste gesucht, und uns dabei viel Mühe gege- ben, zu verstehen, was das Beste für unsere Partner wäre, so wie sie sich die nicht geringere Mühe gaben, unsere Erwar- tungen und unsere Befürchtungen zu verstehen. Ich persön- lich konnte gar nicht ahnen, dass ich in nicht ferner Zukunft an deutsch-polnischen Dokumenten als offizieller Vertreter Polens mitarbeiten würde. Und auch wenn alles sehr professionell ablief, etwas von diesem Geist des gegenseitigen Vertrauens konnten wir auch für die späteren Jahre retten. Heute brauchen wir das nicht weniger als damals. Weitere Reden und Beiträge 201

5.3. „Mit Rechten geredet. Ein Kurzbericht”

Impulsvortrag von Dr. Andreas Püttmann beim Symposium „Anstrengende Vielfalt. Kirche in der pluralen Gesellschaft“ gehalten am 30. September 2019

Meine konservative Herkunft und Prä- gung brachte es mit sich, dass ich in den letzten Jahren viel mit politisch nach rechts Entgleisten (oder nach rechts allzu Verständnisvollen) zu tun hatte. Meine Rolle als Publizist, der schon vor der AfD- Gründung begann, sich kritisch mit dem Rechtskatholizismus auseinanderzuset- zen, verschärfte diese Lage, weil er teil- weise auch öffentliche Kritik an lang- jährigen Weggefährten unvermeidlich machte. Dies wurde mir zusätzlich zum Andreas Püttmann Streit in der Sache gern als „Verrat“ und „Verleumdung“ ausgelegt. Die Folge Deutscher Politikwissenschaftler, Journalist und Publizist waren schmerzliche Entfreundungen, Denunziationsversuche bei der Bistums- leitung, Internetmobbing, anonyme Droh- briefe, die zur Psychotherapie rieten (unterzeichnet: „Deine Freunde“), früh- morgendlicher Telefonterror und Paket- sendungen mit Navigationsgeräten (um mich wieder auf den „rechten Weg“ zu führen) und Kinderschuhen (für den kin- derlosen Demografiedienstversager) 202 Weitere Reden und Beiträge

– unter falscher Mailanschrift auf meine Rechnung im Wert von über 1000 Euro bestellt. Auch „katholischer“ Faschismus weiß die Daumenschrauben bei vermeintlichen „Renegaten“ anzuziehen.

Manche meiner Freunde entpuppten sich nach der Gründung der AfD als Rechte, waren es aber wohl schon. Andere began- nen erst jetzt dorthin zu driften. Etwa die Hälfte meiner katho- lischen Kontakte gingen beruflich als Auftraggeber oder privat als Freunde verloren.

Meine Devise nach den ersten Erfahrungen war eine doppelte Unterscheidung:

Erstens zwischen gefestigt Radikalen und denen, die sie in Ver- suchung führten, die also erst bruchstückhaft rechte Ideolo- gie adaptiert hatten oder mir gefährdet erschienen. Letztere betrachte ich als Hauptzielgruppen für ein Gespräch. Die schon Gefestigten erlebte ich als argumentativ unzugänglich und für die liberale Demokratie verloren. Nicht überraschend. Immerhin brauchte es ja beim letzten Mal eine Weltkriegsniederlage, ein zerbombtes Land, KZ-Öffnungsfilme, Hungersnot und Reeduca- tion, um die Verhetzten halbwegs zur Raison zu bringen.

Zweitens zwischen privat und öffentlich: Einer brandgefährlichen Ideologie und menschenfeindlichen Ressentiments darf man keine weiteren Resonanzräume eröffnen, sie nicht salonfähig machen. Schon gar nicht als Kirche und als Christ.

Priorität muss das Gespräch mit den Opfern der Rech- ten haben, die es schon jetzt gibt: Verleumdete, als volks- schädlich Gebranntmarkte, zur Hassfigur stilisierte, dämoni- sierte Politiker und Journalisten; Gemobbte, Bedrohte, brutal Weitere Reden und Beiträge 203

Zusammengeschlagene und traumatisierte Davongekommene; mutige Amtsträger, vor deren Privathäusern Mob demonstriert, Opfer von Brandanschlägen und Mordversuchen bis hin zu den rund 200 seit 1990 von Rechtsextremisten Ermordeten, ihren Familien und Freunden.

Die Täter und Schreibtischtäter gehören für mich nicht in die Rubrik „anstrengende Vielfalt“. Sie sind Feinde der Vielfalt. Für sie gilt Karl Poppers „Paradoxon der Toleranz: Uneingeschränkte Toleranz führt mit Notwendigkeit zum Verschwinden der Tole- ranz. Denn wenn wir die uneingeschränkte Toleranz sogar auf die Intoleranten ausdehnen, wenn wir nicht bereit sind, eine tole- rante Gesellschaftsordnung gegen die Angriffe der Intoleranz zu verteidigen, dann werden die Toleranten vernichtet werden und die Toleranz mit ihnen.“¹

Von den Feinden der Toleranz distanziert man sich also, ohne Wenn und Aber. Humane Tabus werden nicht nur kognitiv durch Argumente verteidigt, sondern wesentlich auch sozialpsycholo- gisch durch Signale der Missbilligung bis hin zur Ausgrenzung. „Wer nach allen Seiten offen ist, der kann nicht ganz dicht sein“, meinte Kurt Tucholsky. Man kann sich nicht mit den Opfern soli- darisieren und mit den Tätern freundlich auf dem Sofa parlieren.

Schon gar nicht auf Sofas unter dem Kreuz. Wer volksverhet- zenden Tätern Mikrofone unter die Nase hält, beleidigt die Ziel- gruppen und -personen ihrer Hetze. Der zuletzt beschlossene Ausschluss von AfD-Funktionären vom Kirchentag ist jedenfalls nicht „völlig unsinnig“ (Ellen Ueberschär). Ich habe ihn am 9. Oktober 2018 in der „Süddeutschen Zeitung“ begründet.²

Über private Distanzierungen kann man nur im Einzelfall ent- scheiden. Gefestigte Rechte nehmen einem die Entscheidung 204 Weitere Reden und Beiträge

meistens ab, indem sie sich selbst abwenden oder irgendwann einen Eklat provozieren. Ihnen geht es um Macht, selten um Dis- kurs, und dann eher taktisch bedingt als erkenntnisorientiert. Götz Kubitschek, der Chefdenker der Neuen Rechten, schrieb ganz offen: „Unser Ziel ist nicht die Beteiligung am Diskurs, son- dern sein Ende als Konsensform, nicht ein Mitreden, sondern eine andere Sprache, nicht der Stehplatz im Salon, sondern die Beendigung der Party“ (Sezession, 1.1.2006).

Bei den anderen, den Mitläufern, Manipulierten, Verunsicher- ten kämpfe ich privat, vor allem wenn sie selbst das Gespräch suchen, um jede Seele. Ich setze dabei, je nach Bildung und Umfeld meines Gegenübers, vor allem auf folgende Argumente, mit denen ich meine noch am ehesten nachdenklich gestimmt zu haben:

1. Die Fixation auf die „Köderthemen“ der Rechten (Innere Sicherheit, Islam, Migration, „Genderwahn“ etc.) aufbre- chen. Ginge es nur nach der Policy, also den Vorschlägen von Parteien für Maßnahmen in den verschiedenen Poli- tikbereichen, dann käme laut Wahlomaten für Landtags- wahlen die AfD auch bei mir auf Rang 2 oder 3 der Über- einstimmung. Wichtiger als ressortbezogene Einzelfragen ist aber die Systemfrage: Ist eine freiheitlich-demokra- tische Grundordnung und politische Kultur mit Rechtspopu- listen an der Macht zu erhalten? Zeigen die ausländischen Erfahrungen (etwa in Warschau, Budapest, Washing- ton, London, Rom, Wien) nicht das Gegenteil, nämlich Zügellosigkeit, Lügen und Verdrehungen, Angriffe auf die Unabhängigkeit der Gerichte oder auf Parlamentsrechte, Umschmiedung öffentlichrechtlicher Medien zu Propagan- daorganen, Gleichschaltung auch von Kulturinstitutionen, nationalistischer Protektionismus, Geschichtsrevisionismus, Weitere Reden und Beiträge 205

„Reparations“-Revanchismus? Ein Warnsignal ist, dass das AfD-Grundsatzprogramm ausdrücklich die Legitimität unseres politischen Systems infrage stellt und dazu aufruft, dessen „illegitimen Zustand“ zu beenden.

2. Kolportierte Fakenews und Zerrbilder durch genaueres Hin- schauen und Recherchieren klarstellen. Beispiel: Als Beleg dafür, dass Mädchen in „Merkels Land“ zum Freiwild für sexgierige Flüchtlinge geworden seien, mailte mir ein Freund den Brief eines Schuldirektors zu, der den Eltern wegen „Übergriffen auf junge Mädchen in den letzten Tagen im Kreis“ Aufmerksamkeit nahe legte und „Sicherheitsvorkeh- rungen“ mitteilte. So sollten „keine Kinder außerhalb der Pausen alleine über den Hof gehen“. Ich ging der Sache nach und konnte zurückmailen: „Habe mit der Schule tele- foniert. Hintergrund des Briefs: Ein Mädchen aus offenbar schwierigen sozialen Verhältnissen (steht unter Betreuung der Tante) hat angegeben, ein dunkelhäutiger Mann hätte ihr in der Nähe der Schule Geld angeboten für sexuelle Hand- lungen. Weiter passiert sei nichts. Überprüfbar sei die Aus- sage auch nicht. Das war's. Der Schulleiter habe den Brief vor allem geschrieben, um besorgte Eltern zu beruhigen.

Das würde er immer gleich tun. Wohl auch zur eigenen Absicherung. Zur Panikmache und Hetze gegen Flüchtlinge oder die Flüchtlingspolitik scheint mir der Vorgang etwas dünn zu sein.“ Eine Antwort erhielt ich von dem promo- vierten Juristen, mit dem ich 30 Jahre lang eng befreundet war, nicht. Eine typische Reaktion. „Don’t confuse me with facts.“ 206 Weitere Reden und Beiträge

3. Am kenntnisreichsten und authentischsten können Ausstei- ger über das Innenleben der Partei berichten. Menschen, die diese selbst als „Alternative“ betrachteten und dann eines Besseren belehrt wurden. Etwa Franziska Schreiber, ehemals Vorstandsmitglied der „Jungen Alternative“ in Sachsen, mit ihrem Buch „Inside AfD“ (2018) oder Matthias Manthei, Ex- Landesvorsitzender und Fraktionsgeschäftsführer der AfD Mecklenburg-Vorpommerns, der im Oktober 2017 sein auf- rüttelndes Austrittsschreiben publizierte.³

4. Auf unseriöses Personal hinweisen: In den Parlamenten fal- len AfD-Abgeordnete immer wieder durch Kenntnismangel, Dilettantismus, Regelverstöße (nicht nur bei Parteispenden) und verbale Ausfälle auf. Laut Recherchen der „Welt am Sonntag“ waren im Mai 2018 gegen fast jeden zehnten AfD- Abgeordneten „Verfahren bei Gerichten, Staatsanwaltschaf- ten und staatlichen Dienstherren anhängig oder jüngst mit einer Sanktion abgeschlossen worden“.4

Der sachsen-anhaltinische AfD-Landtagsabgeordnete Hans- Thomas Tillschneider, von Björn Höcke auf dem Kyffhäuser- treffen des „Flügels“ 2015 zur Wahl in den Bundesvorstand beim Essener Parteitag empfohlen, schlug bei einer Pegida- Demonstration im Mai 2016 deren Anführer Lutz Bachmann, einen wegen Körperverletzung, Diebstahl, Einbruch, Drogen- handel und Volksverhetzung vorbestraften Kleinkriminellen, für das Bundesverdienstkreuz vor (!). Konsequenzen für ihn hatte dies in der selbsternannten Rechtsstaats-Partei nicht.

5. Historische Traditionslinien transparent machen: Die Weima- rer Demokratie wurde nicht nur von Nazis, sondern auch von Deutschnationalen und antiliberalen Konservativen zerstört, Weitere Reden und Beiträge 207

etwa den Anhängern der „Konservativen Revolution“, auf die sich die Neuen Rechten gern positiv beziehen. Schon bei den Wahlen 1930, in denen die NSDAP von 2,6 auf 18,3 Pro- zent aufwuchs, liefen Nationalkonservative und wirtschafts- nahe Rechtsliberale in Scharen über (DNVP: -7,2%, DVP: -4,2%). Der Rest hielt Hitler 1933 den Steigbügel. Merke: Es reicht nicht, „kein Nazi“ zu sein, um ein guter Demokrat zu sein.

6. Offenlegen, dass die Stimmungsmache gegen Minderheiten nicht nur Migranten und Muslime trifft: So werden etwa Alleinerziehende und Homosexuelle durch die AfD diskredi- tiert. Das Bundestagswahlprogramm 2017 behauptet: „Trotz alarmierender Erkenntnisse über die Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung sprechen sich nahezu alle Parteien für eine bedingungslose Förderung Alleinerziehender aus. Eine Differenzierung, ob diese Lebenssituation schicksal- haft, durch Selbstverschulden oder auf Grund eigener Ent- scheidungen zustande gekommen ist, findet nicht statt. Die Entscheidung für die Lebensform ‚alleinerziehend’ ist Pri- vatsache – für eine daraus resultierende Bedürftigkeit haftet jedoch die Solidargemeinschaft“; man wettert „gegen jede finanzielle Unterstützung von Organisationen, die ‚Eineltern- familien’ als normalen, fortschrittlichen oder gar erstrebens- werten Lebensentwurf propagieren“ (Wer tut das über- haupt?). Homosexuelle kommen im Grundsatzprogramm nur als Angreifer auf das „traditionelle Familienbild“ vor, dem „Zerstörung“ drohe. „Unsere Kinder dürfen in der Schule nicht zum Spielball der sexuellen Neigungen einer lauten Minderheit werden“.

7. Konzeptlosigkeit und Feigheit vor Positionierung in schwie- rigen Interessenkonflikten aufzeigen: Sechs Jahre nach 208 Weitere Reden und Beiträge

ihrer Gründung hat die AfD immer noch kein Rentenkonzept zustande gebracht. In Fragen der Wirtschafts- und Sozialpo- litik ist sie zerrissen zwischen ihrem marktradikalen und dem national-sozialen Flügel.

8. Auf die Beobachtung erheblicher Teile der Partei durch den Verfassungsschutz hinweisen und rechtsextremistische Ver- bindungen von Funktionären und Mitarbeitern aufzeigen. „Die Zeit“ recherchierte im März 2018: „Mindestens 27 Mit- arbeiter von AfD-Abgeordneten sind Aktivisten und Anhän- ger rechtsradikaler Organisationen“, das sind fast 10 Prozent, darunter „Anhänger der NPD und der neonazistischen, ver- botenen Organisation Heimattreue Deutsche Jugend (HDJ), Aktivisten der Identitären Bewegung und der rechtsradikalen Gruppe Ein Prozent, extrem rechte Burschenschafter und neurechte Ideologen“. Im Europaparlament stellte die AfD beim Abgeordneten Krah einen Mitarbeiter an, den sogar der französische Rassemblement National Marine Le Pens wegen Antisemitismusvorwürfen entlassen hatte.5

Da es sich bei rechtspopulistischen Verhetzungen um wesent- lich emotionale und weniger kognitive Prozesse handelt, sind aber alle rationalen Hebel meistens unzureichend. Schon die schiere Zeitmasse der Einflussnahme durch rechte Freunde, Facebookblasen und Medien kann man kaum im Gespräch ega- lisieren. Selbst eine intensive zweistündige Diskussion kann Hunderte, ja Tausende Stunden Verhetzung durch rechte Propa- ganda kaum dauerhaft konterkarieren. Am ehesten haben noch emotional und lebensweltlich sehr nahestehende Personen eine Einflusschance. Vor einem intellektualistischen Missverständ- nis der Herausforderung kann ich daher nur warnen. Es ist wie bei Sektenmitgliedschaften: Wer einmal dort integriert ist, kann nur schwer wieder herausgelöst werden. Für manche ist die Weitere Reden und Beiträge 209

rechtspopulistische Empörung regelrecht zur Sucht geworden. Ein Bewusstsein für die eigene Lage geht den Betroffenen in der Regel völlig ab. Wie Geisterfahrer halten sie die Mehrheit, den „Mainstream“ für falsch unterwegs – zumal sie selbst ja nicht allein sind.

Wichtig ist es auch darauf zu achten, dass man durch die Nei- gung zu taktischen Konzessionen an Rechtspopulisten, Beein- druckung durch ihren Erfolg und persönliche Freundlichkeiten im Gespräch nicht unmerklich selbst zu driften beginnt. Manche „Mit-Rechten-reden“-Protagonisten führten schon vor, wie man durch eine dialogische Inklusion selbst verwandelt werden kann und schließlich nur noch nette von weniger netten und besonders radikale von etwas weniger radikalen Rechten unterscheidet, statt Rechtsradikale von Demokraten. Besonders anfällig sind Personen, die sich durch Kontakt zu prominenten Vertretern der Neuen Rechten aufgewertet fühlen. In der schein- bar konstruktiven, erhabenen Rolle des Vermittlers machen sie sich zum „Türöffner“ und merken nicht, dass sie von der Gegen- seite eher als „nützlicher Idiot“ wahrgenommen werden.

Apropos Verwandlung: Die Lektüre der Stunde ist Eugène Ionescos Novelle und Theaterstück „Rhinocéros“ (1957). Es beschreibt die fortschreitende Verwandlung einer ganzen Stadt in eine Herde von Nashörnern. Im zweiten Akt entdeckt der Protagonist Behringer bei seinem erkrankten Freund Hans eine Beule am Kopf; später wird dessen Haut grün. Als er den Arzt rufen möchte, hindert ihn Hans daran, denn er fühlt sich gut und erklärt, dass er die Schwäche der Menschen verabscheue und das Recht der Natur über menschliche Moral stelle. Behrin- ger versucht dagegen zu argumentieren, stößt aber auf hef- tigen Widerstand. Sein Freund ist rationalen Einwänden nicht 210 Weitere Reden und Beiträge

mehr zugänglich. Hans droht Behringer schließlich, ihn zu zer- trampeln, sollte er ihm im Weg stehen, woraufhin dieser flüch- ten muss. Ein anderer Freund, Stech, versucht Behringer von der Friedlichkeit der Nashörner zu überzeugen. Kurz danach zerstö- ren Feuerwehrleute, zu Nashörnern mutiert, das Feuerwehrge- bäude gegenüber.

Stech verlässt Behringers Wohnung mit der Bemerkung, lieber im Grünen zu essen – und endet als Nashorn. Behringers Freun- din Daisy meint, man müsse mit den Nashörnern, deren Kraft sie bewundert, kommunizieren. Es kommt zum Streit, der Protago- nist bleibt allein zurück, nicht ohne Selbstzweifel. Aber er kapitu- liert nicht.

Ionescos Werk zeigt, wie eine menschenfeindliche Ideologie die Gesellschaft erst allmählich, dann überraschend schnell und aggressiv in ein totalitäres Regime verwandelt, begünstigt durch unzulängliche Gegenwehr wegen menschlicher Schwächen: Naivität, Opportunismus, Gleichgültigkeit, Verantwortungs- scheu. Die Beklemmung, die ich als Oberstufenschüler im Fran- zösischkurs beim Lesen empfand, holt mich nun 40 Jahre spä- ter wieder ein. Was damals Fiktion war und Metapher für eine politische Vergangenheit, erleben wir heute real. Damit es nicht Zukunft wird, ist vonnöten, Nashörner als solche zu erkennen, zu benennen, zu isolieren und abzuschrecken – und nicht, sich ihnen als Gesprächspartner auf Augenhöhe anzudienen.

¹ “The Open Society and Its Enemies, London 1945”; deutsch: Die offene Gesellschaft und ihre Feinde, Bd 1., Bern 1957 Weitere Reden und Beiträge 211

² https://www.sueddeutsche.de/politik/ afd-evangelischer-kirchentag-1.4159532

³ https://www.ostsee-zeitung.de/Mecklenburg/Rostock/ Manthei-Das-Projekt-AfD-ist-beendet

4 https://www.welt.de/politik/deutschland/article176088649/ AfD-und-Justiz-Fast-jeder-zehnte-AfD-Abgeordnete-hat-Aer- germit-dem-Gesetz.html

5 https://www.zeit.de/politik/deutschland/2018-03/afd-bun- destag-mitarbeiter-rechtsextreme-identitaere-bewegung https://taz.de/AfD-Mitarbeiter-im-Europaparlament/!5615129/ 212 Weitere Reden und Beiträge

5.4. „Der Geist der Bejahung – Wenn Christen politisch nicht neutral sein wollen, werden sie lernen müssen, strategisch zu denken.”

Impulsvortrag beim Sympo- sium „Anstrengende Vielfalt. Kirche in der pluralen Gesellschaft“ gehalten am 30. September 2019 in Siegburg

1.

Das Büchlein Mit Rechten reden, dem ich Ihre Einladung verdanke, teilt mit Klassi- kern wie Der Untergang des Abendlandes oder Die Unfähigkeit zu trauern die zwei- felhafte Ehre, den Diskurs um eine Flos- kel bereichert zu haben. Völlig losgelöst vom Text schweben die drei Wörter sei- nes Titels schwerelos durch die Ödnis einer Debatte, die sich hartnäckig wei- gert, einem verwickelten Problem anders beizukommen als durch eine plumpe Per Leon

Alternative: Müssen wir mit Rechten Historiker und Schriftsteller reden – oder sie bekämpfen? Als ob das eine das andere ausschlösse! Als ob nicht Weitere Reden und Beiträge 213

beides längst stattfände, ohne dass irgendjemand um Erlaub- nis gefragt worden wäre. Seit die organisierte Rechte wieder zu einem Machtfaktor geworden ist, haben Politiker, Journalisten und Wissenschaftler kaum eine andere Wahl, als mit ihren Ver- tretern, Anhängern und Hinterleuten zu reden. Und die Parla- mentsdebatten, Talkshows und Interviews verweisen ja nur an exponiertem Ort auf etwas, das Tag für Tag unzählige Male auch ganz beiläufig geschieht. Ob in den sozialen Medien, ob in Ver- einen, Gewerkschaften und Kirchengemeinden, ob auf Fami- lienfeiern, im Büro und selbst im Freundeskreis: Der mal um Abgrenzung, mal um Verständnis bemühte, oft gehässige, meist frustrierende, fast immer anstrengende Umgang mit Leuten, die fundamental anders denken und fühlen als man selbst, ist zu einer alltäglichen Erfahrung geworden. Ob dieses Reden statt- findet, hat die Wirklichkeit längst entschieden. Umso dringlicher stellen sich dafür andere Fragen: Wie miteinander reden? Wann? Mit wem? Unter welchen Umständen? Zu welchem Zweck? Mit welchen Erwartungen? Zu welchen Bedingungen? Mit welchen Chancen und Risiken? Und nicht zuletzt: Wer? Bin ich selbst überhaupt bereit, solche Gespräche zu führen? Oder will ich es lieber anderen überlassen? Diese Fragen zeugen weniger von Moral als von Klugheit, einer Tugend, ohne die man auf Dauer keinen Konflikt unbeschadet überstehen wird.

Und klug sollten wir sein, denn unsere Zeit ist auf eine so kämp- ferische Weise politisch, wie wir es seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt haben. Ob wir es wollen oder nicht, wir werden uns daran gewöhnen müssen, Politik über das sonst übliche Maß hinaus auch als Kampf zu betrachten. Wie er zu führen ist, welche Gefahren er birgt, nach welchen Kriterien sich sein Erfolg bemisst, scheinen mir Schlüsselfragen unserer Zeit zu sein. Dagegen stellt uns das Reden mit Rechten vor eher tak- tische Probleme. Nicht unwichtig, aber vor der Taktik kommt die 214 Weitere Reden und Beiträge

Strategie. Lenins klassische Frage „Was tun?“ wäre sinnlos, hätte man nicht zuvor Carl Schmitts strategische Maxime befolgt: „Erkenne die Lage!“ Am Ende werden Sie für sich selbst ent- scheiden müssen, inwiefern es auch für Christen geboten sein mag, in Metaphern und Begriffen des Kampfes über das eigene Engagement nachzudenken. Damit es aber überhaupt etwas zu entscheiden gibt, will ich Ihnen nun meine Sicht auf die poli- tische Lage darstellen. Zu diesem Zweck werde ich drei Sätze interpretieren, die vom vielfachen Gebrauch so abgeschliffen sind, dass man ihre kantige Klugheit kaum noch bemerkt.

Der erste Satz stammt von Karl Marx, der Hegels Behauptung, die weltgeschichtlichen Tatsachen ereigneten sich immer zwei- mal, bekanntlich so glossierte: „Er hat vergessen hinzuzufügen: das eine Mal als große Tragödie, das andere Mal als lumpige Farce.“ Weil ich Ihnen also gleich zu Beginn meines Vortrags einen großen Atheisten zumute, dürfen Sie sich dann im Mittel- teil bei einem großen Katholiken entspannen, dessen berühm- tester Satz schon so manches Phrasenschwein gefüllt hat. Die Rede ist vom sog. Diktum des Verfassungsjuristen Ernst-Wolf- gang Böckenförde: „Der freiheitliche, säkulare Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann.“ Der letzte Satz, auf den mein Argument am Ende zuläuft, mag Chris- ten wiederum irritieren, denn sein Urheber war zwar kein Athe- ist, dafür aber ein Meister des blutigsten aller Handwerke. Und so heißt denn auch das einzige Werk, das der chinesische Gene- ral Sun Tzu hinterlassen hat: Die Kunst des Krieges. Von den vielen funkelnden Aphorismen, die dieser zweieinhalbtausend Jahre alte Urtext des strategischen Denkens enthält, lautet der meistzitierte: „Jede Kriegsführung beruht auf Täuschung.” Weitere Reden und Beiträge 215

2.

Marx’ Satz ist nicht geschichtsphilosophisch gemeint. Anders als Hegel und viele seiner Epigonen denkt Marx hier nicht über die Ähnlichkeit von historischen Ereignissen nach. Er stellt nur fest, dass es in politisch unsicheren Lagen das Bedürfnis gibt, sich mit Hilfe weltgeschichtlicher Analogien Orientierung zu verschaffen. Gerade in Umbruchzeiten, so Marx, neigten die Lebenden dazu, sich von den großen Toten der Vergangenheit „Namen, Schlachtparole, Kostüm“ zu leihen, um in „dieser altehr- würdigen Verkleidung“ das verstörend Neue ins milde Licht einer vertrauten Geschichte zu tauchen. Der Satz hat eine psy- chologische Pointe, und sie ist von schwarzer Ironie. Während nämlich die Totenerweckung in manchen Fällen dazu diene, „die neuen Kämpfe zu verherrlichen“ und eine im Hier und Jetzt „gegebene Aufgabe in der Phantasie zu übertreiben“, so bedeute sie in anderen genau das Gegenteil: eine Flucht vor der Wirk- lichkeit in den Abklatsch eines historischen Dramas. „So mas- kierte sich Luther als Apostel Paulus, die Revolution von 1789 bis 1814 drapierte sich abwechselnd als römische Republik und römisches Kaisertum“; dagegen „wusste die Revolution von 1848 nicht besseres zu tun, als hier 1789, dort die revolutionäre Überlieferung von 1793 bis 1795 zu parodieren.“ Und am Ende dieser Parodie steht eben jene „lumpige Farce“, von der Marx am Anfang seines Textes spricht. Der Staatsstreich, mit dem Louis Bonaparte 1851 das Zwischenspiel der II. Republik beendete, ist ein lächerliches Zitat des 18. Brumaire 1799, als Louis’ Onkel Napoleon die Staatsgewalt an sich gerissen hatte, um in einem Parforceritt sondergleichen Europa die letzten Reste des Mittel- alters auszutreiben.

Wenn Marx hier eine Wahrheit über die Geschichtsbedürftig- keit politischer Zeiten ausspricht, dann heißt das auch: über uns. 216 Weitere Reden und Beiträge

Meine Schriftstellerkollegin Katja Petrowskaja hat die Zeit des Nationalsozialismus, oder wie es in ihrer sowjetischen Heimat hieß: des Hitlerfaschismus, und des Zweiten Weltkriegs einmal „unsere Antike“ genannt. Womit gemeint war, dass wir uns die Geschichten aus dieser Zeit immer wieder aufs Neue erzählen, im Kino, im Fernsehen, in der Wissenschaft, in Gesprächen, und nicht zuletzt natürlich in der Literatur, so wie Katja und ich es in unseren Büchern auf ganz unterschiedliche Weise getan hatten. Das war 2014. Aber seitdem hat sich die Lage dramatisch verän- dert. Inzwischen erzählen wir uns diese Geschichten nicht mehr. Wir spielen sie nach, oder um es mit Marx zu sagen: Wir leihen uns Namen, Schlachtparolen und Kostüme der 1930er Jahre, um die Kämpfe unserer Gegenwart in die Kulissen der späten Wei- marer Republik und damit vor den Horizont des Nationalsozialis- mus zu stellen.

Ich nenne stellvertretend für viele den Aktionskünstler Philipp Ruch, der 2018, nachdem er sämtliche Ausgaben der linksli- beralen Weltbühne von 1932 gelesen hatte, meinte feststellen zu müssen, dass „Weimar brennend aktuell“ ist. In einem kurz darauf veröffentlichten Redemanuskript las sich das dann so: „Ich fürchte, dass unsere Gesellschaft unterspült werden kann, wie es schon einmal in nur vier Jahren, zwischen 1928 und 1932, geschehen ist. […] Warum tolerieren wir Demokratief- einde? […] Diese Politik gipfelte schon einmal im Appeasement von 1938 […]. Der Fehler, die eigene Faulheit zur Friedensliebe umzudekorieren, darf uns nicht noch einmal unterlaufen. Es wird niemals demokratisch oder tolerant sein, demokratiefeind- liche Umtriebe [wie auf] auf den Straßen von Chemnitz zu dul- den […]. Wir glauben, dem Kampf mit Toleranz zu entkommen. […]. [Aber] den Kampf werden wir kämpfen müssen. Oder wie Churchill es ausdrückte: 'Sie hatten die Wahl zwischen Krieg und Schande. Sie haben die Schande gewählt und werden den Krieg Weitere Reden und Beiträge 217

bekommen.'“ Ruch ist für diese und ähnliche Äußerungen viel- fach kritisiert worden, aber meines Erachtens aus den falschen Gründen. Kritik verdienen diese Sätze nicht, weil sie extrem sind. Im Gegenteil, in der karikaturhaften Überzeichnung drücken sie nicht nur eine weit verbreitete Meinung mit wünschenswerter Klarheit aus, sie sprechen auch ein tatsächlich existierendes Pro- blem an, nämlich die Frage, wie sich eine auf Toleranz gegrün- dete Demokratie angesichts ihrer Gefährdung verhalten soll. Kri- tik verdient Ruch, weil er das Problem, das er mit dramatischen Worten beschwört, durch die historische Analogie gleich wieder verschleiert. Statt es ernst zu nehmen und sich für den postu- lierten Kampf geistig zu rüsten, parodiert er die Zeitgeschichte, indem er sich Churchills Zigarre in den Mundwinkel schiebt und uns zuraunt: Ihr wisst doch, wie Stalin, Roosevelt und ich das Übel, das euch heute wieder bedroht, seinerzeit aus der Welt schaffen mussten, weil zuvor andere versagt hatten. Also zieht die richtigen Schlüsse aus der Geschichte!

Na gut – aber welche? Um die Frage ernsthaft zu beantwor- ten, müsste man die Situation von 1932 ja mit unserer Situa- tion vergleichen. Das aber ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die nicht umsonst in das Gebiet der Geschichtswissenschaft fällt. Weil alle Erkenntnis auf Vergleichen beruht, kann der Vergleich mit der Vergangenheit durchaus helfen, die eigene Zeit besser zu verstehen. Aber politisch ist er stumm. Wer politisch han- deln will, muss sich für das eine und gegen das andere entschei- den. Genau dazu aber kann das historische Vergleichen nicht anleiten, denn es wird immer nur zeigen, dass die Vergangen- heit der Gegenwart in bestimmten Hinsichten ähnlich ist, wäh- rend sie sich in anderen Hinsichten von ihr unterscheidet. Weil er ein Mittel zur Differenzierung ist, wird uns dieser Vergleich nie sagen, was zu tun ist. Es führt kein direkter Weg vom Wis- sen zum Handeln. Das gilt für die Klimaforschung genauso wie 218 Weitere Reden und Beiträge

für die Geschichtswissenschaft. Wer auch nur die Grundzüge der politischen Situation von 1932 kennt, der weiß, wie unsin- nig die Behauptung ist, die Demokratie hätte, um sich zu ret- ten, ihren Feinden nur intoleranter entgegentreten müssen. Als hätten im Reichstag nicht zwei antiparlamentarische Par- teien eine Sperrmehrheit gehabt; als hätte der latente Krieg, den ihre Feinde gegeneinander führten, die Republik nicht erpress- bar gemacht; als wäre die Mehrheit der Deutschen nicht längst bereit für Alternativen zur liberalen Ordnung gewesen. Die Frage lautete am Ende von Weimar nicht mehr: Demokratie oder Dik- tatur? Sondern: Staat oder Bürgerkrieg? Revolution von links oder von rechts? Diktatur der Eliten oder Diktatur mit Massenba- sis? Die parlamentarische Demokratie war 1932 verloren, wohl aber hätte Hitler verhindert werden können, nur nicht durch Intoleranz, sondern durch die Verweigerung der Macht. Schon diese kleine Skizze zeigt, dass der Lage von 1932 kaum Rat für die Gegenwart zu entnehmen ist. Nein, dieser Rekurs auf die Geschichte ist doppelt blind: Durch die reflexhafte Beschwörung von Weimar lenkt er von der Kompliziertheit der eigenen Lage ab, und durch die Weigerung, einer komplexen Vergangenheit gerecht zu werden, kann er in dieser nichts erkennen als eine Projektion der eigenen Haltung.

