50 Jahre REUSS Jahrbuch Der Luft- Und Raumfahrt
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50 Jahre REUSS Jahrbuch der Luft- und Raumfahrt * 50 Jahre Luft- und Raumfahrt in Deutschland * 50 Jahre REUSS - Eine Dokumentation von Arno L. Schmitz November 2000 2 Statt einer Einleitung Deutschland in den zu Ende gehenden 40er-Jahren war ein Land noch voller Not, Trümmer überall! Langsam begann das so genannte Wirtschaftswunder zu greifen, der Aufschwung begann – insbesondere nach der Währungsreform vom 18. Juni 1948. Jeder Deutsche be- kam ein Kopfgeld von 40,00 Deutsche Mark (was etwa der Grundausgabe einer Woche entsprach) und später nochmals 20,00 DM. Der Parlamentarische Rat konstituierte sich in Bonn, die Westalliierten schränkten ihre Demontage ein und gaben die Idee auf, Deutsch- land im Zustand eines nicht-industriellen Landes zu halten. Deutschland konnte sich wie- der „einrichten“. Armes, deutsches Volk, du hast Städte gebaut, hast Dome gebaut, du hast einen frei- en Bauern auf freien Grund gestellt, hast auf dem Gebiet der Kunst, der Wissen- schaft, des Rechts, der Sprache Höhen erreicht. Du hast die Hansa, hast Zünfte, hast das freie Gewerbe, hast mannigfaltigen Ausdruck für deine Wesenheit gefunden und deine Militärorganisation kann allenfalls als ein Zug deines Gesichtes gelten, als ein Ressort deiner gesamten gesellschaftlichen Verfassung. Dieses Ressort hat sich auf- gebläht, ist mächtig geworden, hat alles in sich einbezogen. Es hat alle Dämme nie- dergerissen und ist über die Landesgrenzen hinweggeschwemmt, und der Bauer hat von seinem Land, der Arbeiter von seiner Arbeit, der Priester von seiner Gemeinde, der Lehrer von seinen Hörern, die Jugend von ihrer Jugend, der Mann von seiner Frau lassen müssen, und das Volk hat als Volk aufgehört und ist nichts als Brenn- stoff für den ungeheuren rauchenden Berg, und der Einzelne ist nichts als Holz, als Torf, als brennbares Fett und zuletzt eine ausgespiene schwarze Flocke. Theodor Plievier Eine Vielzahl von Preis-, Bewirtschaftungs- und Rationierungsvorschriften konnten durch den Wirtschaftsrat der so genannten Bizone, das war der zum 1. Januar 1947 erfolgte Zu- sammenschluss der britischen mit der amerikanischen Besatzungszone, aufgehoben wer- den. Indessen war man von einer Normalisierung weit entfernt. Wesentliche Änderungen, Verbesserungen des Lebens im Nachkriegsdeutschland brachte erst das Jahr 1949. Das Grundgesetz wird am 23. Mai verkündet und im September konstituierte sich die erste deutsche Bundesregierung. Die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland beginnt. Wie Tilmann Reuss in seiner Rückschau „Wie der REUSS entstand“ berichtet, war an Luftfahrt in dieser Zeit in Deutschland aber nicht zu denken – obwohl sich vielfach Initia- tiven entwickelten. So beispielsweise bei den Flughäfen. Die alliierten Siegermächte über- nahmen 1945 eine relativ funktionierende Bodeninfrastruktur des Luftverkehrs. Die beste- henden Flughafengesellschaften bemühten sich ihre vielfach zerstörten Anlagen instandzu- setzen. Luftverkehrsgesellschaften der Siegermächte konnten alsbald einige dieser Plätze anfliegen und spätestens durch die Berliner Luftbrücke – ab Juni 1948 – wurde der Aufbau der deutschen Verkehrsflughäfen