FDP – 04. WP Fraktionssitzung: 03. 04. 1962

3. April 1962: Fraktionssitzung

ADL, Bestand Wolfgang Mischnick, A40-749. Überschrift: »Kurzprotokoll der Sitzung der Fraktion am 3. April [1962]1«. Zeit: 14.45–19.15 Uhr. Vorsitz: Mende, später: Döring, Bucher. Anwesende Fraktionsmitglieder: keine Angabe.

Sitzungsverlauf: A. Bericht aus dem Ältestenrat. B. Vorbereitung der Erklärung der Bundesregierung. C. Vorbereitung der Tagesordnung (Zweite Beratung des Gesetzentwurfs über die Feststel- lung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1962). D. Bericht aus den Arbeitskreisen. E. Geschäftliche Mitteilungen.

[A.] TOP 1: Bericht aus dem Ältestenrat Zoglmann: Die Plenarsitzung am Donnerstag und Freitag beginnt jeweils mit der Fra- gestunde. Am Donnerstag, den 5.4., beginnt die 2. Lesung in der Reihenfolge der Ein- zelpläne 01, 02 und 03. Dann wird 09 (Wirtschaft) vorgezogen. Hier wird mit einer längeren Debatte gerechnet, da die SPD eine Zeit von vier Stunden geschätzt hat. Der Wirtschaft folgen die Geschäftsbereiche des Bundesministers der Justiz, Gesundheit, Auswärtiges Amt, Innen und Finanzen, der Geschäftsbereich des Bundeskanzlers soll erst am Dienstag, den 10.4., zur Behandlung kommen. Der Freitag beginnt mit dem Plan des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Weiterhin hat die SPD für den Plan des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung und für Ver- kehr eine Debatte angekündigt. Beim Verteidigungsetat sind einige Anträge der SPD zu erwarten. Das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit wird ebenfalls debat- tiert. Jedoch wird beim Haushalt Wuermeling2 keine Debatte stattfinden. Das Sozial- ministerium wird zusammen mit dem Einzelplan 33 – Versorgung – behandelt, der zivile Notstand im Zusammenhang mit dem Innenministerium. Am Donnerstag findet zwischen 13 und 14.30 Uhr eine Mittagspause statt. Das Plenum wird bis 21.30 Uhr andauern. Am Dienstag, den 10.4., wird bis zum Ende der 2. Lesung durchgetagt. Mitt- woch, der 11.4., bleibt frei für die Fraktion und für Ausschüsse. Am Donnerstag, den 12.4., und Freitag, den 13.4., findet die 3. Lesung statt. Der Fibag3-Ausschuß wird auch während der Plenarsitzung tagen. Dürr: Im Mai finden Plenarsitzungen am Mittwoch, den 9., und am Freitag, den 11., Mittwoch, den 16., Freitag, den 18.5., statt. Donnerstag, der 17. Mai, ist wahrscheinlich frei für Ausschüsse. Präsenzpflicht ist im Mai vom 8.–11., vom 15.–18. und vom 22.–23. Auf die Tagesordnung dieser oder der kommenden Woche werden noch einige Punkte gesetzt, die nicht debattiert werden. Sollte eine Debatte erwünscht sein, so wird der jeweilige Punkt von der Tagesordnung abgesetzt.

1 Vom Bearbeiter eingefügt. Dafür gestrichen: »1963«. 2 Franz-Josef Wuermeling, MdB (CDU), Bundesminister für Familien- und Jugendfragen. 3 Finanzbau Aktiengesellschaft.

