L-G-0010323811-0022737809.Pdf
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
HANNES LIEBRANDT »DAS RECHT MICH ZU RICHTEN, DAS SPRECHE ICH IHNEN AB!« HANNES LIEBRANDT »DAS RECHT MICH ZU RICHTEN, DAS SPRECHE ICH IHNEN AB!« Der Selbstmord der nationalsozialistischen Elite 1944/45 FERDINAND SCHÖNINGH Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk sowie einzelne Teile desselben sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ist ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlags nicht zulässig. © 2017 Verlag Ferdinand Schöningh, ein Imprint der Brill-Gruppe (Koninklijke Brill NV, Leiden, Niederlande; Brill USA Inc., Boston MA, USA; Brill Asia Pte Ltd, Singapore; Brill Deutschland GmbH, Paderborn, Deutschland) Internet: www.schoeningh.de Einbandgestaltung: Nora Krull, Bielefeld Herstellung: Brill Deutschland GmbH, Paderborn E-Book ISBN 978-3-657-78696-1 ISBN der Printausgabe 978-3-506-78696-8 INHALT VORWORT . 9 EINLEITUNG . 11 I. SELBSTMORD ZWISCHEN KRIMINALISIERUNG, IDEALISIERUNG UND HEROISIERUNG – DER SUIZID IM URTEIL DES NATIONAL SOZIALISMUS . 34 1. Selbstmord und Freitod in der deutschen Geschichte . 34 2. »Den Tod geben, den Tod nehmen« – Der Totenkult des Nationalsozialismus . 50 3. Nationalsozialistische Instrumentalisierung: Selbstmorde als Verbrechen, Opfergang und Heldenverehrung . 64 II. DER ABGESANG DER NATIONALSOZIALISTISCHEN ELITE – SELBSTMORDE UNTER DEM HAKENKREUZ . 87 1. Die nationalsozialistische Elite – Versuch einer Annäherung. 87 2. Die politische Führung des Dritten Reichs. 95 2.1 Die Paladine Hitlers. 96 2.2 Die Reichsminister des Dritten Reichs . 103 2.3 Die politischen Generale – Selbstmorde bei den Reichs- und Gauleitern . 114 2.4 »Statisten in Uniform« – Die Suizidalität unter den Reichstagsabgeordneten . 132 2.5 Die kommunale Elite – Selbstmorde unter den Oberbürgermeistern . 149 3. Die militärische Führung des Dritten Reichs . 164 3.1 Selbstmorde in der deutschen Wehrmachtsführung. 164 3.2 Selbstmorde in der Waffen-SS . 180 4. Selbstmorde in den Mordzentren des Dritten Reichs . 196 5. Die Mörder unter der Robe des Richters – Selbstmorde in der Justizelite . 218 6. Suizide nach 1946 . 245 6 Inhalt III. »GÖTTERDÄMMERUNG« – DER INSZENIERTE TOD IM NATIONALSOZIALISMUS . 260 1. Josef Terboven, Wilhelm Rediess, Heinrich Fehlis, Franz Böhme – »Wir alle, gleichgültig, welchen Rock wir tragen, bürgen mit unserem Leben dafür, daß die Festung Norwegen gehalten wird.« . 261 2. Ernst-Robert Grawitz, Werner Heyde, Irmfried Eberl – »Vor Gott trete ich gefasst und unterwerfe mich seinem Spruch.«. 266 3. Adolf Hitler, Joseph Goebbels, Hans Krebs, Wilhelm Burgdorf – »Wir haben nur noch ein Ziel: Treue bis in den Tod!« . 274 4. Walter Model, Günther von Kluge, Henning von Tresckow – »Der sittliche Wert eines Menschen beginnt erst dort, wo er bereit ist, für seine Überzeugung sein Leben hinzugeben«. 288 5. Heinrich Himmler, Odilo Globocnik – »Der wertvolle Teil des deutschen Volkes geht mit uns unter, was mit dem Rest geschieht, ist ohne Bedeutung.«. 301 6. Hermann Göring, Robert Ley – »Und wenn ich sterben muß, so will ich lieber als Märtyrer sterben und nicht als Verräter.«. 311 SCHLUSSBETRACHTUNG . 330 QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS . 340 ABBILDUNGSVERZEICHNIS . 354 VERZEICHNIS DER ABKÜRZUNGEN . 356 REGISTER . 357 Sterben müssen alle, das wissen sie, mögen sie sich auch alle zum innerlich frohen Sterben bereitfinden! Walter Model, März 1945 VORWORT Die vorliegende Arbeit wurde von der Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth als Dissertation am 13.07.2016 angenommen. Mein besonderer Dank gilt den drei Gutachtern der Arbeit: Prof. Dr. Hermann Hiery, PD Dr. Felix Hinz, Prof. Dr. Jan-Otmar Hesse. Auch 70 Jahre nach dem Ende der nationalsozialistischen Diktatur erscheint die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus in Anbetracht zahlreicher Neu- erscheinungen keineswegs abgeschlossen. Mit Erstaunen, Interesse, aber auch Skep- sis wurde mir begegnet, als ich mein Dissertationsprojekt zum Suizid der national- sozialistischen Elite vorstellte. Mich jedoch erstaunte vielmehr, dass dieses Themenfeld in keiner einzigen Studie -weder national noch international- dezidiert und systematisierend untersucht wurde. Dieses Forschungsdesiderat war Heraus- forderung und Ansporn zugleich und daher gebührt der erste Dank meinem Dok- torvater, Prof. Dr. Hermann Hiery, der mich in zahlreichen Gesprächen auf die Notwendigkeit dieser Studie hingewiesen, mich in jeder Phase des Promotions- projekts unterstützt und mir stets bei komplexen Problemen und Fragestellung geholfen hat. Während meiner Zeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Bay- reuth hatte ich das große