Thüringer Landtag Plenarprotokoll 3/45 3. Wahlperiode 14. Juni 2001

45. Sitzung

Donnerstag, den 14. Juni 2001

Erfurt, Plenarsaal

Thüringer Gesetz zur überörtlichen Prüfung der 3595 Haushalts- und Wirtschaftsführung und zur Be- ratung der Gemeinden und Landkreise (Thüringer Prüfungs- und Beratungsgesetz - ThürPrBG - ) Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/1292 - dazu: Beschlussempfehlung des Innenausschusses - Drucksache 3/1654 - dazu: Änderungsantrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/1658 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/1659 - Entschließungsantrag der Fraktion der CDU - Drucksache 3/1657 - ZWEITE BERATUNG

Nach Berichterstattung und Aussprache werden der Änderungsantrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/1658 - und der Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/1659 - jeweils mit Mehrheit abgelehnt, die Beschlussempfehlung des Innenausschusses - Drucksache 3/1654 - mit Mehrheit angenommen sowie der Gesetzentwurf der Landesre- gierung - Drucksache 3/1292 - unter Berücksichtigung der Annahme der Beschlussemp- fehlung - Drucksache 3/1654 - in ZWEITER BERATUNG und in der Schlussabstimmung jeweils mit Mehrheit angenommen.

Der Entschließungsantrag der Fraktion der CDU - Drucksache 3/1657 - wird mit Mehr- heit angenommen.

Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer 3602 Personalvertretungsgesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/1419 - dazu: Beschlussempfehlung des Innenausschusses - Drucksache 3/1640 - dazu: Änderungsantrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/1653 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/1656 - ZWEITE BERATUNG

Nach Berichterstattung und Aussprache wird der Änderungsantrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/1653 - in namentlicher Abstimmung bei 76 abgegebenen Stimmen mit 27 Jastimmen und 49 Neinstimmen abgelehnt (Anlage 1). 3586 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

Nummer 18 Buchstabe c und Nummer 20 Buchstabe c des Änderungsantrags der Fraktion der SPD - Drucksache 3/1656 - werden mit Mehrheit abgelehnt; zu allen weiteren Punkten des Änderungsantrags findet keine Abstimmung statt, da diese inhaltsgleich mit dem Ände- rungsantrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/1653 - bzw. in der Beschlussempfehlung des Innenausschusses - Drucksache 3/1640 - beinhaltet sind. Die Beschlussempfehlung des Innenausschusses - Drucksache 3/1640 - wird mit Mehrheit angenommen. Der Gesetzent- wurf der Landesregierung - Drucksache 3/1419 - wird unter Berücksichtigung der Annah- me der Beschlussempfehlung - Drucksache 3/1640 - in ZWEITER BERATUNG und in der Schlussabstimmung jeweils mit Mehrheit angenommen.

Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes 3611 über die Schulaufsicht, des Thüringer Personal- vertretungsgesetzes und des Thüringer Schul- gesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/1472 - dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung und Medien - Drucksache 3/1639 - ZWEITE BERATUNG

Nach Berichterstattung und Aussprache wird die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung und Medien - Drucksache 3/1639 - mit Mehrheit angenommen. Der Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/1472 - wird unter Berücksichtigung der Annahme der Beschlussempfehlung - Drucksache 3/1639 - in ZWEITER BERATUNG und in der Schluss- abstimmung jeweils mit Mehrheit angenommen.

Thüringer Gesetz zur Ausführung des Berufs- 3614 bildungsgesetzes im Bereich des öffentlichen Dienstes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/1537 - dazu: Beschlussempfehlung des Innenausschusses - Drucksache 3/1641 - ZWEITE BERATUNG

Nach Berichterstattung und ohne Aussprache wird der Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/1537 - in ZWEITER BERATUNG und in der Schlussabstimmung jeweils ein- stimmig angenommen.

Zweites Gesetz zur Änderung der Verfassung 3614 des Freistaats Thüringen Gesetzentwurf der Fraktion der SPD - Drucksache 3/1596 - ERSTE BERATUNG

Viertes Gesetz zur Änderung der Thüringer 3614 Kommunalordnung Gesetzentwurf der Fraktion der SPD - Drucksache 3/1597 - ERSTE BERATUNG

Ohne Begründung durch den Antragsteller und nach Aussprache wird eine beantragte Über- weisung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD - Drucksache 3/1596 - an den Innenaus- schuss und den Justizausschuss jeweils mit Mehrheit abgelehnt.

Der Gesetzentwurf der Fraktion der SPD - Drucksache 3/1597 - wird an den Innenausschuss federführund und an den Justizausschuss überwiesen. Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3587

Erstes Gesetz zur Änderung des 3622 Thüringer Richtergesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/1642 - ERSTE BERATUNG

Nach Begründung und Aussprache wird der Gesetzentwurf der Landesregierung - Druck- sache 3/1642 - an den Justizausschuss überwiesen.

Thüringer Gesetz zur Änderung der Vor- 3630 schriften über die kommunale Gemein- schaftsarbeit Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/1651 - ERSTE BERATUNG

Nach Begründung und Aussprache wird der Gesetzentwurf der Landesregierung - Druck- sache 3/1651 - an den Innenausschuss überwiesen. a) Sicherung eines attraktiven Schienenper- 3634, 3664 sonenfernverkehrs (SPFV) in Thüringen Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 3/1558 - b) Sicherung eines attraktiven Schienenper- 3634, 3664 sonennahverkehrs (SPNV) in Thüringen Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 3/1559 -

Ohne Begründung durch den Antragsteller und während der gemeinsamen Aussprache wird der Tagesordnungspunkt durch die Fragestunde unterbrochen.

Nach Fortsetzung der Aussprache werden die Anträge der Fraktion der CDU - Druck- sachen 3/1558 und 3/1559 - jeweils an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Struktur- politik überwiesen.

Fragestunde 3641 a) Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Fischer (PDS) 3641 Mittel für Entwicklungszusammenarbeit - Drucksache 3/1586 - wird von Minister Köckert beantwortet. Zusatzfrage. b) Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten K. Wolf (PDS) 3642 Kündigung von schwer behinderten Lehrerinnen und Lehrern - Drucksache 3/1588 - wird von Minister Dr. Krapp beantwortet. Zusatzfrage. c) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Nothnagel (PDS) 3643 Unterrichtsausfall in der Regelschule Obermaßfeld am 26. März 2001 - Drucksache 3/1589 - wird von Minister Dr. Krapp beantwortet. 3588 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 d) Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Tasch (CDU) 3643 Amphibienschutz in Thüringen - Drucksache 3/1591 - wird von Staatssekretär Illert beantwortet. e) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Höhn (SPD) 3645 Kommunalabwasserbehandlung in Thüringen - Drucksache 3/1599 - wird von Staatssekretär Illert beantwortet. Zusatzfragen. f) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Huster (PDS) 3646 Bundesprogramm "Jugend für Toleranz und Demokratie - gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus", hier: Programmteil "Xenos - Leben und Arbeiten in Vielfalt" - Drucksache 3/1600 - wird von Minister Dr. Pietzsch beantwortet. Zusatzfragen. g) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Pidde (SPD) 3647 Bearbeitungszeit von Anträgen auf Feststellung des Behindertengrades - Drucksache 3/1601 - wird von Minister Dr. Pietzsch beantwortet. Zusatzfragen. h) Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Wildauer (PDS) 3649 Rücklagen für Rekultivierung von Deponien - Drucksache 3/1628 - wird von der Abgeordneten Sedlacik vorgetragen und von Minister Köckert beantwortet. i) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dittes (PDS) 3650 Brandschutz- und Sicherheitserziehung an Thüringer Schulen - Drucksache 3/1632 - wird von Minister Dr. Krapp beantwortet. Zusatzfragen. j) Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Becker (SPD) 3651 Wurde die Polizei Nordhausen wegen eines Überfalls auf einen ausländischen Studenten tätig? - Drucksache 3/1637 - wird von Minister Köckert beantwortet. k) Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Thierbach (PDS) 3651 Unterstützung der ehrenamtlichen Tätigkeit - Drucksache 3/1638 - wird von dem Abgeordneten Huster vorgetragen und von Minister Dr. Pietzsch beantwortet. Zusatzfragen. Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3589 l) Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Vopel (CDU) 3652 " international school - weimar" - Drucksache 3/1646 - wird von Minister Dr. Krapp beantwortet. Zusatzfrage. m) Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Höhn (SPD) 3653 Energiespar-Contracting in der Thüringer Landesverwaltung - Drucksache 3/1620 - wird von Minister Trautvetter beantwortet.

Aktuelle Stunde 3654 a) auf Antrag der Fraktion der PDS zum Thema: 3654 "Mögliche Auswirkungen der Zusammenarbeit des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz mit Spitzenfunktionären rechtsextremistischer Organi- sationen auf derzeit laufende Verbotsverfahren" Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 3/1617 - b) auf Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: 3659 "Inflationsrate in Deutschland - Auswirkungen auf Thüringen" Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 3/1634 -

Aussprache

Entwurf einer Verordnung über die Auftrags- 3666 kostenpauschale nach § 23 des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes hier: Zustimmung des Landtags gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 des Thüringer Finanzaus- gleichsgesetzes Antrag der Landesregierung - Drucksache 3/1618 -

Ohne Begründung durch den Antragsteller und nach Aussprache wird die beantragte Über- weisung des Antrags der Landesregierung - Drucksache 3/1618 - an den Innenausschuss mit Mehrheit abgelehnt.

Der Antrag der Landesregierung - Drucksache 3/1618 - wird mit Mehrheit angenommen.

Umsetzung des Thüringer 3672 Krankenhausgesetzes Antrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/1622 -

Ohne Begründung durch den Antragsteller erstattet Minister Dr. Pietzsch einen Sofortbe- richt zu dem Antrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/1622 -. Auf Verlangen der Frak- tion der PDS findet gemäß § 106 Abs. 1 GO eine Aussprache zu dem Bericht der Landes- regierung statt.

Der Antrag der Fraktion der PDS auf Fortsetzung der Beratung im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit wird mit Mehrheit abgelehnt. 3590 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

Die Erfüllung des Berichtsersuchens zu dem Antrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/1622 - wird gemäß § 106 Abs. 2 GO festgestellt.

Ja zur Erhöhung der Thüringer Regel- 3676 sätze sowie des Kindergeldes Antrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/1623 -

Nach Begründung und Aussprache wird die beantragte Überweisung der Nummer 1 des An- trags der Fraktion der PDS - Drucksache 3/1623 - an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit und an den Innenausschuss jeweils mit Mehrheit abgelehnt.

Der Antrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/1623 - wird in namentlicher Abstimmung zu Nummer 1 bei 72 abgegebenen Stimmen mit 13 Jastimmen, 46 Neinstimmen und 13 Stimm- enthaltungen abgelehnt (Anlage 2), zu Nummer 2 bei 72 abgegebenen Stimmen mit 25 Ja- stimmen, 46 Neinstimmen und 1 Stimmenthaltung abgelehnt (Anlage 3), zu Nummer 3 bei 71 abgegebenen Stimmen mit 62 Jastimmen, 1 Neinstimme und 8 Stimmenthaltungen ange- nommen (Anlage 4) und zu Nummer 4 bei 69 abgegebenen Stimmen mit 23 Jastimmen und 46 Neinstimmen abgelehnt (Anlage 5).

Finanzielle Förderung von freiwilligen 3681 Gemeindeneugliederungsmaßnahmen im Zeitraum 2001 bis 2004 Antrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/1624 -

Nach Begründung und Aussprache wird die beantragte Überweisung des Antrags der Frak- tion der PDS - Drucksache 3/1624 - an den Innenausschuss mit Mehrheit abgelehnt.

Der Antrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/1624 - wird mit Mehrheit abgelehnt.

Ausbildungssituation in Thüringen und 3685 Verringerung der Jugendarbeitslosigkeit Antrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/1625 -

Nach der Begründung erstattet Staatssekretär Richwien einen Sofortbericht zu Nr. 1 des Antrags der Fraktion der PDS - Drucksache 3/1625 -.

Auf Verlangen der Fraktion der PDS findet gemäß § 106 Abs. 1 GO eine Aussprache zu dem Bericht der Landesregierung i.V.m. einer Aussprache zu Nr. 2 des Antrags der Fraktion der PDS - Drucksache 3/1625 - statt. Die Erfüllung des Berichtsersuchens zu Nr. 1 des Antrags der Fraktion der PDS - Drucksache 3/1625 - wird gemäß § 106 Abs. 2 GO festgestellt.

Nummer 2 des Antrags der Fraktion der PDS - Drucksache 3/1625 - wird einstimmig ange- nommen. a) Auflösung und Neugründung des Thüringer 3692 Landesamtes für Verfassungsschutz Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/1630 - Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3591 b) Behinderung der Abgeordnetenarbeit durch 3692 die "Strafanzeige" des Staatssekretärs im Innen- ministerium vom 27. Mai 2001 Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/1643 -

Nach Begründung der Anträge erstattet Ministerpräsident Dr. Vogel einen Sofortbericht zu dem Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/1643 -.

Auf Verlangen der Fraktion der SPD findet gemäß § 106 Abs. 1 GO eine Aussprache zu dem Bericht der Landesregierung i.V.m. einer Aussprache zu dem Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/1630 - statt. Die Erfüllung des Berichtsersuchens zu dem Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/1643 - wird gemäß § 106 Abs. 2 GO festgestellt.

Der Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/1630 - wird mit Mehrheit abgelehnt. 3592 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

Am Regierungstisch:

Ministerpräsident Dr. Vogel, die Minister Dr. Birkmann, Gnauck, Köckert, Dr. Krapp, Dr. Pietzsch, Prof. Dr. Schipanski, Dr. Sklenar, Trautvetter

Rednerliste:

Präsidentin Lieberknecht 3594, 3595, 3596, 3598, 3599, 3601, 3602, 3603, 3606, 3607, 3609, 3610, 3654, 3655, 3656, 3657, 3658, 3659, 3660, 3661, 3662, 3663, 3664, 3665, 3666, 3667, 3668, 3670, 3672 Vizepräsidentin Ellenberger 3631, 3632, 3633, 3634, 3637, 3639, 3641, 3642, 3643, 3644, 3645, 3646, 3647, 3648, 3649, 3650, 3651, 3652, 3653, 3692, 3693, 3697, 3698, 3700, 3703, 3705, 3707, 3708, 3710, 3711 Vizepräsidentin Dr. Klaubert 3611, 3612, 3613, 3614, 3617, 3619, 3621, 3624, 3625, 3626, 3629, 3674, 3675, 3676, 3677, 3678, 3680, 3681, 3682, 3683, 3684, 3685, 3688, 3689, 3691 Althaus (CDU) 3710 Arenhövel (CDU) 3675, 3677 Becker (SPD) 3651 Böck (CDU) 3596, 3602, 3607 Buse (PDS) 3664, 3665 Dr. Dewes (SPD) 3707, 3708, 3709 Dittes (PDS) 3603, 3650, 3651, 3656, 3658, 3697, 3698 Döring (SPD) 3612 Emde (CDU) 3611 Fiedler (CDU) 3599, 3617, 3633, 3682, 3703 Dr. Fischer (PDS) 3641, 3642, 3674 Gentzel (SPD) 3700 Gerstenberger (PDS) 3661 Prof. Dr. Goebel (CDU) 3613 Heß (SPD) 3678 Höhn (SPD 3645, 3646, 3653, 3659 Huster (PDS) 3611, 3646, 3647, 3651, 3652, 3685, 3691, 3692 Kallenbach (CDU) 3595, 3639 Dr. Koch (PDS) 3624, 3648, 3649, 3655 O. Kretschmer (SPD) 3625 Kummer (PDS) 3646 Lippmann (SPD) 3637 Mohring (CDU) 3660, 3661, 3668 Nitzpon (PDS) 3674, 3676, 3680, 3688 Nothnagel (PDS) 3643 Pelke (SPD) 3688 Dr. Pidde (SPD) 3594, 3647, 3648 Dr. Pietzsch (CDU) 3662 Pohl (SPD) 3598, 3606, 3654, 3692, 3710 Schemmel (SPD) 3614, 3632, 3633, 3666, 3682, 3693 Sedlacik (PDS) 3649, 3681, 3684 Seela (CDU) 3692 Sonntag (CDU) 3646 Stauch (CDU) 3594 Tasch (CDU) 3643 Vopel (CDU) 3652, 3653 Wackernagel (CDU) 3689 Dr. Wildauer (PDS) 3596, 3614, 3619, 3631, 3667, 3682 B. Wolf (CDU) 3626, 3654, 3708 K. Wolf (PDS) 3642, 3680 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3593

Dr. Birkmann, Justizminister 3622, 3629 Illert, Staatssekretär 3644, 3645, 3646 Köckert, Innenminister 3601, 3609, 3621, 3630, 3642, 3649, 3651, 3658, 3670, 3683, 3684, 3705 Dr. Krapp, Kultusminister 3642, 3643, 3650, 3651, 3653 Dr. Pietzsch, Minister für Soziales, Familie und Gesundheit 3647, 3648, 3649, 3652, 3672, 3678, 3680 Richwien, Staatssekretär 3634, 3686 Trautvetter, Finanzminister 3653, 3663 Dr. Vogel, Ministerpräsident 3693 3594 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

Die Sitzung wird um 9.02 Uhr von der Präsidentin des ten über die kommunale Gemeinschaftsarbeit - hat die Landtags eröffnet. Drucksachennummer 3/1651. Auch hier wäre eine Frist- verkürzung notwendig. Ich gehe davon aus, dass dieser Präsidentin Lieberknecht: nicht widersprochen wird; also, verfahren wir so.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen Zu TOP 24 - Fragestunde - kommen folgende Mündliche und Kollegen Abgeordnete, Vertreter der Landesregierung Anfragen hinzu: die Drucksachen 3/1638/1645/1646. und Besucher auf der Besuchertribüne, ich eröffne unsere 45. Plenarsitzung des Thüringer Landtags am heutigen Die Landesregierung hat angekündigt, zu den Tagesord- 14. Juni im Jahr 2001. Als Schriftführer haben neben nungspunkten 12, 15 und 17 von der Möglichkeit eines So- mir Frau Abgeordnete Zitzmann und Frau Abgeordnete fortberichts gemäß § 106 Abs. 2 GO Gebrauch zu machen. Bechthum Platz genommen. Die Rednerliste wird Frau Abgeordnete Zitzmann führen. So weit die Hinweise, die ich geben wollte. Jetzt habe ich einige Meldungen von den Fraktionen. Herr Abgeord- Für die heutige Sitzung haben sich Herr Minister Schuster, neter Stauch, bitte. Frau Abgeordnete Dr. Stangner, Frau Abgeordnete Thier- bach, Frau Abgeordnete Zimmer und Frau Abgeordnete Abgeordneter Stauch, CDU: Neudert entschuldigt. Frau Präsidentin, wir beantragen zur Aufnahme in die Ich möchte noch einige allgemeine Hinweise geben, und Tagesordnung die Drucksache 3/1636, Antrag der CDU- zwar gegen 13.00 Uhr werde ich gemeinsam mit dem Fraktion - Zukunft der Fernwasserversorgung in Thürin- Sozialminister Dr. Pietzsch im Foyer vor dem Plenarsaal gen -, und bitten um gemeinsame Beratung mit Tages- eine Präsentation der Sucht-Selbsthilfe Thüringen zum ordnungspunkt 22. Thema "Suchtmittelfrei - wir helfen dabei!" eröffnen. Die Zusage zu dieser Präsentation lag noch vor unserer Ent- Präsidentin Lieberknecht: scheidung, ohne Mittagspause durchzutagen. Es wird wei- tergetagt und wir machen das am Rande des Plenums. Herr Abgeordneter Pidde hatte sich auch gemeldet.

Für heute Abend hat die Landespressekonferenz schon tra- Abgeordneter Dr. Pidde, SPD: ditionell zu ihrem parlamentarischen Abend eingeladen, der nach dem Ende der Plenarsitzung gegen 20.00 Uhr Frau Präsidentin, die SPD-Fraktion beantragt, den Antrag stattfinden wird. - Behinderung der Abgeordnetenarbeit durch die "Straf- anzeige" des Staatssekretärs im Innenministerium vom Dann möchte ich einige Hinweise unmittelbar zur Tages- 27. Mai 2001 - auf die Tagesordnung zu nehmen und we- ordnung geben, und zwar die Tagesordnung wird wie folgt gen des Zusammenhangs mit dem Punkt 16 zum Landes- ergänzt: amt für Verfassungsschutz schlagen wir vor, dies in ge- meinsamer Beratung zu tun. Die Drucksachennummer ist Zu TOP 2: Die angekündigte Beschlussempfehlung des 3/1643. Innenausschusses zu dem Thüringer Gesetz zur überört- lichen Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung Als Zweites beantragen wir die Tagesordnungspunkte 6 und zur Beratung der Gemeinden und Landkreise hat die - Zweites Gesetz zur Änderung der Verfassung - und 7 - Drucksachennummer 3/1654. Zur Aufnahme dieser Be- Viertes Gesetz zur Änderung der Thüringer Kommunal- schlussempfehlung ist eine Fristverkürzung notwendig. Ich ordnung - wegen des Zusammenhangs in gemeinsamer Be- gehe aber davon aus, dass dieser nicht widersprochen wird. ratung zu behandeln. Dann verfahren wir so, die Drucksache ist aufgenommen. Weiterhin wird zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung Der dritte Änderungswunsch: Tagesordnungspunkt 18 - ein Entschließungsantrag der Fraktion der CDU in Druck- Zustimmung Thüringens im Bundesrat zur Verpackungs- sache 3/1657 und ein Änderungsantrag der Fraktion der verordnung - ist aus unserer Sicht dringlich wegen der PDS in Drucksache 3/1658 verteilt. anstehenden Beratung im Bundesrat. Wir beantragen, dass dieser Tagesordnungspunkt, unabhängig von der Abarbei- Zu TOP 3, Gesetzentwurf der Landesregierung in Druck- tung der Tagesordnung im Übrigen, auf jeden Fall am sache 3/1419 - Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Freitagabend noch beraten wird. Personalvertretungsgesetzes -: Hier wurden Änderungs- anträge der Fraktion der PDS in Drucksache 3/1653 und Präsidentin Lieberknecht: der Fraktion der SPD in Drucksache 3/1656 verteilt. Vielen Dank, wir haben die Änderungswünsche gehört, Zu TOP 9: Der angekündigte Gesetzentwurf der Landes- wobei Letzteres vielleicht auch im Ältestenrat hilfreich regierung - Thüringer Gesetz zur Änderung der Vorschrif- gewesen wäre, wenn man da schon auf die Dringlichkeit Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3595 hingewiesen hätte. Wir werden darüber jetzt abzustimmen (Heiterkeit im Hause) haben. Jetzt haben wir den Gruppenantrag. Sprecher dieser Gruppe Zunächst der Antrag der Fraktion der CDU. Noch etwas? ist Herr Kallenbach und er beantragt, den Antrag - Part- Der Herr Abgeordnete Kallenbach, bitte. nerschaft mit Litauen -, der jetzt aus dem Bundes- und Europaausschuss zurückgekommen ist, auf die Tagesord- Abgeordneter Kallenbach, CDU: nung aufzunehmen. Wir stimmen zunächst über die Auf- nahme in die Tagesordnung ab. Wer stimmt dem zu? Darü- Namens der Abgeordneten, die den Gruppenantrag - Ver- ber gibt es auch große Einmut im Hause. Jetzt die Platzie- tiefung der partnerschaftlichen Beziehungen des Thüringer rung nach den Gesetzen, wer stimmt dem zu? Das scheint Landtags zum Seimas der Republik Litauen - eingebracht sich auf die Gruppe zu beschränken. Noch einmal bitte ge- haben, beantrage ich die Aufnahme der Drucksache 3/1548 nau, wer stimmt dem zu? Da muss ich die Gegenprobe ma- in die Tagesordnung der heutigen Plenarsitzung nach den chen, wer ist dagegen? Enthaltungen? Also da nehmen wir Gesetzen. Die Aussprache zur ersten Lesung und die ihn auf, ordnen ihn aber normal am Ende mit ein. Dann Aussprache im zuständigen Ausschuss für Bundes- und ist das auch so beschlossen. Darf ich noch einmal um Auf- Europaangelegenheiten hat Konsens im Hause zu dieser merksamkeit bitten. Thematik erbracht, so dass auf eine Aussprache in der zweiten Lesung verzichtet werden könnte. Allerdings wäre Damit ist die Tagesordnung für heute und morgen festge- es ein sehr positives Zeichen, wenn in dieser Plenar- stellt. Ich erlaube mir noch einmal den Hinweis, dass sie sitzung der Antrag zu einer Beschlussfassung kommen übervoll ist, jetzt ja noch einmal weiter angereichert und könnte. Deshalb beantrage ich, diesen Antrag in die Ta- möchte deswegen ausnahmsweise einmal auf mein frühe- gesordnung aufzunehmen. Danke. res Amt als Pastorin zurückgreifen, denn die Losung des heutigen Tages ist dermaßen passend, dass ich sie dem Präsidentin Lieberknecht: hohen Haus nicht verschweigen möchte. Im Epheserbrief, Kapitel 4, Vers 29, heißt es nämlich für heute, speziell Das wäre dann nach TOP 9 der TOP 10, was die Platzie- für heute, 14. Juni 2001: "Lasst kein faules Geschwätz aus rung betrifft nach den Gesetzen. Dann gehen wir jetzt der Eurem Mund gehen, sondern redet, was gut ist, was erbaut Reihe nach vor: Zunächst der Antrag, den die CDU-Frak- und was notwendig ist, damit es Segen bringe, denen, die tion in der Drucksache 3/1636 gestellt hat, ihn in die es hören." Tagesordnung aufzunehmen und gemeinsam mit TOP 22 zu beraten. Wer stimmt dem zu, den bitte ich um das (Heiterkeit und Beifall im Hause) Handzeichen. Danke, das ist die übergroße Mehrheit, wie ich sehe, einstimmig. Ich denke, das ist ein wahrhaft mahnendes Wort. Es ist auf alle Anwesenden gemünzt. Damit kommen wir jetzt Dann den Antrag der Fraktion der SPD, Strafanzeige des zum Aufruf der Tagesordnung. Wir hatten uns ja darauf Staatssekretärs im Innenministerium vom 27. Mai 2001, verständigt, dass der TOP 1, die Regierungserklärung, in Drucksache 3/1643 und gemeinsame Beratung mit morgen als Erstes aufgerufen wird. Ich komme deshalb TOP 16. Wer dem zustimmt, den bitte ich ebenfalls um zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 2 das Handzeichen. Es scheint der gleiche Einmut zu sein. Dann ist das auch so beschlossen. Ich weise noch darauf Thüringer Gesetz zur überörtlichen Prü- hin, dass die Landesregierung bereits vorsorglich die fung der Haushalts- und Wirtschafts- Aufnahme auf die Tagesordnung angekündigt hat, um dann führung und zur Beratung der Gemeinden von der Möglichkeit eines Sofortberichts gemäß § 106 und Landkreise (Thüringer Prüfungs- und Abs. 2 Geschäftsordnung Gebrauch zu machen. Beratungsgesetz - ThürPrBG - ) Gesetzentwurf der Landesregierung Dann haben wir den weiteren Antrag der Fraktion der - Drucksache 3/1292 - SPD, die gemeinsame Beratung von TOP 6 und 7 betref- dazu: Beschlussempfehlung des Innenaus- fend. Wer stimmt dem zu, den bitte ich um das Handzei- schusses chen. Dann ist das auch mit gleicher Einmütigkeit be- - Drucksache 3/1654 - schlossen. Wir verfahren so. dazu: Änderungsantrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/1658 - Dann die Dringlichkeit, den TOP 18 - Verpackungsver- Entschließungsantrag der Fraktion der CDU ordnung - unabhängig von der Tagesordnung auf jeden Fall - Drucksache 3/1657 - noch am Freitag zu verhandeln. Wer stimmt dem zu, den ZWEITE BERATUNG bitte ich um das Handzeichen. Danke. Das scheint nicht genügend zu sein. Gegenprobe? Enthaltungen? Damit ist Ich darf zunächst um die Berichterstattung aus dem Aus- dies mit Mehrheit abgelehnt. Aber vielleicht schaffen wir schuss bitten, der Abgeordnete Böck hat das Wort. es ja diszipliniert trotzdem. Wir werden daran arbeiten, hoffe ich, wenn alle mithelfen. 3596 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

Abgeordneter Böck, CDU: Wir haben jedoch auch die Vorstellung des Thüringer Gemeinde- und Städtebundes zur Schaffung einer kom- Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Her- munalen Prüfkammer in unsere Überlegungen eingeschlos- ren, das Thüringer Gesetz zur überörtlichen Prüfung der sen. In Abwägung der Vor- und Nachteile bleibt die PDS- Haushalts- und Wirtschaftsführung und zur Beratung der Fraktion bei ihrer Position, die überörtliche Prüfung dem Gemeinden und Landkreise, vorgelegt im Gesetzentwurf Landesrechnungshof zuzuordnen. der Landesregierung in Drucksache 3/1292, wurde durch Beschluss des Landtags am 25. Januar 2001 federführend Meine Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf an den Innenausschuss und den Haushalts- und Finanz- sichert aus unserer Sicht nicht ausreichend, dass die über- ausschuss überwiesen. Der Innenausschuss hat den Ge- örtliche Rechnungsprüfung tatsächlich als Ergänzung zur setzentwurf in seiner 23. Sitzung am 1. März 2001, in sei- örtlichen Rechnungsprüfung mehr Transparenz und Klar- ner 24. Sitzung am 22. März 2001, in seiner 25. Sitzung heit in die Haushaltsdurchführung der Kommunen bringt. am 8. Mai 2001 und in seiner 27. Sitzung am 7. Juni 2001 So sehen wir die Beratung im Rahmen der überörtlichen beraten. Prüfung als ein wichtiges Element der überörtlichen Prü- fung. Der Gesetzentwurf hingegen behandelt die Beratung In seiner 25. Sitzung am 8. Mai hat der Ausschuss eine An- eher stiefmütterlich als Kannbestimmung, die die Kommu- hörung von Interessenvertretern und Sachverständigen in nen dann auch noch selbst bezahlen müssen. Einen solchen öffentlicher Sitzung durchgeführt. Daraus resultieren die Gesetzgebungsantrag tragen wir nicht oder trage ich nicht. Änderungsanträge und die Beschlussempfehlung des In- nenausschusses, Ihnen vorgelegt in Vorlage 3/834. Unser Änderungsantrag macht die Beratung zum gleich- wertigen Element der überörtlichen Prüfung. Der im Ge- Mitberatend gibt es die Beschlussempfehlung des Haus- setzentwurf vorgeschlagene Prüfungszyklus von fünf Jah- halts- und Finanzausschusses, vorgelegt in Vorlage 3/847. ren ist aus unserer Sicht für eine zeitnahe Prüfung viel zu lang. Ich verweise darauf, dass die Landesregierung in Ich bitte das hohe Haus um Zustimmung zu dem Gesetz- der Begründung zu ihrem Gesetzentwurf selbst auf dieses entwurf und den hier in Rede stehenden Anträgen. Danke Problem hingewiesen hat. Nur meint die Landesregierung, schön. dass das Problem der Zeitnähe erst bei einem Zeitraum von fünf Jahren auftritt. Eine solche Auffassung geht nach unse- (Beifall bei der CDU) rer Einschätzung an der Realität vorbei. Wir fordern einen Prüfungszyklus von drei Jahren und meinen, dass seine Präsidentin Lieberknecht: Realisierung nicht utopisch ist. Ebenso unverständlich ist für unsere Fraktion, dass im Regelfall eine Prüfung Vielen Dank für die Berichterstattung. Es hat jetzt als der Jahresrechnungen 1990 bis 1995 entfallen soll. Ich Erste das Wort Frau Abgeordnete Dr. Wildauer, PDS- denke schon, dass es gerade in diesen Jahren eine Viel- Fraktion. zahl von Problemen bei der Haushaltsdurchführung gab und die Öffentlichkeit auch ein Recht darauf hat, die Haus- Abgeordnete Dr. Wildauer, PDS: haltsdurchführung dieser Jahre zumindest stichprobenar- tig geprüft zu wissen. Ihr Hinweis in der Begründung zum Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ein längst Gesetzentwurf, dass es erst mit der Einführung der Ge- fälliges Gesetz steht heute zur Verabschiedung an. Die meindehaushaltsordnung einheitliche gesetzliche Grundla- Rechnungsprüfung ist das Instrument zur Sicherung der gen für die Haushaltsdurchführung gab, kann nicht ernst ge- Transparenz der Haushaltsdurchführung. meint sein. Doch darauf war ich bereits in meiner Rede zur Einbringung des Gesetzes näher eingegangen. Prob- Präsidentin Lieberknecht: lemlos wäre die Aufarbeitung des Prüfungsstaus nicht, sie kostet jedoch Geld. Aber mehr Kosten entstehen hier für Darf ich ein bisschen um Ruhe bitten. Es ist noch ganz das Land nur scheinbar. Wäre nämlich das Gesetz früher früh am Morgen und wir sollten uns zumindest konzen- verabschiedet worden, wären die überörtlichen Prüfun- trieren jetzt in den frühen Stunden. gen schon gelaufen und somit sind die Kosten eigentlich nur kumuliert. Abgeordnete Dr. Wildauer, PDS: Meine Damen und Herren, eine wesentliche Forderung Danke. Die Beschlussorgane der Kommunen, die die unserer Fraktion richtet sich an die Gestaltung und den Haushaltssatzungen und Haushaltspläne beschließen, und Umgang mit den Prüfberichten. Unseres Erachtens nach die Einwohner, die nicht unwesentlich zur Finanzierung muss gesichert werden, dass zunächst alle Prüffeststel- ihrer Kommunen beitragen, haben ein Recht zu erfahren, lungen dokumentiert werden. Dazu haben wir einen ent- wie die Haushaltsdurchführung realisiert wird. Die über- sprechenden Änderungsantrag vorgelegt. Wir meinen auch, örtliche Prüfung muss die örtliche Prüfung ergänzen. dass die im Gesetzentwurf enthaltene Unterscheidung zwi- Die PDS-Fraktion hat von Anfang an die Zuordnung der schen wesentlichen und nicht wesentlichen Prüffeststel- überörtlichen Prüfung zum Landesrechnungshof gefordert. lungen aus unserer Sicht Unklarheit schafft und großen Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3597

Interpretationsspielraum zulässt. Den CDU-Vorschlag, dass digen Eingriffe der Regierungspartei und der Landesregie- zum Prüfungsbericht eine Schlussbesprechung stattfin- rung in den Kommunalen Finanzausgleich akzeptieren. den soll, halten wir für sinnvoll. Bedeutsam ist für uns, Doch unser Standpunkt ist hierzu wohl hinreichend be- dass in jedem Fall das Beschlussorgan, also der Gemein- kannt und wir werden an anderer Stelle im Rahmen die- derat oder Kreistag, die Prüfungsberichte erhält und sich ser zwei Plenartage noch darauf eingehen. mit ihnen auseinander setzen kann. Das diesbezügliche Verfahren der örtlichen Rechnungsprüfung ist unseres Im Zusammenhang mit dem Doppelhaushalt hatten wir Erachtens nach auch für die überörtliche Prüfung anwend- damals dargestellt, wie die Kürzungen im Finanzausgleich bar. Des Weiteren fordern wir, dass die Einwohner in die hätten abgefedert werden können. Wären unsere Vorschlä- Prüfungsberichte Einblick nehmen können. Ich will das ge beschlossen worden, könnte man locker die Beratung begründen: Die Einwohner haben doch z.B. das Recht, der Kommunen im Rahmen der überörtlichen Prüfung in die Haushaltssatzung und in die Haushaltspläne Ein- aus den Mitteln des Finanzausgleichs finanzieren. sicht zu nehmen und weshalb soll dies dann für die Prü- fungsberichte nicht ebenso gelten. Wir haben einen Ände- Meine Damen und Herren, der vorliegende Gesetzent- rungsantrag vorgelegt, der mit der SPD-Forderung im We- wurf macht deutlich, wie groß der Novellierungsbedarf sentlichen übereinstimmt und der die Rechte der Beschluss- der Thüringer Kommunalordnung ist. Wir werden noch organe und der Bürger im Umgang mit den Prüfungsbe- heute über den Gesetzentwurf der SPD in erster Lesung richten sichert. Der vorgelegte CDU-Änderungsantrag si- diskutieren. Wir halten es aber trotzdem für notwendig, chert zwar die Beteiligung der Beschlussorgane und ist des- bereits zum Gesetzentwurf für die überörtliche Prüfung halb schon ein Fortschritt gegenüber dem Regierungsent- auch eine teilweise Änderung der Thüringer Kommunal- wurf, er versperrt aber nach wie vor den Einwohnern den ordnung zu diskutieren. Dadurch werden Zusammenhänge Zugang zu den Prüfungsberichten. Damit wird ein Hauptan- besser sichtbar. Notwendig ist für uns die Einführung liegen der Rechnungsprüfung, die Transparenz der Haus- von Rechnungsprüfungsausschüssen als Pflichtausschüsse haltsdurchführung, verhindert. Eine solche Art von Kom- in Gemeinden über 1.000 Einwohner und in den Land- munalpolitik, die die Bürger, bildlich gesprochen, vor der kreisen. Eine solche Regelung ist ja nicht neu, sie gab es Rathaustür belässt, lehnen wir entschieden ab. bereits bis 1994 und sie hatte sich bewährt. Sicher wurde auch deswegen in einem früheren Referentenentwurf zum Meine Damen und Herren, zu den Kosten der überörtli- Prüfgesetz dieser Vorschlag aufgenommen. Es ist wohl chen Prüfung hatte ich mich bereits kurz geäußert. Wir hal- anzunehmen, dass die Experten der Regierung die Rech- ten es für völlig realitätsfremd, wenn man die Beratung für nungsprüfungsausschüsse als Pflichtausschüsse befürwor- die beantragende Körperschaft nur kostenpflichtig durch- ten. Weshalb die Landesregierung die Rechnungsausschüs- führt. Gerade die Kommunen, die Finanzierungsprobleme se nicht mehr will, haben Sie, Herr Innenminister, bisher haben, sind auf die Beratung angewiesen. Sie werden nicht überzeugend dargelegt. Haben Sie etwa Bedenken, aber diese Beratung nicht in Anspruch nehmen können, dass die Gemeinderäte und Kreistage die Haushaltsdurch- weil ihnen hierzu das Geld letztendlich fehlt. Das Ge- führung der Verwaltung zu stark kontrollieren? Ich kann samtziel wird somit im Regelfall nicht erreicht werden Sie nur auffordern, geben Sie Ihre Vorbehalte gegen die können. Die CDU-Fraktion versucht mit ihrem Ände- Transparenz der kommunalen Haushaltswirtschaft auf. rungsantrag eine Lösung zu finden, die in der Praxis häufig Abgrenzungsprobleme hervorrufen wird. (Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren aus dem Mittelblock, Sie wollen, Die kommunale Verwaltung, die ordnungsgemäß handelt, dass für die Beratung während der Prüfung keine Gebühren braucht keine Bedenken gegenüber Prüfungen zu haben. erhoben werden. Die übrige Beratung soll von den Kom- Schließlich schlagen wir vor, dass wir den Zugang der munen bezahlt werden. Ich glaube, dass diese Lösung nach Einwohner zu den Prüfungsberichten analog regeln wie dem Prinzip der Halbschwangerschaft nicht funktionie- bei der öffentlichen Auslegung der Haushaltssatzungen und ren wird. Wir können es uns jedenfalls nicht vorstellen und Haushaltspläne. Wir lassen damit die Einwohner nicht vor selbst der Finanzminister vermochte mich in der Aus- der Rathaustür stehen, sondern wir bitten sie herein, und schuss-Sitzung nicht vom Gegenteil zu überzeugen. Wir ich bedauere nur, dass vermutlich das Interesse der Men- fordern ebenso wie die SPD, dass die Beratungsleistun- schen sich dabei wohl in Grenzen halten wird. gen vom Land finanziert werden. Unser Änderungsan- trag beinhaltet, dass diese Beratungsleistungen aus dem Meine Damen und Herren, in einem weiteren Änderungs- Finanzausgleich bezahlt werden. Dies führt zu keiner antrag haben wir einen Vorschlag des Thüringer Gemein- unmittelbaren Mehrbelastung für das Land, sichert aber, de- und Städtebundes zur Bildung von Rechnungsprüfungs- dass alle Kommunen, die die Beratungsleistungen nutzen, ämtern durch mehrere Gemeinden aufgegriffen. Durch diese unabhängig von ihrer Finanzsituation in Anspruch diese Möglichkeit kann die örtliche Rechnungsprüfung ge- nehmen können. Der mögliche Vorwurf, dass unser Vor- meindenäher realisiert werden. Gleichzeitig werden die schlag letztlich doch die Finanzierung der Beratungsleis- Rechnungsprüfungsämter der Landkreise entlastet, was tungen durch die Kommunen zur Folge hat, wäre nur dann zusätzliche Prüfungskapazitäten für die Kreishaushalte gerechtfertigt, wenn man uns unterstellt, dass wir die stän- schafft. Meine Damen und Herren, wir haben zehn Ände- 3598 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 rungsvorschläge dem Landtag zur heutigen Abstimmung wechselseitig in den verschiedenen Gräben und haben vorgelegt. Im Innen- und auch im Haushalts- und Finanz- diese auch immer voller Inbrunst und Überzeugung ver- ausschuss lagen sie ebenfalls vor, sie wurden dort abge- teidigt. Fakt ist, wir brauchen die überörtliche Prüfung lehnt. Aber vielleicht findet sich im heutigen Landtag eine im Interesse der Kommunen unseres Freistaats. Wichtig Mehrheit für unseren Änderungsantrag. ist aber auch, dass diese Prüfung immer wieder auch als ein dreiteiliges Verfahren zu verstehen ist, nämlich die Ich möchte noch etwas bemerken, meine Damen und Her- nachgängige Kontrolle, die vergleichende Prüfung und ren. Die Abstimmung meiner Fraktion zum Gesetz wird natürlich auch die präventive Beratung. Nachdem nun die sicher differenziert ausfallen, da angesichts des endlich Anhörung in einer weiteren Konstruktion der Organisa- auf den Weg gebrachten Prüfgesetzes und der Ansied- tion "überörtliche Prüfung" ergeben hat, dass der Gemein- lung der Prüfbehörde beim Landesrechnungshof auch für de- und Städtebund den Entwurf abgelehnt hatte und auch viele meiner Fraktionskollegen die seit Jahren gestellte der Landkreistag ihn für stark verbesserungswürdig hält, Forderung nach einer überörtlichen Prüfung erfüllt ist. hat sich auch meine Fraktion entschlossen, bei ihren Ände- Ich persönlich stimme nicht für das Gesetz, weil ich mei- rungsanträgen, die Ihnen jetzt noch vorgelegt worden sind, ne, dass nach sieben Jahren Arbeit am Gesetz es durch und Änderungsinhalte einzufordern. Wir glauben, dass auch in durch ausgewogener hätte sein müssen. Es hätte so feh- der aktuellen Diskussion viel zu wenig über die eigentli- lerfrei sein müssen, dass selbst die CDU-Fraktion nicht chen Inhalte geredet wurde. Wir glauben, dass viel größe- noch grundlegende Änderungen hätte einbringen müssen. res Gewicht auf die Beratungspflicht der überörtlichen Und es wird sich bei Analysen zur Arbeit mit dem Gesetz Prüfung gegenüber den Kommunen gelegt werden muss, später herausstellen, dass unsere Änderungsvorschläge und die Beratung der Prüfpflichtigen ist das, was auch realistisch, machbar und zukunftssicher waren. Danke. aus der Prüfung erfolgen muss bzw. müsste.

(Beifall bei der PDS) Eine rückwirkende Betrachtung von fünf Jahren wird von uns als zu lange angesehen. Wem sollen nach fünf Jahren Präsidentin Lieberknecht: die Prüfergebnisse überhaupt noch nutzen? Wir sind des- halb auch für eine zeitnähere Betrachtung und das schließt Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Pohl, SPD-Fraktion. auch kürzere Prüfungsturnusse ein. Im anderen Fall, meine Damen und Herren, würde sich eine vergleichende Prü- Abgeordneter Pohl, SPD: fung auch unter den Kommunen als äußerst schwierig ge- stalten. Wir wissen doch alle, dass eine bestimmte An- Meine Damen und Herren, werte Präsidentin, der heute zahl von Überprüfungen notwendig ist, um auch verglei- zur Debatte stehende Gesetzentwurf der überörtlichen Prü- chen zu können. Werden beispielsweise die prüfpflichti- fung hat es weiter gebracht als überhaupt seine Vorgän- gen Körperschaften nur alle fünf Jahre überprüft, dauert ger. Ob natürlich diese Konstruktion, über die wir heute es doch Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte, bis Vergleiche beraten, besser als ihre Vorgänger ist, das mag dahinge- gezogen werden können. Gerade aufgrund des vorgesehe- stellt sein. Aber es ist doch schon eine seltsame Verqui- nen geringen Personalbestands sollte sich die überörtliche ckung von widerstreitenden Interessen und Vorstellun- Prüfung auf wesentlichere Inhalte beschränken. Wir hal- gen gewesen, die die Verabschiedung dieses Gesetzes bis ten deshalb eine überörtliche Kassenprüfung auch für ent- zum heutigen Tag unmöglich machte. Geschadet wurde da- behrlich. Im Übrigen kann ja auch, meine Damen und Her- durch nur den Kommunen. Eine, ich denke, vergleichen- ren, die Kassenprüfung bei Bedarf im Rahmen der norma- de, beratende überörtliche Prüfung zur rechten Zeit hätte len Prüfung nach § 84, besonders des Absatzes 5, der auch manchen Schaden kleiner halten oder ganz und gar Thüringer Kommunalordnung mit einbezogen werden. vermeiden können. Immerhin brauchte das CDU-geführte Innenministerium seit Beginn der neuen Legislaturperio- Meine Damen und Herren, sehr wichtig ist für uns, dass de noch einmal eineinhalb Jahre, um einen neuen Ent- dem Landtag ein Kommunalprüfbericht gegeben wird, wurf vorzulegen, und das spricht nicht für den jetzigen aus zweierlei Gründen, meine Damen und Herren. Innenminister. 1. Dem Landtag würde von einer Stelle, die nicht die (Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Schon gar Landesregierung ist, über den Zustand der Kommunen nicht für den Vorgänger!) Rechnung abgelegt.

(Zwischenruf Trautvetter, Finanzminister: 2. Für die Kommunen und die vergleichenden Prüfungen Na, na.) wäre ein solcher Prüfbericht ein wichtiges Hilfsmittel, um auch festzustellen, wie die zu prüfende Körperschaft Ich denke aber, heute findet möglicherweise eine unend- im Landesvergleich steht. liche Geschichte ihr Ende. Seit 1992, Herr Trautvetter, war dieses Thema, ob nun Rechnungshofmodell, Prüfverband Meine Damen und Herren, einen weiteren Punkt möchte und Prüfanstalt ein immer wiederkehrendes Thema. Es ich noch ansprechen, das ist die Kostenfrage. Wir glau- wurde immer wieder debattiert und wir saßen alle mal ben, dass es momentan nicht angesagt ist, die Kommunen Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3599 mit irgendwelchen Kosten für die überörtliche Prüfung den, was wir hier vorgelegt haben, und wir haben es uns zu belasten, denn die überörtliche Prüfung und auch die Be- dort nicht leicht gemacht. Wir haben eine große Anhö- ratertätigkeit des Prüforgans muss doch zuerst einmal auf- rung durchgeführt, wo die entsprechenden Argumente noch gebaut werden und das Land hat hierfür geradezustehen. einmal ausgetauscht werden konnten. Wir waren - jeweils Wichtig ist es, dass zumindest in der Anfangsphase die unsere Fraktion - in Nordrhein-Westfalen, haben mit dem Kommunen nicht mit den Kosten für die präventiven dortigen Rechnungshof das Ganze besprochen; wir waren Beratungen belastet werden. in Hessen, wir haben das mit dem dortigen Rechnungs- hof vor Ort besprochen und wir haben diese Dinge alle Meine Damen und Herren, ich bitte Sie aufgrund meiner ausgewertet, auch diese Anhörung. Wir sind dann insbe- vorgetragenen Begründungen, dem Änderungsantrag unse- sondere zu dem Ergebnis gekommen, dass der vorgeleg- rer Fraktion, der Ihnen hier jetzt vorgelegt worden ist, te Gesetzentwurf der Landesregierung eine gute Grundla- zuzustimmen. Ich danke Ihnen. ge ist, dass man diese Dinge mit einbauen kann, die uns aus der Anhörung heraus noch einmal genannt wurden. Ich (Beifall bei der SPD) glaube, man sollte gerade im Gesetzentwurf noch einmal darauf verweisen, § 4: Die überörtliche Rechnungsprüfung Präsidentin Lieberknecht: soll fünf Jahresrechnungen umfassen. Eine überörtliche Prüfung der Jahresrechnungen vor dem Jahre 1995 entfällt; Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Fiedler, CDU-Fraktion. in begründeten Ausnahmefällen - ich will mal in die Rich- tung des rechten Blocks hier weisen, Frau Dr. Wildauer, Abgeordneter Fiedler, CDU: Sie sprachen vorhin vom Mittelblock, ich rede jetzt vom rechten Block - kann sich die überörtliche Rechnungsprü- Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, fung auch auf frühere Haushaltsrechnungen erstrecken. wir haben heute den Gesetzentwurf in der Drucksache 3/1292 zu beraten. Kollege Pohl hat es gerade versucht dar- Ich will noch mal auf 2 verweisen, ja, das sehen sie doch, zustellen, wo er der Meinung ist, dass der Herr Innen- ist doch schon drin. Die überörtliche Rechnungsprüfung er- minister Köckert sich doch dazu zu viel Zeit genommen streckt sich über die Prüfungsgegenstände nach § 84 hätte. Lieber Kollege Pohl, ich sehe das Lächeln fast auf ThürKO hinaus auf die dauernde Leistungsfähigkeit, insbe- den Lippen. Es gab aber einmal einen Vorgänger von sondere auf die Erschließung und Ausschöpfung der eige- Christian Köckert, der hieß Richard Dewes und der hatte nen Einnahmemöglichkeiten, die Wirtschaftsführung der fünf Jahre Zeit, um das Ganze zu lösen, er hat es auch Kosten rechnenden Einrichtungen und, und, und. Ich will nicht lösen können. das nicht alles zitieren. Es hat sich sicher fast jeder damit beschäftigt. Ich will gar nicht auf die ... Ich glaube, dass wir hier einen Gesetzentwurf haben, und (Zwischenruf Abg. Becker, SPD) wir sagen ganz klar, dass wir dieses unterstützen, dass erst in der Regel nach 95 hier geprüft werden soll und (Beifall bei der CDU) dass der Fünf-Jahres-Rhythmus, der übrigens fast in allen Ländern gang und gäbe ist, weil das sonst zu einem un- Ja, wir könnten jetzt die Diskussion, Kollegin Becker, verhältnismäßig hohen Aufwand führen würde, da hätte wie in der großen Koalition in Berlin machen und müssen man immer mehr Prüfleute, immer mehr Geld und müsste dann mal danach fragen, wer hat denn eigentlich welche immer mehr Ressourcen einsetzen und die meisten Län- Schuldfrage. In einer großen Koalition sind sie gleich- der sind im Fünf-Jahres-Rhythmus. Ich glaube, wir sind berechtigt beteiligt und da kann nicht einer dem anderen hier gut beraten, das auch so durchzuführen. das Ganze zuschieben. Aber zurückzukommen zu dem, wer wie lange Zeit hatte - ich denke, wir sollten uns da Ich möchte an der Stelle jetzt insbesondere noch mal darauf auch nicht zu sehr daran festhalten. Jedem ist bekannt, dass eingehen. Wir haben ja zum Gesetzentwurf der Landes- es z.B. in Hessen bis zum Jahre 1994 keine überörtliche regierung, der uns vorgelegt wurde, eigene Entwürfe und Prüfung gab, und ich glaube, dass das Land Hessen sich Dinge mit eingebracht und hier haben wir uns insbeson- hervorragend entwickelt hat und als eines der Führungs- dere noch mal darauf verständigt, dass wir der Meinung länder dasteht. Wir sollten doch nicht immer irgend so sind, dass dem Präsidenten des Rechnungshofs hier die- einen Popanz hier an die Wand malen unter dem Motto se Prüfung übertragen werden soll und dem Präsidenten "Das Vaterland geht unter". Es ist einfach so, dass hier die dieses Ganze untersteht. Wir halten das für sachgerecht. überörtliche Prüfung sicher auch unterschiedlich gehand- Wir haben auch die Hinweise, die aus der Anhörung ka- habt wird, und es gibt unterschiedliche Ansatzpunkte. Wir men, noch mal aufmerksam geprüft und wir halten das wissen, dass die Spitzenverbände natürlich eine ganz an- auch für durchführbar. dere Richtung drauf hatten, wenn ich das geschäftsfüh- rende Vorstandsmitglied des Gemeinde- und Städtebun- Weiterhin haben wir uns dazu verständigt, dass wir gesagt des sehe, der dem aufmerksam lauscht. Es war natürlich haben, was in Hessen seit 1994 hervorragend funktioniert, anders gefordert, aber wir haben uns zu dem entschie- das ist uns dort durch alle noch mal bestätigt worden - wir 3600 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 hatten ja auch den Anzuhörenden hier vor Ort, der das noch es wird besprochen, beraten und es werden vergleichbare mal bestätigt hat - und ich verweise noch mal an das ge- Ergebnisse auch dann für das Land dort mit zu Tage tre- samte Haus, dass zumindest das hessische Rechnungsprü- ten. Der § 7 Abs. 1 wird wie folgt geändert, insbesondere fungsmodell, vorgelegt wurde in Hessen, dass das von wird der folgende Satz angefügt: "Prüfungsberichte sind allen Fraktionen des Landtags dort getragen wurde. Die den kommunalen Vertretungen bekannt zu geben; mindes- PDS ist dort nicht vertreten. Ich meine, Tränen werden wir tens eine Ausfertigung ist jeder Fraktion auszuhändigen." deshalb nicht vergießen, aber es haben zumindest alle, die dort vertreten waren, diesem zugestimmt. Und was für Frau Dr. Wildauer, Sie haben das ja mit aufmerksam ver- uns sehr entscheidend war, dass in Hessen auch heute noch folgt. Wir wollten damit sicherstellen, dass alle Fraktionen die Kommunen, die Spitzenverbände und alle mit der Prü- auch die entsprechenden Berichte hier bekommen und fung, so wie es in Hessen durchgeführt wird, zufrieden zur Verfügung haben. Ich denke, diese Transparenz, die sind. Ich glaube, das ist ein wichtiger Punkt. Mittlerwei- wir hier an den Tag legen, kann sich sehen lassen. le ist es so weit, dass in Hessen förmlich die Kommunen darum ringen und bitten, dass sie geprüft werden, damit Wir haben auch noch in § 8 eine Regelung eingebracht, in sie am Ende sagen können, bei uns ist alles in Ordnung. der es eigentlich nur darum geht, wenn Gebietskörperschaf- ten, ich sage einmal, meinen, sie können mit Verschlep- Wir machen hier einen Wechsel, indem wir uns dem pungstaktik das Ganze irgendwo hinauszögern, dass natür- hessischen Modell, man muss ja nicht sagen, wir haben lich dann auch entsprechende finanzielle Sanktionsmöglich- das Fahrrad neu erfunden, sondern wir sagen, wir finden keiten durch den Präsidenten des Rechnungshofs hier mög- dieses Instrumentarium, was seit 1994 läuft, gut. Die Hes- lich sind, damit das Ganze bezahlt werden muss. Ich glau- sen machen das so, dass sie hier einen Stab beim Rech- be, auch das ist angemessen, dass dieses dort passiert. nungshof gebildet haben. Der besteht aus ca. acht Leu- ten unterschiedlicher Prägung, also von Juristen über tech- Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin jetzt nische Mitarbeiter, dass die gesamte Breite auch der Aus- nicht noch einmal auf jeden einzelnen Paragraphen ein- wertungsmöglichkeit dort gegeben ist, und beschäftigt sich gegangen, denn die Fachleute wissen, um was es geht. dort mit den Auswertungen der Prüfung. Die Prüfungen Die meisten Kollegen haben sich damit auch beschäf- werden insbesondere vergeben an Wirtschaftsprüfungsge- tigt. Ich möchte noch einmal in Richtung Präsident des sellschaften, die hier vor Ort entsprechend die Dinge er- Rechnungshofs bitten, es ist ein neues Instrumentarium, heben und diese dann auch entsprechend beim Rechnungs- was hier geschaffen wurde. Herr Präsident des Rechnungs- hof abliefern, um dort mit ausgewertet zu werden. Wir hal- hofs, Dr. Dr. Heinrich Dietz, ich glaube, man sollte hier die ten das für eine durchaus gelungene Geschichte, denn wir Beziehungen auch in Richtung Hessen noch einmal vertie- alle wissen, dass auch in wenigen Jahren die Haushalts- fen, dass man bestimmt gegebenenfalls einige Dinge von pläne insgesamt auf den Prüfstand gestellt werden, EU und dort übernehmen kann, insbesondere die Gruppe, die dort weitere Dinge kommen, dass wir von der Kameralistik ge- am Rechnungshof gebildet wurde, die aus ausgewiesenen gebenenfalls dort wegkommen. Wir halten diese Prüfung, Fachleuten sich dort zusammensetzt, plus den entsprechen- und dort ist uns das bestätigt worden, dass hier hervorragen- den Möglichkeiten, die auch der Präsident hat. Wir legen de vergleichende Prüfungen, beratende Prüfung auch durch- hier ein hohes Maß an Vertrauen in den Präsidenten des geführt werden können. Rechnungshofs, eine unabhängige Instanz, die diese Prü- fung vornimmt und auch diese Prüfung veröffentlicht. Hier Ich denke, meine Damen und Herren, dass hier ein Instru- wird auch nichts irgendwo im Kämmerchen gemacht oder mentarium gefunden wurde, auch in Fragen der Finanzie- irgendetwas zugedeckelt, sondern hier soll geholfen wer- rung, hier sind die unterschiedlichen Dinge noch mal dar- den und die Dinge, die zu Tage kommen, sollen auch dar- gestellt worden. Wir sind der Meinung, so wie wir den gestellt werden. Gesetzentwurf mit den Änderungen jetzt vorgelegt haben, dass dieses adäquat ist und dass das auch dem entspricht, Meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Präsident des was die Kommunen mittragen können. Ich denke auch, es Rechnungshofs, übrigens hat unsere Fraktion auch noch ist wichtig, hier wird z.B. in § 4 folgender Absatz 3 an- einen Entschließungsantrag vorbereitet. Bevor ich zum gefügt: "Der Präsident des Rechnungshofs teilt dem gesetz- Entschließungsantrag komme, möchte ich noch einmal er- lichen Vertreter der geprüften Körperschaft oder seinem wähnen, ich glaube, Kollege Böck hat es schon dargestellt, Vertreter im Amt die Prüfungsfeststellungen mit und gibt dass wir ja auch, ich sage einmal, den Titel des Gesetzes ihm Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen. Zum Abschluss geändert haben, weil es ja um mehrere Dinge geht. Die der überörtlichen Rechnungsprüfung kann vom Präsiden- Überschrift des Mantelgesetzes erhält folgende Fassung: ten des Rechnungshofs eine Schlussbesprechung ange- "Thüringer Gesetz zur überörtlichen Prüfung der Haushalts- ordnet werden. Das Ergebnis der überörtlichen Rechnungs- und Wirtschaftsführung und zur Beratung der Gemeinden prüfung wird in einem Prüfungsbericht zusammengefasst." und Landkreise, zur Änderung der Thüringer Kommunal- Ich glaube, dort ist doch alles enthalten. Es wird mit den ordnung sowie zur Änderung des Gesetzes über den Thü- Betroffenen vor Ort besprochen, es kann dort gegebenen- ringer Rechnungshof", weil wir ja in verschiedene Dinge falls jeder seine Argumente vortragen. Nicht, jetzt kommt dort eingegriffen haben, deswegen ist das sachgerecht. der Rechnungshof, prüft und dann kommt die Keule. Nein, Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3601