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[B.] TOP 2: Vorbereitung der Erklärung der Bundesregierung Dr. Starke: Er nimmt Bezug auf Äußerungen Dr. Mendes, daß die USA eine Verstär- kung der im Bundeshaushalt bereitgestellten Mittel für die Entwicklungshilfe auf eine durchschnittliche Höhe von 4 Mrd. DM erwarten. Scheel und er streben dagegen eine Entwicklungshilfe über die Wirtschaft an. Die Entwicklungshilfe und die Wiedergutmachung bedingen einen hohen Handelsbi- lanzüberschuß, der gegenüber der Lage vor einem Jahr erschreckend abgesunken ist, denn durch die höhere Kostenbelastung der Wirtschaft ist die deutsche Konkurrenzlage bedeutend verschlechtert. Die Ausfuhr ist zu teuer und die Einfuhren kommen leichter hinein. Aufgrund seiner Haushaltsrede sowie der Ausführungen Erhards4 müssen nun von der Bundesregierung Maßnahmen angekündigt und ergriffen werden. Es kommt für uns darauf an, daß wir dazu entsprechende Beiträge liefern. Die Verkündung der Maßnahmen muß durch Erhard erfolgen. Die besondere Übersteigerung am Baumarkt überdeckt die wirkliche Entwicklung der übrigen Wirtschaft. Die Preissteigerung bei der Bauwirtschaft darf sich nicht auf andere Wirtschaftszweige übertragen. Die vorge- schlagene Gesetzesvorlage zur Regelung des Baumarktes ist abzulehnen. Statt dessen schlägt er vor, daß der Bundesfinanzminister die Ermächtigung bekommt, eine haus- haltsrechtliche Sperre von 20 % für öffentliche Mittel im Hoch- und Tiefbau auszuspre- chen. Der § 19 des Wohnungsbaugesetzes sollte suspendiert werden. Auf dem Gebiet 5 der Steuern sollte der § 7 b EStG ebenfalls aufgehoben bzw. nur für Eigenheime und

Eigentumswohnungen belassen werden. Der § 7 c EStG sollte nicht verlängert werden. Bis zum 31.12.1962 sollte ein Verbot für Hoch- und Verwaltungsbauten ausgesprochen werden. Davon soll auch das Post- und Verkehrsministerium betroffen werden. Der Wohnungs- und Straßenbau der Länder und Gemeinden könnte ausgenommen werden. Zusätzliche Ausgaben sollten nur in Notfällen gemacht werden, wobei von der Anwen- dung des Artikel 113 des GG u. U. Gebrauch gemacht werden muß. Eine alte Forde- rung der FDP ist schließlich, daß derjenige steuerlich begünstigt wird, der bei einer Überhitzung, wie sie jetzt auf dem Baumarkt zu verzeichnen ist, nicht baut. Dr. Atzenroth: Er spricht sich für eine Unterstützung der Vorschläge Dr. Starkes aus. Dr. Starke: Er hört soeben, daß die CDU über diesen Punkt heute nicht mehr sprechen will. Wenn diese Frage morgen im Koalitionsausschuß besprochen wird, darf nicht gleichzeitig das Kabinett tagen. Er trägt noch nach, daß die Erklärung der Regierung unter dem Motto Schutz der Sparer usw. stehen sollte. Dr. Mende: Er schlägt vor, daß Lenz Erhard bittet, die Kabinettsitzung auf morgen 11 Uhr zu verlegen, damit Dr. Starke an der Koalitionsausschußsitzung teilnehmen kann. Dr. Diemer: Sie begrüßt die Vorschläge Dr. Starkes, betont aber ihre Gegnerschaft gegen eine Genehmigung bzw. Verbotsgesetzgebung. Dr. Aschoff: Man sollte Dr. Starke im Grundsatz zustimmen und Kleinigkeiten der Entwicklung überlassen. Funcke: Sie hat Bedenken gegen Eingriffe in die gewerbliche Wirtschaft. Dr. Mende: Der Beifall für Dr. Aschoff beweist, daß man den Vorschlägen Dr. Starkes folgen sollte.

4 , MdB (CDU), Bundesminister für Wirtschaft, Vizekanzler. 5 Einkommensteuergesetz.