3.

Apropos. Genauso beliebt wie der Weimarvergleich ist derzeit die Phrase, im Antifaschismus der Gegenwart, dem sog. Kampf gegen rechts, gehe es vor allem darum, gegenüber den Feinden der Demokratie „Haltung zu zeigen“, sie aus dem Diskurs aus- zugrenzen und als Personen zu ächten. „Kein’ Millimeter nach rechts!“ – unter dem fanatischen Jubel seiner Fans hat ein sin- gender Demokrat das Motto der Haltungsdemonstranten kürz- lich auf den Punkt gebracht. Ein merkwürdiger Kampf ist das, in Weitere Reden und Beiträge 219

dem man die eigene Gesinnung wie einen Sieg bejubelt, wäh- rend man den Gegner, statt sich mit ihm zu messen, selbstherr- lich des Feldes verweist.

Dass die Demokratie nicht von demokratischen Posen lebt, kann ein genauerer Blick auf das Böckenförde-Diktum zeigen. Aller- dings wird er auch zeigen, wie verwickelt das Problem ist, das Ruch ins Rampenlicht gezerrt hat, nur um es dann frivol zu igno- rieren. Isoliert betrachtet, ist Böckenfördes Satz so trivial, dass man fast alles in ihn hineinlesen kann. Zu den missverständ- lichen Lesarten gehört daher auch die Behauptung, er habe die Bürger dazu aufgefordert, den freiheitlichen Staat, sofern er es aus eigenen Mitteln nicht vermag, engagiert gegen seine Feinde zu verteidigen. Doch um Wehrhaftigkeit ging es ihm nicht. Im Gegenteil. Böckenfördes Satz ist nicht normativ, er ist histo- risch und analytisch gemeint. Er sagt nicht, dass die Demokratie eine gute Staatsform ist, die von ihren Bürgern beschützt wer- den muss. Er sagt, dass die Geschichte uns in sie hineingestellt hat, und es nun darum gehen muss, unter ihren Bedingungen möglichst gut miteinander auszukommen. Welche Bedingungen sind das? Nicht ohne Grund versieht Böckenförde unseren Staat mit zwei Adjektiven, er nennt ihn freiheitlich und säkularisiert. Anders als das Attribut „freiheitlich-demokratisch“, das auf das Komplementärverhältnis von Demokratie und Rechtsstaat ver- weist, stehen „freiheitlich“ und „säkularisiert“ in einem Span- nungsverhältnis – zumindest aus der Perspektive des Autors. Der spricht nämlich nicht nur als Theoretiker der Demokratie, er spricht auch als Katholik. Und als solcher spricht er im Bewusst- sein eines welthistorischen Verlustes.

Als Böckenförde 1964 die Entstehung des modernen Staates als Ergebnis der Säkularisation deutete, da war das 2. Vatikanische Konzil noch nicht beendet. Wie alle Katholiken stand auch er 220 Weitere Reden und Beiträge

vor dem Epochenproblem, wie sich der absolute Wahrheitsan- spruch seiner Kirche zur religiösen Neutralität seines Staates verhalten soll. Aus den Kämpfen zwischen geistlicher und welt- licher Macht war der moderne Staat als Sieger hervorgegan- gen; wo einst die eine Kirche alle Fürsten legitimierte, da bot nun der eine Staat allen Religionen Schutz. Aber was wir heute als Errungenschaft feiern, das stellte die Katholiken damals vor ein Dilemma: Wie können wir einen Staat bejahen, der Gesetze zulässt, die unseren Glaubenswahrheiten fundamental wider- sprechen? Böckenförde löste das Dilemma der Kirche, indem er es in ein Dilemma des Staates verwandelte.

Wir brauchen, sagte Böckenförde sinngemäß, diesen Staat nicht; wir können unter einem Bundeskanzler genauso Chris- ten sein wie unter einem König, unter Hitler genauso wie unter Ulbricht, in Rom genauso wie in der Wüste. Aber der demokra- tische Staat braucht uns. Er unterwirft sich unserem Wahrheits- anspruch nicht, aber dass er uns nicht verfolgt, sondern schützt, das können wir ihm vergelten, indem wir helfen, seinen Bestand zu sichern. Der demokratische Staat braucht zu seinem Gelin- gen Bürger, die sich an ihn gebunden fühlen. Aber eben die- ses Gelingen kann dieser Staat selbst nicht garantieren. Er kann, etwa durch politische Bildung, das Seinige dazu beitragen. Doch er wird immer auf Kräfte angewiesen sein, über die er nicht ver- fügt. Was Demokratie bedeutet, wird in der Praxis gelernt, in den Familien, den Vereinen, den Kommunen, den Gewerkschaf- ten, den Parteien, und nicht zuletzt in den Kirchen.

Sogar gerade in den Kirchen! Lange bevor es Parteien und Interessenverbände im heutigen Sinn gab, hatte der moderne Staat ja seine Form gefunden, nicht weil er sich gegen die Kir- che stellte, sondern über die Konfessionen, die einander im Namen ihrer Glaubenswahrheiten blutig bekämpften. Es waren Weitere Reden und Beiträge 221

die post-reformatorischen Bürgerkriege des 16. und 17. Jahr- hunderts, aus denen zugleich das Gewaltmonopol des Staates und die Freiheitsrechte seiner Bürger, darunter an erster Stelle die Religionsfreiheit, hervorgegangen sind. Ich gewähre euch, sagte der nun souveräne Herrscher, Freiheit, aber ich verbiete euch den Krieg. Doch das ist eine juristische Fiktion. In Wirklich- keit liegt es nicht allein in der Macht des Staates, den Bürger- krieg zu verhindern. Er kann den Frieden nicht erzwingen, ohne selbst in den Totalitätsanspruch zurückzufallen, aus dem er die Bevölkerung herausgeführt hat. Wenn seine Bürger die Eintracht nicht auch aus eigener Kraft wahren, dann zerfällt der freiheit- liche Staat entweder im Bürgerkrieg oder er verfällt in die Dikta- tur. Das ist sein Dilemma.

Dass die größte Gefahr nicht von Feindseligkeit gegen die Demokratie ausgeht, sondern von der Feindschaft in der Demo- kratie, hatte Böckenförde in zwei Aufsätzen ausformuliert, die einige Jahre zuvor in der Zeitschrift Hochland erschienen waren. Hier spricht er ausdrücklich als Katholik zu Katholiken. Im Vor- feld des großen Konzils wirbt er in seiner Kirche für die Demo- kratie. Und das tut er nicht, indem er wie aus einem Katalog ihre Vorzüge aufzählt, sondern indem er seinen Brüdern und Schwe- stern ins Gewissen redet. Macht euch klar, sagt er ihnen, dass der demokratische Staat, gerade weil er seinen Bürgern kei- nen Glauben und keine Weltanschauung vorschreibt, beson- ders gefährdet ist; und mit ihm sind wir es auch. Die innere Viel- falt, um deretwillen er existiert, ist seine größte Stärke – und zugleich ist sie seine Achillesferse. Denn wenn unterschiedliche Gruppen mit der gleichen Unbedingtheit an ihre je eigene Wahr- heit glauben, dann ist der Streit unvermeidlich. Jeder grundsätz- liche Streit aber tendiert zur Eskalation. Es geht ja nicht um Rei- seziele oder Musikgeschmack, sondern um existentielle Fragen des Lebens und Zusammenlebens. In genau solchen Fragen lag 222 Weitere Reden und Beiträge

der Ausgangspunkt der religiösen und der weltanschaulichen Kriege, die im Gefolge von Reformation und Revolution Parteien wie Staaten bis in die jüngste Vergangenheit gegeneinander auf- gebracht haben. Die Moderne hat das Individuum aus den tra- dierten Bindungen befreit, mit der Freiheit kam die Vielfalt des Glaubens, die unorganisierte Pluralität aber trägt in sich den Keim des Krieges. Darum, um des Staates als Friedensordnung willen, fordert Böckenförde die Katholiken auf, sich loyal auch zu Gesetzen zu verhalten, die den eigenen Überzeugungen wider- sprechen, für die eigenen Überzeugungen politisch zu kämpfen, aber dabei im Gegner keinen Feind, sondern immer auch einen Partner zu sehen. Das Minimum dieses „demokratischen Ethos“ geht auf das Ende der Religionskriege zurück, es lautet: Toleranz.

Was aber tun, wenn der andere sich uns gegenüber intolerant verhält? Wenn er sich nicht mehr im partnerschaftlichen Geist streiten will? Wenn der Dissens ihm zum Vorwand für Feind- schaft wird? Wenn eine Partei kein alternatives Programm anbie- tet, sondern sich selbst als Alternative zu allen anderen? Wenn Intellektuelle zum „geistigen Bürgerkrieg“ aufrufen und „den Riss in der Gesellschaft vertiefen“ wollen? Ruch sagt: Seien wir into- lerant gegen die Intoleranten, bekämpfen wir den Feind, bevor es zu spät ist! Dagegen wendet Böckenförde ein: Toleranz ist kein Luxus, wenn wir uns, und sei es unter der Fahne der Demo- kratie, als Feinde bekämpfen, dann ist es schon zu spät! Was also tun, wenn der Ernstfall bereits eingetreten ist? Demokratie ist auf Dauer ohne Toleranz nicht zu haben. Aber heißt das denn nicht, dass der Intolerante, indem er den Toleranten zur Intole- ranz zwingt, das Ende der Demokratie erzwingen kann? Nein. Allerdings hat Böckenförde uns nur in das Dilemma hineinge- führt, den Ausweg müssen uns andere zeigen. Und hinausgehen müssen wir ohnehin selbst. Weitere Reden und Beiträge 223

4.

Als Joachim Gauck kürzlich eine Ausweitung der Toleranzzone nach rechts forderte, da folgte die Empörung auf dem Fuße. Dabei wußte er als historisch gebildeter Theologe genau, wovon er sprach. Und vermutlich wusste er auch, dass es heute kaum noch jemand begreift. Wenn derzeit von »Toleranz« die Rede ist, geht es fast immer um das Lob oder den Tadel von Verständnis. Geboten erscheint es dieser Redeweise, andere Lebensformen und fremde Kulturen in ihrer Eigenart zu bejahen, gefährlich und naiv dagegen, mitfühlend auf die angeblichen „Sorgen und Nöte“ derer zu hören, die sich von der AfD mobilisieren lassen. Unter dem Deckmantel eines entleerten Begriffs meint dieser Diskurs, wenn er von Toleranz spricht, eigentlich Moral: Du sollst tolerieren, was achtenswert, du sollst nicht tolerieren, was miss- achtenswert ist. Dabei heißt Toleranz nicht ohne Grund wörtlich: Duldung. Wer duldet, erträgt etwas. Ich toleriere es also, obwohl ich es ablehne, ja vielleicht sogar missachte. Und wenn die Tole- ranz Teil meines Ethos geworden ist, sogar weil ich es ablehne. Der Begriff der Toleranz hat aber zwei Seiten. Wenn ich ertrage, was ich ablehne, heißt das ja auch, dass ich es nicht akzeptiere. Tolerieren muss ich die Existenz des anderen. Seinem Geltungs- und Machtpruch kann ich dagegen vehement widersprechen. Die Toleranz beendet die Feindschaft unter Bürgern. Aber genau dadurch ermöglicht sie ihren Konflikt. Die Konflikte diesseits des Bürgerkriegs finden gerade nicht außerhalb, sie finden in der Toleranzzone statt. Und zwar auch dann, wenn die eine Seite die Toleranz aufgekündigt hat und für ihren Willen absolute Geltung beansprucht. Die Intoleranz des anderen zwingt mich durchaus nicht dazu, meinerseits intolerant zu werden. Vielmehr stellt sie meine Toleranz auf die Probe. Ich kann den Intoleranten tolerie- ren und mich zugleich seinem Geltungs- und Machtanspruch widersetzen. 224 Weitere Reden und Beiträge

Über Geltungsansprüche wird im Diskurs entschieden, über Machtansprüche im Kampf. Lassen wir den Diskurs, das vielbe- schworene Reden mit Rechten, noch für einen Moment beiseite; konzentrieren wir uns zunächst auf das Gegenteil des Redens, den Kampf, den Rechtspopulismus und Neue Rechte der Repu- blik angesagt haben. Von rechter Seite wird dieser Kampf ohne Zweifel in einem kriegerischen Geist geführt. Er basiert auf einer einseitigen Aufkündigung des Vertrauens in die Institutionen unseres Staates und der Störung des Konsenses, der ihn trägt. Sobald aber der andere alle Positionen außer der eigenen mit einem Generalverdacht belegt, gebietet es die Klugheit, auch ihm das Vertrauen zu entziehen. Noch vor jeder ideologischen Auseinandersetzung sind damit die Bedingungen für einen nor- malen Umgang nicht mehr gegeben. Mit Politikern der AfD gibt es in der Regel keinen kollegialen Austausch; mit Intellek- tuellen der Neuen Rechten keine produktive Debatte; ja, selbst das Gespräch unter Freunden kann verstummen, wenn der eine den anderen als Anhänger eines „Systems“ betrachtet, das er als Ganzes ablehnt. Aber die Sprachlosigkeit darf nicht mit Bezie- hungslosigkeit verwechselt werden. Im Kampf ist die Beziehung zum anderen keineswegs beendet, sie hat nur ihren Charakter verändert.

Wem der Kampf angesagt wurde, der befindet sich, ob er will oder nicht, in einer strategischen Beziehung. Weil mein Scha- den der Nutzen des Gegners und mein Nutzen sein Schaden ist, sind unsere Handlungen und Schicksale untrennbar miteinan- der verbunden. Im gleichen Maße, in dem das Wort des ande- ren vom Misstrauen entwertet ist, gewinnt nun die Prognose seines Verhaltens an Bedeutung. Und das gilt für beide Seiten. Weil die Gegner einander nicht vertrauen können, müssen sie möglichst viel übereinander wissen. In einer strategischen Situ- ation tritt daher an die Stelle der kommunikativen Interaktion die Weitere Reden und Beiträge 225

wechselseitige Beobachtung. Viel stärker als in sozialen Bezie- hungen sind Gegner darauf angewiesen, sich ein Bild voneinan- der zu machen. Der Imperativ der strategischen Beziehung lau- tet: Du musst deinen Gegner besser kennen als er Dich. Oder anders formuliert: Je weniger der Gegner dich durchschaut, desto größer ist dein Spielraum. Oder mit Sun Tzu: Jede Kriegs- führung beruht auf Täuschung.

Wer im Kampf steht, wird darum gut daran tun, nicht dem Bild zu vertrauen, das er sich vom Gegner macht. Vielmehr wird er sein eigenes Verhalten auf das Bild abstimmen, das der Geg- ner einerseits von ihm, andererseits von sich selbst hat. Was sieht nun dieser Gegner, wenn er auf den Rest der Gesell- schaft blickt? Er sieht die demokratischen Posen des „Kampfs gegen rechts“, die Namen, Schlachtparolen und Kostüme eines Antifaschismus, der mit den Gespenstern von 1932 ringt. Und welches Bild vermittelt er von sich selbst, um Anhang und Soli- darität zu mobilisieren? Das Bild einer Rechten, die aus den Feh- lern der Vergangenheit gelernt hat. Ideologisch knüpfen die sog. Neuen Rechten an die nationalistische Rechte der Wei- marer Republik an, aber strategisch ist ihr Ausgangspunkt die Lage des Jahres 1946. Anders als all die Idioten, die sich bis heute Namen, Schlachtparolen und Kostüme der Nazis borgen, haben Leute wie Armin Mohler, Alain de Benoist und Götz Kubit- schek kapiert, dass sie Namen, Schlachtparolen und Kostüme brauchen, die sie als Gegner nicht nur des Liberalismus, son- dern auch der Nazis erscheinen lassen. Im Zentrum ihres Selbst- bildes steht daher nicht die Diktatur, sondern, im Gegenteil, der bürgerlich-konservative Widerstand: Edgar Julius Jung, Graf Stauffenberg, Sophie Scholl, die Wende von 1989. Und im glei- chen Sinn propagieren sie nicht mehr den Wertunterschied von Rassen, sondern die Verschiedenheit gleichwertiger Völ- ker, nicht mehr die Saalschlacht mit dem politischen Feind, 226 Weitere Reden und Beiträge

sondern die Subversion einer kulturellen Hegemonie, die alles „Patriotische“und „Konservative“ unterdrückt.

Nun kann man diesem Selbstbild natürlich mit dem Besteck der Ideologiekritik zu Leibe rücken und rufen: Alles Lug und Trug! Aber was nützt es, wenn die Demokratie die sophistischen Methoden, mit Hilfe des Scheins zu mobilisieren, zulässt? Der Populismus etwa ist ja nicht das Gegenteil, sondern eine Mög- lichkeit der Demokratie. Darum haben diese Methoden auch in einer funktionierenden Demokratie durchaus ihren Platz, in der Ausnahmesituation des Wahlkampfs nämlich, auf die dann aller- dings wieder die Normalsituation der Debatten, Verhandlungen und Kompromisse folgt. Dagegen wird in der Attacke von rechts der Wahlkampf quasi auf Dauer gestellt. Ist die Demokratie aber zum reinen Machtkampf entartet, dann ist alles Schein, und der Schein ist alles. Dann erschöpft sich Politik in Mobilisierung, über deren Erfolg nicht entscheidet, was ich tatsächlich leiste und in Wahrheit bin, sondern als was ich meinen Anhängern erscheine.

Und als was erscheint dieser Gegner seinem Anhang? Als Kämpfer gegen ein System, das ihn andauernd entlarven will. Und genau darum will er entlarvt werden! Es ist ein hilfloses Unterfangen, einem Gegner die Maske vom Gesicht zu reißen, der genau das erwartet, weil er die Macht um ihrer selbst wil- len sucht und darum gar nichts anderes als Masken hat. Das rechte Maskenspiel rechnet mit den Erwartungen und Refle- xen einer Umwelt, an die es sich äußerst geschmeidig ange- passt hat. In diesem Spiel erscheint unser Gegner mit einer feindseligen Maske, aber jedes Mal, wenn wir sie ihm herunter- reißen, erscheint dahinter eine freundliche und das heißt: eine unserer Masken! Hinter der Maske des Faschisten erscheint die Maske des Demokraten, hinter der Maske des Rebellen die des Weitere Reden und Beiträge 227

Bürgers, hinter der Maske Mussolinis die Stauffenbergs, hin- ter der Maske des Täters die des Opfers, hinter der Maske des nationalen Sozialisten die des libertären Freigeistes, hinter der Maske des Antisemiten die des anti-islamischen Israelfreun- des, hinter der Maske des Islamfeindes die des Feministen, hin- ter der Maske des Rassisten die des Völkerpluralisten, hinter der Maske des Menschenfeindes die des Christen. Ich bin der wahre Demokrat, ruft dieser Gegner seinem Anhang zu. Ich bin der wahre Pluralist. Ich bin der wahre Christ. Und dass die ande- ren es nicht sind, das beweist ihr undemokratisches, autoritäres, unchristliches Verhalten. Und wenn wir dann schreien: So sind wir nicht! Dann antwortet er: Du bist, als was du uns erscheinst. Und wenn wir, wie auf der Frankfurter Buchmesse 2017 gesche- hen, sein Podium mit dem Schlachtruf: „Nazis raus!“ niederbrül- len – was brüllt er dann zurück? „Nazis raus!“ Man wird den sub- versiven Aberwitz dieser Szene nicht begreifen, wenn man nicht auch all die Handys sieht, die sie filmten, auf dass sie noch am selben Abend in rechten Netzwerken tausendfach zirkulierten. Ob diese Leute „Faschisten“ sind oder nicht, wird strategisch irrelevant, sobald sie den Kampf gegen die Antifa im Gewand des Nazifeindes führen und den Kampf gegen die Verfassung im Namen des Grundgesetzes – und so für sich werben. Ganz ohne Worte, denn die Bilder, die sie als gewitzte Opfer einer verbie- sterten Intoleranz zeigen, sprechen für sich. Und sie haben nur einen Zweck: die Behauptung, wir befänden uns längst in einer Art von Bürgerkrieg, durch andauernde Wiederholung solange wahr erscheinen zu lassen, bis sie irgendwann wahr geworden ist. Dieser Gegner will uns in die Falle der Feindschaft locken. Um als Feind der Demokratie entlarvt zu werden, spielt er mit ihren Masken.

5. 228 Weitere Reden und Beiträge

Wie darauf reagieren? Indem wir den Gegner täuschen? Das wäre allemal besser als eine Selbsttäuschung, die der Gegner längst mit Erfolg ausbeutet. Am besten aber wäre es, wenn er sich in uns täuschte. Dazu müssten wir uns aber endlich auf uns selbst besinnen. Die autoritäre Rechte hat immer schon vom Kampf um des Kampfes willen gelebt. Sie hat keine Wahl, und genau das ist ihre größte Schwäche. Wir dagegen können uns entscheiden. Wir können uns auch mit dem Kampf identifizie- ren und durch die Verneinung eines Gegners, der nur die Ver- neinung kennt, nicht nur zu seinem Spiegelbild werden, son- dern auch zu einem Zerrbild unserer selbst. Wenn wir uns im Namen von „Vielfalt und Toleranz“ mit ermüdender Monotonie und in erschreckender Homogenität intolerant zeigen, dann sind wir nicht das, was wir zu sein behaupten, dafür entsprechen wir genau dem Bild, das der Gegner von uns propagiert. Aber wir können den Kampf auch annehmen, indem wir ihn nicht führen. Oder zumindest nicht so, wie der Gegner es gerne hätte. Ihm steht die Toleranz nicht zu Gebote, uns schon. Wir können uns zum Beispiel dafür einsetzen, dass rechte Verlage sich unver- sehrt auf der Buchmesse präsentieren können, weil wir wissen, dass eine Meinungsfreiheit, die nicht auch für sie gilt, nichts wert ist. Und wir können wissen, dass der Geist der Intoleranz, von dem sich der Gegner ernährt, ansteckend ist. Das Schick- sal der Toleranz entscheidet sich ja nicht daran, ob wir uns mit den Höckes und Kubitscheks aufs Podium setzen (es sprechen tatsächlich gute Gründe dagegen), sondern ob wir die Vorstel- lung eines unpolitischen Sachbuchs verhindern, nur weil dessen Autor öffentlich mit Kubitscheks Frau aufgetreten ist und sich zudem kritisch zu Merkels Flüchtlingspolitik geäußert hat.

Weil sie auf dem Vertrauen in die eigene Stärke beruht, ist diese Toleranz nicht im Geringsten naiv. Worin liegt diese Stärke? Nicht in der Verneinung der Verneinung, im Widerstand gegen Weitere Reden und Beiträge 229

den Widerstand. Sondern in der Freiheit, die Bühne der Bürger- kriegsfarce zu verlassen, um die tatsächlich „gegebenen Aufga- ben“, von denen Marx spricht, kraftvoll anzupacken. Probleme lösen kann aber nur, wer die Macht nicht um ihrer selbst willen sucht, sondern um etwas zu verwirklichen. Dieses Etwas kann für den einen dieses, für den anderen jenes bedeuten, darum kann um die Verwirklichung auch gerungen werden. Aber nur wenn wir ein solches Etwas haben, wenn wir nicht in Posen des Drohens, Warnens und Verachtens erstarren, wenn wir nicht demonstrativ bekennen, wogegen, sondern durch gelebte Pra- xis zeigen, wofür wir sind, erst dann unterscheiden wir uns wirk- lich von diesem Gegner. Und erst wenn wir anziehende Alterna- tiven zur abstoßenden Alternative anzubieten haben, können wir um ihre Anhänger, statt sie passiv-aggressiv zu belehren, auch glaubwürdig werben.

Der pastorale Zwilling des Kampfs gegen die rechten Verführer ist der Kampf um die Seelen der Verführten. Rechtspopulismus schadet der Seele – unter diesem Motto griff der Evangelische Kirchenkreis Berlin Stadtmitte 2017 in den Bundestagswahl- kampf ein. Aber dass das Innerste eines Menschen, sein Glau- ben, sein Gewissen, seine Suche nach inner- oder außer- weltlicher Erlösung niemals zum Gegenstand der politischen Auseinandersetzung werden darf: Auch dieses Postulat wurde mit guten Gründen formuliert, nachdem es in den religiösen Bür- gerkriegen so eklatant verletzt worden war. Wo die Rettung der Seelen im demokratischen Kampf tabu sein muss, da ist das Werben um die Köpfe und Herzen seine Essenz. Wer für etwas kämpft, der muss nicht mahnen, warnen und drohen, weil er weiß, dass seiner Sache prinzipiell auch jene zustimmen können, die nicht für sie entflammt sind. Wohin sich das Herz politisch neigt, hat viel mit Zufall zu tun. Aber wer wollte widersprechen, wenn Konservative sich für die Erneuerung des republikanischen 230 Weitere Reden und Beiträge

Gemeinsinns einsetzen, Liberale für Freiheit und Wohlstand, Linke für Solidarität mit den Marginalisierten und Diskrimi- nierten, Grüne für einen nachhaltigen Stoffwechsel mit der Natur, Regierungspolitiker für staatliche Gerechtigkeit, Christen für universelle Barmherzigkeit?

Für die je eigene Sache zu werben wäre die eine Weise, den Kampf gegen rechts anzunehmen, ohne ihn zu führen, und so auch einen Weg zu finden, (wieder) mit Rechten zu reden. Die andere bestünde darin, unseren rechten Brüdern und Schwe- stern ein Angebot zu machen, das für sie gleichermaßen verlo- ckend wie erschreckend wäre. Du kannst, könnten wir jedem einzelnen von ihnen sagen, mit uns ringen und versuchen, dich gegen uns durchzusetzen, aber dazu musst du den Kampf auf- geben, der nur von der Verneinung lebt. Weil es an diese Bedin- gung gebunden ist, wäre das Angebot nicht naiv. Im Gegenteil, es wäre sogar strategisch klug. Wir sollten versuchen, unser Dilemma in das Dilemma des Gegners zu verwandeln, indem wir ihn nicht entlarven, sondern in Lagen bringen, in denen er sich zeigen muss. Handle, so könnte die politische Maxime lau- ten, stets so, dass der Gegner sich nicht mehr über die Vernei- nung und Täuschung aller anderen definiert, sondern durch die Bejahung dessen, was er will. Und wenn er den Rassismus will? Dann soll er es sagen. Aber wenn er seinen Rassismus als Eth- nopluralismus ausgibt? Dann soll er sagen, was daraus folgt. Und wenn er sagt: Daraus folgt, dass ein Türke niemals ein Deutscher werden kann? Dann können wir sagen: Ich toleriere deine Ideologie, aber um keinen Preis der Welt werde ich ihre Konsequenzen akzeptieren. Und wir können ihn fragen: Was genau unterscheidet dich eigentlich noch von der NPD? Weil die Frage nicht rhetorisch ist, müssen wir die Antwort ihm über- lassen. Umzingle deinen Feind, heißt es bei Sun Tzu, nie ganz. Sorge stets für eine Lücke, durch die er entkommen kann. Weitere Reden und Beiträge 231

5.5. „Frauen an der Spitze II“

Ergebnisse der Befragung Frauen in Leitungspositionen im ZdK, in den Diözesanräten und in den Organisationen der AGKOD veröffentlicht im November 2019

Grundinformationen zur Befragung

Bereits im Jahr 2014 führte das Zentralko- mitee der deutschen Katholiken (ZdK) eine Umfrage zu Frauen in Leitungspositionen im ZdK und den das ZdK tragenden Räten und Organisationen durch. Ziel der Erhe- bung war eine erste Bestandsaufnahme

Judith Otterbach zur Präsenz von Frauen in Führungsposi- Wissenschaftliche Hilfskraft am tionen. Dazu wurde die Geschlechterver- Fachbereich Kath. Theologie an teilung in Leitungsgremien, Vorsitz, stell- der Ruhr-Universität Bochum vertretendem Vorsitz, Geschäftsführung und Leitungspositionen der Geschäfts- stellen erfasst. Zudem wurde abgefragt, ob Frauenförderung generell ein Thema in der Organisation ist und ob Aussagen zur Geschlechterverteilung in Statuten oder Geschäftsordnungen formuliert werden. Das Ergebnis dieser ersten Befragung fiel grundsätzlich positiv aus – in den unter- suchten Bereichen ergab sich fast über- Birgit Mock Sprecherin für den ZdK-Sachbe- all ein Frauenanteil zwischen 35 und 40 reich 5 „Familie“ Prozent. 232 Weitere Reden und Beiträge

Da dieses gute Ergebnis dennoch von einer paritätischen Beset- zung der Leitungspositionen abweicht, ist es nun – fünf Jahre später – das Ziel einer erneuten Befragung zu untersuchen, inwieweit Verbesserungen auf dem Weg zu mehr Gleichberech- tigung der Geschlechter erreicht werden konnten.

Um eine möglichst exakte Vergleichbarkeit herstellen zu können, wurden die gleichen Fragen, die bereits für die vorangegangene Umfrage entwickelt worden waren, dem gleichen Kreis adres- sierter Organisationen gestellt. Hierbei handelt es sich um das Generalsekretariat des ZdK, den Katholikentag, die direkten Mit- gliedsorganisationen (katholische Verbände und Organisationen sowie geistliche Gemeinschaften und Bewegungen) der Arbeits- gemeinschaft der katholischen Organisationen Deutschlands (AGKOD) auf Bundesebene sowie die im ZdK vertretenen Laien- räte (die Diözesan- bzw. Katholikenräte und -komitees auf Diöze- sanebene, der Katholikenrat beim katholischen Militärbischof für die Bundeswehr und der Bundespastoralrat der Katholiken ande- rer Muttersprachen auf Bundesebene). Im folgenden Text ist jeweils von Organisationen (für AGKOD, ZdK, Katholikentag) und Räten (für Diözesan- und Katholikenräte und den Bundespasto- ralrat) die Rede.

Insgesamt wurden 129 Organisationen und Räte kontaktiert, von denen sich 112 an der Befragung beteiligten. Die Rücklaufquote lag mit 87 Prozent nur geringfügig unter der Rücklaufquote von 89 Prozent, die im Jahr 2014 erreicht werden konnte. Aufge- schlüsselt beteiligten sich sogar 100 Prozent der Räte und 83 Prozent der Organisationen. Ausgewertet werden konnten 109 Fragebögen. Hier ist jedoch zu beachten, dass diese gültigen Fragebögen nicht zwangsläufig auch durchgehend bei allen Fra- gen ausgewertet werden konnten. Dadurch ergeben sich für die einzelnen Fragen unterschiedlich hohe Fallzahlen. Weitere Reden und Beiträge 233

Sowohl die Organisationen als auch die Räte sind in ihren Struk- turen, Anliegen und Zusammensetzungen sehr heterogen. Ein Merkmal, das alle verbindet, ist die Leitung durch ein oder meh- rere Gremien, die von jeweils einem Vorsitz geleitet werden, der wiederum aus ein oder mehreren Personen bestehen kann. Sowohl bei den Leitungsgremien als auch bei den Vorsitzenden handelt es sich um Führungspositionen, die zu einem großen Teil ehrenamtlich ausgeübt werden. Die Geschäftsstellen, über die viele der Räte und Organisationen verfügen, sind hingegen mit hauptamtlichen Beschäftigten besetzt. Die Statuten und Geschäftsordnungen bilden die Grundlage der organisatorischen Strukturen.

Über ein Online-Verfahren wurden zwei einander sehr ähnliche Fragebögen versendet. Ein Fragebogen war an die strukturellen Besonderheiten der Räte angepasst, während der andere sich an den Strukturen der übrigen Organisationen orientierte. Der Zeit- raum der Befragung erstreckte sich vom 24. November 2018 bis zum 28. Januar 2019.

Die Fragebögen wurden 2014 vom Generalsekretariat des ZdK in Zusammenarbeit mit dem Büro für Evaluation und wissen- schaftlichen Service in Bonn erstellt. Die erneute Umfrage führte Judith Otterbach in Kooperation mit dem ZdK durch. Begleitet wurde das Projekt erneut von der familienpolitischen Spreche- rin des ZdK, Birgit Mock, die bereits 2014 an der Umsetzung der Befragung beteiligt war. 234 Weitere Reden und Beiträge

Ergebnisse

Zusammensetzung der Leitungsgremien

Gremien wie Vorstände, Verwaltungsräte und Präsidien nehmen in den Organisationen und Räten die Leitungsaufgaben wahr. Ihre Größe und ihre Zusammensetzung werden in den jeweiligen Statuten geregelt. Die in den Antworten berücksichtigten ins- gesamt 1266 Personen, die sich in den Leitungsgremien enga- gieren, sind zu 39 Prozent weiblich und zu 61 Prozent männ- lich – wovon 50 Prozent Laien sind und 11 Prozent dem Klerus angehören. Damit hat sich der Frauenanteil im Vergleich zur Befragung von 2014 um zwei Prozent erhöht. Insgesamt ist die absolute Zahl der erfassten Personen gestiegen, die sich ehren- amtlich in Leitungsgremien engagieren. Sie beträgt mit 1266 Person 100 Personen mehr als 2014.

