Miriam Rürup
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Miriam Rürup Ehrensache Hamburger Beiträge zur Geschichte der deutschen Juden Für die Stiftung Institut für die Geschichte der deutschen Juden herausgegeben von Stefanie Schüler-Springorum und Andreas Brämer Bd. XXXIII Miriam Rürup Ehrensache Jüdische Studentenverbindungen an deutschen Universitäten 1886 –1937 WALLSTEIN VERLAG Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Wallstein Verlag, Göttingen 8 www.wallstein-verlag.de Vom Verlag gesetzt aus der Adobe Garamond Umschlaggestaltung: Basta Werbeagentur, Steffi Riemann Umschlagbild unter Verwendung dreier Abbildungen Erich Hirschberg (sitzend) mit vier Kommilitonen © Jüdisches Museum Berlin Mitglieder der Ruderabteilung des Vereins Jüdischer Studenten, 1919 © Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz Gruppenfoto einer jüdischen Studentenverbindung, 198 © Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz Druck: Hubert & Co, Göttingen ISBN 978--85-11-9 Inhalt Vorwort von Dan Diner . 9 Einleitung . 11 . Fragestellungen . 13 . Forschungsstand . 21 . Methodischer Zugang . 29 . Quellen. 37 . Aufbau der Arbeit . 42 Das akademische Umfeld . 45 . Rahmenbedingungen: Antisemitismus und Abwehr, Zionismus und Assimilation . 53 . Demographisches Profil der jüdischen Verbindungsstudenten . 73 . Jüdische Vereinigungen an deutschen Universitäten . 80 . Die »deutsch-vaterländischen« Verbindungen – Der Kartell-Convent (KC) . 87 . Die zionistischen Verbindungen – BJC/KZV und KJV. 98 Auf der Suche: Zugehörigkeitsfragen . 116 . Deutsch-vaterländisch und doch jüdisch . 119 . Ein jüdischer Kulturkampf ?Der Konfessionsstreit . 128 . Jüdische Renaissance:»Sammelpunkt« und Zionismus . 133 . Gab es eine studentische Ostjudenfrage? . 148 . Welches Volk, welches Land? Volk, Volkstum und Palästina . 162 . Konfligierende Ideologie – rivalisierende Studenten: Kontroversen zwischen KC und KJV . 170 . Fazit . 174 Satisfaktionsfähige Bürger – Wehrhafte Männer . 179 . Der Code der Zugehörigkeit: Ehre . 179 . Kampf um Anerkennung: ›Wehrhaftigkeit‹ und ›Schneid‹ . 199 . »Niemals zurück!« Zweikämpfe . 204 . Auf dem Fechtboden erlernt, im Felde angewandt . 216 . Die Formung des Körpers: Turnen . 233 . Fazit . 236 Feste und Farben – Deutsche Studenten . 238 . Mit wehenden Fahnen: Studentische Farben . 238 . Chargieren – Festlichkeiten auf akademischem Boden . 253 . Kleines Bier und große Kommerse: Die Pflege studentischer Geselligkeit . 266 . Singende Studenten . 288 . Fazit . 301 Schulung: Wofür sollte geschult werden? . 302 . »Hebung jüdischen Selbstbewußtseins« – Kommentmäßige Fuxenerziehung. 304 . »Krone der Korporation« – Alte Herren als Erzieher und Erziehungsziel . 324 . Vorfeld Jugendbewegung? . 331 . Erziehungsziel: Palästina . 343 . Eine Sprache für eine Nation: Hebräisch . 363 . Fazit . 370 Deutsche Kämpfe, Jüdische Arbeit: Ehrbare Bürger – aber wo? 373 . Das deutsche Feld – geprägt von Antisemitismus und Abwehr? . 374 . Neue Sichtweisen auf die antisemitische Bedrohung . 380 . Wahlkämpfe und Ausschusspolitik . 385 . Ringen um Gerechtigkeit: Hoffen auf die Autorität der Autoritäten . 394 . Jüdische Tätigkeitsfelder: Centralverein und Gemeindepolitik. 403 . Zionistisches Engagement: Gegenwartsarbeit und Organisierung . 412 . Fazit . 423 Alte Bräuche – Neue Menschen: Schlussbemerkungen . 425 Verzeichnisse und Glossar. 435 . Abkürzungen . 435 . Ungedruckte Quellen . 436 . Periodika . 441 . Gedruckte Quellen und zeitgenössische Literatur . 442 . Literatur . 445 . Glossar . 471 Anhang: Übersicht der jüdischen Studentenverbindungen in Deutschland, - . 476 A. KC . 478 B. Gründungsverbände des Kartells Jüdischer Verbindungen (KJV). 485 C. KJV. 488 Dank . 494 Register . 497 Vorwort Schon seit geraumer Zeit ist die Erforschung deutsch-jüdischer Ge- schichte der neuesten Zeit in eine Phase der Entideologisierung und Ver- sachlichung eingetreten. Hierfür hat sie sich des politischen Korsetts einer binär zuspitzenden Sicht auf das ausgehende . und frühe . Jahr- hundert entledigt – der vorgeblichen Entgegensetzung zwischen soge- nannter Assimilation und einer postassimilatorischen jüdisch-nationalen Selbstvergewisserung, verschärft durch die darauffolgende jüdische Kata- strophe. Wie so oft mag die Ablösung von tradierten Mustern der Deu- tung den zwischenzeitlich eingetretenen abkühlenden Distanzen zu je- nen vormalig als brennend erachteten Fragen geschuldet sein. Indes sind sie auch Folge zunehmenden Methodenbewusstseins in den Geschichts- wissenschaften sowie einer zu beobachtenden gesteigerten Fähigkeit und Fertigkeit der jüngeren Forschergeneration sich vorgeblich alten Fragen mit frischem Blick zuzuwenden. Ein überaus gelungenes Beispiel für diese Tendenz der