begünstigt und vorangetrieben. Die Arbeitsgemeinschaft deutscher Verkehrsflughäfen (ADV) wurde im Oktober 1947 in Stuttgart auf Initiative des Stuttgarter Flughafendirektors Lothar Zobel zunächst als lose Arbeitsgemeinschaft in der Erkenntnis gegründet, über die Flughäfen die Wiedereinschaltung Deutschlands in den sich entwickelnden Luftverkehr voranzutreiben. Nicht zuletzt durch diese Tatsache war Stuttgart in den folgenden Aufbaujahren der Luftfahrt eine Art Nukleus der Entwicklung der Luftfahrt in Deutschland. Die ADV wurde dann am 4. Mai 1950 als Verein neu ge- gründet. Lothar Zobel betreute die ADV als ehrenamtlicher Geschäftsführer von Oktober 1947 bis März 1955. Seine Stellvertreter waren von April 1950 bis Juni 1951 Ministerialdi- 3 rektor a.D. Kurt Knipfer und ab Juli 1951 Dr.-Ing. Werner Treibel (der dann ab Januar 1953 bis März 1978 Geschäftsführer war). Hatten die alliierten Siegermächte von einer funktionierenden Luftverkehrs- Bodeninfrastruktur direkten Nutzen – was die positive Entwicklung beeinflusste – war das auf anderen Gebieten überhaupt nicht der Fall. Unzählige Sportler hofften auf behördli- che Genehmigungen, ihren Sport, ihren Segelflug, ihren Modellflug usw. endlich wieder in einer solchen Freiheit so betreiben zu können, wie es vor der Einvernahme dieser Sportar- ten durch die Nazis der Fall war. Auf einer Tagung von Sportoffizieren der westlichen Be- satzungszonen und Vertretern der deutschen Sportorganisationen am 16. und 17. Juni 1949 in Bad Schwalbach wurde festgelegt, dass Segelflug und sogar der Modellflug, der grotes- ker Weise nach 1948 lizensiert war, mit dem Pistolenschießen gleichzusetzen ist und nach wie vor zu den verbotenen, militärisch infizierten Sportarten zu zählen ist. Die Verbote konnten jedoch die Entwicklung „geistiger Schwingen“ nicht behindern. Un- ter dem Pseudonym „Ring der weißen Möwen“ fanden sich Flugsportenthusiasten zusam- men; sie organisierten 1949 ein Wandertreffen auf der Wasserkuppe, welches aber von dem zuständigen Offizier der US-Militärregierung prompt verboten wurde. Ein Jahr später hatte dieser aber nichts mehr gegen ein solches Treffen. Daraufhin wurde bei einer Ver- sammlung der Wandervögel „Ring der weißen Möwen“ am 3. August 1950 im Gasthaus „Zur Krone-Post“ in Gersfeld/Rhön spontan der deutsche Aero Club gegründet. Auf diese Nachricht hin fanden sich ebenso spontan innerhalb von zwei Tagen fast 3000 ehemalige Segelflieger auf der Wasserkuppe ein, die auf einer Gründungsverammlung in der Gersfel- der Turnhalle die ersten Wahlen vornahmen. Erster Präsident wurde Altmeister Wolf Hirth; zum ersten Vizepräsidenten wurde Karl-Ferdinand Reuss gewählt. Dem Aufruf zum Treffen bei einem „Fest der Freude“ folgten am 26. August 1950 nicht weniger als 50 000 Freunde des Segelflugs. Es gab zwar ein Bauverbot für Segelflugzeuge, dass erst zum 19. Juni 1951 aufgehoben wurde, trotzdem standen schon einige Flugzeuge am Start, darunter Fritz Stamer mit einem Schulgleiter SG 38, eine ES 49, ein vergrößertes „Baby“ und der Doppelraab von Fritz Raab. Und innerhalb von Jahresfrist zählte der neue Deutsche Aero- Club bereits weit über 10.000 Mitglieder. Der Segelflug wurde aber erst ab dem 28. April 1951 wieder zugelassen. Diese