Bei den Räten hat sich der Frauenanteil unter den Vorstandsmit- gliedern innerhalb der vergangenen fünf Jahre von 33 auf heute 38 Prozent erhöht. Betrachtet man ausschließlich den Anteil weiblicher Vorstandsmitglieder, die auch stimmberechtigt sind, lag dieser 2014 bei 36 Prozent und beträgt heute 39 Prozent.

Die Organisationen weisen bei der Gesamtzahl der Mitglie- der der Leitungsgremien einen Frauenanteil von 40 Prozent auf. Somit konnte seit der letzten Umfrage eine geringe Steigerung von zwei Prozentpunkten erreicht werden. Hier erhöht sich der Frauenanteil leicht auf 41 Prozent, wenn man nur die stimmbe- rechtigten Mitglieder in die Analyse miteinbezieht.

Bei den Organisationen liegt zudem das Spezifikum vor, dass sich an der Befragung zehn Frauenorganisationen und fünf Männerorganisationen beteiligt haben. In Bezug auf die Weitere Reden und Beiträge 235

Geschlechterverteilung ergibt sich durch diese Organisationen eine gewisse Asymmetrie. Es ist daher sinnvoll die übrigen 66 Organisationen noch einmal gesondert zu betrachten: Der Anteil weiblicher Leitungsgremienmitglieder verringert sich nun um vier Prozentpunkte auf 36 Prozent (2014: 32 Prozent), der der stimmberechtigten weiblichen Leitungsgremienmitglieder auf 37 Prozent (2014: 34 Prozent).

Der Blick auf die Verteilung der Frauenanteile in den Leitungs- gremien aller Organisationen zeigt, dass bei sieben Organisati- onen keine einzige Frau im Leitungsgremium vertreten ist, bei sechs Organisationen kein einziger Mann. Hierin sind auch die Frauen- und Männerorganisationen (s.o.) enthalten.

Bei den Räten gibt es zwei Vorstände ohne weibliche Beteili- gung, hingegen keine Vorstände ohne männliche Mitglieder.

Die Grafiken mit allen ausgewerteten Fällen zeigen insgesamt eine große Heterogenität hinsichtlich der Zusammensetzung der Leitungsgremien auf. Eine Reihe von Fällen weicht somit erheb- lich von den ermittelten Durchschnittswerten ab

Vorsitzende der Leitungsgremien

Den beschriebenen Leitungsgremien der Organisationen und Räte stehen die Vorsitzenden vor. Auch hier legen die Statuten fest, wie sie bestimmt werden. Bei den Räten wird diese Auf- gabe ehrenamtlich ausgeübt. Insgesamt üben 151 Personen bei den 109 Organisationen und Räten, die die Frage beantwor- tet haben, den Vorsitz aus. Dies erklärt sich dadurch, dass der Vorsitz gelegentlich von Leitungsteams wahrgenommen wird. Von den Vorsitzenden sind 33 Prozent weiblich und 68 Prozent männlich – 55 Prozent Laien und 13 Prozent Klerus. Im Vergleich 236 Weitere Reden und Beiträge

zur Befragung im Jahr 2014 mit einem Frauenanteil von 39 Pro- zent ist der Anteil damit um sechs Prozentpunkte gefallen.

Bei den Räten ist der Frauenanteil unter den Vorsitzenden eben- falls – wenn auch nur gering - gesunken: 2014 lag er bei 37 Pro- zent, 2019 bei 35 Prozent. Der Männeranteil liegt in der aktuellen Befragung bei 65 Prozent – 56 Prozent Laien und neun Prozent Klerus. Die Positionen der stellvertretenden Vorsitzenden sind hingegen nahezu paritätisch besetzt: 49 Prozent der Stellvertre- tenden sind weiblich, 51 Prozent männlich – hierunter ist kein Vertreter aus dem Klerus.

Der Anteil weiblicher Vorsitzender der Organisationen liegt bei der aktuellen Befragung bei 32 Prozent und ist damit um acht Prozentpunkte im Vergleich zum Jahr 2014 deutlich gesunken. 69 Prozent der Vorsitzenden im Jahr 2019 sind männlich – 55 Prozent sind Laien, 14 Prozent gehören dem Klerus an. Ohne Männer- und Frauenorganisationen sind lediglich 25 Prozent der Vorsitze mit Frauen besetzt, während 75 Prozent der Organisati- onen männliche Vorsitzende vorweisen.

Der Vorsitz wird in lediglich fünf der Organisationen, die sich an der Befragung beteiligt haben, hauptamtlich ausgeübt. Von den insgesamt elf hauptamtlichen Vorsitzenden sind drei weib- lich und acht männlich. Auch der stellvertretende Vorsitz wird in den meisten Fällen ehrenamtlich ausgeübt – allein drei stellver- tretende Vorsitze werden hauptamtlich besetzt.

Geschäftsführung und Geschäftsstellen

Die Geschäftsstellen und Geschäftsführenden sind für die lau- fende Verwaltung der Organisationen und Räte zuständig. Unter den Geschäftsführenden und Leitenden der Geschäftsstellen Weitere Reden und Beiträge 237

findet sich mit 47 Prozent einer der höchsten Frauenanteile. Dies war auch bereits im Jahr 2014 mit 44 Prozent der Fall. Der Män- neranteil liegt 2019 bei 54 Prozent.

Bei den Räten konnte der Anteil der Geschäftsführerinnen inner- halb der vergangenen fünf Jahre von 44 auf 54 Prozent erhöht werden. Die 15 Geschäftsführerinnen und 13 Geschäftsfüh- rer sind zu 89 Prozent hauptamtlich tätig. Ein Mann und zwei Frauen üben die geschäftsführende Position hingegen ehren- amtlich aus. Dies entspricht elf Prozent der Fälle. Dabei verfügen 21 Diözesanräte über eine Geschäftsstelle mit durchschnittlich zwei Mitarbeitenden, während sieben Räte keine Geschäftsstelle haben.

Die Organisationen verfügen zu 77 Prozent über eine Bundes- geschäftsstelle mit insgesamt 2050 Beschäftigten. Dies ent- spricht im Schnitt 33,1 Mitarbeitenden pro Geschäftsstelle. 2014 hatten lediglich 70 Prozent der Organisationen eine Bundesge- schäftsstelle mit durchschnittlich 29,7 Beschäftigten. Dabei ist die Spannbreite enorm. Je kleiner die Geschäftsstelle ist, desto höher ist der Anteil der weiblichen Bundesgeschäftsstel- lenleitenden: Die 41 kleinen Bundesgeschäftsstellen mit bis zu zehn Mitarbeitenden werden zu 53 Prozent von Frauen gelei- tet (2014 waren es 57 Prozent). 14 Bundesgeschäftsstellen mit elf bis 70 Beschäftigten werden zu 29 Prozent von einer Frau geführt (2014 waren es 29 Prozent), während der Frauenanteil unter den Leitenden der sieben großen Geschäftsstellen mit 71 bis maximal 464 Mitarbeitenden nur noch bei 19 Prozent liegt (2014 waren es zwölf Prozent). Gibt es hingegen keine Bundes- geschäftsstelle, wird die Geschäftsführung zu 47 Prozent von Frauen und zu 53 Prozent von Männern ausgeübt. Bei der vor- herigen Befragung 2014 hatten bei den Organisationen ohne Geschäftsstelle noch zu 52 Prozent Frauen die Geschäftsführung 238 Weitere Reden und Beiträge

inne. Von den 19 Organisationen ohne Bundesgeschäftsstelle mit hauptamtlichem Personal wird bei 16 die Geschäftsführung ehrenamtlich ausgeübt.

Weitere Fragen der Frauenförderung

Lediglich elf Prozent der Räte geben an, dass sich in ihren Sta- tuten oder Geschäftsordnungen Aussagen zur Geschlechter- verteilung in Vorstand oder Vorsitz finden. Dieser Wert ist seit 2014 gleichbleibend niedrig: Auch vor fünf Jahren hatten ledig- lich elf Prozent der Räte Aussagen zur Geschlechterverteilung in Statuten oder Geschäftsordnungen. Die Frage, ob Frauenförde- rung innerhalb des Rates generell ein Thema ist, bejahten 2019 39 Prozent. Dieser Wert ist im Gegensatz zur vorherigen Befra- gung um sechs Prozentpunkte gestiegen.

Bei den Organisationen gaben 22 Prozent der Befragten an, dass ihre Statuten oder Geschäftsordnungen Aussagen zur Geschlechterverteilung beinhalten. Auch wenn hier der Pro- zentsatz im Gegensatz zur Umfrage von 2014 um zwei Prozent- punkte gestiegen ist, ist doch darauf hinzuweisen, dass bei den absoluten Zahlen keine Steigerung erzielt werden konnte: 2014 wie 2019 waren bei 17 Organisationen Aussagen zur Geschlech- terverteilung statuarisch verankert. Frauenförderung im Allge- meinen ist in 41 Prozent der Fälle ein Thema in den Organisati- onen. 2014 betrug dieser Wert 37 Prozent.

Im weiteren Verlauf der Frage gab es die Möglichkeit diese abgefragte Frauenförderung noch einmal genauer zu beschrei- ben. Die Formen der Frauenförderung, die an dieser Stelle genannt wurden, sind sehr vielfältig. Sie reichen von Gleichstel- lungsbeauftragten über Frauenquoten für Führungspositionen Weitere Reden und Beiträge 239

bis hin zu Arbeitsgemeinschaften. Eine große Rolle spielte auch die Vernetzungsarbeit zu der Thematik untereinander.

Anschließend waren die Befragten aufgefordert ihre Beobach- tungen, Einschätzungen und Anliegen zum Thema Frauen in kirchlichen Leitungspositionen in Form einer offenen Textein- gabe zu formulieren. Nachfolgend findet sich eine Auswahl der an dieser Stelle geäußerten persönlichen Statements.

Wissenschaftliches Resümee

Die Ergebnisse der Befragung zu Frauen in Leitungspositi- onen zeigen, dass in den vergangenen fünf Jahren kaum Fort- schritte auf dem Weg zu paritätischer Teilhabe aller Geschlech- ter gemacht wurden. Nach wie vor liegt der Frauenanteil bei den untersuchten Positionen meist zwischen 35 und 40 Prozent. Steigerungen wurden lediglich im einstelligen Prozentpunktebe- reich erzielt. Bei den Vorsitzenden der Leitungsgremien ist hin- gegen sogar ein eindeutiger Rückgang des Frauenanteils zu verzeichnen.

Zwar scheint das Thema Frauenförderung in den letzten Jahren durchaus an Relevanz gewonnen zu haben – der Anteil der Räte und Organisationen, für die Frauenförderung ein Thema ist, ist leicht angestiegen. Dennoch verwundert es, dass offenbar nicht einmal die Hälfte der befragten Organisationen dieses Thema für relevant genug hält, um es auch strukturell zu verankern und im Statut zu berücksichtigen. Solange ein Großteil der Befragten Frauenförderung weiterhin nicht als wichtiges Handlungsfeld erkennt, das – will man an den bestehenden Ungerechtigkeiten etwas ändern – für jede Organisation eine Rolle spielen sollte, wird sich an den männlich dominierten Leitungsstrukturen kaum etwas ändern. 240 Weitere Reden und Beiträge

Die Umfrage macht einmal mehr deutlich, dass bis zu einer pari- tätischen Teilhabe von Frauen an den Machtpositionen des Lai- enkatholizismus noch ein weiter Weg zu gehen ist, der klare Ent- scheidung und ggf. auch konkrete Maßnahmen erfordert. Die auf den ersten Blick positiven Zahlen dürfen nicht darüber hin- wegtäuschen, dass alle Organisationen gefordert sind, wenn man sich auf Dauer nicht mit einem Drittel der Leitungspositi- onen für Frauen zufriedengeben möchte. Die Zahlen zur tatsäch- lichen Wahrnehmung von Leitungsfunktionen zeigen aber auch, dass selbst das Halten des Status quo nur mit viel Engagement für das Thema möglich ist. Wie der Rückgang des Anteils weib- licher Vorsitzender anschaulich verdeutlicht, kann die Entwick- lung auch innerhalb weniger Jahre sehr schnell wieder in die entgegengesetzte Richtung laufen. Abwarten schafft – entgegen mancher Annahme – also noch längst keine Gleichberechtigung!

Bewertung aus dem ZdK

Drei Maßzahlen aus der aktuellen Erhebung sind aus mei- ner Sicht besonders interessant und fordern uns zum Handeln heraus:

1. Der Anteil von Frauen in der Gesamtheit unserer Leitungsgre- mien ist von 37 (2014) auf 39 Prozent (2019) gestiegen. Das ist eine gute Tendenz. Hier müssen wir dranbleiben. Schaut man in die detaillierten Zahlen, berücksichtigt ausschließlich die stimmberechtigten Vorstandspositionen und rechnet die rei- nen Frauen- und Männerorganisationen aus der Gruppe heraus, bleibt die Steigerungstendenz erhalten. Von 34 (2014) erhöhte sich der Frauenanteil auf 37 Prozent (2019).

Dank der Erhebung wissen wir auch, dass die absolute Anzahl der Personen, die sich in unseren Leitungsgremien – in Räten Weitere Reden und Beiträge 241

und Organisationen – engagieren, von 1166 auf 1266 angestie- gen ist. Dieses große, überwiegend ehrenamtliche Engagement wollen wir an dieser Stelle ausdrücklich würdigen.

Wir sollten Strategien, die zu einem steigenden Frauenanteil (und zu dem steigenden Engagement) beitragen, identifizieren, verstärken und ihre Übertragbarkeit prüfen.

2. Der Anteil von Frauen im Vorsitz eines Leitungsgremiums ist von 39 (2014) auf 33 Prozent (2019) gesunken. Das ist ein starker Rückgang, der unseren Zielen im ZdK entgegenläuft. Hier müs- sen wir handeln.

Differenzieren wir nach Räten und Organisationen, stellen wir bei den Räten eine Reduktion von zwei Prozent fest: von 37 (2014) auf 35 Prozent (2019). Die große Reduktion zeigt sich bei den Organisationen um acht Prozent: von 40 (2014) auf 32 Pro- zent (2019). Rechnet man auch hier die reinen Frauen- und Män- nerorganisationen aus der Gruppe heraus, sinkt der Frauenanteil sogar noch stärker: von 35 (2014) auf 25 Prozent (2019).

Diese Zahlen rufen uns dazu heraus, den Gründen dafür nachzu- gehen, und geeignete Maßnahmen zu verabschieden, die diesen Trend wieder umkehren.

3. Der Anteil von Frauen in der Geschäftsführung sinkt mit zunehmender Personalverantwortung. Bei den Organisationen werden die Bundesgeschäftsstellen mit null bis zehn Mitarbei- tenden zu 53 Prozent von Frauen geleitet (2014: 57 Prozent), mit elf bis 70 Mitarbeitenden zu 29 Prozent von Frauen gelei- tet (2014: 29 Prozent) und mit 71 bis 464 Mitarbeitenden zu 19 Prozent von Frauen geleitet (2014: zwölf Prozent). Die Zahlen 242 Weitere Reden und Beiträge

sind insgesamt steigend. Trotzdem sind hier weitere Schritte angezeigt.

Insgesamt ist der Anteil der weiblichen Geschäftsführerinnen von Räten und Organisationen von 44 (2014) auf 47 Prozent (2019) gestiegen. Bei den Räten ist der Anteil der Geschäftsfüh- rerinnen von 44 (2014) auf 54 Prozent (2019) gestiegen. Sie ver- fügen im Durchschnitt über zwei Mitarbeitende.

Auch die Zahlen in den Organisationen rufen uns zum Handeln heraus. Sie zeigen Parallelen und damit vergleichbare Muster zu anderen kirchlichen Verwaltungsstrukturen und nicht kirchlichen Organisationen auf, in denen Positionen mit großer Finanz- und Personalverantwortung nur zu geringen Anteilen von Frauen geleitet werden. Wollen wir dies ändern, lohnt sich ein Blick in die Mechanismen der Personalarbeit. Viele Studien zeigen, dass bei Stellenbesetzungen unbewusste Vorannahmen zu Kompe- tenz und Eignung (sog. unsconscious bias) eine Rolle spielen, dass sich auf Führungsstellen oft weniger Frauen bewerben als Männer, dass schon auf der mittleren Leitungsebene weniger Frauen als Männer angesiedelt sind und dass die Personalaus- wahl insgesamt noch zu wenig an geschlechtergerechten Krite- rien orientiert ist. Hier können Maßnahmen zur geschlechterge- rechten Personal- und Organisationsentwicklung ansetzen. Weitere Reden und Beiträge 243

5.5. Predigtelemente zum Gottes- dienst am 1. Advent 2019 im Dom zu Aachen, anlässlich der Eröffnung des Synodalen Weges

Starke Worte, verwurzelt in der jüdischen Lebenswelt unserer älteren Geschwister im Glauben, und uns überliefert im Buch Jesaja im 9. Kapitel, durchtönen auch diese Adventszeit: „Das Volk, das im Fin- stern wandelt, sieht ein großes Licht. (Jesaja Kapitel 1,1)

Diese starke Botschaft vernommen heute als Ecclesia, als Versammelte im Namen Jesu, eben als Kirche, bezeichnet alle die in dieser Kirche auf dem Weg sind, egal Christoph Stender welche Dienste, Ämter und Anwesen-

Geistlicher Rektor des Zentralko- heiten sie bekleiden. Sie sind miteinander mitees der deutschen Katholiken ein Volk, das gemeinschaftlich ein großes Licht sieht. „Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht.

Dieses Volk, das heute - nicht nur – aber auch im Finstern wandelt, sind wir, Kirche aktuell.

Dunkel in unserer Kirche hat werden lassen der von ihr zu verantwortende 244 Weitere Reden und Beiträge

Skandal des sexuellen und geistigen Missbrauchs, und der damit einhergehenden Vertuschungen durch dieselbe Kirche. Der Missbrauch an Menschen durch Personen im kirchlichen Amt, hat Dunkelheit in das Leben vieler Betroffenen gebracht, in ihre Herzen und Seelen. Kirche, die von ihrem Auftrag durch Jesus Christus Lichtspenderin sein sollte, hat tiefe Dunkelheit gebracht, in der sich viele Menschen bis heute verloren haben.

Dunkelheit bringt unsere Kirche aber auch dort, wo in ihr Geld veruntreut wird, die Macht Lügen deckt, und sie in unter- schiedlicher Gewandung – andere erniedrigend – selbstherrlich daherkommt.

In diesen Dunkelheiten auch orientierungsschwach gewor- den, sind Bischöfe der Deutschen Bischofskonferenz auf die Laien zugegangen, vertreten im Zentralkomitee der deutschen Katholiken, und haben sie hinzugebeten einen Synodalen Weg gemeinsam zu gehen, der Licht in das Dunkel bringen kann.

Ein starkes Miteinander, ein in Entscheidung und Verantwortung füreinander Kirche sein zu können, haben Laien in ihren Orga- nisationen, Verbänden und Räten in der Vergangenheit immer wieder eingefordert. Auch vor diesem Erwartungshorizont haben die Laien im ZdK zugestimmt sich mit den Bischöfen nun auf diesen Weg zu machen, einen Synodalen Weg.

Reinhard Kardinal Marx unterstreicht schon mit den ersten Über- legungen zum Synodalen Weg: „Wir werden Formate für offene Debatten schaffen und uns an Verfahren binden, die eine ver- antwortliche Teilhabe von Frauen und Männern aus unseren Bistümern ermöglichen. Wir wollen eine hörende Kirche sein. Wir brauchen den Rat von Menschen außerhalb der Kirche“1 Weitere Reden und Beiträge 245

Für die inhaltliche Arbeit des Synodalen Weges sind vier Syno- dalforen eingerichtet zu den Themen: „Macht und Gewaltentei- lung in der Kirche – Gemeinsame Teilhabe und Teilhabe am Sen- dungsauftrag“, `„Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft“, „Priesterliche Existenz heute“ und „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“.

Ein gemeinsam, mit allen Beteiligten auf dem Weg zu sein, hat in der Kirche Tradition:

- Das Apostelkonzil zwischen 44 und 49 in Jerusalem klärte die Frage, wer zur Gemeinde der Christen gehören konnte.

- Das 2. Vatikanische Konzil (1962-1965) war ein großer Sprung zu einer neuen Offenheit in der Welt und damit befreit zu einer neuen Kommunikationsbereitschaft.

- Die Würzburger Synode (1971 bis 1975) hat das 2. Vaticanum als Kirche in Deutschland in eine aktuelle Sprech- und damit die Handlungsfähigkeit hineingestellt. Ebenso die „Pastoral- synode der Katholischen Kirche in der DDR“ (1973 – 1975).

- Der Gesprächsprozess „Im Heute glauben“ (2011–2015) war eine weitergehende Vergewisserung und Bestärkung des Miteinanders in der Verkündigung.

Diese Wege haben auch ermöglicht diesen Synodalen Weg nun zu gehen.

Der Synodale Weg hat eine hat eine Satzung und eine entspre- chende Ordnung, ein Skelett also. Näheres dazu finden Sie im Internet unter: www.synodalerweg.de 246 Weitere Reden und Beiträge

Dieser Weg braucht ein solches Skelett, damit alle Beteiligten ihr miteinander verbunden sein auch spüren, die Konturen des Weges nicht beliebig verschwimmen, und in schwerer Gangart das Gleichgewicht auf dem gemeinsamen Weg nicht abhanden- kommen kann.

Das Skelett selbst aber ist nicht der Synodale Weg, sondern es ermöglicht ihn zu gehen. Das Skelett regelt Verfahren aber nicht wie und in welchem Geist miteinander verfahren wird.

Dieser Synodale Weg bedarf existentiell einer Kommunikations- kultur des Verstehens, einer Ästhetik des aufeinander Achtens, und eines Handwerks für soliden Brückenbau.

Diese Bedarfe müssen durchdrungen sein von gefeierten Litur- gien mit allen Playern auf dem Synodalen Weg, die sich auf den hin ausrichten und durch ihn sich auch ausrichten lassen, der Grund ist warum die Beteiligten sich überhaupt auf diesem Weg befinden, auf Jesus Christus.

Ob Befürworter des Synodalen Weges oder Verhinderer, ob kon- servativ oder progressiv, ob Vertreterin einer Kirche von oben oder Vertreter einer Kirche von unten, ob rechts oder links, alle verbindet eines, die Sorge um die Zukunft unserer Kirche.

Eine Sorge die mit der eigenen Identität und einer geistigen Beheimatung zu tun hat. Eine Sorge, die aus Verlustängsten her- rührt oder sie nährt aus drohender Orientierungslosigkeit.

Dem anderen solche Sorge abzusprechen hat keiner das Recht. Weil die Sorge als solche aber untereinander verbindet, ist es wegweisend Möglichkeiten der Kommunikation zu schaffen sie einander auch mitteilen zu können. Weitere Reden und Beiträge 247

So entfaltet sich der Synodale Weg auf dem Weg seiner selbst, oder anders formulier (hier macht diese Aussage Sinn): „Der Weg ist das Ziel!“

Der ursprüngliche Begriff, von dem das Wort Synode sich her- leitet, bezeichnet eine Reisegesellschaft, eine Karawane unter- wegs. Sie kann allerdings ihr Ziel (damals wie heute) nur dann geschützt erreichen, wenn die Einzelnen auch mit ihren unter- schiedlichen Interessen, Geschwindigkeiten und Erwartungen beieinander zu bleiben gewillt sind. Solch eine Gemeinschaft aber bedarf des Vertrauens und dieses fällt nicht vom Himmel. Vertrauen muss wachsen können. Der Synodale Weg ist also auch ein Wachstumsprozess des Vertrauens, und damit der gegenseitig wachsenden Akzeptanz.

Der Prozess aktuell im Bistum lebendig „Heute bei dir“, von Bischof Dr. Helmut Dieser angestoßen, ist ein wichtiger Beitrag auch für den Synodalen Weg auf der Bundesebene, weil er aus der Analyse der Situation der Kirche im Bistum Aachen beiträgt den Blick auf die Kirche in Deutschland zu schärfen. Diesem Prozess voraus gingen im Bistum Aachen ja die von Bischof K. Hemmerle angestoßene Weggemeinschaft, sowie der intensive Dialog von Bischof Mussinghoff stark gemacht im interkonfessi- onellen und interreligiösen Dialog.

Einem wachsenden Wir auf dem Synodalen Weg auch zukünf- tig zu trauen kann bedeuten, gemeinsam einem neuen „Fin- dungsformat“ (nicht Entscheidungsformat) Gestaltungsraum zu geben, das ein neues Verb in den Sprachschatz der Katholischen Kirche entlassen kann und das da heißt: bescheiden. 248 Weitere Reden und Beiträge

Dieses neue Verb bescheiden setzt sich zusammen aus dem „be“ derer die bisher beraten haben (Laien) und dem „scheiden“ derer die bisher entschieden haben (Bischöfe).

So könnte ein verbindender Satz, immer wieder neu auf dem Synodalen Weg in den Mund genommen werden: Wir haben beschieden, nicht die einen berieten und die anderen entschie- den nur, nein, wir haben gemeinsam beschieden.

Die heute hier entzündete Kerze des Synodalen Weg steht für den Wunsch aller, die wie auch immer diesen Synodalen Weg mitgehen, das unsere Kirche die Leuchtkraft wiederfindet das Leben der Menschen Hell zu machen.

„Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Chri- sti. Und es gibt nichts wahrhaft Menschliches, das nicht in ihren Herzen seinen Widerhall fände.[2

Starke Worte durchtönen auch diese Adventszeit: „Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht.“

1 Kardinal Marx, Frühjahrs-Vollversammlung in Lingen am 14. März 2019

2 Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute „Gaudium et Spes“, GS Nr. 1 Weitere Reden und Beiträge 249

Pressemeldungen 251

Freitag, 25. Januar 2019 PID darf nicht Kassenleistung werden Keine Normalisierung selektiver Methoden Der Hauptausschuss des Zentralkomi- men vom grundsätzlichen Verbot der tees der deutschen Katholiken (ZdK) PID zugelassen, wenn aufgrund der lehnt das Vorhaben des Bundesge- genetischen Veranlagung der Eltern sundheitsministeriums ab, die Prä- eine schwerwiegende Erbkrankheit implantationsdiagnostik (PID) zu ei- beim Kind oder eine Tot- oder Fehl- ner Leistung der gesetzlichen Kran- geburt wahrscheinlich ist und eine kenkassen zu machen und damit in Ethikkommission die PID befürwortet. den Rang einer gewöhnlichen medi- Diesen Willen des Gesetzgebers re- zinischen Leistung zu heben. Er kri- spektiert das ZdK. tisiert auch das Verfahren, eine Ge- Wenn nun aber ohne öffentliche De- setzesänderung zu einer solch weit- batte die Finanzierung vergemein- reichenden gesellschaftlichen Wei- schaftet werden soll, ist das ein völlig chenstellung vorzulegen, ohne zuvor unangemessenes Vorgehen. Mit einer eine gründliche gesellschaftliche und per Bundesgesetz angeordneten Kos- politische Diskussion darüber zu füh- tenübernahme durch die gesetzlichen ren. Krankenkassen würde die PID als eine In der intensiven Debatte über die PID gewöhnliche medizinische Leistung in den Jahren 2010 und 2011 hat sich anerkannt, die sie laut Embryonen- das ZdK für ein Komplettverbot ein- schutzgesetz ausdrücklich nicht ist. gesetzt, da die PID eine selektive Me- Im Gesetz kommt das durch eine Ge- thode ist, die im Widerspruch zu der wissensklausel zum Ausdruck, die es Behindertenrechtskonvention der ver- Ärzten ausdrücklich erlaubt, nicht an einten Nationen steht. Der Bundestag einer PID mitzuwirken. hat anders entschieden und Ausnah- Dienstag, 29. Januar 2019 Ein tragfähiger, am Schutz des ungeborenen Lebens orientierter Kompromiss Das Zentralkomitee der deutschen rungskoalition vorgeschlagene Rege- Katholiken (ZdK) bewertet den nach lung: einer intensiven gesellschaftlichen „Der § 219a des Strafgesetzbuchs und politischen Diskussion vorge- wird ergänzt und nicht gestrichen. legten Gesetzentwurf zur Verbes- Damit bleibt die Gesamtarchitektur serung der Information über einen der Beratungsregelung bei Schwan- Schwangerschaftsabbruch als trag- gerschaftskonflikten mit der Ziel- fähigen Kompromiss. Die familien- setzung, das ungeborene Leben zu politische Sprecherin des ZdK, Bir- schützen, erhalten. Das ist die wich- git Mock, würdigt die von der Regie- tigste Nachricht. 252 Pressemeldungen

Es ist richtig und wird von nieman- Informationsauftrag an den Staat ge- dem bestritten, dass sich Frauen im geben wird. Für den Rechtsfrieden Schwangerschaftskonflikt gut infor- wird die eingeschränkte Informations- mieren können müssen. Der Auftrag möglichkeit für Ärzte und Kranken- zur Sicherstellung der Information soll häuser hoffentlich ein geeignetes In- beim Staat und den von ihm beauf- strument sein. tragten Stellen liegen. Darüber hinaus Die wichtigste Stelle zur Informati- soll Rechtssicherheit für Ärzte und on der betroffenen Frauen und für ei- Krankenhäuser geschaffen werden, ne Lösung ihres Schwangerschafts- die auf ihrer Homepage darauf hin- konflikts bleibt aber die unabhängige weisen, dass sie Schwangerschafts- psychosoziale Beratung, die weiter zu abbrüche gemäß den gesetzlichen stärken und auszubauen ist. Hier wird Vorgaben durchführen. auch über Unterstützungsleistungen Es kommt darauf an, dass die abzu- informiert, und der schwangeren Frau sichernde erlaubte Information von werden im ergebnisoffenen Gespräch der weiterhin strafbaren Werbung für Perspektiven für ein Leben mit dem den Schwangerschaftsabbruch un- Kind aufgezeigt. terschieden wird. Der Schwanger- Ich danke allen politischen Akteu- schaftsabbruch darf auch in Zukunft rinnen und Akteuren, die diesen Kom- nicht als normale ärztliche Dienstlei- promiss möglich gemacht und den stung behandelt und dargestellt wer- Konflikt innerhalb des Regierungs- den. Denn es darf nicht verschleiert bündnisses gelöst haben. Die Bereit- werden, dass ein Schwangerschafts- schaft und Fähigkeit zum politischen abbruch nach der Beratungsregelung Kompromiss auch dort, wo erbittert eine rechtswidrige, unter klar defi- gestritten wird, ist ein Gütesiegel für nierten Voraussetzungen aber straf- unsere Demokratie.“ freie Handlung ist. Darum ist für uns von besonderer Bedeutung, dass der Mittwoch, 30. Januar 2019 ZdK zur Mitgestaltung der Reformen bereit Das Zentralkomitee der deutschen Ka- schlüssen einschlägt“, so ZdK-Präsi- tholiken (ZdK) begrüßt die Beschlüsse dent Prof. Dr. Thomas Sternberg. „In- des Ständigen Rates der Deutschen haltlich werden durch den angesto- Bischofskonferenz zur weiteren Auf- ßenen Prozess zentrale Erwartungen arbeitung der Themen sexueller Miss- des Zentralkomitees aufgegriffen. brauch an Minderjährigen und spezi- Es ist ein wichtiger Schritt, dass Bi- fische Herausforderungen für die Kir- schof Dr. Ackermann als Beauftragter che. der Bischofskonferenz für Fragen des „Ich begrüße ausdrücklich die Wege, sexuellen Missbrauchs das politische die der Ständige Rat mit seinen Be- und gesellschaftliche Gespräch über Pressemeldungen 253

die Kriterien und Standards für eine tet werden sollen. Dass parallel hier- unabhängige Aufarbeitung sowie zur zu auch die bereits von uns angespro- Überprüfung des Verfahrens für Leis- chenen Fragen zum kirchlichen Recht, tungen in Anerkennung zugefügten wie die kirchliche Strafgerichtsbar- Leids aufnehmen wird. Ein solches keit, das Prozessrecht und die Verwal- Vorgehen schafft die notwendige ge- tungsgerichtsbarkeit bearbeitet wer- sellschaftliche Transparenz im weite- den sollen, trifft unsere Erwartungen, ren Vorgehen der Bischöfe und bietet genauso wie die Klärung zu Fragen die Grundlage, verlorenes Vertrauen der kirchlichen Verwaltung, zu denen in das Handeln der Kirche zurückzu- Verwaltungsstrukturen, die Finanzver- gewinnen. fassung und das Personalwesen ge- hören. Mit der Einrichtung von Arbeitsgrup- pen zu den spezifisch die Kirche be- Ausdrücklich begrüßen möchte ich treffenden Herausforderungen wer- die Ankündigung, auf allen Ebenen den die wichtigsten Themenfelder, des Beratungsprozesses, auch in dem die das ZdK in seinen Stellungnah- zentralen Steuerungskreis, Vertrete- men vorgetragen hat, aufgegriffen. rinnen und Vertreter des Zentralkomi- So begrüßen wir, dass im Themenfeld tees der deutschen Katholiken zu be- Glaube und Pastoral die Fragen nach teiligen. Wir sind zur Mitarbeit ger- der priesterlichen Lebensform, Macht ne bereit und werden uns in die Ge- und Partizipation in der Kirche, sowie spräche konstruktiv einbringen.“ die Fragen der Sexualmoral bearbei-