Unser Entschließungsantrag, den wir hier mit verabschie- dekommen dieses Gesetzes, das die überörtliche Prüfung den möchten, geht davon aus, dass der im neu zu schaf- im Freistaat Thüringen regelt, ein Erfolg ist. Über die Not- fenden Kapitel 11 03 des Landeshaushalts auszuweisen- wendigkeit einer funktionsfähigen und wirkungsvollen de Etat für die überörtliche Rechnungsprüfung durch das überörtlichen Prüfung bestand und besteht ja in diesem Prüfungsorgan "Präsident des Rechnungshofs" den Gesamt- Hause überhaupt kein Streit, das haben zuletzt auch die betrag von 3 Mio. Deutsche Mark jährlich nicht überschrei- Beratungen im Innenausschuss in den vergangenen Wo- tet. Mit diesem Etat sind Personal-, Sach- und Prüfungs- chen deutlich gezeigt. Gestritten wurde immer über die Art kosten nach § 1 Abs. 2 ThürPrBG in vorstehender Rei- und Weise der überörtlichen Prüfung und wie diese zu or- henfolge abzudecken. Einnahmen aus der Beratung nach ganisieren sei. Hier wurden bekanntlich in den letzten Jah- § 1 Abs. 4 und der Kostenerstattung nach § 8 Abs. 2 stehen ren die unterschiedlichsten Modelle vertreten, die dann auch zusätzlich zur Verfügung. Die Landesregierung wird gebe- quer durch die Fraktionen des Landtags verteidigt und vor- ten, meine Damen und Herren, dieser Prämisse Rechnung gebracht wurden, und dieses bisweilen in wechselnden Rol- zu tragen. Im Rahmen der Haushaltskonsolidierungsmaß- len. Der heute in der Fassung der Beschlussempfehlung nahmen ist sicherzustellen, dass auch für die überörtli- vorliegende Gesetzentwurf stellt als Abschluss der Dis- che Prüfung einerseits ausreichend Haushaltsmittel zur Ver- kussion über den richtigen Weg für Thüringen einen, so fügung stehen, andererseits aber auch eine finanzielle Be- denken wir, gelungenen Kompromiss dar. grenzung notwendig erscheint. Die bisher erlangten Er- kenntnisse, die wir insbesondere durch die Exekutive erfah- Der Innenausschuss hat am 8. Mai eine öffentliche An- ren haben, lassen darauf schließen, dass der vorgesehene hörung durchgeführt, deren Ergebnisse in die Beschluss- Etat eine solide überörtliche Prüfung ermöglicht. empfehlung des Innenausschusses zum Teil auch einge- flossen sind. Zum Inhalt des Gesetzes von Seiten der Lan- Ich möchte in dem Zusammenhang noch einmal auf desregierung nur noch drei kurze Punkte: Hessen verweisen, wir wollen nicht damit erreichen, dass das ausufert, und Hessen war ja auch lange Zeit rot regiert. Erstens: Diese Beschlussempfehlung aus dem Innenaus- Hessen hat hier entsprechend in den ganzen Jahren seit schuss beinhaltet eine Bestimmung, die das Regel-Aus- 1994 einen Etat von 6 Mio. DM gehabt, wo die Perso- nahme-Verhältnis des Einsatzes von eigenen Prüfern zu nalkosten, die Sachkosten und alles der Prüfung abge- den externen lockert. Lassen Sie mich ganz persönlich deckt wurden, und es hat sich in den ganzen Jahren dort sagen, ich finde diese Erweiterung, mit der letztlich eine nicht erhöht. Ich sage auch dazu, ich hätte mir vielleicht Annäherung an das hessische Modell der überörtlichen gewünscht oder der eine oder andere, die 3 Mio. DM wären Prüfung vorgenommen wird, mutig. Der Prüfungsbehörde vielleicht noch ein bisschen mehr gewesen, aber die wird dadurch ein größerer Freiraum eröffnet, mit dem es Fachleute haben uns versichert, dass diese 3 Mio. DM nun auch verantwortlich umzugehen gilt. Die Landesre- ausreichend erscheinen. Ich denke, dass der Präsident des gierung sieht in diesen Festlegungen eine gute Möglich- Rechnungshofs hier mit allen Möglichkeiten - und er hat keit, eine funktionsfähige überörtliche Prüfung in Thürin- ja auch laut Gesetz noch die Möglichkeit, dass er sein gen schnell einzurichten, wo auch alle für die überörtli- übriges Personal dort mit einbeziehen kann, wenn die che Rechnungsprüfung erforderlichen Informationen über normalen Ressourcen dort nicht ausreichend sind. Wir die Kommunen zusammengetragen, gebündelt und ausge- gehen davon aus und bitten die Landesregierung und wertet werden können. auch den Rechnungshof, dass man hier darauf achtet, dass diese Prüfgruppe aus unserer Sicht, ohne dass wir dem Ein zweiter Punkt betrifft den Umgang mit den Prüfungs- Präsidenten etwas vorzuschreiben haben, aus acht bis zehn, ergebnissen und den Prüfungsfeststellungen: Dieser Um- zwölf Mitarbeitern bestehen sollte, plus, dass man entspre- gang und die Erstellung des Prüfungsberichts, seine Vertei- chend das extern vergeben kann, halten wir für sehr ange- lung und die Anordnung einer Schlussbesprechung wur- messen. Wir denken, dass das in dem Gesetzentwurf der den in der Ausschussarbeit ergänzend geregelt und damit Landesregierung eingebaut jetzt ein hervorragendes über- ist landesweit ein klarer und vor allen Dingen einheitli- örtliches Rechnungsprüfungsgesetz darstellt. Wir bitten cher Weg im Umgang mit dieser Materie vorgegeben, der das hohe Haus um Zustimmung. Danke schön. eine ausreichend große Transparenz zum Inhalt hat. Ich kann den Vorwurf von Frau Dr. Wildauer überhaupt nicht (Beifall bei der CDU) verstehen, dass man Sorge hätte und dass hier Mausche- leien im Gange wären. Die Transparenz des Umgangs mit Präsidentin Lieberknecht: den Prüfungsergebnissen ist sehr hoch und wir können eigentlich mit dieser Regelung sehr zufrieden sein. Das Wort hat jetzt die Landesregierung. Herr Innenminister Köckert, bitte. Ein dritter Punkt: Für die Kosten der überörtlichen Rech- nungsprüfung selbst hat das Land aufzukommen - ein Köckert, Innenminister: Grundsatz, der nur durchbrochen wird, wenn die an und für sich selbstverständliche Verpflichtung der zu prüfen- Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, den Körperschaft von diesen nicht erfüllt werden. Auch wir sind uns sicher darin einig, dass schon das Zustan- dies ist im Sinne einer Prüfungsökonomie und einer Ver- 3602 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 fahrensbeschleunigung sinnvoll. jenigen, die sich enthalten, sich zu erheben. Bei einer An- zahl von Gegenstimmen und Enthaltungen mit Mehrheit Mit diesem Thüringer Prüfungs- und Beratungsgesetz regelt angenommen. Damit ist dieses Gesetz so beschlossen. Thüringen als letztes Land, meine Damen und Herren, die überörtliche Rechnungsprüfung. Ich gehe nicht ein auf die Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Entschlie- etwas saloppe Nebenbemerkung von Herrn Pohl. Herr ßungsantrag der CDU-Fraktion in Drucksache 3/1657, Fiedler hat schon das Nötige dazu gesagt. Ich denke, wir Ausschussüberweisung wurde nicht beantragt. Wir kom- können ein wenig stolz sein, dass uns die klaren Verhält- men deshalb unmittelbar zur Abstimmung über diesen Ent- nisse jetzt in Regierung und im Landtag die Möglichkeit schließungsantrag. Wer diesem die Zustimmung gibt, den bescheren, diesen schlüssigen Gesetzentwurf nun auf den bitte ich um das Handzeichen. Danke, das ist eine große Weg gebracht zu haben und beschließen zu lassen. Mehrheit. Gegenstimmen?

(Beifall bei der CDU) (Heiterkeit bei der CDU)

Lassen Sie mich an dieser Stelle deshalb auch dem Innen- Es gibt eine Erheiterung, das macht nichts. Jedenfalls große ausschuss für die konstruktive und insgesamt zügige Mehrheit. Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Enthal- Beratung dieses Gesetzes danken. Ich bitte Sie, dem Ge- tungen? 1 Enthaltung. Mit übergroßer Mehrheit angenom- setzentwurf in der Fassung der Beschlussempfehlung des men, dann so beschlossen. Ich kann diesen Tagesordnungs- Innenausschusses zuzustimmen. punkt schließen.

(Beifall bei der CDU) Wir kommen zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 3

Präsidentin Lieberknecht: Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Personalvertretungsgesetzes Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe Gesetzentwurf der Landesregierung die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung, zu- - Drucksache 3/1419 - nächst über den Änderungsantrag der Fraktion der PDS in dazu: Beschlussempfehlung des Innen- Drucksache 3/1658. Wer diesem Änderungsantrag zu- ausschusses stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Ge- - Drucksache 3/1640 - genstimmen? Danke. Enthaltungen? Dann mit Mehrheit dazu: Änderungsantrag der Fraktion der PDS und einigen Enthaltungen abgelehnt. - Drucksache 3/1653 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD Jetzt der Änderungsantrag der Fraktion der SPD in Druck- - Drucksache 3/1656 - sache 3/1659. Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ZWEITE BERATUNG ich um das Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Danke. Enthaltungen? Das ist nicht der Fall, dann mit einer Mehr- Ich bitte den Vorsitzenden des Innenausschusses, Herrn heit von Gegenstimmen abgelehnt. Böck, um die Berichterstattung.

(Zwischenruf Abg. Pohl, SPD: Immer gegen Abgeordneter Böck, CDU: uns.) Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, Dann stimmen wir ab über die Beschlussempfehlung durch Beschluss des Landtags vom 15. März ist der Gesetz- des Innenausschusses in Drucksache 3/1654. Wer dem entwurf an den Innenausschuss überwiesen worden. Der die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. Innenausschuss hat in seiner 24. Sitzung am 22. März, in Danke. Gegenstimmen? Danke. Enthaltungen? Bei einer seiner 26. Sitzung am 10. Mai und in seiner 27. Sitzung am Anzahl von Gegenstimmen und Enthaltungen mit Mehr- 7. Juni den Gesetzentwurf beraten. In seiner 26. Sitzung am heit angenommen; dann so beschlossen. 10. Mai hat der Ausschuss eine Anhörung von Interes- senvertretern und Sachverständigen in öffentlicher Sitzung Wir stimmen jetzt ab über den Gesetzentwurf der Lan- durchgeführt. Die Beschlussempfehlung des Innenaus- desregierung in Drucksache 3/1292 unter Berücksichtigung schusses liegt Ihnen in der Drucksache 3/1640 vor und der Annahme der Beschlussempfehlung des Innenaus- ich bitte das hohe Haus um Zustimmung zu dieser Be- schusses, die wir eben abgestimmt haben. Ich bitte, wer schlussempfehlung. dem die Zustimmung gibt, um das Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Einige Gegenstimmen. Enthaltungen? (Beifall bei der CDU) Eine Anzahl von Enthaltungen. Dann aber mit Mehrheit angenommen, so dass wir zur Schlussabstimmung kom- Präsidentin Lieberknecht: men. Wer dem Gesetzentwurf die Zustimmung gibt, den bitte ich sich von den Plätzen zu erheben. Danke. Dann Vielen Dank auch für die Kürze des Berichts zu einer bitte ich um die Gegenstimmen. Danke. Ich bitte die- wahrhaftig nicht einfachen Materie. Damit kommen wir Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3603 zur Aussprache. Es hat das Wort der Abgeordnete Dittes, Meine Damen und Herren, der Minister hat in der ersten PDS-Fraktion. Beratung am 15. März von einem unbequemen Weg ge- sprochen, den man trotzdem bereit ist zu gehen, trotz des Abgeordneter Dittes, PDS: Tobens von Gewerkschaftsfunktionären und Personalräten, um der Verwaltungsmodernisierung in Thüringen wegen. Frau Lieberknecht, Ihrem Dank wegen der Kürze der Der bequeme Weg sei gewesen, so Innenminister Köckert, Berichterstattung kann ich mich nicht anschließen. Ich nichts zu tun und alles beim Alten zu belassen. Unzwei- glaube schon, dass bei einer Berichterstattung felhaft spiegelt das Bild ein Stück von der Wirklichkeit wider, meine Damen und Herren, wenn man an die Ein- (Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: Sehr samkeit Minister Köckerts und der ihn stützenden Regie- richtig.) rungsmehrheit angesichts der nahezu einhelligen und ver- nichtenden Kritik, Herr Böck, der Anzuhörenden im Innen- von einer Ausschussberatung, wo eine Anhörung stattge- ausschuss am Gesetzentwurf der Landesregierung denkt. funden hat mit mehr als 20 Anzuhörenden, der Aus- schussvorsitzende hier etwas ausführlicher auch auf die Das Bild von dem schmalen Weg und der engen Pforte inhaltlichen Gegenstände dieser Ausschussberatungen hin- entspricht jedoch, meine Damen und Herren, allein der weisen sollte, weil damit natürlich deutlich wird, wie tat- Propaganda des Ministers. Dies hat mit der Wirklichkeit sächlich qualitativ die Beratungen der Innenausschuss-Sit- dessen, was wir hier beraten, nichts, aber auch überhaupt zungen geführt worden sind. nichts zu tun. Genauso wenig wie die Umsetzung der Ent- scheidung des Bundesverfassungsgerichts zum schleswig- (Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Herr Dittes, holsteinischen Mitbestimmungsgesetz und das Bemühen, Sie fordern auf, das Amt zu missbrauchen. Rahmenbedingungen für eine effiziente, flexible und zeit- Das ist hinterfotzig, was Sie hier machen.) nahe Aufgabenerledigung der Verwaltung zu schaffen, die eigentlichen Gründe für die Änderung des Personalvertre- Präsidentin Lieberknecht: tungsgesetzes durch den vorliegenden Gesetzentwurf wa- ren, genauso wenig hat sich die Regierungsmehrheit da- Abgeordneter Böck, Sie mäßigen sich jetzt auch und der rum bemüht, das aus dem Demokratie- und Rechtsstaats- Herr Abgeordnete Dittes trägt weiter vor. prinzip folgende Gebot einer effizienten Aufgabenerledi- gung der Verwaltung mit dem Grundrecht nach Artikel 37 (Unruhe bei der SPD, PDS) Abs. 3 der Verfassung des Freistaats Thüringen abzuwä- gen. Die Behauptung Köckerts - die seit dem ersten Refe- Abgeordneter Dittes, PDS: rentenentwurf vorgenommenen Änderungen belegen, dass die Bedenken und Meinungen der Interessenverbände zum Herr Böck, ich glaube schon, dass die Berichterstattung Zuge gekommen sind - ist ebenso wenig richtig, meine Da- zu einer Beratung aus dem Ausschuss dazu dient, die men und Herren, wie die Behauptung, dass man die Ausle- Abgeordneten darüber in Kenntnis zu setzen, über was gung des Grundrechts auf Mitbestimmung durch den Säch- in diesen Ausschussberatungen diskutiert worden ist, sischen Verfassungsgerichtshof bei der Neuregelung des Thüringer Personalvertretungsgesetzes in den Bereichen (Beifall bei der PDS) der Beteiligungstatbestände ausreichend berücksichtigt ha- be. Im Kern hat der Sächsische Verfassungsgerichtshof zu und es nicht allein den Fraktionen überlassen ist, ihre Artikel 26 der Sächsischen Verfassung, der Artikel 37 politisch wertende Positionierung zu diesen Beratungen Abs. 3 der Thüringer Verfassung entspricht, ausgeführt, hier darzustellen, weil das Teil der politischen Auseinan- dass die Mitbestimmung der Kompensation zwangsläu- dersetzung ist, aber nicht Teil der Beteiligung aller Ab- figen Verlusts von Selbstbestimmung des einzelnen Be- geordneten am Diskussionsprozess. diensteten diene und an deren Stelle die kollektive Interes- senwahrnehmung durch das Vertretungsorgan setze. Mitbe- Herr Köckert - nun ist er nicht da -, stimmung sei die Beteiligung des Vertretungsorgans an den Entscheidungen der Dienststelle durch Erteilen oder Vor- (Zwischenruf aus der CDU-Fraktion: Doch, enthalten einer rechtlich erforderlichen Zustimmung. Ein da ist er.) Zurückbleiben hinter den durch den Begriff "Mitbestim- mung" vorgegebenen Mitentscheidungsbefugnissen des man konnte in der ersten Beratung des Gesetzentwurfs der Vertretungsorgans bedürfe der verfassungsrechtlichen Landesregierung zur Änderung des Thüringer Personal- Rechtfertigung, in deren Rahmen die objektive Funktion vertretungsgesetzes durchaus den Eindruck bekommen, des Grundrechts Berücksichtigung finden müsse. Und wei- dass bei Ihrem Redebeitrag vielleicht jenes Pate stand: ter, je stärker eine Angelegenheit typischerweise individuel- "Die Pforte ist weit und der Weg ist breit, der zur Ver- le, kollektive oder auch konkurrierende Rechte und Interes- dammnis abführet, und ihrer sind viele, die darauf wandeln. sen der Beschäftigten tangiere und deren wirksame Wahr- Und die Pforte ist eng und der Weg ist schmal, der zum nehmung qualifizierte Beteiligungsrechte verlange, desto Leben führet und wenige sind ihrer, die ihn finden." höhere Anforderungen seien an die Rechtfertigung einer 3604 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

Einschränkung des durch das Grundrecht auf Mitbestim- haupt nicht, Herr Köckert, oder aber fehlerhaft. Ich will mung vermittelten Grundrechtsschutzes zu stellen. So weit, dies auch an einem Beispiel belegen. Zunächst versucht meine Damen und Herren, der Kern der Ausführungen des das Gutachten zu begründen, weshalb eine eingeschränkte Sächsischen Verfassungsgerichts. Mitbestimmung in der Angelegenheit "Inhalt der Personal- fragebögen für Angestellte und Arbeiter" verfassungsge- Der Gesetzentwurf der Thüringer Landesregierung schließt mäß sei. Richtig wird festgestellt, dass diese innerdienstli- eine ganze Reihe von innerdienstlichen Angelegenheiten che Angelegenheit Grundrechte der Beschäftigten tangiert, aus der vollen Mitbestimmung aus und ordnet sie der ein- aber, meine Damen und Herren, aus dieser ganz zweifel- geschränkten Mitbestimmung, ja sogar teilweise der blo- los richtigen Feststellung folgt dann schon eine für uns ßen Mitwirkung zu. All diese Angelegenheiten zeichnen erstaunliche Schlussfolgerung. Wörtlich heißt es, dass we- sich durch einen starken Bezug zu individuellen Rechten gen der erheblichen arbeitsrechtlichen und grundrechtli- und Interessen der Beschäftigten aus. Von der Regierungs- chen Relevanz der Ausfüllung des einzelnen Fragebogens mehrheit musste daher erst recht nach dem Urteil des Säch- der Dienstherr in der Lage sein müsse, Fragen, die er für sischen Verfassungsgerichts zu erwarten sein, dass Sie im unzulässig hält, abzulehnen. Folglich sei ein Letztentschei- Einzelfall sorgfältig begründet, weshalb öffentliche Interes- dungsrecht des Dienststellenleiters hier geboten. sen oder kollidierende Verfassungsgüter den durch das Grundrecht auf Mitbestimmung vermittelten Grundrechts- Meine Damen und Herren, diese Argumentation ist aber schutz deutlich überwiegen. nur dann nachvollziehbar, wenn der Personalrat in der Angelegenheit der Personalfragebögen ein volles Initia- Die amtliche Begründung des Gesetzentwurfs hingegen tivrecht hat. In der Angelegenheit des Inhalts von Perso- beschränkt sich allerdings auf eine stereotype und floskel- nalfragebögen für Angestellte und Arbeiter hat nach der hafte Begründung der Grundrechtseinschränkung, die nicht gegenwärtigen Rechtslage der Personalrat allerdings nur einmal im Ansatz erkennen lässt, dass eine ernsthafte Ab- das eingeschränkte Initiativrecht nach § 70 Abs. 2 Personal- wägung im Grundrecht des Artikel 37 Abs. 3 der Thürin- vertretungsrecht, bei dem die oberste Dienstbehörde im- ger Verfassung erfolgte. Statt einer Begründung der Ein- mer das Letztentscheidungsrecht innehat. Es besteht also schränkung der Mitbestimmung im Einzelfall konnte man somit auch gar nicht die Gefahr, dass der Dienstherr Fra- den Ausführungen des Staatssekretärs Scherer im Innen- gen hinnehmen muss, die gegen seinen Willen stehen. Aber ausschuss lediglich entnehmen, dass das Urteil des Sächsi- auch in diesem Punkt kann das weitere Argument der Land- schen Verfassungsgerichts dem Thüringer Innenministe- tagsverwaltung nicht überzeugen. Das Gutachten vertritt die rium bekannt ist. Auffassung, dass für einen kollektiven Schutz durch eine volle Mitbestimmung keine Notwendigkeit bestünde, weil Die Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion wer- die Beschäftigten vor unzulässigen Fragen vor allem durch den sicherlich in ihren Beiträgen darauf hinweisen, es den verfassungsrechtlichen Schutz des Persönlichkeits- gebe doch ein Gutachten der Landtagsverwaltung, wel- rechts sowie durch datenschutzrechtliche Vorschriften ge- ches die Neuregelung der Beteiligungstatbestände, bei schützt würden. Hier verkennt das Gutachten der Landtags- denen in der Anhörung des Innenausschusses verfassungs- verwaltung, dass es regelmäßig den seltenen Ausnahme- rechtliche Bedenken geltend gemacht wurden, auf ihre Ver- fall darstellt, dass ein Arbeitnehmer in einem ungekündig- fassungsmäßigkeit hin überprüft habe. Dieses Gutachten ten Arbeitsverhältnis die Feststellung der Verletzung von sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die vorgenommenen Rechten durch den Arbeitgeber auf dem Rechtswege gel- Änderungen keinesfalls verfassungsbedenklich, sondern tend macht. Es bedarf auch hier, meine Damen und Her- mit der Verfassung zu vereinbaren seien. ren, und erst recht hier des kollektiven Schutzes durch ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats. Hierzu ist zu sagen, dass die Landtagsverwaltung sich bei ihrer Prüfung auf drei Angelegenheiten beschränkte, Meine Damen und Herren, man kann sich der Annahme bei denen die verfassungsrechtlichen Bedenken beson- nicht entziehen, dass es sich bei dem Gutachten der Land- ders nahe liegend waren. Es war damit aber nicht ausge- tagsverwaltung um ein Gefälligkeitsgutachten handelt, sagt, meine Damen und Herren, dass bei den übrigen in- dessen Ergebnisse vorher mit der Landesregierung abge- nerdienstlichen Angelegenheiten, die von der Neurege- stimmt gewesen sind. Mit Sicherheit aber, Herr Böck, das lung betroffen sind, diese ausnahmslos nicht zu beanstan- hätten Sie durchaus darstellen können, wurde die Landtags- den sind. Aber bei den Punkten, auf die sich das Gutach- verwaltung durch die CDU-Fraktion gedrängt, innerhalb ten der Landtagsverwaltung konzentriert, ist die Argu- kürzester Zeit ein weitreichendes Gutachten anzufertigen, mentation der Landtagsverwaltung wenig überzeugend; was es Ihnen ermöglichen sollte, nach Durchführung einer sie orientiert sich eher an den gleichen Begründungsde- Anhörung sowie einer Sitzung zur ausschließlichen Ab- fiziten wie der formale Begründungstext der Landesre- stimmung von Änderungsanträgen ohne tatsächliche Wür- gierung zum Gesetzentwurf selbst. digung der bei der Anhörung vorgetragenen Einwände noch vor der Sommerpause hier im Landtag den Gesetz- Das Gutachten würdigt den engen Zusammenhang zwi- entwurf zu beschließen. Einen formalen Hintergrund für schen den innerdienstlichen Angelegenheiten und der diese Eile gibt es einfach nicht und den konnten Sie auch Schutzfunktion des Mitbestimmungsrechts entweder über- in den Beratungen des Ausschusses nicht darstellen, es Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3605 sei denn, man unterstellt der Landesregierung, sie beabsich- Was den gemeinsamen Ausschuss der Hauptpersonalräte tige mit Beginn des neuen Schuljahres von der Möglich- anbetrifft, wird dessen Zuständigkeit auf die Vorberei- keit des nun verlängerten beteiligungsfreien Abordnungs- tung von Verwaltungsanordnungen für die innerdienstli- zeitraums von sechs Monaten zum Nachteil der Beschäf- chen sozialen Angelegenheiten beschränkt, während bisher tigten tatsächlich vollständig Gebrauch machen zu wol- der gemeinsame Ausschuss für sämtliche beteiligungs- len. Ich will an dieser Stelle überhaupt nicht über den da- pflichtigen Angelegenheiten zuständig war. Damit bleibt es rin liegenden Charakter des Umgangs mit Beschäftigten nach wie vor an der im Gesetzgebungsverfahren bisher im öffentlichen Dienst in Thüringen aufmerksam machen. kritisierten Beteiligungslücke im Gesetz. Beibehalten wur- Ich will aber auf dieses hohe Missbrauchspotenzial hin- den ungeachtet der eindeutigen Hinweise, dass die vorgese- weisen, was die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft henen und offenkundig dann auch heute durchgeführten hier im Thüringer Landtag bei der Anhörung sehr deutlich Einschränkungen der Mitbestimmungstatbestände gar nicht dargestellt hat. Denn offensichtlich geht es darum, Leh- zu einer Reduzierung der Aufgaben des Personalrats füh- rerinnen und Lehrer, lediglich unterbrochen durch die ren, weil der Umfang dieser Beteiligungstatbestände sich Schulhalbjahresferien, um der Sechsmonatsfrist zu ge- tatsächlich gar nicht reduziert; beibehalten wurden trotz- nügen, ein ganzes Schuljahr oder aber auch darüber hi- dem die reduzierende Größe der Personalvertretung und naus beteiligungsfrei abordnen zu können. der Mindestzahl der vom Dienst freizustellenden Mitglie- der. Damit wurden natürlich auch die Abweichung vom Meine Damen und Herren, angesichts der vorgetragenen Bundespersonalvertretungsgesetz und die Abweichung und nach wie vor bestehenden Verfassungsbedenken, ins- von anderen Regelungen in anderen Bundesländern, aber besondere auch der durch die Sachverständigen Dr. Dörig auch eine Abweichung der Regelungen im Betriebsver- und Prof. Dr. Rinken vorgetragenen Verfassungsbedenken, fassungsgesetz beibehalten. Das Ergebnis der Anhörung, ist Ihr Anspruch an Qualität parlamentarischer Beratungen meine Damen und Herren, im Innenausschuss war hier ein- keinesfalls zu rechtfertigen. Eigentlich hätten die durchge- deutig: Die Einschränkung der Größe der Personalver- führten Beratungen im Innenausschuss zu einem Antrag tretungen und auch die Reduzierung der freizustellenden am heutigen Tag führen müssen, der eine nochmalige Mitglieder wird zu einer Beeinträchtigung der Arbeit der Überweisung an den Innenausschuss beinhaltet. Personalvertretung ganz zwangsläufig führen.

(Beifall bei der PDS) Meine Damen und Herren, den vielen pathetischen Phrasen des Ministers Köckert zum Trotz hat die Landesregie- Aber Sie werden, meine Damen und Herren von der CDU- rung mit diesem Gesetzentwurf nicht den schmalen be- Fraktion, mich wahrscheinlich an dieser Stelle wieder schwerlichen Weg des Ausgleichs zwischen einer effek- darauf aufmerksam machen, dass die Beschlussempfeh- tiven Mitbestimmung und den Anforderungen an eine ef- lung ja auch in drei wesentlichen Punkten Änderungen fiziente Verwaltung gewählt; vielmehr hat sie es sich sehr erfahren hat, die aus Ihrer Sicht offenbar das Bemühen einfach gemacht und statt der behutsamen Abwägung wi- um eine weitestgehende Berücksichtigung der Bedenken derstreitender Interessen um Verfassungsgüter sich für die und Einwände dann deutlich machen sollten. So werden Methode des radikalen Kahlschlags entschieden. Wenn Sie die Aufhebung der Anhörungsrechte in § 77 Personal- die bundesrechtlichen Rahmenbestimmungen des landes- vertretungsgesetz wieder rückgängig gemacht, die Ver- verfassungsrechtlichen Mitbestimmungsgrundrechts nicht ringerung der Zahl der Stufenvertretung korrigiert und der daran hindern würden, Herr Köckert, würden Sie der qua- gemeinsame Ausschuss der Hauptpersonalräte beibehal- lifizierten Mitbestimmung in Thüringen vollends den Gar- ten. Meine Damen und Herren, bei näherem Hinsehen han- aus machen wollen, so wie dies Justizminister Birkmann of- delt es sich aber zumindest bei den letztgenannten bei- fenkundig mit seinem Entwurf zum Richtergesetz vorhat. den Punkten um lediglich kosmetische Änderungen, die offenkundig dazu dienen sollen, eine angebliche Ausge- Herr Köckert, Sie gaben in der ersten Beratung vor, der wogenheit des Gesetzentwurfs zu suggerieren. Die Anhe- Gesetzentwurf reihe sich ein in die von Ihrem Ministe- bung der Zahl der Mitglieder der Stufenvertretung fällt der- rium begonnene Leitbilddiskussion. Ich frage mich: Was art gering aus, dass sie nicht geeignet ist, die mit der Ver- gibt es da für Sie überhaupt noch zu diskutieren? Wenn ringerung der Gremiengröße verbundene Beeinträchtigung man den von Ihnen getragenen und eingebrachten Gesetz- einer orts- und sachnahen Interessenvertretung auch nur im entwurf zur Hand nimmt, muss man feststellen, Sie haben Ansatz abzumildern. Zum Beispiel bei über 11.000 Be- die Leitbilddiskussion für sich schon längst entschieden. schäftigten im Ministerium für Wissenschaft und For- Ihr Leitbild für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst ist schung bedeutet dies, dass die Mitgliederzahl der bei Stu- das des entmündigten Untertans. Da ist es natürlich auch fenvertretung statt von 25 auf 11 nunmehr auf 13 Mitglie- ganz zwangsläufig, dass Sie in § 2 des Personalvertre- der reduziert wird. Meine Damen und Herren, das ist nun tungsgesetzes den Gleichberechtigungsgrundsatz gestri- wahrlich keine nennenswerte Verbesserung zum Entwurf. chen haben.

(Beifall bei der PDS) Meine Damen und Herren Abgeordneten, wenn Sie ver- hindern wollen, dass dieses Leitbild von Innenminister Köckert das Leitbild des öffentlichen Dienstes in Thü- 3606 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 ringen in der Zukunft wird, wenn Sie verhindern wollen, Damit kommen wir jetzt zum nächsten Redner, Herr dass der Innenausschuss eine Anhörung von Betroffenen Abgeordneter Pohl, SPD-Fraktion. und Interessenvertetungen lediglich zum Schein durch- geführt hat, wenn Sie verhindern wollen, dass die vor- Abgeordneter Pohl, SPD: getragenen Bedenken und Einwände in der Anhörung hier wirkungslos im Parlament bleiben, dann geben Sie Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Ihre Zustimmung dem Änderungsantrag der PDS. werte Kollegin Rühlemann, die ja heute auch unter den Gästen ist. Heute wird der Thüringer Landtag Unser Änderungsantrag beschränkt sich auf die aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts notwendig sich (Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Kratzer.) ergebenden Änderungen. Im Wesentlichen bedeutet dies, dass die Tatbestände der Mitbestimmung in Personalan- eine Änderung des Thüringer Personalvertretungsgesetzes gelegenheiten nach § 74 Abs. 1 in die eingeschränkte Mit- verabschieden. Meine Damen und Herren, wenige Ge- bestimmung herabgestuft werden. Darüber hinausgehen- setze, mit denen sich der Thüringer Landtag beschäftigt de Einschränkungen der Mitbestimmung im kollektivrecht- hat, sind auf eine solche ungeteilte Ablehnung der vom Ge- lichen Bereich, wie im vorliegenden Entwurf verankert, setz Betroffenen gestoßen wie gerade dieses. lehnen wir als ein weiteres Element des Abbaus von de- mokratischen Rechten in Thüringen prinzipiell ab. (Beifall Abg. Döring, SPD)

Meine Damen und Herren, ich beantrage namens meiner (Zwischenruf Köckert, Innenminister: Das ist Fraktion die namentliche Abstimmung unseres Änderungs- ja gelogen.) antrags und bitte Sie natürlich auch um Ihre Zustimmung. Andernfalls werden wir dieses Gesetz ablehnen. Wir wer- Herr Köckert, mit der Frage "Lüge" und "gelogen" beschäf- den uns gemeinsam auch ganz zwangsläufig mit Gewerk- tigen wir uns wahrscheinlich heute Nachmittag oder mor- schaften und Personalvertretungen weiter darüber zu ver- gen erst. Dazu kommen wir noch einmal. ständigen haben, ob die vorgetragenen verfassungsrecht- lichen Bedenken, die schwer wiegend sind, auch zu einer (Zwischenruf Köckert, Innenminister: Ein- richterlichen Überprüfung in Thüringen führen sollen, füh- fach gelogen.) ren müssen. Vielen Dank. (Zwischenruf Abg. Wunderlich, CDU: (Beifall bei der PDS) Jawohl.)

Präsidentin Lieberknecht: Die CDU ist ohne Not über das Verfassungsgebot hinaus- gegangen und die Antipathie, die man sich eben auch Einen Moment mal, Herr Abgeordneter Dittes, ich möchte bei den Betroffenen einhandelt, bringt ja überhaupt nichts. hier feststellen, Ihre Rede hat einige Respektlosigkeiten Ohne Not hat sich auch das Innenministerium auf dieses beinhaltet, mit denen wir uns an geeigneter Stelle noch Brüggenmodell eingelassen. In der vom Innenausschuss einmal gesondert befassen. Nur, eine Sache muss ich hier durchgeführten Anhörung lehnten außer den kommuna- an Ort und Stelle zurückweisen, und zwar dass der Wis- len Arbeitgebern und dem Gemeinde- und Städtebund fast senschaftliche Dienst der Landtagsverwaltung "Gefällig- alle der Anzuhörenden diesen Gesetzentwurf ab. Viele Ar- keitsgutachten" anfertigen würde. gumente wurden bereits durch uns in der ersten Lesung vorgebracht und wir stehen nach wie vor zu diesen Ar- (Beifall bei der CDU) gumenten. Die Argumente, die immer wieder zur Spra- che kamen, waren gewichtig und wohl überlegt. Es ging Ich denke, das ist eine ungeheure Unterstellung. Wir kön- hier unter anderem um die Arbeitsfähigkeit der Personal- nen froh und stolz sein auf die Qualität und auch die Un- räte, um Inhalte der Mitbestimmung, um Verfassungsfra- abhängigkeit des Wissenschaftlichen Dienstes, wo Sie gen, um Bedenken der Verfassungsmäßigkeit dieses Ge- möglicherweise Schwierigkeiten haben, sich dies vorzu- setzes, aber letztendlich um das künftige Verhältnis zwi- stellen, und soviel ich weiß, ist es gerade aufgrund des Gut- schen öffentlichen Arbeitgebern und ihren Arbeitnehmern. achtens der Landtagsverwaltung ja auch zu entscheiden- den Änderungen gekommen. Ich denke, das darf auch nicht Meine Damen und Herren, wer glaubt, dass nach dieser verschwiegen werden. Debatte um dieses Gesetz die Zusammenarbeit zwischen den öffentlichen Arbeitgebern und ihren Arbeitnehmern (Beifall bei der CDU) noch so reibungslos und vertrauensvoll wie in der Vergan- genheit funktionieren wird, der täuscht sich. Dies muss Aber, wie gesagt, wir werden uns die Rede noch einmal auch so manchem in der Mehrheitsfraktion bewusst gewor- im Einzelnen auch im Protokoll ansehen. den sein. Denn die auch von der CDU-Fraktion beschlosse- ne Beschlussempfehlung des Innenausschusses übernimmt das von der Landesregierung beschlossene Gesetz nicht Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3607 vollständig. Manches, was die Anzuhörenden gefordert ha- keitsrecht ein. ben, ist enthalten. So gibt es auch weiterhin den gemein- samen Ausschuss der Hauptpersonalräte, der sich aller- Meine Damen und Herren, unsere Änderungsanträge, die dings anders als vorher konstituiert. Dass die CDU-Fraktion wir auch in dieser Sitzung zur Abstimmung stellen, folgen die Mitglieder der Stufenvertretung geringfügig heraufge- diesen Maximen. Wir haben die Mitbestimmungstatbestän- setzt hat, ändert auch nichts daran, dass Thüringen weit de nur insoweit verändert, wie es durch den vom Bundes- unter denen in unseren Nachbarländern Hessen und Sach- verfassungsgericht 1995 vorgegebenen Grundsatz unab- sen üblichen Größen bleibt. Ganz abgesehen davon bleibt dingbar erscheint. Alles andere, bis auf Nebensächlich- die Reduzierung der Größe der Arbeitsfähigkeit der örtli- keiten, kann so bleiben wie gehabt. Das fordert nicht nur chen Personalräte, das heißt die Herabstufung von 25 auf unsere Landesverfassung, sondern es erscheint uns an- 15. Das ist für mich ein klarer Angriff auf die Arbeitsfä- gesichts des großen Vorhabens der Verwaltungsreform higkeit der Personalräte. Die verfassungsrechtlich umstrit- auch unabdingbar. tenen Mitbestimmungsregelungen in §§ 74, 75, 75 a u.a. im Regierungsentwurf hat sie nicht angetastet. Dreh- und (Beifall bei der SPD) Angelpunkt der Auseinandersetzung ist das Verhältnis einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum schles- Ich meine, die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in wig-holsteinischen Personalvertretungsgesetz zu Artikel 37 Thüringen haben uns in den Jahren des Aufbaus einen Abs. 3 der Thüringer Verfassung. Grundsatz der Entschei- großen Dienst erwiesen. Ohne sie und ihre stete Einsatz- dung des Bundesverfassungsgerichts ist die Sicherung der bereitschaft stünden wir nicht da, wo wir heute stehen. Letztentscheidungsbefugnis eines dem Parlament verant- Dass wir dies jetzt mit einer Einschränkung ihrer Mitbe- wortlichen Verwaltungsträgers. Das bedeutet, dass dem Ge- stimmungsrechte belohnen, ist für uns nicht nachvollzieh- setzgeber hinsichtlich einer Beteiligung der Beschäftigten bar. Gerade ohne die Beschäftigten des öffentlichen Diens- an Maßnahmen, mit denen Staatsgewalt ausgeübt wird, tes wird der Umbau der Verwaltung zu einer modernen, durch das Erfordernis hinreichender demokratischer Legiti- bürgernahen, effektiven Verwaltung nicht gelingen. Wir mation Grenzen gesetzt sind. Bekanntlich sagt ja Artikel 37 brauchen, das ist doch unbestritten, motivierte Mitarbei- Abs. 3 der Thüringer Verfassung aus, dass das Recht auf ter im öffentlichen Dienst und das ist eine klare Aussage. Mitbestimmung auch im öffentlichen Dienst gesichert ist. Die Einschränkung von Mitbestimmungsrechten wirkt in Es hat die Folge, dass die Beschäftigten in der öffentli- diesem Zusammenhang eher kontraproduktiv. Und, mei- chen Verwaltung und ihre Personalräte nicht nur auf bloße ne Damen und Herren, auch in der Anhörung konnte keiner Anhörungs- und Anregungsrechte verwiesen werden dür- der Befürworter dieses mitbestimmungsfeindlichen Geset- fen. Dieses Prinzip unserer Verfassung hat die Landesre- zes Beispiele nennen, wo die Beschäftigten oder die Per- gierung nicht genügend berücksichtigt. Auch die Nachbes- sonalräte mit den Mitbestimmungsregelungen missbräuch- serungsversuche der CDU-Fraktion können nicht darüber lich umgegangen sind. hinwegtäuschen. Der Mahnung eines Gutachters und auch des Kommentators des thüringischen Personalvertretungs- Meine Damen und Herren, ohne Not verändern Sie ein gesetzes in der Anhörung, dass es die Pflicht des Landes- Gesetz, das sich bewährt hat, gehen damit auch ein hohes gesetzgebers ist, die Personalbeteiligung in dem durch das verfassungsrechtliches Risiko ein und gefährden damit Demokratieprinzip vorgegebenen und begrenzten Rahmen auch die Zusammenarbeit zwischen den Arbeitgebern und möglichst weit gehend zur Geltung zu bringen, ist die Lan- Beschäftigten im öffentlichen Dienst. desregierung in diesem Falle nicht gefolgt. Ihrem Entwurf fehlen sogar die vom Bundesverfassungsgericht ausdrück- Meine Damen und Herren, deshalb bitte ich Sie auch unse- lich als zulässig be-zeichneten Mitbestimmungsrechte, zum rem Änderungsantrag zuzustimmen. Ich danke Ihnen. Beispiel der Inhalt der Personalfragebögen für Angestellte und Arbeiter, die Auswahl der Teilnehmer an Fortbildungs- (Beifall bei der SPD) veranstaltungen für Arbeiter und Angestellte, die Durchfüh- rung der Berufsausbildung bei Angestellten und Arbeitern. Präsidentin Lieberknecht: Das von der Landesregierung erstellte Gutachten über- zeugt uns an dieser Stelle nicht. Sie werden als Fälle der Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Böck, CDU-Fraktion. eingeschränkten Mitbestimmung behandelt. Die Durch- führung der Berufsausbildung für Arbeiter und Angestellte Abgeordneter Böck, CDU: wird ja jetzt zum bloßen Mitwirkungsrecht herabgestuft und die Einführung und inhaltliche Ausgestaltung von Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, Fragebögen besitzt auch nach unserer Ansicht erhebliche zunächst zu der Kritik des Kollegen Dittes an der Bericht- Grundrechtsrelevanz für die Beschäftigten, was nach der erstattung. Kollege Dittes, wir sind uns sicherlich einig, Thüringer Verfassung die Verankerung eines möglichst dass Berichterstattung nicht einzelne Meinungen, die im weit gehenden Mitbestimmungsrechts nahe legt. Denn un- Ausschuss geäußert wurden, wiederzugeben hat, sondern zulässige Fragebögen, z.B. Fragen nach dem Vorliegen das, was schriftlich vorliegt als Beratung und Beschluss- einer DNA-Analyse, von parteipolitischen und konfessio- empfehlung. Wenn es Ihnen lieber ist, dass die Beschluss- nellen Bindungen, greifen hier weit in das Persönlich- empfehlung, und ich könnte Ihnen noch mal eine Lesekost- 3608 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 probe geben, hier verlesen wird und Ihnen der Verweis auf wesentliche Änderungen. Das sind beispielsweise einmal die Drucksache bei Annahme, dass jedes Mitglied des die Fristen, die einzuhalten sind bei Einberufung des Per- hohen Hauses des Lesens und Schreibens kundig ist und sonalrats, das ist zum Zweiten die Beibehaltung des ge- er das selber dort lesen kann und hoffentlich auch im Vor- meinsamen Ausschusses der Hauptpersonalräte und das griff auf die Beratung gelesen hat, dann zu sagen, die Be- ist zum Dritten die Zahl der Mitglieder in den einzelnen richterstattung wäre nicht sachgemäß, ich will das Wort Vertretungen - bezogen auf die Anzahl der Mitarbeiter in nicht wiederholen, dann denke ich schon, will man den der jeweiligen Behörde. Dazu haben wir im Ausschuss Zuhörern und den Mitgliedern des hohen Hauses sugge- ausführlich beraten, wir haben die Änderungsanträge der rieren, hier wäre etwas nicht ordnungsgemäß abgelaufen. CDU-Fraktion so beschlossen und sie sind auch Gegen- Und das ist genau das, was ich zu Ihnen dann in einem stand der Beschlussempfehlung, auf die ich nicht weiter Zwischenruf gesagt habe. eingehen möchte, aber auf einen Sachverhalt möchte ich doch noch einmal sehr dezidiert eingehen. Zum Inhalt (Beifall bei der CDU) wird sicherlich der Minister noch einiges sagen.

Ich könnte ja eine Kostprobe geben, und die Beschluss- Ich möchte mich der Meinung der Präsidentin des hohen empfehlung verlesen. Hauses ausdrücklich anschließen. Es ist guter Brauch, immer dann, wenn nicht juristisch gebildete Mitglieder (Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: Zur dieses hohen Hauses juristischen Rat brauchen, sich so- Sache!) wohl externen Sachverstandes als auch der bisher im- mer anerkannten und hervorragenden Arbeit des Wissen- Ja, Kollege Schemmel, Ihnen nehme ich sofort ab, dass schaftlichen Dienstes des Landtags zu bedienen. Sie des Lesens und Schreibens kundig sind und das auch gelesen haben und es sich demzufolge auch erübrigt. (Beifall bei der CDU)

Zu der Anhörung, die stattgefunden hat: Es wurde von Was heute hier passiert ist, ist einmalig und ich denke den beiden Vorrednern dargestellt, bei den Anzuhören- fast an Dammbruch, dass in Zweifel gezogen wird, dass den und Betroffenen wäre der Gesetzentwurf fast einhel- Bedienstete des hohen Hauses in ihrer wissenschaftlichen lig, ursprünglich vom Kollegen Pohl so dargestellt, bei allen Arbeit parteiisch arbeiten. Herr Kollege Dittes, ich erwarte, auf Ablehnung gestoßen außer, und da schränkte er dann dass Sie sich in aller Form von dem, was Sie hier gesagt ein, beim Kommunalen Arbeitgeberverband und bei den haben und was unglaublich ist, distanzieren, und das noch kommunalen Spitzenverbänden. Was verbirgt sich dahinter, heute im Verlauf dieser Beratung. das waren nur drei Anzuhörende: der Thüringische Land- kreistag, der Gemeinde- und Städtebund und der Kom- (Beifall bei der CDU) munale Arbeitgeberverband. Das betrifft alle öffentlichen Arbeitgeber im kommunalen Bereich in Thüringen. Das Wir haben den Wissenschaftlichen Dienst gebeten, auf betrifft alle in diesem Bereich und demzufolge ist das die Bedenken, die bei der Anhörung geäußert wurden von der einzige Gegenpol gewesen zu den Anzuhörenden aus Wissenschaftlern und Betroffenen im verfassungsrechtli- dem Arbeitnehmerbereich. Aber die Masse ersetzt nicht chen Bereich einzugehen und Stellung zu nehmen, insbe- Klasse, denke ich. Insofern ist die Argumentation in die- sondere das Urteil des Bundesverfassungsgerichts und des sem Punkt einfach nicht sachgerecht und irreführend. Sächsischen Verfassungsgerichtshofs einzubeziehen. Mit Erlaubnis der Präsidentin möchte ich daraus zitieren, damit (Beifall bei der CDU) auch dem unbefangenen Zuhörer deutlich wird, inwieweit hier Parteilichkeit zu erkennen ist oder inwieweit in der Wenn das Ihre Absicht war, dann haben Sie die - denke Sache tatsächlich wissenschaftlich gearbeitet wurde. Der ich - vorübergehend erreichen können und ich hoffe, dass Wissenschaftliche Dienst sagte uns, das Bundesverfas- dieses hier zur Klarstellung beigetragen hat. sungsgericht hat mit seinem Urteil aus dem Urteil von 1959 gezogene Grenzen für die Mitbestimmung der Beschäf- (Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Nein!) tigten im öffentlichen Dienst mit seiner Entscheidung aus dem Jahre 1995 deutlich verschärft. So weit auch Kon- Im Entwurf der Landesregierung und im ersten Refe- sens. "In dieser Entscheidung hat es in Anlehnung an die rentenentwurf, der schon zum Gegenstand von Beratun- Mitbestimmungstatbestände des Bundespersonalvertre- gen gemacht wurde, bevor die Mitglieder des hohen Hauses tungsgesetzes drei Fallgruppen gebildet, bei denen eine Be- über den Inhalt unterrichtet waren, weil im Vorfeld na- teiligung der Personalvertretung in unterschiedlicher In- türlich auch Betroffene zu diesem Entwurf angehört wur- tensität zulässig ist." Hier werden dann die einzelnen Pa- den, waren natürlich auf der Grundlage des Verfassungs- ragraphen aufgeführt. Das betrifft einmal den Tatbestand gerichtsurteils Verschärfungen und maximale Wünsche nie- der vollen Mitbestimmung, der eingeschränkten Mitbe- dergeschrieben worden, die so in dem endgültigen Ge- stimmung und der Mitwirkung, so wie wir das in der De- setzentwurf und auch in der Beschlussempfehlung nicht batte auch mehrfach gesagt haben. Aber zusammenfassend mehr zu finden sind. Es gab insbesondere in drei Punkten kommt dieses Gutachten zu dem Ergebnis: Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3609

1. Die Herabstufung der drei Mitbestimmungstatbestände in Präsidentin Lieberknecht: eingeschränkte Mitbestimmungstatbestände bzw. einen Mitwirkungstatbestand dürfte keinen durchgreifenden ver- Das Wort hat jetzt die Landesregierung, Herr Minister fassungsrechtlichen Bedenken begegnen. Das passt Ihnen Köckert. natürlich nicht, ist ja klar und Sie benutzen das ideolo- gisch und diffamieren hier eine Einrichtung, die unbe- Köckert, Innenminister: stritten für die Abgeordneten eine Instanz war, an die man sich halten konnte. Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, an erster Stelle steht mein Dank an alle, die sich seit über 2. Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken gegen einem Jahr an der intensiven und breit angelegten Dis- die Verkleinerung der Personalräte nach § 16 Thüringer kussion um die Reform des Personalvertretungsgesetzes Personalvertretungsgesetz von bisher maximal 25 auf 15 beteiligt haben. Sie wissen, Anlass für die Novellierung sowie die Verkleinerung der Stufenvertretungen - § 53 des Thüringer Personalvertretungsgesetzes war die Ent- Thüringer Personalvertretungsgesetz - wie auch die geän- scheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Mai 1995 derten Freistellungsregelungen für Personalräte - so vorge- zum Mitbestimmungsgesetz des Landes Schleswig-Hol- nommen in § 45 Abs. 4 Thüringer Personalvertretungs- stein mit den sich daraus ergebenden gesetzgeberischen gesetz - bestehen nicht -, passt Ihnen auch nicht. Konsequenzen. Die Kernaussagen des Obersten Verfas- sungsgerichts sind: 3. Die Streichung des bisherigen § 77 Abs. 1 Thüringer Personalvertretungsgesetz stellt ein hohes verfassungs- 1. das Letztentscheidungsrecht des Dienstherren bei be- rechtliches Risiko dar. deutenden Entscheidungen,

Und dann kommt in Punkt 4 das Gutachten zu der Fest- 2. die zeitnahe und effiziente Aufgabenerledigung gegen- stellung: Die Abschaffung des Gemeinsamen Ausschusses über dem Bürger und der Hauptpersonalräte, also die Aufhebung des § 82 Abs. 6 Thüringer Personalvertretungsgesetz, begegnet erheblichen 3. die zeitnahen Entscheidungen im Personalwesen. verfassungsrechtlichen Bedenken, weil damit bei der Vor- bereitung ressortübergreifender Maßnahmen eine Mit- Novellierung, dies heißt vor allem Neugestaltung der Betei- bestimmung nicht gesichert sein würde. Auch bei der Um- ligungstatbestände und des Beteiligungsverfahrens der Per- setzung der ressortübergreifenden Maßnahmen in den ein- sonalvertretungen. Unbeschadet dieser Neuerungen verblei- zelnen Dienststellen würde die Mitbestimmung zumin- ben den Personalvertretungen wesentliche Beteiligungs- dest nicht in gebotenem Umfang gesichert. Und genau des- rechte. Beispielsweise unterfällt der ganz überwiegende wegen der Änderungsantrag der CDU-Fraktion, der Be- Teil der Beteiligungstatbestände nach wie vor der vollen standteil der Beschlussempfehlung geworden ist, die ich bzw. eingeschränkten Mitbestimmung. Das wird in der Dis- vorhin nicht vorgelesen habe, weil wir ja nun festgestellt kussion immer gern verzeichnet, als wäre das alles nach hatten, dass jeder selber lesen kann. Deswegen diese Be- unten gerutscht. So ist es nicht. Thüringen ist nach Nieder- schlussempfehlung und die Änderung des § 82 in 82 a, sachsen, Sachsen, Hessen, Schleswig-Holstein und Rhein- wo auch genau geregelt ist, wie dieser Gemeinsame Aus- land-Pfalz das sechste Bundesland, das gesetzgeberische schuss der Hauptpersonalräte zu bilden ist, wie seine Ar- Maßnahmen aus der richtungsweisenden Entscheidung des beitsweise ist und wo natürlich auch den Bedenken von Bundesverfassungsgerichts zieht. Auch wenn es manche Personalräten Rechnung getragen wurde, die sagten, die nicht gern hören, das Bundesverfassungsgericht hat die demokratische Legitimation dieses gemeinsamen Aus- Qualität der Mitbestimmung nach oben hin begrenzt. Es schusses ist bedenklich. Und es waren nicht viele Perso- geht uns um die Anpassung des Rechts an die modernen nalräte, die sagten, wir haben Bedenken, dass es einen Verhältnisse und das Ziel ist klar: effiziente, moderne, aber solchen gemeinsamen Ausschuss überhaupt gibt. Aber in auch kostengünstige Verwaltung. Im Übrigen wurde auch diesem Punkt sind wir dem Wissenschaftlichen Dienst das Urteil des Sächsischen Verfassungsgerichtshofs vom gefolgt. Wenn ich mich recht erinnere, hat das nicht Ihre 22. Februar dieses Jahres berücksichtigt, was vielfach in Ablehnung gefunden. der Diskussion falsch interpretiert wurde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bitte Sie, Was sind nun die Kernpunkte der Novelle? dem Gesetzentwurf der Landesregierung, der Beschluss- empfehlung des Ausschusses zu folgen und dem Gesetz 1. Wir vereinfachen das personalvertretungsrechtliche Ver- ihre Zustimmung zu geben. Herzlichen Dank. fahren durch die Neuordnung der Beteiligungstatbestände.