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Es erfolgt eine Abstimmung über die Vorschläge Dr. Starkes. Die Fraktion spricht sich einstimmig für ihre Annahme aus. An der Koalitionsausschußsitzung am 4.4.1962 soll- ten zusätzlich Dr. Imle, Dr. Atzenroth und Mertes teilnehmen. Dr. Starke: Wir sollten der Presse gegenüber zum Ausdruck bringen, daß die Fraktion zur Lage auf dem Baumarkt ein festes Programm beschlossen hat. Dr. Atzenroth: Er hält es für besser, die Presse erst morgen zu informieren, weil wir sonst nicht umhin kommen, auf Einzelheiten einzugehen. Moersch6: Er schlägt vor, daß wir sagen, daß wir Beschlüsse gefaßt haben, die wir aber erst morgen bekanntgeben werden. Dr. Mende: Wir sollten uns nicht festlegen. Moersch: Er wird eine kurze Erklärung hierzu formulieren. [C.] TOP 3: Vorbereitung der Tagesordnung Vorsitz: Döring. Einzelplan 01 – Bundespräsident und Bundespräsidialamt Ohne Debatte. Einzelplan 02 – Deutscher Ohne Debatte. Einzelplan 03 – Bundesrat Ohne Debatte. Einzelplan 04 – Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes Zoglmann: Die FDP wünscht hier einen Einfluß auf Titel 300. Dar- über muß sie sich jedoch mit der CDU unterhalten. Dr. Bucher: Er hält es für unlogisch, wenn man der Opposition keinen Einblick gewähren will. Dr. Mende: Bei der 1. Koalition hatten Dehler und Blücher7 Ein- blick in diesen Titel. Als die FDP noch in der Opposition war, ha- ben sie sich für den Einblick einer kleinen Gruppe ausgesprochen. Adenauer ist der Meinung, daß er hier nur alleine Einblick haben dürfe. Dr. Rutschke: Es handelt sich hier um eine Frage der demokrati- schen Kontrolle. Er spricht sich dafür aus, daß die Fraktionsvorsit- zenden die Kontrollfunktion wahrnehmen. Dürr: Die FDP sollte hier nicht auf die CDU-These einschwenken. Die Frage wird im Koalitionsausschuß behandelt. Lenz: Die CDU hat den Vermittlungsvorschlag gemacht, daß zwei Bundesminister – es wurden die Namen Lenz und Krone8 genannt – Einblick nehmen oder auch die Fraktionsvorsitzenden. Bei einem

6 Karl Moersch, Leiter der Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der FDP-Bundesgeschäftsstelle.

7 Franz Blücher († 1959), 1949–28. Februar 1958 MdB (FDP, ab 23. Februar 1956 fraktionslos, ab 15. März 1956 DA, ab 26. Juni 1956 FVP, ab 14. März 1957 DP/FVP, ab 15. Oktober 1957 DP), 1949– 1957 Bundesminister für Angelegenheiten des Marshallplanes bzw. für wirtschaftliche Zusammenar- beit, 1949–1954 Vizekanzler. 8 , MdB (CDU), Bundesminister für besondere Aufgaben.

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etwaigen SPD-Antrag sollten wir uns aber mindestens der Stimme enthalten. Spitzmüller: Wir kommen von dem, was wir bisher bei Titel 300 vertreten haben, nicht mehr herunter. Zoglmann: Es ist ein natürliches Bedürfnis der Opposition, daß sie daran interessiert ist, zu erfahren, wie die hier verteilten Gelder ver- wendet werden. Dr. Bucher: Wir müssen unseren hierzu vertretenen Standpunkt beibehalten. Schultz: Er unterstützt Dr. Bucher, denn auch wir könnten wieder einmal in der Opposition stehen. Genscher9: Wir sollten morgen im Koalitionsausschuß sagen, daß man sich über den Titel 300 unterhalten kann, jedoch kann es so, wie es bisher war, auf keinen Fall weitergehen. Döring: Er spricht sich für eine Kontrolle des Reptilienfonds, wie sie bei Gehlen10 erfolgt, beim Presseamt aus. Dürr: Die Kontrolle sollte durch die drei Fraktionsvorsitzenden vorgenommen werden. Abstimmung: Die Fraktion spricht sich für eine Kontrolle des Titels 300 beim Bundespresseamt durch die drei Fraktionsvorsitzenden bei einer Gegenstimme (Peters) und zwei Enthaltungen (Lenz, Zog- lmann) aus. Einzelplan 05 – Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes Döring: Eine Grundsatzdebatte findet nicht statt. Für Einzelfragen werden Dr. Achenbach und von Mühlen gebeten, sich bereitzuhal- ten. Einzelplan 06 – Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern Als Sprecher hält sich Dr. Bucher bereit. Zu Fragen des zivilen Be- völkerungsschutzes spricht Dorn und zu Frauenfragen in diesem Zusammenhang Dr. Flitz. Der Plan wird im Zusammenhang mit Einzelplan 36 – Zivile Notstandsplanung – behandelt. Einzelplan 07 – Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz Sprecher: Dr. Bucher, Dr. Diemer. Einzelplan 08 – Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen Sprecher: Dr. Imle. Einzelplan 09 – Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft Sprecher: Dr. Atzenroth, evtl. von Kühlmann. Einzelplan 10 – Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirt- schaft und Forsten Sprecher: Peters; ein zweiter Sprecher wird vom Arbeitskreis V noch bestimmt. Döring: Er verliest zwei Anträge von Schmidt/Ertl (siehe Anlage11).