Mittwoch, 13. Februar 2019 ZdK-Präsident Thomas Sternberg erwartet Ende einer Kultur der Verdrängung und des Selbstschutzes Zum Treffen der Vorsitzenden der Bi- die Dramatik der Situation, den tief- schofskonferenzen in Rom greifenden Glaubwürdigkeitsverlust und den umfassenden, auch struk- „Nicht nur die katholische Welt turellen Reformbedarf in der katho- schaut auf Rom, wenn jetzt die Vor- lischen Kirche zu kommen. Wir brau- sitzenden der Bischofskonferenzen chen deutliche Signale zum Ende ei- weltweit zusammenkommen um ner Haltung des Verdrängens und des über Konsequenzen aus dem Miss- Schutzes der Institution, hin zu ei- brauch in der katholischen Kirche zu ner Orientierung an den Opfern. Nie- beraten“, so der Präsident des Zen- mand in der Weltkirche darf in Bezug tralkomitees der deutschen Katholiken auf Fragen des sexuellen Missbrauchs (ZdK), Prof. Dr. Thomas Sternberg. mehr sagen, so etwas gibt es bei uns „Aus meiner Sicht sollte das wich- nicht, das geht uns deshalb nichts an. tigste Ergebnis sein, zu einem ge- Eine solche Haltung ist schlicht un- meinsamen Bewusstseinsstand über ehrlich und verhindert die notwen- 254 Pressemeldungen

digen Reformmaßnahmen. Das sind Wege geöffnet werden, um auch auf wir an erster Stelle auch den Opfern der Ebene der Bischofskonferenzen des Missbrauchs schuldig. Insbeson- eigenständige Regelungen treffen zu dere im Hinblick auf den innerkirch- können.“ lichen Reformbedarf erwarte ich, dass Mittwoch, 13. März 2019 Organspende nicht ohne freiwillige Zustimmung Stellungnahme des ZdK zur Debatte über die Widerspruchslösung Das Präsidium des Zentralkomitees Voraussetzung für die Organentnah- der deutschen Katholiken (ZdK) hat me müsse weiterhin eine freiwillige zur laufenden Organspendedebat- Zustimmung des Spenders oder, falls te Stellung genommen. Es spricht keine Einwilligung vorliege, die Zu- sich für einen Ausbau der geltenden stimmung der Angehörigen sein. Ei- Entscheidungslösung und gegen die ne Widerspruchslösung, bei der auf doppelte Widerspruchslösung aus. eine ausdrückliche Zustimmung ver- Die ausführliche Stellungnahme ist zichtet werden könnte, sei mit dem allen Abgeordneten des Deutschen Persönlichkeits- und Selbstbestim- Bundestags in einem Brief des ZdK- mungsrecht der sterbenden Patienten Präsidenten Prof. Dr. Thomas Stern- nicht vereinbar. Denn bevor es zu der berg zugegangen. postmortalen Organspende kommen könne, seien Voraussetzungen zu er- Das ZdK-Präsidium betont, die Ent- füllen, die den Prozess des Sterbens scheidung für eine Organspende ver- beeinträchtigen. Gerade weil der Pa- diene hohe moralische Anerkennung. tientenwille im Prozess des Sterbens Als Akt freiwilliger Solidarität diene unbedingt zu befolgen sei, wie der die Organspende den Lebenschan- rechtliche Stellenwert von Patienten- cen schwer erkrankter Menschen, die verfügungen zeige, sollte dieser ex- auf ein Spenderorgan warten. Die zu plizite Wille auch für die fremdnützige Lebzeiten dokumentierte Organspen- Weiterbehandlung des Patienten zur debereitschaft und die tatsächlichen Vorbereitung einer Organentnahme Transplantationszahlen sollten daher ausschlaggebend sein. mit ethisch angemessenen Maßnah- men erhöht werden. Donnerstag, 14. März 2019 ZdK-Präsident Thomas Sternberg begrüßt Beschluss zu synodalem Prozess Der Präsident des Zentralkomitees konferenz in Lingen, gemeinsam mit der deutschen Katholiken (ZdK), Prof. dem ZdK einen synodalen Prozess zu Dr. Thomas Sternberg, begrüßt den den Fragen nach dem Umgang mit einstimmigen Beschluss der Vollver- Macht in der Kirche, nach der Zukunft sammlung der Deutschen Bischofs- der priesterlichen Lebensformen und Pressemeldungen 255

der Weiterentwicklung der kirchlichen konferenz, Kardinal Marx, und allen Sexualmoral durchzuführen. Bischöfen für die Bereitschaft einen verfassten, transparenten und ver- „Wir stehen bereit, mit den Bischöfen bindlichen Prozess unter Mitverant- in der Gemeinsamen Konferenz und wortung der Laien zu beginnen, die der Tagung im September dieses Jah- Ergebnisse in der Kirche in Deutsch- res, die Vorbereitung zügig voranzu- land umzusetzen und weitere Themen bringen, wenn der Wille zu wirklicher gegebenenfalls in Rom gemeinschaft- Veränderung erkennbar wird. Ich dan- lich vorzutragen.“ ke dem Vorsitzenden der Bischofs- Freitag, 15. März 2019 Für ein schützendes und solidarisches Europa Wahlaufruf der Initiative Christen für Europa (IXE) Die vom Zentralkomitee der deut- Nachdrücklich fordert der Wahlauf- schen Katholiken (ZdK) mitgetragene ruf dazu auf ein schützendes Europa „Initiative Christen für Europa“ (IXE) zu gestalten, das bereit ist, Verant- ruft dazu auf, sich an der Wahl zum wortung für den Frieden in der Welt Europäischen Parlament zu beteiligen. zu übernehmen. Europa müsse dafür „Eine geringe Wahlbeteiligung stellt kämpfen, dass die Ziele der Vereinten eine ernsthafte Bedrohung für eine Nationen für nachhaltige Entwicklung echte europäische Demokratie dar“, erreicht werden und das Pariser Ab- warnt IXE. Von Ängsten geschürte na- kommen über den Klimawandel um- tionalistische und populistische Ten- gesetzt wird. denzen gefährdeten die Demokratie „Wir brauchen ein reformiertes euro- und schwächten die unerlässliche Be- päisches Asylsystem, das auf Men- achtung der Rechtsstaatlichkeit. schenrechten und Solidarität zwi- Vor diesem Hintergrund erinnert IXE schen den Mitgliedstaaten basiert“, so an den Grundsatz der Solidarität und IXE weiter. „Wir sollten auch eine ge- fordert eine verantwortungsvolle Fi- rechte, humane Migrationspolitik ent- nanz- und Haushaltspolitik, die dem wickeln, welche die Bedürfnisse und Europäischen Parlament und den na- begrenzten Möglichkeiten unserer Ge- tionalen Parlamenten Handlungsspiel- sellschaften berücksichtigt.“ räume für eine nachhaltige Sozialpoli- Nicht zuletzt fordert IXE von Europa tik lässt. „Wenn wir diese Priorität ent- mehr Respekt vor der kulturellen und schlossen verfolgen, dann können wir gesellschaftlichen Vielfalt der Mit- auch die gestörte Beziehung zu Euro- gliedsländer. „Die Anerkennung und skeptikerinnen und -skeptikern wie- der Respekt vor unseren kulturellen derherstellen und antieuropäischen Unterschieden tragen dazu bei, Äng- Diskurs bekämpfen.“ ste sowohl vor einem antireligiösen, säkularisierten Europa als auch vor ei- 256 Pressemeldungen

ner Rückkehr von Religion als autori- Die Initiative Christen für Europa (IXE) tärer Unterdrückungskraft zu zerstreu- ist ein Zusammenschluss von katho- en.“ lischen Verbänden, Initiativen und Personen aus rund 20 europäischen Der Wahlaufruf wird in dieser Woche Ländern, die sich die Mitgestaltung von 10 nationalen katholischen Laien- Europas aus dem christlichen Glau- organisationen und 3 europäischen ben zum Ziel gesetzt haben. katholischen Verbänden parallel in den jeweiligen Landessprachen veröf- fentlicht. Mittwoch, 20. März 2019 Europa stimmt! ZdK startet Homepage zur Europawahl Mit seiner neuen Homepage www. fährdet durch kurzsichtigen Nationa- europa-stimmt.eu wirbt das Zen- lismus und Populismus, der Ängste tralkomitee der deutschen Katho- schürt und die Errungenschaften der liken (ZdK) bis zur Wahl zum Europä- Europäischen Union bedroht. ischen Parlament am 26. Mai dafür, Exemplarisch für viele hat das ZdK sich mit seinem Engagement, mit sei- Mitglieder aus seinen Reihen gebe- nen Ideen und nicht zuletzt mit seiner ten, als Botschafterinnen und Bot- Stimme für ein starkes und geeintes schafter für Europa zu erzählen, was Europa einzusetzen. sie mit Europa verbinden und warum Europa lebt vom Engagement sei- sie sich für Europa einsetzen. ner Bürger, von ihrer Unterstützung Die auf der Homepage gesammelten und ihrem Eintreten für die gemein- Beiträge aus Verbänden, Initiativen, samen Ziele, ist das ZdK überzeugt. Bistümern und Gemeinden sollen er- Europa ist ein kulturelles, soziales und mutigen, mitzumachen, Ideen aufzu- politisches Projekt, zu dem alle Bür- greifen und sich anzuschließen – und ger mit ganz unterschiedlichen Erfah- natürlich am 26. Mai wählen zu gehen rungen und Talenten beitragen kön- und für die EU, für Demokratie und nen. Gleichzeitig ist dieses Projekt ge- Rechtsstaatlichkeit zu stimmen. Montag, 1. April 2019 ZdK-Präsident Thomas Sternberg: Die Organspende ist ein freiwilliges Geschenk und muss es bleiben Das Zentralkomitee der deutschen Ka- „Wir setzen uns weiter für den Aus- tholiken (ZdK) spricht sich gegen die bau der geltenden Entscheidungslö- heute von Gesundheitsminister Jens sung ein“, so der Präsident des ZdK, Spahn vorgestellte doppelte Wider- Prof. Dr. Thomas Sternberg. „Voraus- spruchslösung aus. setzung für die Organentnahme muss weiterhin eine freiwillige Einwilligung Pressemeldungen 257

des Spenders oder, falls keine Einwil- Gesellschaft insgesamt ein mora- ligung vorliegt, die Zustimmung der lisches Recht darauf geltend machen. Angehörigen sein. Da die Organspen- Die Organspende ist ein freiwilliges de unmittelbar den Prozess des Ster- Geschenk und muss es bleiben“, un- bens betrifft, ist eine ausdrückliche terstreicht der ZdK-Präsident. Entscheidung dafür unerlässlich.“ „Da die freiwillige Entscheidung für Ausdrücklich unterstreicht Sternberg, oder gegen eine Organspende für dass die Entscheidung für eine Or- uns eine herausragende Bedeutung ganspende hohe moralische Anerken- hat, teilen wir das Anliegen, dass die nung verdient. Deshalb teile das ZdK Zahl der zu Lebzeiten dokumentierten mit dem Bundesgesundheitsminister Entscheidungen gesteigert werden das Ziel, die Organspendebereitschaft sollte“, betont Sternberg. Dazu seien zu erhöhen und damit die Möglichkeit verschiedene Wege vorstellbar, zum zur Steigerung der Transplantations- Beispiel, indem der Hausarzt regelmä- zahlen zu erreichen. Als Akt freiwilli- ßig eine (zu vergütende) ergebnisof- ger Solidarität diene die Organspende fene Beratung schon zu einem Zeit- den Lebenschancen schwer erkrank- punkt anbiete, wenn der Patient nicht ter Menschen, die auf ein Spenderor- wegen einer schweren Krankheit in gan warten. Behandlung sei. „Es gibt gute und gerade aus christ- „Niemand darf zu einer Entscheidung licher Sicht sehr überzeugende Grün- gedrängt werden“, warnt der Präsi- de, die es Menschen für sich selbst dent des ZdK. „Gleichzeitig muss aber als persönliche Pflicht erscheinen las- jedem bewusst sein, wie wichtig es sen, ihr persönliches Sterben an der ist, die eigene Organspendebereit- Lebensrettung anderer auszurichten. schaft sehr ernsthaft zu prüfen. Die- Es gibt aber weder eine moralische se Frage zu verdrängen, hilft nieman- Pflicht zu dieser Solidarität, noch kön- dem, aber schadet denjenigen, die auf nen auf ein Spenderorgan wartende ein Spenderorgan angewiesen sind.“ Patientinnen und Patienten oder die Mittwoch, 10. April 2019 Keine Kassenzulassung für Bluttest auf Trisomie 21 Gegen eine Kassenzulassung des Tests warnt er vor einer weiteren Nor- Bluttests auf Trisomie 21 spricht sich malisierung dieser Untersuchung. der Präsident des Zentralkomitees der „Ich befürchte, dass die unhinter- deutschen Katholiken (ZdK), Prof. Dr. fragte Verfügbarkeit dieses vermeint- Thomas Sternberg, aus. Anlässlich lich harmlosen Instruments am En- der morgigen Orientierungsdebat- de einer selektiven Mentalität den te des Deutschen Bundestags über Weg bahnt“, so Sternberg. „Es ist mit die Frage der Kassenzulassung dieses einem weiteren Anstieg bei den Ab- nichtinvasiven pränataldiagnostischen 258 Pressemeldungen

treibungen dieser Kinder mit dem so- dardisierung einer selektiven Mentali- genannten Down-Syndrom zu rech- tät komme. nen. Damit wird nicht nur ihr grund- Die größte Gefahr liege dabei nicht in legendes Lebensrecht angetastet, dem Test und dem Wissen, das durch sondern auch ausgeblendet, dass die ihn gewonnen werden kann, sondern meisten Menschen mit dieser Beein- darin, dass es zu einem Automatis- trächtigung ein gutes Leben führen mus kommen kann, die Schwanger- können.“ schaft bei dem Befund Trisomie 21 Schon seit einigen Jahren stehe ein nicht fortzusetzen. „Solche Automa- solcher Test den werdenden Eltern tismen gilt es zu durchbrechen, zum für einen inzwischen niedrigen drei- Beispiel durch die Verknüpfung der stelligen Betrag zur Verfügung. „Ei- Durchführung des Test mit einer vor- ne Kassenzulassung und damit eine herigen und im Falle eines positiven weitere Normalisierung dieser Vari- Befundes auch mit einer anschlie- ante der vorgeburtlichen Diagnostik ßenden unabhängigen psychosozi- lehne ich entschieden ab“, unterstrei- alen Beratung“, fordert Sternberg. cht der ZdK-Präsident. „Es darf nicht Ausdrücklich begrüßt er die Gelegen- dazu kommen, dass sich Eltern dafür heit zu einer Orientierungsdebatte im rechtfertigen müssen, wenn sie die- Deutschen Bundestag. Es sei wich- se leicht zugängliche Diagnostik, die tig, dass die Debatte, bei der es um keinen therapeutischen Nutzen ver- eine wichtige sozialethische und ge- spricht, bewusst nicht in Anspruch sellschaftspolitische Weichenstellung nehmen.“ geht, auch dadurch öffentlicher wird Zwar gebe es auch Argumente für die und sich nicht mehr nur in Fachzirkeln Kassenzulassung dieses Tests, wie des Gesundheitswesens abspielt. den gesellschaftlichen Nutzen durch Der Präsident des ZdK ruft die Abge- weniger invasive Fruchtwasserunter- ordneten und den Bundesgesund- suchungen und eine stärkere gesell- heitsminister dazu auf, zu prüfen, wel- schaftliche Kontrolle des Markts dia- che Möglichkeiten der politischen Ein- gnostischer Angebote. Dem stünden flussnahme zu ergreifen sind, damit aber viel größere gesellschaftliche durch eine Kassenzulassung nicht un- Kosten und ein viel größerer gesell- gewollt die Rechte von Menschen mit schaftlicher Schaden gegenüber, Behinderungen schwer verletzt wer- wenn es zur Verfestigung und Stan- den. Montag, 15. April 2019 Verbot der organisierten Suizidbeihilfe muss bleiben Vor der mündlichen Verhandlung des in § 217 StGB geregelte Verbot der Bundesverfassungsgerichts zu den organisierten Suizidbeihilfe bekräf- Verfassungsbeschwerden gegen das tigt der Präsident des ZdK, Prof. Dr. Pressemeldungen 259

Thomas Sternberg, die Notwendig- Eine solche Entwicklung sei die Kehr- keit der 2015 vom Deutschen Bundes- seite eines verbreiteten Verständ- tag getroffenen Entscheidung, die ge- nisses von Selbstbestimmung, das schäftsmäßige Suizidbeihilfe strafbe- die Autonomie der betroffenen Men- wehrt zu verbieten. schen absolut setze und die soziale Angewiesenheit eines jeden auf ande- „Gerade der Respekt vor der Selbst- re Menschen ausblende. bestimmung jedes Menschen und sei- ner unantastbaren Würde in der extre- Sternberg unterstreicht: „Ich bin da- men Lebenssituation des Sterbens er- gegen der Überzeugung, dass es bei fordert neben der Sicherstellung einer dem geltenden gesetzlichen Verbot umfassenden palliativen Versorgung der geschäftsmäßigen Suizidbeihilfe dieses gesetzliche Verbot“, unter- in außerordentlicher Weise gelungen streicht Sternberg. ist, die Verfassungsgüter der Men- schenwürde, der Selbstbestimmung, „Mit der Zulassung organisierter Su- des Lebensschutzes und des Schut- izidbeihilfe durch Sterbehilfevereine zes besonders schwacher Menschen könnte es zu einer gesellschaftlichen in Einklang zu bringen.“ Normalität werden, sie in Anspruch zu nehmen“, so der ZdK-Präsident. „Ge- Das Bundesverfassungsgericht habe rade besonders schwache und kran- nun angesichts der eingereichten Be- ke Menschen müssen vor äußerem schwerden verbindlich zu klären, ob und innerem Druck geschützt bleiben. diese von der Mehrheit des Bundes- Durch das Angebot eines assistier- tages befürwortete Lösung den un- ten Suizids wird das Gefühl verstärkt, terschiedlichen Anforderungen des niemandem zur Last fallen zu dürfen, Grundgesetzes gerecht wird und Be- erst recht, wenn die Beihilfe zu einer stand haben kann. rechtlich und gesellschaftlich akzep- tierten Option wird.“ Donnerstag, 25. April 2019 Für eine nachhaltige und gerechte Landwirtschaft ZdK legt Diskussionsimpuls zur europäischen Agrarpolitik vor Für eine stärkere Orientierung an Um- „Der Reform der Agrarpolitik muss welt- und Klimaschutz, Tierwohl und als Leitbild eine Orientierung am Ge- Beschäftigung bei der bevorstehen- meinwohl zugrunde liegen, denn eine den Reform der Gemeinsamen euro- nachhaltige und zukunftsfähige Land- päischen Agrarpolitik (GAP) für die wirtschaft kann nur gelingen, wenn Förderperiode nach 2020 setzt sich sie ökologisch, ökonomisch und sozi- das Zentralkomitee der deutschen Ka- al verträglich ist und ihrer Verantwor- tholiken (ZdK) in einem Diskussion- tung gegenüber allen auf der Erde le- simpuls ein. benden Menschen und Geschöpfen gerecht wird.“, so Dr. Barbara Hend- 260 Pressemeldungen

ricks MdB, Sprecherin des Sachbe- schaft. Die Förderung und der Er- reichs „Nachhaltige Entwicklung und halt lebenswerter ländlicher Räu- globale Verantwortung“ im ZdK. me müssten auch in Zukunft zentrale Ziele der GAP sein. Ein Hauptaugenmerk des Diskussion- simpulses liegt auf dem großen Po- Das ZdK betont darüber hinaus die tential der Landwirtschaft zum Klima- große Verantwortung der europä- schutz und zum Erhalt der Biodiver- ischen Agrarpolitik für die Länder sität, welches zukünftig noch stärker des globalen Südens. „Die agrarpoli- genutzt werden müsse. Das ZdK kri- tischen Ziele der EU müssen eine Ko- tisiert die derzeit zu starke Fokussie- härenz aufweisen zu den umwelt-, rung der Fördermaßnahmen auf die klima-, sozial-, migrations- und ent- landwirtschaftliche Fläche. Es spricht wicklungspolitischen Zielen. Es darf sich dafür aus, die Systematik der nicht passieren, dass mit Mitteln der Säulenfinanzierung in der neuen GAP Entwicklungspolitik wiederaufgebaut aufzubrechen. werden muss, was durch die europä- ische Agrar- und Handelspolitik zu- Ausdrücklich würdigt das ZdK die vor konterkariert wurde.“, verdeutlicht Leistungen der Landwirtinnen und Hendricks. Landwirte für die gesamte Gesell- Mittwoch, 8. Mai 2019 ZdK-Sprecherin Hendricks: Artensterben erfordert entschiedenes Umdenken „Der Bericht des Weltbiodiversitäts- der am 6. Mai vom Weltbiodiversitäts- rates macht uns auf unmissverständ- rat in Paris vorgestellt wurde. liche Art und Weise deutlich: der Der Bericht, an dem Expertinnen und Weg, auf dem wir Menschen uns ak- Experten aus mehr als 50 Ländern tuell befinden, gefährdet unsere eige- über einen Zeitraum von drei Jahren nen Lebensgrundlagen. Bis zu einer mitgewirkt haben, verdeutlicht, dass Millionen Tier- und Pflanzenarten sind sich der Zustand der Natur zuneh- vom Aussterben bedroht. Innerhalb mend verschlechtert. Die Haupttrei- eines Jahrhunderts hat die Artenviel- ber seien vor allem der Klimawandel, falt weltweit um 20 Prozent abgenom- die Umweltverschmutzung und die men. Diese Erkenntnisse müssen zu Art der Landnutzung. „Der Schutz der einem entschiedenen Umdenken auf Biodiversität und der Erhalt und die allen Ebenen führen. Nur so lassen Wiederherstellung von Ökosystemen sich die fatalen Auswirkungen dieses liegt im Interesse eines jeden Men- Artensterbens noch eindämmen“, so schen. Auch die Landwirtschaft profi- kommentiert Dr. Barbara Hendricks tiert im besonderen Maße davon und MdB, Sprecherin des Sachbereichs kann gleichzeitig viel dazu beitragen. „Nachhaltige Entwicklung und globa- Ich hoffe, dass die Erkenntnisse des le Verantwortung“ im ZdK, den glo- Weltbiodiversitätsrates auch in den balen Bericht zum Zustand der Natur, Pressemeldungen 261

Diskussionen über die bevorstehen- europäischen Agrarpolitik zu den ver- de Reform der Gemeinsamen europä- schiedenen Herausforderungen äu- ischen Agrarpolitik (GAP) Beachtung ßert, denen die Landwirtschaft be- finden. Die Fördersystematik der GAP reits heute begegnet, und Forde- muss in Zukunft stärker als bisher da- rungen aufzeigt, deren Umsetzung für rauf ausgerichtet sein“, so Hendricks eine nachhaltige europäische Land- weiter. wirtschaft aus Sicht des ZdK unerläss- lich sind. Der Schutz der Biodiversität Erst kürzlich veröffentlichte das ZdK sowie der Erhalt und die Wiederher- den Diskussionsimpuls „Für eine stellung von Ökosystemen sind darin nachhaltige und gerechte Landwirt- zentrale Forderungen des ZdK. schaft“, der sich anlässlich der bevor- stehenden Reform der Gemeinsamen Freitag, 10. Mai 2019 Katholikentag 2024 in Erfurt Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken am 10./11. Mai 2019 in Mainz Der 103. Deutsche Katholikentag wird furt an. Das Bistum Erfurt freut sich im Jahr 2024 vom 29. Mai bis 2. Juni auf Sie!“, so der Erfurter Bischof. in Erfurt stattfinden. Dies hat die Voll- „Ich freue mich, Sie aus ganzem Her- versammlung des Zentralkomitees der zen und mit großer Freude zum Ka- deutschen Katholiken (ZdK) am Frei- tholikentag 2024 nach Erfurt einla- tag, dem 10. Mai 2019 in Mainz ein- den zu dürfen“, unterstreicht Thomas stimmig beschlossen. Kretschmer, Vorsitzender des Katho- Sie folgte damit der Einladung des Bi- likenrates der Diözese Erfurt und Mit- schofs der Diözese Erfurt Dr. Ulrich glied des ZdK, stellvertretend für die Neymeyr. „In fünf Jahren wird allen Katholiken im Bistum. Das Bistum Er- bewusst sein, dass nicht nur der Os- furt könne großkatholische Ereignisse ten Deutschlands entkonfessionali- betont er weiter und erinnert an den siert ist, sondern dass wir alle nach Papstbesuch 2011in Erfurt und dem Wegen suchen müssen, wie wir die Eichsfeld. „Das katholische Eichs- Wahrheit über Gott und die Welt un- feld und die Diaspora Thüringens. ter die Menschen bringen. Dazu ha- Es sind zwei Seiten einer Medaille – ben wir im Osten etwas zu sagen. Die Avers und Revers, zusammengehal- Teilnehmer des Katholikentages kön- ten durch unsere Bistumsheiligen Eli- nen erleben, wie wir Christen in der sabeth und Bonifatius als Münzrand“, schönsten Stadt Deutschlands, im so Kretschmer. „Zum Schluss noch heidnischen, aber turmgekrönten Er- einmal mitteldeutsch. Wie auch zum furt fröhlich unseren Glauben feiern, 100. Katholikentag in Leipzig kann ein … Nehmen Sie unsere herzliche Ein- einzelnes Bistum in Ost- und Mittel- ladung zum Katholikentag 2024 in Er- deutschland allein den Katholikentag 262 Pressemeldungen

nicht stemmen. Ich hoffe auf die Mit- Bevor es nach Erfurt geht, wird das hilfe der mitteldeutschen Bistümer. In ZdK gemeinsam mit dem Deutschen dieser Zuversicht und meinem festen Evangelischen Kirchentag (DEKT) den Willen zur Mitgestaltung und Vertie- 3. Ökumenischen Kirchentag 2021 in fung des Glaubens, zu einem Glau- Frankfurt und den 102. Deutschen Ka- bensfest lade ich sie nach Erfurt ein.“ tholikentag 2022 in Stuttgart veran- stalten. Freitag, 10. Mai 2019 ZdK beschließt Umzug des Generalsekretariates nach Berlin Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken am 10./11. Mai 2019 in Mainz Nach intensiver Diskussion hat die ZdK zum Jahr 2022 nach Berlin zu Vollversammlung des Zentralkomi- verlegen und hierzu in Berlin, Johan- tees der deutschen Katholiken (ZdK) nisstraße 4, ein Neubauprojekt für die am Freitag, dem 10. Mai 2019, mit Nutzung durch das ZdK und andere 123 Stimmen, bei 23 Gegenstimmen kirchliche Organisationen und Einrich- und drei Enthaltungen, beschlossen, tungen mit der Aachener Grundver- den Sitz des Generalsekretariats des mögen zu entwickeln. Freitag, 10. Mai 2019 ZdK-Vollversammlung befürwortet Beteiligung am „Synodalen Weg“ Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken am 10./11. Mai 2019 in Mainz Nach intensiver Aussprache hat die Sie beauftragt das Präsidium und den Vollversammlung des Zentralkomitees Hauptausschuss, auf dieser Grundla- der deutschen Katholiken (ZdK) am ge die Planungen mit der Deutschen 10. Mai 2019 in Mainz mit überwälti- Bischofskonferenz in verbindlicher gender Mehrheit folgenden Beschluss Zusammenarbeit und unter gemein- verabschiedet: samer Leitung fortzusetzen, dafür die nötigen personellen und finanziellen Die ZdK-Vollversammlung begrüßt Mittel bereitzustellen und die Vernet- den Beschluss der Deutschen Bi- zung der Vertreterinnen und Vertreter schofskonferenz, gemeinsam mit dem des ZdK sicherzustellen. Der nächsten ZdK einen verbindlichen „Synodalen Vollversammlung werden die Konkre- Weg“ zu gestalten und nimmt die Be- tisierungen des „Synodalen Wegs“ schlüsse von Präsidium und Haup- zur erneuten Entscheidung über die tausschuss zustimmend zur Kennt- Mitwirkung des ZdK vorgelegt. nis. Sie bekräftigt den Beschluss der Vollversammlung vom 24. November Die ZdK-Vollversammlung beauftragt 2018 „Entschlossenes gemeinsames das Präsidium und den Hauptaus- Handeln, jetzt!“. schuss, ein Forum parallel zu den be- Pressemeldungen 263

reits von der DBK vorgeschlagenen Offenheit der Beratungen und die Ver- Foren zum Thema „Zugang von bindlichkeit der Beschlüsse durch die Frauen zu Weiheämtern“ einzurichten. am „Synodalen Weg“ beteiligten Part- ner gewährleistet sind. Das ZdK wird sich aktiv und konstruk- tiv einbringen, sofern und solange die Freitag, 10. Mai 2019 Europa wählen. Demokratie stärken. Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken am 10./11. Mai 2019 in Mainz Aufruf des Zentralkomitees der deut- Wirklichkeit „durch kurzsichtigen Na- schen Katholiken zur Europawahl tionalismus und Populismus“ gefähr- 2019 det sei. „Gehen Sie am 26. Mai zur Wahl, „Im künftigen Europäischen Parla- nutzen Sie Ihre Möglichkeit, in Eu- ment brauchen wir Fürsprecherinnen ropa mitzuentscheiden und zeigen und Fürsprecher der Solidarität unter Sie, dass die Unterstützung für un- den Mitgliedsstaaten sowie mit den ser gemeinsames europäisches Pro- Schwachen und Schutzlosen in den jekt groß und lebendig ist. Denn nur Ländern Europas“, so der Aufruf. „Wir gemeinsam sind wir stark“, appelliert brauchen Vertreterinnen und Vertre- das Zentralkomitee der deutschen Ka- ter in Straßburg und Brüssel, die für tholiken (ZdK) an alle Christinnen und ein starkes Europa streiten, das in der Christen. Weltgemeinschaft mit einer Stimme spricht. Eine breite und starke Allianz Der heute von der ZdK-Vollversamm- der proeuropäischen, am Gemeinwohl lung in Mainz verabschiedete Aufruf orientierten politischen Kräfte.“ lobt die EU als einen Gewinn, der bür- gerliche Rechte und Freiheiten schüt- Seit März 2019 veröffentlicht das ZdK ze. So seien die gemeinsame Wäh- auf der eigens eingerichteten Home- rung, der offene Schengen-Raum, der page www.europa-stimmt.eu Bei- Austausch und die Begegnung über träge aus Verbänden, Initiativen, Bi- Grenzen hinweg für viele selbstver- stümern und Gemeinden, die sich ständlich und unverzichtbar gewor- beispielhaft und motivierend für ein den. Zugleicht warnt das ZdK, dass starkes und geeintes Europa einset- diese gelebte und oft kaum noch in zen. ihrer Besonderheit wahrgenommene 264 Pressemeldungen