(Beifall bei der CDU) 2. Wir führen verfahrensbeschleunigende Fristen ein.

3. Wir verkleinern die Personalvertretungen und die An- zahl der Freistellungen. 3610 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

4. Wir haben das Gesetz angepasst aufgrund von Erfah- tun Sie sich, Herr Kollege Dittes, immer noch schwer rungen aus der Praxis. mit dem ABC des freiheitlichen Rechtsstaates

(Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: Da (Beifall bei der CDU) staune ich aber sehr.) und Sie denken offensichtlich immer noch in Klassen- Meine Damen und Herren, zwischenzeitlich wurde der Ge- kampfkategorien, wenn Sie nämlich gebetsmühlenartig setzentwurf seit der ersten Lesung in einer öffentlichen An- unterstellen, die Regierung wolle letztlich nur demokra- hörung des Innenausschusses, an der sich unter anderem tische Rechte der im öffentlichen Dienst Beschäftigten Gewerkschaften, Verbände und Personalvertretungen rege beschneiden. Ich empfehle Ihnen, Herr Kollege Dittes, die beteiligt haben, intensiv und auch kritisch diskutiert. Der Lektüre des BAT, des Arbeitszeitgesetzes oder des Kün- Wissenschaftliche Dienst der Landtagsverwaltung hat ein digungsschutzgesetzes und auch der Beamtengesetze. Dort Gutachten zu den Regelungen im Ersten Gesetz zur Än- nämlich sind die Rechte der Beschäftigten fixiert und, ganz derung des Thüringer Personalvertretungsgesetzes erstellt, im Unterschied zur ehemaligen sozialistischen Praxis, im die im Anhörungsverfahren als verfassungsrechtlich be- freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat sind diese Rechte denklich oder verfassungswidrig bezeichnet wurden. Ferner auch tatsächlich vor unabhängigen Gerichten einklagbar, nahm auch Prof. Dr. Rinken gutachterlich Stellung. Die meine Damen und Herren. Gutachten und Stellungnahmen ergeben insgesamt kein einheitliches Meinungsbild. Die Einschätzungen reichen Der gesamte Gesetzentwurf, auch die maßvolle Reduzie- von "verfassungsrechtlich bedenklich" bis zu "völlige Zu- rung der Größe der Personalvertretungen, hat, ich sagte es stimmung". Ich denke, Herr Dittes, wenn Sie nur die Gut- schon, die Zustimmung der kommunalen Spitzenverbände achten anerkennen, die Ihre Meinung stützen, dann ist gefunden. Eine gut funktionierende, effiziente Verwaltung, das schon ein erbärmlicher Sachverhalt. so ist es uns auch von dieser Seite immer wieder gesagt worden - und ich habe gestern das Sommerfest des Land- (Beifall bei der CDU) kreistags auch zu Gesprächen mit den Landräten und der anwesenden Landrätin genutzt, die mir das einhellig be- Und, ich denke, Herr Kollege Pohl, wenn Sie vom unge- stätigt haben, dass wir mit diesem Gesetz auf gutem Weg teilten Widerspruch zu diesem Gesetz sprechen und von sind, und das wissen diese Leute aus der Praxis -, ist ein einer breiten Ablehnungsfront, dann haben Sie gänzlich effizienter und wichtiger Standortfaktor. Die Verwaltung diejenigen außer Acht gelassen, auf die Sie sich sonst im- darf sich nicht selbst regieren. Das ist Grundprinzip des mer berufen, nämlich die kommunalen Spitzenverbände freiheitlichen Rechtsstaates. Und ohne Personalräte mit und den Kommunalen Arbeitgeberverband. Gewerkschaften gleichsetzen zu wollen, meine Damen und Herren, ich glaube nicht, dass die Gewerkschaften den bei (Beifall bei der CDU) ihnen selbst Beschäftigten so viele Mitwirkungs- und Be- teiligungsrechte einräumen, wie dies der öffentliche Dienst Im Innenausschuss hat der Gesetzentwurf der Landes- tut, meine Damen und Herren. regierung Zustimmung gefunden. (Beifall bei der CDU) (Heiterkeit bei der SPD) Lassen Sie mich das Fazit ziehen: Die Änderung des Per- Änderungsbedarf hat der Innenausschuss in folgenden sonalvertretungsgesetzes in der vorliegenden Form ist ver- Punkten gesehen: In der Weiterbeschäftigungspflicht von fassungsrechtlich konform und politisch geboten. Aber Auszubildenden, die beibehalten werden soll. Wegen der auch für Beteiligungsrechte gilt das Gebot der Wirtschaft- massiven Kritik der Gewerkschaften, was bemerkenswert lichkeit und Notwendigkeit, denn schließlich ist es der ist, ist auch das Teilnahmerecht der Frauenbeauftragten Steuerzahler, der alles finanziert. Wir wahren Rechte und an Personalratssitzungen wieder gestrichen worden. Die Ansprüche beider Seiten, die der Bediensteten im öffentli- Anzahl der Mitglieder in den Stufenvertretungen ist ge- chen Dienst, aber auch die der Steuerzahler. Und des- ändert worden und der Gemeinsame Ausschuss der Haupt- halb, Herrn Dittes und allen anderen Kritikern sei es noch personalräte soll in einer anderen Zusammensetzung und einmal gesagt: Wir behindern die Arbeit unserer Perso- mit veränderten Rechten beibehalten werden. Mit diesen nalräte nicht, sondern wir befördern sie durch mehr Ef- Änderungen wurde den Bedenken im Rahmen der Stel- fizienz. Meine Damen und Herren, ich bitte Sie um Zu- lungnahmen, aber auch dem Gutachten der Landtagsver- stimmung zu diesem Gesetz. waltung Rechnung getragen. Wir schaffen damit ein zeit- gemäßes und anforderungsgerechtes Personalvertretungs- (Beifall bei der CDU) recht in den Dienststellen in Thüringen. Präsidentin Lieberknecht: Lassen Sie mich noch auf einige kritische Äußerungen eingehen, auch auf die plumpen und zum Teil diffamie- Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe renden Vorwürfe des Abgeordneten Dittes. Offensichtlich die Aussprache und wir kommen zu den Abstimmungen, Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3611 zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der PDS Dann kommen wir zum Aufruf des Tagesordnungs- in Drucksache 3/1653. Es war namentliche Abstimmung punkts 4 beantragt. Ich bitte, die Stimmkärtchen einzusammeln. Gesetz zur Änderung des Thüringer Ge- Haben alle ihre Stimmkarten abgegeben? Das ist der setzes über die Schulaufsicht, des Fall. Damit schließe ich die Einsammlung der Stimmkarten Thüringer Personalvertretungsgesetzes und bitte um Auszählung. und des Thüringer Schulgesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung So, liebe Kolleginnen und Kollegen, das Ergebnis liegt - Drucksache 3/1472 - vor, es wurden 76 Stimmen abgegeben, davon stimmten dazu: Beschlussempfehlung des Aus- 27 für den Antrag der PDS-Fraktion und 49 dagegen, schusses für Bildung und Medien Enthaltungen gab es keine (namentliche Abstimmung siehe - Drucksache 3/1639 - Anlage 1). Damit ist dieser Änderungsantrag abgelehnt. ZWEITE BERATUNG

Wir kommen jetzt zur nächsten Abstimmung, und zwar Berichterstatter ist der Abgeordnete Emde. Ich bitte den der Änderungsantrag der Fraktion der SPD in Drucksache Abgeordneten Emde, den Bericht aus dem Ausschuss zu 3/1656, und zwar hier über Nummer 18, Buchstabe c und geben. Nr. 20, Buchstabe c. Alle weiteren Punkte des Antrags sind ja inhaltlich gleich mit dem eben abgestimmten Antrag Abgeordneter Emde, CDU: der Fraktion der PDS bzw. sind in der Beschlussemp- fehlung enthalten. Dann frage ich, wer diesen genannten Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete, der Ausschuss Punkten aus dem Antrag der Fraktion der SPD die Zu- für Bildung und Medien hat eine Anhörung zu diesem stimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Thema durchgeführt. Es geht ja hier - wenn man so will - Gegenstimmen? Danke. Enthaltungen? Mit einer Mehr- um die Neustrukturierung der Studienseminare und das, heit von Gegenstimmen abgelehnt. was sich daraus organisatorisch ergibt. In Auswertung dieser Anhörung hat dann der Ausschuss für Bildung und Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Beschluss- Medien eine Beschlussempfehlung erarbeitet, in der an empfehlung des Innenausschusses in Drucksache 3/1640. dem vorgelegten Gesetzentwurf der Landesregierung in Wer dieser die Zustimmung gibt, den bitte ich um das zwei Punkten etwas geändert wird. Der eine Punkt be- Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Danke. Enthaltun- zieht sich darauf, dass an den Ausbildungsschulen, die gen? Mit Mehrheit so angenommen. wir jetzt haben werden, fünf Lehramtsanwärter eine Ver- trauensperson wählen können zu ihrer Vertretung. Das be- Dann stimmen wir jetzt ab über den Gesetzentwurf der zog sich bisher auf je fünf Lehramtsanwärter, die in einem Landesregierung in Drucksache 3/1419 unter Berück- Jahrgang sein mussten, und da haben wir gesagt, das wird sichtigung der Annahme der Beschlussempfehlung, wie wir wohl kaum vorkommen, dass an einer Schule fünf Lehr- sie eben hier abgestimmt haben in Drucksache 3/1640. amtsanwärter aus einem Jahrgang da sind, und sind inso- Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um das fern dem Anliegen, das auch in der Anhörung vorgetragen Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Danke. Stimment- wurde, nachgekommen. Der zweite Punkt bezieht sich jetzt haltungen? 1 Stimmenthaltung, dann mit Mehrheit so an- auf eine Änderung im Artikel zur Regelung des In-Kraft- genommen und beschlossen. Tretens. Das Gesetz soll zum 1. August in Kraft treten - ist zwar mehr eine Förmlichkeit, ist aber wichtig, damit ab Wir kommen jetzt zur Schlussabstimmung. Ich bitte die- dem 1. August diese Dinge schon neu in Thüringen ge- jenigen sich von den Plätzen zu erheben, die dem Gesetz regelt sein werden. zustimmen. Danke. Dann bitte ich jetzt diejenigen sich zu erheben, die dieses Gesetz ablehnen. Danke. Und ich bitte (Beifall bei der CDU) diejenigen sich zu erheben, die sich bei diesem Gesetz enthalten - das ist einer. Gut, dann ist dieses Gesetz mit Vizepräsidentin Dr. Klaubert: einer Mehrheit von Jastimmen auch bei dieser Schluss- abstimmung angenommen. Ich danke für die Beratung Ich eröffne die zweite Beratung zu diesem Tagesord- und dass wir hier zum Abschluss dieses Punktes gekom- nungspunkt und rufe als ersten Redner den Abgeord- men sind. neten Huster, PDS-Fraktion, auf.

(Beifall bei der CDU) Abgeordneter Huster, PDS:

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Losung des Tages hat mich so nachhaltig beeinflusst, dass ich mich außerordentlich kurz fassen werde.

(Beifall bei der CDU) 3612 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

Die Ablehnung dieses vorliegenden Gesetzentwurfs durch ren und eindeutigen Ergebnisse der Anhörung in der Mehr- meine Fraktion wird Sie nicht überraschen. Ich möchte heitsfraktion keinerlei Würdigung fanden und unsere Än- das dennoch kurz begründen. Wir halten die beabsich- derungsanträge alle abgelehnt wurden. tigte Trennung von Dienst- und Fachaufsicht für Lehr- amtsanwärter für kontraproduktiv und falsch und haben Der Bundesarbeitskreis der Seminar- und Fachleiter Thü- das auch deutlich gemacht. Insbesondere sehen wir die ringens hat es auf den Punkt gebracht: Die vorgesehene Gefahr, dass die Qualität der Ausbildung von Lehramts- Aufsplittung von Dienst- und Fachaufsicht und die damit anwärtern verschlechtert wird. verbundene dienstrechtliche Zuweisung von Fachleitern und Lehramtsanwärtern zu den Ausbildungsschulen und (Beifall bei der PDS) Schulämtern schränkt den für die Ausbildung notwendi- gen pädagogischen Freiraum ein, macht diesen nicht mehr Die Übertragung der Dienstaufsicht an die Ausbildungs- im erforderlichen Maße vergleichbar und führt zu einer schule kann u.a. in gesteigertem Ausmaß dazu führen, dass überbetonten Orientierung der Lehramtsanwärter und Fach- Lehramtsanwärter als Lückenbüßer benutzt werden, um leiter am Status quo der Ausbildungsschule. Eine durch die beispielsweise Unterrichtsausfälle an der Ausbildungsschu- Fachaufsicht der Seminarleitung zu garantierende Kompe- le zu kompensieren. Neben diesem Argument wurden in tenzentwicklung der Lehramtsanwärter im Vorbereitungs- der mündlichen Anhörung - fast einhellig übrigens - weitere dienst, insbesondere durch die allgemeine pädagogische Argumente gegen die geplanten Änderungen vorgetra- Ausbildung und die Vernetzung der fachseminarspezifi- gen. Diese fanden durch die CDU-Mehrheit im Ausschuss schen Inhalte, wird sich unter den Prämissen der neuen keine Entsprechung. Deshalb will ich abschließend bemer- gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht in der bisher erziel- ken: So positiv eine Anhörung auch ist, so fragwürdig ten Tiefe erreichen lassen. Auch die notwendigen Rei- scheint sie, wenn sich klare Aussagen einer Anhörung in bungsflächen zwischen praktiziertem Unterricht und an- keiner Weise in einem Gesetzentwurf wiederfinden. Auch zustrebenden Veränderungen zwischen Realität und Vision daraus, meine Damen und Herren, resultiert unsere Ab- werden nicht genügend ausgeprägt. Damit wird eine we- lehnung. Danke schön. sentliche Voraussetzung entzogen, um sich Ausbildungs- impulse in der Schulentwicklung zu setzen. Aber gerade (Beifall bei der PDS) das ist ja neben den notwendigen Einspareffekten natür- lich das wichtigste Anliegen der erforderlichen Struktur- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: veränderung.

Als nächster Redner hat sich der Abgeordnete Döring, Lehrerausbildung unter den neuen Rahmenbedingungen SPD-Fraktion, zu Wort gemeldet. erzeugt verfrüht Anpassungsdruck, fördert Adaption an das Schulklima der Ausbildungsschule, ohne den not- Abgeordneter Döring, SPD: wendigen Schutzraum für das Ausprägen von Individua- lität, von Lehrerpersönlichkeit und Unterrichtskonzepten zu Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, auch die schaffen. Eine so erreichte und verstandene Schulnähe ist SPD-Fraktion lehnt das Gesetz zur Änderung des Thü- nicht akzeptabel und kann im Sinne der innovativen ringer Gesetzes über die Schulaufsicht, des Thüringer Kraft von Lehrerausbildung nicht gewollt sein. Die Tren- Personalvertretungsgesetzes und des Thüringer Schul- nung von Dienst- und Fachaufsicht, das hat die Anhörung gesetzes klar und deutlich ab. Natürlich sehen wir auch klar und deutlich gemacht, bedeutet auch die Erhöhung die Notwendigkeit, die Studienseminare neu zu struktu- des bürokratischen Aufwands beim Zulassungsverfah- rieren. Im vorliegenden Gesetz hat das Umstrukturierungs- ren und der Organisation der Ausbildung und bedeutet konzept der Landesregierung aber einen entscheidenden Erhöhung der passiven Arbeitszeit durch lange Fahrtzei- und schwer wiegenden Fehler, der Abgeordnete Huster hat ten zu Ungunsten von Beratung und Ausbildung. darauf hingewiesen, die Trennung der Dienst- und Fach- aufsicht für die Fachleiter und Lehramtsanwärter mit allen Die Einheit von Dienst- und Fachaufsicht muss erhalten sich daraus ergebenden Konsequenzen. Diese Trennung bleiben, das heißt, beides muss am Studienseminar bleiben. lässt sich nicht mit der Notwendigkeit der Umstrukturie- Dies ist für die Qualität der Ausbildung in der zweiten rung begründen, da eine Trennung von Dienst- und Fach- Phase absolut notwendig. Der Kultusminister scheint eine aufsicht keine notwendige Bedingung für eine Umstruktu- Zielvorgabe für die Bildung festgeschrieben zu haben, rierung ist. Auch die Begründung, damit eine Stärkung Sachverstand so weit wie möglich auszuschließen, und die der Schulnähe der Lehrerausbildung im Vorbereitungs- Ergebnisse sind ja täglich neu zu besichtigen. Der vor- dienst zu erreichen, wie in der Begründung zum Gesetz liegende Gesetzentwurf passt sich daran leider nahtlos nachzulesen ist, ist bei intensiver Analyse in keiner Weise an. Danke. nachzuvollziehen. Dass die Dienstaufsicht zu den Schul- ämtern kommt, ist ausgesprochen problematisch. Alle an (Beifall bei der PDS, SPD) der Anhörung Beteiligten haben sich gegen diese Ände- rung der Dienstaufsicht für Fachleiter und Anwärter aus- gesprochen und umso unverständlicher ist es, dass die kla- Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3613

Vizepräsidentin Dr. Klaubert: (Beifall bei der CDU)

Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Prof. Aber bitte, kommen wir zu den Einwänden. Herr Döring Goebel zu Wort gemeldet. und Herr Huster haben das hier vorgetragen. Ganz oben an steht der von den Interessenvertretern, von Lehrern und Abgeordneter Prof. Dr. Goebel, CDU: Fachleitern vorgetragene Problemkreis der Trennung von Dienst- und Fachaufsicht. Künftig wird die Dienstauf- Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, sicht bei den staatlichen Schulämtern liegen. Die Fachauf- der vorliegende Gesetzentwurf soll die rechtlichen Voraus- sicht, die aufsichtliche Verantwortung für Form und In- setzungen für eine Änderung der Organisation der zweiten halt der Ausbildung, bleibt bei den Studienseminaren. Phase der praktischen schul- und unterrichtsbezogenen Pha- se der Lehrerausbildung ermöglichen. Über die Notwendig- Da wird bei den Fachleitern die Unabhängigkeit besorgt keit einer solchen Reorganisation haben wir bereits aus- und bei den Anwärtern wird befürchtet, sie sollten als führlich hier gesprochen. Die Lösung, die mit dem Ge- Lückenbüßer missbraucht und von den jeweiligen Schullei- setz ermöglicht werden soll, sieht eine Konzentration der tern zur Kompensation von Unterrichtsausfällen eingesetzt Studienseminare auf wenige Standorte vor. Gleichzeitig werden. Diese Sorge, meine Damen und Herren, ist schon werden die Lehramtsanwärter und die für die Ausbildung deshalb unbegründet, weil eine Schule eben nur dann eine zuständigen Fachleiter stärker an den besonderen Ausbil- gute Ausbildungsschule werden kann, dazu gehört auch, dungsschulen angebunden, die es künftig flächendeckend dass Neues ausprobiert werden kann, wenn alle Betei- im gesamten Freistaat und in allen Schulamtsbezirken ge- ligten in dieser Schule, das Lehrerkollegium und die Schul- ben kann. Das sind dann also nicht mehr zufällig heraus- leitung, an einem Strang ziehen. Das funktioniert nicht, gegriffene Schulen, sondern solche, die sich bewusst da- wenn die dort unterrichtenden und ausbildenden Fach- rum bewerben, dies als eines ihrer Profilelemente anse- leiter geduckt oder die Referendare gestriezt werden. Eine hen, Ausbildungsschule zu sein, die dazu dann auch die solche Schule verliert dann den Anspruch, Ausbildungs- allgemeinen fachlichen und personellen Voraussetzun- schule zu sein. gen haben, und die diesen Status auch verlieren können, wenn solche Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind. Für die vorgesehene Trennung spricht vielmehr, dass da- mit die Bindung an die Ausbildungsschule gestärkt und Von dieser Seite also wird Wettbewerb Einzug halten in die Studienseminare von Aufgaben der Personalverwal- die Lehrerausbildung, ein Wettbewerb um Qualität, um tung entlastet werden. Ausbildungsqualität. Deshalb ist mir auch nicht bange davor, dass die Thüringer Lehrerausbildung ihren hohen Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie kennen vielleicht das Standard beibehält, im Gegenteil, dieser Wettbewerb kann Schicksal des venezianischen Lohndieners Truffaldino in sich ausweiten auch zwischen Schulen, die Ausbildungs- Goldonis Komödie "Der Diener zweier Herren". Truffaldi- schulen sind, und solchen, die es werden möchten. Das no ist es nicht nur gelungen, seine beiden Herrschaften setzt an den Schulen innovative Potenziale frei in Päda- zu verbandeln, er hat sich auch selbst mit Verstand und gogik und Didaktik und in anderen Bereichen. So hat Schu- Mutterwitz eine gute Stelle verschafft und eine Frau gewon- le insgesamt einen Gewinn davon. Es gibt einen weiteren nen. Vielleicht hat der eine oder andere das Stück in der guten Grund für ein flächendeckendes Netz von leistungs- letzten Spielzeit hier am Erfurter Theater gesehen, oder sie fähigen Ausbildungsschulen. Anwärter finden künftig in können es jetzt noch in Meiningen miterleben. Ich mei- allen Thüringer Regionen Ausbildungsmöglichkeiten. Das ne, Verstand und Mutterwitz kann dazu beitragen, dass sich mehr junge Lehrer dafür entscheiden, hier im Freistaat zu bleiben. (Zwischenruf Abg. Vopel, CDU: Schleich- werbung.) Der Ausschuss für Bildung und Medien, Herr Emde hat da- von berichtet, hat eine Anhörung der Betroffenen durch- erwarte ich mir auch von den Lehrern, die jetzt schon geführt. Natürlich wurden dabei auch Bedenken vorge- Lehrer sind, und von angehenden Lehrern. Sie werden da- tragen. Das ist bei einer Veränderung von Strukturen und her diese vernünftigen aufsichtsrechtlichen Regelungen Zuständigkeiten nichts Außergewöhnliches. Man müsste in der täglichen Praxis auch vernünftig mit Leben erfül- stutzig werden, wenn es nicht dazu käme, dass man Be- len. Dazu wird auch die Änderung beitragen, die mit der denken vorträgt. Aber ich habe mich darüber gefreut und Beschlussempfehlung des Ausschusses zugegangen ist. Sie will das ausdrücklich hier erwähnen, dass der Vertreter der soll den Interessenschutz der Anwärter gegenüber der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, selbst ein Fach- jeweiligen Schulleitung sichern. leiter, ein Ausbilder in der zweiten Phase der Lehreraus- bildung, dieses wettbewerbliche Element auf Nachfrage Das Gesetz ist also nicht nur ein gelungener Kompromiss, ausdrücklich positiv bewertet hat und auch nicht ver- der aus Gründen auch finanzieller Art zustande gekommen schwiegen werden sollte, dass der Vertreter des Lehrer- ist, es eröffnet Möglichkeiten zur Entwicklung von Lehrer- verbandes das Gesamtkonzept als einen gelungenen Kom- ausbildung und Schule in Thüringen. Ich hoffe deshalb auf promiss bezeichnet hat. eine breite Zustimmung hier in diesem hohen Hause. 3614 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

(Beifall bei der CDU) fachangestellten das dritte Ausbildungsjahr zu gestalten ist. Da es bisher in Thüringen diese Regelung nicht gibt, Vizepräsidentin Dr. Klaubert: hat dies per Gesetz zu erfolgen. Alle Mitglieder des Innen- ausschusses haben die Notwendigkeit und Richtigkeit des Mir liegen keine weiteren Redewünsche der Abgeordne- Gesetzes erkannt und empfehlen es einvernehmlich dem ten mehr vor. Die Landesregierung signalisiert auch keinen Landtag zur Abstimmung. Redewunsch. Damit kann ich die Beratung schließen. (Beifall bei der CDU) Ich komme als Erstes zur Abstimmung über die Beschluss- empfehlung des Ausschusses für Bildung und Medien in Vizepräsidentin Dr. Klaubert: Drucksache 3/1639. Wer dieser zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen Nach der Berichterstattung ist eigentlich die Aussprache bitte. Danke schön. Und die Stimmenthaltungen. Mit eini- vorgesehen, aber es hat sich keine Redemeldung hier oben gen Stimmenthaltungen und einigen Neinstimmen ist mit gezeigt, einer Mehrheit die Beschlussempfehlung angenommen. (Beifall bei der CDU, SPD) Ich komme als Zweites zur Abstimmung über den Gesetz- entwurf der Landesregierung in der Drucksache 3/1472 so dass wir darauf verzichten und gleich zur Abstimmung nach zweiter Beratung unter Annahme der Beschlussemp- über den Gesetzentwurf der Landesregierung in der Druck- fehlung in der Drucksache 3/1639. Wer dem Gesetzentwurf sache 3/1537 in zweiter Beratung übergehen, da die Be- zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. schlussempfehlung des Innenausschusses die Annahme Die Gegenstimmen bitte. Danke schön. Und die Stimment- des Gesetzentwurfs empfiehlt. Wer dem Gesetzentwurf zu- haltungen. Eine Stimmenthaltung, einige Gegenstimmen stimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke und mit einer Mehrheit von Jastimmen ist der Gesetzent- schön. Gegenstimmen? Keine Gegenstimmen. Stimment- wurf angenommen. haltungen? Auch keine Stimmenthaltungen. Dann kön- nen wir zur Schlussabstimmung aufrufen. Wer dem Ge- Wir kommen zur Schlussabstimmung. Wer dem Gesetzent- setzentwurf zustimmt, der möge sich vom Platz erheben. wurf zustimmt, der möge sich von den Plätzen erheben. Danke schön. Gibt es jetzt Stimmenthaltungen? Gibt es Danke schön. Wer mit Nein stimmen möchte, der tut das Neinstimmen? Das ist nicht der Fall, damit ist der Ge- jetzt. Danke schön. Wer sich enthalten möchte, der stimmt setzentwurf einstimmig angenommen. Ich schließe den Ta- bitte jetzt. Mit 1 Enthaltung, einigen Gegenstimmen und gesordnungspunkt 5. einer Mehrheit von Jastimmen ist der Gesetzentwurf an- genommen. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 4. Als Nächstes rufe ich auf den Tagesordnungspunkt 6

Ich komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 5 Zweites Gesetz zur Änderung der Verfas- sung des Freistaats Thüringen Thüringer Gesetz zur Ausführung des Gesetzentwurf der Fraktion der SPD Berufsbildungsgesetzes im Bereich des - Drucksache 3/1596 - öffentlichen Dienstes ERSTE BERATUNG Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/1537 - gemeinsam mit dem Tagesordnungspunkt 7 dazu: Beschlussempfehlung des Innen- ausschusses Viertes Gesetz zur Änderung der Thürin- - Drucksache 3/1641 - ger Kommunalordnung ZWEITE BERATUNG Gesetzentwurf der Fraktion der SPD - Drucksache 3/1597 - Als Berichterstatterin ist Frau Abgeordnete Dr. Wildauer ERSTE BERATUNG benannt. Ich bitte um die Berichterstattung. Die Begründung durch die einreichenden Fraktionen ist Abgeordnete Dr. Wildauer, PDS: nicht beantragt worden. Ich rufe als ersten Redner Ab- geordneten Schemmel, SPD-Fraktion, auf. Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Innen- ausschuss befasste sich in seiner Sitzung am 7. Juni mit Abgeordneter Schemmel, SPD: dem Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 3/1537 zur Ausführung des Berufsbildungsgesetzes im Be- Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, reich des öffentlichen Dienstes. Mit dem Gesetz wird eine eine gründliche Überarbeitung der Thüringer Kommunal- Ermächtigung des zuständigen Ministeriums für den Erlass ordnung steht auf der Tagesordnung. Ich glaube, da sind einer Verordnung erteilt, die zu regeln hat, wie im Rahmen sich auch alle Fraktionen dieses Hauses und die Regie- der dreijährigen Ausbildung zum und zur Verwaltungs- rung in diesem gemeinsamen Bestreben einig. Dies ist Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3615 deutlich signalisiert worden anlässlich der sehr margina- Zu dem verfassungsändernden Gesetz, was mitberaten len Überarbeitung, die wir vollzogen haben, um die wirt- wird, möchte ich nur eines sagen: Dies dient lediglich dazu, schaftliche Betätigung der Kommunen im Bereich Strom um das Verfahren freiwilliger Gemeindezusammenschlüs- und Gas zu verbessern. Die PDS-Fraktion hat einen partiel- se, die wir ja in der Zukunft erwarten - wir erwarten ja, dass len Antrag zur Änderung der Kommunalordnung einge- sich einige Verwaltungsgemeinschaften auf den Weg ma- bracht, die Regierung arbeitet zurzeit an einer kompletten chen, eine Einheitsgemeinde zu gründen -, zu erleichtern. Überarbeitung der Kommunalordnung und die SPD-Frak- Wir wollen, wenn das öffentliche Wohl nicht gefährdet ist tion legt hier und heute eine komplette Überarbeitung vor, und wenn die Beschlüsse der Gemeinderäte vorliegen, dann die aus unserer Sicht, ich sage einmal, maßvoll und den nicht jedes Mal wieder das Gesetzgebungsverfahren be- Thüringer Gegebenheiten angepasst ist und die, denke ich, mühen, sondern wir wollen dies dann in eine Verordnungs- auch moderne Elemente der Kommunalverfassung beinhal- ermächtigung des Innenministeriums stellen, das heißt tet, denn eine Kommunalverfassung ist kein statisches Ele- eine Verfahrenserleichterung zum freiwilligen Zusammen- ment, sondern sie entwickelt sich ja in der Gesellschaft, in schluss. Dies ist der Inhalt des Tagesordnungspunkts 6, also der sie angewandt wird. Ich denke, der Vorschlag, den wir dieses Verfassungsänderungsgesetz. heute auf den Tisch legen, der eignet sich ausgezeich- net, um dieses gemeinsame Bemühen zwischen Regierung Ich spreche jetzt zu unseren Änderungen, die sich unter und Parlament, die Kommunalverfassung zu überarbei- dem Tagesordnungspunkt 7 - Änderung der Thüringer ten, anzugehen. Kommunalordnung - ergeben.

Ich möchte in der gebotenen Kürze - wir haben uns ja Punkt 1 - stärkere Beteiligung der Bürgerinnen und Bür- heute alle auferlegt und waren von der Präsidentin auch ger: Wie wollen wir das erreichen, wie wollen wir das mit einem biblischen Vers gebeten worden, uns heute etwas garantieren? Wir möchten ein gemeindliches Petitionsrecht zügig zu halten, ich könnte hier stundenlang sprechen, denn einführen, dass sich der Bürger wie auf der Landesebene, das Thema würde es auch hergeben - die Grundzüge un- Petition ist ein Grundrecht, an seine Gemeinde mit An- serer beabsichtigten Änderung der Kommunalordnung, un- liegen, Wünschen, Anregungen oder auch Beschwerden serer beabsichtigten Novellierung vortragen. wenden kann und dass es ein festes Verfahren gibt, wie beantwortet wird und dass diese Petitionen - so ähnlich, Uns geht es erstens um eine stärkere Beteiligung der wie es auch der Landtag auf der Landesebene durchführt - Bürgerinnen und Bürger am Handeln der Kommunen. dann in bestimmten Abständen auch im Kreistag oder in Ich glaube, dies braucht man nicht umfangreich zu be- der Gemeindevertretung beraten werden. Ich denke, die gründen. Wir wissen alle, wie es um die Beteiligung der Einführung dieses gemeindlichen Petitionsrechts ist eine Bürgerinnen und Bürger am politischen Leben, auch am Sache, über die wir sicherlich auch Einigung erreichen politischen Leben in der Kommune steht. Wir kennen könnten. Wir wollen natürlich nur ein Petitionsrecht, das ist die geringen Wahlbeteiligungen, die unseren kommunalen jedem von uns klar, das sich auf die gemeindlichen Be- Vertretern dann natürlich auch eine immer niedrigere Lega- lange bezieht. Das ist klar, die Gemeinde kann nur die lität geben, ein immer geringeres Mandat in die Hand ge- Fragen der gemeindlichen Belange beantworten und ent- ben. Hier muss etwas getan werden und das kann getan sprechende Beschwerden aufnehmen. Wir wollen des werden, indem man die Bürger stärker teilhaben lässt und Weiteren die Institution Bürgerantrag, Bürgerentscheid das Verwaltungshandeln der Kommunen transparenter ge- und Bürgerbegehren auch auf der Kreisebene einführen, staltet, denn der Bürger kann sich letztlich nur für etwas natürlich nur bei kreislichen Belangen. Und wir wollen das engagieren, was er auch begreift und versteht. Deshalb schon bestehende Institut Bürgerantrag, Bürgerbegehren, unser erstes Bestreben - die stärkere Beteiligung der Bürge- Bürgerentscheid, was es in der Kommune, also in den Ge- rinnen und Bürger. meinden und Städten gibt, etwas bürgerfreundlicher, sage ich einfach einmal, gestalten dadurch, dass wir das Ver- Unser zweites Bestreben ist die Stärkung der Rolle der fahren revidieren, und dadurch, dass wir die Zustimmungs- Gemeinde- und Stadträte bzw. der Kreistage am Verwal- quoren maßvoll senken. Wir haben Stufen gebildet, und tungshandeln der Kommunen. zwar bis 3.000, von 3.000 bis 10.000, über 10.000 und sen- ken in diesen Stufen die Quoren für die einzelnen Schritte Der dritte Punkt, und da waren wir uns auch letztlich einig, Bürgerantrag, Bürgerbegehren oder Bürgerentscheid ab, be- ist die weitere und umfassendere Verbesserung der wirt- halten aber bei der kleinen Gemeindegröße, also bis 3.000, schaftlichen Betätigung für die Kommunen. die Quoren bei, die bisher die Kommunalordnung Thü- ringens vorsieht. Ich denke, das ist ein guter Weg, dass wir Der vierte Punkt, und da ist auch etwas die Modernität da- dieses Quorum wie bisher vorgesehen haben für die kleine- bei, die ich angesprochen habe, ist die Einführung neuer ren Gemeinden und dass wir den etwas größeren Gemein- Prinzipien und Modelle in die Thüringer Kommunalord- den mit niedrigeren Quoren die Möglichkeit geben, Ent- nung. scheidungen in den Gemeinderat bzw. Stadtrat zu bringen.

Der fünfte Punkt ist die erforderliche Korrektur offenbar Wir wollen auch in die Kommunalordnung schreiben und bewusster Unzulänglichkeiten. schlagen dieses vor mit unserer Novellierung, dass es 3616 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 möglich ist, Kinder- und Jugendbeiräte und Senioren- muss, da ist uns das nämlich aufgefallen, dass diese Mei- beiräte zu bilden. Ich weiß, dass dies natürlich fakultativ nung durchaus berechtigt ist, die in Mecklenburg-Vor- schon jetzt möglich ist, und ich weiß, dass es Kinder- und pommern vorgetragen wurde, nämlich dass dadurch, dass Jugendparlamente schon in verschiedenen Städten gibt, es die Urwahl gab und diese gefestigte Verwaltungsspitze, auch in Altenburg, wo ich herkomme bekanntlicherweise. dem Rat - Stadtrat, Gemeinderat, Kreistag - ein wichtiges Aber die Festschreibung dieser Beiräte für Kinder, Jugend- Handlungsfeld aus der Hand genommen worden ist, näm- liche und Senioren, die gibt natürlich auch diesen Bei- lich die Wahl und die Stützung der gemeindlichen Regie- räten einen anderen Status. rung. In dem Moment, wo ich in Wahl und Stützung der gemeindlichen Regierung, ich sage einmal verkürzend (Beifall bei der SPD) dem Parlament, aus der Hand nehme, muss ich natürlich abwägen, ob dieser Einschnitt in das Wahlrecht, nämlich Der ermöglicht auch ein besseres Zusammenarbeiten mit eine 5-Prozent-Klausel, noch gerechtfertigt ist in Abwä- der Gemeinde und vielleicht sogar auch eine gewisse gung der Aufgaben, die das Parlament noch hat. Unterstützung durch die Gemeinde für diese Kinder- und Jugendparlamente und diese Seniorenbeiräte. Wir sollten uns diese Frage in der nächsten Zeit - wir haben sie nicht bearbeitet, weil sie zum Kommunalwahlge- Dann legen wir Wert - und das ist unter dem Stichwort setz gehört - wirklich einmal vornehmen, diese Sache ein- Transparenz zu sehen - auf eine Verbesserung der Unter- mal untersuchen, ehe wir wieder von einem Verfassungs- richtung der Bürgerinnen und Bürger, insbesondere dann, gericht gezwungen werden, diese Novellierung durchzu- wenn die Gemeinde Maßnahmen plant, die die Bürger führen. Ich bin der Meinung, es steht einem Parlament we- außerordentlich stark betreffen, z.B., wenn am Horizont sentlich besser zu Gesicht, eine solche notwendige Novel- Beiträge und Ähnliches auftauchen. Dort verstärken wir lierung selbst und in Handlungsfreiheit zu beschließen, als die Informationspflicht für die Bürger, weil nur durch dass man durch ein Verfassungsgericht wieder einmal den Transparenz, wie schon gesagt, auch Verständnis für eine Tipp bekommt, also Leute, hier müsst ihr mal eure eigenen bestimmte Maßnahme erreicht werden kann. Und wir Gesetze überprüfen. Wir sollten das im Innenausschuss schlagen eine ganze Menge Veränderungen im Ortschafts- beraten. Ich rege das an, Herr Minister, dass wir das ein- recht vor, auf die möchte ich jetzt wegen der Zeit nicht mal genauestens besprechen. Aber das war Abschweif zum eingehen, wir werden intensiv darüber beraten können; eine Kommunalwahlrecht mit dem Versuch, diese 5-Prozent- ganze Menge Veränderungen im Ortschaftsrecht, die an der Klausel in Frage zu stellen. Basis in den Ortsteilen eine demokratische Mitwirkung ermöglichen sollen. Das waren einige Beispiele, wie wir Ich komme wieder zu dem, was wir jetzt den Gemeinde- die Bürgerinnen und Bürger stärker beteiligen wollen. räten und den Kreistagen mehr an die Hand geben wollen und ihren Mitgliedern, um stärker an Verwaltungshandlun- Ich komme jetzt zu einem Punkt - der Verstärkung der gen beteiligt zu sein. Da handelt es sich nämlich um eine Rolle der Gemeinde-, Stadträte und Kreistage. Das ist stärkere Mitsprache bei Personalentscheidungen, um eine natürlich ein sehr schwieriger Punkt, denn seit 1994 in Einflussnahme auf das Ausschreibungsverfahren für die Thüringen die Urwahl der Bürgermeister und Landräte Beigeordneten. Sie kennen den Kuddelmuddel, den es da eingeführt worden ist, ist das Verhältnis zwischen dieser gibt. Ich sehe Herrn Kölbel dort aus , ich meine nicht Verwaltungsspitze und Gemeinde- und Stadträten etwas die aktuelle Lage in Gera, sondern die vergangene Lage anders zu bewerten. Die Urwahl gibt der Verwaltungs- in Gera. Man weiß, wie das mit den Ausschreibungsver- spitze eine bestimmte Legitimation und man kann diese fahren für Beigeordnete ist. Wir haben niedergeschrie- Legitimation nicht durch eine Verstärkung der Rechte bzw. ben in unserer Novelle ein verstärktes Frage- und Aus- maßlose Verstärkung der Rechte des Stadtrats wieder auf- kunftsrecht für die Mitglieder des Stadtrats und der Kreis- wiegen wollen. Deshalb mussten wir an dieser Stelle be- tage. Wir wollen auch eine Verstärkung des bereits beste- hutsam vorgehen. Ich werde einige der behutsamen Schrit- henden Akteneinsichtsrechts für diese Mitglieder erreichen. te noch nennen. Weiterhin möchten wir gern wieder dazu zurückkehren, Bei der Arbeit an dieser Novelle in dieser Form, in die- dass die Versammlungsleitung im Rat, sei es Gemeinde- sem Punkt ist uns etwas aufgefallen, was ich auch dem rat, Stadtrat oder Kreistag, wieder regelmäßig durch ein Herrn Innenminister mit auf den Weg geben möchte. Als Mitglied des Kreistags durchgeführt wird und nicht durch 1993 die Kommunalordnung geändert wurde, die dann den Bürgermeister. Wenn ich Gemeindeparlamente be- 1994 in Kraft trat, und man dieses Institut der Urwahl suche - ich gebrauche immer einmal diesen Ausdruck, den einführte, dann hätte man an dieser Stelle auch überprü- Sie mir nachsehen wollen - und sehe den Bürgermeister fen müssen, ob die 5-Prozent-Hürde im Kommunalwahl- und die Verwaltungsspitze vorn residieren und den Stadtrat recht überhaupt noch ihre Berechtigung hat. Als wir an auf eine Linie einpauken, dann kommt mir das immer dieser Stelle gearbeitet haben und auch Verfassungsge- äußerst spanisch vor. Deshalb haben wir den Regelfall wie- richtsurteile des Verfassungsgerichts Mecklenburg-Vor- der so organisiert, wie er vor 1994 war, dass ein Mit- pommern mit herangezogen haben, inwieweit man den glied aus dem Stadtrat gewählt wird, der den Vorsitz der Gemeinderat und urgewählte Verwaltungsspitze abwiegen Versammlung übernimmt. Wir haben aber die Ausnahme Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3617 auch gestattet, besonders im Hinblick auf kleine Gemeinde- spitze gibt. Die entsprechende Formulierung steht in unse- räte mit einer sehr geringen Anzahl von Gemeinderatsmit- rem Gesetzentwurf. Wir wollen natürlich auch ändern, gliedern, dass auf Beschluss auch weiterhin der Ehrenamt- das weiß jeder, dass in der Kommunalordnung das Ab- liche oder der Bürgermeister dort die Versammlung leiten wahlverfahren für den ehrenamtlichen Bürgermeister fehlt. soll. Wir wollen dem Stadtrat oder dem Gemeinderat auch Wir haben auch diese Lücke oder diese Fehler der Kom- die Möglichkeit einer Einberufung der Einwohnerversamm- munalordnung in unserem Gesetz berücksichtigt. lung geben. Das sind einige sehr maßvolle Schritte, wo wir die Rechte der Mitglieder der Gemeinden, Stadträte und Ich glaube insgesamt sagen zu können, dass es ein sehr Kreistage verbessern wollen. Zur Verbesserung der wirt- maßvolles, ein sehr gutes, ein recht konsensfähiges Gesetz schaftlichen Betätigung nur noch eine kurze Anmerkung, ist. Ich freue mich auf die Diskussionen dazu im Innenaus- denn wir hatten ja die Debatte im Vorjahr ausführlich. Uns schuss und sicherlich ist das auch notwendig, diesen Ge- geht es prinzipiell um eine Erleichterung dieser wirtschaft- setzentwurf nach den uns selbst vorgegebenen Verfahren lichen Betätigung, und zwar sowohl in den Betätigungsfel- an den Justizausschuss zur Mitberatung zu überweisen. Ich dern als auch im territorialen Bereich. Ich weiß, dass wir danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und fordere Sie auf, besonders an dieser Stelle hitzige Debatten bekommen wer- dem Gesetzentwurf, obwohl er von einer Oppositionsfrak- den. Wir hatten sie auch beim letzten Mal schon, weil es tion stammt, aufgeschlossen entgegenzutreten. natürlich eine gewisse Lobby gibt, das ist ja nicht zu ver- kennen, die einer solchen Ausweitung der wirtschaftlichen (Beifall bei der SPD) Betätigung der Kommunen natürlich entgegen steht. Wir sind auf diese Debatte gespannt, aber die Vorschläge durf- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: ten natürlich in dieser Gesetzesnovelle nicht fehlen. Herr Abgeordneter Schemmel, gilt das für beide Druck- Punkt 4: Neue Modelle, neue Instrumente, dort nenne sachen? Nein, ich meine jetzt die Überweisung an den ich bloß diese drei Schlagworte. Wir setzen uns ein und Innen- und den Justizausschuss. wir schreiben es in diesem Kommunalverfassungsentwurf nieder für eine Ausgleichsfunktion der Landkreise. Jeder (Zuruf Abg. Schemmel, SPD: Für beide.) Experte weiß, was sich darunter verbirgt, Urteil von Nord- hausen und diese ganzen Verteilungskämpfe. Wir setzen Für beide, ja. Als nächster Redner hat sich der Abgeord- uns ein für eine Experimentierklausel. Das heißt, dass die nete Fiedler, CDU-Fraktion, zu Wort gemeldet. Rechnungsführung der Gemeinden auch nach modernen Gesichtspunkten organisiert werden kann - Stichwort Bud- Abgeordneter Fiedler, CDU: getierung und Ähnliches. Wir wollen bei der Kommunal- aufsicht das derzeitig geltende Legalitätsprinzip durch das Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Opportunitätsprinzip ersetzen, weil das einfach auch allen sehr geehrter Kollege Schemmel, wir stehen der Ände- anderen Bundesländern entspricht und eigentlich auch den rung der Thüringer Kommunalordnung aufgeschlossen Grundzügen einer kommunalen Selbstverwaltung und de- gegenüber. Ich glaube, es sind uns hier zwei Gesetzentwür- ren natürlicher Kontrolle und auch den Möglichkeiten der fe vorgelegt worden. Der eine Gesetzentwurf, der gerade Kommunalaufsicht selbst näher kommt als das bisherige benannt wurde - Zweites Gesetz zur Änderung der Ver- Legalitätsprinzip, das vorschreibt, dass jeder noch so klei- fassung des Freistaats Thüringen -, wir erkennen hier das ne und auch so entfernt zurückliegende Fehler beanstandet Bemühen, dass man eine Vereinfachung schaffen will, da- werden muss. mit man nicht, wenn es zu freiwilligen Zusammenschlüs- sen kommt, jedes Mal ein Gesetz machen muss. Wir er- Zu meinem letzten Punkt - Sie sehen, trotz der Vielfalt der kennen das Bemühen und sagen, das ist erst einmal in der Thematik, habe ich mich bemüht, die Zeit einigermaßen Überlegung zu verfolgen. Aber wir sagen auf der ande- kurz zu halten -, was war erkennbar, was hat eigentlich ren Seite, dass das hohe Gut der Verfassung, denke ich, nicht funktioniert in der Kommunalverfassung, was wollen die ja nicht einfach so nach Bedarf gerade geändert wer- wir sicherlich ändern? Ich nenne nur zwei Stichpunkte, den sollte, auch hier sehr ins Gewicht fällt, denn wir haben diese so genannte Doppelspitze, das heißt, dass es gestattet es bisher vermieden, dass wir die Verfassung angefasst ha- ist, dass in einer Verwaltungsgemeinschaft, die einen be- ben, weil wir der Überzeugung sind, sie ist damals uns ge- stellten Verwaltungschef hat, trotzdem noch eine Gemeinde meinsam, jedenfalls ich spreche von den zwei Fraktionen, oder mehrere theoretisch sogar existieren können, die die hier sitzen, CDU und SPD, ja beschlossen worden, die hauptamtliche Bürgermeister haben. Wir haben dieses Bei- andere Fraktion hat ja wohl damals dem nicht zugestimmt, spiel in Thüringen vielfältig und es ist für mich nicht ver- denn die PDS hatte sich ja dort wohl, wenn ich es noch ständlich, wieso neben einer Verwaltungsspitze, die für alle richtig weiß, verweigert. Wir sollten dieses hohe Gut, ich Gemeinden zuständig ist, eine dieser Gemeinden noch sage einmal, nicht ohne Not angreifen. Darum denke ich, einen eigenen hauptamtlichen Bürgermeister sich leisten ich wünsche mir, dass es viele freiwillige Zusammenschlüs- kann, auch gerade vor dem Hintergrund der knappen Kas- se in der nächsten Zeit gibt. Aber wir sollten erstens das sen. Auch diese Arbeitsteilung ist ja dann völlig ungerecht- verfolgen und sehen, was dort an freiwilligen Zusammen- fertigt. Wir wollen verhindern, dass es eine solche Doppel- schlüssen kommt und dann sollten wir gegebenenfalls die- 3618 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 ses in einen Gesamtzusammenhang Bearbeitung Thürin- gebenenfalls erreicht. Ich schlage jetzt schon vor, dass wir ger Kommunalordnung uns näher betrachten. Ich sage hier, den Gesetzentwurf der SPD, ohne dass der falsche Eindruck uns überwiegt das hohe Gut der Verfassung. Wir sehen kei- entsteht, dass er auf die lange Bank geschoben werden soll, ne Möglichkeit, dass wir das im Ausschuss weiter bera- sondern ganz klar, dass wir dort gemeinsam beide Entwürfe ten, weil politisch das ganz klar ist, da brauchen wir gar beraten, denn es sind viele Dinge drin, die überlegenswert nicht drumherum zu reden. Darum lehnen wir diesen Ge- sind. Wir sollten großen Wert darauf legen, vielleicht ge- setzentwurf, der vorgelegt wurde, ab, dass wir den auch lingt es uns über die Grenzen hinweg, dass wir hier die im Ausschuss beraten, weil jedem klar ist, um was es geht. Kommunalordnung, die ja, ich sage einmal, neben der Ver- fassung doch ein hohes Gut ist, zumindest für die kommu- Weiterhin komme ich jetzt zum Vierten Gesetz der nale Ebene, weitestgehend Einvernehmen herzustellen. Änderung der Thüringer Kommunalordnung. Auch hier ist ja den Eingeweihten und den meisten klar, um was es Es gibt aber einige Punkte, die hier angesprochen wurden, geht. Ich habe bewusst vorangestellt, dass es viele über- ich will jetzt auch nicht wegen der gebotenen Kürze auf legenswerte Dinge gibt, die vorgetragen wurden. Ich denke, alles eingehen, aber man muss schon einiges noch mal wir werden uns intensiv weiterhin mit der Änderung der kurz beleuchten. Insbesondere möchte ich den strittigen Thüringer Kommunalordnung befassen. Wir alle wissen, Punkt der wirtschaftlichen Betätigung voranstellen. Auch dass die Landesregierung ja auch schon seit langer Zeit hier haben wir in den zwei Anhörungen, wir hatten auch an der Kommunalordnung arbeitet. Ich kann auch den Satz dieses Thema in der Anhörung mit drin, wir haben uns in unterstreichen, der hier drinsteht: "Dabei sind im Vollzug der letzen Anhörung auch mit der wirtschaftlichen Betäti- erkennbar gewordene Ungereimtheiten zur korrigieren." gung beschäftigt. Dort ist an uns dieses noch einmal he- Das ist Sinn und Zweck, denn wir wissen, dass in den rangetragen worden. Wir werden also in absehbarer Zeit letzten sieben Jahren sich die Thüringer Kommunal- wieder die kommunale Ebene und die betroffenen Kam- ordnung sehr gut bewährt hat. mern und alle anderen noch einmal zu einer Anhörung in den Landtag bitten, dass wir die wirtschaftliche Betätigung Herr Kollege Schemmel, meine Damen und Herren, liebe ausgiebig beleuchten, insbesondere unter den Gesichts- Kolleginnen und Kollegen, die CDU-Fraktion hat sich punkten Gerichtsurteile in Bayern, was kommt von Europa, schon mehrfach intensiv mit der Kommunalordnung und wie weit ist der Bund vorgedrungen, werden sich die Her- wie sie sich bewährt hat hier im hohen Hause befasst. Wir ren Minister auf Landes- und Bundesebene, Innen und haben im letzten Jahr eine große Anhörung der kommu- Wirtschaft zu bestimmten Dingen schon durchringen kön- nalen Ebene durchgeführt, volles Haus hier im Plenarsaal, nen, dass sie gemeinsam eine Empfehlung auf den Weg und haben dort intensiv über die Bewährungsprobe der bringen oder auch nicht, dass wir diese Dinge aufmerk- Kommunalordnung gesprochen. Letzten Samstag waren sam betrachten. Wir verkennen nicht, dass es hier sehr, dankenswerterweise auch Kolleginnen der anderen Frak- sehr unterschiedliche Meinungen gibt, diese gehen bis zur tionen mit anwesend und haben einmal mit zugehört, Frau totalen Ablehnung oder wirtschaftliche Betätigung im Rah- Dr. Wildauer, wie die Kommunalen des Landes hier ihre men der Daseinsvorsorge hat bei der Kommune nichts zu Dinge vorgetragen haben. Es waren auch hier und nicht suchen, das können die Privaten viel besser und es geht jetzt Masse und gleichzeitig Klasse, es haben sich am darüber hinaus, dass die Kommune mit Stadtwerken etc. Samstag immerhin ca. 200 Kommunale auf den Weg ge- auch eine gewisse Pflicht hat, ihre Dinge dort wahrzuneh- macht und haben hier dieser Anhörung nicht nur beige- men. In dem Spannungsfeld bewegt sich das Ganze und ich wohnt, sondern sich aktiv mit Diskussionen hier einge- will dort niemandem unterstellen, dass der eine Recht hat bracht. Ich glaube, es war für viele Abgeordnete - und ich oder der andere. Hier sollte man zu vernünftigen Kompro- danke auch meinen Kolleginnen und Kollegen noch ein- missen kommen, insbesondere auch, dass es sicher auch mal -, die ja ausgiebig dran teilgenommen haben bis zum Übergangszeiten geben muss, dass eben Stadtwerke und Innenminister, der ja den ganzen Tag mitgestaltet hat, dass andere bestimmte Dinge wahrnehmen. Das muss man ein- wir hier einfach feststellen können, was uns klar gemacht fach im Gesamtzusammenhang mit sehen, ohne dass man wurde, die Kommunalordnung hat sich in den großen Zü- der Wirtschaft hier oder dem Handwerker auf die Füße gen bewährt. tritt, dass sie dort weiter Dinge selber durchführen können.