9 Hans-Dietrich Genscher, Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion. 10 Reinhard Gehlen, Präsident des Bundesnachrichtendienstes.

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Schmidt: Er begründet diese Anträge. Dr. Emde: Die Anträge sollten auf ihre finanzielle Auswirkung genau überprüft werden. Wenn ein Antrag gestellt wird, dann sollte er nicht als Fraktionsantrag, sondern höchstens als Einzelantrag von Schmidt gestellt werden. Vorsitz: Dr. Bucher. Dr. Emde: Besser ist es jedoch, wenn Schmidt zur dritten Lesung im Plenum die hier schriftlich fixierten Wünsche darlegt. Ertl: Er akzeptiert den Vorschlag Dr. Emdes; es genügt, wenn im Rahmen der Aussprache auf unsere Forderung hingewiesen wird. Einzelplan 11 – Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung in Verbindung mit Einzelplan 33 – Versorgung Sprecher: Weber; zu Kriegsopferfragen Dr. Rutschke. Einzelplan 12 – Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr Sprecher: Ramms, Rademacher, Dr. Löbe. Dr. Emde: Von der CDU und auch von Rademacher ist ein Antrag zu befürchten, daß die vom Haushaltsausschuß gestrichenen 280 Mio. DM für die Bundesbahn wieder eingestellt werden. Dr. Atzenroth: Wir sollten Dr. Starke stützen und diesem Antrag nicht zustimmen. Ramms: Das Prinzip darf nicht durchbrochen werden und wir soll- ten keinen derartigen Antrag stellen. Eisenmann: Auch er spricht sich gegen einen solchen Antrag aus – die von ihm vorgesehenen Anträge zieht er ebenfalls zurück. Dr. Bucher: Er stellt fest, daß die Fraktion der Meinung ist, daß kein Einzelantrag auf Wiedereinstellung der gestrichenen 280 Mio. der Bundesbahn gestellt oder befürwortet wird. Die Abstimmung ergibt eine einstimmige Annahme des Vorschlags, daß es auch hier beim Einzelplan 12 bleibt. Als Sprecher der Frakti- on ist Rademacher daher nicht berechtigt, entsprechende Wünsche auf Wiedereinstellung der Mittel für die Bundesbahn zu äußern. Einzelplan 13 – Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmel- dewesen Kein Sprecher vorgesehen. Einzelplan 14 – Geschäftsbereich des Bundesministers für Verteidigung im Zusammenhang mit Einzelplan 35 – Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt auslän- discher Streitkräfte Schultz: Er verliest hierzu den Entschließungsantrag, Fraktionsum- druck 9/62. Dr. Bucher: Er stellt fest, daß keine Einwendungen gegen den An- trag bestehen und daß dieser eingebracht werden kann.