Glück, hilfsbereite und gleichsam kompetente Kolleginnen und Kollegen zu haben, mit denen ich mich jederzeit austauschen konnte. Leider fehlt mir der Raum, hier alle persönlich zu erwähnen, doch möchte ich PD Dr. Stefan Benz hervorheben, der nicht nur einzelne Kapitel mit wissenschaftlichem Sachverstand präzise analysierte, sondern mir auch Perspektiven aufzeigte, die ich vorher noch nicht verfolgte. Nach meinem beruflichen Wechsel an die LMU München wurde mir weiterhin ausreichend Forschungsfreiraum eingeräumt. Dafür möchte ich Dr. Josef Memmin- ger und Prof. Dr. Michele Barricelli meinen Dank aussprechen, die mir darüber hinaus in jeglicher Hinsicht ihre Unterstützung zusicherten. Leider kann ich mich nicht bei den zahlreichen Mitarbeitern der Archive und Bibliotheken gebührend bedanken, die ich im Laufe meiner Recherchen kennenlernen durfte. Ohne diese Hilfestellungen wäre eine derartige quellenbasierte Studie kaum denkbar gewesen. Ich denke, dass jede/r Wissenschaftler/in durch sein/ihr (erstes) Promotionspro- jekt nachhaltig geprägt wird, nicht nur hinsichtlich des eigenen Berufsverständnis- ses, sondern ebenso in charakterlicher Hinsicht. Sich täglich neu zu motivieren, größere und kleinere Rückschläge verkraften zu können und dennoch am For- schungsziel festhaltend - dazu braucht es nicht minder die Familie. Daher gilt der letzte, aber wohl wichtigste Dank meinen Eltern Martina und Uwe Liebrandt, deren Unterstützung ich während meiner gesamten Studien- und Promotionszeit sicher sein konnte. Vielen Dank! EINLEITUNG »Der sittliche Wert eines Menschen beginnt erst dort, wo er bereit ist, für seine Überzeugung sein Leben hinzugeben.« (Henning von Tresckow; 21. Juli 1944) 21. Juli 1944: Als Henning von Tresckow diese letzten Worte an seinen Freund im militärischen Widerstand, Fabian von Schlabrendorff, übermittelte stand das Schick- sal des Generalmajors bereits fest. Tresckow wusste, dass der Suizid die nunmehr einzig verbliebene Möglichkeit darstellt, den Racheakten der Nationalsozialisten zu entgehen. Der Selbstmord ist hierbei das Resultat eines idealistischen Ziels, welches durch das letztlich misslungene Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 scheiterte. 07. Oktober 1946: Emmy Göring, die letzte Ehefrau des deutschen Reichsmar- schalls Hermann Göring, erscheint zu ihrem letzten Besuch in Görings Zelle in Nürnberg. Acht Tage später findet man den ehemaligen Oberbefehlshaber der deut- schen Luftwaffe leblos in seiner Zelle, Todesursache: Selbstmord. Die Flucht Gö- rings vor der eigenen Verantwortung war lange geplant und bereits im Gespräch mit seiner Ehefrau angekündigt: »[...] diese Ausländer können mich ermorden, aber das Recht, mich zu richten, haben sie nicht, das spreche ich ihnen ab.«1 19. Juli 1969: Günter Grass wird zum Kirchentag in Stuttgart eingeladen um aus seinem damals noch unveröffentlichten Roman »Örtlich betäubt« vorzutragen. Während der Veranstaltung betritt ein Mann das Podium und erregt durch wirre Äußerungen das vorwiegend studentische Plenum. Menschen wie er, die während des Nationalsozialismus an Deutschlands Größe geglaubt haben, wären nunmehr »Verbrecher«, gehasst und gemieden von der Öffentlichkeit zugleich. Er wolle nun ein Zeichen des Protests setzen, holt eine Zyankali-Kapsel hervor und sagt: »Ich provoziere jetzt und grüße meine Kameraden von der SS«.2 Der Suizident war der 56-jährige Apotheker Manfred Augst, ein ehemaliger einfacher Volksgenosse, der sein Ableben als ritualisierten Protest inszenierte. Drei Fälle des Suizids, die unterschiedlicher kaum sein könnten und dennoch ein gemeinsames Phänomen skizzieren, welches bislang bezugnehmend auf den Natio- nalsozialismus zu lange vernachlässigt wurde. Der Selbstmord als autodestruktive Gewalt innerhalb weiter Teile der Bevölkerung gilt als Spezifikum der Geschichte des Nationalsozialismus. Nie zuvor und nie danach erscheint der Selbstmord von politischen, militärischen und gesellschaftlichen Eliten sowie einfachen Bürgern so bedeutend wie während der Phase des Nationalsozialismus. 1 Göring, Emmy: An der Seite meines Mannes. Begebenheiten und Bekenntnisse. Preußisch- Oldendorf 19722, S. 305. 2 Weiterführende Informationen zu diesem Fall vgl. Scheub, Ute: Das falsche Leben. Eine Vater- suche. München 2007, S. 7ff. 12 Einleitung Historisch-anthropologische Dimension des Selbstmords Dabei ist der Mensch das einzige Lebewesen, das überhaupt zum willentlichen Töten des eigenen Ichs fähig ist. Der Trieb, sich eigenhändig das Leben zu nehmen, ist in der Tierwelt vollkommen unbekannt3 oder zumindest noch unzureichend erforscht. Die Suizidalität ist dementsprechend auch ein Teil der menschlichen Psy- che, ja ein Alleinstellungsmerkmal der menschlichen