(Beifall bei der CDU) Kollege Schemmel, es sind Dinge angesprochen worden bis zum Petitionsrecht auf kommunaler Ebene. Ich muss Was sich bewährt hat, sollte man nicht ohne Not, sage sagen nach erstem Lesen und Hören, dankenswerterweise ich einmal, vollkommen abändern. Das war die Grund- habe ich auch die Synopse bekommen, wo man sich mit prämisse. Wir haben jetzt zu den entsprechenden Anhö- den Dingen noch einmal auseinander setzen kann. Wir rungen viele Dinge gehört. Ich gehe auf einige noch kurz haben uns ja auch seit Jahren damit beschäftigt. Ich halte ein. Mir ist aber wichtig schon vorab, dass die Landesre- es für nicht ganz sachgerecht, aber das muss man in der gierung an ihrem eigenen Gesetzentwurf arbeitet und wir Beratung noch einmal auseinander nehmen, nicht dass wissen, dass im Laufe des Jahres, denke ich, der Gesetz- man jede abgelehnte Baugenehmigung und alles dann im- entwurf zur Reife kommt und dass er dann in den näch- mer doppelt und dreifach bearbeiten muss. Wir haben einen sten Monaten bis Anfang nächsten Jahres den Landtag ge- Bürgerbeauftragten im Land, wir haben einen Petitions- Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3619 ausschuss im Land, ich will nur sagen, darüber muss dass sie sich kundig machen vor Ort und an den praktischen man ernsthaft reden. Sie haben auch gesprochen von der Gegebenheiten sollten wir auch die Änderung der Kommu- so genannten Doppelspitze und was dort alles im Zusam- nalordnung durchführen. Ich glaube, wir werden dort ge- menhang steht. Wir sind nach jetzigen Erkenntnissen der meinsam mit der Landesregierung, da bin ich mir sicher, Meinung, dass sich das bewährt hat und die Hauptsat- die Dinge gemeinsam betrachten. Es gab schon die ent- zung, das wissen Sie ja, lässt es ja jetzt schon zu, dass sprechenden Dinge noch zu Zeiten von Minister Dewes, man, ich sage einmal, Versammlungsleiter oder wie auch wo schon Gruppen zugange waren mit dem Gemeinde- immer dort entsprechend einsetzen kann. Wir überlassen und Städtebund, dem Landkreistag u.a., wo das Ergeb- das der kommunalen Selbstverwaltung vor Ort, wie sie das nis sicher in einer Schublade noch aufzufinden ist, dass handhaben. Sie wollen es wieder einen Schritt zurückneh- man alle Dinge, die dort gesammelt wurden, schon mit men zu der alten Fassung. Aber darüber muss man reden einbringt. Vielleicht sind sie auf der Festplatte, man kann und muss sehen, wie kann und muss man damit umge- es nicht wissen, was dort alles drauf war. Aber, ich denke, hen. Ich denke auch, wir müssen sehr darauf achten, wir wir werden auf alle Fälle auch diese Erkenntnisse, sie haben mittlerweile - Gott sei Dank - die urgewählten Bür- sind ja aus der Praxis heraus mit aufgenommen worden germeister, Landräte, dass wir nicht den Urgewählten, von den Spitzenverbänden. Wir bieten auch die Zusam- ich sage einmal, von hinten durch die kalte Küche ihre menarbeit mit den Spitzenverbänden weiterhin an. Am Rechte wieder aushöhlen. Wir müssen auch sehr darauf Samstag waren beide Verbände hier voll vertreten. achten, wir haben die Diskussion ja auch auf Landesebene mit Bürgerbegehren. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht Meine Damen und Herren, man könnte hier, wie der Kolle- unseren Gemeinderäten, Stadträten und gewählten Bürger- ge Schemmel sagte, die Dinge noch weit auswalzen. Ich meistern und Landräten die Grundlage des Handelns ent- glaube, das sollten wir heute nicht machen. Wir jeden- ziehen, die sich teilweise über Monate mit Dingen beschäf- falls stimmen dem zu, dass der Antrag der SPD in Druck- tigen, sich heftig streiten und dass sie auch ihre Verant- sache 3/1597 an den Innenausschuss federführend über- wortung wahrnehmen können und nicht dass es uns wiesen wird und an den Justizausschuss begleitend. Wir wirklich einmal so geht wie die Befürchtungen schon zur werden dort gemeinsam mit dem Regierungsentwurf diese letzten Wahl waren, dass hier dann keine Gemeinderäte Dinge beraten und werden hoffentlich zu einer gemein- oder sich keiner mehr zur Verfügung stellt. Ich sage nur, samen Kommunalordnungsänderung kommen. Uns wur- in dem Spannungsfeld müssen wir uns bewegen, müssen de letzten Samstag gesagt von sehr vielen, eigentlich ist nur aufpassen, dass auch vor Ort die Dinge wahrgenommen eine kosmetische Korrektur notwendig. Wir werden also werden. Ich erinnere, und da stimme ich Ihnen zu, wir diese kosmetische Korrektur mit der inhaltlichen gemein- müssen sehen, dass wir entsprechend auch über die, es ist sam vornehmen. Dazu wünsche ich uns viel Erfolg. genannt worden, Abwahlverfahren sprechen müssen, auch für Ehrenamtliche. Ich denke, es war gut und richtig, ich (Beifall bei der CDU, Abg. Gentzel, SPD) betone das ausdrücklich, gut und richtig und von uns ge- wollt, dass es bis jetzt diese Abwahlmöglichkeit nicht Vizepräsidentin Dr. Klaubert: gab, weil wir das wussten, ich erinnere nur an Straßenaus- baubeiträge, Wasser etc., ich glaube, da wären schon sehr, Für die PDS-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Dr. sehr viele Bürgermeister in diesem Land nicht mehr in ih- Wildauer zu Wort gemeldet. rem Amt, wenn es bis jetzt nicht so gewesen wäre. Es gibt ja noch die beamtenrechtlichen Dinge, wenn dort ir- Abgeordnete Dr. Wildauer, PDS: gendwas passiert, dass sie natürlich auch dort aus dem Amt gebracht werden können. Hier muss man jetzt das anglei- Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich sehe es chen an die Zeit, die jetzt ist und man muss auch gleichzei- auch so wie meine beiden Vorredner, dass letztlich alle tig überlegen, ob man, ich sage einmal etwas lax, die so Fraktionen anerkennen, dass die Thüringer Kommunalord- genannten halbamtlichen Bürgermeister, also die Halb- nung schnellstens geändert werden muss. Es gibt unter- tagsbürgermeister, denn alle in den Verwaltungsgemein- schiedliche Auffassungen dahin gehend, wann die Ände- schaften mussten ihr Amt abgeben und die, die nur sound- rung erfolgen soll und auch in welchem Umfang. Heute hat so viele Stunden arbeiten, die konnten also weiterhin blei- nun die SPD-Fraktion ein Änderungsgesetz vorgelegt, das ben. Ich glaube, solche Dinge müssen genau betrachtet wer- letztlich eine ziemlich lange Vorgeschichte hat. Eine Vor- den. Ich denke auch, es ist angesprochen worden mit den geschichte, die nicht nur zur Ankündigungspressekonfe- Kinder-, Jugend- und Seniorenbeiräten u.ä. Im Land gibt renz in den Oktober des vergangenen Jahres zurückgreift, es derer schon viele. Ob man das nun festschreiben muss wir haben ja immerhin schon Juni, sondern vielmehr in oder nicht, darüber muss man sich auseinander setzen. die Mitte der 90er Jahre. Als die SPD und CDU 1994 eine Regierungskoalition in Thüringen bildeten wurde im Koali- Meine Damen und Herren, ich denke, es ist wichtig, dass tionsvertrag festgeschrieben, dass die Wirksamkeit der Thü- wir hier die gesammelten Erfahrungen der letzten sieben ringer Kommunalordnung spätestens 1997 überprüft wird, Jahre entsprechend auch mit in die ganze Beratung ein- damit notwendige Gesetzesänderungen möglichst mit der bringen. Hier gibt es wirklich sehr, sehr viele Dinge und neuen kommunalen Wahlperiode 1999 wirksam werden ich kann nur alle Kolleginnen und Kollegen auffordern, können. Die damalige Landesregierung bildete auch eine 3620 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

Arbeitsgruppe, die im November 1997 einen Bericht zum Fall unsere konstruktive Mitwirkung an. Novellierungsbedarf der Kommunalordnung vorlegte. Der SPD-Parteitag im Mai 1997 hatte ebenfalls einen umfang- Meine Damen und Herren, erst im vergangenen Jahr wurde reichen Novellierungsbedarf für die Thüringer Kommu- das kommunale Wirtschaftsrecht novelliert. Diese Novelle nalordnung sichtbar gemacht. Unmittelbar davor, im März war halbherzig und wurde durch mich damals - und ich 1997, legte die PDS-Fraktion ein Änderungsgesetz zur möchte auch heute sagen zu Recht - als Sterbehilfe für die Kommunalordnung vor. Bereits damals war auffällig, dass Stadtwerke bezeichnet. Hilfreich war sie den Kommunen die Positionen von SPD und PDS in vielen Punkten über- nicht. Die SPD sieht dies ähnlich und hat deshalb auch einstimmten. Hieran hat sich bis heute nichts geändert, wo- zu diesem Bereich bei es selbstverständlich in Einzelfragen und in der Rege- lungstiefe Unterschiede gibt. Diese, denke ich, werden wir (Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Dann in der weiteren Diskussion zum vorliegenden Gesetzent- machen Sie doch einen klaren Ansatz.) wurf weiter deutlich machen. In der großen Koalition konn- te sich offenbar die SPD gegen die CDU nicht durchsetzen, umfangreiche Änderungsvorschläge unterbreitet. Unsere so dass erst jetzt, wo die SPD nicht mehr Juniorpartner Vorstellungen hierzu sind bekannt, wir werden sie in der der CDU ist, ein Gesetzentwurf vorgelegt wurde. Die CDU bevorstehenden Diskussion erneut thematisieren und ich hat im Zusammenhang mit der halbherzigen Novellie- bin auch gespannt, wie weit hier die CDU-Vorschläge ge- rung des kommunalen Wirtschaftsrechts im vergangenen hen und wo wir uns treffen werden. Jahr auch grundlegende Änderungen des Kommunalrechts angekündigt. Aber bisher wurde noch keinem Abgeord- Meine Damen und Herren, in den letzten Wochen wird neten solch ein Diskussionsangebot unterbreitet. Ich bin verstärkt über die Notwendigkeit von Gemeindeneuglie- gespannt, wie seitens der CDU die jüngst gemachten Äuße- derungen diskutiert. Wir haben für diese Plenarsitzung rungen und Auffassungen auch umgesetzt werden. Ich er- ja u.a. auch einen Antrag zur finanziellen Förderung von innere, Herr Fiedler ging auf die Konferenz am Sonn- freiwilligen Gemeindeneugliederungsmaßnahmen einge- abend ein, an die Aussage des Ministerpräsidenten ges- bracht. Doch neben einer solchen finanziellen Förderung tern Abend vor dem Thüringischen Landkreistag, wo wohl muss sich auch am rechtlichen Rahmen etwas Entschei- im 2. Halbjahr diesen Jahres noch mit einer Novelle zu dendes ändern. Hierzu zählt u.a. die Ausgestaltung der rechnen ist. Wir meinen, dass Thüringen ein modernes Ortschaftsverfassung. Es reicht nicht aus, dass nur die Kommunalrecht braucht, auch wenn Sie immer wieder Ortschaftsratsmitglieder analog der Gemeinderäte gewählt und sehr häufig betonen, dass die geltende Thüringer Kom- werden, wie die SPD vorschlägt, vielmehr müssen auch munalordnung ein solches modernes Kommunalrecht ist. die Rechte und Pflichten der Ortsbürgermeister und der Nach unserer Auffassung erfüllt sie in Gänze diesen An- Ortschaftsräte gestärkt werden. spruch nicht. (Zwischenruf Abg. Sonntag, CDU: Die Pro- Meine Damen und Herren, ich hatte bereits darauf ver- vinz, ...) wiesen, dass in einer Vielzahl von Punkten Übereinstim- mung zwischen den Positionen von SPD und PDS vor- Ich habe aber am vergangenen Sonnabend eigentlich handen ist. Es wird Sie, meine Damen und Herren von Töne gehört, die in diese Richtung gehen. Wir sind davon der CDU, deshalb sicher nicht überraschen, dass wir diese überzeugt, dass dadurch eine ganze Reihe von Vorbehal- Gesetzesinitiative auch unterstützen. Wir machen aber den- ten und Bedenken gegen die Bildung größerer Verwal- noch auf einige Unterschiede aufmerksam: So will die SPD tungseinheiten auf der gemeindlichen Ebene wegfallen die Teilhabemöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger am würden. Auch die Verwaltungsgemeinschaften, meine Da- Handeln der Kommunen stärken. Hierzu reicht aus unserer men und Herren, sind zu reformieren, wenn sie dauerhaft Sicht jedoch nicht aus, nur die Quoren zu senken. Vielmehr bestehen sollen. Es reicht nicht aus, bloß das Problem der muss auch der so genannte Negativkatalog sehr kritisch so genannten Doppelspitze zu lösen. Ich bin davon über- bewertet und neu definiert werden. Die meisten Bürger- zeugt, dass hier auch viele SPD-Kommunalpolitiker mehr begehren und -entscheide werden anderenfalls wegen der fordern. Dass die Ausgleichs- und Ergänzungsfunktion inhaltlichen Unzulässigkeit von vornherein scheitern. Die der Landkreise, die bis 1994 bestand, wieder eingeführt Folge wäre nicht ein Mehr an Demokratie, sondern Ent- wird, ist eine Notwendigkeit, die in der kommunalen Praxis täuschung und Abwendung von der Mitwirkung. Weiter- täglich belegt wird. hin will die SPD die Rechte der gewählten Räte stärken. Hier ist unverkennbar, dass der Gesetzentwurf durch SPD- Meine Damen und Herren, die Mehrheitsverhältnisse in Politiker erstellt wurde, die die Kommunalpolitik vorrangig diesem Haus sind bekannt. Es ist sicher nicht zu erwarten, aus der Sicht der Verwaltung kennen und letztlich auch dass die CDU-Mehrheit den Gesetzentwurf viel anders bewerten. Wir appellieren diesbezüglich an die SPD, die behandelt als Gesetzentwürfe der PDS. Ich würde mich Vertretung und die Verwaltung konsequent als gleichbe- freuen, wenn wir so optimistisch herangehen könnten rechtigte Organe einer Kommune anzusehen. Wenn dieser und würden, wie Herr Fiedler das heute deutlich gemacht Grundsatz angewendet wird, dann muss am SPD-Entwurf hatte. noch einiges nachgebessert werden, wir bieten auf jeden Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3621

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Sie wissen Erweiterung der Minderheitenrechte einer sorgfältigen Ab- doch, die ... haben es auch überwiesen.) wägung, da dies notwendigerweise zu Lasten der demokra- tisch legitimierten Mehrheit geht. Die vorgeschlagene Li- Ich sage nur, die Notwendigkeit ist gegeben, es ist jetzt beralisierung des kommunalen Wirtschaftsrechts greift sinnvoll, auch wirklich aktiv zu werden und ich kann ver- recht kurz. Erforderlich erscheint eine umfassendere No- sprechen, dass wir uns aktiv und auch konstruktiv betei- vellierung des kommunalen Wirtschaftsrechts, um der wirt- ligen. Danke. schaftlichen Betätigung der Kommunen eine zeitgemäße Grundlage zu geben. Allerdings ist die Landesregierung (Beifall bei der PDS) der Auffassung, dass es angesichts der Bedeutung dieses Bereichs einer breiteren Diskussion bedarf. Der Kollege Vizepräsidentin Dr. Klaubert: Fiedler hat ja ausgeführt, dass diese Diskussion im Gange ist, wahrscheinlich ist Frau Dr. Wildauer nicht bis zum Von den Abgeordneten liegen keine weiteren Redemel- Schluss geblieben am Wochenende, dann hätte sie sehr dungen vor, für die Landesregierung Innenminister ausführliche Hinweise bekommen können. Köckert, bitte. (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Schade Köckert, Innenminister: drum.)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Fraktion Die im SPD-Entwurf enthaltenen Vorschläge sind insoweit der SPD hat einen Gesetzentwurf zur Änderung der Thü- nichts Neues, da sie ja im Rückgriff auch auf die Ar- ringer Kommunalordnung vorgelegt und neben techni- beitsergebnisse dieser Arbeitsgruppe von 1997 - da sie schen Änderungen verfolgt der Gesetzentwurf zur Thü- diesen Rückgriff auch tut, sie mit einarbeitet und ein nicht ringer Kommunalordnung folgende Ziele: geringer Teil dieser Regelungen befindet sich auch in dem in der Erarbeitung befindlichen Regierungsentwurf. 1. Verschiebung des Kräfteverhältnisses zwischen den Ratsgremien und den kommunalen Spitzenbeamten zu Die Landesregierung wird Ihnen, meine sehr geehrten Gunsten des Ratsgremiums, Damen und Herren, noch in diesem Jahr einen eigenen fundierten Entwurf vorlegen. Wir werten zurzeit die unter- 2. Stärkung der Minderheitenrechte im Gemeinderat und schiedlichsten Beiträge und Vorschläge aus von Foren Kreistag; und anderen Veranstaltungen, aber auch diese Vorschläge, die heute von der SPD-Fraktion hier eingebracht werden. 3. Absenkung der Hürden bei plebiszitären Elementen Angesichts der Vielzahl der vorgeschlagenen Änderun- und gen, denke ich, brauche ich nicht auf einzelne Punkte ein- gehen. Die Landesregierung regt deshalb auch die Überwei- 4. die Liberalisierung des kommunalen Wirtschaftsrechts. sung dieses Vorschlags an die Ausschüsse an, wo man dann über die anderen Entwürfe gemeinsam diskutieren Der Gesetzentwurf greift im Hinblick auf die Vorschläge kann. zu technischen Änderungen auch Ergebnisse der Arbeits- gruppe auf, die im Jahr 1997 den technischen Novellie- Was die Änderung der Verfassung betrifft, so verweise rungsbedarf der Thüringer Kommunalordnung erörtert hat. ich hier nur noch einmal auf den Sachverhalt, dass wir Dieser Arbeitsgruppe gehörten unter Federführung des In- eine Verfassungsänderung allein zu diesem Zweck zum nenministeriums damals die kommunalen Spitzenverbän- jetzigen Zeitpunkt nicht für angebracht und auch in der de an. Mit ihrem Gesetzentwurf will die SPD-Fraktion ne- Sache nicht für angemessen halten. Es besteht derzeit keine ben technischen Regelungen auch Grundsätze der Thürin- dringende Notwendigkeit für eine Änderung der Verfas- ger Kommunalordnung verändern. Hier sieht die Landes- sung in dem beantragten Sinne. Ob im Rahmen etwaiger regierung erheblichen Diskussionsbedarf. Hinsichtlich der zukünftiger anstehender Verfassungsänderungen hier eine Erleichterung der Entscheidungsteilhabe der Bürgerschaft Änderung vorgenommen werden sollte, das wird dann sieht die Landesregierung Möglichkeiten, Veränderungen zu gegebener Zeit diskutiert werden. Ich will es nicht aus- vorzunehmen und Überlegungen hierzu werden in den Ge- schließen. Herzlichen Dank. setzentwurf der Landesregierung zur Änderung der Thürin- ger Kommunalordnung einfließen und dann sicherlich auch (Beifall bei der CDU) ausführlich diskutiert werden. Veränderungen im Macht- verhältnis zwischen dem kommunalen Spitzenbeamten und Vizepräsidentin Dr. Klaubert: dem Ratsgremium müssen wohl überlegt sein. So ist zu be- denken, dass beide Organe über die gleiche demokrati- Damit kann ich die Aussprache schließen zu den Tages- sche Legitimation verfügen. Ebenso wie die kommunale ordnungspunkten 6 und 7, ich werde aber die Abstim- Vertretung wird auch der kommunale Spitzenbeamte di- mung über die Ausschussüberweisung getrennt vorneh- rekt von den Bürgern gewählt. Ebenso bedarf die Ver- men. Als Erstes stimmen wir ab über den Antrag, die schiebung der Gewichte innerhalb der Vertretung durch Drucksache 3/1596 - Zweites Gesetz zur Änderung der 3622 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

Verfassung des Freistaats Thüringen - an den Innenaus- tags stelle ich für die Landesregierung in der ersten Be- schuss zu überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte ich ratung die Grundzüge dieses Entwurfs vor. um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Danke schön. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist Lassen Sie mich aber vorweg eine Anmerkung zum Rich- nicht der Fall. Mit einer Mehrheit von Gegenstimmen ist tergesetz machen, das jetzt novelliert werden soll, also zu die Ausschussüberweisung abgelehnt. dem geltenden Richtergesetz. Dieses Gesetz hat sich gut bewährt. Dies gilt sowohl für die schwierige Phase des Wer der Überweisung an den Justizausschuss zustimmt, Aufbaus der Justiz als auch - lassen Sie mich dies so for- den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die mulieren - in der Normalität des Alltags. Wenn es gleich- Gegenstimmen bitte. Danke. Gibt es Stimmenthaltungen? wohl nach sieben Jahren an der Zeit ist, eine Novellie- Stimmenthaltungen gibt es nicht. Mit einer Mehrheit von rung des Richtergesetzes zu betreiben, so ist der Grund Gegenstimmen ist diese Überweisung auch abgelehnt. zum einen das Dienstrechtsreformgesetz, dessen Rege- lungen über Teilzeitbeschäftigung und Altersteilzeit nun Ich komme nun zum Überweisungsantrag zum Vierten auch für die Richter und Staatsanwälte in das Landesrecht Gesetz zur Änderung der Thüringer Kommunalordnung, übernommen werden, zum anderen haben wir die Vorschlä- Gesetzentwurf der Fraktion der SPD in Drucksache 3/1597 ge der Richter- und Staatsanwaltsvertretungen und Verbän- an den Innenausschuss. Wer dem zustimmt, den bitte ich de aufgegriffen, das Richtergesetz zu überarbeiten und die jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es Gegen- Mitwirkungsrechte der Richter und Staatsanwälte auszu- stimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthal- weiten. Das Ergebnis ist der vorliegende Entwurf, der das tungen? Das ist auch nicht der Fall. Damit ist das ein- Richtergesetz, das Richterrecht in Thüringen zeitgemäß stimmig geschehen. fortentwickelt. Er trägt sowohl den berechtigten Belangen der Richter und Staatsanwälte als auch den Erfordernissen Wer der Überweisung an den Justizausschuss zustimmt, der Justizverwaltung Rechnung. Der Gesetzentwurf wurde den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt nach sehr intensiven und ausführlichen Beratungen mit es Gegenstimmen? Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist den Richterräten und dem Staatsanwaltsrat sowie den Be- in beiden Fällen nicht der Fall. Auch diese Überweisung rufsverbänden der Richter und Staatsanwälte ausgearbei- ist einstimmig. tet. Wenn auch nicht allen vorgebrachten Wünschen und Anregungen gefolgt werden konnte, so hat es doch eine Wer der Federführung beim Justizausschuss zustimmt, Vielzahl Veränderungen gegeben, die zum Teil auch auf den bitte ich jetzt um das Handzeichen. die Erkenntnisse bei den Anhörungen zurückgehen.

(Zuruf Abg. Stauch, CDU: Beim Innen- Meine Damen und Herren, lassen Sie mich kurz die we- ausschuss!) sentlichen Regelungen des Gesetzentwurfs vorstellen.

Beim Innenausschuss. Wer der Federführung beim Innen- Erstens: Die Zusammensetzung des Richterwahlausschus- ausschuss zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzei- ses soll geändert werden. Nach dem bisherigen § 14 setzt chen. Danke. Gibt es Gegenstimmen. Das ist nicht der Fall. sich der Richterwahlausschuss aus acht vom Landtag Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. berufenen Abgeordneten und dem Präsidenten des Ober- Damit liegt die Federführung beim Innenausschuss und landesgerichts, des Oberverwaltungsgerichts und des Lan- ich schließe die Tagesordnungspunkte 6 und 7. desarbeitsgerichts sowie dem Präsidenten der Rechtsan- waltskammer zusammen. Nach dem neuen § 14 sollen auf Ich komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 8 Anregungen der Richterverbände im Richterwahlausschuss die Richter unmittelbar beteiligt werden. Zukünftig sollen Erstes Gesetz zur Änderung des drei unmittelbar gewählte Richter dem Richterwahlaus- Thüringer Richtergesetzes schuss angehören. Mit der Aufnahme gewählter Richter in Gesetzentwurf der Landesregierung den Richterwahlausschuss wird einer zentralen Forderung - Drucksache 3/1642 - der Richterverbände und Richtervertretungen entsprochen. ERSTE BERATUNG Zwei der richterlichen Mitglieder sollen dem Richterwahl- ausschuss als ständige Mitglieder angehören, ein weiteres Minister Birkmann hat Begründung gewünscht. Bitte richterliches Mitglied kommt als nicht ständiges Mitglied schön. aus dem Gerichtszweig hinzu, dem der zu ernennende Rich- ter angehört. Dasselbe gilt für den Präsidenten des Gerichts- Dr. Birkmann, Justizminister: zweigs, für dessen Gerichtsbarkeit die Berufung zum Rich- ter auf Lebenszeit anstellt. Hierdurch wird sichergestellt, Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren dass die Fachkompetenz des zuständigen Chefpräsidenten Abgeordneten, die Landesregierung legt dem Thüringer in die Entscheidung des Richterwahlausschusses einflie- Landtag heute den Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Än- ßen kann. derung des Thüringer Richtergesetzes zur Beratung vor. Gemäß § 56 der Geschäftsordnung des Thüringer Land- Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3623

Ebenfalls einer weiteren wesentlichen Forderung der Rich- (Zwischenruf Abg. O. Kretschmer, SPD: ... tervertretungen und Richterverbände entspricht die im Ent- der Staatssekretär.) wurf vorgesehene Direktwahl der richterlichen Mitglieder durch die Richterschaft selbst, jetzt geregelt in § 15 a. und ich muss sagen, da gab es zwar eine Änderung in Danach werden die richterlichen Mitglieder des Richter- der Bestimmung, aber die beschränkte sich darauf, dass wahlausschusses von den Richtern im Landesdienst der Begriff "Justizministerium" ersetzt wurde durch "den unmittelbar gewählt. für Justizangelegenheiten zuständigen Minister" und im Üb- rigen gab es keine Veränderung zu dieser Bestimmung. Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit auch kurz auf Ich fände es gut, wenn Sie Kritik üben, dass Sie dann auch die vereinzelt erhobene Forderung eingehen, den Richter- den Tatsachen entsprechende Feststellungen treffen. wahlauschuss paritätisch mit Richtern und Abgeordneten zu besetzen. Die Landesregierung ist dieser Anregung Zweitens: Von besonderer Bedeutung, insbesondere für die nicht gefolgt, weil sie der Auffassung ist, dass dies dem Richter- und Staatsanwaltsvertretungen, sind die Betei- Sinn und der Bedeutung des Richterwahlausschusses nicht ligungsrechte. Diese werden durch den vorliegenden gerecht wird. Der Richterwahlausschuss ist kein Gremium Entwurf für die Richter und Staatsanwälte erweitert. Bei richterlicher Interessenvertretung. Durch den Richterwahl- der Frage der Ausgestaltung von Beteiligungsrechten ist ausschuss und seine Beteiligung an der Ernennung von die besondere Rechtsstellung der Richter zu berücksich- Richtern auf Lebenszeit soll vielmehr die demokratische tigen. Die Rechtsstellung der Richter und ihr Status ist Legitimation der dritten Gewalt bekräftigt werden. Von da- geprägt von der ihnen nach Bundes- und Landesverfas- her ist die Zusammensetzung mit acht Abgeordneten rich- sungsrecht zustehenden persönlichen und sachlichen Unab- tig und sinnvoll. Hinzu kommt, dass eine derartige Neure- hängigkeit. Diese wird auf vielfältige Weise gesichert, unter gelung eine Änderung der Thüringer Verfassung voraus- anderem durch die Vorschriften im Gerichtsverfassungs- setzen würde, denn Artikel 89 der Thüringer Verfassung gesetz, dem Deutschen Richtergesetz und dem Landes- bestimmt, dass zwei Drittel der Mitglieder des Richterwahl- richtergesetz. ausschusses vom Landtag gewählt werden. Gleiches gilt für eine Veränderung der Aufgaben des Richterwahlausschus- Lassen Sie mich konkret werden. So regelt beispiels- ses. Auch hier wäre eine Verfassungsänderung erforder- weise das Gerichtsverfassungsgesetz, dass das von den lich. Dies ist ein wesentlicher Grund dafür, wenn auch Richtern selbst gewählte Präsidium eines Gerichts über nicht der einzige, warum die Landesregierung die Auf- die Besetzung der Spruchkörper und die Verteilung der gaben des Richterwahlausschusses unverändert lassen will. Geschäfte entscheidet. Die Richter bestimmen also mit Der Richterwahlausschuss soll auch weiterhin an der Er- über die Verteilung ihrer Arbeit, wer welche Aufgaben nennung der Richter auf Lebenszeit mitwirken. Ich be- in welchem Dezernat zu erfüllen hat und darüber, wer in tone an dieser Stelle noch einmal, was ich bereits wieder- welchem Spruchkörper eingesetzt wird. Die Richter haben holt, zuletzt bei der ersten Lesung des SPD-Entwurfs, aus- keine festen Dienstzeiten. Sie unterliegen nur eingeschränkt geführt habe: Die Landesregierung ist der Überzeugung, der Dienstaufsicht und können praktisch nicht gegen ih- dass Verfassungsänderungen nicht ohne zwingenden Grund ren Willen abgeordnet oder versetzt werden. Hinzu kommt vorgenommen werden sollten. Ein zwingender Grund für die Vertretung über die Richterräte und Präsidialräte. Die die Veränderung der Aufgaben des Richterwahlausschus- Richterräte sind zuständig für die Beteiligungen an allge- ses ist jedoch nicht erkennbar. Und ich erinnere an die meinen und sozialen Angelegenheiten. Die darüber hinaus Ausführungen des Herrn Abgeordneten Fiedler soeben eingerichteten Präsidialräte sind bei Beförderungen zu zum Tagesordnungspunkt 6. Er hat gesagt, die Verfas- beteiligen. sung ist ein hohes Gut und das sollte man nur ändern, wenn es wirklich an der Zeit ist. Wie gesagt, einen sol- Meine Damen und Herren, man erkennt also, gegenüber chen zwingenden Grund sehen wir aus der von mir be- den sonstigen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes wird schriebenen Aufgabe des Richterwahlausschusses nicht. den Richtern zur Absicherung ihrer Unabhängigkeit bereits ein erhebliches Mehr an Teilhabe gewährt. Diese Aus- Nun habe ich heute Morgen der Südthüringer Zeitung ent- gangslage vor Augen, sieht der Entwurf gleichwohl eine nommen, dass Herr Abgeordneter Kretschmer hier einen Erweiterung der Beteiligungsrechte der Richter und Staats- Rückschritt im Vergleich zum bestehenden Gesetz sieht anwälte vor. Die Aufgaben für den Richterrat werden zu- und auch wieder die Ausweitung der Aufgaben des Rich- künftig in einem Katalog mit 22 Beteiligungstatbestän- terwahlausschusses eingefordert hat. Herr Abgeordneter den abschließend in § 39 festgelegt. Zugleich dient dies Kretschmer, ich habe noch einmal nachgeschaut, in der der Rechtssicherheit. Der im Entwurf vorgesehene Katalog Tat ist es so, dass die Formulierung, die wir haben, der orientiert sich an den Regelungen des neuen Thüringer entspricht, die auch bisher in der geltenden Fassung war, Personalvertretungsgesetzes in der Fassung, die Ihnen heute insofern kann man wohl nicht von einem Rückschritt zur abschließenden Abstimmung vorgelegen hat. Aller- sprechen. Im Übrigen habe ich einmal nachgeschaut, was dings betone ich hier, was ich bereits aus Anlass der Be- Sie denn in der Zeit vor mir konzipiert hatten im Justiz- ratung des SPD-Entwurfs im vergangenen Monat an dieser ministerium Stelle ausgeführt habe: Aus der Sicht der Landesregierung ist kein Grund ersichtlich, warum den Richtern weiter 3624 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 gehende Mitwirkungsrechte als der Gruppe der Beamten Beurlaubung § 10 den Vorgaben des Deutschen Richter- und Arbeitnehmer zugestanden werden sollen. gesetzes folgend umgesetzt. Dies führt zu mehr Flexibilität beim Personaleinsatz und trägt den individuellen Bedürf- (Zwischenruf Abg. O. Kretschmer, SPD: Der nissen der Richter und Staatsanwälte im Rahmen des Mög- Unabhängigkeit wegen.) lichen Rechnung. Dadurch wird auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter verbessert. Hinzu kommt, dass Ich habe versucht darzulegen, wie zusätzlich durch unsere Richter nunmehr auch von den Möglichkeiten der Alters- Verfassung und durch unsere gesetzlichen Bestimmun- teilzeit Gebrauch machen können, geregelt in § 10 b. gen im Bundes- und Landesrecht die richterliche Unab- hängigkeit weitgehend schon gestützt ist. Deswegen hat Meine Damen und Herren Abgeordneten, dem Landtag die Landesregierung auch davon Abstand genommen, sol- liegen nunmehr mit dem heute eingebrachten Gesetzent- che Beteiligungsbestände aufzunehmen, die keine Ent- wurf der Landesregierung insgesamt drei Änderungsge- sprechung im Thüringer Personalvertretungsgesetz finden. setze zum Richtergesetz vor. Wir werden, wenn dies der Ebenfalls zugeschnitten auf die besondere Rechtsstellung Landtag heute so beschließt, im zuständigen Justizaus- der Richter ist das im Entwurf vorgesehene Beteiligungs- schuss Gelegenheit haben, die Entwürfe und Vorschläge verfahren. sorgfältig zu prüfen und zu erörtern. Es wird Sie nicht wundern, dass ich für die Landesregierung in Anspruch Drittens: Mit der Bildung des gemeinsamen Ausschusses nehme, dass der vorgelegte Regierungsentwurf die ausge- wurde einer weiteren wesentlichen Forderung der Richter- wogene gesetzliche Neuregelung zum Inhalt hat, die auf der und Staatsanwaltsvertretungen und -verbände entsprochen. einen Seite den Interessen der Richter und Staatsanwälte Die Hauptrichterräte, der Richterrat beim Finanzgericht auf weiter gehende Mitwirkung gerecht wird, auf der an- und der Hauptstaatsanwaltsrat bilden zukünftig einen ge- deren Seite aber auch dem öffentlichen Interesse an einer meinsamen Ausschuss, geregelt in § 40 a. Zu diesem ge- effizienten, handlungsfähigen und unabhängigen Justiz meinsamen Ausschuss entsendet jede Richtervertretung Rechnung trägt. Ich freue mich auf eine sachliche Dis- und der Hauptstaatsanwaltsrat je ein Mitglied. Werden Ver- kussion im Ausschuss. Danke schön. waltungsanordnungen für die innerdienstlichen sozialen Angelegenheiten vorbereitet, die gleichermaßen Richter (Beifall bei der CDU) und Staatsanwälte betreffen und die einheitlich geregelt werden sollen, ist der gemeinsame Ausschuss anzuhören. Vizepräsidentin Dr. Klaubert: Mit der gesetzlichen Verankerung des gemeinsamen Aus- schusses findet die bereits bislang von den Hauptrichter- Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat sich zu räten und dem Richterrat beim Thüringer Finanzgericht Wort gemeldet der Abgeordnete Dr. Koch, PDS-Fraktion. sowie dem Hauptstaatsanwaltsrat praktizierte Zusammen- arbeit ihre Anerkennung. Abgeordneter Dr. Koch, PDS:

Viertens: Die Verpflichtung, die Bewerber um Richter- Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, und Staatsanwaltsämter auf Lebenszeit durch Ausschrei- in Erwiderung auf unseren Gesetzentwurf zur Änderung bungen zu ermitteln, findet in § 3 des Entwurfs ihre Klar- des Richtergesetzes sagte Minister Dr. Birkmann vor stellung. Da es nach bisherigem Recht nicht völlig zwei- zwei bis drei Monaten - Frau Präsidentin, gestatten Sie, felsfrei war, ob Richter- und Staatsanwaltsämter auch dass ich zitiere? - ich zitiere Minister Dr. Birkmann: "Ich dann auszuschreiben sind, wenn sie bereits unterwertig möchte an dieser Stelle ausdrücklich betonen, dass ich besetzt sind, wird nunmehr im Sinne einer eindeutigen Wert darauf lege, dass nach Möglichkeit ein Konsens ge- Formulierung auf den Begriff des "statusrechtlichen Amts" schaffen wird mit den Richtervertretungen und den Rich- abgestellt. terräten, insbesondere - das muss ich an dieser Stelle auch einmal sagen - mit dem Deutschen Richterbund." Fünftens: Eine Änderung sollen auch die Vorschriften über die Richterdienstgerichte erfahren. Dabei handelt es In meiner Rede zum Gesetzentwurf der SPD-Fraktion hatte sich um Anpassungen an das Deutsche Richtergesetz § 51 ich meine Besorgnis zum Ausdruck gebracht, der Minister Abs. 1 des Entwurfs und Regelungen über die Zusam- werde diesen Anspruch nicht ausfüllen, er werde diesem mensetzung der Richterdienstgerichte §§ 55 und 56 des Anspruch nicht gerecht werden können. Meine Rede hat Entwurfs. er als persönliche Diffamierung gewertet, ohne allerdings meine Besorgnis ausräumen zu können. Ich denke auch Sechstens: Der Entwurf schöpft die Möglichkeiten des aus heutiger Sicht - und in der Rückschau ist man ja im- Dienstrechtsreformgesetzes aus. In den §§ 9 bis 10 c des mer noch ein Stückchen klüger - sagen zu können, diese Entwurfs werden die Bestimmungen über die Ermäßi- Besorgnis war angebracht. Bereits in der einleitenden Be- gung des Dienstes und Beurlaubung § 9, die Beurlau- gründung zum Referentenentwurf unter Buchstabe A be- bung aus Arbeitsmarktgründen § 10, die Teilzeitbeschäfti- fand sich die Feststellung, dass die Kritik an dem als un- gung § 10 a und das Verbot von Benachteiligungen bei befriedigend geltenden Rechtszustand, wonach die Beteili- der Inanspruchnahme von Teilzeitbeschäftigungen und gungsrechte der Richtervertretung nicht über das im Deut- Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3625 schen Richtergesetz vorgegebene Mindestniveau hinaus- Abgeordneter O. Kretschmer, SPD: gingen, der Anlass für die beabsichtigte Gesetzesnovel- lierung sei. Wenn man dann in dem Referentenentwurf Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, blätterte, konnte man mit Erstaunen feststellen, dass ent- der Gesetzentwurf der Landesregierung, den wir heute in gegen der einleitenden Ankündigung keine Verbesserung erster Lesung beraten, ist - das kann man meines Erach- am geltenden Rechtszustand vorgesehen war, im Gegen- tens mit Fug und Recht sagen - nicht der große Wurf, nicht teil, der Gesetzentwurf beinhaltete bei den Regelungen der der große Wurf in Richtung auf mehr Mitbestimmung, Mit- Richtervertretungen einschneidende Verschlechterungen wirkung und Mitverantwortung der Thüringer Richter und der geltenden Rechtslage. Ins Auge sprang sofort der neu Staatsanwälte bei der Gestaltung einer modernen und leis- gefasste § 44, mit dem die bisherige Regelung, die eine Ab- tungsfähigen Justiz in Thüringen. Er hat deshalb bei den stufung in ein Verfahren der vollen und eingeschränkten Richterinnen und Richtern sowie bei den Staatsanwäl- Beteiligung sowie in ein Mitwirkungsverfahren vorsieht, tinnen und Staatsanwälten unseres Freistaats in den we- durch ein einheitliches Mitwirkungsverfahren ersetzt wer- sentlichen Punkten heftige Kritik hervorgerufen bis hin zur den sollte. Nun klingt das ja zunächst erst einmal gut, aber, unverhohlenen Androhung, notfalls eine verfassungsge- meine Damen und Herren, eine qualifizierte Mitbestim- richtliche Überprüfung herbeizuführen. mung, d.h., ein Beteiligungsverfahren, das im Fall der Nichteinigung zwischen Dienststelle und Richterrat ein Die Richterinnen und Richter haben nicht - das will ich Einigungsverfahren vorsah, sollte es danach im Bereich gleich auf die Vorworte des Ministers antworten - weit- der Richtervertretung nicht mehr geben. Leider muss ich gehend zugestimmt, sondern sie haben wörtlich ausgeführt, nunmehr feststellen, dass ich die Gründe für meine Be- enttäuschend sei dieser Entwurf und weiterhin eine Ver- sorgnis durch den vorliegenden Gesetzentwurf bestätigt schlechterung, ich sage nicht Reduzierung, eine Ver- finde. Beim Verfahren der Beteiligung der Richterräte fin- schlechterung gegenüber der bisherigen Rechtslage stelle den wir just die gleiche neue Vorschrift des § 44 wieder, dieser Entwurf dar. die bereits im Ministeriumsentwurf vorgesehen war. Der Minister wähnte dies hier bei der Vorstellung seines Ge- Um es gleich vorweg zu sagen, meine Damen und Herren, setzentwurfs als ein Mehr an Rechten. Ich sage, es ist ein ich schließe mich gemeinsam mit meiner Fraktion dieser Weniger an Rechten. Der Minister wertet den abschließen- Beurteilung der Betroffenen an. Und ich füge hinzu, es den Katalog der Regelungen in § 39 als ein Mehr an Rech- handelt sich bei den Betroffenen um Richter und Staats- ten, ich sage, es ist ein Weniger an Rechten. anwälte, um Rechtssachverständige, um Personen, die erst nach eingehender Prüfung der Sach- und Rechtslage ein (Beifall Abg. Dittes, PDS) Urteil fällen, eine Entscheidung treffen, mit Sicherheit also nicht um Heißsporne, die im Affekt handeln. Diese zum Ich sollte mich daher nicht wundern, wenn die Richter- Teil sehr heftige Kritik aus den Reihen der Richterschaft und Staatsanwaltsvertretungen das ähnlich sehen wie und der Staatsanwälte sollten wir, meine Damen und Her- ich, dass es einen Sturm der Entrüstung geben wird bei ren, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, auch aus die- der Diskussion dieses Entwurfs. sem Grunde bei unseren weiteren Beratungen sehr sorg- fältig beachten. Im Übrigen aber wiederhole ich noch- Über die weiteren Dissenspunkte hinsichtlich der Zu- mals meinen Appell aus den Beratungen vom 17. Mai zur ständigkeit des Richterwahlausschusses, dem Präsidial- Mäßigung der ersten Gewalt im Umgang mit der Judika- ratsverfahren und der Einrichtung eines Landesrichter- und tive, der dritten Gewalt. Staatsanwaltsrates haben sich der Kollege Kretschmer und ich bereits aus Anlass der Einbringung der Gesetzentwürfe Kommen wir zu den einzelnen Vorschriften. Wir stimmen, der PDS und der SPD geäußert. Ich möchte dies daher an meine Damen und Herren, fraktionsübergreifend darin dieser Stelle nicht wiederholen. Ich wünsche allerdings, überein, das Thüringer Richtergesetz muss novelliert wer- Minister Dr. Birkmann möge im Verlauf der Beratungen den nach sieben Jahren Praxis, die vom Aufbau einer dieses Gesetzentwurfs noch zu später Einsicht gelangen rechtsstaatlichen Justiz geprägt sind und waren. Das Ge- und dazu fähig sein, über seinen Schatten zu springen. setz, da sind wir uns auch einig, hat sich bewährt. Aber Allein, ich befürchte, es wird nicht passieren. wir haben eine neue Zeit. Und deshalb, meine Damen und Herren, zusätzlich zum Richtergesetz hält die SPD-Fraktion (Beifall bei der PDS) darüber hinaus, und das in Übereinstimmung, in ausdrück- licher Übereinstimmung mit den Richtern und Staatsan- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: wälten, auch weiterhin unverrückbar daran fest, dass die Verfassungsnorm des Artikel 89 Abs. 2 erweitert werden Für die SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Kretschmer muss, nicht nur erweitert in Richtung auf eine Teilhabe zu Wort gemeldet. der Richter und Staatsanwälte an wesentlichen Entschei- dungen im Bereich des Verfassungsorgans Judikative, vor allem aber auch an einem Ausbau der Mitwirkung des Richterwahlausschusses an den wesentlichen Personalent- scheidungen. Auch hier geht es um mehr Transparenz. Die 3626 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 jetzige Regelung, meine Damen und Herren, das hat die nung insbesondere der Staatsanwälte. Praxis bewiesen, kann allenfalls als Placebo bezeichnet werden. Aus der sehr umfangreichen Stellungnahme des gemein- samen Ausschusses der Hauptrichterräte und des Haupt- Die im Regierungsentwurf vorgeschlagenen Regelungen staatsanwaltsrats vom 25. 05. dieses Jahres lese ich, dass des Thüringer Richtergesetzes laufen, und das muss man diese Seite bereits an eine verfassungsgerichtliche Über- leider feststellen, in ihrer Gesamtheit auf eine Verschlechte- prüfung denkt. Ich warne inständig davor, es zu einer der- rung - wie die Richter und Staatsanwälte in ihrer Stellung- artigen Auseinandersetzung zwischen Landesregierung und nahme ausgeführt haben - der gegenwärtigen Rechtslage Richterschaft kommen zu lassen, und zwar sehenden Auges hinaus. Da stimmt die SPD-Fraktion voll inhaltlich mit den kommen zu lassen. Ich warne davor, diese Konfrontation Thüringer Richtern und Staatsanwälten überein. überhaupt in die Überlegung mit einzubeziehen. Ich weise in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Sächsi- Ich will angesichts der Tatsache, dass wir uns in der ersten sche Verfassungsgerichtshof, wie heute ja schon angespro- Lesung des Entwurfs befinden, nur auf einige wesentli- chen worden ist, mit überzeugenden Gründen im Februar che Punkte eingehen. Eine eingehende Diskussion der si- dieses Jahres inhaltlich gleiche Regelungen des Personal- cherlich anspruchsvollen Materie soll im Justizausschuss vertretungsgesetzes von Sachsen für nichtig erklärt hat. stattfinden. Der Entwurf berücksichtigt nach wie vor nicht in vollem Umfang die seit langem in der Diskussion be- Fassen wir also zusammen, meine Damen und Herren, findliche, übrigens auch von den Richtern und Staatsan- der Entwurf sollte gemeinsam mit den bereits vorliegen- wälten geforderte Schaffung eines gemeinsamen Landes- den Entwürfen im Justizausschuss eingehend beraten wer- richter- und Landesstaatsanwaltsrats als Stufenvertretung, den. Die SPD-Fraktion beantragt deshalb die Überweisung als echte Stufenvertretung beim Justizministerium, sondern des vorliegenden Gesetzentwurfs an den Justizausschuss. anstatt der derzeitigen Einrichtung, dass eben nicht sechs Danke schön. Einzelvertretungen angehört werden müssen. (Beifall bei der SPD) Es ist natürlich klar, eine Bündelung der Interessenver- tretungen soll verhindert werden. Ich gebe zu, Herr Minis- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: ter, Sie haben den § 40 a vorgeschlagen, aber ich sage, das ist ein Aliud. Insoweit wird sicherlich die weitere Prüfung Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Wolf notwendig sein. Ich gehe davon aus, dass wir im Ausschuss zu Wort gemeldet. insbesondere die Betroffenen noch einmal anhören und deren Meinung dazu hören werden. Ich halte es für not- Abgeordneter B. Wolf, CDU: wendig, insbesondere in Anbetracht der Spezialität die- ser Materie. Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es ist jetzt weit nach 12.30 Uhr. Als jemand, der mal um vernünf- Kommen wir aber zu einem anderen Punkt: Das in § 44 tige Regelungen zur Redezeit gekämpft hat, gestatten Sie des Entwurfs geregelte Beteiligungsverfahren der Richter- mir deswegen vielleicht doch die eine Bemerkung. Wir vertretungen in der Minimalform der Erörterungspflicht hätten jetzt, wenn wir die Tagesordnungspunkte 1 bis 7 so muss den Protest der Richter und Staatsanwälte hervor- abgearbeitet hätten, wie es die Tagesordnung vorgesehen rufen. Durch eine abweichende Regelung zum Thüringer hat, 15 Stunden und 25 Minuten Debattenzeit hinter uns Personalvertretungsgesetz soll hier eine absolute Ver- gebracht. Wir haben aber die Punkte 1 bis 7 in drei Stunden schlechterung der gegenwärtigen Mitbestimmungssitua- und 10 Minuten hinter uns gebracht. tion, speziell für Richter und Staatsanwälte, herbeigeführt werden. Insoweit sind Ihre Ausführungen, Herr Minister, (Unruhe bei der SPD) nicht völlig nachvollziehbar, denn Sie haben die Staatsan- wälte da irgendwie vergessen bei Ihrer Argumentation. So weit nur mal zu dem Popanz, der von Seiten der PDS und der SPD zur Änderung der Geschäftsordnung auf- Ich sehe für diese höchst einschneidende, ja willkürliche geblasen wurde. Maßnahme, keinen vernünftigen Grund. Ich kann nur war- nen, auf diesem Weg weiter zu gehen. Es handelt sich um (Beifall bei der CDU) ein Zurückschneiden von demokratischen Rechten, wie sie in Artikel 37 Abs. 3 unserer Verfassung festgeschrie- Aber zum eigentlichen Thema. Wie bereits in den ver- ben sind. gangenen Sitzungen angekündigt, liegt uns heute in der Drucksache 3/1642 der Gesetzentwurf zur ersten Änderung (Beifall Abg. Schemmel, SPD) des Thüringer Richtergesetzes vor. Ich sage ausdrücklich, es ist der Gesetzentwurf zur ersten Änderung des vorliegen- Diese Reduzierung dann auch noch mit der richterlichen den Thüringer Richtergesetzes und auch gegen das jetzt Unabhängigkeit zu rechtfertigen, ist nicht nur völlig ab- geltende Richtergesetz hat noch niemand geklagt. Das wegig, sondern letztlich eine Verhöhnung, eine Verhöh- vielleicht noch mal als Anmerkung an den Kollegen Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3627