11 Die beiden Anträge lagen der Vorlage nicht bei.

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Dr. Starke: Die Frage der Überführung der Wehrbauverwaltung vom Verteidigungsministerium an das Schatzministerium sollte bes- ser im Koalitionsausschuß behandelt werden. Er selbst ist sehr inter- essiert, daß wir uns hier durchsetzen.

Dr. Emde: Die Subvention der Zeitung »Visier« (660 000 DM) sollte gestrichen werden. Schultz: Er spricht sich für diesen Vorschlag Dr. Emdes aus. Dr. Bucher: Da keine weiteren Einwendungen dagegen gemacht werden, ist der Vorschlag Dr. Emdes akzeptiert. Dr. Mende: Bei dem Verteidigungshaushalt sollte man die Wichtig- keit der konventionellen Bewaffnung und einer Notstandsregelung herausstellen. Jedoch sollte keine neue Konzeption entwickelt wer- den. Dr. Bucher: Als Sprecher wird Schultz gebeten, sich bereitzuhalten. Einzelplan 15 – Geschäftsbereich des Bundesministers für Gesundheitswesen Als Sprecher hält sich Dr. Hamm bereit. Einzelplan 19 – Bundesverfassungsgericht Ohne Debatte. Einzelplan 20 – Bundesrechnungshof Ohne Debatte. Einzelplan 23 – Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusam- menarbeit Scheel: Wie er erfahren hat, soll der Stellenplan 23 morgen noch einmal im Koalitionsausschuß behandelt werden. Er empfindet es als unfreundlichen Akt, daß der Beschluß des Haushaltsausschusses noch einmal überprüft werden soll und spricht sich sehr gegen eine solche Behandlung aus. Offenbar will sich Erhard eine Mitwirkung in seinem Stellenplan sichern, um sein Ministerium nicht arbeitsfä- hig werden zu lassen. Sollte diese Frage im Koalitionsausschuß be- handelt werden, so wird er sich nicht scheuen, mit Hilfe der SPD den alten Stand wieder herzustellen. Er hat sich mit der Abgabe der 30 Stellen auf Beschluß des Haushaltsausschusses nolens volens ein- verstanden erklärt, sollte die CDU aber daran rütteln, so ist er außer Obligo. Sofern im Plenum die Stellenbesetzung behandelt wird, wird er selbst dazu sprechen. Margulies: Der Ausschuß für Entwicklungshilfe ist der Meinung, daß das Ministerium funktionsfähig sein muß, da es sonst keine Exi- stenzberechtigung hat. Die SPD war bereit, einen Antrag auf Über- tragung von 102 Stellen zu stellen. Es geht dem Entwicklungsaus- schuß auch darum, daß die notwendigen Funktionen gleichzeitig mitübertragen werden. Das wird der Entwicklungshilfeausschuß auch gegen den eigenen Minister durchsetzen. Döring: Er stellt fest, daß die Fraktion nicht bereit ist, zu einer Rückgängigmachung des Haushaltsausschuß-Beschlusses in bezug auf das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit Zu- stimmung zu geben.