Freitag, 10. Mai 2019 ZdK-Präsident Sternberg zu den Erschütterungen der Ostertage Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken am 10./11. Mai 2019 in Mainz Terror gegen Christen in Sri Lanka kenntnisses verfolgt und drangsaliert. Wir alle fühlen uns betroffen und füh- Als Pervertierung der eigenen und je- len die Trauer, Ohnmacht und Ver- der anderen Religion hat der Präsident zweiflung der Angehörigen, beten für des Zentralkomitees der deutschen sie und vergessen sie nicht.“ Katholiken (ZdK), Prof. Dr. Thomas Sternberg, die Berufung der Attentä- Brand von Notre Dame ter von Sri Lanka auf ihren Glauben Mit Blick auf die Erschütterungen der bezeichnet. „Es darf keine Gewalt im vergangenen Kar- und Ostertage erin- Namen Gottes geben. Wir wollen uns nerte Sternberg auch noch einmal an auch weiterhin gemeinsam mit from- den Brand der Kathedrale Notre Dame men Muslimen der Pervertierung des und den drohenden Verlust dieses hi- Islam im islamistischen Terror entge- storischen, kunstgeschichtlichen und genstellen. Religionen dürfen nicht religiösen Denkmals ersten Ranges. Grund für Terror, sondern müssen Er betonte die Dankbarkeit für die Medium seiner Überwindung sein“, große nationale und internationale unterstich er in seinem Bericht zur La- Solidarität für den Wiederaufbau. ge vor der ZdK-Vollversammlung in Mainz. In diesem Zusammenhang wies der Präsident des ZdK darauf hin, dass im „Der Terror gegen unsere Glaubens- laizistischen Frankreich alle Kirchen, geschwister, die das höchste Fest der die vor 1903 gebaut wurden, vom Christenheit feiern wollten, ist uner- Staat unterhalten werden. Im Gegen- träglich. Sie wurden ermordet, weil satz dazu könnten die Gläubigen in und während sie ihren Glauben aus- Deutschland dank ihrer Kirchenbeiträ- übten“; erinnerte der ZdK-Präsident. ge, der Kirchensteuer, ihre Kirchenge- „Mit ihnen werden viele andere welt- bäude selbst pflegen. weit wegen ihres christlichen Be- Freitag, 10. Mai 2019 ZdK-Präsident Sternberg begrüßt Gütesiegel für fair produzierte Kleidung Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken am 10./11. Mai 2019 in Mainz Keine Kürzungen im Entwicklungs- tive des Bundesministers für Entwick- haushalt lung und wirtschaftliche Zusammen- arbeit, Gerd Müller, ab dem kommen- Der Präsident des Zentralkomitees der den Sommer fair produzierte Kleidung deutschen Katholiken (ZdK), Prof. Dr. mit einem staatlichen Gütesiegel, Thomas Sternberg, begrüßt die Initia- Pressemeldungen 265

dem „Grünen Knopf“ zu kennzeich- Verbesserungen entlang der gesamt- nen. en Textil-Lieferkette“, unterstrich der Präsident des ZdK vor der Vollver- Sternberg erinnerte in diesem Zu- sammlung in Mainz. sammenhang an die Katastrophe in Bangladesch, die sich gerade zum Alarmiert zeigte Sternberg sich in die- sechsten Mal jährt, und bei der beim sem Zusammenhang von Kürzungs- Einsturz einer Textilfabrik über tau- plänen im Bundeshaushalt: „Nach send Menschen zu Tode kamen und Jahren des mühsam errungenen Mit- viele weitere schwer verletzt wurden. telaufwuchses, durch den Deutsch- „Die Menschen arbeiteten dort unter land bei den Ausgaben für Entwick- unvorstellbaren Verhältnissen, die ge- lungshilfe endlich der 0,7-Prozent- gen Menschenrechte verstoßen. Dort Quote nahekam, zeichnet sich nun wurde hauptsächlich Kleidung für den ein Rückschritt ab. Ein Kurswechsel Export produziert, auch für unsere eu- würde dafür sorgen, dass Gelder feh- ropäischen Modefirmen – Kleidung, len, die dringend zur Armutsbekämp- die wir kaufen und tragen. Diese Ka- fung und zur Schaffung von dauer- tastrophe ist ein besonders markantes haften Perspektiven für die Menschen Beispiel dafür, wie unser Wohlstand in den Ländern des globalen Südens nicht zuletzt durch Ausbeutung von benötigt werden. Wie schon oft in der Menschen in armen Regionen erwirt- Vergangenheit ist es leider wieder an schaftet wird. Um daran etwas zu än- der Zeit, dass wir die Einhaltung des dern, bedarf es eines langen Atems. 0,7-Prozent-Ziels anmahnen müssen. Es geht um unser Konsumverhalten, Nicht zuletzt handelt es sich dabei um um Bewusstsein für faire Produktions- einen wichtigen Beitrag zur Verbesse- bedingungen und es geht um die Ver- rung in den Herkunftsländern vieler antwortung der Unternehmen für so- Flüchtlinge.“ ziale, ökologische und ökonomische Freitag, 10. Mai 2019 ZdK-Präsident Sternberg: Organspende muss freiwilliges Geschenk bleiben Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken am 10./11. Mai 2019 in Mainz In der Debatte um die Neuregelung muss weiterhin eine freiwillige Einwil- der Organspende hat sich der Präsi- ligung des Spenders oder, falls keine dent des Zentralkomitees der deut- Einwilligung vorliegt, die Zustimmung schen Katholiken (ZdK), Prof. Dr. Tho- der Angehörigen sein. Die Organ- mas Sternberg, erneut gegen die dop- spende ist ein freiwilliges Geschenk pelte Widerspruchslösung und für und muss es bleiben“, unterstrich er einen Ausbau der geltenden Entschei- in seinem Bericht zur Lage vor der dungslösung ausgesprochen. „Vo- ZdK-Vollversammlung in Mainz. raussetzung für die Organentnahme 266 Pressemeldungen

Ausdrücklich begrüßte Sternberg das Entscheidungen für oder gegen ei- Ziel, die Organspendebereitschaft ne Organspende zu steigern. Auf die- und die Transplantationszahlen zu er- ser Linie sieht der ZdK-Präsident den höhen. Das wichtigste Medium hier- Antrag der fraktionsübergreifenden zu sei das bereits in Kraft getretene Gruppe um die Gesundheitspolitike- neue Gesetz, das die Abläufe in den rinnen Karin Maag (CDU), Ulla Sch- Kliniken, die Vergütung für Organent- midt (SPD), Christine Aschenberg-Du- nahmen und -transplantationen so- gnus (FDP) und die Parteivorsitzenden wie die Identifikation der Spender ver- Annalena Baerbock (Bündnis 90 / Die bessere. Dazu gehörte aber auch, die Grünen) und Katja Kipping (Die Linke). Zahl der zu Lebzeiten dokumentierten Freitag, 10. Mai 2019 ZdK-Präsident Sternberg für Erhalt des Verbotes organisierter Suizidbeihilfe Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken am 10/11. Mai 2019 in Mainz Mit großer Sorgen verfolgt das Zen- es von den Befürwortern einer Libe- tralkomitee der deutschen Katholiken ralisierung und offenbar auch von ei- (ZdK) die Entwicklung in der Diskussi- nigen Richtern als Inbegriff mensch- on über die organisierte Suizidbeihilfe. licher Freiheit gewertet wird, mit Hilfe „Das Verbot der geschäftsmäßigen von Ärzten, Sterbehilfevereinen oder Suizidbeihilfe schützt kranke, alte und gar staatlichen Behörden aus dem schwache Menschen vor Fremdbe- Leben scheiden zu können. Jeder stimmung und dem Druck, der droht, Mensch hat das Recht auf ein Ster- wenn die Suizidbeihilfe rechtlich und ben in Würde – aber die Vorstellung gesellschaftlich als normal bewertet einer Gesellschaft, in der die Selbst- wird. Dieses Gesetz ist nach unserer tötung als Dienstleistung verfügbar Überzeugung keine übergriffige Ein- sein muss, hat für mich nichts mit der schränkung des Selbstbestimmungs- Achtung der Menschenwürde zu tun. rechts“, unterstrich der Präsident des In einer solchen Gesellschaft wird der Zentralkomitees der deutschen Katho- Menschenwürde ihre Unantastbarkeit liken (ZdK), Prof. Dr. Thomas Stern- genommen. Die Selbsttötung ist nicht berg, in seinem Bericht zur Lage vor der Gipfel der Autonomie, sondern der ZdK-Vollversammlung in Mainz. deren Auslöschung.“ Mit Blick auf die Verhandlungen des Bundesverfassungsgerichts über die Klagen gegen die 2015 beschlossene Neufassung des § 217 StGB führte der Präsident des ZdK aus: „Mich hat an der Verhandlung des Verfassungsgerichts erschreckt, dass Pressemeldungen 267

Samstag, 11. Mai 2019 Zum Wohle der Kirche Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken am 10./11. Mai 2019 in Mainz Auf dem Weg zu einer kirchlichen Hinter der Idee einer innerkirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit Verwaltungsgerichtsbarkeit stünde vor allem der gerichtliche Schutz der Der Präsident des Bundesverwal- Rechte eines jeden Christgläubigen. tungsgerichts, Prof. Dr. Dr. h.c. Klaus Darin liege die konsequente Verwirkli- Rennert, unterstützt die Forderung chung der Reformanstöße des Zweite des Präsidenten des Zentralkomitees Vatikanischen Konzil. Bislang würden der deutschen Katholiken (ZdK), Prof. diese Ideen „nur höchst unzureichend Dr. Thomas Sternberg, möglichst bald umgesetzt“, so Rennert. „Anders eine kirchliche Verwaltungsgerichts- als die staatlichen Grund- und Men- barkeit einzuführen. In seiner heu- schenrechte verstehen sich diese Ver- tigen vor der ZdK-Vollversammlung bürgungen nicht defensiv, als Begren- gehaltenen Rede in Mainz verwies zungen politischer Macht, sondern af- Rennert auf die Chance, die kirchliche firmativ, als Recht auf Mitwirkung am Verwaltungsrechtspflege zu profes- Heilsauftrag der Kirche. (…) Deshalb sionalisieren. Wichtig sei dabei, dass sollte jeder Christgläubige, der seine Priester und Laien zusammenwirken durch die Taufe erworbenen Rechte und die Laien juristisch gebildet seien. durch eine kirchenamtliche Verwal- Zusätzlich von Bedeutung sei, die Ge- tungsmaßnahme verletzt glaubt, ein richtsbarkeit mehrstufig einzurich- kirchliches Verwaltungsgericht anru- ten, etwa mit einer Eingangsinstanz fen dürfen.“ in möglichst jeder Diözese und einem Die komplette Rede finden Sie als Obergericht bei der Deutschen Bi- Mitschnitt und als PDF unter: https:// schofskonferenz. Rennert wörtlich: www.zdk.de/veroeffentlichungen/ „Dieser Rechtsmittelzug erlaubt ei- reden-und-beitraege/detail/Warum- ne Vereinheitlichung und Fortent- kirchliche-Verwaltungsgerichte-Im- wicklung der Rechtsprechung – zum pulsvortrag-Prof-Dr-Dr-h-c-Klaus-Ren- Wohle der Kirche.“ nert--425R/ Mittwoch, 5. Juni 2019 ZdK-Sprecherin Hildegard Müller: Verbesserte Arbeitsbedingungen und Löhne sind essentiell für eine gute und gerechte Pflege „Einige wichtige Schritte wurden ge- schen Katholiken (ZdK) über die am tan, Weitere müssen nun folgen.“, Dienstag veröffentlichten Ergebnisse sagt Hildegard Müller, Sprecherin des der „Konzertierten Aktion Pflege“. Sachbereichs „Wirtschaft und So- „Es ist gut, dass nun Ergebnisse vor- ziales“ im Zentralkomitee der deut- liegen, die dort ansetzen, wo es am 268 Pressemeldungen

nötigsten ist, nämlich bei den Pflege- gern. Weiterhin soll die Gewinnung kräften. Verbesserte Arbeitsbedingun- von Pflegefachkräften aus dem Aus- gen und Löhne für Pflegekräfte sind land in Zukunft erleichtert werden. essentiell wenn es darum geht, auch „All diese Ergebnisse sind wich- zukünftig eine gute und gerechte Pfle- tig und müssen nun zügig in die Pra- ge in Deutschland zu gewährleisten. xis umgesetzt werden. Andere For- Dass all diese Reformen viel Geld ko- men der Pflege dürfen dabei jedoch sten werden, liegt auf der Hand. Da- nicht unbeachtet bleiben. Ein Groß- für müssen nun gerechte und sozial- teil der Pflegebedürftigen in Deutsch- verträgliche Lösungen gefunden wer- land wird noch immer durch Angehö- den.“ rige im eigenen Haushalt gepflegt und Gesundheitsminister Jens Spahn, Ar- betreut. Ist dies nicht möglich, über- beitsminister Hubertus Heil und Fami- nehmen immer häufiger Pflegekräfte lienministerin Franziska Giffey stellten aus Mittel- und Osteuropa diese Auf- die Ergebnisse der „Konzertierten Ak- gaben. Wie in der stationären Pflege tion Pflege“ am Dienstag in Berlin vor. sind es auch hier vorwiegend Frauen, Es wurde vereinbart, die Lohnbedin- die diese Tätigkeiten übernehmen. Es gungen in der Altenpflege durch die ist von großer Bedeutung, dass auch Festsetzung von Mindestlöhnen oder diese Formen von Pflege mehr Unter- durch einen flächendeckenden Tarif- stützung und Anerkennung erfahren. vertrag zu verbessern sowie Personal- Dies kann beispielsweise dadurch ge- bemessungsverfahren in stationären lingen, dass Angehörigen eine gute Pflegeeinrichtungen umzusetzen, um Vereinbarkeit von Erwerbs- und Pfle- die Pflegekräfte zu entlasten. Ebenso gearbeit ermöglicht wird und unter- wurde bereits zu Beginn des Jahres stützende Angebote für Angehörige eine Ausbildungsoffensive gestartet. und Pflegebedürftige, wie beispiels- Ein Ziel ist es, die Zahlen der Auszu- weise die Tages- oder Kurzzeitpfle- bildenden und der ausbildenden Ein- ge, flächendeckend weiter ausgebaut richtungen bis 2023 im Bundesdurch- werden.“, so Müller weiter. schnitt um jeweils 10 Prozent zu stei- Freitag, 7. Juni 2019 ZdK-Präsident zum Gesetzespaket zur Einwanderung Der Präsident des Zentralkomitees „Es ist sinnvoll, dass Menschen mit der deutschen Katholiken (ZdK), Prof. guter Integrationsperspektive die Dr. Thomas Sternberg begrüßt grund- Möglichkeit zu einer Ausbildung oder sätzlich die soeben verabschiedeten Beschäftigung erhalten, auch wenn Gesetze zur Regelung der Einwande- sie keinen Asylrechtsschutz genießen, rung, äußert aber auch Kritik an Teilen ihr Aufenthalt in Deutschland aber ge- des Pakets. duldet wird“, betont Sternberg. „Wir begrüßen, dass das neue Duldungs- Pressemeldungen 269

gesetz den Aufenthalt Geduldeter ben, werden dadurch dauerhafte sozi- während einer beruflichen Ausbil- ale Probleme provoziert.“ dung oder aufgrund einer beruflichen Auch für das zugleich verabschie- Beschäftigung rechtssicher machen dete sogenannte „Geordnete-Rück- soll.“ kehr-Gesetz“ sollte nach Auffassung Gleichzeitig kritisiert der Präsident, des ZdK-Präsidenten in der Anwen- dass der Gesetzentwurf für die Dul- dung deutlich werden, dass erfolg- dung viele Regelungen enthalte, die reiche Integrationsschritte und eine im Ermessen der Behörden liegen, begonnene Ausbildung hier lebenden was ungleiche Auslegung auf lokaler Flüchtlingen auch eine tatsächliche oder regionaler Ebene wahrscheinlich Perspektive bieten könne und dieser mache. Nicht zuletzt seien die Fristen Personenkreis vor einer schnellen Ab- zum Erbringen von Nachweisen und schiebung geschützt sei. Eine gere- Dokumenten teilweise starr ausge- gelte Abschiebung von nicht integra- legt. Gerade bei Bürgerkriegsflücht- tionswilligen Asylbewerbern helfe da- lingen sei die Beschaffung von Doku- gegen letztlich auch den Migranten menten oftmals nicht in den vorgese- mit guter Perspektive auf einen dauer- henen Fristen möglich. haften Aufenthalt. Eine zu starre und rigorose Auslegung würde dagegen „Es ist zwar zu begrüßen, dass be- die Integration durch das stets dro- reits im Kabinettsentwurf die Kritik hende Damoklesschwert der Abschie- aus Kirchen und Verbänden an den bung behindern. ersten Entwürfen des Innenministe- riums aufgegriffen wurde“, so Stern- Grundsätzlich positiv bewerte der berg. „Das Gesetz zur Duldung bei ZdK-Präsident, dass mit dem Migra- Ausbildung und Beschäftigung darf tionspaket die Möglichkeiten zur In- aber kein Gesetz sein, das am Ende tegration und zur Aufnahme von Ar- vor allem die Duldung verhindert, weil beitskräften in Deutschland verbes- Bestimmungen zu Ungunsten der Be- sert werden. Dies dürfe aber nicht zu troffenen ausgelegt werden und die einem „Brain Drain“ in Entwicklungs- rechtlichen Bedenken für ausbildende ländern führen, aber mit jeder legalen Betriebe zu hoch sind. Der so genann- Aufenthaltsmöglichkeit zu Arbeit, Stu- te „Spurwechsel“ muss erleichtert dium und Ausbildung würden Motive und darf nicht erschwert werden. Wir für die Flucht auf gefährlichen und il- brauchen eine großzügigere Regelung legalen Routen reduziert. Hier wäre für jene nach Deutschland Geflüchte- auch eine Ausweitung von Aufnah- ten, die mittlerweile schon selbst viele meprogrammen wie dem „Neustart Schritte zur Integration getan haben, im Team“, das u. a. von der Caritas aber nicht als Asylbewerber aner- Deutschland und der Evangelischen kannt worden sind. Versagt man die- Kirche in Westfalen getragen wird, sen Flüchtlingen die Aussicht auf ein wünschenswert. selbstbestimmtes und geregeltes Le- 270 Pressemeldungen

Samstag, 29. Juni 2019 Papst Franziskus schreibt Brief an das „pilgernde Volk Gottes in Deutschland“ Kardinal Reinhard Marx und Prof. Dr. gemeinsamen Handelns aufgreifen Thomas Sternberg: „Ermutigung auf und ihn auf dem Synodalen Weg in- dem Synodalen Weg“ tensiv bedenken. Papst Franziskus hat heute (Samstag, Es ist das zentrale Anliegen von Papst 29. Juni 2019) einen Brief an das „pil- Franziskus, die Kirche weiterhin als gernde Volk Gottes in Deutschland“ eine starke geistliche und pastorale gerichtet. Zu diesem Dokument erklä- Kraft zu verstehen, die das Evangeli- ren der Vorsitzende der Deutschen Bi- um in die Gesellschaft hinein vermit- schofskonferenz, Kardinal Reinhard telt und glaubwürdig verkündet. Die- Marx, und der Präsident des Zentral- se Glaubwürdigkeit ist in den zurück- komitees der deutschen Katholiken liegenden Jahren erschüttert wor- (ZdK), Prof. Dr. Thomas Sternberg: den. Wir sind als katholische Kirche in Deutschland gemeinsam aufgefor- „Der Brief von Papst Franziskus dert, Vertrauen neu zu gewinnen. Die an das ‚pilgernde Volk Gottes in Voraussetzung für das Gelingen des Deutschland‘ ist ein Zeichen der Synodalen Weges ist auch eine geist- Wertschätzung des kirchlichen Le- liche Ausrichtung, die sich nicht in bens in unserem Land und aller ka- Strukturdebatten erschöpfen darf. tholischen Gläubigen. Wir danken dem Heiligen Vater für seine orientie- Für den vor uns liegenden Prozess renden und ermutigenden Worte und mahnt uns Papst Franziskus zu einer sehen uns als Bischöfe und Laienver- neuen Art des Hörens aufeinander, treter eingeladen, den angestoßenen damit wir uns als Teil der Weltkirche Prozess in diesem Sinn weiter zu ge- mit aller Kreativität, Spiritualität und hen. Leidenschaft in den Dienst des Glau- bens stellen. Bereits am 5. Juli 2019 Papst Franziskus möchte die Kirche in werden wir die Gelegenheit haben, in Deutschland in ihrer Suche nach Ant- der Gemeinsamen Konferenz von Ver- worten auf die uns alle bewegenden tretern der Deutschen Bischofskonfe- Fragen für eine zukunftsfähige Gestalt renz und des ZdK diesen Brief zu be- der Kirche unterstützen. Wir werden sprechen und weitere konkrete Schrit- diesen Brief zur Orientierung unseres te zu vereinbaren.“ Freitag, 5. Juli 2019 Synodaler Weg der katholischen Kirche in Deutschland Kardinal Reinhard Marx und Prof. Dr. „Die Relevanz von Glaube und Kirche Thomas Sternberg bekräftigen einge- wird aufgrund vielerlei Gründe infrage schlagenen Weg gestellt wie nie zuvor. Dem wollen wir als Kirche in Deutschland mit dem Sy- Pressemeldungen 271

nodalen Weg begegnen und Antwor- nal Marx: „Damit wollen wir die Fra- ten auf die Fragen der Zeit geben.“ ge nach der Rolle der Frau in der Kir- Diese Auffassung haben heute (5. Juli che aufnehmen. Uns geht es im Syno- 2019) der Vorsitzende der Deutschen dalen Weg darum, die Relevanz von Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Glaube und Kirche wieder in die ge- Marx, und der Präsident des Zentral- sellschaftliche Debatte einzubringen komitees der deutschen Katholiken und gleichzeitig Antworten auf bin- (ZdK), Prof. Dr. Thomas Sternberg, nenkirchliche Fragen zu finden. Das vertreten. Anlässlich der Sitzung der geht nur in einer Gemeinsamkeit von Gemeinsamen Konferenz von Mitglie- Frauen und Männern in der Kirche.“ dern der Deutschen Bischofskonfe- Prof. Dr. Sternberg betonte die Ent- renz und des ZdK in Bonn erläuterten schlossenheit des ZdK, den Synoda- Kardinal Marx und Prof. Dr. Sternberg len Weg partnerschaftlich mitzuge- bei einem Pressegespräch die Eck- stalten. „Vor dem Hintergrund der punkte für den Synodalen Weg. epochalen Umbrüche und tiefgreifen- Dieser werde nach jetziger Planung den Krisen ist die Kirche als Sinn- und am 1. Advent beginnen. Wichtig sei Autoritäts-Instanz infrage gestellt. eine erweiterte Gemeinsame Konfe- Denn in Zeiten, in denen Menschen renz am 13./14. September 2019 in unterschiedlicher Denkart auf Suche Fulda, bei der das Statut und die in- nach Sinn und Orientierung sind, aus- haltliche Ausrichtung weiter erörtert gerechnet in dieser Krise wird unserer würden. Kirche immer weniger vertraut und immer weniger zugetraut. Darüber Kardinal Marx erinnerte an die Aus- müssen wir sprechen und Antwor- gangslage, die zur Entscheidung für ten auf die Herausforderungen finden. den Synodalen Weg geführt hat. Die Und wir müssen handeln“, so Stern- Krise um die Fälle sexuellen Miss- berg. brauchs habe die Kirche erschüttert. Jetzt gehe es neben der weiteren Auf- Kardinal Marx und Prof. Dr. Sternberg arbeitung um konkrete Schritte bei hoben hervor, dass der Synodale Weg den mit der Missbrauchskrise iden- von Deutscher Bischofskonferenz und tifizierten übergreifenden Themen. ZdK gemeinsam vorbereitet und ge- Neben den drei bereits beschlos- tragen würde: „Wir möchten viele senen Themenbereichen zum Um- Menschen einbinden. Dazu denken gang mit Macht in der Kirche, der Zu- wir neben der Gremienarbeit der Sy- kunft der priesterlichen Lebensform nodalforen und der Synodalversamm- und der Weiterentwicklung der kirch- lung an eine Reihe weiterer Veranstal- lichen Sexualmoral habe der Ständige tungen. Dabei soll eine Diskussion mit Rat einem vierten Forum zum The- den Menschen entstehen, um bren- ma „Frauen in Diensten und Ämtern nende Themen aus Kirche und Welt in der Kirche“ zugestimmt, das vom zu diskutieren.“ Die ersten drei The- ZdK angeregt worden war, so Kardi- menforen hätten bereits ihre Arbeit 272 Pressemeldungen

aufgenommen. Ziel dieser Forumsar- Gottes in Deutschland“: „Wir verste- beit sei es, im Herbst erste Zwischen- hen ihn als Leitlinie, Ermutigung und ergebnisse zu liefern, um den eigent- Auftrag, auf dem Synodalen Weg ge- lichen Synodalen Weg vorzubereiten. meinsam voranzugehen und aufrich- „Unser gemeinsamer Fahrplan sieht tig nach Antworten auf unsere exis- vor, dass wir über die genaue Aus- tenziellen Fragen und die konkreten gestaltung des Synodalen Weges im Herausforderungen, gerade aus der September und November auf den Krise durch den sexuellen Miss- jeweiligen Vollversammlungen von brauch, zu suchen. Von Herzen laden Deutscher Bischofskonferenz und ZdK wir alle Katholikinnen und Katholiken entscheiden wollen.“ ein, den Synodalen Weg zu unterstüt- zen und mit uns über eine erneuerte Im Pressegespräch erinnerten Kar- Kirche nachzudenken, die ihren Bei- dinal Marx und ZdK-Präsident Stern- trag zu einer humanen Gesellschaft berg auch an den Brief von Papst leistet.“ Franziskus „An das pilgernde Volk Montag, 8. Juli 2019 ZdK-Präsident Sternberg gratuliert Maria Neubrand und Gregor Maria Hoff zur Berufung in Vatikanische Kommission für die religiösen Beziehungen mit den Juden Zu ihrer Berufung als Konsultoren der nationaler Ebene erfährt“, so der ZdK- Vatikanischen „Kommission für die re- Präsident. ligiösen Beziehungen mit den Juden“ Die beiden Vorsitzenden des Ge- hat der Präsident des Zentralkomi- sprächskreises, Dagmar Mensink und tees der deutschen Katholiken (ZdK), Rabbiner Prof. Dr. Andreas Nachama, Prof. Dr. Thomas Sternberg, Professo- freuen sich sehr über die Entschei- rin Maria Neubrand MC und Professor dung des Papstes: „Die Berufung von Gregor Maria Hoff gratuliert. Die Wis- Maria Neubrand und Gregor Maria senschaftlerin und der Wissenschaft- Hoff in diese wichtige Vatikanische ler sind beide Mitglieder des Ge- Kommission würdigt ihr jahrelanges sprächskreises „Juden und Christen“ wissenschaftliches und gesellschaft- beim ZdK. „Die Berufung von die- liches Engagement auf diesem Feld. sen beiden Mitgliedern unseres Ge- Wir gratulieren ihnen sehr herzlich. sprächskreises durch den Vatikan ist Dass künftig zwei Mitglieder unseres sicher an erster Stelle eine Anerken- Gesprächskreises in der Kommission nung ihres herausragenden wissen- vertreten sind, bietet die große Chan- schaftlichen und persönlichen Enga- ce, unser konsequentes Eintreten für gements. Es unterstreicht aber auch gute Beziehungen zwischen Juden die Beachtung, die der Gesprächs- und Christen noch enger mit der welt- kreis „Juden und Christen“ auf inter- kirchlichen Perspektive zu verbinden.“ Pressemeldungen 273

Erst im Januar waren die beiden Lei- schlossen ist, zu einem Gespräch im ter des Gesprächskreises gemeinsam Vatikan zusammengetroffen. mit dem Präsidium des Deutschen Die Ernennung der Konsultoren er- Koordinierungsrats der Gesellschaf- folgt auf fünf Jahre. Die Paderborner ten für Christlich-jüdische Zusammen- Professorin für Neues Testament Ma- arbeit (DKR) mit Kurt Kardinal Koch, ria Neubrand wurde von Papst Fran- dem Präsidenten des „Päpstlichen Ra- ziskus erstmals in das Gremium beru- tes für die Einheit der Christen“, dem fen. Der Fundamentaltheologe Gregor die Kommission institutionell ange- Maria Hoff, der in Salzburg lehrt, wur- de für eine zweite Amtszeit bestätigt. Freitag, 12. Juli 2019 Marc Frings wird neuer Generalsekretär des ZdK Der Hauptausschuss des Zentral- Konrad-Adenauer-Stiftung in Ramal- komitees der deutschen Katholiken lah. Nach dem Studium der Politikwis- (ZdK) hat auf Vorschlag des ZdK-Prä- senschaft in Lille und Marburg, ge- sidenten, Prof. Dr. Thomas Sternberg, fördert unter anderem vom Cusanus- Marc Frings zum neuen Generalsekre- werk, arbeitete er zunächst als Produ- tär des ZdK bestellt. cer und Redaktionsassistent für das ARD-Hauptstadtstudio in Berlin. Seit Marc Frings tritt am 1. Januar 2020 2010 war er in verschiedene Positi- die Nachfolge von Dr. Stefan Vesper onen in der Konrad-Adenauer-Stiftung an, der nach 20 Jahren beim ZdK in tätig, bevor er 2015 die Leitung des den Ruhestand tritt. Büros in Ramallah übernahm. Frings, geboren 1981 in Neuwied, ist derzeit Leiter des Auslandsbüros der Freitag, 19. Juli 2019 ZdK-Generalsekretär Stefan Vesper: Kirchenstatistik mahnt zu Reformen „Die heute veröffentlichte Kirchensta- ner unserer Zeit angemessenen Wei- tistik der katholischen Kirche für das se anbieten zu können“, so der Ge- Jahr 2018, insbesondere die noch ein- neralsekretär des Zentralkomitees der mal stark gestiegene Zahl der Aus- deutschen Katholiken (ZdK), Dr. Ste- tritte, muss uns Ansporn sein, den fan Vesper. mit dem Synodalen Weg eingeschla- „Wir dürfen den seit Jahren anhal- genen Reformprozess mutig und ent- tenden Trend nicht als unabänderliche schlossen voranzugehen. Es geht da- Tatsache hinnehmen. Wir haben es rum, verlorenes Vertrauen zurückzu- in der Hand, ihm entgegenzutreten, gewinnen, um gerade den zweifeln- wenn wir bereit sind, die Erwartungen den und verunsicherten Menschen und Sorgen der Menschen innerhalb die Frohe Botschaft Jesu Christi in ei- 274 Pressemeldungen

und außerhalb unserer Kirche ernst zu nehmen.“ Mittwoch, 28. August 2019 „Für Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden in Europa“ 30. Jahrestag der Friedensinitiative polnischer und deutscher Katholiken „Für Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden in Europa“ In Erinnerung an die vor 30 Jahren, sie sollte darüber hinaus für die Ge- am 1. September 1989 von engagier- staltung von Gegenwart und Zukunft ten Mitgliedern des Zentralkomitees Anstoß und Orientierung bleiben.“ der deutschen Katholiken (ZdK) und Vesper verweist hierbei auf das Ma- der polnischen katholischen Laienbe- ximilian-Kolbe-Werk und die Maximi- wegung Znak veröffentlichte Erklä- lian-Kolbe-Stiftung. Sie organisieren rung „Für Freiheit, Gerechtigkeit und Hilfe für die Überlebenden der Kon- Frieden in Europa“ mahnt der frühere zentrationslager und Gettos und lei- ZdK-Generalsekretär und dama- sten Beiträge zur Stärkung der Ver- lige Mitinitiator Dr. Friedrich Kronen- söhnungsarbeit in ganz Europa. berg: „Bauen wir weiter an einem ver- 50 Jahre nach Kriegsausbruch ver- söhnten und geeinten freien Europa!“ öffentlichten prominente polnische In einem Beitrag für die ZdK-Publi- und deutsche Laienkatholiken die ge- kationsreihe SALZKÖRNER bekräf- meinsame Erklärung „Für Freiheit, tigt Kronenberg: „Die Erklärung ist Gerechtigkeit und Frieden in Europa“. ein Beispiel dafür, wie sich Katho- In dieser Erklärung wird der Angriff liken über Grenzen hinweg einer ge- Deutschlands auf Polen verurteilt. Ge- meinsamen Geschichte stellen, die meinsam werden die Opfer und das bestimmt ist von wechselseitig zuge- Leid in Polen und in Deutschland be- fügtem Unrecht, von Schuld und Not klagt, um schließlich im Rahmen der und lange unterbrochener Begegnung politischen Forderungen festzustellen, in Wahrheit und Freiheit. Sie leistet „dass die Westgrenze Polens dauer- damit auch einen Beitrag zur Einigung haft Bestand hat“ und „dass die Völ- ganz Europas.“ ker Europas, auch das deutsche Volk, das von der Spaltung Europas be- ZdK-Generalsekretär Dr. Stefan Ves- sonders betroffen ist, das Recht auf per ergänzt: „Die wenige Wochen Selbstbestimmung wahrnehmen kön- vor dem Fall der Berliner Mauer und nen“. mitten in den politischen Umbrü- chen in Polen und anderen Staaten des Warschauer Paktes veröffentlich- te Erklärung ist ein Höhepunkt in der deutsch-polnischen Völkerversöh- nung. Sie darf aber nicht nur ein Hö- hepunkt in unserer Erinnerung sein, Pressemeldungen 275

Donnerstag, 29. August 2019 Eine besondere Verantwortung für die Zukunft Europas 30. Jahrestag der Friedensinitiative polnischer und deutscher Katholiken – Unterzeich- ner erinnern sich Als Mitinitiator und langjähriger An- hard Vogel, ebenfalls Unterzeichner, sprechpartner des Zentralkomitees heute betont. Vogel unterstreicht das der deutschen Katholiken (ZdK) lobt gemeinsame Verständnis der Unter- der ehemalige Botschafter Polens in zeichner, dass Polen nicht als Bittstel- Deutschland, Janusz Reiter, die Erklä- ler in die EU kam, sondern „nach Eu- rung „Für Freiheit, Gerechtigkeit und ropa zurückkehrte“ und er wünscht Frieden in Europa“ als immer noch sich für die Zukunft, dass Deutsch- aktuelles „Zeichen des gegenseitigen land eine „Mittlerrolle zwischen Vertrauens“. Die vor 30 Jahren, am 1. West-, Süd-, Nord- und Osteuropa September 1989, von der polnischen verantwortlich wahrnehmen“ möge. katholischen Laienbewegung Znak Prof. Bernhard Sutor wünscht sich und dem ZdK veröffentlichte Erklä- als weiterer Unterzeichner, für die zu- rung erinnere daran, dass „Polen und künftigen deutsch-polnischen Bezie- Deutsche eine besondere Verantwor- hungen weiterhin Menschen, die „mit tung für die Zukunft Europas tragen.“ Geduld und Weitblick an der Über- Janusz Reiter wörtlich: „Ich hoffe, windung von Spannungen“ arbeiten dass wir trotz aller Unterschiede zwi- und die Versöhnungsarbeit fortsetzen. schen den beiden Ländern nicht nur Im Rückblick betonen die Unterzeich- eng zusammenarbeiten, sondern zu ner den hohen Wert der Gespräche einer Erneuerung der europäischen und Kontakte, die schon zu Zeiten des Union beitragen. Europa muss mehr Eisernen Vorhangs geknüpft worden Selbstbewusstsein entwickeln, wenn waren und in vielen Fällen bis heute es von den anderen Mächten ernst weiterbestehen. So wirkte der Histo- genommen werden will. Und schließ- riker, Mitverfasser der Erklärung und lich, wir dürfen nicht vergessen: spätere Außenminister Władysław Nichts ist für ewig gegeben; Rück- Bartoszewski dank dieser Kontakte schläge sind möglich. Es lohnt sich, bereits in den 1980er Jahren als Gast- gerade in dieser Zeit, Geschichte zu dozent in Westdeutschland und bis zu studieren, um zu wissen, was wir für seinem Tod als Förderer der polnisch- die Zukunft verhindern müssen.“ deutschen Beziehungen. Wie hellsichtig der ausdrückliche Be- zug auf eine gemeinsame europä- ische Geschichte fünfzig Jahre nach dem deutschen Überfall auf Polen sein würde, ahnten die Beteiligten im Sommer 1989 nicht, wie Prof. Bern- 276 Pressemeldungen