Kretschmer, der auch für das geltende Recht ja eine ganze - Entschuldigung die SPD hat es nicht gefordert - aber die Zeit lang Verantwortung getragen hat. Wir gehen heute PDS hat es gefordert, den Richterwahlausschuss paritä- weit über das geltende Recht mit dem vorliegenden Ent- tisch mit Richtern und Abgeordneten zu besetzen. Wie ich wurf hinaus. meine, aus guten Gründen ist dies im Entwurf der Lan- desregierung nicht enthalten. Bei allem Respekt vor den (Beifall bei der CDU) richterlichen Mitgliedern des Richterwahlausschusses ist nach unserer Landesverfassung der Richterwahlausschuss Die Beziehungen zum Personalvertretungsgesetz lassen eben kein Instrument der richterlichen Interessenvertretung. den Termin der heutigen Einbringung nach Verabschie- Die demokratische Legitimation können die auf Lebens- dung des geänderten Personalvertretungsgesetzes als sehr zeit ernannten Richter nur von der Legislative, von den günstig erscheinen. gewählten Abgeordneten des Thüringer Landtags erhal- ten. Deshalb geht es nicht an, die Zahl der Abgeordneten Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit der Vor- im Richterwahlausschuss herabzusetzen. lage des Gesetzentwurfs zur Novellierung des Thüringer Richtergesetzes zeigt die Landesregierung auch auf dem Aber auch die Forderung der PDS, die Verfassung zu än- Felde der Justizpolitik ihre Handlungsfähigkeit. Der Justiz- dern, weise ich erneut zurück. Meine Fraktion ist nicht be- minister hat in seiner Einbringungsrede sehr ausführlich reit, ohne zwingenden Grund den regelmäßigen Forderun- dargelegt, worum es dabei in der Sache im Wesentlichen gen der Opposition, sei es nun von SPD oder PDS, nachzu- geht. Zum einen werden die Möglichkeiten, die das Dienst- kommen, unsere Verfassung regelmäßig zur Disposition zu rechtsreformgesetz mit sich gebracht hat, hiermit voll in stellen. Wir begrüßen, dass nach dem Entwurf der Lan- unser Landesrecht umgesetzt. Wir haben vorhin gehört, desregierung die drei richterlichen Mitglieder des Richter- dass jetzt auch für Beamte Teilzeit möglich ist, dass Al- wahlausschusses unmittelbar von den Richtern gewählt tersteilzeit möglich ist. All dieses findet sich in dem uns werden. Das ist demokratisch und schafft auch wesent- vorliegenden Gesetzentwurf wieder. lich mehr Transparenz und vor allen Dingen auch Ver- trauen in die gewählten Vertreter der Richterschaft. Zum anderen werden die Beteiligungsrechte der Richter und Staatsanwälte angemessen erweitert. Sicherlich nicht Sachgerecht ist es auch, dass weiterhin der für die jeweilige so weit, wie es sich SPD oder PDS an der einen oder an- Gerichtsbarkeit verantwortliche Chefpräsident im Richter- deren Stelle wünschen, aber ein Kompromiss heißt, dass es wahlausschuss vertreten ist, denn auch künftig wollen wir ein Kompromiss ist und nicht unbedingt die vollständige nicht auf seinen Sachverstand verzichten. Es überrascht Übernahme des Standpunkts der einen oder anderen Seite. auch nicht, dass gerade die PDS die Kompetenzen des Der Kompromiss ist eigentlich immer dann am besten, Richterwahlausschusses ausweiten möchte. Das Motiv ist wenn beide Seiten nicht so ganz zufrieden sind. sicher durchsichtig. Die Einflussnahme auf Personalent- scheidungen unter politischen Aspekten, das wollen wir, Zunächst ist einmal festzuhalten, dass die Landesregie- wir als CDU-Fraktion, nicht. Das lehnen wir ab. rung diesen Entwurf, wie auch in den vergangenen Sit- zungen schon angekündigt, nach intensiver Beratung mit (Zwischenruf Abg. Gerstenberger, PDS: Wir den Richter- und Staatsanwaltsvertretungen und den Ver- erst recht!) bänden noch in der ersten Hälfte dieser laufenden Legis- laturperiode dem Landtag vorlegt. Es ist die Bemerkung Meine Fraktion spricht sich nachdrücklich gegen alle erlaubt, der Amtsvorgänger des heutigen Justizministers hat Überlegungen aus, die eine Gefahr der Politisierung der es in seiner gesamten Amtszeit nicht geschafft, einen ent- Arbeit des Richterwahlausschusses mit sich bringen könnte. sprechenden Entwurf vorzulegen. Ich bedaure es deshalb sehr, dass die SPD nunmehr eben- falls diese Forderung erhebt. Das ist umso erstaunlicher, (Zwischenruf Abg. O. Kretschmer, SPD: weil der ehemalige Justizminister während seiner Amts- Ganz anders als...) zeit die Zuständigkeit des Richterwahlausschusses nicht verändern wollte. Er sah offensichtlich in der Regierungs- Lassen sie mich für die CDU-Fraktion drei wesentliche verantwortung keinen sachlichen Grund für eine Verfas- Punkte ansprechen, die mit der Novellierung einer Neu- sungsänderung. Diese Auffassung vertritt als alleinige regelung zugeführt werden sollen. Fraktion die CDU-Fraktion auch heute noch. Die Beteili- gung des Richterwahlausschusses bei der Berufung der Zum Ersten - die Zusammensetzung des Richterwahlaus- Richter in das Richterverhältnis auf Lebenszeit hat sich schusses und dessen Aufgaben: bewährt. Sie bedeutet, dass ein Richter auf Probe, der dann nicht die Zustimmung des Richterwahlausschusses findet, Für meine Fraktion begrüße ich ausdrücklich, dass auch zu entlassen ist, weil nach den Bestimmungen des Deut- zukünftig zwei Drittel der Mitglieder des Richterwahlaus- schen Richtergesetzes - zum Nachlesen § 22 Abs. 2 Nr. 2 schusses Abgeordnete sein sollen. Damit würde der Forde- des Deutschen Richtergesetzes - das fehlende Vertrauen rung, die in den letzten Sitzungen sowohl von Seiten der des Richterwahlausschusses in die Person des Richters PDS als auch von Seiten der SPD, speziell von der PDS einen Entlassungsgrund darstellt. Eine vergleichbare Rege- 3628 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 lung für Staatsanwälte gibt es aber nicht, so dass Staatsan- gaben nur durch Beschluss des Präsidiums übertragen wer- wälte im Falle ihrer fachlichen Bewährung einen Ernen- den. Das Präsidium des Gerichts, das der Richter selbst ein- nungsanspruch in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit mal mitgewählt hat, entscheidet also über die Verteilung hätten, auch wenn der Richterwahlausschuss ihrer Über- der Aufgaben, aber auch über die entsprechende Verset- nahme nicht zustimmen würde. Eine Ablehnung durch den zung. Richter können auch nicht ohne ihre Zustimmung Richterwahlausschuss hätte somit keinerlei Konsequen- versetzt werden oder für mehr als drei Monate an ein an- zen, es macht deshalb auch überhaupt keinen Sinn, wie deres Gericht abgeordnet werden. Sie sind ebenfalls nicht von der SPD und PDS gefordert, die Zuständigkeit des im selben Maße in die Organisation des Gerichts einge- Richterwahlausschusses auch auf Staatsanwälte zu erstre- gliedert wie etwa die Beamten und Angestellten der Justiz- cken. Dieses Beispiel zeigt, dass die Forderungen von SPD verwaltung. Die Mitbestimmungsrechte des Personalver- und PDS nicht unbedingt durchdacht sind, sondern vor tretungsgesetzes, die gerade einen Ausgleich für diese allem von dem Bestreben bestimmt sind, sich besonders Eingliederung, einen Ausgleich für das Über- und Unter- der Berufsgruppe der Staatsanwälte anzudienen. ordnungsverhältnis schaffen, sollen die Abhängigkeiten ausgleichen, denen aber der Richter nicht ausgesetzt ist (Zwischenruf Abg. O. Kretschmer, SPD: ... und die auch in Zukunft überhaupt nicht vorgesehen sind. besser auszuarbeiten.) An der Unabhängigkeit der Richter soll in keiner Weise et- was geändert werden. Die Mitbestimmungsbefugnisse des Zum Zweiten: Der Regierungsentwurf erweitert die Be- Personalvertretungsgesetzes in so weit gehendem Maße, fugnisse der Richter und der Präsidialräte. In einem Ka- wie dies sowohl von der PDS als auch von der SPD ge- talog von insgesamt 22 Beteiligungstatbeständen wer- fordert wurde, auf Richter zu übertragen, wird da weder den ihre Mitwirkungsrechte gesichert. Sie bestimmen - ich den Richtern noch der Stellung der Angestellten und Beam- mache es jetzt nur beispielsweise, ich will nicht alles auf- ten des öffentlichen Dienstes gerecht. Für meine Fraktion zählen - danach bei den Fragen, die die Gestaltung der begrüße ich es deshalb nachdrücklich, dass der Regierungs- Richterarbeitsplätze betreffen, bei den Fragen der Fort- entwurf ausgewogen und auch passende Regelungen in bildung und der Auswahl der Teilnehmer an Fortbildungs- dem Gesetzentwurf vorsieht, die die persönliche Unabhän- veranstaltungen, bei Erlass von Beurteilungsrichtlinien, gigkeit der Richter entsprechend beachten. aber auch bei Abordnungen zur Erprobung an Oberge- richte. Diese Aufzählung zeigt, dass die Beteiligung der Zum Dritten: Durch die Bildung eines gemeinsamen Aus- Richter dort gewährleistet wird, wo diese sinnvoll und sach- schusses der Hauptrichterräte und des Hauptstaatsanwalts- gerecht ist und die besondere Rechtsstellung der Richter rates - Kollege Kretschmer erwähnte schon den neuen entsprechend berücksichtigt wird. Der Katalog macht zu- § 44 a - nimmt die Landesregierung eine Anregung der gleich aber auch deutlich, dass eine weitergehend undif- Richter- und Staatsanwaltsvertretungen und der Verbän- ferenzierte Übertragung der personalvertretungsrechtli- de auf. Damit wird eine Einrichtung geschaffen, in der so- chen Regelungen auf die Richterschaft nicht der richtige ziale innerdienstliche Angelegenheiten, die sowohl Richter Weg ist. Damit unterscheidet sich der Regierungsentwurf als auch Staatsanwälte betreffen, erörtert werden können. im Wesentlichen und, ich meine, vor allen Dingen zu Recht Aus gutem Grund unterscheidet sich aber diese Regelung vom Entwurf der SPD und der PDS. im Regierungsentwurf weit von den Entwürfen der Oppo- sition. In den Gesetzentwürfen von SPD und PDS erhält Meine Damen und Herren von SPD und PDS, Sie können das auf der Ebene des Justizministeriums zu bildende Gre- doch nicht schlichtweg außer Acht lassen, dass Richter eine mium Kompetenzen, die dann notwendigerweise zu Lasten ganz andere Rechtsstellung haben als Beamte und An- der Hauptrichterräte gehen. Der Regierungsentwurf be- gestellte. Sie können doch nicht negieren wollen, dass schneidet jedoch nicht die Rechte der Hauptrichterräte, Richter durch das Grundgesetz, die Verfassung des Lan- sondern eröffnet vielmehr noch eine zusätzliche Möglich- des sowie durch die Richtergesetze eine Unabhängigkeit keit, Richter und Staatsanwälte gemeinsam berührende besitzen, wie sonst kaum eine Berufsgruppe in Deutsch- Fragen auf der Ebene des Ministeriums zu erörtern. land. Das ist gut so. Wir als CDU stehen voll dahinter und wir wollen auch, dass das in Zukunft so bleibt. Deshalb sind Meine Damen und Herren Abgeordneten, der Gesetzent- auch wir damals im Jahre 1993/94 dafür eingetreten, als wir wurf so, wie er uns vorliegt, im Ganzen betrachtet, ist ja die Artikel über die Rechtspflege - Artikel 86 bis 89 - in durchaus als ausgewogen und konstruktiv und als eine der Thüringer Verfassung erarbeitet haben. Verbesserung des jetzigen geltenden Rechts anzusehen. Er stellt die Beteiligung der Richterräte und der Präsidial- Meine Damen und Herren Abgeordneten, das heißt aber räte auf eine klare und sichere Grundlage unter Beach- auch, dass Richter nicht im selben Maße schutzbedürftig tung der besonderen Stellung der Richter. Die Neuregelun- sind wie die anderen Beschäftigten des öffentlichen Diens- gen für den Richterwahlausschuss respektieren die Bedeu- tes. Ein Beamter beispielsweise kann, ich behaupte eigent- tung der Legislative und geben dennoch den Richtern die lich mehr "könnte", jederzeit von seinem Dienstposten auf Möglichkeit, Richter ihres Vertrauens in den Richterwahl- einen anderen umgesetzt werden. Diese Entscheidung ausschuss zu wählen. Wir befinden uns heute in der ers- trifft der Dienstvorgesetzte. Einem Richter können, wie der ten Lesung, deswegen will ich jetzt aufhören, auf die De- Minister zu Recht vorhin schon ausgeführt hat, andere Auf- tails des Gesetzentwurfs einzugehen. Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3629

(Beifall Abg. Schemmel, SPD) Position zu beziehen. Ich finde - und deshalb habe ich mich noch einmal zu Wort gemeldet, um zu bitten, dass wir im Wir haben sicherlich im Ausschuss noch ausreichend Ausschuss doch zu einer sachlichen Diskussion kommen -, Gelegenheit, die Einzelheiten des Entwurfs zu erörtern. Ich dann sollte man auch wirklich einmal schauen, wo steht bitte deshalb um Überweisung der Drucksache 3/1642 an Thüringen denn mit seinem Richtergesetz, mit seinem den Justizausschuss und freue mich auf die dort stattfin- Richterwahlausschuss. Wir liegen schon jetzt - und das ehrt denden Beratungen. Sie, das ist doch nicht mein Verdienst, Sie haben das doch gemacht - gut in der Mitte. Sieben Bundesländer haben kei- (Beifall bei der CDU) nen Richterwahlausschuss, immerhin Länder wie Nord- rhein-Westfalen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklen- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: burg-Vorpommern. Ich war gestern und vorgestern auf der Justizministerkonferenz in Trier und habe so am Rande mit Es liegen keine weiteren Redemeldungen vor. Herr Mi- meinen Kollegen gesprochen, da denkt auch kaum einer nister, noch einmal? dran, da etwas zu verändern. Dann sind wir doch stolz, dass wir so etwas schon haben und dass wir hier in einem jun- (Zuruf Dr. Birkmann, Justizminister: Doch.) gen Bundesland die Kraft haben, uns auch weiter nach vorne zu bewegen. Bitte. (Beifall bei der CDU) Dr. Birkmann, Justizminister: Ich finde es deshalb nicht passend, hier von Placebo zu Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, keine Sor- sprechen. Sie entwürdigen Ihre eigene Leistung damit und ge, ich mache es kurz. Herr Abgeordneter Dr. Koch, ich ich glaube, das haben Sie nicht verdient. habe auf meinem Zettel als einziges vermerkt, ich soll über meinen Schatten springen. Wenn ich das täte, wird Ich meine, dass ich in meinen Ausführungen versucht habe es für mich natürlich etwas schwieriger als für Sie, schon darzutun, dass wir eine unterschiedliche Situation in der von der Größe her. Rechts- und Verfassungslage der Richter und Staatsan- wälte haben. Herr Abgeordneter Wolf hat das noch ein- (Beifall bei der CDU) mal sehr ausführlich wiederholt. Ich meine, wir müssten uns schon die Mühe machen, wenn wir im Ausschuss die Ich hoffe, dass in den Beratungen dann mehr kommt als Dinge beraten, das einmal vor diesem Hintergrund zu se- dieser gute Tipp, vielleicht kommt ja da ausnahmsweise hen. Die hohe Eigenständigkeit und Selbstständigkeit der etwas mehr. Richter, ein hohes Gut, was oft zur Auseinandersetzung führt, aber es ist Voraussetzung. Wo so etwas vorhanden ist, Zu Wort gemeldet habe ich mich: Herr Abgeordneter kann ich naturgemäß auch gar nicht mehr so viel aufpfrop- Kretschmer, Sie sagen, es ist nicht der große Wurf und fen. Wo schon ein hoher Standard ist, ist die Notwendigkeit malen so ein Szenarium der Verfassungsfrage auf. Herr geringer. Eines möchte ich abschließend sagen: Wir haben Abgeordneter Wolf hat schon darauf hingewiesen, es muss fast alle Wünsche, was die Beteiligung betrifft, hinsichtlich natürlich verwundern, dass Sie fünf Jahre lang damit ru- des Katalogs übernommen. Ich müsste noch einmal nach- hig geschlafen haben, Sie hätten ständig Sorge haben müs- schauen, ob es zwei oder drei sind, die wir nicht übernom- sen, dass der Verfassungsgerichtshof angerufen würde, men haben. Wir haben fast alle Wünsche erfüllt, diese zwei- undzwanzig entsprechen dem, weil wir nämlich gesagt (Beifall bei der CDU) haben, daran lassen wir es nicht scheitern. Danke. denn wir gehen sehr viel weiter, als Sie das damals getan (Beifall bei der CDU) haben. Vizepräsidentin Dr. Klaubert: (Zwischenruf Abg. O. Kretschmer, SPD: ... andere.) Jetzt dürften wirklich keine Redewünsche mehr vorliegen. Damit kann ich die Aussprache schließen. Wir kommen Ich habe hier das Schreiben des Richterbundes vom zur Abstimmung über die Ausschussüberweisung der 23.05. vorliegen, ich will es jetzt nicht zitieren. Das ist Drucksache 3/1042 an den Justizausschuss. Wer dem zu- im Duktus so gehalten, dass ich damit ruhig schlafen kann. stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Gibt es hier Gegenstimmen? Waren das Gegenstimmen, die bei- (Zwischenruf Abg. O. Kretschmer, SPD: Für den Abgeordneten Schemmel und Kretschmer? uns 25.) (Zuruf Abg. Schemmel, SPD: Verzögerte Es ist dankbar festgestellt, dass wir uns doch in wesentli- Zustimmung.) chen Dingen bewegt haben und gemeinsam versucht haben, 3630 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

Verzögerte Zustimmung bei den Abgeordneten Kretschmer gegenwärtiger Regelung die Bildung eines Pflichtverban- und Schemmel. Keine Gegenstimmen. Gibt es Stimment- des stets zur Folge hat, dass auch der Zweckverband, der haltungen? Damit ist die Ausschussüberweisung einstim- zur Aufnahme einer weiteren Mitgliedsgemeinde gezwun- mig erfolgt und ich schließe den Tagesordnungspunkt 8. gen wird, insgesamt mit einer Pflichtverbandssatzung über- zogen wird. Auf die Gestaltung dieser Pflichtverbandssat- Ich komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 9 zung hat der Zweckverband keinen Einfluss. Das gilt auch dann, wenn der Zweckverband ein weiteres Mitglied, das Thüringer Gesetz zur Änderung der Vor- zwangsweise angeschlossen werden muss, freiwillig auf- schriften über die kommunale Gemein- nehmen würde. Gerade aber in diesem Fall erscheint der schaftsarbeit Erlass einer Pflichtverbandssatzung nicht angemessen. Das Gesetzentwurf der Landesregierung von der Landesregierung vorgelegte Änderungsgesetz er- - Drucksache 3/1651 - gänzt somit den Handlungsspielraum der Rechtsaufsichts- ERSTE BERATUNG behörden in diesem Sinne.

Wird die Begründung durch die Landesregierung ge- Das Änderungsgesetz sieht als zentrale Regelung unter wünscht? anderem eine Bestimmung vor, mit der ausgeschlossen wird, dass eine Pflichtverbandssatzung erlassen wird, wenn (Zuruf Köckert, Innenminister: Ja.) ein bestehender Zweckverband den Beitritt einer anzu- schließenden Gebietskörperschaft beschließt. Gleichzeitig Herr Innenminister Köckert. wird eine Regelung eingeführt, nach der Gemeinden, die Mitglied einer Verwaltungsgemeinschaft sind oder für die Köckert, Innenminister: eine erfüllende Gemeinde Aufgaben wahrnimmt, zur Ge- währleistung der Aufgaben der Wasserversorgung und der Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Her- Abwasserbeseitung und -reinigung einem Zweckverband ren, der Ihnen heute in der ersten Lesung zur Beratung nach dem Gesetz über die kommunale Gemeinschaftsarbeit vorliegende Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes angehören sollen. Dies ist eine Konsequenz aus den tat- über die kommunale Gemeinschaftsarbeit ist im Gesamtzu- sächlichen Verhältnissen im Lande. Neu eingeführt wird sammenhang der Bemühungen der Landesregierung zur eine Vorschrift, nach der sich ein Zweckverband aufzu- weiteren Konsolidierung der kommunalen Aufgabenträ- lösen hat, wenn Gründe des öffentlichen Wohls dies er- ger der Wasserver- und Abwasserentsorgung zu sehen. Die fordern, insbesondere wenn der Zweckverband seine Auf- Landesregierung will eine befriedigende Lösung in diesem gaben nicht dauerhaft wirtschaftlich wahrnimmt. Bereich erreichen. Hierzu dient auch die flächendeckende Überprüfung und Beratung der Aufgabenträger. Insofern (Beifall bei der CDU) verweise ich auf Ausführungen zu entsprechenden Anträ- gen aus den letzten Plenarsitzungen. Ich gehe davon aus, meine Damen und Herren, dass eine wirtschaftliche Aufgabenwahrnehmung in der Regel dann Mit dem vorliegenden Änderungsgesetz schaffen wir die ausgeschlossen ist, wenn nachhaltig keine Kosten decken- Voraussetzung dafür, Fehlentwicklungen bei einigen Ver- den Gebühren erhoben werden. Hier gibt es meiner Mei- bänden und Aufgabenträgern entgegenzutreten. nung nach auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Indem sich die Regelung über die Auflösung von Zweck- (Beifall bei der CDU) verbänden am öffentlichen Wohl orientiert, wird ein Merk- mal aufgenommen, das bereits jetzt im Thüringer Gesetz Dies geschieht, auch das lassen Sie mich sagen, im Zu- über die kommunale Gemeinschaftsarbeit verankert ist. sammenspiel mit der durch das Umweltministerium aus- So ist das öffentliche Wohl ein wesentlicher Aspekt, der gereichten Strukturhilfe, die beim freiwilligen Zusammen- bei der Gründung eines Zweckverbandes zu beachten ist. schluss von Aufgabenträgern ansetzt. Ein entscheidendes Es liegt daher auf der Hand, dass dieser Gesichtspunkt Problem in diesem Zusammenhang ist der Bestand zu vie- auch für die Dauer der weiteren Existenz des Verbandes ler und zu kleiner Aufgabenträger in Thüringen. Kleine zu berücksichtigen ist. Aufgabenträger sind häufig nur unzureichend oder über- haupt nicht in der Lage, die Wasserver- und Abwasser- Im Übrigen ist nicht ernsthaft zu bestreiten, meine Damen entsorgung in wirtschaftlicher und technischer Hinsicht und Herren, dass der Gedanke des Gemeinwohls Schranke ordnungsgemäß wahrzunehmen. Die fehlende Verwal- der gemeindlichen Selbstverwaltung ist. Im Zusammen- tungskraft stellt sie regelmäßig vor unlösbare Herausfor- hang mit den dargestellten Änderungen, meine Damen derungen. Das bisher zur Verfügung stehende Instrumen- und Herren, werden zwei weitere Problembereiche neu ge- tarium der Rechtsaufsichtsbehörden zur Lösung dieser regelt. Zum einen wird zur Klärung der streitigen Auf- Problematik beschränkt sich in diesem Zusammenhang fassungen bezüglich der Einheitlichkeit der Stimmabgabe im Wesentlichen auf die Bildung von Pflichtverbänden in der Verbandsversammlung eine Vorschrift zur Stimm- nach dem Gesetz über die kommunale Gemeinschaftsar- führerschaft aufgenommen. Zum anderen wird, um die beit. Wir müssen dabei jedoch im Blick haben, dass nach unbedingt erforderliche Konzentration auf Satzungsmuster Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3631 zu unterstützen ohne die Satzungshoheit materiell einzu- de bis zur Handlungsunfähigkeit festgefahren haben, an- schränken, eine Genehmigungspflicht für solche kommuna- statt rechtzeitig zu reagieren. len Abgabensatzungen eingeführt, die nicht den Satzungs- mustern des Thüringer Innenministeriums entsprechen. (Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Fragen Sie Dies wird zusammen mit einer zu den Satzungsmustern mal Ihre Genossen in Mecklenburg-Vorpom- ergehenden Rechtsprechung bestehende Rechtsunsicherhei- mern und Sachsen-Anhalt.) ten nachhaltig beseitigen, meine Damen und Herren. Wir können uns, Herr Kollege Böck, im Innenausschuss Ich bin davon überzeugt, dass nur mit Hilfe und mit dem über diese Dinge sehr ausführlich unterhalten. Zusammenspiel aller genannten Änderungen die großen wirtschaftlichen Probleme der Aufgabenträger landesweit (Beifall bei der PDS) zu lösen sein werden. Ich bitte Sie daher, den Gesetzent- wurf der Landesregierung an die entsprechenden Ausschüs- Diese Handlungsweise, behaupte ich, hat die Beteiligten, se zu verweisen. Herzlichen Dank. dem Land, den Gemeinden und den Bürgern viel Geld ge- kostet. Wir in Thüringen wollen doch und können auch in (Beifall bei der CDU) vielen Dingen immer besser sein oder meinen Sie nicht?

Vizepräsidentin Ellenberger: (Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Sind wir doch auch. Sind wir doch auch.) Ich eröffne die Aussprache. Als erste Rednerin hat sich Frau Abgeordnete Wildauer zu Wort gemeldet. Aber nicht gut genug, Herr Böck.

Abgeordnete Dr. Wildauer, PDS: (Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Doch.)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es ist wohl Unsere Fraktion hat im Rahmen Ihres Entwurfs für ein unstrittig, dass die kommunale Gemeinschaftsarbeit bei Thüringer Kommunalabgabenentlastungsgesetz Ihre Vor- der weiteren Ausgestaltung der kommunalen Selbstver- stellungen für die Änderung des Gesetzes über die kommu- waltung zunehmend an Bedeutung gewinnt. Die gegen- nale Gemeinschaftsarbeit dargestellt. wärtigen und künftigen Herausforderungen für die Kom- munen bedingen eine stärkere Zusammenarbeit, weil die (Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Sie sind einzelne Kommune oftmals in ihrer Leistungsfähigkeit an doch heilfroh, dass wir das "Ding" nicht Grenzen stößt. Insofern erscheint es logisch und auch rich- anfassen.) tig, dass das Gesetz über die kommunale Gemeinschaftsar- beit überarbeitet und modernisiert wird. Wie groß der Das ist eine Frechheit. Es ist unschwer dabei zu erkennen, Novellierungsbedarf ist, belegt u.a. der Fakt, dass sich dass der vorliegende Gesetzentwurf erheblich hinter den im jetzigen Gesetzestext immer noch auf die Vorläufige Novellierungsvorstellungen der PDS zurückbleibt. Kommunalordnung bezogen wird, die bekanntlich am 30. Juni 1994, also vor fast sieben Jahren, ihre Gültigkeit (Beifall bei der PDS) verloren hat. Ich wollte Ihnen eigentlich dazu gratulieren. Wir erleben mit diesem Gesetzentwurf eine Herange- Meine Damen und Herren, gerade die Erfahrungen in der hensweise der Landesregierung, die auch für die Novel- Arbeit der Zweckverbände im Bereich der Wasserver- und lierung anderer Kommunalgesetze typisch ist. Anstelle Abwasserentsorgung haben gezeigt, dass die gegenwärtigen notwendiger konsequenter Reformen werden meist nur gesetzlichen Regelungen völlig unzureichend sind, um bei tagaktuelle Probleme aufgegriffen und halbherzig gelöst. den Beteiligten und den Bürgern die kommunale Gemein- schaftsarbeit auf Akzeptanz stoßen zu lassen. (Zwischenruf Abg. von der Krone, CDU: Welche Reformen?) (Zwischenruf Abg. Böck, CDU: ... völlig unzureichend.) So schaffen Sie für die Kommunen keinen modernen Rechtsrahmen für eine nachhaltige Stärkung der kommu- Das Bestreben von Gemeinden, Wasser- und Abwasser- nalen Selbstverwaltung. Im Gegenteil, diese Novellierungs- zweckverbände zu verlassen und diese Aufgabe lieber versuche schaffen immer wieder nur neue Probleme. Sie selbst wieder zu realisieren, zeugt davon, dass die For- versuchen, auf Erscheinungen zu reagieren, ohne den Ur- men der kommunalen Gemeinschaftsarbeit nicht mehr sachen wirksam zu begegnen. Sollte das Gesetz über die als Chance, sondern vielmehr als Hemmnis für die Stär- kommunale Gemeinschaftsarbeit in der Art und Weise ge- kung der kommunalen Selbstverwaltung betrachtet wer- ändert werden, wie es der vorliegende Regierungsentwurf den. Das finde ich persönlich außerordentlich schade. Viel aufzeigt, dann treten die von mir beschriebenen Folgen zu lange hat die Landesregierung gewartet, hat sie nahe- unweigerlich auf. Die kommunale Gemeinschaftsarbeit zu hilflos zugesehen, wie sich kommunale Zweckverbän- wird nicht weiterentwickelt. 3632 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

Meine Damen und Herren, als die PDS-Fraktion im ver- mir das aber im Ausschuss so rüberzubringen, dass ich so- gangenen Jahr gesetzliche Regelungen zur Bildung von gar noch dafür sein könnte, was ich bezweifle. Die Betrof- so genannten Pflichtverbänden unter bestimmten Voraus- fenen und die Bürger werden es auch nicht verstehen. setzungen gefordert und vorgeschlagen hat, kam es von Seiten der CDU-Fraktion und, ich glaube, auch besonders (Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Weil Sie von Ihnen, Herr Kollege Böck, zu einem wilden Aufschrei. Wirrwarr verbreiten.)

(Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Richtig, Sie Wir fordern für Zweckverbände konsequent das impera- wollten Willkür.) tive Mandat.

Die PDS wolle die kommunale Selbstverwaltung beseiti- (Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Das ist doch gen und zurück zur Rolle der Gemeinden als Bestandteil alles trübes Wasser.) - das haben Sie alles gesagt - eines zentralistischen Staats- aufbaus analog der DDR. Dies war einer der Vorwürfe. Die Verbandsräte werden von den Verbandsmitgliedern entsandt. Die Beschlussorgane der Verbandsmitglieder ent- (Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Ja, Sie hatten scheiden demokratisch über Sachverhalte und an diese Be- es nämlich genauso reinformuliert.) schlüsse sind Verbandsräte gebunden. Eine solche Rege- lung stärkt die Gemeinden in einem Zweckverband. Was vor Monaten noch so aggressiv bekämpft wurde, Sie hätten mich am liebsten gesteinigt hier vorn, findet Meine Damen und Herren, in der bevorstehenden Dis- sich jetzt nun im Regierungsentwurf wieder. kussion werden wir unsere Vorschläge zur Novellierung des Gesetzes über die kommunale Gemeinschaftsarbeit, (Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Sie verglei- die wir auch im Kommunalabgabenentlastungsgesetz auf- chen doch Ihren faulen Apfel mit einer genommen haben, erneuern. Unser Ziel ist es, die kom- Birne.) munale Gemeinschaftsarbeit zu stärken und weiter aus- zubauen und deshalb werden wir auch hier konstruktiv Was für ein Sinneswandel bei Ihnen, meine Kollegen von mitarbeiten. der CDU. (Beifall bei der PDS) Meine Damen und Herren, mit dem vorliegenden Gesetz- entwurf will die Landesregierung auch wieder ein klei- Vizepräsidentin Ellenberger: nes Stück der Kommunalordnung ändern. Mitgliedsge- meinden einer Verwaltungsgemeinschaft sollen künftig bei Als nächster Redner hat Herr Abgeordneter Schemmel der Wasserver- und Abwasserentsorgung generell einem das Wort. Zweckverband angehören. Über solch eine Regelung kann man durchaus diskutieren. Aber Sie merken wohl selbst, Abgeordneter Schemmel, SPD: dass mit der Praxis aufgehört werden muss, immer wie- der nur in Einzelpunkten die Kommunalordnung zu än- Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, dern. Die Änderung ist in Gänze notwendig. Aber wir wer von Ihnen, ich zweifle nicht, dass Verbandsräte un- hatten uns ja vor etwa einer Stunde darüber verständigt ter Ihnen sitzen, auf Zweckverbandsversammlungen als und haben ziemlich einvernehmlich debattiert, dass das Pflichtveranstaltung teilnehmen darf oder wer wie ich zu- notwendig ist. mindest als Abgeordneter öfter als Besucher an diesen Ver- sammlungen teilnimmt, was ich übrigens jedem empfehle, Meine Damen und Herren, die kommunalen Zweckverbän- der weiß, welche Diskussionen es dort gibt um innere de treffen auch deshalb auf Vorbehalte, weil ihre innere Strukturen, um Abstimmungsverhalten, um Austritts- und Struktur offenbar nicht den Anforderungen an Demokratie Auflösungsbegehren, um Satzungsrecht, um Neu- und Um- und Toleranz entspricht. Unserer Fraktion liegen diesbe- gründung. Insoweit hat dieser Versuch des Innenministe- züglich eine Vielzahl von Hinweisen und Beschwerden riums, hier Regelungen zu schaffen, doch prinzipiell seine vor. Aus diesem Regelungsbereich wird im Gesetzentwurf Berechtigung, aber, meine sehr verehrten Damen und Her- ein Problem aufgegriffen. Es betrifft das Stimmverhal- ren, ich zitiere fast: Wir sind Abgeordnete und das ist gut ten von mehreren Verbandsräten eines Verbandsmitglie- so. des. Welche Probleme es hier gibt, haben die letzten Sit- zungen der Verbandsversammlung des Abwasserzweckver- (Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Na aber, das bandes Süd-West-Thüringen gezeigt. Sie schlagen nun im ist doch ...) Gesetz das Modell des so genannten Stimmführers vor. Wir sagen deutlich, dass dieses Modell überholt und auch (Heiterkeit bei der CDU) veraltet ist und mit kommunaler Demokratie eigentlich nur im Ansatz etwas zu tun hat. Es ist zudem halbherzig und Deshalb haben wir über Prinzipien zu wachen und wir sicher auch kaum verständlich. Vielleicht gelingt es Ihnen, haben über das Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3633 zu wachen. Dieses Prinzip scheint mir hier in Frage gestellt das hohe Gut der kommunalen Selbstverwaltung, glaube zu sein. Deshalb möchte ich, dass wir vertieft in diese ich, von allen sehr hoch eingeschätzt wird und wir das auch Sache einsteigen. Ich weise auf die Ziffer 13 des Artikel 1 achten. Aber, jetzt kommt das Aber, während der letzten hin, die sich mit der Änderung des § 40 Abs. 1 befasst und Jahre, insbesondere im Innenausschuss, ich sage bewusst stelle fest, dass hier von einer Institution außerhalb der Jahre, da geht es nicht um die letzten 2 Jahre, da geht es kommunalen Selbstverwaltung doch beträchtlich in die um die letzten 5 bis 7 Jahre, sich regelmäßig berichten kommunale Selbstverwaltung einge-griffen werden soll lässt über die Situation bei Wasser/Abwasser und allem, und dies noch unter nicht präzise formulierten Bedin- was damit in Zusammenhang steht, und wir dort in dem gungen. Das erscheint mir wichtig, unter nicht präzise entsprechenden Ausschuss auch den vorhergehenden Mi- formulierten Bedingungen. nister immer wieder - das kann auch in den Protokollen wenn notwendig nachgelesen werden - darauf hingewie- (Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Ja, wir reden sen haben, wenn es denn notwendig sein sollte, dass die darüber.) kommunale Selbstverwaltung an dieser Stelle nicht funk- tioniert, dann muss man sich auch überlegen als Ultima Ich freue mich, dass zumindest Herr Böck mir schon zu- Ratio hier mit einzugreifen. stimmt im Gegensatz zu Herrn Minister Köckert. Ich möch- te mich nur auf dieses Gebiet kommunale Selbstverwal- (Beifall bei der CDU) tung jetzt beschränken. Ich weise auch noch auf den gesam- ten Artikel 2 hin. Dort erscheint mir ähnlich, ich sage ein- Der Minister hat das dargestellt. Es geht hier um das öf- mal, die kommunale Selbstverwaltung tangiert und außer- fentliche Wohl, was dabei auch zu beachten ist. Denn über- dem scheint mir diese Regelung des neuen Artikel 2 in all werden auch Steuergelder eingesetzt, um z.B. Verbände, einem verdächtigen Widerspruch, in einer verdächtigen Ge- die ihre Aufgaben nicht ordnungsgemäß erfüllen oder mengelage mit § 3 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes überhaupt, erfüllen können, weil wenige einzelne sich verweigern, des gleichen Gesetzes überhaupt, der ja bestimmt, dass dass sich vernünftige wirtschaftliche Strukturen bilden, Kommunen einer Verwaltungsgemeinschaft nicht einem gemeinsamen Zweckverband angehören dürfen. (Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Nein, das dann muss man hier ggf. auch zu dieser Möglichkeit stimmt nicht. Danach ...) greifen können.

Nein, nein, an dieser Stelle sehe ich eine Differenz, die wir Vizepräsidentin Ellenberger: noch zu beseitigen haben. Aber aus dieser hauptsächlichen Gefahr der Tangierung der kommunalen Selbstverwal- Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage zu? tung kann es für uns eigentlich nur eine Verfahrenswei- se jetzt mit diesem Gesetz geben: Ausschussüberweisung, Abgeordneter Fiedler, CDU: eine Anhörung mit Kommunalrechtlern, die uns dann die Bestätigung geben, jawohl, hier ist die kommunale Selbst- Selbstverständlich. verwaltung nicht tangiert. Wenn wir diese Gewissheit nicht herstellen können, dann, meine Damen und Herren, haben Vizepräsidentin Ellenberger: wir die Verantwortung dieses Gesetzes in dieser Form ab- zulehnen, wenn wir nicht klar erkennen können, dass die Bitte, Herr Abgeordneter Schemmel. kommunale Selbstverwaltung nicht gefährdet ist. Dieses Prinzip sollten wir verteidigen, so wie ich auch sehe, dass Abgeordneter Schemmel, SPD: Regelungen notwendig sind. Ich sehe die Regelungen prak- tisch sehr gut, aber praktische Regelungen dürfen nicht Herr Fiedler, habe ich Sie jetzt richtig verstanden, dass zur Negierung dieses Prinzips führen. Danke schön. Sie meinen, mit der Begründung, dass Steuergelder aus- gegeben sind, kann man von verfassungsrechtlich garan- (Beifall bei der SPD) tierten Prinzipien abweichen und dies als Allgemeinwohl?

Vizepräsidentin Ellenberger: Abgeordneter Fiedler, CDU:

Herr Abgeordneter Fiedler. Bitte schön. Nein, Kollege Schemmel, Sie haben sich ein Körnchen herausgepickt. Ich habe gesagt zum Beispiel. Es gibt deren Abgeordneter Fiedler, CDU: viele Dinge, die man dort beachten muss bei dem Ge- meinwohl und bei der kommunalen Selbstverwaltung und Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Minister wenn man davon abweicht. Legen Sie mir bitte nicht et- hat ja die Dinge ausgeführt zu den einzelnen Paragraphen. was in den Mund, was ich nicht gesagt habe. Aber Sie Ich denke, wir alle wissen hier, die sich jedenfalls mit kom- sind als ehemaliger Justizstaatssekretär etwas fokussiert munaler Zusammenarbeit seit Jahren beschäftigen, dass auf den juristischen Rahmen. Ich versuche die Übersicht 3634 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 zu behalten auch im Interesse der gesamten Kommunen. Vizepräsidentin Ellenberger:

(Beifall bei der CDU) Weitere Wortmeldungen liegen mir jetzt nicht mehr vor. Ich schließe die Aussprache und wir kommen zur Ab- Ich denke, lieber Kollege Schemmel, wir sollten jetzt wie- stimmung. Es wurde Überweisung an den Innenausschuss der darauf zurückkommen. Frau Wildauer hat dazu auch beantragt. Wer für die Überweisung des Gesetzentwurfs einige Ausführungen gemacht. Auf der einen Seite hat sie an den Innenausschuss votieren will, den bitte ich um das gelobt, dass jetzt etwas in Gang gesetzt wird, und auf das Handzeichen. Das sieht eigentlich wie einstimmig der anderen Seite hat sie es schon wieder so gemacht, wir aus. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen gibt es nicht. werden uns das genau anschauen. Liebe Kollegin Frau Damit ist der Gesetzentwurf überwiesen. Dr. Wildauer, wir haben Ihren damaligen Antrag, den wir wirklich für konfus erachtet haben, da haben wir gesagt, Ich schließe den Tagesordnungspunkt 9 und rufe auf auch der wird überwiesen an den Innenausschuss, wir wer- Tagesordnungspunkt 10 a und b den sehen, ob dort fachlich, sachliche Dinge zu verwen- den sind, weil wir immer der Meinung waren und sind, a) Sicherung eines attraktiven Schienen- gerade bei Wasser/Abwasser und allem, was damit im Zu- personenfernverkehrs (SPFV) in sammenhang steht, Gebühren und Abgaben, sollte man Thüringen immer nach Möglichkeiten suchen, dass man hier, wenn Antrag der Fraktion der CDU es zur Verbesserung kommt für den Gebührenzahler, für - Drucksache 3/1558 - den Bürger, dass wir die Dinge mit einarbeiten. Wir als Landtagsabgeordnete haben darauf zu achten, dass die b) Sicherung eines attraktiven Schienen- Gelder, die wir auch zur Verfügung haben, sinnvoll ein- personennahverkehrs (SPNV) in gesetzt werden. Thüringen Antrag der Fraktion der CDU Ich glaube, jetzt ist der Punkt gekommen und wir möchten - Drucksache 3/1559 - den Innenminister ausdrücklich unterstützen, dass hier die- ser Gesetzentwurf uns vorgelegt wurde, dass dieser Gesetz- Als erster Redner hat sich Herr Staatssekretär Richwien entwurf schnell behandelt werden sollte. Ich kündige jetzt zu Wort gemeldet. schon an, da kann man sich vielleicht morgen verständi- gen, dass wir hier eine schriftliche Anhörung in Gang set- Richwien, Staatssekretär: zen, wo wir die entsprechenden Spitzenverbände noch ein- mal dazu hören, wie sie das Ganze bewerten. Ich betone Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Da- es noch einmal, es geht hier nicht darum, grundsätzlich men und Herren, die Gestaltung eines leistungsfähigen in die Selbstverwaltung einzugreifen, sondern nur als und attraktiven Schienenverkehrs hat seit 1991 einen hohen Ultima Ratio, wenn bestimmte Dinge nicht mehr laufen. Stellenwert bei der Umsetzung der Verkehrspolitik in Thü- Ich glaube, der Minister sieht das auch in dieser Richtung. ringen. In den zurückliegenden 10 Jahren konnten, ausge- hend von einem stark vernachlässigten Schienennetz, ver- Zu der Stimmführerschaft, was hier benannt wurde, dort alteter Sicherheits- und Signaltechnik, eines überholten muss man mit den Praktikern und allen noch einmal Fahrzeugparks sowie einem äußerst unbefriedigenden Zu- reden, ob das Ganze so 1:1 übernonmmen werden kann. stand der Bahnhöfe und Haltepunkte erhebliche Verbes- Aber ich denke, das sind marginale Dinge, die hier noch serungen erzielt werden. Ich erinnere an dieser Stelle an mit zu klären sind. Herr Kollege Schemmel hatte vorhin die wichtigsten Erfolge bei der Bewältigung dieser Alt- noch mal einiges zu Artikel 2 ausgeführt, dort möchte lasten. An erster Stelle sind hier zu nennen: ich noch einmal verweisen, dass in dem letzten Satz auf der Begründungsseite steht: "Im begründeten Einzelfall 1. die Wiederherstellung der Schienenverbindungen zu den bleibt auch für diese Gemeinden eine selbstständige Auf- benachbarten Ländern Bayern, Hessen und Niedersachsen, gabenerfüllung möglich, wenn diese Vermutung widerlegt wird." Ich will das nur noch einmal der Vollständigkeit hal- 2. die Realisierung der Verkehrsprojekte "Deutsche Ein- ber mit anmerken, dass also auch dieses möglich ist. Lange heit" Nr. 6 Halle-Kassel und Nr. 7 Bebra-Eisenach-Erfurt Rede, kurzer Sinn, wir bitten darum, dass der Gesetzent- sowie wurf an den Innenausschuss federführend überwiesen wird. Wir sollten dort zügig, aber mit aller Verantwortlichkeit, 3. der durchgehende zweigleisige elektrischen Ausbau der weil es ein Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung Saale-Bahn. ggf. darstellt, dieses beraten. Schönen Dank. Mit Übernahme der Aufgabenträgerschaft für den Schie- (Beifall bei der CDU) nenpersonennahverkehr zum 01.01.1996 im Ergebnis der Bahnreform konnte das Land wesentliche und prägende Verbesserungen bei den Schienenverkehrsangeboten er- reichen. Ein wichtiger Schritt war die Einführung des inte- Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3635 gralen Taktfahrplans in Thüringen. Wesentliches Element, Großteil der Thüringer Nahverkehrsstrecken moderne und meine Damen und Herren, des integralen Taktfahrplans ist ansprechende Fahrzeuge zum Einsatz. Darüber hinaus die Schaffung eines landesweiten im regelmäßigen Zwei- konnten auf Betreiben des Freitstaats Thüringen neue stundentakt verkehrenden RegionalexpressSystems, wel- attraktive Schienenpersonennahverkehrslinien eröffnet wer- ches die Zentren des Landes untereinander und mit denen den. Besonders hervorhebenswert ist dabei die im Jahr 2000 der Nachbarländer verbindet. Dieses Netz wird in der Flä- durch die Länder Niedersachsen, Thüringen und Sachsen che durch die ebenfalls vertaktete Regionalbahn bzw. den gemeinsam geschaffene Regionalexpresslinie Göttingen- Stadtexpress ergänzt, so dass weitestgehend stündliche Erfurt-Gera-Zwickau-Glauchau, die erstmals über eine aus- Angebote bestehen. Damit verbunden ist eine deutliche gebaute Regionalstrecke, die Strecke -Mühlhausen- Steigerung der Verkehrsangebote im Schienenpersonen- Leinefelde geführt wird. Die eingesetzten Nahverkehrs- nahverkehr. Der Freistaat Thüringen hat das ursprüngliche triebwagen mit Neigetechnik können dabei Geschwin- Angebot des Fahrplans 1993/94 im Umfang von 17,7 Mio. digkeiten bis zu 160 km/h erreichen. Zugkilometern auf jetzt 22,2 Mio. Zugkilometer gesteigert. Das entspricht einer Steigerung von ca. 25 Prozent. Über den Erfolg all dieser Bemühungen des Freistaats zur Attraktivitätssteigerung des Schienenpersonennah- Um den Wettbewerb auf der Schiene zu forcieren und verkehrs entscheidet letztlich der Zuspruch des Fahrgastes. eine Monopolstellung des Großkonzerns DB AG zu ver- Auch hier sind positive Ergebnisse erzielt worden. So meiden, hat das Land seit 1996 kontinuierlich den Anteil stieg die Zahl der täglich beförderten Personen von ca. mittelständischer Eisenbahnverkehrsunternehmen am Thü- 95.000 im Jahre 1997 auf ca. 115.000 im Jahr 2000. Dies ringer Schienenpersonennahverkehrsmarkt ausgebaut. Ab entspricht immerhin einer Steigerung von rund 21 Prozent 10. Juni 2001 werden insgesamt fünf nicht bundeseigene gegenüber 1997. An dieser Stelle muss kritisch festgestellt Eisenbahnverkehrsunternehmen ca. ein Fünftel der ge- werden, meine Damen und Herren, dass die Attraktivität samten Verkehrsleistungen im Schienenpersonennahver- im Schienenpersonennahverkehr aufgrund des unbefrie- kehr in Thüringen erbringen. Dessen ungeachtet bleibt die digenden, teilweise desolaten Zustands der Infrastruktur DB Regio AG der größte und leistungsfähigste Anbieter besonders im Regionalnetz noch nicht in dem vom Land von Leistungen im Schienenpersonennahverkehr, der maß- gewollten Maße erreicht werden konnte. geblicher Partner des Landes bei der Verbesserung der At- traktivität im Nahverkehr ist. Gemeinsam, meine Damen (Beifall bei der CDU) und Herren, ist es gelungen, mit dem Ziel einer kunden- freundlichen und attraktiven Tarifgestaltung im Schienen- Hierauf lag und liegt natürlich unser Hauptaugenmerk. Das personennahverkehr einheitliche, transparente und sozial- gilt sowohl für die Realisierung der Verkehrsprojekte verträgliche Tarife zu entwickeln. Beispielhaft können hier "Deutsche Einheit" als auch für den Ausbau des Regional- folgende Tarife genannt werden: Hopperticket, Semesterti- netzes. Deshalb war es erfreulich, dass sich das Bundes- cket, Thüringenticket, Schönes Wochenendticket, Fami- kabinett im Rahmen unserer gemeinsamen Kabinetts- lienferienticket Thüringen und Regiomobil. Mit diesen sitzung in Gera erstmals und ohne Vorbehalte zu dem für Angeboten werden insbesondere Familien, Studenten und Thüringen bedeutenden Vorhaben der Neu- und Ausbau- Pendler angesprochen. strecke Nürnberg-Erfurt-Leipzig-Halle, also dem Ver- kehrsprojekt "Deutsche Einheit" Nr. 8.1 und 8.2 bekannt Ein besonderer Erfolg war hierbei die Vereinbarung des und offiziell erklärt hat, dass das Baurecht in den ge- Thüringer Tickets gemeinsam mit den Ländern Sachsen fährdeten Abschnitten durch bauliche Maßnahmen ge- und Sachsen-Anhalt, das es ermöglicht, künftig in der sichert wird, auch wenn die Gesamtfinanzierung der Woche für Eltern mit allen eigenen Kindern für ein Ticket Strecke noch offen sei. Noch in diesem Jahr betrifft dies zu 40 DM das gesamte Netz in Thüringen, Sachsen und den Planfeststellungsabschnitt 2.1 in Sachsen-Anhalt, in Sachsen-Anhalt im Schienenpersonennahverkehr zu be- dem eine Brücke gebaut wird. nutzen. Wir begrüßen diese Entscheidung des Bundes zur Siche- Ein attraktives Angebot konnte Kurzreisenden mit dem rung des Baurechts ausdrücklich, sagen aber auch gleich- Hopperticket unterbreitet werden. Der Regiomobiltarif zeitig, dass dies allein nach wie vor unbefriedigend ist. Was stellt für Berufspendler sowie den Freizeit- und Einkaufs- wir wollen und brauchen ist die Fertigstellung dieser verkehr eine preiswerte, Verkehrsmittel übergreifende Al- Hochgeschwindigkeitsstrecke. Sie hat entscheidenden Ein- ternative dar. Weiterhin wurden zur Optimierung des Er- fluss auf die weitere wirtschaftliche Entwicklung insbe- scheinungsbildes und zur weiteren Attraktivitätssteigerung sondere im Osten Deutschlands. Sie ist die einzige leis- des Schienenpersonennahverkehrs in Thüringen durch die tungsfähige Schienenverkehrsachse zur Abwicklung des Eisenbahnverkehrsunternehmen 100 moderne Triebfahr- Hochgeschwindigkeitsverkehrs in der Personenbeförderung zeuge teilweise mit Neigetechnik beschafft. Das Land und des schnellen Güterverkehrs in Nord-Süd-Richtung im fördert diese Beschaffungsoffensive im Rahmen seines Osten Deutschlands und damit, meine Damen und Herren, ÖPNV-Investitionsprogramms. Auf das Jahr 2000 entfiel unverzichtbar. dabei eine Fördersumme von ca. 63 Mio. DM. Durch die- ses Fahrzeugbeschaffungsprogramm kommen auf einem 3636 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

Dies war der Grundtenor der gemeinsamen Kabinetts- sich der Freistaat mit erheblichen Mitteln für den Erhalt sitzung mit Sachsen-Anhalt am 22. Mai 2001 auf Schloss und die Sanierung von Bahnhöfen und Haltepunkten einge- Neuenburg in Freiburg/Unstrut, auf der u.a. dieses Pro- setzt. Insgesamt wurden vom Land einschließlich der für grammfeld thematisiert wurde. Jeder Tag, an dem nicht das Jahr 2001 vorgesehenen Mittel ca. 37 Mio. DM bezu- gebaut wird, verteuert die Strecke. Bekanntlich gibt es noch schusst. Bei der Sanierung des Netzes prüft der Freistaat immer Bauabschnitte, in denen der erste Spatenstich auf auch alternative Konzepte, die zum Beispiel die Übernah- sich warten lässt und wo das Baurecht, wenn nichts me der Strecke durch nicht bundeseigene Eisenbahnen passiert, ab 2005 endgültig verfällt. Deshalb gibt es zum oder durch neu gegründete bundeseigene Eisenbahnen im Weiterbau der Strecke keine Alternative. Der Bund muss Rahmen des Teilkonzepts Regionetz, der so genannten spätestens ab 2003 die erforderlichen Mittel zur Abwen- Mittelstandsoffensive der DB AG, vorsehen. Beispiels- dung des drohenden Verfalls des Baurechts in den gefähr- weise können hier das Sonneberger Netz und die Ober- deten Abschnitten der Neubaustrecke im Bundeshaushalt weißbacher Bergbahn genannt werden, zwei Projekte, einstellen. Er muss seinen gesamtdeutschen und europäi- schen Verpflichtungen durch die konsequente Fertig- (Beifall bei der CDU) stellung dieser Strecke gerecht werden. meine Damen und Herren, deren Realisierung in Kürze Auch über unsere wichtigste Ost-West-Eisenbahnverkehrs- beginnen soll. Aber nicht nur im Bereich der Infrastruk- achse, die Mitte-Deutschland-Verbindung, wurde diskutiert. tur gibt es viel zu tun. So haben der Freistaat Thüringen Wir haben dem Bund unmissverständlich klar gemacht, und alle anderen Bundesländer die Reduzierung des dass wir entgegen bestehender Vereinbarungen durch die Fernverkehrsangebots durch die DB AG heftig kritisiert. In erlebte Ausbaupraxis der DB AG auf dieser Strecke die Thüringen ist insbesondere der Abschnitt Weimar-Jena- Gefahr sehen, dass der geplante und abgestimmte Stre- Gera betroffen. Trotz der entschiedenen Ablehnung dieser ckenausbau bis 2006 nicht vollendet sein wird. Dies darf Pläne durch das Land hat die Bahn die Aufrechterhaltung und kann unter keinen Umständen zugelassen werden und ihres gegenwärtigen Fernverkehrsangebots mit Hinweis dies nicht nur deshalb, weil 2007 die Bundesgartenschau auf die fehlende Wirtschaftlichkeit der Bedienung dieses in Gera und Ronneburg stattfinden wird, sondern auch, weil Streckenabschnitts strikt abgelehnt. Thüringen unterstützt insbesondere die Ostthüringer Region auf diese Strecke als deshalb einen von den Ländern eingebrachten Gesetzesvor- leistungsfähige Eisenbahnverbindung angewiesen ist. schlag, der den Bund zur Gewährleistung eines Schienen- personenfernverkehrsangebots im Umfang des bisherigen Herr Minister Schuster hat deshalb vom Bund gefordert, Angebots verpflichten soll. Mit dem Ziel, den begonne- die Zuständigkeit der Projektsteuerung für den Ausbau nen Weg hin zu einem bedarfsgerechten attraktiven Schie- der Mitte-Deutschland-Verbindung auf die DB Projekt- nenverkehr in Thüringen zügig zu begehen, wird auch der verkehrsbau GmbH zu übertragen, die Gesellschaft also, Einsatz intelligenter Mobilitätskonzepte durch das Land die auch die ICE-Trasse, soweit der Bund den Bau zuließ, forciert. Dazu gehören auch, dass unwirtschaftliche Paral- erfolgreich und zügig vorangebracht hat. Mir wurde zu- lelverkehre verhindert werden. Dies kann im Einzelfall da- gesagt, dass diese Forderung nunmehr geprüft wird. zu führen, dass bestimmte Angebote im Bus- oder Schie- nenpersonennahverkehr nach Abstimmung zwischen den Meine Damen und Herren, eines ist jedoch klar: Die Ver- Aufgabenträgern eingestellt werden müssen und zu diesem antwortung für den Ausbau und die Instandhaltung des Zweck wurden mit Fahrplanwechsel zum 10. Juni 2001 Schienennetzes weisen Grundgesetz und Bundesschie- die drei Schienenpersonennahverkehrslinien Bad Salzun- nenwegeausbaugesetz eindeutig Bund und Bahn zu. Ur- gen-Vacha, Leinefelde-Teistungen, Ilmenau-Themar ab- sachen für die gegenwärtig noch unbefriedigende Situa- bestellt, da hier bereits ein sehr gutes, dichtes, vertaktetes, tion im Schienennetz sind in erster Linie in der unzurei- parallel verkehrendes Busangebot vorgehalten wird. chenden Mittelausstattung der DB Netz AG durch den Bund sowie in dem damit korrespondierenden Planungs- Weiterhin, meine Damen und Herren, wird im Südthü- rückstau bei der DB Netz AG zu sehen. Deshalb bestehen ringer Raum ein zwischen den Omnibusunternehmen und auf zahlreichen Strecken Langsamfahrstellen und Strecken- Eisenbahnunternehmen gemeinsam vereinbartes, rechner- sperrungen, welche die Umsetzung des vom Land gefor- gesteuertes Betriebsleitsystem entwickelt, das eine bessere derten integralen Taktfahrplanes teilweise behindern. Im Verknüpfung der verschiedenen Verkehrsmittel gewähr- Interesse der Fahrgäste stellt das Land bereits seit Jah- leistet und dem Fahrgast umfassende Informationen über ren erhebliche Mittel im Rahmen eines ÖPNV-Investi- Fahrplan und Abweichungen liefert. Hierzu gehört auch tionsprogramms bereit, um Strecken bedarfsgerecht aus- die schrittweise Ausstattung der Triebwagen mit moder- zubauen und Langsamfahrstellen zu beseitigen. In den Jah- nen Fahrkartenverkaufsautomaten. ren 1996 bis 2000 hat der Freistaat ca. 53 Mio. DM zu diesem Zweck zur Verfügung gestellt. Angesichts der nach In diesem Sinne begrüßt die Thüringer Landesregierung wie vor unbefriedigenden infrastrukturellen Situation stellt die vorliegenden Anträge der Fraktion der CDU zur Siche- der Freistaat allein in diesem Jahr zur Streckensanierung rung eines attraktiven Schienenpersonennahverkehrs und ca. 44 Mio. DM zur Verfügung. Von gleicher Bedeutung Schienenpersonenfernverkehrs und sieht darin eine wir- ist die Ausgestaltung der Zugangsstellen. Auch hier hat kungsvolle Unterstützung bei der Umsetzung ihrer ver- Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3637 kehrspolitischen Ziele. Verbindungen. Ich denke, die sind in dieser Form - nicht überall, aber auf vielen Strecken - zu beseitigen, aber nicht Meine Damen und Herren, ich bin zuversichtlich, wenn ersatzlos zu beseitigen, sondern es ist ein adäquater Ersatz sich der Bund zu seiner Verantwortung auch für das re- dafür zu schaffen, beispielsweise mit IC-Zügen, mit Neige- gionale Netz bekennt, die Bahn diesen Ausbau forciert technik - Sie sprachen davon, Herr Staatssekretär -, das ist und das Land dies weiterhin unterstützt, dass Thüringens richtig, aber auch mit Regionalexpressen und Regionalzü- Schienenverkehr in den nächsten Jahren entscheidende gen. Sehen Sie, diese InterRegio-Züge sind mit 35 Prozent Verbesserungen erfahren wird. Vielen Dank. ausgelastet. Das hört sich erst einmal recht gut an, 35 Pro- zent - immerhin! Aber die Auslastung kommt deshalb nur (Beifall bei der CDU) zu Stande, weil sie vor und nach dem Knoten passiert. Was in der Zwischenzeit auf den langen Strecken passiert, Vizepräsidentin Ellenberger: das ist eigentlich beklagenswert und deshalb haben nach meinem Dafürhalten die InterRegio-Züge keine Zukunft für Herr Abgeordneter Lippmann, Sie haben als Nächster uns, sondern werden durch modernere Techniken und Ver- das Wort. kehrssysteme zu ersetzen sein, also keine Ausdünnung die- ser Verkehre, sondern eine Qualitätsverbesserung. Hier Abgeordneter Lippmann, SPD: sind wir uns einig, das ist im Interesse der Bahn, das ist im Interesse dessen, der das Geld gibt, und das ist letzt- Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, lich auch im Interesse der Kundschaft. das war ja fast eine Regierungserklärung, die uns der Herr Staatssekretär Richwien hier gegeben hat. Aber eingedenk Zu Punkt drei Ihres Antrags: Hier sind wir uns noch viel des Zitats des Epheserbriefs von Frau Präsidentin heute einiger. Die Querverbindung in Thüringen - Sie sprachen will ich mich auf den Antrag, den die CDU-Fraktion vor- die Mitte-Deutschland-Bahn an, also die Mitte-Deutsch- gelegt hat, oder auf die Anträge, beziehen. land-Bahn ist für mich eigentlich die Aorta des Verkehrs in Ost-West-Richtung. Sie hat momentan keinen guten Ruf, Zunächst die Überschrift, Herr Kallenbach, ich nehme an, sowohl bei der Bahn nicht als auch bei den Kunden nicht, dass Sie der inhaltliche Verfasser dieser Anträge sind, aber ganz einfach deshalb, weil ein qualitativ hochwerti- macht mich ein wenig betroffen. Es steht in beiden Fällen ger Verkehr auf der Mitte-Deutschland-Bahn im Moment da: Sicherung des SPNV und Sicherung des SPFV. Das überhaupt nicht möglich ist. Sehen Sie, wenn Sie dort mit Wort "Sicherung" assoziiert aber zunächst einen guten Zu- einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 41 km/h fahren, ist stand und dem möchte ich eigentlich noch nicht beitre- das ungefähr so viel, wie Sie in der DDR gefahren sind. ten. Der Zustand ist noch nicht so, wie es strukturpolitisch Also, im Grunde genommen hat sich auf dieser Strecke in erforderlich wäre. Also, es geht nicht nur darum, etwas zu ihrer Gesamtheit von Erfurt aus betrachtet Richtung Chem- sichern, sondern es geht darum, etwas weiter auszubauen nitz überhaupt nichts geändert, zumindest nicht zum Vor- und aufzubauen. Das ist aber nur ein rein formaler Akt. teil. Dass das so ist, lässt sich noch nicht einmal politisch zuordnen. Ich meine, wir hätten 1994 bei der Bahnreform Zu Punkt eins und zwei Ihres ersten Antrags will ich mich im Grunde genommen ja Geld vorsehen können, um dies erst einmal mit dem Schienenpersonenfernverkehr befas- zu tun. Wir haben das auch vorgesehen, nur verbaut wor- sen. Es geht zuvorderst darum, in Thüringen Leistungen für den ist nichts. An wem hat es denn gelegen? Ich will mich den Schienenpersonenfernverkehr nicht nur zu behalten, mit den Schuldzuweisungen jetzt einmal ein bisschen sondern auch zu erhalten, nämlich Leistung zu behalten schwer tun und will das gar nicht machen, aber im Mo- oder zu erhalten, die den Anschluss Thüringens im deut- ment stehen dafür 665 Mio. DM zur Verfügung. Verbauen schen Raum an sich und an den europäischen Raum si- wir doch erst einmal die. Und wenn ich heute von Herrn cherstellen. Das ist der erste Anspruch. Es geht aber auch Staatssekretär gehört habe, dass noch nicht sichergestellt ist, darum, der Deutschen Bahn AG die Möglichkeit zu geben, dass diese Gelder bis 2006 verbaut sind, dann ist das bekla- diese Verkehre mit technisch hochwertigen Mitteln und mit genswert und ist möglicherweise noch nicht einmal eine einer Verkehrstechnologie zu betreiben, die wirtschaft- Frage der Finanzen, sondern eine Frage der Planungen und lich ist. Diesen Anspruch müssen wir der DB AG schon des Planungsvorlaufs. Ich kann mir das nicht anders vor- gewähren, das ist logisch. Diese Ansprüche müssen sich stellen. auch nicht widersprechen. In diesem Zusammenhang spra- chen Sie von den InterRegio-Verbindungen, die nach Mög- Zu Punkt vier Ihres Antrags - Fernverkehr: Da geht es um lichkeit zu erhalten sind. Ich sehe das nicht so, meine sehr die Sonderprogramme. Also, Herr Kallenbach und auch verehrten Damen und Herren. Diese schlecht ausgelas- Ihre Kollegen, es hat keinen Sinn, jetzt eine Phantom- teten Bandwurmzüge, die quer und längs durch Deutsch- diskussion darüber zu führen, was wir denn mit Geld ma- land fahren, die sind für die DB AG, aber auch für die chen würden, das aus irgendwelchen Sonderprogrammen Nutzer selbst, von recht untergeordnetem Interesse. Sie kommt. Die Sonderprogramme haben wir nicht. Wir brau- tragen erstens einmal 80 Prozent aller Verspätungen in chen auch das Geld, was möglicherweise der eine oder der den Fahrplan ein, was nicht unwichtig ist, und außerdem andere mal links, mal rechts vorgeschlagen hat, nicht zu bringen sie 300 Mio. DM Verlust, allein die InterRegio- verteilen; insoweit ist das eine Phantomdiskussion. Im 3638 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