Zulassung erfolgte nicht zuletzt nach der New-Yorker Au- ßenministerkonferenz vom September 1950. Im Deutschlandkommunikee heißt es, die Regierungen „sind übereingekommen, in Anbetracht der sich entwickelnden Beziehungen zur Bundesrepublik das Abkommen über verbotenen und eingeschränkte Industrien zu ü- berprüfen“. Aus einem Bericht des Bundesministers für Verkehr: „Die Bemühungen, Teile der Luftho- heit zurückzugewinnen, hatten bei den zuständigen alliierten Stellen bisher keinen Erfolg. Der Bundesminister für Verkehr wird jedoch neuerdings bei wichtigen Fragen des Luftver- kehrs und der Flugsicherung beteiligt. Die Bodenorganisation ist im letzten Jahr weitge- hend durch deutsches Personal aufgefüllt worden. Die Verantwortung für die Flugsiche- rung wird aber wegen der Bedeutung für die militärische Sicherheit weiterhin bei den Alli- ierten bleiben. Die Bemühungen für die Bundeshauptstadt einen Verkehrsflughafen zu erhalten, waren erfolgreich...Zur Inbetriebnahme von Flugzeugmodellen, Fesselballonen und Freiballonen ergingen Richtlinien an die Länder. Auch die Verwaltungsmäßigen und organisatorischen Vorbereitungen für den Segelflug konnten gefördert werden. Als Orga- nisationen auf dem Luftverkehrsgebiet entstanden die „Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen“ in Stuttgart und der „Deutsche Aero-Club“. 4 Eine Luftfahrtpresse begann sich zu regen. Indessen wurde manche versuche auch gleich wieder verboten. Noch 1947 gründete Hans Deutsch in Göttingen seine Zeitschrift „Ther- mik“. Die „Beschnittenen Schwingen“ war eine weitere sehr frühe Luftfahrtpublikationen dieser Jahre überschrieben. Es war die im Oktober 1949 von Alfried Gymnich in Hamburg gegründete Korrespondenz für Freunde des Flugsports „Segelflug – Modellbau“, die sich ab 1951 „Der Flugmodellbau“, Korrespondenz für Freunde des Modellflugsports nannte. Soweit bekannt ist, erschien diese Korrespondenz bis 1952. In Berlin wurde für Januar 1949 „Der Welt Flügel – Zeitschrift für Luftverkehr und Lufttouristik“ angekündigt aber – soweit bekannt – nach alliiertem Verbot wieder eingestellt. Wolfgang Wagner begründete nach jeweils von der Besatzungsmacht verbotenen Versuchen einer Luftfahrtzeitschrift „seine“ FLUGWELT“ mit der Nr. 1 am 1. August 1949. Soweit erhältlich, waren in dieser Zeit insbesondere die beiden in der Schweiz erscheinende Publikationen „Interavia“ und „Aero Revue“ wichtige Informationsmittel, die sich auch sehr intensiv für eine Wiederbe- teiligung der Deutschen an der Luftfahrt einsetzten. In diesem Szenario von mittlerweile zig Zehntausenden Flugsportbegeisterten, von dem Beginn behördlicher Strukturen auf dem Gebiet der Luftfahrt, von der sich belebenden Infrastruktur am Boden, von der sich neu entwickelnden Luftfahrtforschung usw. kamen in der Kanzlei des ersten Vizepräsidenten des deutschen Aero-Club Karl-Ferdinand Reuss unzählige Fakten, Adressen und Informationen zusammen. Der Ruf nach einer Ordnung, nach einer Verbreitung dieser Informationen wurde immer dringlicher. Und eines Tages stand es fest, ich mache ein Jahrbuch. Der Entschluss hierzu muss wohl irgendwann in 1949 gefallen sein. Es war ein mutiger Entschluss angesichts der Tatsache, dass noch im Mai 1949 deutsche Luftfahrtpublikationen