Donnerstag, 5. September 2019 Frankfurter St. Bartholomäus-Dom soll Ort der Plenarversammlungen des Syno- dalen Weges werden „Mitten im Herzen unseres Landes und unserer Kirche“ Die Plenarversammlungen des Syno- dem 3. Ökumenischen Kirchentag. dalen Weges sollen 2020 und 2021 Vor dem Altar dieser Kirche versam- im Frankfurter Bartholomäus-Dom meln wir uns, um in ernsthafter De- stattfinden. Das haben heute (6. Sep- batte auszumachen, was an Reformen tember 2019) der Vorsitzende der nötig ist, um glaubwürdig von dem Deutschen Bischofskonferenz, Kardi- Zeugnis geben zu können, der unser nal Reinhard Marx, der Präsident des Leben trägt.“ Zentralkomitees der deutschen Katho- Bischof Georg Bätzing freut sich, ge- liken (ZdK), Prof. Dr. Thomas Stern- meinsam mit der Frankfurter Stadt- berg, und der Bischof von Limburg, kirche Gastgeber für die Plenarver- Dr. Georg Bätzing, bekannt gegeben. sammlungen zu sein. „Wir wollen von „Der Frankfurter Dom liegt im Herzen hier einen kräftigen geistlichen und unseres Landes und der Stadt Frank- inhaltlichen Impuls setzen, um zu zei- furt. Im pulsierenden Leben der mo- gen: Die Kirche in Deutschland geht dernen Gesellschaft sucht die Kirche im Sinne des Heiligen Vaters den Weg ihren Ort, und zwar im Miteinander einer synodalen Kirche. Bereits 794 aller Getauften. Es muss so deutlich war der Vorgängerbau des Frankfur- werden, dass die Kirche immer mit- ter Doms Ort einer Synode. So stehen ten in der Welt eine evangelisieren- wir auf gutem historischen Grund“, de Kirche ist. Der Frankfurter Dom erklärte Bischof Bätzing. ist ein idealer Ort, um den Synodalen Nach jetzigem Stand soll der Syno- Weg einer Erneuerung der Kirche in dale Weg am 1. Advent 2019 begin- Deutschland zu gehen. Mit der Wahl nen. Die erste Plenarversammlung im dieses Ortes unterstreichen wir un- Frankfurter Dom ist für den 30. Janu- ser Anliegen, den Synodalen Weg als ar bis 1. Februar 2020 geplant. geistliches Geschehen zu verstehen, das bewusst in einer Kirche und nicht Zu einer Zwischenbilanz der Arbeit in in einem Konferenzzentrum stattfin- den zurückliegenden Monaten trifft det“, erklärte Kardinal Marx. sich am 13./14. September 2019 in Fulda – um einige Personen erweitert Prof. Dr. Thomas Sternberg hob her- – die bestehende Gemeinsame Konfe- vor, dass mit dem Ort Frankfurt und renz. Sie wurde im Zuge der Würzbur- dem St. Bartholomäus-Dom ein ger Synode (1971–1975) als ständiges starkes Zeichen für die Ausrichtung Organ errichtet, dem je zehn Vertre- des Synodalen Weges gesetzt wer- ter des ZdK und Mitglieder der Deut- de. „Ich freue mich, dass wir diesen schen Bischofskonferenz angehören. Ort wählen konnten, unmittelbar vor Pressemeldungen 277

Zuletzt hat die Gemeinsame Konfe- des Baumeisters Madern Gerthener renz am 5. Juli 2019 getagt. Das Tref- errichtet. Er ist eine dreischiffige Hal- fen der erweiterten Gemeinsamen lenkirche mit angesetztem Westturm Konferenz, an dem rund 50 Personen und hat einen quadratischen Grund- teilnehmen, ist noch nicht Teil des Sy- riss. Der Dom blieb auch nach der nodalen Weges, sondern seiner Vor- Reformation in Frankfurt katholisch. bereitung. Die Vollversammlung der Ausnahme sind zwei kurze Epochen Deutschen Bischofskonferenz wird von 1533 bis 1548 und 1631 bis 1635. sich vom 23. bis 26. September 2019 Vom Mittelalter bis 1917 war er die mit dem Synodalen Weg befassen, einzige katholische Pfarrkirche Frank- die Vollversammlung des ZdK am furts. Heute gilt der St. Bartholomäus- 22./23. November 2019. Dom, der auch die größte Kirche des Bistums Limburg ist, als das bedeu- Hintergrund tendste Baudenkmal der Stadt Frank- Der Bartholomäus-Dom ging aus ei- furt. ner karolingischen Kaiserpfalz hervor. Hinweis für Medienvertreter: Im Mittelalter war er Sitz des kaiser- lichen Domstiftes St. Bartholomäus, Die erweiterte Gemeinsame Konfe- seit 1356 Wahlort der Deutschen Kö- renz am 13./14. September 2019 ist nige und ab 1562 Krönungsort der rö- eine Arbeitssitzung, die nicht presse- mischen Kaiser. Bereits im Juni 794 öffentlich ist. Zum Abschluss der Be- tagte im heutigen Vorgängerbau die ratungen wird es eine Presseinforma- Synode von Frankfurt, die von Karl tion geben. Fotomaterial wird ange- dem Großen einberufen worden war boten. Ebenso ist beabsichtigt, die in und Bischöfe und Priester aus dem Fulda diskutierten Texte im Internet Frankenreich in Franconofurd (dem bereit zu stellen. späteren Frankfurt am Main) zusam- Diese Pressemitteilung wird zeitgleich menführte. Damals ging es bei der von den Pressestellen des Zentral- Synode um verschiedene theolo- komitees der deutschen Katholiken, gische und politische Fragen. des Bistums Limburg sowie der Deut- 1239 wurde der Dom dem hl. Bart- schen Bischofskonferenz versandt. holomäus geweiht. Der heutige Bau Mehrfachzusendungen bitten wir zu wurde von 1415 bis 1514 nach Plänen entschuldigen. Freitag, 6. September 2019 Erwachsenenbildung nicht durch neues Umsatzsteuerrecht gefährden Vor einer Schwächung und Gefähr- (ZdK), Prof. Dr. Thomas Sternberg, ge- dung der Erwachsenenbildung durch warnt. die Neuregelung des Umsatzsteuer- Der bisherige Gesetzentwurf würde rechtes hat der Präsident des Zentral- zu einer erheblichen Einschränkung komitees der deutschen Katholiken 278 Pressemeldungen

der bisherigen Steuerbefreiung von ein friedliches Zusammenleben, gera- vielen Angeboten der Weiterbildung de vor dem Hintergrund der Wahler- führen und damit zu einer deutlichen folge einer rechtspopulistischen Par- Verteuerung der Angebote. Betroffen tei, die eine gesellschaftliche Spal- wären besonders die politische und tung vorantreibt und in immer neu- kulturelle Bildung, die Familienbildung en Tabubrüchen den Respekt vor der aber auch die religiös-ethische Bil- Menschenwürde missachtet“, unter- dung, also gerade jene Bereiche, die strich Sternberg vor dem ZdK-Haup- einen unverzichtbaren Beitrag zum tausschuss am Freitag, dem 6. Sep- gesellschaftlichen Zusammenhalt und tember 2019. zur Stärkung der Zivilgesellschaft lei- Nach Überzeugung des ZdK-Präsi- sten. denten wäre es ein ganz falsches Si- „In der gegenwärtigen gesellschaft- gnal, wenn die Träger der Bildungsan- lichen Anspannung – nicht nur in Ost- gebote – als unbeabsichtigte Neben- deutschland – verbietet es sich fast folge eines veränderten Umsatzsteu- von selbst, an dieser Stelle die Er- errechts – in ihrer Arbeit verunsichert wachsenenbildung zu schwächen würden, aufgrund der entstehen- oder zu gefährden. Die Angebote der den Rechtsunsicherheit ihre entspre- allgemeinen Erwachsenenbildung chenden Bildungsangebote verteuern von freien, in vielen Fällen wertorien- müssten und folglich deren Zielgrup- tierten Bildungsträgern haben hier ei- pen nicht mehr im gewünschten Ma- ne wachsende Bedeutung für den ge- ße erreichen würden. sellschaftlichen Zusammenhalt und Freitag, 13. September 2019 Zu der Erklärung von Kardinal Marx zum Schreiben der Kongregation für die Bi- schöfe erklärt der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Prof. Dr. Thomas Sternberg: „Wir wollen als Zentralkomitee der Der Vorsitzende der Deutschen Bi- deutschen Katholiken an unserem schofskonferenz, Kardinal Reinhard Vorhaben, gemeinsam mit der Deut- Marx, hat in einer Antwort auf ein schen Bischofskonferenz einen Syno- Schreiben an die Bischöfe die auf fal- dalen Weg in der vorgesehenen Form schen Voraussetzungen beruhenden und zu den vorgesehenen Themen- Urteile der römischen Behörden korri- stellungen zu gehen, ganz entschie- giert. Es ist richtig, die Angelegenheit den festhalten. Die deutschen Bi- durch Veröffentlichung des Schrei- schöfe haben uns gebeten in einer au- bens öffentlich zu diskutieren. Wir ßerordentlich schwierigen Zeit durch unterstützen Kardinal Marx und die gemeinsam erarbeitete Reformen, Deutsche Bischofskonferenz in ihrem Vertrauen für unsere Kirche zurückzu- Festhalten an dem Synodalen Weg. gewinnen. Pressemeldungen 279

Glaubt irgendjemand, man könne in Wir hören auf Papst Franziskus, einer solchen Krise der Kirche das der allen katholischen Gläubigen in freie Gespräch, das nach Ergebnissen Deutschland seiner Nähe auf dem ge- und notwendigen Reformschritten meinsamen Weg versichert und „zur sucht, unterdrücken? Glaubt irgend- Suche nach einer freimütigen Ant- wer, wir würden nicht aktiv werden, wort auf die gegenwärtige Situation“ um auf den Vertrauensverlust, auf die ermuntert hat. Verärgerungen und Verunsicherungen Wir werden die Vorbereitungen zur in unseren Gemeinden und weit darü- Durchführung des Synodalen Weges ber hinaus, ein Zeichen des Erneue- fortsetzen, um wieder glaubwürdig rungswillens zu setzen? von dem zu sprechen, was und wer unser Leben trägt.“ Samstag, 14. September 2019 „Verantwortung für die Sendung der Kirche“ Erweiterte Gemeinsame Konferenz beendet Tagung zur Vorbereitung des Synodalen Weges in Fulda Mitglieder der Deutschen Bischofs- Jeder Getaufte ist eine ‚Mission‘ wie konferenz und Vertreter des Zentral- Papst Franziskus sagt. Dies gilt für al- komitees der deutschen Katholiken le Wesensvollzüge der Kirche.“ In die- (ZdK) haben heute (14. September sem Licht seien auch die verschie- 2019) in Fulda ihre zweitägige erwei- denen Dialog- und Strukturprozesse terte Gemeinsame Konferenz been- in den deutschen Ortskirchen zu ver- det. Mit einem klaren Appell, den ein- stehen. Hinter allem stehe die Fra- geschlagenen Synodalen Weg mutig ge, wie das Evangelium Jesu Christi und engagiert im Geist des Evange- in den verschiedenen kulturellen und liums fortzusetzen, hat die Konferenz regionalen Gegebenheiten am geeig- weitere Vorarbeiten für den Synoda- netsten allen Menschen bezeugt und len Weg geleistet. die Eucharistie als Einladung einer Be- gegnung mit dem dreieinen Gott ge- Der Vorsitzende der Deutschen Bi- feiert werden könne. schofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, erinnerte zum Abschluss daran, Der Präsident des ZdK, Prof. Dr. Tho- dass die katholische Kirche eine zu al- mas Sternberg, hob hervor, dass mit len Menschen gesandte Kirche sei. der im vergangenen Jahr veröffentli- „Die Kirche ist nicht für sich selber da. chten MHG-Studie Gewissheit erlangt Verantwortung für diese Sendung der sei, dass es systemische Probleme Kirche zu den Menschen tragen in be- gebe, die Missbrauch fördern und die sonderer Weise die Bischöfe in der ih- nicht nur eine glaubwürdige Verkün- nen anvertrauten pastoralen Sorge digung des Evangeliums, sondern de- und jeder Getaufte ist an der Sendung ren gläubige Annahme häufig verdun- der Kirche durch die Taufe beteiligt. keln. „Gerade weil die Evangelisierung 280 Pressemeldungen

an erster Stelle steht, müssen wir die- on in Deutschland beschreiben; wir se Aspekte in gemeinsamer Verant- sind den Hinweisen nachgegangen, wortung beraten. Es geht darum, Ver- die Sie uns für unseren Weg gegeben trauen wiederzugewinnen, um glaub- haben; und wir haben überlegt, wel- würdig von unserem Glauben zu spre- che Konsequenzen wir zu ziehen ha- chen. Das Ziel ist die Durchdringung ben. Es bestärkt uns, dass Sie unse- von Kirche und Welt mit dem Geist re ‚Sorge um die Zukunft der Kirche des Evangeliums. Dieser Gedanke in Deutschland teilen‘ und dass Sie kommt nicht erst mit dem Papstbrief uns zur ‚Suche nach einer freimütigen vom Juni 2019, sondern ist Ursache Antwort auf die gegenwärtige Situ- und Ausgangspunkt unserer Überle- ation ermuntern‘. Wir sehen wie Sie, gungen, den Synodalen Weg zu ge- dass wir unseren gesamten Weg vom hen“, so Prof. Sternberg. ‚Primat der Evangelisierung‘ her ange- hen müssen. Wir sind entschlossen, Kardinal Marx und Bischof Bode in- den Synodalen Weg als einen ‚geist- formierten über den jüngsten Brief lichen Prozess‘ zu gestalten. Wir sind der Kongregation für die Bischöfe aus im ‚kirchlichen Sinn‘ mit Ihnen ver- Rom. Während der Tagung wurde bunden, weil wir sowohl die Einheit schwerpunktmäßig an den Texten der der ganzen Kirche als auch die Situa- vier Vorbereitungsforen zu den The- tion vor Ort im Blick haben und weil men „Macht, Partizipation und Ge- uns die Beteiligung des ganzen Volkes waltenteilung“, „Sexualmoral“, „Prie- Gottes ein großes Anliegen ist“, heißt sterliche Lebensform“ und „Frauen es in dem Brief. in Diensten und Ämtern der Kirche“ gearbeitet. Diese Texte, die weiter- Bereits heute Morgen hatte der stell- entwickelt werden, sind Grundlage vertretende Vorsitzende der Deut- für die mit dem Synodalen Weg be- schen Bischofskonferenz, Bischof Dr. ginnenden Synodalforen. Die Arbeits- Franz-Josef Bode (Osnabrück), wäh- papiere sind dokumentiert auf www. rend der Eucharistiefeier in seiner Pre- dbk.de und www.zdk.de. Breiten digt daran erinnert, dass Evangelisie- Raum in der Debatte nahmen auch rung im Sinne der ganzen Kirche nur der Brief von Papst Franziskus an das gelingen könne, „indem wir synodal, pilgernde Volk Gottes in Deutschland was nicht dasselbe ist wie demokra- und die Diskussion der Präambel für tisch, gemeinsam den Blick auf den die Satzung des Synodalen Weges Größeren richten, gemeinsam darum ein. ringen, was Gott von uns will, und was nicht nur von Alleswissern und Die Teilnehmer der erweiterten Ge- Besserwissern ausgedacht ist.“ Im meinsamen Konferenz haben in Ful- Ringen, gemeinsam Kirche der Betei- da einen Brief an Papst Franziskus ligung zu sein, so Bischof Bode, „ge- verfasst, um ihm für seinen Brief vom meinsam das Priesteramt versteh- Juni zu danken: „Wir haben uns ge- barer und lebbarer zu erfahren, ge- nau angeschaut, wie Sie die Situati- Pressemeldungen 281

meinsam das Miteinander von Frau Synodale Weg beginnt am 1. Advent und Mann in der Kirche weiterzuent- 2019 (1. Dezember 2019). Die erste wickeln, wie Maria und Johannes un- Synodalversammlung, die dann auch ter dem Kreuz, und gemeinsam die die Synodalforen einsetzen wird, soll Liebe als Grundprinzip aller mensch- vom 30. Januar bis 1. Februar 2020 lichen Beziehungen in Sexualität und im Frankfurter St.-Bartholomäus Dom Partnerschaft neu darzustellen zum stattfinden. Heile der Menschen.“ Die Diskussionen der erweiterten Ge- Hintergrund meinsamen Konferenz fließen als nächste Schritte in die Vollversamm- Die Gemeinsame Konferenz wurde im lung der Deutschen Bischofskonfe- Zuge der Würzburger Synode (1971– renz (23. bis 26. September 2019, Ful- 1975) als ständiges Organ errichtet, da) und in die Beratungen der Vollver- dem je zehn Vertreter des ZdK und sammlung des ZdK (22. bis 23. No- Mitglieder der Deutschen Bischofs- vember 2019, Bonn) ein. konferenz angehören. Zuletzt hat die Gemeinsame Konferenz am 5. Ju- Hinweise: li 2019 getagt und dort das geplante Die Predigt von Bischof Dr. Franz- Statut des Synodalen Weges disku- Josef Bode ist als pdf-Datei im An- tiert. Für das jetzige Treffen in Fulda hang und unter www.zdk.de und wurde die Gemeinsame Konferenz um www.dbk.de auf der Themenseite Sy- einige Personen erweitert. nodaler Weg verfügbar. Hier finden Die Texte der Vorbereitungsforen sind sich auch die Teilnehmerliste der er- in mehreren Sitzungen entstanden, weiterten Gemeinsamen Konferenz die von je einem Bischof und einem sowie die Arbeitspapiere der Vorbe- Vertreter des ZdK geleitet wurden. reitungsforen. Der jetzige Stand der Arbeitspapiere, Fotos der Tagung sind in der Bilder- die ausdrücklich nicht abschließend galerie dieser Pressemitteilung auf sind, ist auf www.dbk.de und www. www.dbk.de und www.zdk.de für die zdk.de dokumentiert. Die weitere in- Berichterstattung und unter Nennung haltliche Diskussion und tiefere Aus- der Copyrightangabe © Deutsche Bi- einandersetzung ist den einzuricht- schofskonferenz/Harald Oppitz ko- enden Synodalforen vorbehalten. Der stenfrei verfügbar. Donnerstag, 19. September 2019 „Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses wird sich schädlich auf unser gesellschaftliches Klima auswirken“ Der Präsident des Zentralkomitees der scheidung des Gemeinsamen Bun- deutschen Katholiken (ZdK), Prof. Dr. desausschusses, dass die Kosten für Thomas Sternberg, bedauert die Ent- nichtinvasive pränataldiagnostische 282 Pressemeldungen

Tests künftig von den gesetzlichen kosten schwerer. Darum bin ich wei- Krankenkassen getragen werden kön- ter der Auffassung, dass die Entschei- nen. „Es ist zu befürchten, dass es zu dung des Gemeinsamen Bundesaus- einem weiteren Anstieg bei den Ab- schusses sich schädlich auf unser treibungen von Kindern mit dem so- gesellschaftliches Klima auswirken genannten Down-Syndrom kommt. wird“, so Sternberg. Zugleich sei aber Zudem wird einer immer weiterge- das Bemühen zu würdigen, die Fäl- henden Qualitätskontrolle hinsichtlich le, in denen eine Erstattung durch die des ungeborenen Lebens der Weg Kassen erfolgen kann, zu begrenzen. gebahnt, denn es dürfte nicht bei den „Viel wird davon abhängen, ob diese derzeit verfügbaren Tests bleiben“, Begrenzung auf besondere Risiken in begründet Sternberg seine Ableh- der Praxis gelingt.“ nung der Entscheidung. Außerdem sei es von großer Bedeu- Eine Kassenzulassung stehe für ei- tung, die Tests zusätzlich mit einer ne weitere Normalisierung dieser Va- vorherigen und im Falle eines posi- riante der vorgeburtlichen Diagnos- tiven Befundes auch mit einer an- tik. Es dürfe nicht dazu kommen, dass schließenden unabhängigen psycho- sich Eltern dafür rechtfertigen müs- sozialen Beratung zu verknüpfen. „Die sen, wenn sie bewusst nicht alle dia- Beratung kann helfen, einen Automa- gnostischen Möglichkeiten während tismus zu verhindern, dass bei dem der Schwangerschaft ausschöpfen, Befund Trisomie 21 die Schwanger- weil sie ihr ungeborenes Kind als Ge- schaft nicht fortgesetzt wird“, betont schenk betrachten, das sie bedin- der ZdK-Präsident. „Wir dürfen als Ge- gungslos annehmen wollen. sellschaft nicht zulassen, dass durch eine Kassenzulassung, die in der Ver- „Gegenüber den ebenfalls nachvoll- waltungslogik folgerichtig erscheint, ziehbaren Argumenten für die Kas- ungewollt die Rechte von Menschen senzulassung dieser Tests wiegen mit Behinderungen schwer verletzt für mich die damit verbundenen Ge- werden.“ fahren und gesellschaftlichen Folge- Mittwoch, 25. September 2019 ZdK-Präsident warnt vor der Widerspruchslösung bei der Organspende Eine gefährliche Verzerrung in der De- für eine Organentnahme beeinträchti- batte über die Neuregelung der Or- gen den Prozess des Sterbens. Gera- ganspende zu Lasten der sterbenden de weil der Patientenwille im Prozess Patienten, die für eine Organentnah- des Sterbens unbedingt zu befolgen me in Frage kommen, kritisiert der ist, bedarf die Organentnahme und Präsident des Zentralkomitees der die dafür notwendige fremdnützige deutschen Katholiken, Prof. Dr. Tho- Weiterbehandlung der ausdrücklichen mas Sternberg. „Die Voraussetzungen Einwilligung des Patienten oder seiner Pressemeldungen 283

Angehörigen. Eine Widerspruchslö- Sternberg. Die Einführung der Wider- sung, bei der zugunsten der auf Spen- spruchslösung hingegen berge die zu- derorgane angewiesenen Patienten sätzliche Gefahr, dass erneut Vertrau- auf eine ausdrückliche Zustimmung en in das System der Organtransplan- verzichtet werden könnte, ist mit dem tation verloren gehe. Vertrauen sei Persönlichkeits- und Selbstbestim- aber die grundlegende Voraussetzung mungsrecht der sterbenden Patienten für die moralisch sehr anerkennens- nicht vereinbar“, unterstreicht Stern- werte Entscheidung für eine spätere berg. Organspende. Vor einer Expertenanhörung zu den Sternberg appelliert an die Mitglieder beiden vorliegenden Gesetzent- des Bundestages: „Ich bitte insbeson- würfen im Gesundheitsausschuss dere die Abgeordneten, die sich noch des Deutschen Bundestages stellt nicht auf einen der Gesetzentwür- sich der ZdK-Präsident erneut hin- fe festgelegt haben, die prinzipiellen ter den Gesetzentwurf zur Stärkung Bedenken gegenüber einer Wider- der Entscheidungsbereitschaft bei spruchslösung ernst zu nehmen und der Organspende. Mit diesem Ge- für einen Weg zu votieren, der den setz könnten die zu Lebzeiten doku- Zugriff auf den eigenen Körper von ei- mentierte Organspendebereitschaft ner ausdrücklichen Zustimmung ab- und die tatsächlichen Transplanta- hängig macht und die Organabgabe tionszahlen mit ethisch angemes- weiterhin eine Spende sein lässt.“ senen Maßnahmen erhöht werden, so Donnerstag, 26. September 2019 ZdK-Präsident Sternberg begrüßt eindeutige Entscheidung der Bischofskonferenz zum Synodalen Weg Der Präsident des Zentralkomitees der die Ergebnisse der Bischofskonfe- deutschen Katholiken (ZdK), Prof. Dr. renz in Fulda in unseren Gremien prü- Thomas Sternberg, begrüßt das ein- fen und beraten. Wir danken allen Bi- mütige Bekenntnis der Deutschen Bi- schöfen, die sich in den vergangenen schofskonferenz zum Synodalen Weg. Wochen und jetzt in Fulda entschlos- sen für diesen gemeinsamen Weg „Der mit überwältigender Mehrheit eingesetzt haben.“ der Bischöfe gefasste Beschluss, der in enger Abstimmung mit dem ZdK erarbeiteten Satzung zuzustimmen, ist für den weiteren Synodalen Weg eine wichtige Voraussetzung. Er bestätigt uns in unserer Entscheidung, die Ein- ladung der Bischöfe, den Synodalen Weg mit uns gemeinsam zu gehen, angenommen zu haben. Wir werden 284 Pressemeldungen

Dienstag, 1. Oktober 2019 Investieren mit Wirkung Erfolgreiche Tagung zum ethisch-nachhaltigen Investment „Ethisch-nachhaltiges Investment zum zweiten Mal gemeinsam eingela- bleibt eine Glaubwürdigkeitsfrage für den. Eine dritte Veranstaltung am 29. die Kirchen und ist auch Motor für ge- September 2020 befindet sich bereits sellschaftliche Veränderungen.“, so in Planung. ZdK-Vizepräsident Wolfgang Klose in In seinem Vortrag „Wirkungsvoll inve- seinem Grußwort zum Forum ethisch- stieren“ verdeutlichte Dr. Klaus Gabri- nachhaltiges Investment in der Aka- el, einer der Geschäftsführer von Cor- demie Franz Hitze Haus in Münster. porate Responsibility Interface Center Kloses Wunsch: „Das ethisch-nach- (CRIC) e.V.: „Wer Geld anlegt, betritt haltige Investment ist eindeutig kein den Raum der Moral“. Daraus ergibt Nischenthema mehr und gewinnt sich die Verantwortung, die kirchliche weiterhin an Relevanz. Es ist zu hof- Anleger vor ihrem eigenen Wertehin- fen, dass sich dieser Trend fortsetzt.“. tergrund wahrnehmen müssen. Über 90 Teilnehmerinnen und Teil- In fünf Workshops konnten sich die nehmer trafen sich heute in Münster, Teilnehmenden über verschiedene um über sozial und ökologisch ver- Schwerpunkte des ethisch-nachhal- antwortliche Geldanlagen zu disku- tigen Investments informieren und in tieren und sich über Erfahrungen im einen regen Austausch dazu geraten. ethisch-nachhaltigen Investment aus- So ging es unter anderem um Infor- zutauschen. Zu der Tagung hatten die mationen zu Immobilien und einem Akademie Franz Hitze Haus Münster, nachhaltigen Bestandsmanagement, das Katholisch-Soziale Institut Sieg- um Microfinance sowie um das En- burg, das Sozialinstitut Kommende gagement als Instrument des ethisch- Dortmund und das Zentralkomitee der nachhaltigen Investments, um als In- deutschen Katholiken (ZdK) bereits vestor aktiv Einfluss zu nehmen. Donnerstag, 10. Oktober 2019 Konsequenter gegen Judenhass vorgehen Zum gestrigen Anschlag auf die Syna- die Synagoge in Halle am gestrigen goge in Halle erklären die Leiter des Jom Kippur mit der Tötung und Ver- Gesprächskreises „Juden und Chris- letzung von Menschen aus Hass ge- ten“ beim Zentralkomitee der deut- gen Juden und gegen Frauen. Un- schen Katholiken (ZdK), Dagmar Men- ser tiefes Mitgefühl gilt den Ermor- sink und Rabbiner Dr. Andreas Nacha- deten und Verletzten, ihren Familien ma: und Freunden. Und wir sind in Gedan- ken bei den Gemeindemitgliedern von „Wir sind entsetzt und erschüttert Halle, die während ihres Gottesdiens- über den mörderischen Anschlag auf tes am Versöhnungstag nur knapp einer Gegen Judenhass muss noch viel konse- Katastrophe entgangen sind. quenter vorgegangen werden als bisher. Christen haben hier eine besondere Ver- Dass eine solche Gewalt verbunden mit antwortung, denn sie kennen die Muster einer großen medialen Selbstinszenierung der alten Judenfeindschaft, die heute in des Täters in Deutschland verübt wer- neuen Gewändern wiederkehren. den konnte, macht uns fassungslos. Es ist zu wenig, dies als Tat eines Einzelnen zu Keiner darf einfach zusehen, dass Juden betrachten. Weit verbreitete Verschwö- und Jüdinnen hierzulande bedroht wer- rungsphantasien und gemeinsam geteil- den, dass Hass und Hetze in der Gesell- ter Hass gegen „die Juden“ im Netz und schaft Verbreitung finden. In der katho- im Alltag bilden den Nährboden für diese lischen Kirche muss jeder und jede dazu menschenverachtende Gewalt. beitragen, dass Juden und Jüdinnen in Deutschland sicher und ohne Angst leben können.“ Mittwoch, 16. Oktober 2019 Gerechte Pflege in einer sorgenden Gesellschaft – Wie gestalten wir Pflege zukunftsfähig? ZdK-Podiumsveranstaltung mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn MdB „Es ist sehr gut, dass sich das Zentral- keit, betonte Spahn in einem Impulsvor- komitee der deutschen Katholiken in der trag. „Wir müssen alle Register ziehen, Weichenstellung zur Verbesserung der von der Reform der Pflegeausbildung Pflegesituation einbringt“, lobte Bundes- über Anstrengungen in Umschulung und gesundheitsminister Jens Spahn MdB ge- Weiterqualifizierung bis zur Anwerbung stern im Berliner St. Hedwig Krankenhaus ausländischer Fachkräfte, um die offenen vor rund 80 Teilnehmerinnen und Teilneh- Stellen in der Pflege zeitnah besetzen zu mern einer Podiumsdiskussion, zu der der können.“ ZdK-Sachbereich „Wirtschaft und Sozi- Die politische Diskussion fokussiere der- ales“ eingeladen hatte. zeit die professionelle Pflege in statio- Unter der Moderation der Sprecherin des nären Einrichtungen und ambulanten Sachbereichs, Hildegard Müller, disku- Diensten, unterstrich Hildegard Müller. tierten Bundesgesundheitsminister Jens Dies ist eine wichtige Aufgabe. Die Pro- Spahn, Dr. Sylwia Timm (Verbraucher- bleme der häuslichen Pflege sollten da- zentrale Brandenburg e.V.), Prof. Dr. Hil- rüber jedoch nicht aus dem Blick geraten degard Theobald (Universität Vechta) und „Viele Familien stellen zur Unterstützung Prof. Dr. Bernhard Emunds (Phil.-Theol. Pflegekräfte aus Mittel- und Osteuropa Hochschule Sankt Georgen, Frankfurt/ ein, dies allerdings oft zu arbeitsrecht- Main) über Reformbedarfe in der Pflege. lich und ethisch problematischen Be- dingungen“, so die Sprecherin wörtlich. Es gehe um den richtigen Ausgleich zwi- „Unter Einbezug der ambulanten Pflege- schen der Verantwortung von Familien dienste sollte ein Netzwerk informeller für die Pflege und deren Leistungsfähig- 286 Pressemeldungen

und professioneller Sorgearbeit auf- gearbeit zu übernehmen, und in der gebaut werden.“ hochwertige soziale Dienstleistungen von qualifizierten Beschäftigten zu Im November 2018 hatte das ZdK die guten Bedingungen erbracht wer- Erklärung „Gerechte Pflege in einer den.“ sorgenden Gesellschaft – Zur Zukunft der Pflegearbeit in Deutschland“ ver- Bei der anschließenden Podiumsdis- öffentlicht. Prof. Dr. Bernhard Emun- kussion wurde sich darüber ausge- ds vom Nell-Breuning-Institut der tauscht, wie häusliche Pflege heute Philosophisch-Theologischen Hoch- und in Zukunft gerecht gestaltet und schule Sankt Georgen erläuterte: besser mit stationärer Pflege kombi- „Am Beispiel der Pflegearbeit möch- niert werden könne und wie auch die te das ZdK eine gesellschaftliche De- sogenannte 24-Stunden-Pflege bes- batte anzetteln über die fundamen- ser in den Blick genommen werden tale Bedeutung von Sorgearbeit. Die kann. Politische und gesellschaftliche Zielperspektive ist eine sorgende Ge- Rahmenbedingungen wurden hierbei sellschaft, in der es für Männer und verstärkt in den Fokus gesetzt. Frauen zum Leben dazugehört, Sor- Freitag, 18. Oktober 2019 Kampf gegen Hass auf Gamingplattformen Der Präsident des Zentralkomitees der Die aktuelle Situation trage zur Ver- deutschen Katholiken (ZdK), Prof. Dr. rohung der Gesellschaft bei. Hierbei Thomas Sternberg fordert, dass be- gelte es besonders „Spiele“ auf Platt- währte Regeln des Presserechts auch formen ins Visier zu nehmen, die An- auf das Netz angewendet werden: schläge simulieren und Massenmorde „Die Verantwortung liegt hier bei den befürworten. „Extremisten missbrau- Anbietern von Portalen, bei denen der chen das Internet und Gamingplatt- vollständige Name und die Anschrift formen als Bühne für ihre rechtswid- jeden Users hinterlegt und überprüft rigen Inhalte. Das werden wir be- werden muss. Nur so lässt sich Fake- kämpfen!“ Profilen und Bots ein Riegel vorschie- ben.“ Freitag, 18. Oktober 2019 JA zum Stimmrecht für Frauen bei Bischofsynoden! „Es ist sehr bedauerlich, dass es zung am 18. Oktober 2019. Es gel- wohl kein Stimmrecht für Frauen bei te, unbedingt sicherzustellen, dass der laufenden Amazonas-Synode Frauen bei der nächsten Bischofssy- geben wird“, betont der Hauptaus- node mit abstimmen können. schuss des Zentralkomitees der deut- „Die Frage nach einem Stimmrecht schen Katholiken (ZdK) in seiner Sit- für Frauen war bereits bei der Ju- Pressemeldungen 287

gendsynode im Oktober 2018 aufge- Bereits jetzt werde die Hauptlast der kommen“, erklärt ZdK Präsident Prof. pastoralen Arbeit von Frauen gelei- Dr. Thomas Sternberg. „Damals durf- stet. Daher seien sie auch bei Ent- ten Ordensbrüder, die Nichtpriester scheidungen zur Seelsorge einzube- waren, mit abstimmen, nicht aber Or- ziehen. densfrauen. Dass das jetzt wieder so gehandhabt wird, ist nicht nachvoll- ziehbar.“ Freitag, 8. November 2019 „Aufbruch, Erneuerung und Orientierung“ Logo des Synodalen Weges vorgestellt Das Logo für den Synodalen Weg ha- Das Logo des Synodalen Weges ist in ben heute (8. November 2019) Kardi- verschiedenen Datei-Formaten (eps, nal Reinhard Marx, Vorsitzender der jpg, pdf, png, psd, svg) und Farbge- Deutschen Bischofskonferenz, Prof. bungen (CMYK, Graustufen, schwarz- Dr. Thomas Sternberg, Präsident des weiß, weiß) unter www.zdk.de und Zentralkomitees der deutschen Katho- unter www.dbk.de auf der Themen- liken (ZdK), und Karin Kortmann, Vize- seite Synodaler Weg verfügbar. Die präsidentin des ZdK, vorgestellt. Die Logobeschreibung sowie juristische Wort-Bild-Marke soll den Synodalen Hinweise zur Logoverwendung finden Weg begleiten und ist das Markenzei- Sie als pdf-Datei im Anhang sowie chen des Prozesses. ebenfalls unter www.zdk.de und auf der Themenseite Synodaler Weg. Das „Der Wegweiser steht für Aufbruch, Logo ist urheber- und markenrecht- Erneuerung und Orientierung. Wir lich geschützt. sind als Kirche gemeinsam unter- wegs. Der Weg wird sicher nicht im- Weitere Informationen zum Synoda- mer eben sein. Doch wir gehen ihn len Weg finden Sie unter www.zdk.de zusammen und das verbindet uns“, und www.dbk.de (Themenseite Syno- so Kardinal Marx. „Rund drei Wo- daler Weg) sowie ab dem 1. Dezem- chen vor dem Beginn des Synoda- ber 2019 unter www.synodalerweg. len Weges nimmt dieser konkret Ge- de. stalt an. Der Wegweiser, der in seiner Diese Pressemitteilung wird von den Grundform das Kreuz bildet, wird zum Pressestellen des Zentralkomitees der offenen Raum. So wollen auch wir deutschen Katholiken und der Deut- uns gegenseitig Offenheit entgegen- schen Bischofskonferenz zeitgleich bringen und Raum geben, uns aber versandt. Mehrfachzusendungen bit- immer gewiss sein: Wir gehen den ten wir zu entschuldigen. Synodalen Weg gemeinsam“, erklärt Prof. Dr. Sternberg. Hinweise: 288 Pressemeldungen