Grunde genommen verhält sich ja der Bundesfinanzmi- ist, können wir es auch. Die zweite Stufe der Bahnreform nister Eichel in Berlin völlig deckungsgleich mit dem Lan- vom 01.06.96, Sie sprachen davon, hat den Übergang der desfinanzminister Trautvetter in Thüringen. Die tun sich Planungs-, Organisations- und Finanzierungsverantwortung alle beide schwer, Sonderprogramme zu finanzieren und auf die Länder übertragen, natürlich mit Finanzierungs- Nachtragshaushalte auf den Weg zu bringen. Ich glaube, bedingungen, die sich einmal aus Mitteln der DB AG, des diese Diskussion führt uns nicht weiter, wir müssen mit Bundes selbstverständlich, aber auch der Länder zusam- dem zurechtkommen, was wir haben. Mit "wir" meine ich, mensetzen. Wir können zwar Nahverkehr bei der Deut- was das Land hat, was der Bund hat, was die Bahn hat. schen Bahn AG bestellen, dafür haben wir ja die Regio- nalisierungsmittel und der Bund zahlt auch dafür, aber Zum zweiten Antrag - Schienenpersonennahverkehr: Im entscheiden, welche Strecken vorrangig auszubauen sind, Übrigen hatten wir diesen Punkt auch in der letzten Aktu- das können wir leider nicht. Wir möchten es aber gern, ellen Stunde, wenn Sie sich erinnern, da ging es um die zumindest ist das meine Auffassung und die Auffassung Trennung von Netz und Betrieb. Aber Ihr erster Punkt in meiner Fraktion. Es wäre hilfreich, wenn wir das in Zu- dem zweiten Antrag, der heute zu behandeln ist, behan- kunft könnten. Ich glaube, man muss es nur ansprechen. delt das gleiche Thema noch einmal. Ich sage es ganz Durch die vielen Konferenzen, die heute zu diesem The- eindeutig: Ich halte von der Trennung Netz und Betrieb ma stattfinden, scheint mir, kommt jetzt etwas in Bewe- nichts, überhaupt nichts. Da sind wir uns ja nicht nur mit gung, was möglicherweise auch für Thüringen sehr nützlich Herrn Mehdorn einig, der sagt, Bahn und Betrieb in einem sein kann. Im Übrigen, die 1994 bei der Bahnreform zu- Guß, sondern es gibt schlechte Beispiele genügend, zuhauf, gesagten 10 Mrd. DM Infrastrukturmittel pro Jahr - 1994 - wo dieses quasi, um das einmal ganz lax zu sagen, in die sind nie geflossen. Nun fragen Sie mich nicht, aus wel- Hose gegangen ist, beispielsweise in England ist das so. chen Gründen sie nicht geflossen sind. In Großbritannien läuft gar nichts mehr, da haben sie es genauso gemacht. Es gibt natürlich noch andere Modelle, Also, mehr Wettbewerb auf den Strecken kann dann er- ich will es auch sagen. Das Herauslösen der DB Netz aus folgen, wenn die Kompetenzen des Eisenbahnbundes- der Holding Deutsche Bahn AG löst die Probleme, die wir amts, und jetzt komme ich wieder auf die Trennung von haben und die wir ansprechen müssen, überhaupt nicht. Netz und Betrieb zurück, deutlich erhöht werden und die Was wollen wir nun? Wir wollen eigentlich, wenn wir da- drei zentralen Aufgaben sichergestellt werden vom Eisen- von reden, und der Punkt 1 und 2 Ihres Antrags fordert bahnbundesamt nämlich eine gesicherte Netzzugängigkeit das ja heraus, im Grunde genommen drei Dinge erreichen: für alle, diskriminierungsfreie Zugängigkeit, eine faire Ge- staltung der Trassenpreise - das war auch nicht immer 1. Wir wollen die Regionalnetze für einen qualitativ hoch- möglich und es ist unterschiedlich gehandhabt worden - wertigen Verkehr in einen geeigneten Zustand bringen - und eine Überwachung und eine Beseitigung von Dis- das sind sie nicht. kriminierungstatbeständen, wie sie in der Vergangenheit schon gelegentlich aufgetreten sind. Das ist im April vom 2. Wir wollen auf den Netzen Wettbewerbe ermögli- Bundeskabinett zur Novellierung des Allgemeinen Eisen- chen, diskriminierungsfrei und zu fairen Konditionen für bahngesetzes so beschlossen worden. alle - auch das ist im Moment noch nicht sichergestellt. 37 Nutzer fahren auf unseren Netzen neben der DB AG Zu den Punkten fünf bis sieben des Antrags, und jetzt kom- herum, das sind vor allen Dingen kommunale Verkehrs- me ich zum Schluss, ich hoffe, ich habe nicht überzogen: verbände, aber auch echte Private. All denen müssen wir Es ist wohl jedem klar, dass Nahverkehr beispielsweise um des Wettbewerbs willen ermöglichen, zu fairen Kon- im Jahr 2010 nicht mehr der Nahverkehr sein wird, wie er ditionen auf dem Netz zu fahren, auf einem Netz, wel- heute vonstatten geht, sowohl auf der Schiene als auch ches aber in Ordnung ist. auf der Straße. Es muss zu Verkehrssystemen kommen, so meinen wir, die nicht nur intelligent in sich sind - und bei Und wir wollen 3. - und das ist der dritte Anspruch - die den Zügen, die ich Ihnen vorhin beschrieben habe, sind Regionalstrecken in Thüringen, die wir strukturpolitisch sie es nicht - und auch vernetzt sind, sondern auch sowohl für vorrangig halten, natürlich auch entscheiden können. den Personen- als auch den Güterverkehr sinnvoll auf der Das wäre das allerschönste. Im Budget - das Geld ist da, Straße mit einbindet. Und drittens, die Schweiz hat das es kostet nicht eine D-Mark mehr, wo wir in Thüringen im Übrigen in vorbildlicher Art und Weise schon vorge- sagen können, aber auch die anderen, wir halten die Stre- macht, es muss zu Verkehrssystemen kommen, die auch cke A für vorrangig zu bearbeiten oder B oder C und dort grenzüberschreitend stattfinden, auch im regionalen Be- wollen wir uns bemühen und diese Strecken vorrangig reich. Das gebietet nicht nur die Logik, sondern das gebie- in einen Zustand bringen, der qualitativ hochwertigen Ver- tet auch die Wirtschaftlichkeit. Vorerst aber geht es darum, kehr erlaubt. Das ist bisher nicht möglich gewesen, mei- die regionalen Netze, die Bahnhöfe, die Sicherungstech- ne sehr verehrten Damen und Herren. nik, die Leittechnik, aber auch das rollende Material in einen Zustand zu bringen, der Wettbewerb zur Straße erst Zu Punkt zwei und drei Ihres zweiten Antrags: Wir wollen einmal möglich macht. Wer sich vor Augen führt, dass in und müssen die Sanierung der Netze beschleunigen, natür- den nächsten zehn Jahren der Personenverkehr um 60 und lich wollen wir das. Wenn die Planung und das Geld da der Güterverkehr um 20 Prozent zulegen wird, dem wird Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3639 erst einmal schlecht und Ihnen wird es wahrscheinlich auch Was heißt das nun? Ich nenne hier ganz kurz die fünf bei den Zahlen. Wir müssen zu dieser Vernetzung kom- wichtigsten Punkte dieser Initiative. men, allein die Straße kann dies nicht mehr bewältigen. 1. Der Wettbewerb muss gestärkt werden. Da sind wir Meine sehr verehrten Damen und Herren, die SPD-Fraktion uns ja auch einig, das haben Sie ebenfalls eben betont. kann nicht beantragen, diese beiden Anträge an den Aus- schuss einzubringen, das kann nur die Fraktion tun, die 2. Die Produktivität der Bahn muss erhöht werden. dieses beantragt hat, aber wir halten es für erforderlich und hielten es für zweckmäßig, diese Debatte im Aus- 3. Die finanziellen Mittel müssen langfristig bereitge- schuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik weiter- stellt und gesichert werden - und nicht das Bangen von zuführen. Vielen Dank. Jahr zu Jahr, also finanzielle Mittel langfristig durch den Bund bereitstellen. (Beifall bei der SPD) 4. Eine Strategie für den Güterverkehr muss her. Dies sehe Vizepräsidentin Ellenberger: ich im Moment überhaupt nicht, im Gegenteil, Abbau des Schienengüterverkehrs ist in Thüringen zu verzeichnen. Herr Abgeordneter Kallenbach, bitte, Sie haben als Also, eine Strategie, um den Güterverkehr nicht nur rheto- Nächster das Wort. risch auf die Schiene zu bringen, sondern tatsächlich in der Praxis auf die Schiene zu bringen. Abgeordneter Kallenbach, CDU: (Beifall bei der CDU) Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Deutsche Bahn AG befindet sich in einer außerordent- 5. Eine Verbesserung des Fahrplanangebots und eine bes- lich schwierigen, ja krisenhaften Situation. Das Bahnnetz, sere Koordinierung zwischen den einzelnen Angeboten. das Schienennetz ist marode, die Angebote werden zurück- gefahren und die Pünktlichkeit nimmt auch nicht zu. Die Nun werden die langfristigen Maßnahmen bekanntlich im Rahmenbedingungen müssen grundsätzlich überprüft und Bundesverkehrswegeplan festgeschrieben. Die rotgrüne neu erarbeitet werden, aber natürlich vor allem auf Bun- Bundesregierung hat in ihre Koalitionsvereinbarung hinein- desebene. Die Auffassung der CDU ist, die Bahn muss fit geschrieben, dass sie in dieser Legislatur den Bundesver- gemacht werden für das 21. Jahrhundert, in das gesamte kehrswegeplan überarbeiten will. Davon ist inzwischen Schienensystem muss wieder Schwung reinkommen. überhaupt nicht mehr die Rede - ein Schelm, der Böses dabei denkt. (Beifall bei der CDU) Was aber nun wirklich dann wenigstens dringend not- Mit diesen beiden Anträgen wollen wir versuchen, dazu wendig wäre, ist, das Investitionsprogramm für die Jahre ein Stück unseren Beitrag in Thüringen zu leisten. Zum nach 2002, also für die Jahre 2003 bis 2007, zu erarbeiten, Fernverkehr - Kollege Lippmann, es geht nicht darum, un- zu verabschieden, meine Damen und Herren. Alle 16 Bun- bedingt die Zuggattung InterRegio zu erhalten oder zu er- desländer haben im letzten Frühjahr, vor einem Jahr, ihre weitern, ganz und gar nicht, es geht darum, dass die Leis- Anmeldung an das Bundesverkehrsministerium abgegeben tungen im Fernverkehr nicht dramatisch abgebaut werden. nach den Kriterien, wie sie vorgegeben waren, aber die Be- wertung lässt auf sich warten. Gestern hat uns Herr Staats- (Beifall bei der CDU) sekretär Hilfsberg auf der mitteldeutschen Verkehrskonfe- renz in Leipzig eröffnet, dass sie sich außer Stande sehen, Ich will Ihnen die Zahlen sagen: Am letzten Wochenende in den nächsten Monaten überhaupt das Investitionspro- war Fahrplanwechsel und mit diesem Fahrplanwechsel gramm, das dringend gebraucht würde - da waren sich alle sind 180 Mio. Fahrplankilometer abgebaut worden im einig -, zu verabschieden. Er hat uns auch bei diesem Fi- Fernverkehr. Das ist der falsche Weg. nanzierungsprogramm auf das Jahr 2003 vertröstet. Meine Damen und Herren, da kann man doch nicht gleichzeitig (Beifall bei der CDU) davon reden, dass man Verkehr auf die Schiene bringen will, wenn niemand in Deutschland weiß, wie es nach dem Es geht nicht darum, den InterRegio zu erhalten, sondern nächsten Jahr weitergehen soll. Wir fordern, dass so schnell den Fernverkehr zu erhalten und auszubauen. Das ist unser wie irgend möglich das Investitionsprogramm von der Ziel und soweit wir das beeinflussen können, wollen wir Bundesregierung verabschiedet wird. das machen. Aber da es offenbar mit Reden und Appellen nicht zu erreichen ist, hat die CDU/CSU-Bundestagsfrak- (Beifall bei der CDU) tion im Februar dazu eine Gesetzesinitiative ergriffen, die auch vom Bundesrat unterstützt wird, um zu erreichen, Noch einmal ganz kurz zu der Diskussion Trennung die Bahn gesetzlich zu verpflichten, in der Fläche nach zwischen Netz und Betrieb: Da stehen Sie ziemlich allein wie vor Fernverkehr aufrecht zu erhalten. mit der Auffassung, dass doch die Trennung gar nicht 3640 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 notwendig ist, sondern dass man das so lassen soll, wie es noch etwas investiert wird und zu der gemeinsamen Kabi- ist. Wir merken ja gerade, dass es so wie es jetzt funktio- nettssitzung in Gera hat der Bundeskanzler verkündet, dass niert, nicht der richtige Weg ist, Kollege Lippmann. er 3 Mio. DM mitbringt, um diese eine kleine Brücke dort bauen zu können, damit das Baurecht nicht verfällt. Das (Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Jawohl!) Ziel ist schon in Ordnung, dass das Baurecht nicht verfällt, aber wir brauchen eben nicht 3 Mio. DM, sondern 3 Mrd. Es muss doch eine Trennung erfolgen, meine Damen und DM - das war das kleine Versehen des Bundeskanzlers. Herren, und das hat auch die Pällmann-Kommission ein- Wir brauchen also 3 Mrd. DM, um hier diese Strecke bauen deutig als Ergebnis ausgewiesen, das war ja auch ihre zu können. Erfreulich war, dass gestern Staatssekretär Aufgabe, das zu untersuchen, eindeutig die Empfehlung Hilfsberg gesagt hat, er will auch und die ganze Bundes- an die Politik, diese Trennung vorzunehmen. Meine Da- regierung will auch die Strecke, aber man muss zu einer men und Herren, wenn man Fachleuten dann einmal das Aussage dann auch wirklich Tatsachen folgen lassen, d.h., Wort gibt, dann soll man auch auf sie hören und nicht sa- die finanzielle Untersetzung auch wirklich beschließen und gen, nein, es war nur Spaß, jetzt überlegen wir mal, ob wir das Geld dann auch entsprechend einplanen. Da werden wir es doch ganz anders machen. Im Moment wird ja nun wie- nicht locker lassen, sondern es muss unser Ziel bleiben, dass der eine Kommission ins Leben gerufen, die wieder das das Verkehrsprojekt "Deutsche Einheit" Nr. 8 so schnell überprüfen soll, was die vorherige Kommission gesagt hat wie möglich realisiert wird. Ich kann Ihnen das nur sagen, - diese Taskforce. Da weiß auch keiner, wie es da nun das war auch gestern das eindeutige Ergebnis aller drei mit- wirklich weitergehen soll auf Bundesebene. teldeutschen Bundesländer, also Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, insbesondere - das darf ich an dieser Stelle Wichtig sind uns noch zwei Punkte zum Fernverkehr, das auch einmal sagen - die Oberbürgermeisterin von Halle, ist die Anbindung von Gera an den Fernverkehr Thürin- Frau Häußler, hat das ganz nachdrücklich im Namen aller gens und Deutschlands. kommunalen Vertreter noch einmal betont und an die Bun- desregierung als Appell gerichtet. Da reicht eben nicht der (Beifall bei der CDU) Hinweis, zu sagen, im Jahre 2004 wird ja der Solidarpakt II sicherlich beschlossen werden und der wird ab 2005 Die ist ja nun gerade abgeschafft worden mit dem Fahr- dann wirksam, sondern wir brauchen jetzt so schnell wie planwechsel am letzten Wochenende. Aber das positive möglich Mittel, um die Verkehrsinfrastruktur in den neuen Zeichen ist, dass nun wirklich die Bauarbeiten auf der Bundesländern aufzuwerten und deswegen werden wir Mitte-Deutschland-Verbindung angefangen haben. Nach auch weiterhin am Sonderprogramm Ost festhalten, meine meinen Unterlagen sind es 605 Mio. DM, na gut, wir sind Damen und Herren. ja erst einmal zufrieden, dass die jetzt auf dem Papier stehen. Nun geht es aber darum, dass diese auch wirklich (Beifall bei der CDU) so schnell wie möglich in das Netz investiert werden. Herr Staatssekretär hat schon wieder kritisch hinterfragt, ob es Noch ein paar Ausführungen zum Schienenpersonennah- denn auch wirklich dazu kommt - also da müssen wir nun verkehr. Da ist viel erreicht worden in der Vergangenheit, alle darauf achten, dass diese Mittel auch so schnell wie aber es muss auch in Zukunft so weitergehen, dass im möglich in dieses Netz Mitte-Deutschland-Verbindung zwi- SPNV die Fahrgastzahlen steigen. Wir brauchen den flä- schen Weimar und Gera ausgegeben werden. Das Land gibt chendeckenden SPNV, aber er muss sich auch wirtschaft- immerhin noch einmal 35 Mio. DM hinzu. Wenn diese lich darstellen lassen. Um das zu erreichen geht es eben Mittel investiert sein werden, verkürzt sich die Fahrzeit zwi- nicht, dass die Bahn in viele Strecken überhaupt nichts schen Erfurt und Gera von 87 auf 58 Minuten, das ist rund mehr investiert und eines Tages dann das Eisenbahnbun- ein Drittel schneller als das zurzeit der Fall ist. Spätestens desamt kommt und sagt, aus Sicherheitsgründen muss die wenn diese Mittel investiert sein werden, muss dann auch Strecke geschlossen werden, sondern da müssen wir neue wieder der Fernverkehr dort rollen, sonst war es nämlich Wege probieren. Da kann ein Weg sein, private Anbieter ziemlich für die Katz; dann wollen wir auch den Fernver- nicht nur für den Verkehr auf der Schiene, sondern auch für kehr wieder auf diese Strecke von Weimar über Jena nach das Schienennetz selber an den Markt zu lassen. Das ist Gera und weiter nach Glauchau. Das ist unser Ziel und also unser Punkt und wie man hört, wird ja auch für das damit noch nicht genug, wir wollen als wirklich endgül- Sonneberger Netz eine entsprechende Initiative recht bald tige Lösung den kompletten zweigleisigen und elektrifizier- wirksam werden. Kollege Lippmann, es ist schon so, der ten Ausbau - und da lassen wir auch nicht locker, meine Freistaat, die Länder, wollen natürlich auch das Sagen Damen und Herren. haben, welche Strecken aufgewertet werden, welche er- halten werden, in welche investiert wird. Aber die weni- (Beifall bei der CDU) gen Mittel, die die Bahn nun tatsächlich selber hat, um in ihre Strecken zu investieren, die werden wir ihr schlecht Zum letzten Punkt des Fernverkehrs: Natürlich das Ver- wegnehmen können. Damit Sie mal wissen, über welche kehrsprojekt "Deutsche Einheit" Nr. 8, hat Staatssekretär Größenordnung wir überhaupt reden: Wir hatten in Thürin- Richwien noch einmal nachdrücklich auf die Bedeutung gen in der ersten Hälfte der 90er-Jahre rund 1 Mrd. DM pro hingewiesen. Es ist nun so, dass seit zwei Jahren kaum Jahr in das Gleisnetz Thüringens investiert, rund 1 Mrd. Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3641

DM pro Jahr. Da ging es auch wirklich vorwärts, da wurde Zum Schluss, weil es dazu in den letzten Tagen und das Streckennetz nachhaltig aufgewertet. Inzwischen haben Wochen einige Irritationen gab - und nicht nur mich werden die drei Bundesländer, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thü- entsprechende Protestbriefe erreicht haben - wie sieht das ringen pro Jahr unter 100 Mio. DM pro Jahr ausgegeben, nun aus mit der kostenlosen Mitnahme von Fahrrädern, das steht ihnen zur Verfügung, unter 100 Mio. DM. Da insbesondere durch die Studenten? Der Geschäftsführer braucht man sich natürlich nicht über die Folgen zu wun- der Thüringer Nahverkehrsservicegesellschaft, Herr Meier, dern. Ihnen das dann noch wegzunehmen, halte ich für hat durch intensive Verhandlungen im Auftrag des Wirt- ziemlich verfehlt. Ich denke, wir müssen schauen, wie wir schaftsministeriums erreicht, dass die Beschränkung, die aus dem Geld, was zur Verfügung steht, das Beste ma- die DB Regio hier verhängt hat, wieder rückgängig ge- chen können. macht wurde, und dass jeder wieder, so weit das Angebot es ermöglicht, kostenlos sein Fahrrad - sei es nun einer, der Ich will ihnen die Projekte nennen: Das Land, das Wirt- ein Semesterticket hat, oder jemand, der so den Schienen- schaftsministerium vergibt die Baukostenzuschüsse, um personennahverkehr in Thüringen nutzt - mitnehmen kann. gezielt den Nahverkehrsplan umzusetzen. Ich darf Ihnen Ich denke, das ist auch ein guter Erfolg. die Projekte nennen in diesem Jahr: für den Bereich Eis- feld-Sonneberg-Neuhaus, also das Sonneberger Netz, im- (Beifall bei der CDU) merhin 9 Mio. DM - Kollegin Zitzmann wird es freuen, nun geht es wirklich mal endlich los, jahrelang wurde Meine Damen und Herren, wir wollen mit diesen An- darüber geredet -, für den Bereich Rottenbach-Schwarza- trägen Impulse geben für einen attraktiven Schienenver- tal, Oberweißbacher Bergbahn - Kollege Wunderlich wird kehr in Thüringen und bitten allerdings um Weiterbera- es freuen - 8 Mio. DM sind in diesem Jahr eingeplant, tung dieser beiden Anträge im Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU) (Beifall bei der CDU) für den Abschnitt, auf dem man teilweise nur noch 10 oder 15 km/h fahren kann, Kühnhausen-Bad Langensalza ste- Vizepräsidentin Ellenberger: hen ebenfalls 8 Mio. DM zur Verfügung, Kollege Bonitz, Meine Damen und Herren, entsprechend der Geschäfts- (Beifall bei der SPD) ordnung unterbreche ich jetzt den Tagesordnungspunkt 10.

8 Mio. DM wird das Land zuschießen, für den Abschnitt Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 24 Gera-Mehlteuer sind es 7,3 Mio. DM. Auch dort gibt das Land Baukostenzuschüsse, um die Strecken entsprechend Fragestunde zu unterhalten. Für die Beseitigung von Langsamfahr- stellen sind es in der Summe auch noch mal 7,1 Mio. DM. Frau Abgeordnete Dr. Fischer, Sie haben die erste Frage in Drucksache 3/1586. (Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Haben Sie Ihren Wahlkreis jetzt vergessen?) Abgeordnete Dr. Fischer, PDS:

Mein Wahlkreis ist nicht dabei. Aber das sind die großen Mittel für Entwicklungszusammenarbeit Projekte, um die es geht, nur weil die Frage vom Kollegen Lippmann aufgeworfen wurde, welche Projekte nun eigent- Ein junger Mann aus Nordthüringen leistet zurzeit seinen lich tatsächlich finanziert werden. Zivildienst in Indien. Dort forstet er eine im Hochland gele- gene Fläche auf. Um die jungen Bäume vor der Witterung Auf einen Punkt möchte ich noch hinweisen: Wir kön- und den wilden Tieren zu schützen, muss zunächst eine nen im Moment eigentlich alle Oberzentren in den Nach- Mauer errichtet werden. Um das benötigte Baumaterial zu barbundesländern recht gut mit dem SPNV erreichen, außer beschaffen, werden finanzielle Mittel benötigt. Leipzig. Leipzig ist von hier aus nur durch nicht günsti- ge Umsteigebeziehungen erreichbar. Und da ist eben der Dieses Projekt könnte gemäß der Thüringer Leitlinien zur Gedanke, dass sich die drei Bundesländer im mitteldeut- Entwicklungszusammenarbeit vom Land unterstützt wer- schen Raum zusammensetzen und noch einmal überlegen, den. wie hier eine zügige Verbindung, meinetwegen von Eise- nach über Erfurt nach Leipzig und parallel dazu entlang Ich frage die Landesregierung: der Saale, also von nach Halle, geschaffen wird. Die Angebote sind im Prinzip da, sie müssten nur umstruk- 1. An welche Adresse ist ein Antrag auf finanzielle Zu- turiert werden. Ich denke, eine zügige günstige Verbindung schüsse in obiger Angelegenheit zu richten? nach Leipzig wäre wirklich ein wichtiger Gewinn. 2. Welcher Form bedarf ein solcher Antrag? 3642 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

3. Wie steht die Landesregierung zur Ableistung des Zi- Vizepräsidentin Ellenberger: vildienstes in dieser Form? Gibt es weitere Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Vizepräsidentin Ellenberger: Danke, Herr Minister.

Herr Minister Köckert, bitte schön. Wir kommen zur Frage in Drucksache 3/1588. Bitte, Frau Abgeordnete Wolf. Köckert, Innenminister: Abgeordnete K. Wolf, PDS: Frau Präsidentin, Frau Dr. Fischer, für die Landesregie- rung beantworte ich Ihre Frage wie folgt: Kündigung von schwer behinderten Lehrerinnen und Lehrern Zu Frage 1: In der der Frage zu Grunde liegenden Ange- legenheit handelt es sich um ein Wiederaufforstungs- Bei der Beantwortung meiner Kleinen Anfrage wurde da- projekt in der Provinz Bihar in Nordostindien, dessen rauf hingewiesen, ich zitiere: "Hinzu kommt, dass einige Träger die Entwicklungspolitische Gesellschaft e.V. mit Verfahren von Kündigungen von Schwerbehinderten noch Sitz in Berlin ist. Der junge Mann aus Nordostthüringen nicht abgeschlossen sind." leistet offensichtlich einen so genannten anderen Dienst im Ausland gemäß § 14 b des Zivildienstgesetzes und nicht Ich frage die Landesregierung: wie fälschlicherweise behauptet Zivildienst. Es handelt sich dabei um einen freiwilligen ehrenamtlichen Dienst, 1. Warum werden schwer behinderte Lehrerinnen und der zur Nichtheranziehung zum Zivildienst führt. Da der Lehrer entlassen? Trägerverein, wie erwähnt, seinen Sitz in Berlin hat, kann eine Förderung mit Haushaltsmitteln des Freistaats 2. Auf welcher juristischen Grundlage werden die Kün- Thüringen nicht erfolgen. digungen ausgesprochen?

Ein entsprechender Antrag wäre daher durch den Trä- 3. Wie viele schwer behinderte Lehrerinnen und Lehrer gerverein an das Land Berlin zu richten. Gleichwohl hat sollen entlassen werden? die Landesregierung die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Neu-Delhi um Prüfung einer eventuellen 4. Wie viele klagten dagegen? Förderung des Vorhabens aus dortigen Projektmitteln in Höhe von etwa 15.000 DM gebeten. Die Botschaft hat Vizepräsidentin Ellenberger: sich bereit erklärt, das Vorhaben zu prüfen und sich mit dem Trägerverein in Berlin ins Benehmen zu setzen. Herr Minister Krapp, bitte schön.

Zu Frage 2 verweise ich zur Beantwortung auf die Frage 1. Dr. Krapp, Kultusminister:

Zu Frage 3: Die Landesregierung steht diesem "anderen Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Her- Dienst" im Ausland als Beitrag zur internationalen Ver- ren, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Wolf be- ständigung positiv gegenüber. antworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Vizepräsidentin Ellenberger: Zu Frage 1: Der Rückgang der Schülerzahlen und die Streichung von Haushaltsstellen lassen Beschäftigungs- Es gibt Nachfragen. Bitte, Frau Abgeordnete Fischer. möglichkeiten für alle Bediensteten gleichermaßen entfal- len. In den Schulamtsbereichen, in denen überhaupt noch Abgeordnete Dr. Fischer, PDS: Bedienstete ohne Kündigungsschutz benötigt werden, wur- de die Schwerbehinderung im Rahmen der durchzuführen- Herr Minister Köckert, gesetzt den Fall es gäbe einen den Sozialauswahl berücksichtigt. Einen absoluten Vorrang ähnlichen Verein in Thüringen, an welche Stelle, an welche von Schwerbehinderten darf es jedoch nach § 1 des Kündi- Adresse wären dann solche Anträge auf finanzielle Zu- gungsschutzgesetzes auch in diesem Rahmen nicht geben. schüsse in Thüringen zu richten und welcher Form be- dürften diese? Zu Frage 2: Schwer behinderte Bedienstete unterliegen zwar einem besonderen Kündigungsschutz nach den Rege- Köckert, Innenminister: lungen des Schwerbehindertengesetzes, diese Regelungen beinhalten jedoch keinen absoluten Schutz vor Kündigung, Jetzt bin ich überfragt, aber das könnte ich Ihnen mitteilen. sondern haben zum Ziel, eine Benachteiligung Schwerbe- hinderter gegenüber anderen Arbeitnehmern zu verhindern. Zu diesem Zweck sieht das Gesetz ein besonderes Verfa- ren bei den staatlichen Versorgungsämtern vor. Kündigun- Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3643 gen dürfen erst nach Zustimmung dieser Stelle ausgespro- Der Landrat beantwortete die Frage wie folgt, dass der chen werden. Einer über das Thüringer Haushaltsgesetz Schulamtsleiter Herr May kein Angestellter des Landkrei- 2001/2002 und diese Regelungen hinausgehenden gesetzli- ses ist und somit nicht verpflichtet ist, diese anmaßende chen Grundlage bedarf es zum Ausspruch der Kündigun- Frage der PDS-Fraktion zu beantworten. Nun möchte ich gen nicht. in meiner Funktion als Landtagsabgeordneter diese Fra- ge hier beantwortet bekommen. Zu Frage 3: In das Verfahren zum Ausspruch betriebs- bedingter Kündigungen waren ursprünglich 81 Bediens- Somit frage ich die Landesregierung: tete einbezogen. Ein erheblicher Teil dieser Bediensteten ist nach Angeboten des Thüringer Kultusministeriums im 1. Ist am 26. März 2001 in der Regelschule in Obermaß- März 2001 einvernehmlich aus dem Landesdienst ausge- feld der Unterricht ausgefallen? schieden. Insgesamt haben rund ein Viertel der zur Kündi- gung vorgesehenen Bediensteten diese Angebote ange- 2. Was war der Grund dafür? nommen. 3. Was wird die Landesregierung gemeinsam mit dem Zu Frage 4: Es ist davon auszugehen, dass die Mehrzahl zuständigen staatlichen Schulamt tun, um solche Aus- der von einer Kündigung betroffenen Bediensteten gegen fälle zukünftig zu vermeiden? die Kündigung klagt. Genaue Zahlen werden aus daten- schutzrechtlichen Gründen nicht erhoben. Vielen Dank für 4. Ist es auch die Haltung der Landesregierung, dass diese die Aufmerksamkeit. Frage die Kreisräte des Landkreises Schmalkalden-Mei- ningen nichts angeht? Vizepräsidentin Ellenberger: Vizepräsidentin Ellenberger: Gibt es Nachfragen? Ja bitte, Herr Abgeordneter Nothnagel. Bitte schön, Herr Minister Dr. Krapp. Abgeordneter Nothnagel, PDS: Dr. Krapp, Kultusminister: Wie viele Anträge liegen bei den Hauptfürsorgestellen auf Kündigung von schwer behinderten Lehrern vor? Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Münd- liche Anfrage des Abgeordneten Nothnagel beantworte Dr. Krapp, Kultusminister: ich namens der Landesregierung wie folgt:

Ich kann die Frage jetzt im Einzelnen nicht beantworten, Zu Frage 1: Es ist kein Unterricht ausgefallen, vielmehr aber so viel in diesem Zusammenhang: Die Versorgungs- hat die Schule an diesem Tag einen der drei frei verfüg- ämter haben den Kündigungen bisher ganz überwiegend baren Ferientage genutzt. zugestimmt. Nur in einem Fall liegt bisher die Versagung der Zustimmung durch eine Hauptfürsorgestelle vor, die Damit entfallen die Antworten auf die Fragen 2 und 3. anderen Zahlen kann ich Ihnen noch nachliefern. Zu Frage 4: Da die Schulaufsicht Aufgabe des Landes ist Vizepräsidentin Ellenberger: und von der Schulaufsichtsbehörde ausgeübt wird, wird die Befassungskompetenz des Kreistages hingegen auf Weitere Fragen sehe ich nicht. Danke, Herr Minister. die Aufgaben des eigenen Wirkungskreises des Landkrei- ses beschränkt und damit ist der Kreistag für die Fragen Wir kommen zur Frage in Drucksache 3/1589. Bitte, Herr der Schulaufsicht nicht zuständig. Abgeordneter Nothnagel. Vizepräsidentin Ellenberger: Abgeordneter Nothnagel, PDS: Gibt es Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Unterrichtsausfall in der Regelschule Obermaßfeld am 26. März 2001 Wir haben als Nächstes die Frage in Drucksache 3/1591. Bitte, Frau Abgeordnete Tasch. Die PDS-Kreistagsfraktion im Kreistag Schmalkalden- Meiningen fragte in der Kreistagssitzung am 26. April Abgeordnete Tasch, CDU: 2001 in Meiningen beim Landrat sowie bei der Kreis- verwaltung nach, ob der Schulunterricht in der Regel- Amphibienschutz in Thüringen schule Obermaßfeld wegen Lehrermangels am 26. März 2001 ausgefallen ist. Von den in Thüringen vorkommenden Amphibienarten sind in der Roten Liste fast drei Viertel als gefährdet ein- gestuft. Im Rahmen des Ausbaus der Infrastruktur wird 3644 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 auch in Amphibienlebensräume eingegriffen. Besonders Naturschutzgesetzes. Darüber hinaus werden aus dem Pro- wichtig für den Amphibienschutz ist der Schutz der Ge- gramm zur Förderung von Maßnahmen des Naturschutzes wässer und Feuchtgebiete im Freistaat. und der Landschaftspflege seit 1997 in der Größenordnung von jeweils ca. 50.000 DM eingesetzte Krötenzäune be- Ich frage die Landesregierung: treut. Allein im Jahre 1999 wurden zur Betreuung von über 60 Kilometern Krötenzäune über 70.000 DM bereit- 1. Was sind die Gefährdungsursachen und welche Maß- gestellt. Im laufenden Jahr werden trotz knapper Haushalts- nahmen ergreift die Landesregierung, dem Rückgang der mittel alle zum Amphibienschutz eingegangen Anträge heimischen Amphibien entgegenzuwirken? bewilligt. Darüber hinaus strebt die Landesregierung an, auch die Lebensräume der Amphibien selbst zu verbes- 2. Welche Ausgleichsmaßnahmen durch Ausbau der Infra- sern. So wurden diesbezüglich etwa Projekte der Natur- struktur werden zum Schutz der Amphibien durchge- schutzverbände zur Optimierung von Amphibienlebens- führt, und wie kann die Wirksamkeit dieser Maßnahmen räumen in den vergangenen Jahren mehrfach finanziell dauerhaft gesichert werden? unterstützt. Auch Verträge zur Extensivierung der Nutzung und zur Flächenpflege sowie die Reduzierung des Ein- 3. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um bei der Rena- satzes von Pflanzenschutzmitteln oder aber die Offenhal- turierung von Abbauflächen aktiven Amphibienschutz zu tung der wichtigen Laichquartiere unterstützen dies. Dane- betreiben? ben gibt es Sonderprogramme, die dem Schutz spezifi- scher Amphibienpopulationen dienen. So wurde schon vor 4. Welche Programme zur Renaturierung und Entwick- Jahren von der Thüringer Landesanstalt für Umwelt ein lung der Feuchtgebiete im Freistaat gibt es, und wie kön- Artenhilfsprogramm für den "Moorfrosch" durchgeführt. nen sich Landnutzer und Kommunen an der Umsetzung dieser Programme beteiligen? (Beifall bei der SPD)

Vizepräsidentin Ellenberger: Zu Frage 2: Zunächst sei mir der Hinweis gestattet, dass noch vor der Anordnung und Durchführung von Aus- Bitte schön, Herr Staatssekretär Illert. gleichsmaßnahmen die Optimierung der Planung als viel- fach auch so genannte Vermeidungsmaßnahme notwendig Illert, Staatssekretär: ist. Dies halte ich für noch wichtiger als den Ausgleich eines unvermeidbaren Eingriffs. Eingriffe in Amphibien- Frau Landtagspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren lebensräume und Beeinträchtigungen derselben sollen Abgeordneten, namens der Landesregierung beantworte durch eine intelligente Planung vermieden werden, damit ich die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Tasch wie Beeinträchtigungen erst gar nicht entstehen. An erster Stel- folgt: le steht hier die Wahl einer anderen Trassenlage, um Am- phibienlebensräume zu umgehen. Kann die Zerschneidung Zu Frage 1: An Ursachen der Gefährdung der Lebens- von Amphibienlebensräumen durch Baumaßnahmen, vor räume der heimischen Amphibien sind vor allem die in allem der Verkehrsinfrastruktur, nicht vermieden werden, früheren Zeiten durchgeführten großflächigen Entwässe- rungsmaßnahmen und der damit verbundene Verlust von (Beifall bei der SPD) Laichgewässern und die Verschlechterung von Nahrungs- räumen der Amphibien durch Trockenlegung zu nennen. müssen Maßnahmen angeordnet werden, die diesen Zer- Dabei gleichzeitig entstandene künstliche Wasserspeicher schneidungseffekt minimieren. Die Wirksamkeit dieser konnten die Verluste nicht ersetzen. Die Intensivierung Maßnahmen kann dadurch gesichert werden, dass er- der Nutzung der Landschaft hat unter anderem auch da- probte Bauvorhaben, deren langfristige Wirksamkeit be- zu geführt, dass sich die Qualität der Laichquartiere ver- reits nachgewiesen ist, zum Einsatz kommen. Hierzu ge- schlechterte, aber auch unkontrollierter Besatz von Laich- hört etwa der Bau dauerhafter Leiteinrichtungen für die gewässern mit Fischen gehörte dazu. Heutzutage darf der Amphibien in Kombination mit Krötentunneln. Die Stra- Fischbesatz nur noch nach Hegeplänen erfolgen, die der ßenverwaltungen der Länder haben hierzu erprobte Lösun- behördlichen Überprüfung unterliegen. Bei denjenigen Am- gen entwickelt. Je nach örtlichen Gegebenheiten unter Be- phibien, die auf sauerstoffreiche Fließgewässer angewiesen achtung der spezifischen Verhaltensweisen der betroffenen sind, haben in der Vergangenheit Einleitungen von sauer- Amphibienarten ist es beispielsweise denkbar, ein durch stoffzehrenden Nährstofffrachten etwa durch Abwasserein- den Zerschneidungseffekt einer Straße abgetrenntes Laich- leitungen zu Bestandsrückgängen geführt. Mit der im ge- quartier auf der anderen Straßenseite in räumlicher Nähe samten Freistaat wesentlich verbesserten Abwasserreini- zum Sommer- bzw. Winterlebensraum als Ersatzlaich- gung, die seit 1990 eine Verdreifachung der Gewässer- quartier zum Ausgleich neu zu errichten. strecken mit guter Qualität erreicht hat, haben wir schon sehr viel vollbracht, was auch den Amphibien nützt. Natur- Zu Frage 3.: Hierzu werden Festlegungen im Rahmenbe- nahe Kleingewässer und Altwässer als wichtige Laichquar- triebsplan oder im Abschlussbetriebsplan getroffen. Dieser tiere stehen unter dem besonderen Schutz des Thüringer hat die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen der Na- Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3645 turschutzgesetze, hier zum Schutz der Amphibien, zu be- Einleitung von häuslichen Abwässern nur noch nach Be- rücksichtigen und unterliegt der behördlichen Prüfung. handlung in einer vollbiologisch wirkenden Anlage oder in einer anderen Abwasseranlage, die über mindestens die Zu Frage 4.: Die bereits vorhandenen Programme, wie das gleiche Reinigungsleistung verfügen muss, erfolgen darf? Programm zur Förderung von Maßnahmen des Natur- schutzes und der Landschaftspflege und auch das KULAP 2. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung bezüg- werden so eingesetzt werden, dass sie der Renaturierung lich der Zulässigkeit so genannter Kleinkläranlagen nach und der Entwicklung der Feuchtgebiete und dem Amphi- dem 31. Dezember 2005 als Übergangslösung bis zum An- bienschutz dienen. Interessierte können sich daran beteili- schluss an eine zentrale Abwasserbehandlungsanlage? gen, indem sie einen Antrag auf Förderung bei den je- weils zuständigen Landwirtschaftsämtern oder den unteren 3. Plant das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutzbehörden stellen. Naturschutz und Umwelt als oberste Wasserbehörde eine Änderung seines Erlasses über die wasserrechtliche Zu- (Beifall bei der CDU, SPD) lässigkeit von Kleinkläranlagen und zur Befreiung von der Abwasserbeseitigungspflicht vom 12. Februar 1997 und Vizepräsidentin Ellenberger: der Thüringer Verordnung zur Umsetzung der Richtlinie 91/271/EWG über die Behandlung von kommunalem Ab- Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär. Gibt es denn das wasser (ThürkoAbwVO), um zu garantieren, dass die teil- Bedürfnis bei Abgeordneten, die jetzigen Erkenntnisse biologische Behandlung von häuslichem Abwasser als noch durch Zusatzfragen zu vertiefen? Übergangslösung bis zum Anschluss an eine zentrale Ab- wasserbehandlungsanlage auch nach dem 31. Dezember (Unruhe bei der SPD) 2005 möglich ist?

Das ist wohl nicht der Fall. 4. Welche Kostenbelastung käme im Durchschnitt auf einen betroffenen Grundstückseigentümer zu, der wegen Dann kommen wir zur nächsten Frage, das heißt, wir des noch nicht erfolgten Anschlusses an eine zentrale Ab- kommen zur nächsten Frage nicht. Im Einvernehmen mit wasserbehandlungsanlage an Stelle der bestehenden Klein- der Fragestellerin, Frau Dr. Kaschuba, wurde diese Frage kläranlage eine vollbiologisch wirkende Anlage errichten auf die morgige Fragestunde verlegt, weil der zuständige müsste? Staatssekretär sich draußen bei der Demonstration befindet. Vizepräsidentin Ellenberger: Wir kommen somit zur Frage in Drucksache 3/1599. Herr Abgeordneter Höhn, bitte. Herr Staatssekretär Illert, bitte.

Abgeordneter Höhn, SPD: Illert, Staatssekretär:

Kommunalabwasserbehandlung in Thüringen Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordne- ten, ich beantworte die von Herrn Abgeordneten Höhn Auf die Kleine Anfrage 341 vom 1. März 2001 zur Kom- gestellten Fragen im Namen der Landesregierung wie munalabwasserbehandlung in Thüringen antwortete die folgt: Landesregierung mit Schreiben vom 20. April 2001 unter anderem Folgendes: "Für bestehende Abwassereinleitun- Zu 1.: Ja, allerdings trifft dies nur zu hinsichtlich neuer gen in gemeindlichen Gebieten mit weniger als 2.000 Ein- wasserrechtlicher Erlaubnisse für eine Abwassereinlei- wohnern gibt es, soweit aus wassergütewirtschaftlichen tung aus einer Kleinkläranlage in ein Gewässer, die nur Gründen (z.B. in Wasserschutzgebieten) keine Sanierungs- erteilt werden kann, wenn die Anlage dem Stand der anforderungen getroffen werden, keine konkreten Anforde- Technik entspricht. Der Stand der Technik wird durch rungen an die Abwasserbehandlung zu einem festgelegten eine vollbiologische Kleinkläranlage nach DIN 4261, Stichtag." (vgl. Drucksache 3/1526, Seite 5, Absatz 3) Teil II oder eine diesen Anforderungen entsprechenden gleichwertigen Anlage erreicht. Falls die neue Kleinkläran- Ich frage die Landesregierung: lage bis spätestens zum 31.12.2005 durch einen Kanalan- schluss und eine Abwasserbehandlung in einer öffentli- 1. Ist der Landesregierung bekannt, dass untere Wasser- chen Kläranlage abgelöst wird, ist eine Übergangslösung behörden des Freistaats in Stellungnahmen gegenüber den gemäß DIN 4162, Teil I, grundsätzlich möglich. Der ge- Zweckverbänden die Rechtsauffassung vertreten, dass eine nannte Termin 31.12.2005 bezieht sich nicht auf beste- teilbiologische Behandlung der häuslichen Abwässer in An- hende Kleinkläranlagen. lagen nach DIN 4261 Teil 1 (Kleinkläranlage) als Über- gangslösung bis zum Anschluss an eine zentrale Abwas- Zu 2.: Neue Kleinkläranlagen müssen dem Stand der serbehandlungsanlage grundsätzlich nur bis zum 31. De- Technik entsprechen, wenn sie nicht spätestens zum zember 2005 in Betracht kommt und dass danach eine 31.12.2005 durch eine öffentliche Abwasserbehandlung 3646 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 abgelöst werden. Vizepräsidentin Ellenberger:

Zu 3.: Eine Verlängerung der angesprochenen Frist ist Als Nächster hat Herr Abgeordneter Sonntag eine Frage. nicht vorgesehen. Bitte, Herr Staatssekretär, bleiben Sie noch ein bisschen vorn. Zu 4.: Bestehende Anlagen, die nicht dem Stand der Technik entsprechen, sind aufgrund der gesetzlichen Vor- Abgeordneter Sonntag, CDU: gaben und der wasserwirtschaftlichen Erfordernisse in einem angemessenen Zeitraum anzupassen. Die Anpas- Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Herr Staatssekretär, sung erfolgt unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit und für Anlagen nach DIN 4261, Teil II, die in der Zeit nach des Übermaßverbots. Die Anpassung kann entweder durch 1991 errichtet wurden, gilt da ebenfalls die Grenze, die hier den Anschluss an eine öffentliche Abwasserbehandlungs- in dieser Anfrage gestellt wurde - 31.12.2005 oder gilt hier anlage oder durch eine Kleinkläranlage nach dem Stand der nur die Grenze Anschluss an eine öffentliche Abwasserent- Technik erfolgen. Für den Anschluss an die öffentliche sorgung? Wobei ich dazu sage, die dann auch mindestens Abwasserbehandlungsanlage sind Gebühren und Beiträge die Bedingungen einhalten muss, die in der DIN 4261, gemäß der Satzung des Abwasserbeseitungspflichtigen zu Teil II, dem Privatbetreiber vorgeschrieben sind. zahlen. Der Stand der Technik für Kleinkläranlagen kann im Einzelfall durch Sanierung der bestehenden Anlagen, Illert, Staatssekretär: Nachrüstsätze oder durch die Errichtung neuer Anlagen erreicht werden. Die Kosten liegen bei den genannten Lö- Es gilt auch da der 31.12.2005 und es ist auch zu beach- sungen in der Regel zwischen 6.000 DM bis 12.000 DM ten, wie eben auch bei der Zwischenfrage von Herrn Ab- pro Kleinkläranlage. geordneten Kummer; es geht dabei um Kleinkläranlagen nach Teil II oder einer gleichwertigen Anlage, aber es Vizepräsidentin Ellenberger: gilt der gleiche Termin.

Es gibt mehrere Zusatzfragen, bitte Herr Abgeordneter Vizepräsidentin Ellenberger: Höhn zunächst. Danke schön, Herr Staatssekretär. Wir kommen zur Abgeordneter Höhn, SPD: nächsten Frage in Drucksache 3/1600, bitte Herr Abge- ordneter Huster. Herr Staatssekretär, zur Antwort auf die Frage 4: Sie sprachen im Zusammenhang mit einer Übergangslösung Abgeordneter Huster, PDS: von einem angemessenen Zeitraum. Können Sie das noch etwas konkretisieren, welchen Zeitraum Sie für angemes- Bundesprogramm "Jugend für Toleranz und Demokratie - sen halten? gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Anti- semitismus", hier: Programmteil "Xenos - Leben und Ar- Illert, Staatssekretär: beiten in Vielfalt"

Ich habe, Herr Abgeordneter Höhn, ausdrücklich gesagt, Die Einreichung von Projektvorschlägen zum Programm den wasserwirtschaftlichen Erfordernissen angemessener "XENOS" wurde zum 31. März 2001 durch die Nationale Zeitraum. Deshalb gibt es da keine Regellösung. In be- Koordinierungsstelle - Europabüro für Projektbegleitung - sonders schwierigen wasserwirtschaftlichen Verhältnis- abgeschlossen. Es wurden im Rahmen dieses Programms sen wird dieser anders zu beurteilen sein als dann, wenn bundesweit mehr als 1.200 Projektvorschläge eingereicht. keine gravierenden, besonders schwer wiegenden Eingrif- fe in die Gewässergüte gegeben sind. Man kann dafür kei- Ich frage die Landesregierung: ne Regelzeit angeben. 1. Wie viele Projektvorschläge welcher Träger und Ini- Vizepräsidentin Ellenberger: tiativen wurden davon aus Thüringen gestellt?