Erforschung deutsch-jüdischer Geschichte der neuesten Zeit ist die hier als Buch vor- liegende Dissertationsschrift von Miriam Rürup über die jüdischen Stu- dentenverbindungen an deutschen Universitäten in den Jahren bis . Vordergründig handelt es sich um eine Studie über eine im akade- mischen Milieu erfolgende Reaktionsbildung jüdischer Studenten auf den zunehmend spürbar werdenden Antisemitismus im Kaiserreich, sei- ner Verschärfung im Weltkrieg, seiner Verbreitung in Weimar und seiner Institutionalisierung in der nationalsozialistischen Zeit bis kurz vor dem Eintritt des deutsch-jüdischen Schicksalsjahres . Ein genaueres Lesen dieser dicht aus den Quellen gearbeiteten Unter- suchung indes macht deutlich, dass es sich bei Miriam Rürups Forschung um mehr handelt, als um eine Darstellung eines innerjüdischen Kultur- kampfes zwischen deutsch-vaterländischen Burschenschaften und natio- nal-jüdischen Verbindungen. Vielmehr handelt es sich bei der vorliegen- den Erforschung der jüdischen Studentenverbindungen in Deutschland um einen wesentlich kulturanthropologisch angeleiteten Versuch anhand des studentischen Ritualhaushalts, dem Komment, Formen wie Verfah- ren der physischen und psychischen Einschreibungen von Emblemen der Zugehörigkeit mittels einer mikrologischen Introspektion nachzuvollzie- hen und sie als konstitutive Merkmale eines kollektiven symbolischen Gefühlshaushaltes und seiner Regulierungen zu identifizieren. Dieser neuerliche Blick auf den Gegenstand der jüdischen Studenten- verbindungen in der Inkubationszeit eines sich neu konstituierenden 9 jüdischen Selbstverständnisses zwischen Homogenisierungsdruck, Aus- schlusstendenzen, Abwehr und Differenzbereitschaft lenkt den beobach- tenden Blick jenseits der konfessionell-ethnischen Dimension von Zuge- hörigkeit und der Momente ihres Aushandelns auf die ihre »Erfindung« begleitenden geschlechterspezifischen Anteile. Dies liegt umso näher, als der sich im studentischen Milieu etablierende kollektive jüdische Habi- tus in der bürgerlichen Akkulturation aristokratischer Merkmale von Ehre und Ehrenhaftigkeit, von Satisfaktion und Anerkennung physischer Einkerbungen bedarf. Indem Miriam Rürup den männlichen Körper als einen Korpus einer kollektiven Zeichenwelt versteht wie sie etwa in erster Linie durch den »Schneid« auf den Paukboden erwirkt wird und sich im »Schmiss« – so etwas wie eine Zweite Beschneidung – erkennen lässt, macht sie deutlich, dass es sich bei ihrer Untersuchung über die jüdi- schen Studentenverbindungen recht eigentlich um eine Art von Grund- lagenforschung zur Geschichte kollektiver Selbstverständigung in Zeiten von Krise handelt. Dass diese Arbeit zu einem erheblichen Teil am Simon-Dubnow-Institut für jüdische Geschichte und Kultur an der Uni- versität Leipzig gefertigt wurde und nunmehr im Druck vorliegt, erfüllt den Direktor dieser Einrichtung mit Genugtuung. Dan Diner Leipzig/Jerusalem 1 Einleitung Im Jahr findet in Los Angeles, USA, eine Beerdigung statt. Charles, ehemals Karl Meyer, als Student Mitglied der Sprevia, einer Berliner Ver- bindung im Kartell-Convent der Studentenverbindungen deutscher Studen- ten jüdischen Glaubens (KC) und als Alter Herr der Korporation weiter- hin treu verbunden, wird zu Grabe getragen und seinem Wunsch gemäß mit dem Farbenband der Verbindung über der Brust bestattet. Von sei- nen Kartellbrüdern leben nicht mehr viele, doch bis zu ihrem Tode sind sie in Los Angeles in einer lokalen Gruppe des KC aktiv. Im Jahr wird der . Geburtstag des Arztes Elias Auerbach gefeiert. Die Feier findet in Haifa, Israel, statt, anwesend sind viele Alte Herren (ehemals studentische Mitglieder) deutscher jüdischer Studentenverbin- dungen. Und auch diese Feier erweist sich als eine dem verbindungs- studentischen Leben treu gebliebene Zeremonie. Der Festkommers, den das Kartell Jüdischer Verbindungen für drei seiner Alten Herren – Elias Auerbach, Fritz Gruber, Julius Levy – ausrichtet, ist streng nach verbin- dungsstudentischem Regelwerk, dem Komment, aufgebaut. Die zuge- hörige Festschrift ist neben weiteren Insignien in den blau-weiß-gelben Farben des Verbandes gedruckt. Das Programm sieht, ganz im studen- tischen Sprachgebrauch gehalten, ein Offizium, zwei Fidulitäten und ein Schluss-Offizium vor. Eröffnet wird die Feier mit einem Lied voll kämp- ferischem Pathos, das die im deutsch-jüdischen Verbindungsleben all- gegenwärtigen Topoi wie Freiheit, Sieg, eigene Kraft statt fremde Hilfe, vor allem aber männlicher Mut und Treue benennt: »Brüder, lasst den Sang ertönen, / der vom Herz zum Herzen dringt, / lasst den Freiheitsruf erdröhnen, / der die Seele uns bezwingt. / Und es schall’ wie Meeresbranden: / Länger nicht in Fesseln lieg; / Volk Jehu- das, spreng’ die Banden,