Donnerstag, 14. November 2019 Gebetszettel für den Synodalen Weg veröffentlicht Für den Synodalen Weg der katho- Gerechtigkeit und Deine Barmherzig- lischen Kirche in Deutschland ist heu- keit erfahrbar machen. Er gebe uns te ein Gebetszettel veröffentlicht wor- die Kraft und den Mut, aufzubrechen den. Das Gebet soll den Synodalen und Deinen Willen zu tun.“ Weg begleiten, der am Ersten Advent Hinweise: beginnt. Der Gebetszettel zeigt eine Emmaus-Zeichnung von Christel Holl, Der Gebetszettel im Format 14,5 x 9,5 im Innenteil ist der Gebetstext abge- cm kann unter www.dbk.de in der bildet und das Logo des Synodalen Rubrik Publikationen bestellt werden. Weges auf der Rückseite. Dort ist diese auch als pdf-Datei ver- fügbar. In diesem Gebet heißt es unter an- derem: „Wir bitten Dich: Sende uns Informationen zum Synodalen Weg den Heiligen Geist, der neues Le- finden Sie unter www.zdk.de und auf ben schafft. Er stehe unserer Kirche der Themenseite Synodaler Weg so- in Deutschland bei und lasse sie die wie ab dem 1. Dezember 2019 unter Zeichen der Zeit erkennen. Er öffne www.synodalerweg.de. unser Herz, damit wir auf Dein Wort Diese Pressemitteilung wird von den hören und es gläubig annehmen. Er Pressestellen des Zentralkomitees der treibe uns an, miteinander die Wahr- deutschen Katholiken und der Deut- heit zu suchen. Er stärke unsere Treue schen Bischofskonferenz zeitgleich zu Dir und erhalte uns in der Einheit versandt. Mehrfachzusendungen bit- mit unserem Papst und der ganzen ten wir zu entschuldigen. Kirche. Er helfe uns, dass wir Deine Freitag, 22. November 2019 ZdK-Vollversammlung gibt grünes Licht für Synodalen Weg Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken am 22./23. November 2019 Mit überwältigender Mehrheit hat die Mehrheit der von der Deutschen Bi- Vollversammlung des Zentralkomi- schofskonferenz und dem ZdK-Haup- tees der deutschen Katholiken (ZdK) tausschuss erarbeiteten Fassung der am Freitag, dem 22. November 2019, Satzung des Synodalen Weges zu. beschlossen, den Synodalen Weg gemeinsam mit der Deutschen Bi- schofskonferenz zu gehen. Nach ausführlicher Debatte stimmte die Vollversammlung bei 17 Neinstim- men und 5 Enthaltungen mit großer Pressemeldungen 289

Freitag, 22. November 2019 Entwicklungsminister Gerd Müller plädiert bei ZdK-Vollversammlung für ökolo- gische, ökonomische, soziale und kulturelle Nachhaltigkeit der Kirchen Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken am 22./23. November 2019 Bundesentwicklungsminister Gerd Müller. „Das ist eine gewaltige Markt- Müller hat die Christen in Deutsch- macht.“ Sie könnten sie nutzen, um land zu einem stärkeren Schulter- etwa Textilien wie Bettwäsche in schluss im Einsatz für Entwicklung Krankenhäusern aus fairer Produkti- und weltweite Gerechtigkeit aufge- on einzukaufen. Das vor wenigen Wo- fordert. Vor der Vollversammlung des chen eingeführte Siegel „Der grüne Zentralkomitees der deutschen Ka- Knopf“ könnte so „zu einem Symbol tholiken (ZdK) in Bonn forderte er von für alle globalen Lieferketten werden“. den Kirchen, fair gehandelten Kaf- „Jeder Mensch hat ein Recht auf fee und den „Grünen Knopf“ zum Be- ein Leben auf Würde“, betonte Mül- schaffungskriterium für alle Gemein- ler. „Der Markt braucht dringend ver- den und kirchliche Einrichtungen zu bindliche Regeln gegen Ausbeutung machen. Auf diese Weise könne man von Menschen und von unserem Pla- gemeinsam Schritte gegen ausbeu- neten. Gerade wir Christen müssen tende Niedriglöhne und inakzeptable hierbei hörbarer und mutiger auftre- Produktionsbedingungen gehen. ten, um die Schöpfung zu bewahren Die beiden großen Kirchen in und die Welt zu einem friedlicheren Deutschland gäben jährlich 60 Milli- und gerechteren Ort zu machen.“ arden Euro für Beschaffung aus, so Freitag, 22. November 2019 Danke, Rita Waschbüsch! Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken am 22./23. November 2019 Das Zentralkomitee der deutschen terinnen von donum vitae vielen Men- Katholiken (ZdK) dankt seiner frühe- schen, die teils heute schon das Er- ren Präsidentin Rita Waschbüsch für wachsenenalter erreicht haben, ihr ihr Engagement als Gründungsmit- Leben ermöglicht“, lobt der Vizeprä- glied und Bundesvorsitzende von do- sident des ZdK, Dr. Christoph Braß, num vitae. „Zwei Jahrzehnte lang vor der Vollversammlung am Freitag, haben Sie das Schiff dieses Vereins dem 22. November 2019, in Bonn. durch die manchmal sehr stürmische „Jeder dieser geborenen Menschen See navigiert und deswegen auch ist ein Beweis der Richtigkeit der da- viele ungerechte Anwürfe ertragen maligen Entscheidung.“ müssen. Vor allem aber haben Sie durch Ihr Engagement mit den Bera- 290 Pressemeldungen

Waschbüsch habe bereits als Präsi- Bundesvorsitz des Schwangerenbera- dentin des ZdK über lange Jahre den tungsvereins Donum Vitae nicht mehr Kampf um den gesetzlichen Schutz kandidieren werde. Als ihr Nachfol- des ungeborenen Lebens mit Nach- ger führt ZdK-Mitglied Dr. Olaf Tyllack druck geführt. Braß wörtlich: „Als die aus dem bayrischen Landesverband deutschen Bischöfe gezwungen wur- donum vitae nun in sein drittes Jahr- den, aus der Mitwirkung bei der ge- zehnt. setzlichen Beratungsregelung auszu- Waschbüsch stand von 1988 bis 1997 steigen, haben Sie im Verein mit an- stand als erste Frau an der Spitze des deren mit der Gründung von donum ZdK. Als ZdK-Präsidentin hatte die vitae Verantwortung übernommen. Mutter von fünf Kindern unter ande- Wir stehen mit allergrößtem Respekt rem die Herausforderungen der deut- vor dem, was Sie in diesen beiden schen Einheit für den Laienkatholizis- Jahrzehnten geleistet haben.“ mus zu bewältigen. Sie leitete die Ka- Rita Waschbüsch hatte im Septem- tholikentage in Berlin 1990, Karlsruhe ber bekanntgegeben, dass sie für den 1992 und Dresden 1994. Freitag, 22. November 2019 ZdK-Vizepräsidentin wirbt für Zustimmung zum Synodalen Weg Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken am 22./23. November 2019 Bei der Vorbereitung des Synodalen Sie erinnerte daran, dass unter ande- Weges ist nach Einschätzung der Vi- rem mit der Aufnahme des Forums zepräsidentin des Zentralkomitees „Frauen in Diensten und Ämtern in der deutschen Katholiken (ZdK), Ka- der Kirche“ und durch die nachho- rin Kortmann, ein lange ungekanntes, lende Bildung von Doppelspitzen in hohes Maß an Einigkeit in der katho- der Leitung der Foren wichtige Fort- lischen Kirche in Deutschland erreicht schritte durch den Einsatz des ZdK er- worden. zielt werden konnten. In den vorbe- reitenden Foren habe man ein hohes Dies gelte, bis auf wenige aber laut- Maß an Transparenz und Augenhöhe starke Stimmen, insbesondere zwi- der Partner erreicht, das zu sehr gu- schen der Deutschen Bischofskon- ten und fundierten Vorbereitungspa- ferenz und dem ZdK. Nur auf diesem pieren geführt habe. Fundament des gegenseitigen Ver- trauens und der Einigkeit seien die Ausdrücklich wies Kortmann Kritik an Fortschritte des letzten halben Jah- der angeblichen Unverbindlichkeit der res zu erreichen gewesen. Vor dem Beschlussmöglichkeiten des Synoda- Hintergrund dieser Erfahrungen warb len Weges zurück. Nicht die Satzung Karin Kortmann vor der Vollversamm- greife hier zu kurz, sie bilde lediglich lung für eine starke Unterstützung ab, was das Kirchenrecht vorgebe. des Synodalen Weges. Sie versprach: „Wir werden alles tun, Pressemeldungen 291

um zu verbindlichen Beschlüssen und Kirche und Welt, mit Gottes Hilfe er- Voten in der Synodalversammlung zu füllen. Lassen wir uns nicht einen ver- kommen.“ meintlich unvereinbaren Gegensatz von strukturellen Reformen und geist- Die ZdK-Vizepräsidentin erinnerte da- licher Vertiefung einreden!“ ran, dass am Ausgangspunkt des Sy- nodalen Wegs der Glaubwürdigkeits- „Wir sind nach allen Gesprächen mit verlust der katholischen Kirche und Bischöfen gewiss, dass es einen ent- die Erkenntnis systemischer Ursa- schiedenen politischen Willen gibt, chen von Machtmissbrauch und se- den erreichten Grad der Einigkeit zwi- xualisierter Gewalt standen. „Unsere schen den meisten Bischöfen und zentrale Aufgabe ist, die Vorausset- den meisten Laien nicht wieder auf- zungen dafür zu schaffen, dass die zugeben und den Worten und ge- katholische Kirche in unserem Land meinsam verantworteten Beschlüs- verlorenes und gefährdetes Vertrau- sen auch Taten folgen zu lassen. Mit en zurückgewinnen und rechtfertigen der Satzung haben wir eine Grundla- kann. Nur unter dieser Voraussetzung ge, auf die sich alle Beteiligten einlas- kann die Kirche, können wir evangeli- sen können und die den Rahmen für sieren und unseren Auftrag, die evan- die kommenden zwei Jahre setzt“, geliumsgemäße Umgestaltung von betonte Kortmann. Freitag, 22. November 2019 ZdK setzt auf politische Jugend- und Erwachsenenbildung für den gesellschaft- lichen Zusammenhalt Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken am 22./23. November 2019 „Es sind Konsequenzen aus dem lischen Kirche. „Effektiver als immer schrecklichen Attentat von Halle und neue befristete Programme und Pro- den Wahlergebnissen zu ziehen“, for- jektförderungen aufzulegen, ist es, sie dert der Vizepräsident des Zentral- finanziell sicher auszustatten, damit komitees der deutschen Katholiken sie mit ihrer kontinuierlichen Arbeit (ZdK), Wolfgang Klose, vor der Voll- die zivilgesellschaftlichen Potenziale versammlung am Freitag, dem 22. heben und stärken können. Diese Art November 2019, in Bonn. Gesell- politisch-sozialer Bildung muss wei- schaft und Politik seien gefordert, terhin eine verlässliche Grundlage be- Hass und Menschenverachtung Ein- halten“, so der Vizepräsident wörtlich. halt zu gebieten. Hierfür bräuchte Weiterhin fordert das ZdK eine Über- es mehr denn je politische Bildung tragung bewährter presserechtlicher und die Ermöglichung ihrer Kontinui- Regeln auf das Internet. „Es kann tät, betont Klose und verweist auf die nicht sein, dass im Netz Hass und Träger der politischen Jugend- und Hetze, Falschmeldungen und Aufwie- Erwachsenenbildung in der katho- 292 Pressemeldungen

gelung ungehemmt möglich sind“, betont Klose Freitag, 22. November 2019 ZdK betont Solidarität mit jüdischen Gemeinden Vollversammlung des Zentralkomiitees der deutschen Katholiken am 22./23. Novem- ber 2019 „Wir sind sehr dankbar, dass es jü- land nach dem Anschlag in Halle im dische Gemeinden in Deutschland Oktober 2019. gibt. Sie gehören zu unserem Land „Religiöses Leben in Deutschland – und wir stehen an ihrer Seite!“ Mit muss geschützt werden“, so der Vize- diesen von anhaltendem Applaus be- präsident. „Das gilt nicht nur für uns gleiteten Worten bekräftigt der Vi- Christen, sondern ganz besonders zepräsident des Zentralkomitees der auch für unsere älteren Geschwister deutschen Katholiken (ZdK), Wolf- im Glauben, die jüdischen Frauen und gang Klose, die christliche Solidarität Männer. Das ist unverzichtbarer Teil mit jüdischen Gemeinden in Deutsch- unserer Staatsraison.“ Freitag, 22. November 2019 ZdK begrüßt Einigung über Grundrente und fordert weitere Schritte gegen Altersarmut Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken am 22./23. November 2019 Das Zentralkomitee der deutschen dass die Probleme der drohenden Al- Katholiken (ZdK) begrüßt den Koali- tersarmut damit noch nicht gelöst tionskompromiss zur Grundrente. Es würden. „Es bleibt die Notwendigkeit sei wichtig, dass die Bundesregierung einer armutsfesten Grundsicherung, sich auf dem zentralen gesellschafts- die nicht stigmatisiert werden sollte.“ politischen Feld der Alterssicherung Bei der Grundrente, die eigentlich ei- als handlungsfähig erwiesen ha- ne Aufstockrente sei, würden langjäh- be, unterstrich der Vizepräsident des rig Versicherte mit unterdurchschnitt- ZdK, Wolfgang Klose, vor der Vollver- lichen Rentenanwartschaften begün- sammlung des Zentralkomitees am stigt. Aber nicht alle von einer künfti- Freitag, dem 22. November 2019. Er gen Altersarmut bedrohten Gruppen erinnerte an den Appell der Bundes- würden zielgenau erreicht. Viele alte kanzlerin, die einfachen Leute nicht Menschen, die auf Grundsicherungs- aus dem Blick zu verlieren. „Diese leistungen angewiesen bleiben, Menschen wollen ihre Lebensleistung könnten von der Neuregelung nur in in Beruf und familiärer Sorge aner- geringerem Ausmaß profitieren, er- kannt sehen“, unterstrich Klose. Zu- läuterte der Vizepräsident des ZdK. gleich dürfe nicht übersehen werden, Weiterhin mahnte Klose die Umset- Pressemeldungen 293

zung der im Koalitionsvertrag verein- barten Altersvorsorgepflicht für pre- kär abgesicherte Selbstständige an. Samstag, 23. November 2019 ZdK verabschiedet Erklärung „Segen schenken – Segensfeiern für gleichge- schlechtliche Paare“ Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken am 22./23. November 2019 Am Samstag, dem 23. November Mit der Erklärung entwickelt und prä- 2019, hat sich die Vollversammlung zisiert das ZdK seinen 2015 gefassten des Zentralkomitees der deutschen Beschluss aus der Erklärung „Zwi- Katholiken (ZdK) für die Segnung schen Lehre und Lebenswelt Brücken gleichgeschlechtlicher Paare in der bauen. Familie und Kirche in der Welt katholischen Kirche ausgesprochen. von heute“. Bei der Erarbeitung des Textes wirkten Vertreter aus der the- Die Erklärung „Segen schenken – Se- ologischen Wissenschaft, kirchlichen gensfeiern für gleichgeschlechtliche Arbeitsstellen, katholischen Verbän- Paare“ wirbt für eine differenzierte den und Dachorganisationen, Initiati- Sicht auf Partnerschaft und Sexuali- ven, den Diözesanräten und der Seel- tät. Es soll nicht zuerst auf vermeint- sorgearbeit mit. Dadurch wurde das liche Defizite von Paaren geschaut ZdK auch zu einem Knotenpunkt für werden, sondern auf die Liebe, die diese Thematik im kirchlichen Spek- Paare miteinander leben, und die trum. Gottessehnsucht, die sich in ihrem Wunsch nach einem kirchlich ver- Die Erklärung der Vollversammlung mittelten Segen ausdrückt. Eine pau- finden Sie hier. schale Abwertung von Partnerschaf- Den Grundlagentext aus der Arbeits- ten, die keine sakramentale Ehe ein- gruppe mit best practice-Beispielen gehen können, hält das ZdK für nicht und einer Liste der Personen, die an tragbar und sieht hier einen drin- der Erarbeitung mitgewirkt haben, genden pastoralen Handlungsbedarf. finden Sie in Kürze auf der Homepage Entsprechend fordert es eine offizielle des ZdK. Entwicklung der liturgischen Praxis in der katholischen Kirche. Samstag, 23. November 2019 ZdK fordert Lieferkettengesetz noch in dieser Legislaturperiode Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken am 22./23. November 2019 Das Zentralkomitee der deutschen Rahmen zu schaffen, mit dem Unter- Katholiken (ZdK) fordert die Bundes- nehmen verpflichtet werden, auch im regierung auf, einen gesetzlichen Ausland Menschenrechte und Um- 294 Pressemeldungen

weltstandards zu achten. Geschä- ve zum Lieferkettengesetz und spricht digte müssen auch vor deutschen Ge- sich dafür aus, noch in dieser Legisla- richten ihre Rechte einklagen können. turperiode ein Lieferkettengesetz auf Deshalb begrüßt das ZdK die Initiati- den Weg zu bringen. Montag, 25. November 2019 Beginn des Synodalen Weges der Kirche in Deutschland am ersten Advent Kardinal Reinhard Marx und Karin Kortmann entzünden Synodalkerze Am ersten Advent (1. Dezember 2019) ran besteht die Möglichkeit für O-Tö- beginnt der Synodale Weg der Kirche ne mit Kardinal Marx und Karin Kort- in Deutschland. In den Domkirchen mann (Ort: Erzbischöfliches Haus, werden an diesem Tag eigene Syno- Kardinal-Faulhaber-Straße 7, ca. 11.45 dalkerzen entzündet. Die Bibeltexte Uhr). Für den Münchner Liebfrauen- des Advents und der Weihnachtszeit, dom sind für das Fotografieren so- die vom Neuanfang und Aufbruch, wie Film- und Fernsehaufnahmen be- vom Weg und vom Licht sprechen, stimmte Regeln zu beachten. Wir bit- begleiten den Synodalen Weg in sei- ten alle Medienvertreter, sich für den ner ersten Phase bis zur Auftaktver- Gottesdienst und die O-Töne per E- sammlung am 30. Januar 2020 in Mail (pressestelle@erzbistum-muen- Frankfurt am Main. Für die Gottes- chen.de) zu akkreditieren. Die Presse- dienste in den Gemeinden stehen das stellen der Deutschen Bischofskonfe- Gebet für den Synodalen Weg und ei- renz und des ZdK werden an diesem gene Fürbitten sowie Liedvorschlä- Tag in München auch als Ansprech- ge zur Verfügung, die ab sofort auf partner zur Verfügung stehen. den Internetseiten www.dbk.de und www.zdk.de zu finden sind. Hinweise: Der Vorsitzende der Deutschen Bi- Das Gebet für den Synodalen Weg, schofskonferenz, Kardinal Reinhard Fürbitten sowie Liedvorschläge für Marx, und die Vizepräsidentin des die Gottesdienste in den Gemeinden Zentralkomitees der deutschen Ka- sind unter www.zdk.de und www. tholiken (ZdK), Karin Kortmann, wer- dbk.de (Themenseite Synodaler Weg) den die Synodalkerze gemeinsam im als pdf-Dateien verfügbar. Das Gebet Gottesdienst im Münchner Liebfrau- kann unter www.dbk.de in der Rubrik endom am Sonntag, 1. Dezember Publikationen auch als Gebetszettel 2019, um 10.00 Uhr entzünden. Kar- bestellt werden. dinal Marx und Karin Kortmann gehö- Am ersten Advent (1. Dezember 2019) ren auch dem Präsidium des Synoda- startet die Internetseite www.synoda- len Weges an. lerweg.de. Dort werden alle Informa- Die Kolleginnen und Kollegen der tionen zum Synodalen Weg bereitge- Medien sind zu diesem Gottesdienst stellt. Außerdem werden die Presse- herzlich eingeladen. Im Anschluss da- stellen der Deutschen Bischofskon- Pressemeldungen 295

ferenz und des ZdK ab dem ersten lungen doppelt per E-Mail erhalten. Advent gemeinsam die Pressestel- Wir bitten das zu entschuldigen. le des Synodalen Weges bilden und Diese Pressemitteilung wird von den auch Pressemitteilungen versenden. Pressestellen des Zentralkomitees der Da die verschiedenen Verteiler aus deutschen Katholiken, des Erzbistums datenschutztechnischen Gründen München und Freising und der Deut- nicht vereint werden können, werden schen Bischofskonferenz zeitgleich Sie möglicherweise die Pressemittei- versandt. Mehrfachzusendungen bit- ten wir zu entschuldigen. Mittwoch, 27. November 2019 „Ein Weg der Umkehr und Erneuerung“ Kardinal Marx und Professor Sternberg schreiben Brief an die Gläubigen in Deutsch- land zum Auftakt des Synodalen Weges / Start der offiziellen Facebook-Seite Am kommenden Wochenende, dem kus fordere die Gläubigen auf, eine ersten Advent, beginnt der von der „synodale Kirche“ zu werden. Deutschen Bischofskonferenz und Der Synodale Weg der Kirche in dem Zentralkomitee der deutschen Deutschland solle ein „Weg der Um- Katholiken (ZdK) gemeinsam getra- kehr und der Erneuerung sein, der da- gene Synodale Weg der Kirche. Sym- zu dient, einen Aufbruch im Lichte bolisch werden in vielen Domkirchen des Evangeliums zu wagen und dabei Deutschlands dazu Synodalkerzen über die Bedeutung von Glaube und entzündet. Kirche in unserer Zeit zu sprechen Der Vorsitzende der Deutschen Bi- und Antworten auf drängende Fra- schofskonferenz, Kardinal Reinhard gen der Kirche zu finden“, so Kardinal Marx, und der Präsident des ZdK, Marx und Prof. Sternberg. Prof. Dr. Thomas Sternberg, laden die Selbstkritisch müsse man feststellen: Gläubigen ein, sich aktiv am Synoda- „Die Botschaft des Evangeliums wur- len Weg zu beteiligen. Dazu haben sie de verdunkelt, ja sogar aufs Schreck- für den ersten Advent einen Brief an lichste beschädigt. Wir denken da- die Katholikinnen und Katholiken in bei besonders an den sexuellen Miss- Deutschland geschrieben, der heute brauch an Kindern und Jugendlichen. veröffentlicht wird. Kardinal Marx und Wir müssen Konsequenzen daraus Prof. Sternberg betonen: „Die Freude ziehen und dafür sorgen, dass die Kir- des Evangeliums in Wort und Tat zu che ein sicherer Ort ist. Gemeinsam vermitteln, Christus zu bezeugen und wollen wir den Weg suchen, wie wir Gott zu loben und zu danken, ist Auf- als Kirche heute den Menschen, der gabe des Volkes Gottes. Sie ist allen Welt und Gott dienen können.“ Und Getauften übertragen: Gemeinsam sie fügen hinzu: Den Glauben neu ver- sind wir Kirche.“ Auch Papst Franzis- künden zu wollen, verlangt von uns, 296 Pressemeldungen

dass wir das Gespräch besonders lädt sie in den Sozialen Medien zur über Themen führen, die der Verkün- Beteiligung ein und informiert über digung im Wege stehen, wenn sie die begleitenden Veranstaltungen nicht geklärt werden.“ zum Synodalen Weg. Der offizielle Hashtag lautet #SynodalerWeg. Hier Nur in der Verbundenheit der Vielen, gelangen Sie zum Facebook-Auftritt. die in unterschiedlicher Form den Auftrag der Kirche befördern wollen, Hinweise: im Respekt voreinander und im Hin- Der Brief von Kardinal Marx und Prof. hören auf Gottes Wort werde eine Er- Sternberg ist als pdf-Datei im Anhang neuerung des kirchlichen Lebens und sowie unter www.dbk.de und www. eine Überwindung von Hindernissen zdk.de verfügbar. Eine englische und gelingen, so Kardinal Marx und Prof. italienische Fassung des Briefes sind Sternberg. „Nur gemeinsam sind wir ebenfalls dort abrufbar. Ab dem er- Kirche, auch zusammen mit der Welt- sten Advent finden sich alle Informa- kirche! Nur gemeinsam können wir tionen gebündelt unter www.synoda- das Evangelium bezeugen! So kann lerweg.de. es gelingen, um der Menschen willen überzeugend von dem zu sprechen, Am ersten Advent (1. Dezember 2019) was und wer unser Leben trägt.“ werden der Vorsitzende der Deut- schen Bischofskonferenz, Kardinal Im Brief an die Gläubigen rufen Kar- Reinhard Marx, und die Vizepräsi- dinal Marx und Prof. Sternberg auch dentin des ZdK, Karin Kortmann, um auf, den Synodalen Weg durch Stel- 10.00 Uhr bei einem Gottesdienst im lungnahmen und das Gebet mitzutra- Liebfrauendom zu München die Sy- gen, den Weg in den Gemeinden mit- nodalkerze entzünden. Die Medien zugehen und die Arbeit der Synodal- sind dazu herzlich eingeladen, ebenso versammlung und der Synodalforen, zur Möglichkeit für anschließende O- in denen es konkret um Macht und Töne im Erzbischöflichen Haus. Infor- Gewaltenteilung in der Kirche, Part- mationen dazu sind unter www.dbk. nerschaft und Sexualität, die priester- de (Pressemeldung Nr. 196 vom 25. liche Lebensform sowie die Rolle der November 2019) verfügbar. Der Got- Frau in unserer Kirche gehen soll, zu tesdienst wird im Livestream unter begleiten. Dazu dient die Internetsei- www.st-michaelsbund.de, www.erz- te www.synodalerweg.de, die ab dem bistum-muenchen.de sowie www.sy- ersten Advent freigeschaltet wird und nodalerweg.de zu sehen sein. konkrete Fragen für eine Beteiligung an der Diskussion über die Foren an- Diese Pressemitteilung wird von bietet. den Pressestellen der Deutschen Bi- schofskonferenz und des ZdK zeit- Mit dem heutigen Tag startet bereits gleich verschickt. Mehrfachzusen- die offizielle Facebook-Seite „Der Sy- dungen bitten wir zu entschuldigen. nodale Weg“. Als offene Plattform Pressemeldungen 297