Herr Abgeordneter Kummer, Sie haben eine weitere Frage? 2. Wie wurden die eingereichten Projekte in welchen Pro- gramminhalten durch die Landesregierung bewertet? Abgeordneter Kummer, PDS: 3. In welcher Höhe sicherte und sichert das Land die Ko- Herr Staatssekretär, stellen in diesem Zusammenhang finanzierung der eingereichten Projektvorschläge? Pflanzenkläranlagen auch den Stand der Technik dar? Vizepräsidentin Ellenberger: Illert, Staatssekretär: Herr Minister Dr. Pietzsch, bitte schön. Ja. Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3647

Dr. Pietzsch, Minister für Soziales, Familie und Abgeordneter Huster, PDS: Gesundheit: Herr Minister, wenn ich Sie jetzt richtig verstanden habe, Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, hatten die Träger nicht die Pflicht, sich bezüglich einer im Namen der Landesregierung beantworte ich die Frage Stellungnahme an das Ministerium zu wenden. Einige ha- und muss einige Vorbemerkungen vorausschicken, nämlich ben das getan und da würde ich konkret nachfragen: Ha- dass das Programm "XENOS" auf ausdrücklichen Wunsch ben Sie die bewertet oder haben Sie die nicht bewertet? des Bundes allein vom Bundesministerium für Arbeit und Wenn Sie die bewertet haben, nach welchen Kriterien? Ich Sozialordnung in Zusammenarbeit mit dem Bundesminis- habe aus Ihrer Rede vernommen, dass es wünschenswert terium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend verant- wäre, dass die Landesregierung insofern involviert wäre, wortet, durchgeführt und bewertet wird. Eine Einflussnah- dass sie Kenntnis hat von den eingereichten Projekten. Ich me der Länder war ausdrücklich nicht erwünscht und selbst denke, auch unter dem Vernetzungsgedanken wäre das die Informationspolitik der Bundesregierung gegenüber sinnvoll, stimmen Sie mir da zu? den Landesregierungen reduzierte sich darauf, uns kürzlich mitzuteilen, welche Projekte ausgewählt wurden und wie Dr. Pietzsch, Minister für Soziales, Familie und viele Anträge überhaupt gestellt worden sind, nicht darü- Gesundheit: ber, welche Träger beantragt haben und nicht zum In- halt der Projekte. Unter diesen Prämissen kann ich nun Es waren zwei Fragen. Zur ersten Frage hatte ich gesagt, die Fragen beantworten. dass wir ein Votum abgegeben haben und ich hatte auch gesagt, welches die Prämissen gewesen sind, die wir bei Zu Frage 1: Nach Angaben des Bundesjugendministe- diesem Votum berücksichtigt haben. Und zur zweiten riums waren 79 Projektanträge aus Thüringen. Welche Frage: Da ist Thüringen nicht allein, sondern auch andere Projektträger dieses gewesen sind, wird der Landesre- Bundesländer haben sich ausdrücklich darüber beklagt, gierung nicht mitgeteilt. dass dieses Programm lediglich in Verantwortung des Bundes umgesetzt wird. Zu Frage 2: Logischerweise kann die Landesregierung die Programminhalte nicht bewerten, weil die Entschei- Vizepräsidentin Ellenberger: dungsbefugnis, eine Beurteilung der Projekte durch die Landesregierung nicht angefragt war. Dementsprechend Weitere Fragen sehe ich nicht. Danke schön. Wir kom- konnte lediglich in Einzelfällen eine Stellungnahme ab- men zur Frage in Drucksache 3/1601, bitte, Herr Abge- gegeben werden, wenn sich der Träger vorher mit der Thü- ordneter Dr. Pidde. ringer Landesregierung in Verbindung gesetzt und eine Bitte auf Votum an mein Haus gerichtet hatte. In diesen Abgeordneter Dr. Pidde, SPD: wenigen Ausnahmefällen war unsere Bevotung der Ar- beitsweltbezug einerseits und die Nachhaltigkeit im Hin- Bearbeitungszeit von Anträgen auf Feststellung des Be- blick auf die im Projektverlauf zu erwartende Einflussnah- hindertengrades me beim Abbau rechtsextremistischer Tendenzen von aus- schlaggebender Bedeutung. Vor einem Jahr, am 16. Mai 2000, beantragte Kurt G. die Neufeststellung seines Behindertengrades beim Ver- Und zu Frage 3 werden Sie verstehen, dass ich dement- sorgungsamt Erfurt (AZ: 65 51 20 7879 9). Gegen den sprechend dazu auch nichts sagen kann, weil uns die An- entsprechenden Bescheid legte der Bürger am 19. Sep- träge nicht bekannt sind. Ob die Projektträger, es sind ja tember 2000 Widerspruch ein. Bis heute liegt dazu kei- ESF-Mittel und dementsprechend muss natürlich auch ne Entscheidung vor. eine Kofinanzierung mit eingebracht werden, ob bei die- ser Benennung der Kofinanzierung Landesmittel genutzt Ich frage die Landesregierung: worden sind, die den Trägern zur Verfügung gestellt wer- den können, das will ich nicht ausschließen. Das nehme 1. Wie lange dauert die durchschnittliche Bearbeitungs- ich sogar an, aber ich kann dazu im Einzelnen hier nichts zeit entsprechender Anträge in Thüringen? ausführen, da wir hier kein Recht und keine Verpflich- tung gegenüber den Trägern haben, dieses einzufordern, 2. Was sind die Ursachen dafür, dass ein Bürger über sondern dass es allenfalls hinterher bei der Abrechnung ein Jahr auf einen Bescheid warten muss? eine Rolle spielen wird. Vizepräsidentin Ellenberger: Vizepräsidentin Ellenberger: Herr Minister Dr. Pietzsch, bitte schön. Gibt es Fragen? Ja, Herr Minister, kommen Sie noch einmal bitte, es gibt doch eine Nachfrage. 3648 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

Dr. Pietzsch, Minister für Soziales, Familie und Abgeordneter Dr. Pidde, SPD: Gesundheit: Herr Minister ... Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich beant- worte die Frage wie folgt: Vizepräsidentin Ellenberger:

Zu Frage 1: Die durchschnittliche Bearbeitungszeit für Einen kleinen Moment, das habe ich jetzt übersehen. Erst- und Neufeststellungsanträge betrug im Jahr 2000 in Thüringen 3,9 Monate. (Zuruf Abg. Dr. Pidde, SPD: Als Fragesteller darf ich noch einmal.) Zu Frage 2: Da muss ich die Frage 2 korrigieren, denn die Frage 2 formuliert, dass ein Bürger über ein Jahr auf Ja, ich weiß, jederzeit, aber jetzt wollte ich erst einmal einen Bescheid warten musste. Auch wenn im vorliegenden den Abgeordneten Dr. Koch drannehmen, der darf auch. Fall die Bearbeitung extrem lange dauert, stimmt das nicht, Aber dann, Herr Abgeordneter Dr. Pidde, dürfen Sie wie- dass er über ein Jahr auf einen Bescheid warten musste, es der fragen. ist nur nicht der von ihm gewünschte Bescheid gewesen. Er hat sehr wohl einen Bescheid bekommen und er hat ge- Abgeordneter Dr. Koch, PDS: gen diesen Bescheid Widerspruch eingelegt. Das ist sein gutes Recht. Das ist völlig richtig, aber man kann da nicht Herr Minister, Sie wissen doch genauso wie ich, dass der sagen, dass er über ein Jahr auf den Bescheid gewartet hat. Bürger die Möglichkeit hat, bei Untätigsein einer Be- Er hat am 16. Mai 2000 die Neufeststellung der Behin- hörde über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten, derungen beantragt und sein Anliegen erst dann durch der ist doch hier überschritten, eine Untätigkeitsklage zu Übersendung eines Antragsformulars am 8. Juni 2000 erheben. Ich möchte dahingestellt sein lassen, aus wel- konkretisiert. Er hat mit einem Bescheid, datiert vom chen Gründen das nicht getan wurde, aber wie stellen 30. August 2000, dann einen Bescheid bekommen und da- Sie denn sicher, dass solche Untätigkeitsklagen vermie- gegen hat der Betroffene am 19. September 2000 Wider- den werden, wenn Sie sagen, das hat mit dem Arbeits- spruch eingelegt. Die Verzögerung in diesem Einzelfall anfall insgesamt zu tun? hat etwas mit dem einzelnen Fall zu tun, hat auf der an- deren Seite auch etwas mit der Zunahme der Widersprü- Dr. Pietzsch, Minister für Soziales, Familie und che zu tun, die im letzten Jahr eingelegt worden sind, also Gesundheit: mit der Vielzahl der zu bearbeitenden Fälle. Das ist richtig. Das stelle ich dadurch sicher, dass die Behörde nicht un- Vizepräsidentin Ellenberger: tätig ist, sondern dass dieser Vorgang bearbeitet wird.

Es gibt eine Nachfrage. Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Pidde. Abgeordneter Dr. Koch, PDS:

Abgeordneter Dr. Pidde, SPD: Na gut.

Herr Minister, am 19. September des vergangenen Jahres Vizepräsidentin Ellenberger: hat der Bürger Widerspruch eingelegt, wird er bis zum 19. September diesen Jahres einen endgültigen Bescheid Herr Abgeordneter Dr. Pidde. haben? Abgeordneter Dr. Pidde, SPD: Dr. Pietzsch, Minister für Soziales, Familie und Gesundheit: Herr Minister, teilen Sie die Auffassung, dass eine solch lange Bearbeitungszeit gerade für Behinderte oder auch Ich gehe davon aus, dass das möglich ist bis zum 19. Sep- meinetwegen für Kranke oder für sozial Schwache eine tember dieses Jahres, Herr Dr. Pidde. Nur muss ich darauf besondere Zumutung darstellt? hinweisen, es handelt sich um Menschen und es handelt sich um Gutachten und wir sind dort auch zum Teil von Dr. Pietzsch, Minister für Soziales, Familie und der Zuarbeit von Gutachtern abhängig, so dass es schwierig Gesundheit: ist, definitiv hier etwas zu sagen. Nachdem, was ich mir durchgelesen habe, gehe ich davon aus, dass er bis zu Das ist richtig. diesem Zeitpunkt den abschließenden Bescheid hat. Vizepräsidentin Ellenberger: Vizepräsidentin Ellenberger: Bitte, Herr Abgeordneter Koch, Sie haben eine weitere Es gibt eine weitere Nachfrage. Bitte schön, Herr Abge- Frage. ordneter. Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3649

Abgeordneter Dr. Koch, PDS: Abgeordnete Sedlacik, PDS:

Die Untätigkeitsklage ist dann zulässig, wenn zwischen Rücklagen für Rekultivierung von Deponien der Möglichkeit der Behörde eine Entscheidung zu treffen und dem Nichttreffen der Entscheidung die Frist ver- Bei der Würdigung des Haushalts des Landkreises Weima- gangen ist, also die Frist beginnt mit Eingang des Wider- rer Land vom 12. November 1997 vertrat das Landesver- spruchsbescheids und endet mit der Entscheidung. Wir waltungsamt in Bezug auf Bildung von Rekultivierungs- reden dann offenbar über unterschiedliche Dinge. Ich habe rücklagen aus Pachteinnahmen von Deponien folgende ausdrücklich nach der Vermeidung einer Untätigkeitsklage Auffassung: "Die Mittelansammlungen nach § 20 Abs. 3 gefragt und Sie sagen, die Behörde ist ja nicht untätig. Ziffer 3 ThürGemHV für Rekultivierungsmaßnahmen Maßstab ist doch aber für die Untätigkeitsklage ... an Deponien dienen zur Finanzierung von Investitionen. Unter Beachtung der Bestimmungen des § 20 Abs. 4 Vizepräsidentin Ellenberger: ThürGemHV sind die Mittelansammlungen Bestandteil der allgemeinen Rücklage ..." Herr Abgeordneter Koch, eine kurze präzise Frage wäre eigentlich das Richtige hier an dieser Stelle. Ich frage die Landesregierung:

Abgeordneter Dr. Koch, PDS: 1. Welche Rechtsauffassung vertritt die Landesregierung bezüglich der Integrierung von zweckgebundenen Rekul- Ich habe an sich die richtigen Termini schon verwendet, tivierungsrücklagen in die allgemeine Rücklage? nur der Herr Minister hat es nicht verstanden, deshalb versuche ich mich verständlich zu machen. 2. Können aus Sicht der Landesregierung die Rekultivie- rungsrücklagen auch zum Zwecke der Nutzung der Mittel Dr. Pietzsch, Minister für Soziales, Familie und in anderen Bereichen als der Abfallwirtschaft aufgelöst Gesundheit: werden und wie wird diese Auffassung begründet?

Wollen Sie mich jetzt fragen, ob ich es verstanden habe? 3. In welcher Art und Weise muss die dargestellte Wür- Wenn das die zweite Frage ist, sage ich Ja. digung des Landesverwaltungsamts zur Behandlung der Rekultivierungsrücklagen im Landkreis Weimarer Land Vizepräsidentin Ellenberger: aus Sicht der Landesregierung korrigiert werden?

Herr Minister, das haben Sie natürlich gehört, dass die Vizepräsidentin Ellenberger: Frage ein bisschen anders gelautet hat, aber da sich der Abgeordnete Koch ganz offensichtlich ... Herr Minister Köckert, bitte schön.

Dr. Pietzsch, Minister für Soziales, Familie und Köckert, Innenminister: Gesundheit: Frau Präsidentin, Frau Abgeordnete Sedlacik, ich beant- Nein, er hat keine Frage gestellt. worte namens der Landesregierung die Mündliche An- frage der Abgeordneten Frau Dr. Wildauer wie folgt: Vizepräsidentin Ellenberger: Zu Frage 1: Die Vorgehensweise entspricht den derzeitig Doch, er hat eine Frage gestellt, aber die war sehr lang geltenden kommunalhaushaltsrechtlichen Bestimmungen. und sehr ... Zu Frage 2: Die allgemeine Rücklage ist Gesamtde- Vielen Dank, das Fragepotenzial ist erschöpft für diese ckungsmittel des Vermögenshaushalts. Frage. Zu Frage 3: Eine Korrektur ist nicht erforderlich. Die nächste Mündliche Anfrage ist genau wie die von Frau Dr. Kaschuba im Einvernehmen mit dem Frage- (Beifall bei der CDU) steller Herrn Ramelow auf morgen verschoben worden. Vizepräsidentin Ellenberger: Wir kommen zur Mündlichen Anfrage von Frau Abge- ordneten Dr. Wildauer in Drucksache 3/1628. Gibt es Nachfragen? Ich sehe keine. Danke, Herr Minis- ter. Wir kommen zur nächsten Mündlichen Anfrage von Herrn Abgeordneten Dittes in Drucksache 3/1632. 3650 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

Abgeordneter Dittes, PDS: tungen des Feuerwehrverbandes zu dem Projekt Brand- schutzerziehung werden für interessierte Lehrer bereits Brandschutz- und Sicherheitserziehung an Thüringer regional angeboten. Schulen Zu Frage 3: Eine vollständige Freistellung von Lehrerinnen Die Erziehung von Kindern und Jugendlichen zum vor- und Lehrern für das Projekt Brandschutz- und Sicher- beugenden Brandschutz ist ein wichtiger Bestandteil der heitserziehung in Thüringen ist im Hinblick auf den Vor- Arbeit der Feuerwehren. In den Landkreisen Schmalkal- rang der Unterrichtsversorgung nicht möglich. Unterrichts- den-Meiningen, Altenburger Land, und in Erfurt materialien für die Brandschutz- und Sicherheitserzie- wird durch beim Landesfeuerwehrverband bzw. bei den hung können von den Schulen im Rahmen der geltenden Kreisfeuerwehren über den zweiten Arbeitsmarkt ange- Bestimmungen zur Lernmittelfreiheit angeschafft werden. stellte Angehörige der Feuerwehr Brandschutz- und Sicher- heitserziehung im Rahmen des regulären Schulunterrichts Vizepräsidentin Ellenberger: der 2., 3. und 4. Klassen gehalten. Gibt es Nachfragen? Ja, es gibt eine Nachfrage. Bitte, Ich frage die Landesregierung: Herr Abgeordneter Dittes.

1. Wie beurteilt die Landesregierung die Notwendigkeit Abgeordneter Dittes, PDS: einer dauerhaft abgesicherten Brandschutz- und Sicher- heitserziehung im Rahmen des regulären Schulunterrichts Herr Krapp, Sie haben ausgeführt, dass das in einigen und wie begründet sie ihre Auffassung? Kreisen bereits realisierte Kooperationsprojekt auch lan- desweit übertragen werden soll. Wird dies dann auch 2. Wie beurteilt die Landesregierung die oben genannten durch das Kultusministerium finanziert bzw. durch Stel- bisher gemachten Erfahrungen mit der Brandschutz- und len aus dem Bereich des Kultusministeriums abgesichert? Sicherheitserziehung innerhalb des regulären Schulunter- richts? Dr. Krapp, Kultusminister:

3. Ist es aus Sicht der Landesregierung denkbar, dass je Ich verweise auf meine Antwort zu Ihrer Frage 3. Schulamtsbezirk 1 bis 2 Lehrer und Lehrerinnen für die Brandschutz- und Sicherheitserziehung vollständig von Abgeordneter Dittes, PDS: sonstigen Lehraufträgen freigestellt und die entsprechend notwendigen Unterrichtsmaterialien zur Verfügung ge- Der konnte ich das nicht entnehmen, Herr Krapp, sonst stellt werden und wie begründet sie ihre Auffassung? hätte ich nicht nachgefragt.

Vizepräsidentin Ellenberger: Dr. Krapp, Kultusminister:

Herr Minister Krapp, bitte schön. Dort ist eine Aussage zum Personal. Lehrer sind zum Teil dort einsetzbar, aber nicht vollständig freizustellen Dr. Krapp, Kultusminister: und Unterrichtsmaterialen sind im Rahmen der Lern- mittelfreiheit anschaffbar. Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Münd- liche Anfrage des Abgeordneten Dittes beantworte ich Abgeordneter Dittes, PDS: namens der Landesregierung wie folgt: Ich muss die Frage noch einmal konkretisieren, Herr Krapp. Zu Frage 1: Brandschutz- und Sicherheitserziehung ist be- Sie haben gesagt, das Kooperationsprojekt, was in den reits ein integrierter Bestandteil des Unterrichts an den Thü- Kreisen, die hier aufgezählt sind, bereits verwirklicht wird, ringer Schulen. Bezüge zu den einschlägigen Themenstel- soll auf den gesamten Freistaat übertragen werden. Nach lungen finden sich im Rahmen der geltenden Lehrpläne, mir vorliegenden Informationen wird dies abgesichert durch z.B. der Fächer Werken und Heimat- und Sachkunde. Vertreterinnen der Kreisfeuerwehren oder des Landesfeuer- wehrverbandes. Ist daran gedacht, bei der Übertragung auf Zu Frage 2: Die bei dem Kooperationsprojekt mit dem den gesamten Freistaat dieses Angebot durch Lehrer aus Feuerwehrverband Thüringen gemachten Erfahrungen wer- dem Bereich des Kultusministeriums zu bewerkstelligen den in den bislang beteiligten Kreisen als positiv einge- oder soll weiterhin dies durch die Feuerwehren geschehen, schätzt. Allerdings ist dieses Projekt nicht Bestandteil des und wenn ja, wird dies durch das Kultusministerium ent- regulären Unterrichts, sondern ein zusätzliches Fächer über- sprechend finanziert? greifendes Angebot. Es ist beabsichtigt, dieses Angebot lan- desweit in den Klassenstufen 2 bis 4 zu unterbreiten. Ent- sprechende vorbereitende Gespräche werden derzeit auch mit dem Kultusministerium geführt. Fortbildungsveranstal- Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3651

Dr. Krapp, Kultusminister: Köckert, Innenminister:

Das Kultusministerium wird wie bisher im Rahmen sei- Frau Präsidentin, Frau Abgeordnete Becker, für die Lan- nes Haushalts diese Kooperation erfüllen. desregierung beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:

Vizepräsidentin Ellenberger: Zu Frage 1: Die Ermittlungen wurden am 20.04. diesen Jahres aufgenommen. Das waren zwei. Frage 2: Die Ermittlungen konnten noch nicht abgeschlos- Abgeordneter Dittes, PDS: sen werden.

Es war eine, Frau Ellenberger, aber ich kläre das mit Vizepräsidentin Ellenberger: Herrn Krapp später. Zusatzfragen sehe ich nicht. Danke schön. Wir kommen Vizepräsidentin Ellenberger: zur nächsten Frage der Frau Abgeordneten Thierbach in Drucksache 3/1638. Herr Abgeordneter Huster, Sie tragen Ich bin Ihnen sehr verbunden, Herr Abgeordneter Dittes. vor?

Weitere Fragen sehe ich auch nicht. Wir kommen zur Abgeordneter Huster, PDS: nächsten Mündliche Anfrage von Frau Abgeordneten Becker in Drucksache 3/1637. Bitte schön. Unterstützung der ehrenamtlichen Tätigkeit

Abgeordnete Becker, SPD: Im Thüringer Landeshaushalt, Einzelplan 08 - Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit - wurden Wurde die Polizei Nordhausen wegen eines Überfalls im Titel 684 81 "Unterstützung der ehrenamtlichen Tä- auf einen ausländischen Studenten tätig? tigkeit" für das Jahr 2001 2,2 Millionen DM eingestellt. Diese Mittel sollen in den verschiedensten Bereichen, z.B. Bei einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung zum für ältere Menschen, Behinderte, Jugend, Nachwuchssport, Thema Rechtsextremismus im Nordhäuser Theater am aber auch für die Förderung von Aus-, Fort- und Weiter- 19. April 2001 wurde durch eine Tonbandaufnahme eine bildung im sozialen Bereich sowie für die besonderen Pro- ergreifende Darstellung eines Studenten am Nordhäuser jekte und Veranstaltungen anlässlich des internationalen Studienkolleg vorgespielt. In diesem Bericht wurde geschil- Jahres des Ehrenamtes genutzt werden. dert, dass einer der ausländischen Studenten dieser Einrich- tung von vermutlich rechten Jugendlichen in der Stadt an- Ich frage die Landesregierung: gegriffen wurde. Dem ausländischen Studenten wurde da- bei mit einem Messer die Kleidung zerschnitten und er da- 1. Wie viele Mittel (in Deutsche Mark) aus dem oben ge- bei auch körperlich verletzt, ganz zu schweigen von der nannten Titel wurden in den letzten Monaten nach den bis- Einschüchterung und Bedrohung dieser Person. Neben her geltenden Vergabegrundsätzen für ehrenamtliche Tä- Pressevertretern, welche im Nachgang über die Veranstal- tigkeit bewilligt? tung berichteten, waren an der Diskussionsveranstaltung auch Vertreter der Nordhäuser Polizeidirektion anwesend. 2. Wie viele Anträge aus den verschiedensten Bereichen Im Podium saßen für die Polizei der stellvertretende Leiter wurden bis 31. Mai für das Jahr 2001 durch die verschiede- der Nordhäuser Polizeidirektion Polizeioberrat Thomas nen Träger gestellt und bewilligt? Unger und Kriminalhauptkommissar Karl-Heinz Schmid. 3. Für welche Projekte wurden in welcher Höhe die Ausga- Ich frage die Landesregierung: ben für "... besondere Projekte und Veranstaltungen an- lässlich des internationalen Jahres des Ehrenamtes" bis- 1. Wann hat die Nordhäuser Polizei in dieser Sache die her bewilligt (Angaben bitte nach Kreisen/kreisfreien Ermittlungen aufgenommen? Städten und Projektträgern)?

2. Wurden die Ermittlungen bereits abgeschlossen und 4. Ab wann soll die durch das Ministerium für Soziales, mit welchem Ergebnis? Familie und Gesundheit in Bearbeitung befindliche Richt- linie zur Förderung der gemeinnützigen ehrenamtlichen Vizepräsidentin Ellenberger: Tätigkeit in Thüringen in Kraft treten?

Herr Minister Köckert, bitte schön. Vizepräsidentin Ellenberger:

Herr Minister Dr. Pietzsch, bitte schön. 3652 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

Dr. Pietzsch, Minister für Soziales, Familie und Dr. Pietzsch, Minister für Soziales, Familie und Gesundheit: Gesundheit:

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Also zum Letzten: Die neue Richtlinie wird im Staats- für die Landesregierung beantworte ich die Frage wie folgt: anzeiger veröffentlicht werden. Die Träger sind ja eigent- lich auch schon informiert, dass dieses kommen soll, zumal Bislang sind aus dem angeführten Kapitel "Unterstüt- ja die Abstimmung auch mit entsprechenden Trägern und zung der ehrenamtlichen Tätigkeit für das Jahr 2001" mit dem Gemeinde- und Städtebund vorgenommen wor- 569.600 DM bewilligt worden. den ist oder zumindest die Anhörung dort stattgefunden hat. Sie wissen ja sicherlich auch, dass insbesondere die Zu Frage 2: Bis zum 31.05.2001 wurden 53 Anträge durch Kommunen hier dieses Geld in Anspruch nehmen sollen, verschiedene Träger gestellt, von denen aktuell 17 be- um eine entsprechende Förderung des Ehrenamts durch- willigt worden sind. zuführen, so dass also von dort die Anträge erwartet wer- den. Das ist zu dieser 4. Frage. Zu Frage 3: Für besondere Projekte und Veranstaltun- gen anlässlich des internationalen Jahres des Ehrenamtes Dann die Unterstützung für ehrenamtliche Tätigkeit ist wurden bisher drei Projekte bewilligt, und zwar Trans- einmal das Diakoniezentrum Bethesda in Eisenberg, För- netzgewerkschaft der Eisenbahner, Seniorenrat Erfurt mit derverein Hospiz Jena sogar mit drei bewilligten Anträgen, 10.000 DM, Volkssolidarität Stadtverband Erfurt mit 4.200 Hospizinitiative Gotha zweimal, Landesarbeitsgemein- DM und Deutsches Rotes Kreuz Kreisverbände Jena, Stadt- schaft Hospiz Thüringen, Meiningen, Landesarbeitsge- roda und Eisenberg mit 6.000 DM. meinschaft Kinder- und Jugendschutz Erfurt, LAG alles Landesarbeitsgemeinschaften, Telefonseelsorge Jena, So- Zu Frage 4: Die neue Richtlinie zur Förderung der gemein- zialwerk Meiningen, Hospiz Hausbetreuung, dann TEAM nützigen ehrenamtlichen Tätigkeit soll im Anschluss an die für neues Leben e.V. Tabarz, Thüringer Landesfrauenver- im Vorfeld durchgeführten Anhörungen zum 01.07.2001 in band Thüringen, Krisenintervention und Notfallseelsorge Kraft treten. Rhön/Werra Rennsteigregion in Meiningen und Landes- sportbund für Nachwuchsarbeit ganz konkret. Vizepräsidentin Ellenberger: Vizepräsidentin Ellenberger: Es gibt eine Zusatzfrage. Bitte, Herr Abgeordneter Huster. Ich sehe keine weiteren Nachfragen. Danke, Herr Minister. Abgeordneter Huster, PDS: Auch die nächste Frage der Frau Abgeordneten Heß in Drucksache 3/1645 wird auf morgen verschoben. Wir Um der Kritik aus dem Weg zu gehen, es wird zwei Zu- kommen somit zur Frage in Drucksache 3/1646. Bitte, satzfragen geben. Frau Abgeordnete Vopel. Aber ich sehe sie gar nicht. Gut, dann stellen wir sie auch für morgen zurück? Vizepräsidentin Ellenberger: Frau Vopel, wollen Sie Ihre Frage noch stellen? Wir ha- Es steht Ihnen auch zu, zwei Zusatzfragen zu stellen. ben noch ein bisschen Zeit.

Dr. Pietzsch, Minister für Soziales, Familie und Abgeordnete Vopel, CDU: Gesundheit: "thuringia international school - weimar" Keine Kritik, keine Kritik! Eine internationale Schule ist ein wichtiger Standortfak- Abgeordneter Huster, PDS: tor zur Gewinnung ausländischer Investoren für Thürin- gen. Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Infrastruk- Oder der Feststellung, war nicht so gemeint. Also zu Fra- tur und das Kultusministerium haben gemeinsam die Grün- ge 2, Herr Minister, haben Sie unterschlagen vielleicht dung der "thuringia international school - weimar"(this) aus Zeitgründen die Beantwortung: Aus welchen einzel- unterstützt und fördern den Aufbau dieser Schule in freier nen Bereichen die 53 gestellten und 17 bewilligten - viel- Trägerschaft. leicht können Sie das auch schriftlich zuarbeiten. Zu 4. würde mich noch interessieren, wenn die neue Richtlinie Ich frage die Landesregierung: zum 01.07. in Kraft treten soll, müssen dann durch die Träger auch für das laufende Jahr auch dementsprechend 1. Seit wann wird an dieser Schule unterrichtet? neue Anträge gestellt werden und wie werden die Träger, da es sich ja um eine kurze Frist handelt, über die neue 2. Wie viele Schüler lernen in diesem Schuljahr an der Richtlinie informiert? "this"? Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3653

3. Wie verteilen sich die Schüler auf die einzelnen Abgeordneter Höhn, SPD: Klassenstufen? Energiespar-Contracting in der Thüringer Landesver- 4. Mit wie vielen neuen Schülern ist bisher für das kom- waltung mende Schuljahr zu rechnen? In der Antwort auf die Kleine Anfrage 1230 vom 11. März Vizepräsidentin Ellenberger: 1999 (Drucksache 2/3657) legt die Landesregierung dar, dass im Rahmen eines Pilotprojekts das so genannte Ener- Herr Minister Krapp, bitte. giespar-Contracting-Konzept in der Thüringer Landesver- waltung erprobt werden soll, um weitere Möglichkeiten Dr. Krapp, Kultusminister: der Energieeinsparung zu erkunden.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich beant- Ich frage die Landesregierung: worte die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Frau Vopel namens der Landesregierung wie folgt: 1. Wurde das genannte Pilotprojekt inzwischen ins Leben gerufen, wenn ja, in welcher Landesbehörde kommt es Zu Frage 1: In der genannten Schule wird seit Septem- wie zum tragen? ber 2000 unterrichtet. 2. Welche Ergebnisse liegen zwischenzeitlich vor und Zu Frage 2: Das Schuljahr wurde mit neun Schülern be- welche Schlussfolgerungen werden daraus gezogen? gonnen, die Schülerzahl stieg im Laufe des Schuljahres auf 22. Vizepräsidentin Ellenberger:

Zu Frage 3: In der Vorschule werden acht Schüler, in Herr Finanzminister, bitte schön. Klassenstufe 1 acht Schüler und in den Klassenstufen 4 und 5 sechs Schüler unterrichtet. Trautvetter, Finanzminister:

Zu Frage 4: Für das Schuljahr 2001/02 ist mit ca. 12 neuen Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Abge- Schülern zu rechnen. ordneter Höhn, namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage wie folgt. Vizepräsidentin Ellenberger: Zu Frage 1: Nein. Die Eignung landeseigener Objekte für Es gibt eine Nachfrage. ein Energiespar-Contracting wurde 1999 geprüft. Nur zwei Objekte, namentlich die landeseigene Liegenschaft Kotter- Abgeordnete Vopel, CDU: straße in Rudolstadt und das Panoramamuseum Bad Fran- kenhausen, erfüllten die notwendigen Randbedingungen. Herr Minister Krapp, sehen Sie eine Möglichkeit, dass wir Von der Realisierung der ContractingMaßnahmen in beiden die Schule bekannter machen können, denn ich erfahre es Liegenschaften wurde abgesehen, weil sich im Jahr 2000 immer wieder in Podiumsdiskussionen, in Gesprächen, die Rahmenbedingungen für beide Liegenschaften wesent- dass beklagt wird, dass es in Thüringen so eine Schule lich ändern. Wir suchen einen neuen Träger z.B. für Bad nicht gäbe. Frankenhausen. Unabhängig davon bleibt das Thema na- türlich auf der Tagesordnung und damit entfällt die Ant- Dr. Krapp, Kultusminister: wort zu Frage 2.

Ich habe vor ca. zwei Wochen mit dem Geschäftsführer Vizepräsidentin Ellenberger: zusammengesessen und wir haben genau über diese Fra- ge geredet und Maßnahmen überlegt, wie wir die Öffent- Gibt es Zusatzfragen? Das ist nicht der Fall, danke schön. lichkeitsarbeit verbessern. Auch die nächste Frage, das heißt, die Letzte eigentlich auf der Liste ist eine Frage, die im Einvernehmen mit dem Vizepräsidentin Ellenberger: Fragesteller, Herrn Abgeordneten Ramelow, auf Morgen verschoben worden ist. Somit sind wir am Ende der Fra- Ich sehe keine weiteren Nachfragen, wir kommen zur gestunde für heute angekommen. nächsten Frage des Herrn Abgeordneten Höhn in Druck- sache 3/1620. Bitte, Herr Abgeordneter. 3654 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 24 und rufe den dender Stelle tangiert werden. Dieter Wiefelspütz, der in- Tagesordnungspunkt 25 auf nenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion hat im TLZ-Interview vom 31.05. diesen Jahres dies tref- Aktuelle Stunde fend skizziert. Bezug nehmend auch auf die TA-Ausga- be vom heutigen Tage, Titel "Pläne in der Schublade" kann a) auf Antrag der Fraktion der PDS zum ich auch nur konstatieren, dass, wenn es so stimmte, großer Thema: Schaden eingetreten ist, unabhängig aber auch davon, "Mögliche Auswirkungen der Zusammen- dass wieder eine brisante Meldung sicherlich aus dem Lan- arbeit des Thüringer Landesamtes für desamt oder woanders her in die Öffentlichkeit gelangt ist, Verfassungsschutz mit Spitzenfunktio- erstens dadurch, dass ein Verbotsverfahren des Heimat- nären rechtsextremistischer Organi- schutzes geplant war und dieses Verbotsverfahren auf- sationen auf derzeit laufende Verbots- gehalten wurde, zweitens, dass aus einem der TA vor- verfahren" liegenden Protokoll unter anderem hervorgeht, dass die Unterrichtung durch die Präsidentin des nicht unerheblichen Zuwendungen des Amts seinen Ak- Landtags tionsradius - ich meine damit Brandt - innerhalb der rechts- - Drucksache 3/1617 - extremistischen Szene in Thüringen wie auch im gesam- ten Bundesgebiet erheblich vergrößert hätte. Herr Abgeordneter Pohl, Sie haben das Wort. Was ist, wenn der Rechtsvertreter der NPD vor dem Bun- Abgeordneter Pohl, SPD: desverfassungsgericht, der Rechtsextremist Horst Maler, dann gerade den aufgezeigten Vorhalten im Parteiverbots- Werte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wer verfahren in Karlsruhe führt. Ich will es Ihnen sagen: Der von Ihnen am Dienstagabend nicht erst um 22.05 Uhr, politische Schaden, der politische Imageverlust, den Thü- sondern bereits um 19.00 Uhr das MDR-Fernsehen ange- ringen in der ganzen Bundesrepublik erleiden dürfte, dürfte stellt hatte, der konnte ein wenig Nachhilfe in Sachen Or- kaum wieder gut zu machen sein, weil die Kohlen des ganisation und Arbeit eines Landesamts für Verfassungs- Verfassungsschutzes, die Sie, Herr Innenminister Köckert, schutz bekommen. Im Interview mit dem MDR-Thüringen haben anbrennen lassen, von Ihren Kollegen auf Länder- Journal dozierte Bayerns Innenminister Günter Beckstein ebene aus dem Feuer geholt werden müssen. Und noch über Gebote und Verbote, die die Verfassungsschützer bei etwas muss allen Beteiligten, die einen Überblick über ihrer Tätigkeit zu beachten haben. Auf die Frage, ob in das NPD-Verbotsverfahren besitzen, sehr zweifelhaft vor- Bayern Verfassungsschützer mit führenden NPD-Aktivis- kommen, nämlich die Tatsache, dass Thüringen im Ver- ten zusammenarbeiten, antwortete Beckstein, Zitat: "Man gleich zu anderen Bundesländern verdammt wenig an wird immer darauf aufpassen, dass diese V-Leute nicht belastendem Material über Organisation und Aktivitäten selbst die Aktivisten werden." Recht hat er, der Herr Beck- der NPD beigetragen haben soll. stein. Nur leider gilt das Umgekehrte für Thüringen. Das ist das Problem, Herr Innenminister Köckert, was Sie im Das kann - ich betone wiederum kann - den Verdacht auf- Fall Tino Brandt seit nunmehr fast fünf Wochen verharm- kommen lassen, die NPD habe über ihre als Informanten losen und in bester Kohlmanier aussitzen. Ich komme zu angesetzten Spitzenfunktionäre den Inhalt des Thüringer den Auswirkungen Beitrags zum NPD-Verbotsantrag steuern können. Die Mängel, die im Thüringer Landesamt für Verfassungs- (Beifall bei der PDS, SPD) schutz bestehen, wirken sich dadurch auch kontrapro- duktiv auf das derzeit laufende Verbotsverfahren aus. des Thüringer Verfassungsschutzskandals auf das derzeit Hier ist Abhilfe notwendig und das möglichst schnell. Ich beim Bundesverfassungsgericht anhängige Parteiverbots- danke Ihnen. verfahren gegen die NPD. Natürlich besteht die Gefahr, dass die NPD sich in ihrer schriftlichen oder mündlichen (Beifall bei der SPD) Argumentation in Karlsruhe geradezu genüsslich auf die Thüringer Tatsachen beziehen wird, nämlich dass ein Lan- Präsidentin Lieberknecht: desamt für Verfassungsschutz NPD-Führungskräfte als Informanten führt oder führte und finanziert und damit Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Wolf, CDU- mittelbar für die rechtsextremistischen Umtriebe der NPD Fraktion. in Thüringen verantwortlich ist. Abgeordneter B. Wolf, CDU: Damit könnten - ich sage ganz bewusst könnten, weil ich es mir natürlich lieber ganz anders wünschen würde - die we- Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordne- sentlichen Argumentationen von Bundesregierung, Bundes- tenkollegen, die PDS hat mit der Drucksache 3/1617 tag und Bundesrat, dass die NPD aus sich selbst heraus eine Aktuelle Stunde beantragt "Mögliche Auswirkungen eine Gefahr für die freiheitlich demokratische Grundord- der Zusammenarbeit des Thüringer Landesamts für Ver- nung der Bundesrepublik Deutschland darstellt, an entschei- fassungsschutz mit Spitzenfunktionären rechtsextremis- Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3655 tischer Organisationen auf derzeit laufende Verbotsver- (Zwischenruf Abg. Pohl, SPD: Was denn?) fahren". Man hat es sehr vorsichtig formuliert, in der Mög- lichkeitsform die Frage gestellt, ob es mögliche Auswir- der dieses Thema hier überhaupt nicht erwähnt hat, dass kungen gibt. Lassen Sie mich etwas Grundsätzliches sagen: ist schon interessant zu sehen. Die Aufgabe des Verfassungsschutzes sowohl auf Landes- wie auch auf Bundesebene ist es, die Strafverfolgungs- Ich kann nur noch mal für meine Fraktion zusammen- behörden und die Gerichte mit notwendigen Erkenntnis- fassen: Ich sehe in dem jetzt laufenden Verfahren durch sen zu versorgen, damit diese konkret handeln können. Da- die Tatsache, dass dort auch Spitzenfunktionäre extre- zu sammeln Verfassungsschutzbehörden Unterlagen, u.a. mistischer Gruppen abgeschöpft wurden, keine Gefahr. über gegen die Grundwerte unserer Verfassung gerichtete Unabhängig davon halte ich es natürlich wirklich für eine und sicherheitsgefährdende Bestrebungen; auch das ist im Sache, die man mit Fingerspitzengefühl angehen muss, ob Grundgesetz geregelt. Das Bundesamt für Verfassungs- man es wirklich verantworten will und verantworten kann, schutz und die in den Bundesländern tätigen Landesbe- leitende Funktionäre extremistischer Gruppen, und dabei hörden für Verfassungsschutz haben keinerlei polizeiliche unterscheide ich jetzt gar nicht einmal zwischen rechts und Befugnisse. Ihre Aufgabe ist mit der Bezeichnung "Früh- links, denn ich sehe die Gefahr, die für unsere Demo- warnsystem" der Demokratie treffend beschrieben. Wer kratie sowohl von rechts als auch von links ausgeht, sich die Mühe macht, die Klageschrift, die die Bundesre- gierung beim Bundesverfassungsgericht eingereicht hat, (Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Oho, oho!) wird feststellen, dass durchaus das eine oder andere dort enthalten ist, das nur durch die Abschöpfung von entspre- an sich gleich groß, auch wenn das die Kollegin Becker chenden Informanten in Kenntnis des Bundesverfassungs- bestreitet. Ich kann Ihnen nur empfehlen, machen Sie sich schutzes oder der jeweiligen Landesämter gelangt sein einmal die Mühe, lesen Sie sich einmal den Verfassungs- kann. schutzbericht des Bundesverfassungsschutzamts für 2000 durch. Sie werden durchaus auch Hinweise finden, dass Nun ist natürlich der Punkt sehr strittig: Wie hoch sollen nicht nur von rechts diese Demokratie gefährdet ist, sondern die Funktionäre angesiedelt sein, oder dürfen sie ange- es geht durchaus das eine oder andere Gefährdungspoten- siedelt sein, die man dann auch entsprechend als Infor- zial auch von der linken Seite aus, auch wenn man das in mationsquelle abschöpfen will? Der jetzige Innenminister Ihrer Fraktion nicht so gern hören möchte. hat, anders als sein Vorgänger, entschieden, keine leiten- den Funktionäre entsprechend als V-Männer zu führen und (Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Das hat hat sich auch nach den bisherigen Kenntnissen daran inten- schon Konsequenzen.) siv gehalten, so dass ich das, was hier im Thema der Münd- lichen Anfrage unterstellt wird, eigentlich nicht nachvoll- Ich muss noch mal sagen: Das Thüringer Innenministe- ziehen kann. Wie groß der Schaden allerdings ist, der vor rium hat mehrfach erklärt, dass man von der Praxis, lei- allem bei der Bekämpfung der rechtsextremistischen Szene tende Funktionäre in der Szene abzuschöpfen, abgeht. Wir jetzt entsteht, dadurch, dass die Festplatte jetzt ja nun gehen auch davon aus, dass diese Praxis in Zukunft so doch Informationen enthält - ich habe mir die Mühe ge- beibehalten wird. Ich sehe also das laufende Verfahren macht und habe mir noch mal die Plenarprotokolle der durch diese Dinge nicht gefährdet. 2. Legislaturperiode bzw. die Ausschussprotokolle, wo die- ses Thema entsprechend dran war und also immer sehr in- (Beifall bei der CDU) tensiv bestritten wurde, dass überhaupt sicherheitsrelevante Informationen auf irgendwelchen Computerfestplatten, eine Präsidentin Lieberknecht: ist es ja nur gewesen, die entsprechende Daten enthalten hat, aber diese ist jetzt wieder aufgetaucht - und wenn man Es hat jetzt das Wort der Abgeordnete Dr. Koch, PDS- den verschiedenen Presseartikeln glauben kann, sind da- Fraktion. rauf durchaus Informationen, die sowohl für die entspre- chende extremistische Szene sehr interessant als auch sicher Abgeordneter Dr. Koch, PDS: an anderer Stelle sicherheitsrelevant sind. Auch an der Stelle sollte man fragen, welcher Schaden für das Land Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, und vor allen Dingen für die Bekämpfung des Extremis- der Abgeordnete Wolf sieht keine Gefahr, ich sehe eine mus entstanden ist. Es hat damals keine Konsequenzen Gefahr und möchte die an dieser Stelle auch darstellen. gegeben, es kann heute keine Konsequenzen mehr geben, Da ich aber vorhin schon einmal missverstanden worden dass man den Rücktritt des entsprechenden Ministers for- bin, möchte ich das zunächst an einem Beispiel darstel- dert. Er ist nicht mehr im Amt, so dass man also diese len, damit sichergestellt ist, dass wir über dieselbe Prob- Konsequenzen von diesem Pult auch nicht mehr fordern lemlage reden. kann. Aber ich halte es schon für erstaunlich, dass der Kollege Pohl, obwohl er sehr genau weiß, um was es da Meine Damen und Herren, stellen Sie sich ein Schad- geht, und auch er hat heute sicherlich den Pressespiegel feuer vor. Es ist unklar, wie groß dieses Feuer ist und einer sehr intensiv an der Stelle gelesen, gießt Öl hinein. Als Begründung wird gegeben, damit man 3656 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 besser sehen kann, wie groß das Feuer ist und wie es sich ren Stelle der Erwiderung. Da wird nämlich ausgeführt, weiter entwickelt. Da drängen sich doch Fragen auf. Ich dass die Regierung ja ohne Weiteres Auskunft geben könn- will mich nicht beschäftigen mit den naheliegenden Fra- te, wie viele der gegen die Antragsgegnerin jetzt ins Feld gen: Wie ist der zu beurteilen, der Öl ins Feuer gießt oder geführten Belastungsmomente auf die Tätigkeit ihrer agents wie ist der zu beurteilen, der Geld gibt, wissend oder in provocateurs zurückgehen. Die Zielrichtung dieser Vertei- Kauf nehmend, dass damit Öl gekauft wird, welches ins digung ist klar: Die Gefährlichkeit der NPD, die im Ver- Feuer gegossen wird? Es ist schon die Frage interessant: botsantrag dargestellt wird, soll auf die Tätigkeit der agents Würden Sie den oder beide bei einer Bewerbung zur Feuer- provocateurs zurückgeführt werden. Das ist die ganz gro- wehr unterstützen? Aber dem will ich auch nicht nach- ße Gefahr und das ist die politische Verantwortung, der gehen. Ich will auch nicht der Frage nachgehen: Wie ist sich die Landesregierung stellen muss. Die Frage ist: Wie zu beurteilen, wenn Sie wissen, dass der, der das Geld für ist dem zu begegnen? Ich meine, es geht nur durch Offen- das Öl gibt, der Feuerwehrhauptmann ist? Und auch die legung des tatsächlichen Umfangs und der Art und Weise Frage, welche Meinung haben Sie zu demjenigen, der sagt, der Tätigkeit dieser agents provocateurs, vielleicht gibt es das Geld sei gut angelegt, wenn Sie wissen, das ist der auch andere Möglichkeiten, um die Spreu vom Weizen Vorgesetzte dieses Feuerwehrhauptmanns, will ich nicht zu trennen. Ich weiß es nicht. Aber ich möchte von der vertiefen, weil das nicht Gegenstand dieser Aktuellen Stun- Landesregierung wissen, was sie zur Schadenbegrenzung, de ist. Es geht vielmehr um die Frage ... und zwar mindestens des politischen und des juristischen Schadens, zu tun gedenkt, den sie angerichtet hat, meine (Zwischenruf Abg. Gerstenberger, PDS: Damen und Herren, darum geht es. Danke. Interessante Fragestellung.) (Beifall bei der PDS; Abg. Becker, SPD) Ja sicher, aber Antworten dazu liegen auch so klar auf der Hand, dass ich denke, ich muss es nicht vertiefen. Präsidentin Lieberknecht:

(Beifall bei der PDS, SPD) Weitere Wortmeldungen von Seiten der Abgeordneten? Herr Abgeordneter Dittes? Bitte. Es geht an dieser Stelle auch nicht darum, sondern es geht um ganz aktuelle Befürchtungen in einem laufenden Ver- Abgeordneter Dittes, PDS: fahren. Es geht nämlich um die Frage, welche Auswirkun- gen solches Handeln und solche Äußerungen in einer Si- Meine Damen und Herren, der Abgeordnete Wolf geht da- tuation haben, in der dieses eingangs von mir bemühte von aus, dass es heute darum geht, ob ein Schaden bei der Schadfeuer nämlich verboten werden soll und ein solches Bekämpfung von Rechtsextremismus in Thüringen ent- laufendes Verbotsverfahren eben zu beachten ist. Um im standen sei. Nein, Herr Wolf, darum geht es nicht, son- Bild zu bleiben, damit will ich das Bild dann auch ver- dern es geht um die Frage, inwieweit durch die Arbeit des lassen, wir brauchen Antworten auf die Frage, wie viel Landesamts für Verfassungsschutz Strukturen, Strukturbil- Öl ist ins Feuer gegossen worden. dungen von Rechtsextremisten in Thüringen nahezu noch befördert worden sind oder diese Strukturen auch ganz (Beifall Abg. Becker, SPD) konkret durch die Arbeit am Leben erhalten wurden. Man kann eben daraus folgend nicht mehr den Eindruck ganz Meine Damen und Herren, es geht um die politische und wegschieben, dass der schwerste Schlag gegen die rechts- juristische Schadensbegrenzung im Hinblick auf das lau- extremistische Szene in Thüringen die Auflösung des Lan- fende NPD-Verbotsverfahren, um nicht mehr und um nicht desamts für Verfassungsschutz in Thüringen ist und ich weniger. will das auch an einigen Beispielen benennen. Im letzten Jahr hat der Thüringer Landtag nach der Enttarnung von (Zwischenruf Abg. Pohl, SPD) Thomas Dienel als Spitzel des Verfassungsschutzes da- rüber diskutiert, ob mit dem Geld, was er für seine Tätigkeit Nein, es geht um die Frage, was tut die Landesregierung erhalten hat, politische Aktivitäten finanziert worden sind. zur politischen und juristischen Schadensbegrenzung? Brandt selbst gibt in der heutigen TA Auskunft oder er hat es gegenüber dem Verfassungsschutz getan und es wird Der Kollege Pohl hat schon darauf hingewiesen, dass er heute in der "Thüringer Allgemeinen" wiedergegeben, dass vermutet, dass die NPD die Situation genüsslich ausnutzt. die nicht ganz unerheblichen Zuwendungen gerade zur Ver- Es ist mehr als eine Vermutung, meine Damen und Herren, größerung seines Einflusses in der rechtsextremistischen in der Erwiderung auf den Verbotsantrag vom 20. April Szene und zur Vergrößerung seines Aktionsradius geführt 2001 stellt nämlich die NPD durch ihren Bevollmächtigten haben. Herr Innenminister Köckert wird natürlich nicht genau darauf ab. Sie stellt nämlich darauf ab, durch Be- müde, immer wieder darauf zu verweisen, dass das natür- weisanträge untersetzen zu wollen, inwieweit Geheim- lich Schutzbehauptungen derer sein können, die nun in der dienste durch Provokationen und agents provocateurs an Öffentlichkeit enttarnt und damit natürlich auch in ihren der Eingrenzung, an der Erzeugung spektakulärer Gewalt- eigenen Strukturen an Stand verloren haben. Nur, Herr In- taten beteiligt sind. Noch deutlicher wird es an einer ande- nenminister, ich muss Sie natürlich fragen: Wie viel Schutz- Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3657 funktion steckt denn eigentlich hinter Ihrer Behauptung, Raum stehende Verbot zu schaffen. Es wäre doch fatal, der davon wohl ganz sicher ausgehen sollte oder kann ver- wenn das stimmt, was Brandt behauptet, wenn er sagt, für meintlich, dass das Geld des Verfassungsschutzes nicht in die führenden Rechten sei es egal gewesen, was der Ver- die Strukturen geflossen ist? Man muss die Frage nach fassungsschutz vorher wusste, aus Gründen des Quellen- der direkten Unterstützung des Verfassungsschutzes noch schutzes hätte man die von ihm erhaltenen Informatio- konkreter stellen, wenn man heute in der "Thüringer All- nen ja ohnehin nicht vor z.B. durchgeführten Demonstratio- gemeinen" liest, dass ganz offenkundig aus einem behör- nen bekanntgeben können, weil ja sonst die Polizei und deninternen Interesse, nämlich aus Wahrung einer Quelle, andere Dienste von der Zusammenarbeit erfahren hätten. aus Wahrung eines Quellenschutzes, eine Organisation, die Und weiter Tino Brandt: Auch konnte ich garantieren, dass dem militanten rechtsextremistischen Spektrum in Thürin- wir bei bestimmten Aktionen, Konzerten und Ähnliches, gen zuzuordnen ist, am Leben erhalten worden ist, ein Ver- danach nicht an die Öffentlichkeit gehen, also zur Presse. bot verhindert worden ist und somit ihre weitere politische Dies führte dazu, dass wir viele Sachen einfach durch- Arbeit, ihre weitere Verfestigung, ihre weitere Ausbrei- ziehen konnten. tung dadurch eine direkte Unterstützung durch das Thü- ringer Landesamt für Verfassungsschutz erfahren hat. Es So weit bei aller vorsichtigen Herangehensweise an diese ist natürlich auch immer noch die Frage im Raum stehend, Äußerungen von Tino Brandt, aber hier stellen sich doch ob ein Funktionär von Blood and Honour kurz vor dem ganz offenkundig Fragen. Und eine Frage, meine Damen Erteilen des Betätigungsverbots durch Behörden in Thü- und Herren, die wir uns und anderen stellen auch in dieser ringen vor einer Hausdurchsuchung gewarnt worden ist. Debatte ist doch die: Was wären die rechtsextremisti- schen Strukturen in Thüringen ohne das Thüringer Landes- Meine Damen und Herren, es ist doch wohl ganz offen- amt für Verfassungsschutz? Ich glaube, eine Möglichkeit, kundig durch die Veröffentlichungen in den letzten Tagen, wenn diese Arbeit mit Spitzeln, mit Informanten in den dass das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz ganz rechtsextremistischen Strukturen in Zukunft nicht mehr aktiv an der Bildung einer Wirklichkeit mitgearbeitet hat, stattfinden wird, wäre doch die, dass eine Infrastruktur, an Stelle über die tatsächlichen Auswirkungen des Rechts- wie sie gegenwärtig in Thüringen zu verzeichnen ist, in die- extremismus in der Öffentlichkeit zu informieren und zu ser Form sich erst gar nicht hätte bilden lassen können einer Gegenmobilisierung zu sensibilisieren. Denn, meine und wir hätten sicherlich auch weniger Diskussionen über Damen und Herren, Dienel und Brandt haben über Struk- mögliche Verbote von Vereinigungen, weil diese in die- turen berichtet, die sie während ihrer Spitzeltätigkeit für ser Form sich erst gar nicht so aufbauen und in der Öf- den Verfassungsschutz erst gegründet haben. Und es ist fentlichkeit in Erscheinung treten konnten. doch nicht so weit hergeholt vor dem Hintergrund der Ge- schichte des Verfassungsschutzes, jetzt die Frage zu stel- Das hat natürlich seine Ursachen, Herr Pohl, und die lie- len, inwieweit der Thüringer Verfassungsschutz auf diese gen nicht in Mängeln des Thüringer Landesamtes für Ver- Strukturbildung Einfluss genommen hat, sie entweder selbst fassungsschutz, sondern die liegen in der grundsätzlichen angeregt hat, um besser kontrollieren zu können, um Er- Arbeitsweise von Spitzeln und ihren V-Mann-Führern, folge verbuchen zu können, oder diese Strukturen ohne weil diese aufeinander angewiesen sind. Aufeinander ange- öffentliche Kontrolle sich weiter hat verfestigen lassen. wiesen sind auf den Erfolg des anderen - der V-Mann-Füh- rer genauso wie der Spitzel, der natürlich aufgrund der fi- Meine Damen und Herren, ich will das am Beispiel Brandt nanziellen Zuwendungen, der aufgrund einer psychologi- auch einmal ganz klar belegen. Wir diskutieren ja immer schen Situation diese Arbeit für den Verfassungsschutz über den Thüringer Heimatschutz und dessen Gefährlich- weiter aufrecht erhalten will. Und für den V-Mann-Füh- keit und auch dessen Weiterverbreitung in dem parteipo- rer ist der Spitzel ja natürlich nur so lange von Bedeutung, litischen Spektrum des Rechtsextremismus. Tino Brandt wie er wertvolle Informationen liefern kann. Das heißt, war seit 1994 Mitglied oder Mitarbeiter beim Thüringer nur wenn viel passiert, ist er auch ein wertvoller Spitzel. Landesamt für Verfassungsschutz, 1996 haben sich die Das heißt natürlich auch, dass er in die Situation durch Thüringer Kameradschaften im Osten dieses Landes zum diese Zusammenarbeit getrieben wird, ganz von sich aus Thüringer Heimatschutz zusammengeschlossen. Also wäh- getrieben wird, auch etwas passieren zu lassen und damit rend der Zeit der Spitzeltätigkeit von Tino Brandt hat sich auch einige Aktivitäten erst tatsächlich zu organisieren. dieser Thüringer Heimatschutz gegründet und seit dem In diesen Bereich fallen natürlich auch Straftaten, weil eben immer weiter über das Land ausgebreitet und hat jetzt der Verfassungsschutz nicht dem Legalitätsprinzip unter- seit den letzten Jahren einen stetigen Mitgliederzuwachs worfen ist, sondern oftmals seinen Spitzeln auch noch die erfahren. Rückendeckung gibt.