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Scheel: Ihm geht es zunächst um die Stellen, denn wenn er jetzt bereits über Kompetenzen redet, so wird er in vier Wochen die Stel- len noch immer nicht haben. Zunächst benötigt er die Leute, die die Arbeit machen, die Kompetenzen zieht er dann nach. Dr. Bucher: Als Sprecher zum Einzelplan 23 halten sich bereit: 1. Margulies, 2. Mertes, 3. Hellige. Einzelplan 24 – Geschäftsbereich des Bundesschatzministers Als Sprecher hält sich bereit Dr. Atzenroth. Einzelplan 25 – Geschäftsbereich des Bundesministers für Wohnungswesen, Städte- bau und Raumordnung Als Sprecher hält sich Dr. Atzenroth bereit. Einzelplan 26 – Geschäftsbereich des Bundesministers für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte Sprecher: Dr. Rutschke. Einzelplan 27 – Geschäftsbereich des Bundesministers für gesamtdeutsche Fragen Als Sprecher hält sich Frau Dr. Kiep-Altenloh bereit. Für Einzelplan 28 – Geschäftsbereich des Bundesministers für Angelegenheiten des Bundesrates und der Länder ist kein Sprecher vorgesehen. Zu Einzelplan 29 – Geschäftsbereich des Bundesministers für Familien- und Jugendfra- gen spricht Kubitza, soweit erforderlich. Einzelplan 30 – Geschäftsbereich des Bundesministers für besondere Aufgaben Kein Sprecher vorgesehen. Einzelplan 31 – Geschäftsbereich des Bundesministers für Atomkernenergie Kein Sprecher vorgesehen. Einzelplan 32 – Bundesschuld Kein Sprecher vorgesehen. Einzelplan 60 – Allgemeine Finanzverwaltung Dr. Bucher: Dr. Diemer beabsichtigt, einen Entschließungsantrag zu stellen, nach dem der Ausschuß für Subventionen wieder einge- setzt wird und die Subventionslisten fortgeschrieben werden. Er stellt fest, daß hiergegen keine Bedenken bestehen. Sprecher zu Ein- zelplan 60: Dr. Diemer; zu Berlinfragen: Dr. Kiep-Altenloh. Dr. Emde: Er hat bei den Haushaltsberatungen festgestellt, daß man im Bundeshaushalt 1 Mrd. DM streichen kann, ohne daß der Ge- samtheit daraus Schaden erwächst. Er bringt zahlreiche Beispiele, die das unterstreichen. Weiterhin hat er festgestellt, daß den Haus- haltsausschußmitgliedern der anderen Parteien wesentlich mehr Hintergrundmaterial zur Verfügung steht.

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[D.] TOP 4: Bericht aus den Arbeitskreisen Reichmann: Er begründet die Kleine Anfrage laut Fraktionsumdruck 8/62 wegen Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur. Ertl: Er macht den Vorschlag, den Punkt 2 dieser Kleinen Anfrage zu kürzen und die Worte »innerhalb der Übergangszeit für die Herstellung eines gemeinsamen europäi- schen Agrarmarktes« zu streichen. Dr. Bucher: Er stellt fest, daß die Fraktion dieser Anfrage zustimmt und mit der von Ertl vorgeschlagenen Streichung einverstanden ist. Ertl: Eine Veröffentlichung sollte in der Presse sofort erfolgen. Schmidt: Er schlägt vor, daß die Fraktion den Arbeitskreis III ausdrücklich beauftragt, sich mit der Änderung des Tarifvertragsgesetzes zu befassen. Ollesch: Er ist der Auffassung, daß man diesen Antrag erneut absetzen sollte. Dr. Emde: Man sollte hierzu keine nicht ausgewogene Erklärung abgeben, weil uns das nur schaden kann. Dr. Imle: Für Zurückstellung dieses Antrages. Dr. Bucher: Er stellt fest, daß nach Auffassung der Fraktion ein ausdrücklicher Auftrag an den Arbeitskreis Sozialpolitik nicht erteilt werden sollte, daß aber einer Behandlung dieser Fragen im Arbeitskreis ohne ausdrücklichen Auftrag nichts im Wege steht. Dr. Effertz: Er fragt nach der Besetzung des Unterausschusses für die Mittelverteilung für flutgeschädigte Gebiete. Dr. Bucher: Wächter ist bereits Mitglied dieses Unterausschusses. [E.] TOP 5: Geschäftliche Mitteilungen 1. Es befinden sich noch einige Abgeordnete in der Beethovenhalle bei der Veranstal- tung des BDI12. Weiterhin sind entschuldigt: Dorn, Kühn, Hammersen, Dr. Rieger, Dr. Dörinkel, Dr. Mälzig, Rademacher. 2. Geburtstagsglückwünsche für Dr. Hellige (52), Dr. Hoven (53), Dr. Effertz (55). 3. Dr. Mende, der von seiner Reise nach den Vereinigten Staaten zurückgekehrt ist, berichtet, daß dieser Besuch in den USA sehr notwendig war, um falsche Vorstel- lungen über die FDP auszuräumen. Er war mit Genscher und Flach13 vier Tage in Washington, vier Tage in New York und vier Tage in Chicago. Auch die deutsche Botschaft hat sich viel Mühe gegeben, ihn zu unterstützen. Er hat sechsmal im Rundfunk gesprochen, sechs Fernsehsendungen, 12 Vorträge und vier Konferenzen veranstaltet. Es fanden gute Gespräche mit Kennedy14, Ball15 usw. statt. Außerdem hat er mit den leitenden Herren der »New York Times« und von »Time« und »Life« gesprochen und enge Verbindungen mit den jüdischen Organisationen aufgenom- men, die ihn zum Besuch des Theodor-Herzl-Instituts eingeladen haben. Kennedy faszinierte ihn durch die Präzision seiner Gedanken und sein Wissen über viele Ein- zelheiten in den Deutschland betreffenden Fragen; Kennedy hat ihn seinem Kabinett