Sonntag, 1. Dezember 2019 Synodaler Weg der Kirche in Deutschland startet Synodalkerze, Videobotschaft der Präsidenten, neue Internetseite mit Beteiligungs- möglichkeiten und Facebook-Präsenz Zum Beginn des Synodalen Weges hindert, diese große Freude zu ver- der Kirche in Deutschland wurden künden und Glaubwürdigkeit zu be- heute (1. Dezember 2019) in den zeugen. Ich lade Sie alle ein, diesen Domkirchen in Deutschland Synodal- Weg mitzugehen, der hineinführt in kerzen entzündet. Als Vertreter des die grenzenlose Freude, dass Gott Präsidiums des Synodalen Weges ha- Mensch geworden ist. Er öffnet un- ben die Vizepräsidentin des Zentral- ser Herz füreinander.“ Kardinal Marx komitees der deutschen Katholiken hob hervor, dass wir einen Weg fin- (ZdK), Karin Kortmann, und der Vor- den müssen, aufeinander zu hören, sitzende der Deutschen Bischofs- auch wenn es unterschiedliche Positi- konferenz, Kardinal Reinhard Marx, onen gebe. „Ich hoffe sehr, dass das in einem feierlichen Gottesdienst im gelingt. Auseinandersetzungen wird Münchner Liebfrauendom gemein- es geben – die gibt es überall.“ Wich- sam die Synodalkerze entzündet. tig sei, dass unser Fundament das „Das ZdK geht mit großem Respekt Evangelium und die Hoffnung auf die und Verantwortung an die Aufgabe, wunderbare Verheißung in Christus gemeinsam mit der Deutschen Bi- sei. „Ich bitte Sie alle, den Synodalen schofskonferenz den Synodalen Weg Weg im Gebet zu unterstützen. Wir in den kommenden zwei Jahren zu brauchen geistliche Sensibilität, sonst gestalten. Die Erwartungen der Gläu- wird der Weg nicht fruchtbar sein. Sie bigen an substantielle Ergebnisse alle lade ich herzlich ein, mitzugehen sind hoch, aber auch die Sorge vor in der Hoffnung, dass Er uns zeigt, einem Scheitern ist groß. Wir machen dass Er selbst der Weg ist.“ uns auf diesen Weg in starkem Gott- vertrauen. Und in der Überzeugung, Videobotschaft der Präsidenten des dass wir in der Verantwortungsge- Synodalen Weges meinschaft von Laien und Geweihten, Außerdem wurde heute eine gemein- neue Wege gehen müssen“, so Karin same Videobotschaft der Präsidenten Kortmann. des Synodalen Weges, Kardinal Marx In seiner Predigt betonte Kardinal und Prof. Dr. Thomas Sternberg (Prä- Marx, dass wir das Evangelium nur sident des ZdK) auf der neuen Inter- sichtbar machen könnten, wenn wir netseite www.synodalerweg.de ver- selbst glaubwürdige Zeugen sind - öffentlicht. Darin betonen beide, dass Zeugen der Freude, Zeugen der Hoff- Bischöfe und Laien gemeinsam die- nung. „Dazu müssen wir die Hinder- sen Weg gehen wollen. „Wir sind ge- nisse beseitigen, die uns beschwe- meinsam Kirche und gemeinsam ge- ren und hinschauen auf das, was uns hen wir die Aufgaben an und set- 298 Pressemeldungen

zen uns ein für das, was wichtig ist“, des Synodalen Weges verfügbar – so Prof. Dr. Sternberg. Kardinal Marx Überlegungen, Meinungen und Be- ruft in dem Video zur Beteiligung aller ratungsvorschläge können hier mit- auf: „Wir gehen gemeinsam und ich geteilt werden. Die Rückmeldungen möchte Sie alle bitten, die Sie zuhö- werden in die Arbeit zum Synoda- ren, die Sie zuschauen: Beteiligen Sie len Weg eingebracht. Außerdem gibt sich, seien Sie neugierig auf das, was es einen wöchentlich wechselnden die Kirche tut, auch wenn Sie sich geistlichen Impuls, der in den ersten vielleicht bis jetzt gar nicht so inten- Wochen aus Auszügen des Gebetes siv mit der Kirche beschäftigt haben. für den Synodalen Weg besteht. Un- Schauen Sie einfach auf das, was im ter Aktuelles sind die Pressemittei- Internet, in den Sozialen Medien an- lungen des Synodalen Weges abruf- geboten wird, erkundigen Sie sich bar. und wir sind für alle Beteiligungen und für alle Fragen, für alle Kritik of- Facebook-Seite Der Synodale Weg fen. Das inspiriert uns und bewegt Die Facebook-Seite Der Synodale uns, danke dafür, wenn Sie das tun.“ Weg lädt als offene Plattform in den Start der Internetseite www.synoda- Sozialen Medien zur Beteiligung ein lerweg.de und informiert über die begleiten- den Veranstaltungen zum Synoda- Auf der neuen Internetseite www.sy- len Weg. Der offizielle Hashtag lautet nodalerweg.de sind neben der Video- #SynodalerWeg. Hier gelangen Sie botschaft alle Informationen und Ma- zum Facebook-Auftritt: www.face- terialien sowie auch Konzepte für Ver- book.com/DerSynodaleWeg. anstaltungen zum Synodalen Weg verfügbar und auch ein Terminkalen- Die Pressestellen der Deutschen Bi- der mit den bundesweiten und regio- schofskonferenz und des ZdK bilden nalen Veranstaltungen. Auf der Start- seit dem 1. Dezember 2019 gemein- seite lädt ein Fotomosaik mit der sam die Pressestelle des Synodalen Möglichkeit zum Hochladen seines Weges. Da die verschiedenen Vertei- Porträtfotos dazu ein, symbolisch sei- ler aus datenschutztechnischen Grün- ne Verbundenheit mit dem Synoda- den nicht vereint werden können, len Weg zu zeigen. Ein weiteres Ele- werden Sie möglicherweise die Pres- ment zur Beteiligung ist die Rubrik Ih- semitteilungen doppelt per E-Mail er- re Stimme zum Synodalen Weg. Dort halten. Wir bitten das zu entschuldi- sind je drei Fragen zu jedem Forum gen. Freitag, 6. Dezember 2019 Kindeswohl als zentrales Kriterium Gemeinsame Konferenz von Deut- veröffentlicht Stellungnahme zu ethi- scher Bischofskonferenz und Zentral- schen Fragen der Fortpflanzungsme- komitee der deutschen Katholiken dizin Pressemeldungen 299

Die Gemeinsame Konferenz aus Mit- tholischen Kirche: Neben den Proble- gliedern der Deutschen Bischofskon- men, die eine gespaltene Elternschaft ferenz und des Zentralkomitees der für die Kinder mit sich bringen kann, deutschen Katholiken (ZdK) betonen handelt es sich bei der Eizellspende in einer heute (6. Dezember 2019) um ein insbesondere für die gene- veröffentlichten Erklärung, dass sich tische Mutter risikobehaftetes Verfah- die Anwendung der stetig wachsen- ren. Daher tritt die katholische Kirche den Möglichkeiten der medizinisch mit Nachdruck für die Beibehaltung assistierten Reproduktion am Wohl der geltenden Regelung des Embryo- der ungeborenen Kinder auszurich- nenschutzgesetzes ein. ten haben. In dem Kindeswohl und Gleichfalls im Einklang mit dem Em- Elternwünsche überschriebenen Do- bryonenschutzgesetz muss auch der kument werden auf dieser Grundlage Umgang mit sogenannten überzäh- Positionen zu fünf aktuell diskutier- ligen Embryonen geregelt sein. Na- ten Aspekten der Fortpflanzungsme- dine Mersch, die dem Beirat als Ex- dizin und der pränatalen Diagnostik pertin des Sozialdienstes katholischer markiert. Der Text wurde von einem Frauen angehört, sieht einen Klä- Fachbeirat für bioethische Fragen er- rungsbedarf bei der Ermöglichung arbeitet und von der Gemeinsamen der Adoption solcher Embryonen Konferenz beschlossen. durch Paare mit unerfülltem Kinder- Die Situation von Menschen, die un- wunsch. Grundsätzlich ist es wün- ter einem unerfüllten Kinderwunsch schenswert, dass auch Embryonen, leiden oder sich um das gesundheit- die der genetischen Mutter nicht im- liche Wohl ihrer zukünftigen Kinder plantiert werden konnten, von einem sorgen, ist sehr ernst zu nehmen. Paar mit unerfülltem Kinderwunsch Dennoch ist die Orientierung am Kin- angenommen, ausgetragen und in deswohl moralisch erstrangig, da die eine Familie hineingeboren werden ungeborenen Kinder bei allen vorge- können. Damit dies gelingen kann, burtlichen Maßnahmen die schwäch- sind die bestehenden Standards der sten Glieder und daher in ihrer beson- Adoptionsvermittlung analog zu be- deren Verletzlichkeit zu schützen sind. rücksichtigen. Das betont Bischof Dr. Gebhard Fürst Häufig geht es nicht nur um die Fra- (Rottenburg-Stuttgart), der zusam- ge, ob ein Kinderwunsch erfüllt wer- men mit ZdK-Vizepräsident Dr. Chri- den kann, sondern auch um das Er- stoph Braß Vorsitzender des Beirats langen von Wissen über die Gesund- ist. heit des ungeborenen Kindes. Ange- Zu einem aktuellen Brennpunkt der sichts der Zunahme von Optionen der Debatte, der von verschiedenen Sei- pränatalen Diagnostik und einer damit ten geforderten Legalisierung der Ei- einhergehenden selektiven Mentali- zellspende in Deutschland, erläutert tät plädiert Beiratsmitglied Prof. Dr. Braß die ablehnende Haltung der ka- Andreas Lob-Hüdepohl für eine deut- 300 Pressemeldungen

liche Erhöhung des Stellenwertes un- griffe in die menschliche Keimbahn abhängiger psychosozialer Beratung. sorgfältig ausloten zu können. Im Fall des künftig von den gesetz- Hier wie auch für alle anderen An- lichen Krankenkassen zu erstattenden wendungsgebiete moderner Fort- nichtinvasiven Tests zur Diagnose von pflanzungsmedizin gilt, dass mensch- Trisomien müssen die Eltern schon liches Leben in jedem Augenblick sei- vor der Durchführung des Tests er- ner Existenz unverfügbar sein muss. reicht und umfassend aufgeklärt wer- Die Erklärung Kindeswohl und Eltern- den. Mit Blick auf die Entwicklungen wünsche ist als pdf-Datei im Anhang in der Genchirurgie, durch die die ge- sowie unter www.dbk.de und www. netischen Eigenschaften künftiger zdk.de verfügbar. Menschen beeinflusst werden kön- Diese Pressemitteilung wird von nen, unterstreicht der Moraltheologe den Pressestellen der Deutschen Bi- die Notwendigkeit eines internatio- schofskonferenz und des ZdK zeit- nalen Moratoriums, um die ethischen gleich verschickt. Mehrfachzusen- Implikationen gentechnischer Ein- dungen bitten wir zu entschuldigen. Freitag, 13. Dezember 2019 Synodaler Weg in Deutschland Mitglieder der Synodalversammlung veröffentlicht Nach dem Auftakt zum Synodalen tralkomitee der deutschen Katholiken Weg am ersten Advent laufen die Vor- und weiteren Gruppierungen. bereitungen für die erste Synodalver- Die Liste der Mitglieder der Synodal- sammlung an, die vom 30. Januar bis versammlung ist als pdf-Datei unter 1. Februar 2020 in Frankfurt stattfin- www.synodalerweg.de verfügbar und det. wird laufend aktualisiert. 230 Personen gehören der Synodal- Die Pressestellen der Deutschen Bi- versammlung gemäß der von der schofskonferenz und des ZdK bilden Deutschen Bischofskonferenz und seit dem 1. Dezember 2019 gemein- dem Zentralkomitee der deutschen sam die Pressestelle des Synodalen Katholiken (ZdK) beschlossenen Sat- Weges. Da die verschiedenen Vertei- zung an. Mit der heute veröffentlich- ler aus datenschutztechnischen Grün- ten Liste der Mitglieder der Synodal- den nicht vereint werden können, versammlung ist der überwiegende werden Sie möglicherweise die Pres- Teil der Synodalen benannt. Die Liste semitteilungen doppelt per E-Mail er- enthält die Mitglieder aus allen Ent- halten. Wir bitten das zu entschuldi- sendeorganisationen, die in der Sat- gen. zung genannt werden, also der Deut- schen Bischofskonferenz, dem Zen- 301

7. Mitglieder und Gremien des ZdK 302 Mitglieder und Gremien des ZdK

I. PRÄSIDIUM

1. Präsident Prof. Dr. Thomas Sternberg

2. Vizepräsidenten Dr. Christoph Braß Wolfgang Klose Karin Kortmann Dr. Claudia Lücking-Michel

3. Generalsekretär Dr. Stefan Vesper

4. Geistl. Assistent Erzbischof Dr. Stefan Heße Mitglieder und Gremien des ZdK 303

II. HAUPTAUSSCHUSS

1. Präsident Prof. Dr. Thomas Sternberg

2. Vizepräsidenten Dr. Christoph Braß Wolfgang Klose Karin Kortmann Dr. Claudia Lücking-Michel

3. Generalsekretär Dr. Stefan Vesper

4. Geistl. Assistent Erzbischof Dr. Stefan Heße

5. Weitere Mitglieder

Dr. Karlies Abmeier Thomas Andonie Dr. Emeka Ani Prof. Dr. Birgit Aschmann Susanne Bühl Gabriele Erpenbeck Joachim Frank Staatsministerin Prof. Monika Grütters MdB 304 Mitglieder und Gremien des ZdK

Dr. Barbara Hendricks MdB Bettina Jarasch MdA Torsten Kasimirek Martin Kastler Marie-Theres Kastner Dr. Michael Lentze Andreas Luttmer-Bensmann Birgit Mock Hildegard Müller Prof. Dr. Claudia Nothelle Dr. Irme Stetter-Karp Dirk Tänzler Prof. Dr. Agnes Wuckelt Prof. Dr. Dorothea Sattler

Ständiger Gast: Prälat Dr. Karl Jüsten Mitglieder und Gremien des ZdK 305

III. SACHBEREICHE UND IHRE SPRECHERINNEN BZW. SPRECHER

Sachbereich 1: Theologie, Pastoral und Ökumene Sprecherin: Prof. Dr. Dorothea Sattler

Sachbereich 2: Politische und ethische Grundfragen Bettina Jarasch MdA

Sachbereich 3: Wirtschaft und Soziales Sprecherin: Hildegard Müller

Sachbereich 4: Bildung, Kultur und Medien Sprecherin: Staatsministerin Prof. Monika Grütters, MdB

Sachbereich 5: Familie Sprecherin: Birgit Mock

Sachbereich 6: Nachhaltige Entwicklung und globale Verantwortung Dr. Barbara Hendricks MdB

Sachbereich 7: Europäische Zusammenarbeit und Migration Sprecher: Martin Kastler, MdEP a.d. 306 Mitglieder und Gremien des ZdK

IV. GEMEINSAME KONFERENZ Gemeinsame Konferenz des Zentralkomitees und der Deutschen Bischofskonferenz

Vertreter des ZdK

Thomas Andonie Thomas Antkowiak Dr. Christoph Braß Dr. Maria Flachsbarth MdB Wolfgang Klose Karin Kortmann Prof. Dr. Andreas Lob-Hüdepohl Claudia Lücking-Michel Prof. Dr. Dorothea Sattler Prof. Dr. Thomas Sternberg

Vertreter der Deutschen Bischofskonferenz

Bischof Dr. Franz-Josef Bode, Osnabrück Weihbischof Ulrich Boom, Würzburg Weihbischof Robert Brahm, Trier Erzbischof Stephan Burger, Freiburg Bischof Dr. Gebhard Fürst, Rottenburg-Stuttgart Erzbischof Dr. Heiner Koch, Berlin Weihbischof Dr. Thomas Löhr, Limburg Kardinal Reinhard Marx, München und Freising Weihbischof Wilfrid Theising, Münster / Vechta Bischof Heinrich Timmerevers, Dresden Mitglieder und Gremien des ZdK 307

V. VOLLVERSAMMLUNG

1. Vertreter der Diözesanräte

Aachen: Sonja Billmann (ausgeschieden im Januar 2019) Lutz Braunöhler (ausgeschieden im Januar 2019) Marie-Theres Jung (neu im Januar 2019) Benedikt Patzelt (neu im Januar 2019) Heribert Rychert (neu im Januar 2019)

Augsburg: Sieglinde Hirner Bernhard Ledermann Erich Mutter

Bamberg: Franz Eller Klaus Koschinsky Astrid Schubert

Berlin: Dr. Karlies Abmeier Wolfgang Klose Bernd Streich

Dresden-Meißen: Martina Breyer Stefanie Hauk Marko Schiemann MdL 308 Mitglieder und Gremien des ZdK

Eichstätt: Christian Gärtner Karl Kautzsch Maria E. Müller

Erfurt: Dr. Renate Hesse (ausgeschieden im März 2019) Thomas Kretschmer Sabine Maria Kuchta (neu im März 2019) Alois Wolf

Essen: Dorothé Möllenberg Stephanie Schulze Dirk Tänzler

Freiburg: Detlev Aurand Dr. Stefan Eschbach Martina Kastner

Fulda: Bettina Faber-Ruffing Steffen Flicker Marcus C. Leitschuh

Görlitz: Dr. Rainer Nomine Eva.Maria Nowy (ausgeschieden im April 2019) Sonja Rehor Christine Schirmer (neu im im April 2019) Mitglieder und Gremien des ZdK 309

Hamburg: Joana Düvel Prof. Dr. Stefanie Heiden Prof. Dr. Walter Raasch

Hildesheim: Miriam Albers Kathrin Brauner (neu im Mai 2019) Carola Stieglitz (ausgeschieden im Mai 2019) Winfried Quecke

Köln: Tim-O. Kurzbach Norbert Michels Dorothee Schwüppe

Limburg: Wiegand Otterbach Christian Pulfrich Dr. Barbara Wieland

Magdeburg: Dagobert Glanz Torsten Kasimirek Regina Masur

Mainz: Martin Buhl Roland Hohenstein Michael Refflinghaus 310 Mitglieder und Gremien des ZdK

München und Freising: Dr. Cordula Brechmann Prof. Dr. Hans Tremmel Joachim Unterländer

Münster: Cornelia Graßhoff Kerstin Stegemann (neu im Mai 2019) Jürgen Tausgraf

Osnabrück: Katharina Abeln (neu im ZdK) Heinz-Wilhelm Brockmann (ausgeschieden im Mai 2019) Sigrid Egbers (ausgeschieden im Mai 2019) Christoph Geffert Katharina Nussbaum (neu im ZdK)

Paderborn: Jan Hilkenbach Anneliese Thies Markus Ziganki

Passau: Markus Biber Helmut Degenhart Dr. Hanna Seidl

Regensburg: Katharina Libon Karin Schlecht Monika Uhl Mitglieder und Gremien des ZdK 311

Rottenburg-Stuttgart: Maria Berger-Senn Dekan Paul Magino Daniel Noa

Speyer: Luisa Fischer Astrid Waller Theo Wieder

Trier: Anne Anheier Dr. Herta Brinkmann Herbert Caspar Dagmar Heib MdL

Würzburg: Susanne Bühl Karl-Peter Büttner Lukas Greubel

Katholikenrat beim kath. Militärbischof für die Deutsche Bundeswehr Oberst i. G. Dr. Burkhard Köster Oberstleutnant Dr. Michael Lippert Generalleutnant Dr. Ansgar Rieks

Bundespastoralrat der Katholiken anderer Muttersprache: Dr. Emeka Ani Dr. Pero Jurisic Slavko Kessler 312 Mitglieder und Gremien des ZdK

2. a) Vertreter katholischer Verbände

Ackermann-Gemeinde Martin Kastler, M.d.E.P. a.D.

Allgemeiner Cäcilien-Verband für Deutschland (ACV) Msgr. Prof. Dr. Wolfgang Bretschneider

Arbeitsgemeinschaft der kath. Verbände Mittel- und Osteuropa Matthias Dörr

Arbeitsgemeinschaft kath. Studentenverbände (AGV) Dr. Bernd Schulte (ausgeschieden im Februar 2019) Johannes Winkel (neu im Februar 2019)

Berufsgemeinschaft der Pfarrhaushälterinnen Irmgard Schwermann

Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) Thomas Andonie Pfr. Dirk Bingener Lisi Maier Katharina Norpoth

Bund Katholischer Unternehmer (BKU) Prof. Dr. Ulrich Hemel Daniel Trutwin

Caritas-Konferenzen Deutschlands (CKD) Marlies Busse Mitglieder und Gremien des ZdK 313

Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen (CV) Dr. Heiner Emrich

DJK-Sportverband Elisabeth Keilmann Bernward Siemes

Gemeinschaft der Katholischen Männer Deutschlands (GKMD) Stephan Buttgereit

Gemeinschaft der Vinzenz-Konferenzen Deutschlands Winfried Hupe

Gemeinschaft Katholischer Soldaten (GKS) Oberst Rüdiger Attermeyer

Gesellschaft Katholischer Publizisten Deutschlands (GKP) Joachim Frank Dr. Christian Klenk

HELIAND - Kreis Katholischer Frauen Adelheid Singer-Luschka

Kartellverband katholischer deutscher Studentenvereine (KV) Matthias Belafi

Katholische Akademikerarbeit Deutschlands (KAD) Manfred Speck 314 Mitglieder und Gremien des ZdK

Katholische Arbeitnehmer-Bewegung Deutschlands (KAB) Bernadette Branzk Maria Etl Angelika Görmiller Brigitte Lehmann Andreas Luttmer-Bensmann

Katholische Frauengemeinschaft Deutschands (kfd) Mechtild Heil Monika von Palubicki Brigitte Vielhaus Prof. Dr. Agnes Wuckelt

Katholische Landvolkbewegung Deutschlands (KLB) Heinz-Georg Büker Nicole Podlinski

Katholischer Deutscher Frauenbund (KDFB) Dr. Maria Flachsbarth MdB Christiane Fuchs-Pellmann Dagmar Mensink Birgit Mock Emilia Müller

KKV - Bundesverband der Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung Josef Ridders Mitglieder und Gremien des ZdK 315

Kolpingwerk Deutschland Thomas Dörflinger MdB Pfr. Josef Holtkotte Ulrich Vollmer Rosalia Walter

Malteser-Hilfsdienst (MHD) Karl Prinz zu Löwenstein

ND Kurt Schanné

Pax Christi Gerold König

Verband der wissenschaftlichen kath. Studentenvereine UNITAS (UV) Dr. Dr. Thomas Lohmann (ausgeschieden im April 2019) Christian Poplutz (neu im April 2019)

2. b) Vertreter aus Aktionen, Sachverbänden, Berufsverbän- den und sonstigen Zusammenschlüssen

Adveniat - Bischöfliche Aktion Pater Michael Heinz Stephan Jentgens

Arbeitsgemeinschaft für Entwicklungshilfe (AGEH) Martin Vehrenberg 316 Mitglieder und Gremien des ZdK

Arbeitsgemeinschaft Katholischer Hochschulgemeinden Theresia Härtel

Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken Msgr. Georg Austen

Bundesverband der Gemeindereferenten/innen und Religionslehrer/innen i. K. in den Diözesen der BRD Eva-Maria Dech Michaela Labudda

Cartell Rupert Mayer (CRM) Prof. Dr. Thomas Sternberg

Cusanuswerk - Bischöfliche Studienförderung Dr. Thomas Scheidtweiler

Deutscher Caritasverband (DCV) Prälat Dr. Peter Neher Dr. Irme Stetter-Karp Eva Maria Welskop-Deffaa

Deutscher Katecheten-Verein (DKV) Dominik Blum

Familienbund der Katholiken Stefan Becker Matthias Dantlgraber Dr. Joachim Drumm Ulrich Hoffmann Mitglieder und Gremien des ZdK 317

Hildegardis-Verein Prof. Dr. Gisela Muschiol

IN VIA - Katholischer Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit Dr. Beate Gilles

Katholische Elternschaft Deutschlands (KED) Marie-Theres Kastner

Katholische Erwachsenenbildung Deutschland (KEB) Andrea Heim (neu im April 2019) Andrea Hoffmeier (ausgeschieden im April 2019)

Katholische Erziehergemeinschaft Deutschlands (KEG) Dr. Bernd Uwe Althaus

Katholischer Pflegeverband Sr. M. Elisa Döschl

Kindermissionswerk - die Sternsinger Stefan Becker Prälat Dr. Klaus Krämer

Katholischer Medienverband (KM) Wolfgang Bullin

Maximilian-Kolbe-Werk Dr. Oliver Müller 318 Mitglieder und Gremien des ZdK

Misereor - Bischöfliches Hilfswerk Thomas Antkowiak Dr. Martin Bröckelmann-Simon Msgr. Pirmin Spiegel

missio - Internationales Katholisches Missionswerk Dr. Gregor Frhr. v. Fürstenberg Dr. Dr. Thomas Fornet-Ponse

Raphaelswerk Birgit Klaissle-Walk

Renovabis Pfr. Dr. Christian Hartl Dr. Markus Ingenlath)

SKM - Bundesverband Ludger Urbic

Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) Hildegard Eckart (neu im September 2019) Nadine Mersch Dr. Anke Klaus (ausgeschieden im September 2019)

2. c) Vertreter aus geistlichen Gemeinschaften und Bewegungen sowie aus den Säkularinstituten

Arbeitsgemeinschaft der Säkularinstitute in Deutschland Maria Lohre Mitglieder und Gremien des ZdK 319

Cursillo-Arbeitsgemeinschaft Deutschland (CAD) Michael Kettling

Fokolar-Bewegung Dr. Gabi Ballweg

Gemeinschaft Christlichen Lebens (GCL) Ursula Becker

Gemeinschaft Sant‘Egidio Pfarrer Dr. Matthias Leineweber

Ordo Franciscanus Saecularis (OFS) Joachim Keßler

Schönstatt-Bewegung Deutschland Prof. Dr. Joachim Söder

Vereinigung des katholischen Apostolates UAC Pater Ulrich Scherer SAC 320 Mitglieder und Gremien des ZdK

3. Weitere Mitglieder

Dieter Althaus André Arenz Prof. Dr. Birgit Aschmann Staatsministerin Prof. Dr. Maria Böhmer MdB Dr. Christoph Braß Prof. Dr. Dr. hc Heinrich Detering Ministerpräsidentin Malu Dreyer Prof. Dr. Dr. Michael N. Ebertz Maria Eichhorn Prof. Dr. Bernhard Emunds Gabriele Erpenbeck Dr. Peter Frey Staatsministerin Prof. Monika Grütters MdB Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff MdL Prof. Dr. Marianne Heimbach-Steins Bundesministerin Dr. Barbara Hendricks MdB Prof. Dr. Brigitta Herrmann Bettina Jarasch Prälat Dr. Karl Jüsten Julia Klöckner MdL Karin Kortmann Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer MdL Ministerpräsident Winfried Kretschmann MdL Dr. Clemens Ladenburger Dr. Harald Langenfeld Dr. Michael Lentze Dr. Peter Liese MdEP Prof. Dr. Andreas Lob-Hüdepohl Dr. Claudia Lücking-Michel Gudrun Lux Dagmar Mensink Mitglieder und Gremien des ZdK 321

Prof. Dr. Anja Middelbeck-Varwick Hildegard Müller Bundesminister Dr. Gerd Müller MdB Bundesministerin Andrea Nahles MdB Dr. Claudia Nothelle Prof. Dr. Beate Rudolf Prof. Dr. Dorothea Sattler Prof. Dr. Matthias Sellmann Prof. Dr. Thomas Söding Dr. h. c. Dr. Olaf Tyllack Rita Waschbüsch Manfred Weber MdEP Michael Wedell Prof. Dr. Hubert Wolf

Mitglied nach § 3 (1 f) des Statuts

Dr. Stefan Vesper

Gäste: Sr. Agnesita Dobler OSF Abt Hermann Josef Kugler OPraem Pater Dr. Hans Langendörfer Rabbiner Prof. Dr. Andreas Nachama Sr. M. Regina Pröls 322 Mitglieder und Gremien des ZdK

VI. STÄNDIGE ARBEITSKREISE UND GESPRÄCHS- KREISE

Ständiger Arbeitskreis „Theologie, Pastoral und Ökumene“ (Sachbereich 1)

Sprecherin: Prof. Dr. Dorothea Sattler

Geschäftsführer: Rektor Christoph Stender

Weitere Mitglieder:

Jun.-Prof. Dr. theol. Wolfgang Beck (neu) Dr. Jörg Bickelhaupt (neu) Margret Dieckmann-Nardmann Prof. Dr. Johannes Först (neu) Notburga Heveling Dr. Regina Heyder (neu) Pfr. Josef Holtkotte Dr. Annette Jantzen Andrea Kett Michaela Labudda (neu) Regina Masur Erzpriester Constantin Miron (neu) PD Dr. Burkhard Neumann Dr. Dorothea Reininger Prof. Dr. Thomas Söding (neu) Edmund Speiseder (neu) Alfred Streib Profin. Dr. Agnes Wuckelt (neu) Mitglieder und Gremien des ZdK 323

Ständiger Arbeitskreis „Politische und ethische Grundfra- gen“

(Sachbereich 2)

Sprecherin: Bettina Jarasch MdA

Geschäftsführer: Dr. Hubert Wissing

Weitere Mitglieder: Dr. Thomas Arnold Prof. Dr. Birgit Aschmann Staatsministerin a. D. Prof. Dr. Maria Böhmer Matthias Dantlgraber Dr. Angelica Dinger Maria Eichhorn Parl. Staatssekretärin Dr. Maria Flachsbarth MdB Dr. Peter Frey Diana S. Freyer Prof. Dr. Alexis Fritz Katrin Gerdsmeier Prof. Dr. Stefanie Heiden Katharina Jestaedt Prof. Dr. Heinz-Gerhard Justenhoven P. Dominik Kitta OPraem Gerold König 324 Mitglieder und Gremien des ZdK

Prof. Dr. Dr. Karl-Rudolf Korte Prof. Dr. Gerhard Kruip Prof. Dr. Andreas Lob-Hüdepohl Gudrun Lux (neu) Lisi Maier Dagmar Mensink (neu) Dr. Andreas Püttmann (neu) Dr. Ansgar Rieks (neu) Prof. Dr. Beate Rudolf (neu) Dr. Elfriede Schießleder Dr. h. c. Wolfgang Thierse Theo Wieder (neu)

Ständiger Arbeitskreis „Wirtschaft und Soziales” (Sachbereich 3)

Sprecherin: Hildegard Müller

Geschäftsführerin: Inga Markert

Weitere Mitglieder: Dr. Karlies Abmeier André Arenz Stefan Becker Peter Clever Prof. Dr. Bernhard Emunds Prof. Dr. Marianne Heimbach-Steins Hans-Jörg Heims Andreas Kuhlmann Mitglieder und Gremien des ZdK 325

Dr. Irina Kummert Dr. Harald Langenfeld Uta Losem Dr. Heide Mertens Peter Niedergesäss Dr. Bernd Schulte Karl-Sebastian Schulte Kerstin Stegemann Dr. Ansgar Tietmeyer Joachim Unterländer Ulrich Vollmer Michael Wedell Peter Weiß MdB Eva Maria Welskop-Deffaa Markus Ziganki 326 Mitglieder und Gremien des ZdK

Gesprächskreis „Juden und Christen“ beim ZdK

Vorsitzende: Dagmar Mensink Rabbiner Prof. Dr. Andreas Nachama

Geschäftsführerin: Miriam Strehler

Weitere Mitglieder: Prof. Dr. Micha Brumlik Dr. René Dausner Prof. Dr. Kathy Ehrensperger (neu) Prof. Dr. Hanspeter Heinz Prof. Dr. Hans Hermann Henrix Prof. Dr. Gregor Maria Hoff (neu) Rabbiner Prof. Dr. Dr. h. c. Walter Homolka Dr. Uri Kaufmann Petra Kunik Prof. Dr. Hanna Liss Prof. Dr. Ilse Müllner Prof. Dr. Maria Neubrand MC Daniel Noa Dr. Paul Petzel Dr. Norbert Reck Prof. Dr. Susanne Sandherr Prof. Dr. Barbara Schmitz Prof. Dr. Heinz-Günther Schöttler Dr. Hermann Simon Rabbiner Julian-Chaim Soussan Mitglieder und Gremien des ZdK 327

Christoph Stender (neu) Prof. Dr. Susanne Talabardon Prof. Dr. Joachim Valentin Rabnbinerin Natalia Verzhborska (neu) Rabbiner Drs. Edward van Voolen Dr. Uta Zwingenberger

Gesprächskreis „Christen und Muslime“ beim ZdK

Vorsitzende: Gabriele Erpenbeck

Geschäftsführerin:

Miriam Strehler

Weitere Mitglieder: Dr. Dina El Omari Abdassamad El Yazidi Anna- Maria Fischer OKR Dr. Detlef Görrig Staatssekretärin Serap Güler Dr. Timo Güzelmansur Talat Kamran Pfr. Dr. Ludger Kaulig Dr. Burkhard Köster Prof. Dr. Anja Middelbeck-Varwick Hamideh Mohagheghi Rabeya Müller Katja Nikles Rafet Öztürk Dr. Andreas Renz 328 Mitglieder und Gremien des ZdK

Sebastian Ritter Pfr. Johannes Stein Christoph Stender Dr. Christian Ströbele Duran Terzi Mitglieder und Gremien des ZdK 329

VII. GENERALSEKRETARIAT Stand: 01.01.2020

Marc Frings Generalsekretär, Geschäftsführer des ZdK e. V.

Lisamarie Singer Leiterin der Geschäftsstelle, stellvertretende Geschäftsführerin des ZdK e. V., Gf Stiftung Lumen Gentium

Dr. Rainer Gottschalg Persönlicher Referent des Generalsekretärs des ZdK. e.V.

Christoph Stender Rektor, Gf des Sachbereiches 1 „Theologie, Pastoral und Ökumene”

Theodor Bolzenius Referat für Presse und Öffentlichkeitsarbeit, Pressesprecher

Dr. Hubert Wissing Leiter der Arbeitsgruppe Kirche und Gesellschaft, Gf des Sachbereichs 2 „Politische und ethische Grundfragen” Gf der Arbeitsgemeinschaft der katholischen Organisationen Deutschlands (AGKOD)

Dr. Rainer Gottschalg Referat für Bildung, Kultur und Medien, Gf des Sachbereichs 4 „Bildung, Kultur und Medien”, Gf des Sachbereichs 5 „Familie” und des Ökumenischen Arbeitskreises Ehrenamt 330 Mitglieder und Gremien des ZdK

Dr. Markus Grimm Referat für internationale Aufgaben, Gf des Sachbereichs 7 „Europäische Zusammenarbeit und Migration”, Gf der Konferenz der Diözesanräte

Inga Markert Referat für Wirtschaft, Soziales und Umwelt, Gf der Sachbereiche 3 „Wirtschaft und Soziales" und 6 „Nachhaltige Entwicklung und globale Verantwortung”

Dr. Thomas Großmann Leiter der Arbeitsgruppe Katholikentage und Großveranstaltungen, Studienreferat

Lioba Speer Programmreferat

Miriam Strehler Programmreferat und Gf des Gesprächskreises „Juden und Christen” beim ZdK und Gf des Gesprächskreises „Christen und Muslime”

Roland Vilsmaier Geschäftsführer der Deutschen Katholikentage und Großveranstaltungen

Berichte und Dokumente

2010