12 Bundesverband der Deutschen Industrie. 13 Karl-Hermann Flach, Bundesgeschäftsführer der FDP. 14 John Fitzgerald Kennedy, Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. 15 George Wildman Ball, stellvertretender amerikanischer Außenminister.

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vorgestellt. Er hat festgestellt, daß die Amerikaner absolut bereit sind, einen Krieg für Berlin zu wagen. Drei Garantien sind für sie unabdingbar: 1. Die sog. Viability (Erhaltung der Lebensfähigkeit Berlins), 2. Aufrechterhaltung der Verbindungswege nach Berlin, 3. die Anwesenheit alliierter Truppen. Das Thema Berlin ist für Amerika Thema Nr. 1 und Meldungen über Berlin sind immer auf der 1. Seite der Zeitung zu finden. Das 2. Thema ist der gemeinsame Markt, dessen Fortschritt den Amerikanern sehr am Herzen liegt. Dr. Mende hat auch mit einer Reihe von Persönlichkeiten Aussprachen über die Deutschlandfrage gehabt. Walter Lippmann16 ist nicht für die De-jure-Anerkennung, wohl aber für die De-facto-Hinnahme des Status quo, da er sonst eine weitere Verschlechterung befürchtet. Langfristig gesehen braucht deshalb aber die Wiedervereinigung nicht aufgegeben zu werden. Wenn Chruschtschow17 Mitteldeutschland herausgeben würde, wird er seine Stellung nicht halten können. Allgemein ist festzustellen, daß sich die USA der Wiedervereinigung nicht so verpflichtet fühlen wie der Erhaltung der Freiheit Berlins. Es besteht der Wunsch, im Frühsommer eine Gipfelkonferenz abzuhalten. 4. Die Sitzung des Arbeitskreises II am Mittwoch, den 4.4., wird von 14.30 auf 10.30 Uhr vorverlegt. Sie findet im FDP-Sitzungssaal statt. 5. Heute abend findet ein Gespräch mit Blank18 statt, Dr. Mende bittet um rege Teil- nahme. 6. Bei der Pressestelle der Fraktion wurde als Pressereferent Dietrich Feuerherdt19 aus Hersching/Ammersee eingestellt. Er war 13 Jahre beim kanadischen Rundfunk in Deutschland und bei verschiedenen Zeitungen. 7. Carlo Graaff20 wird begrüßt. 8. Frau Dr. Lüders21 wird begrüßt.

16 Walter Lippmann, amerikanischer Journalist und Publizist. 17 Nikita Sergejewitsch Chruschtschow, Erster Sekretär des Zentralkomitees der KPdSU sowie Vorsit- zender des Ministerrates der UdSSR. 18 , MdB (CDU), Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung. 19 Dietrich Feuerherdt, Pressesprecher der FDP-Bundestagsfraktion. 20 Carlo Graaff, Minister für Wirtschaft und Verkehr des Landes Niedersachsen (FDP), Landesvorsit- zender der FDP in Niedersachsen. 21 Marie-Elisabeth Lüders, 1919–1930 MdR (DDP), 1953–1961 MdB (FDP), Ehrenvorsitzende der FDP.

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