In die Spitzeltätigkeit von Tino Brandt fällt auch die Präsidentin Lieberknecht: Übernahme des NPD-Landesverbandes durch den Thü- ringer Heimatschutz, durch Funktionäre der Kamerad- Herr Abgeordneter, bitte, Ihre Redezeit ist überschritten. schaften in den Jahren 1999 und 2000. Es ist doch fatal, meine Damen und Herren, wenn staatliche Stellen mit daran gewirkt haben, die Gründe für das nunmehr im 3658 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

Abgeordneter Dittes, PDS: warum schon im Vorfeld - und Teile der SPD scheinen da ja mitzumachen - einen möglichen Sündenbock suchen Ich will einen Satz nur sagen, Frau Lieberknecht, zum für den Fall, dass dieses Vorhaben scheitern sollte? Bis- Schaden. her wurde der Verbotsantrag doch stets sachlich disku- tiert und ich denke, das sollte auch so bleiben. Präsidentin Lieberknecht: (Beifall bei der CDU) Den letzten Satz. Die Verbotsanträge, wie sie beim Bundesverfassungsge- Abgeordneter Dittes, PDS: richt vorliegen, meine Damen und Herren, werden Erfolg haben. Um dies angesichts der derzeitigen Aufgeregtheit in Den letzten Satz zum Schaden, den sie angerichtet ha- aller Kürze in Erinnerung zu rufen, sie werden Erfolg ben, oder der noch angerichtet wird. Es ist nicht unbe- haben, wenn es sich bei der NPD nach der Überzeugung dingt das, dass das Verbot in Frage gestellt wird, es ist des Gerichts um eine Partei handelt, die nach ihren Zie- davon auszugehen, dass das Verbot ausgesprochen wird. len oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf aus- Aber, meine Damen und Herren, geht, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu be- einträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bun- (Zwischenruf Abg. Stauch, Vopel, Wacker- desrepublik Deutschland zu gefährden. Zur vermeintlichen nagel, CDU: Nein, nicht weiterreden.) Sorge der PDS um die Verbotsanträge, bei allem Streit um die politische Opportunität der Verpflichtung Tino Brandts (Unruhe bei der CDU) Mitte der 90er Jahre und seine Beschäftigung in den Folge- jahren: Die Rechtmäßigkeit der Informationsabschöpfung durch die zunehmenden Informationen entsteht der Ein- zum Schaden rechtsextremistischer Organisationen steht druck, dass hier ein Verfassungsgericht missbraucht wird außer Frage. Der Einsatz von V-Leuten ist dem hiesigen und dieser Missbrauch wiegt doppelt schwer, Amt ebenso wie jeder anderen Verfassungsschutzbehör- de in Deutschland von Gesetzes wegen erlaubt. Ich ver- Präsidentin Lieberknecht: stehe, dass es in der Öffentlichkeit auf Erstaunen stößt, dass es sich bei solchen V-Leuten tatsächlich um Extre- Herr Abgeordneter Dittes, ich muss Sie leider ermah- misten handelt. Natürlich glauben einzelne V-Leute zu Be- nen, ihre Redezeit ist schon reichlich überschritten. ginn ihrer Tätigkeit, sie könnten Geld verdienen, ohne die eigene Organisation zu verraten. Erst recht werden sie dies Abgeordneter Dittes, PDS: zum eigenen Schutz behaupten, vielleicht aber auch, um ge- genüber sich selbst bestehen zu können, wenn ihre Tä- umso höher die Verstrickung des Verfassungsschutzes mit tigkeit publik wird, wie es jetzt im Falle Brandt der Fall den zu verbietenden Strukturen ist. Vielen Dank. ist. In den einschlägigen Szenen stoßen sie mit dieser Darstellung auf wenig Vertrauen. Dass Brandt sein Geld (Beifall bei der PDS) in den Aufbau der so genannten "Bewegung" gesteckt hat, das erscheint Fachleuten als eine reine Schutzbehaup- Präsidentin Lieberknecht: tung. Er muss das sagen, damit er überlebt. Und wer selbst pleite ist wie Brandt, spielt nicht den generösen Sponsor. So, dann hat jetzt das Wort der Innenminister, Herr Merkwürdig ist nur, dass manche Medien, aber auch augen- Köckert. scheinlich einige Mitglieder dieses Hauses einem Neonazi so große Glaubwürdigkeit unterstellen, meine Damen und Köckert, Innenminister: Herren.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, Die These, die V-Mann-Tätigkeit des Tino Brandt könne ich könnte es mir leicht machen und mit zwei Worten den Verbotsantrag gefährden, ist von der PDS nicht ein- auf die Frage der PDS antworten, ob der Thüringer Ver- mal plausibel begründet. Denkbar wären solche Auswir- fassungsschutz das NPD-Verbotsverfahren negativ beein- kungen nur, wenn sich die Verbotsanträge auf Aktionen trächtigen könnte. "Juristisch abwegig", so hat dies der und Äußerungen stützen, zu denen ein V-Mann vom Ver- Jenaer Rechtswissenschaftler Peter Michael Huber kom- fassungsschutz angestiftet wurde. Solche Vorwürfe aber mentiert. Doch ich liefere gerne auch eine ausführlichere entspringen, zumindest bislang, lediglich der diffusen Ge- Begründung: Der Verbotsantrag vom April diesen Jahres dankenwelt eines Horst Mahler, der die "Provokateure des ist getragen von einem breiten Konsens zwischen Bun- Verfassungsschutzes" für "Ausreißer" einzelner Mitglie- desregierung, und Bundesrat. Die ganze Er- der verantwortlich macht. Es mag jeder in diesem hohen arbeitung, die ja seit dem Spätsommer begann und im Hause selbst entscheiden, ob er sich einer solchen Argu- April diesen Jahres zum Ziel kam, atmet diesen breiten mentation anschließen will, meine Damen und Herren. Konsens. Es ist schon zu fragen, warum die PDS eigent- lich einen Spaltkeil zwischen diesen Konsens treiben will, (Beifall bei der CDU) Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3659

Präsidentin Lieberknecht: lagen in den vom Statistischen Bundesamt bewerteten sechs Ländern zwischen 5,7 und 9,9 Prozent bei Nahrungsmit- Weitere Redemeldungen liegen mir nicht vor. Ich kann teln, 12,9 und 15,8 Prozent bei der Energie und zwischen damit den Teil der Aktuellen Stunde schließen und komme 13,1 und 17,1 Prozent bei den Kraftstoffen. Aber für diese jetzt zum Tagesordnungspunkt 25 b Preisanstiege lassen sich durchaus auch nachvollziehbare Begründungen finden, wenn man sie finden möchte. auf Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: (Zwischenruf Abg. Jaschke, CDU: Vor allem "Inflationsrate in Deutschland - Auswir- nicht vergessen - bei jedem Tanken Schröder kungen auf Thüringen" danken!) Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags So dürfte auch ihnen bekannt sein, dass die Folgen von - Drucksache 3/1634 - BSE und Maul- und Klauenseuche im Bereich der Nah- rungsmittel und der Lebensmittelpreise natürlich zu einer Als Erster hat das Wort der Abgeordnete Höhn, SPD- Verteuerung geführt haben. Fraktion. (Zwischenruf Abg. Wunderlich, CDU: Das Abgeordneter Höhn, SPD: hat doch damit gar nichts zu tun.)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Natürlich hat ein gestiegener Verbraucherschutz seinen Inflationsrate, Auswirkungen auf Thüringen, natürlich hat Preis. Darüber haben wir hier in diesem Plenum disku- die Inflationsrate Auswirkungen auf Thüringen, genau wie tiert. Ein höherer Verbraucherschutz führt zu höheren auf Hessen oder Bayern oder andere Bundesländer. In der Verbraucherpreisen, Herr Abgeordneter Wunderlich. Aber Tat, das Statistische Bundesamt hat festgestellt, dass die natürlich muss man diesen Zusammenhang sehen wollen. Inflationsrate für den Mai 2001 gegenüber dem Vorjahr Also kurzum, bei den Nahrungsmitteln, die Auswirkun- voraussichtlich um 3,5 Prozent gestiegen ist. Das ist wirk- gen der Krisen BSE und MKS haben ihren Niederschlag lich die höchste Steigerungsrate innerhalb eines Monats in den Preisen gefunden. Ich muss ihnen nicht erklären seit 1993. Damals waren es 4,2 Prozent. wie viel hunderttausend Stück Vieh vom Markt genom- men wurden. Ob das nun sinnvoll war oder nicht, das ist Nun muss man natürlich wissen, worüber reden wir, wenn eine ganz andere Frage. wir den Begriff "Inflationsrate" bzw. "Gesamtinflation" benutzen. Die Gesamtinflation gibt den Durchschnitt der (Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Nicht Steigerungen der verschiedenen Kostenarten für die Le- 400.000, sondern 40.000.) benshaltung der privaten Haushalte an. Aber wie es mit Durchschnittszahlen immer so ist, hin und wieder ver- Zum Sektor Energiepreise: Die anhaltend hohen Rohöl- wischen sie natürlich dann auch die konkreten Erkennt- preise auf dem Weltmarkt, gepaart, und das kommt ver- nisse. Deshalb muss man an dieser Stelle genauer hinse- schärfend hinzu, mit dem derzeitigen Kurs des Euro ge- hen. Ich will auch nicht verhehlen, man muss auch diese genüber dem Dollar haben für einen starken Anstieg bei Inflationsrate im Auge behalten, das ist ganz klar. Bei den Energie- und Kraftstoffpreisen gesorgt. Das ist eine genauerem Hinsehen kristallisieren sich einige Kosten Tatsache. Man muss konstatieren, dass im Gegensatz zu treibende Bereiche ganz klar heraus. den frühen 90er-Jahren mittlerweile das Kartell der Erd- öl produzierenden Länder funktioniert. Wir haben das an (Zwischenruf Abg. Jaschke, CDU: der Entwicklung des Rohölpreises durchaus feststellen Ökosteuer.) können, dass die Länder sich mittlerweile relativ "einig" sind bei der Festlegung des Rohölpreises und auch, das Darauf habe ich gewartet. Darauf wäre ich, ehrlich gesagt, darf nicht verkannt werden, die Ökonomen haben das ein- von alleine gar nicht gekommen. Aber, meine Damen mütig festgestellt, dass die Energiekrise in den USA und die und Herren von der CDU, man muss bei der Beurteilung anhaltend starke Nachfrage entsprechende Auswirkungen dieses Sachverhalts natürlich auch die entsprechende auf den Rohölmarkt gefunden haben. Das ist auch ein Unvoreingenommenheit an den Tag legen. Ich will mich Fakt, der seinen Niederschlag im Preis findet. hier an dieser Stelle gern darum bemühen. Ihr Einwurf eben zeigt mir, dass Sie sich nicht darum bemühen. Ich will hier an dieser Stelle nicht philosophieren über die Abhängigkeiten vom Öl, ich denke, das ist an anderer (Zwischenruf Abg. von der Krone, CDU: Stelle besser aufgehoben. Wir haben es ja hier mit dem Fragen Sie doch mal Ihren Kanzler.) Thema "Inflationsrate" zu tun.

Maßgeblichen Anteil an der Teuerungsrate hatten erneut, (Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: ... Geld wie schon in den Vormonaten, die Bereiche Nahrungs- abschaffen.) mittel, Energie und Kraftstoffe. Die Jahresveränderungen 3660 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

Meine Damen und Herren, wer seriös über die Ursachen in Wiesbaden in dieser Woche nun auch die Teuerungs- des Preisauftriebs reden will, der muss auch sehen, wie rate bekannt gegeben hat. Uwe Höhn hat es ja auch rich- sich die Preise in unseren Nachbarländern innerhalb der tig wiedergegeben, dass wir mit der höchsten Inflations- Europäischen Union entwickeln. Und siehe da, es ist eine rate seit 1993 nunmehr leben müssen, mit einem weiteren Parallelität der Entwicklung zu verzeichnen. Kurzum, man Anstieg der Preise um 3,5 Prozent. Wer es noch weiß und kann deshalb auch von einem internationalen Trend spre- mal die Statistiken gelesen hat, dazu hat z.B. auch ein Blick chen, dem wir uns, und das sage ich bewusst, leider auch in die SPD-eigene Zeitung "Freies Wort" geholfen, der nicht entziehen können. hat gesehen, dass wir noch im Frühjahr des vergangenen Jahres eine Preissteigerung von 0,7 Prozent hatten und Wir müssen, ich sagte das am Anfang, diese Entwick- noch im Mai des vergangenen Jahres einen Preisanstieg lung der Inflationsrate mit Aufmerksamkeit beobachten. von 1,4 Prozent zu verzeichnen hatten und innerhalb eines Jeder Kaufkraftverlust ist schmerzhaft. Wir haben auch Jahres nun die Steigerung auf 3,5 Prozent. ein großes Interesse daran, dass die Stabilität des Euro eng mit der Inflation verbunden ist. Aber ich möchte an der Wenn Uwe Höhn sagt, eine Inflationssteigerung auf 3,5 Stelle auf die Zitate der verschiedenen Ökonomen, Wirt- Prozent sei schmerzhaft, dann werde ich dazu sagen, schaftswissenschaftler und Banker verzichten, es ist Ge- dass 3,5 Prozent Inflationssteigerung mittlerweile uner- lassenheit an dieser Stelle angesagt. Es ist kein Aktionis- träglich wehtun und nicht mehr auszuhalten sind. mus angesagt, der ist fehl am Platze und trägt zur Verun- sicherung der Menschen bei. Deshalb sollten wir auch (Beifall bei der CDU) hier als Plenum, wenn es denn schon sein muss, dass wir uns hier mit diesem Thema beschäftigen müssen, auch Insbesondere tun sie den Menschen im Osten weh, sie angemessen mit diesem Sachverhalt umgehen. tun den Menschen im Osten aus mehreren Gesichtspunkten weh. Um nur noch einmal mit Blick zurück auf den Haus- (Beifall bei der SPD) haltsentwurf für 2002 vom Finanzminister hinzuweisen: Der Finanzminister erwartet im nächsten Jahr Einnahmen Präsidentin Lieberknecht: aus dem Solidaritätszuschlag von 22,3 Mrd. DM. Gleich- zeitig sind nach dem eigenen Haushaltsplanentwurf aber Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Mohring, CDU- für den Aufbau Ost nur 20,5 Mrd. DM vorgesehen. Dazu Fraktion. kommt, meine Damen und Herren, dass wir im Gegensatz zu den westlichen Bundesländern auch mit erheblich nied- Abgeordneter Mohring, CDU: rigerem Wachstum im laufenden oder nächsten Jahr zu rechnen haben. Nach den aktuellen Berechnungen der Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, nicht immer Wirtschaftsinstitute hat der Osten in diesem Jahr mit einem sind Aktuelle Stunden so aktuell wie die heute hier, zum reellen Wirtschaftswachstum von 1,2 Prozent zu rechnen. ersten Thema "Verfassungsschutz", aber vor allen Dingen Tatsächlich liegt aber die Teuerungsrate runtergerechnet auch der zweite Teil zu den Auswirkungen der Inflation für die fünf neuen Bundesländer bei rund 3,8 Prozent, also in Deutschland, insbesondere die Auswirkungen auf das Dreifache von dem, was wir an realem Wachstum ha- Thüringen. ben, haben wir gleichzeitig mit Inflationsbelastungen zu kämpfen. Wohin das führt und welche Belastungen das Meine Damen und Herren, in dieser Woche sind zwei insbesondere für die Menschen im Osten und für die so- wichtige Berichte und Entscheidungen, die im Zusammen- zial Schwachen und auch für Rentner im Osten hat, kann hang mit der Inflation in Deutschland stehen, bekannt sich jeder selbst ausrechnen. geworden. Das Erste ist ganz aktuell, darauf will ich nur kurz eingehen, der vorgelegte Haushaltsentwurf der Bun- Insbesondere, meine Damen und Herren, wissen Sie auch, desregierung für das Jahr 2002. Er ist deshalb interessant, dass im Gegensatz zu den Beschäftigten im öffentlichen weil sich nämlich danach zeigt, dass die Bürgerinnen und Dienst und zu den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, Bürger und auch die Mittelständler und das Handwerk in die in tarifgebundenen Beschäftigungsverhältnissen in den Deutschland im nächsten Jahr mit weiteren Rekordbelas- neuen Ländern beschäftigt sind, dass das reale Lohnwachs- tungen durch neue und höhere Steuern zu rechnen haben. tum für die Menschen außerhalb der Tarifsysteme im Osten nämlich beinahe zu Null liegt. Bei einer gleichzeitigen Nach dem Haushaltsentwurf von Eichel rechnet dieser Inflationssteigerung auf 3,5 Prozent und bei nach wie vor im nächsten Jahr mit Steuermehreinnahmen gegenüber im realistischen Durchschnitt gleich bleibender hoher Ar- dem laufenden Jahr von weiteren 15 Mrd. DM. Allein beitslosenstatistik wissen Sie, dass die Zukunftsperspek- aus der Ökosteuer erwartet der Bundesfinanzminister zu- tiven für die Menschen im Osten nicht rosig sind. Das ist sätzliche Einnahmen gegenüber denen von diesem Jahr von im Endeffekt auch ein Ergebnis von zwei Jahren rotgrün; 5,7 Mrd. DM. Damit nicht genug, neben den Belastun- das ist auch das Ergebnis auf 3,5 Prozent Inflations- gen, die anstehen allein durch die nach unserer Ansicht steigerung. tatsächlich verfehlte Steuerreformpolitik der Bundesre- gierung, kommt hinzu, dass das Bundesamt für Statistik (Beifall bei der CDU) Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3661

Meine Damen und Herren, wenn man schon Statistiken wert. An dieser Stelle sei mir dann die Frage gestattet, mei- zitiert, wie der finanzpolitische Sprecher der SPD eben, ne Damen und Herren, halten Sie nun an den Platten fest? und er dann Inflation als den Durchschnitt der verschie- denen Preissteigerungen definiert, dann darf er natürlich (Zwischenruf Abg. Jaschke, CDU: Welche?) nicht nur aus der Mitte der Statistik zitieren, sondern dann muss er auch sagen: Was ist denn der größte Preistreiber Oder wird eine neue Platte aufgelegt? Oder werden gar der Inflationssteigerung in diesem Jahr? Das ist nämlich Duplikate von Platten in Umlauf gebracht? ausweislich, (Zwischenruf Abg. Pohl, SPD: Welche (Zwischenruf Abg. Gerstenberger, PDS: Kar- Platten?) toffeln.) Oder werden jetzt vielleicht sogar wiederbeschreibbare nein, auch aus dem "Freien Wort" - und Frau Präsidentin, Datenträger verwendet? Sie müssen sich irgendwie ein- ich darf aus der Statistik zitieren - "6,8 Prozent Preisstei- mal entscheiden, meine Damen und Herren, gerungsrate allein für den Verkehrsbereich". Worauf das zurückzuführen ist, ist ja vorhin aus Zwischenrufen mei- (Zwischenruf aus der CDU-Fraktion: Man ner Fraktion schon klar geworden, es war die Ökosteuer. kann sich ja bald nicht mehr festlegen.) Natürlich hängt die Ökosteuer auch damit zusammen, dass wir Preissteigerungen von 5,8 Prozent im Durchschnitt für entweder reden wir über Thüringer Probleme oder wir Nahrungsmittel und Getränke haben, weil wir natürlich reden über Bundesprobleme. Ich hatte eigentlich gehofft, auch durch Ökosteuer höhere Transportkosten zu ver- dass wir uns vieles - ach, wissen Sie, was Ihr Innenmi- zeichnen haben. Irgendwoher muss das Essen ja kom- nister gesagt hat, Herr Jaschke, jeder zieht sich die Ja- men, was wir schließlich verzehren. cke an, die ihm passt.

(Beifall bei der CDU) (Zwischenruf Abg. Jaschke, CDU: Ich bin gerade dabei.) Es ist doch blind, an diesen Realitäten vorbeizuschauen. Wir können einfach nur von dieser Stelle - von Thüringen - Sehen Sie, wenn Sie das gestört hat mit den Platten, dann ausdrücklich appellieren, dass diese Preissteigerung ein muss was dran sein. Ende hat. Daran muss sich zunächst der Bundesfinanz- minister selbst ein Beispiel nehmen und seinen Haus- (Beifall bei der PDS) haltsplan - Nein, meine Damen und Herren, wir waren bei den Prob- Präsidentin Lieberknecht: lemen Thüringens oder bei den Bundesproblemen, aber es ist Wahlkampf, Herr Mohring. Wenn es den Beschluss Herr Abgeordneter Mohring, ich muss auch bei Ihnen der CDU gibt, dass überall in den neuen Bundesländern auf die Zeit schauen. eine Aktuelle Stunde zur Inflationsrate gemacht wird, dann wird die halt gemacht. Abgeordneter Mohring, CDU: (Heiterkeit und Beifall bei der CDU) ja - so realistisch darstellen, dass auch die Menschen im Osten tatsächlich noch Zukunft haben. Zukunft haben sie Herr Wunderlich, wenn Sie die Tagesordnung anderer nur, wenn sie auch am Ende noch Geld im Portemonnaie Länderparlamente kennen würden, dann würden Sie es haben. Vielen Dank. rausbekommen.

(Zwischenruf Abg. Jaschke, CDU: Richtig.) Ja, bloß wir können es ein bisschen besser.

(Beifall bei der CDU) Meine Damen und Herren, im Wahlkampf wird halt alles benutzt, was brauchbar ist. Ich will da noch einen kleinen Präsidentin Lieberknecht: Beitrag leisten. Herr Mohring, das, was am teuersten ge- worden ist, sind die Kartoffeln. Sie hätten also nach Ihrer Das Wort hat jetzt Abgeordneter Gerstenberger, PDS- Diktion heute über die Kartoffeln reden müssen. Im Ver- Fraktion. gleich von April 2001 zum März 2001 sind nämlich die Kartoffeln um 26,7 Prozent teurer geworden, die Zwiebeln Abgeordneter Gerstenberger, PDS: um 5,1 Prozent und die Bananen, meine Damen und Her- ren, auch die Bananen sind um 5,3 Prozent teurer ge- Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es wird immer worden. verrückter mit der CDU, heute hü, morgen hott, heute noch angebliche Topleistungen, morgen schon alles nichts mehr 3662 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Das ist zu erklären, weshalb die Inflationsrate ansteigen muss Spitze.) und gar nicht anders sein kann. Machen Sie es doch ein- facher. Sagen Sie, Inflationsrate ist ein Markenzeichen Die Kraftstoffe - Herr Gentzel, ja manchmal ist es wirk- sozialdemokratischer Bundespolitik. lich das Einfachste, man zieht es ins Lächerliche - sind teurer geworden. Worüber Sie nicht gesprochen haben, (Beifall bei der CDU) Herr Mohring, und das ist bedauerlich, und jetzt kom- men wir zum Ernst der Lage, (Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: So eine Frechheit.) (Zwischenruf Abg. Dr. Zeh, CDU: Oh.) Das ist schon immer so gewesen. So kann man es ganz die Kosten im Bildungswesen sind um 10,8 Prozent ge- einfach auf einen Nenner bringen, meine Damen und Her- stiegen, auch deshalb, weil wir im Kindertagesstättenbe- ren. Ich sage Ihnen, Geldwertstabilität und niedrige Infla- reich in Thüringen entsprechende Veränderungen vorge- tionsrate ist die beste Sozialpolitik, die man machen kann. nommen haben. Wenn Sie sich die Mühe gemacht hätten, Diese gute Sozialpolitik ist im Bund einmal gemacht wor- den Konjunkturbericht des Freistaats zu lesen, den die den. Unsere Rentner, ja, das muss ich nun leider sagen, sind Kammern herausgeben (Ausgabe 2/01 vom 30. Mai), die Leidtragenden einer guten sozialen Geldpolitik der dann hätten Sie festgestellt, dass die Konjunktur sich des- Kohlregierung geworden, dadurch, dass die SPD nämlich halb abkühlt, wie die Kammer feststellt, weil wir Preis- die nettolohnbezogene Anpassung ausgesetzt hat und nur dumping, Schwarzarbeit und schlechte Zahlungsmoral im an der Inflationsrate die Erhöhung der Renten im Jahre Freistaat haben. Diskussionen zu einem Vergabegesetz, 2000 um 0,6 Prozent bei einer Inflationsrate, die deut- um das wenigstens in Teilen korrigieren zu können, hat lich höher lag, gemacht hat. die Mitte dieses Hauses abgelehnt. (Unruhe bei der PDS, SPD) (Beifall bei der SPD) Ja, das tut mir Leid, aber das muss man Ihnen einmal Eine Diskussion darüber, dass die Lohnsituation in Thü- sagen. Die Rentenanpassungsverordnung für 2001 liegt vor ringen verhindert, dass mehr privates Einkommen im Ein- und sieht inzwischen einen Anpassungswert von 2,11 Pro- zelhandel ausgegeben wird, also auch nachhaltig die Si- zent für die neuen Bundesländer vor bei einer bundes- tuation im Einzelhandel davon beeinflusst wird, die ha- weiten Inflationsrate von 3,5 Prozent und einer Inflations- be ich auch nicht gehört. So könnten wir an dieser Stelle rate für Thüringen - und ich habe jetzt den Vergleich Mai auch weitermachen, wir könnten den Verkehr und die des Jahres 2000 mit dem Mai 2001 - von 4,3 Prozent. Mei- Kraftstoffpreise, die ja angeblich mit der Ökosteuer zu tun ne Damen und Herren, das ist ein Kaufkraftrückgang bei haben, auch aufgreifen, aber die Punkte, Herr Mohring, unseren Rentnern von über 2 Prozent. Und das, meine Da- die haben Sie weggelassen. Wenn Sie Wahlkampf machen, men und Herren, ist dann wirklich etwas, das wehtut. Ich dann machen Sie Wahlkampf mit Thüringer Problemen, meine, Herr Gerstenberger, Sie haben zum Anfang etwas dann machen Sie den Wahlkampf mit Ihren hausgemachten lächerlich angefangen und Sie haben gesagt, manches Problemen hier in Thüringen und lassen Sie das, was uns muss man eben ins Lächerliche ziehen. Ich glaube nicht, nur am Rande betrifft, sicher betrifft, aber am Rande, ein- dass bei dem Kaufkraftverlust, den unsere Rentner hin- fach aus diesem Hause raus. Danke schön. zunehmen haben, unsere Rentner noch lachen können.

(Unruhe bei der CDU) (Beifall bei der CDU)

(Beifall bei der PDS) Wenn hier der beliebte Vergleich angeführt wird, was die Kartoffeln angeht, da habe ich auch den Vergleich, Präsidentin Lieberknecht: es sind minus 3 Prozent, die die Kartoffeln billiger sind in Thüringen, aber was Kraftstoffe und Heizöl angeht Das Wort hat Abgeordneter Dr. Pietzsch, CDU-Fraktion. eine Steigerungsrate von plus 17 Prozent. Meine Damen und Herren, da liegt doch der Hase im Pfeffer, dass un- Abgeordneter Dr. Pietzsch, CDU: sere gesamten Lebenshaltungskosten permanent in den letz- ten zwei Jahren in die Höhe gegangen sind. Hier liegt Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Her- auch der Zusammenhang zu Thüringen. ren, Inflationsrate ist nicht nur finanzpolitisches Thema, sondern und ganz besonders ein sozialpolitisches Thema. Meine Damen und Herren, ich fordere wieder eine ver- nünftige Geld- und Wirtschaftspolitik. Dass die Inflations- (Beifall bei der CDU) rate nicht so weitergeht und dass insbesondere diejeni- gen, die nicht von zusätzlichen Subventionen im Bereich Herr Höhn, wenn ich Sie da höre, Sie machen einen doppel- von Heizöl und Energie profitieren, nämlich unsere Rent- ten Salto mit Spirale und allem was dazu gehört, um uns ner, unsere Sozialhilfeempfänger, unsere Studenten, dass Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3663 die nicht weiter Leidtragende dieser verfehlten Politik (Beifall bei der CDU) des Bundes werden. Recht herzlichen Dank. Außer Ankündigungen nichts gewesen und den Landwirten (Zwischenruf Abg. Bechthum, SPD: Oh, bleibt überhaupt keine andere Chance, als die Kosten in nein.) diesem Fall auf die Verbraucher umzulegen. Und da sa- gen wir jetzt, das ist gottgewollt, das können wir mit po- (Beifall bei der CDU) litischen Entscheidungen nicht ändern.

Präsidentin Lieberknecht: (Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Warum nicht angehen?) Das Wort hat jetzt für die Landesregierung der Finanz- minister, Herr Trautvetter. Die Frage ist ganz entscheidend, dass man jetzt Festle- gungen trifft, wie es weitergeht, zumindest in dem Bereich, Trautvetter, Finanzminister: den man beeinflussen kann. Zwar sieht man mittelfristig wieder eine Senkung des Rohölpreises, aber ich will es Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, einmal an dem Beispiel Rentenerhöhung und Inflations- mit dem Begriff "Inflation" verbinden sich für viele Bürge- rate klar und deutlich sagen. Auf welcher Spirale wollen rinnen und Bürger unseres Landes Ängste und Sorgen. Ge- wir uns denn eigentlich bewegen? Im letzten Jahr waren rade in der älteren Generation ruft dieses Wort Erinnerun- es 0,6 Prozent Rentenerhöhung. 2 Prozent Inflationsrate gen an Situationen hervor, die wir uns alle nicht wünschen. bedeutet für die Rentner eine Geldentwertung. Ein Rent- Auf Schwankungen der Lebenshaltungskosten reagiert die ner hat keine Entlastung durch Senkung der Lohnneben- deutsche Bevölkerung wesentlich sensibler als Menschen kosten. Jetzt sind wir bei 3,5 Prozent deutschlandweit, in in anderen Ländern des europäischen Wirtschaftsraums. Thüringen über 4 Prozent, die Rentenanpassung 2,1 Pro- Deshalb ist es angeraten, die Diskussion um Inflationsraten zent. Wenn wir in Zukunft die Rentenanpassung nach der und ihre Auswirkungen sachlich und emotionsfrei zu füh- Inflationsrate machen, wie viel Ökosteuer wollen sie denn ren. Nur, wir müssen aber auch die Tatsachen zur Kennt- eigentlich in Berlin noch auf die Energiekosten draufle- nis nehmen. Da berufe ich mich auf den aktuellen Monats- gen, damit sie eine solche Rentenanpassung überhaupt bericht der Deutschen Bank. Nachdem in der zweiten Hälf- zahlen können? te des Jahres 2000 die deutsche Wirtschaft einen leichten Expansionspfad eingeschlagen hatte, zeigt sie jetzt eine (Beifall bei der CDU) deutliche Abkühlung und ebenso ist auch das Preisklima in Deutschland im gleichen Zeitraum verglichen mit dem Ich bin kein Verfechter, dass wir die Anpassungsregel- Jahr 2000 wieder ungünstiger geworden. Mich beunruhigt sätze in der Sozialhilfe und in der Rente der Inflationsrate die Dynamik der Entwicklung. Ausgehend von 2,0 Prozent anpassen. Ich bin ein Verfechter davon, dass wir zurück- im III. Quartal 2000 wurden im I. Quartal 2001 2,4 Prozent kehren zu einer Politik, wie sie die CDU-geführte Bun- erreicht, im April 2,7 Prozent, für den Mai schließlich ein desregierung in den 90er-Jahren durchgeführt hat, dass Wert von 3,5 Prozent in Deutschland, die Zahlen für Thü- nämlich Inflationsraten generell unter 2 Prozent bleiben. ringen hat der Kollege Pietzsch genannt. (Beifall bei der CDU) Ich denke, wir sind uns alle einig, dass der Anstieg des Preisniveaus problematisch ist. Natürlich, Herr Höhn, hat (Zwischenruf Abg. Lippmann, SPD: Das ist das auch objektive Ursachen. Wir können weder in Berlin falsch, Herr Trautvetter. Das ist glatt gelo- noch in Erfurt die Preisentwicklung auf dem Rohölmarkt gen.) entscheidend beeinflussen. Es hängt aber von politischen Entscheidungen ab, ob wir den internationalen Einflüs- Sie haben vorhin selbst gehört, das hat Ihr Kollege Höhn sen noch einen Preisauftrieb obendrauf satteln. Und da aus der SPD-Fraktion gesagt, 1993 war das letzte Mal eine sind wir das einzige Land, welches dies tut. höhere Inflationsrate als 3,5 Prozent. In den letzten Jahren der 90er-Jahre waren wir bei Inflationsraten, die lagen (Beifall bei der CDU) zwischen 0,7 und 1,5 Prozent. Das wissen Sie ganz genau. Die beste Sozialpolitik ist eine stabile Preispolitik und (Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das stimmt niedrige Inflation. einfach nicht.) (Beifall bei der CDU) Wenn gesagt wird, auch die Kosten BSE, Maul- und Klauenseuche können wir nicht beeinflussen, wo sind denn Ich sehe schon ein bisschen mit Bedauern, wenn näch- die großen Programme der Bundesregierung, den Land- stes Jahr 30 DM Kindergelderhöhung als erfolgreiche So- wirten zu helfen, damit wir auch dort stabile Verbraucher- zialpolitik verkauft wird, aber bei 3.000 DM Haushaltsein- preise halten können? kommen - 3,5 Prozent Inflationsrate - werden 105 DM mo- natlich Mehrkosten verursacht bzw. Geldentwertung. Was 3664 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 ist denn da noch eigentlich erfolgreiche Familienpolitik in sagen auf der Verkehrskonferenz in Gera, an der unser Ver- der Zukunft? Man kann das umgestalten, umgestalten in kehrsminister sowie der DB-Chef Mehdorn teilgenommen dem Sinne, dass man eine Wirtschaftspolitik betreibt, die haben, nicht ganz ernst nehmen, dass Drehkreuze in Thü- auf Wirtschaftswachstum ausgerichtet ist, auf mehr Be- ringen, so auch in Gera, geschaffen werden, von wo aus schäftigung, dass man keine steuerlichen Beschlüsse fasst, man die Verkehrsknoten dieses Landes erreichen kann. die Preis erhöhend wirken, d.h., Aussetzen der nächsten Stufen der Ökosteuer, dass man keine Beschlüsse fasst, Mit der Bummelbahn zur Fernbahn, das scheint aber das wie Verlängerung der AFA-Tabellen, die die Wirtschaft Ziel der DB AG bezüglich des Verkehrsknotens Gera. mehr belastet, um nur einmal einige Punkte zu nennen. Gera ist das einzige Oberzentrum Deutschlands, das nicht Das verlange ich von der Bundesregierung in den näch- zweigleisig angeschlossen ist. Dieser traurige Ruhm ist nun sten Wochen und Monaten, um die Inflationsrate wieder mit dem neuen Fahrplan um die Tatsache erweitert wor- auf den Wert zurückzuführen, wie wir ihn in den letzten den, dass Gera als Großstadt und Oberzentrum in Thürin- Jahren gehabt haben. Vielen Dank. gen vom Fernverkehr ganz abgehangen wurde. Bekannt- lich wurden alle InterRegio-Verbindungen gekappt. Auf die (Beifall bei der CDU) Entwicklung der Reisegeschwindigkeit auf der Mitte- Deutschland-Schiene im Ergebnis des schlechten Zustands Präsidentin Lieberknecht: des Fahrwegs haben wir auch hier im Plenum schon öf- ter hingewiesen und auch gesprochen. Um es nur noch Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe einmal zu verdeutlichen: Die Fahrzeit für die 88 km zwi- damit auch den zweiten Teil der Aktuellen Stunde. schen Gera und Erfurt erhöhte sich von 74 Minuten im Jahr 1999 auf gegenwärtig 94 Minuten, und das ohne Einfluss Wir kommen zur Fortführung des Tagesordnungs- der begonnenen Baumaßnahmen. punkts 10. Hier stand noch die Wortmeldung vom Ab- geordneten Buse, PDS-Fraktion aus. Die Antwort auf eine Mündliche Anfrage von mir zu Kon- sequenzen aus der Einstellung von InterRegio-Verbindun- Abgeordneter Buse, PDS: gen in der 38. Sitzung des Hauses im Februar dieses Jahres, darin eingeschlossen auch die InterRegio-Verbindung nach Frau Präsidentin, verehrte Damen und Herren, auch die Gera, machte deutlich, die DB rechnet sich also wirtschaft- Fraktion der PDS hält den Schienenpersonenverkehr, egal lich, indem sie dem Freistaat in die Tasche greifen will. ob nun Fern- oder Nahverkehr, für so wichtig, in diesem Hause über Erreichtes und auch über nicht Erreichtes, über Herr Lippmann, nehmen Sie es mir nicht übel, ich kann Notwendiges und über Versäumtes zu beraten. Die beiden Ihrer Argumentation zu den InterRegios nicht ganz folgen. Anträge der CDU-Fraktion zum Schienenpersonenfern- Es gibt bekanntlich Analysen, einschließlich auch bei der verkehr bzw. zum -nahverkehr machen deutlich, dass es DB AG, die bezüglich des InterRegio das Gegenteil be- in Thüringen doch einen gewissen Handlungsbedarf gibt, weisen, insbesondere in der Wirtschaftlichkeit. Ich glaube auf den wir im Landtag aus unterschiedlichsten Sichtwei- aber, es wurde hier Ausschussüberweisung beantragt, wir sen und von unterschiedlichen Fraktionen eingebracht haben sicherlich die Muße und auch den Raum und die schon mehrfach eingegangen sind. Bei aller Unterschied- Gelegenheit im Ausschuss darüber zu hören. Aber es ist lichkeit von Auffassungen und Lösungsvorschlägen zwi- nicht nur der Wegfall von der InterRegio-Verbindung und schen den einzelnen Fraktionen, ich jedenfalls erachte es die Reisezeiten schlechthin, es geht auch wieder um die als richtig und notwendig, entsprechende Anträge in die Attraktivität des Schienenpersonenfernverkehrs. Beson- Diskussion und Beratung sowie Beschlussfassung des Thü- ders nachteilig wird sich der Wegfall des InterRegio-An- ringer Landtags einzubringen, so wie das die CDU-Frak- schlusses für die Reisenden des IC aus Richtung Frankfurt tion, aber auch schon unsere Fraktion getan haben. Des- am Main auswirken. Die Übergangszeiten zum dann als halb wäre es gut, Herr Lippmann, wenn Ihre Fraktion die Anschluss nach Ostthüringen fungierenden Regionalex- von Ihnen hier dargelegten Überlegungen auch in entspre- press Göttingen-Glauchau bzw. Zwickau betragen in Wei- chende Anträge gekleidet hätte. Leider habe ich in der Le- mar zum Teil unzumutbare 49 Minuten nach neuem Fahr- gislatur dieser Wahlperiode diesbezüglich aus der Fraktion plan. der SPD noch keine entsprechenden Anträge hier erfahren dürfen. (Zwischenruf Abg. von der Krone, CDU: Das war doch zu DDR-Zeiten nicht anders.) Meine Damen und Herren, angesichts der bisherigen Dis- kussion hier im Landtag und auch im Ausschuss möchte Das heißt, auch der hochwertige Fernverkehr, Herr von ich mich deshalb nur kurz zu einzelnen Aspekten der bei- der Krone, wird durch die Streichung erheblich an Attrak- den Anträge der CDU-Fraktion äußern. Ich will nicht näher tivität verlieren. darauf eingehen, dass unsere Forderungen zum Erhalt der Fernverbindungen seit 1997 hier im Landtag für meine Be- (Zwischenruf Abg. von der Krone, CDU: Ihr griffe nicht ernst genommen werden. Aber blickt man auf habt es in 40 Jahren nicht fertiggebracht, die den seit Sonntag gültigen Fahrplan, so kann man die Aus- Strecke zweispurig auszubauen.) Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3665

War das jetzt eine Wortmeldung? Soll ich die bei der tung des Netzes, der Modernisierung der Bahnhöfe und des Präsidentin mit einreichen für Sie, Herr von der Krone. Wagenparks beigetragen. Aber nur Sicherung dieses auf bzw. an einigen Strecken erreichten deutlich verbesser- (Heiterkeit und Beifall bei der PDS) ten Zustandes ist einfach zu wenig. Darüber sind wir uns sicherlich alle im hohen Haus einig. Neben der Sicherung Präsidentin Lieberknecht: muss mindestens die Verbesserung an weiteren Strecken und für weitere Streckenbedienungen erreicht werden. Es war ein Zwischenruf und ich bitte fortzufahren. (Beifall Abg. Gerstenberger, PDS) Abgeordneter Buse, PDS: Meine Damen und Herren, gern würde ich den Antrag als Ich bedanke mich. einen Antrag zur Sicherung und Ausbau eines attraktiven Schienenpersonennahverkehrs in Thüringen verstanden Meine Damen und Herren der CDU-Fraktion, Ihrem wissen. Wir können darüber ebenso reden. Er folgt in vie- Punkt 2 im Antrag können wir folgen, hielten es aber auch lem unseren bereits hier im Plenum beantragten inhaltli- für konsequenter, wie es Herr Staatssekretär Richwien be- chen Forderungen als auch den Forderungen aus anderen reits ausführte, dass die Landesregierung regelrecht aufge- Landesdokumenten, wie z.B. dem Landesentwicklungsplan fordert wird - sie tut es ja in dieser Richtung -, die Geset- bzw. dem ÖPNV-Gesetz, und er berücksichtigt auch die zesinitiative der Länder Baden-Württemberg und Bayern sich aus der Verschlechterung der Situation ergebende Not- im Bundesrat entsprechend der Bundesratsdrucksache wendigkeit. Ich hoffe, es betrübt Sie nicht, wenn gerade ich 82/01 - Entwurf eines Gesetzes zur Gewährleistung des das so offen hier sage, Herr Kallenbach. Ob und wie weit Schienenpersonenfernverkehrs - die unseres Erachtens ge- die im Antrag Punkt 2 empfohlene wesentliche Finanzie- genwärtig im Ausschuss diskutiert wird, aktiv zu unter- rungsquelle, nämlich das vom Ministerpräsident vorge- stützen. Die Bereitschaft hat Herr Richwien namens der schlagene Sonderprogramm-Ost, hilfreich bei der Durchset- Landesregierung dazu geäußert. Man könnte den Punkt zung der Sanierung des Aufbaus der Schienenpersonen- regelrecht konkreter fassen. nahverkehrsstrecken ist, erscheint mir etwas zweifelhaft.

Zu 3 und 4 des Antrags herrscht Konsens zu unseren For- Neben der Sanierung des Schienennetzes ist auch ein derungen hinsichtlich der Mitte-Deutschland-Verbindung, attraktives Angebot für die Verkehrsnutzer von Bedeutung. sowohl was den Anschluss Geras an den Fernverkehr als In den Tagen und Wochen vor dem Fahrplanwechsel äußer- auch den Ausbau der Strecke betrifft, wenngleich ich erneut ten sich insbesondere studentische Organisationen und auf die Reihenfolge in Punkt 4 namens unserer Fraktion viele einzelne Betroffene kritisch zu der von der DB AG hinweise. Für meine Fraktion hat der Ausbau vorhande- geplanten Veränderung bei der Fahrradmitnahme. Die bis- ner Strecken Vorrang vor dem Neubau. Aber diesen Streit herigen Möglichkeiten der kostenlosen Fahrradmitnahme haben wir bereits im April 2000 in diesem Haus und sollten mit dem Fahrplanwechsel in Thüringen bekannt- auch im Wirtschaftsausschuss im Zusammenhang mit der lich beendet werden. Durch die Verhandlungen mit der Beratung Ihres Antrags, meine Damen und Herren der DB AG ist es der Nahverkehrsservicegesellschaft gelungen CDU-Fraktion, in Drucksache 3/499 - Erhalt und Ausbau - und wenn meine Informationen stimmen, Herr Kallen- der Schieneninfrastruktur in Thüringen -, den Sie ja be- bach, erst einmal leider nur bis Jahresende -, die weitere kanntlich mit Ihrer Mehrheit mehrheitlich entschieden ha- unentgeltlich Fahrradmitnahme auszuhandeln. Ich glaube, ben, beredet und besprochen. Natürlich fiel die damalige die Betroffenen erwarten zu Recht, dass das Land entspre- Schwerpunktsetzung für die ICE-Trasse und nicht für den chende Verhandlungsergebnisse auch für das Jahr 2002 Ausbau vorhandener Trassen aus. In diesem Zusammen- und darüber hinaus erzielt. Ich glaube, die Landesregie- hang will ich zumindest anmerken, dass ich es schon be- rung wird sicherlich bereit sein, diesbezügliche Verhand- achtlich finde, dass nach Beratung und Beschlussfassung lungen mit der DB AG weiterzuführen. Auch an diesem zur Drucksache 3/499, in der die Landesregierung gebe- kleinen Beispiel kann man ablesen, dass es der Bahn nicht ten wurde, ich darf zitieren: "bezüglich der Verkehrs- so sehr um einen attraktiven, einzelne Benutzer anspre- projekte Deutsche Einheit Nr. 8.1 und 8.2 sowie der Mitte- chenden Schienenverkehr geht, sondern ausschließlich Deutschland-Verbindung gegenüber der Bundesregierung wirtschaftliche Erwägungen eine Rolle spielen. Aber ge- aktiv zu werden", es nun mit den heutigen Anträgen er- rade wir als Landtag sollten der Sicherung und dem Aus- neut einer Aufforderung an die Landesregierung bedarf, bau eines attraktiven Schienenpersonennahverkehrs größ- diesbezüglich aktiv zu werden. Ich wollte es ja nur an- tes Augenmerk schenken und nicht den reinen wirtschaft- merken, Herr Kallenbach. lichen Erwägungen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerk- samkeit. Meine Damen und Herren, einige wenige Bemerkungen zum Antrag betreffend der Sicherung eines attraktiven (Beifall bei der PDS) Schienenpersonennahverkehrs. Sicher haben Investitionen und Beteiligung des Landes, wie sie auch hier von Herrn Staatssekretär Richwien geäußert worden sind, zur Erhal- 3666 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

Präsidentin Lieberknecht: (Zwischenruf Köckert, Innenminister: Weil sie da schon fertig war, die Berechnung.) Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Es war zu beiden Anträgen Ausschussüberweisung beantragt worden, Das haben Sie aber damals ganz anders dargestellt, Herr und zwar an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Minister. Sie haben gesagt, wir müssen diese Berechnung Strukturpolitik. Wir stimmen zunächst ab über die Über- erst durchführen. Wenn das Ergebnis vorliegt, werden weisung der Drucksache 3/1558. Wer damit einverstan- wir dieses dem Haus mitteilen. den ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke, das ist die übergroße Mehrheit. Dann verfahren wir so. (Zwischenruf Köckert, Innenminister: Ihr Gedächtnis ist schwach.) Dann stimmen wir ab über die Überweisung der Druck- sache 3/1559. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich Ihr Gedächtnis ist auch schwach. auch um das Handzeichen. Danke, das ist auch die über- große Mehrheit und damit überwiesen. Ich schließe den (Beifall bei der SPD) Tagesordnungspunkt 10. Also, wie gesagt, sehr überraschend die Übereinstimmung Wir kommen zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 11 dieser beiden Zahlen. Dies macht mich etwas stutzig, ob- wohl ich die Riesenarbeit des Landesverwaltungsamts da- Entwurf einer Verordnung über die Auf- mit nicht schmälern möchte. Deswegen denke ich, wir ha- tragskostenpauschale nach § 23 des ben als Abgeordnete die Pflicht, diese Zahlen zu hinterfra- Thüringer Finanzausgleichsgesetzes gen. Hinterfragen können wir diese Zahlen nur, wenn wir hier: Zustimmung des Landtags gemäß § 23 im Ausschuss uns dies genau erläutern lassen können. Des- Abs. 1 Satz 2 des Thüringer Finanz- halb bitte ich im Gegensatz zur vorgesehenen Verfahrens- ausgleichsgesetzes weise, dass wir uns im Ausschuss diese Zahlen erläutern Antrag der Landesregierung lassen, Fragen stellen können und dass wir dann guten Ge- - Drucksache 3/1618 - wissens zustimmen können, denn ohne diese eindringliche Erläuterung im Ausschuss kann unsere Fraktion nicht zu- Die Begründung durch den Einreicher wurde nicht ge- stimmen, können wir uns nur enthalten, weil wir nicht un- wünscht. Wir kommen damit zur Aussprache. Es hat als serer Pflicht als Abgeordnete an dieser Stelle dann nach- erster Redner das Wort Herr Abgeordneter Schemmel, kommen können, wobei ich natürlich auch noch in dem SPD-Fraktion. Ausschuss wissen möchte, wieso es kam, dass diese so genannte Interessensquote auf 20 Prozent festgelegt worden Abgeordneter Schemmel, SPD: ist. Die Interessensquote soll ja das ausdrücken, welchen Nutzen die Kommune aus der im staatlichen Auftrag aus- Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, geführten Maßnahme wirklich selbst zieht. Da gibt es ja In- durch das Innenministerium respektive durch das Landes- teressen. Wenn man z.B. im Einwohnermeldeamt diese verwaltungsamt ist nun erstmalig auf der Basis der tatsäch- Funktion durchführt, dann hat natürlich die Kommune ein lichen durch die Kommunen im übertragenen Wirkungs- ursächliches Interesse, ihre Einwohner gemeldet zu sehen kreis oder als untere staatliche Verwaltungsbehörde zu er- zu haben, ihre Einwohner zu kennen. Aber wie man jetzt bringenden Leistungen mit teils bewertenden, überwiegend willkürlich diese 20 Prozent greift, ob das vielleicht letzt- aber statistischen Methoden eine realitätsorientierte Höhe lich das Mittel war, um dann genau diese Höhe zu errei- der Auftragskostenpauschale ermittelt worden. Das klingt chen, von der wir anfangs gesprochen haben, das ist na- fast wie ein Lob an das Innenministerium, aber ich darf türlich sehr fraglich. Deswegen möchte ich darüber schon das keinesfalls so verstanden wissen. Denn ich möchte Klarheit haben. Ich weiß, dass eine Interessenquote von in dieser Debattenlage heute und morgen nicht die Ausnah- bis 25 Prozent nach Verfassungsgerichtssprechung möglich me bilden, nicht der Einzige sein, der in irgendwelcher ist. Deswegen kann man das nicht konkret kritisieren, aber Weise das Innenministerium lobt. Deshalb betrachte ich wieso gerade diese 20 gegriffen wurde, das ist natürlich das als eine Feststellung. Nur eines macht mich dabei zu hinterfragen. natürlich stutzig. Wieso liegt die nunmehr aufwendig er- mittelte Auftragskostenpauschale eigentlich genau in der Deshalb bitte ich, dass wir uns im Ausschuss mit dieser Höhe der Pauschale, wie sie schon im Haushalt 2001 fest- Sache auch befassen können. Ich bitte also um Ausschuss- geschrieben wurde? Das ist doch außerordentlich über- überweisung an den Innenausschuss und möchte noch raschend, zwei Bemerkungen anfügen, die von einer Bedeutung sind, wenn wir uns dann über diese Auftragskostenpauschale (Zwischenruf Köckert, Innenminister: Nein.) unterhalten. dass man im Haushalt 2001 schon diese Zahl so fixieren Erst einmal erwarte ich und ich glaube dies wird auch konnte, wie sie jetzt diese umfangreichen Berechnungen zu leisten sein und wird auch geleistet werden, dass für unter Einbeziehung aller Kommunen ergeben haben sollte. die Haushaltsjahre 2003/2004 eine Neuberechnung erfolgt. Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3667

Aber in diesem Zusammenhang kann ich natürlich auch Kommunen müssen also nicht nur diese Landesaufgaben erwarten, dass dann endlich die Auftragskostenpauschale übernehmen, nein, sie müssen diese Aufgaben auch noch außerhalb des Kommunalen Finanzausgleichs angesiedelt größtenteils selbst bezahlen. Wer so mit seinen Kommu- wird. Denn sonst wird, falls ich eine Steigerung nachweise, nen umgeht, der braucht sich letztlich nicht zu wundern, die sicherlich entstehen wird in den Jahren 2003/2004 zum wenn man ihm stiefväterlichen Umgang vorwirft. jetzigen Stand, da kann ich nämlich dann verhindern, dass ich das dann wieder aus der Westentasche der Kommune (Beifall bei der PDS) nehme und in die linke Tasche hineinstecke. Wenn ich dies aus dem Kommunalen Finanzausgleich herauslöse, (Zwischenruf Köckert, Innenminister: Woher dies ist also das Verhindern dieser Taschenspielertricks, haben Sie denn den Unfug?) dass es die Kommunen selbst bezahlen und entspricht, den- ke ich, auch Artikel 93 der Landesverfassung, der die Prin- Ich sage es Ihnen gleich, wie ich darauf komme. Es ist zipien der dualen Finanzkraftgarantie festschreibt und der eben kein Erfolg, meine Damen und Herren, wenn die durchaus auch trennt, was zur normalen Finanzkraft der Auftragskostenpauschale für 2001 von 85 Mio. DM auf Kommunen gehört und was der Finanzkraftsausgleich be- 143 Mio. DM erhöht wurde. Sie bedienen sich, Herr inhalten muss, der aus der Erfüllung staatlicher Aufgaben Köckert, wenn Sie das so sagen, buchhalterischer Tricks, resultiert. um Ihren Verfassungsauftrag zu erfüllen. Sie versuchen damit gleichzeitig mehreren Klagen von Gemeinden zu Zusammengefasst: Ich bitte um Überweisung an den entgehen, die gegen die unzureichende Höhe der Auftrags- Ausschuss, dann können wir und sicherlich auch Sie von kostenpauschale vorgegangen sind. Die Auftragskosten- der CDU guten Gewissens dort dann zustimmen. pauschale wird erhöht und dies innerhalb des Kommu- nalen Finanzausgleichs und im Wesentlichen zu Lasten (Beifall bei der SPD) der Schlüsselzuweisungen. Den Kommunen steht damit nicht 1 DM zusätzlich zur Verfügung. Es kommt nur zu Präsidentin Lieberknecht: einer Umverteilung innerhalb der kommunalen Ebene. Der eigentliche Sieger dieser Tricksereien ist das Land. Vielen Dank. Es war gesagt Innenausschuss von Herrn Auf der kommunalen Ebene gibt es Sieger und es gibt auch Abgeordneten Schemmel. Es hat jetzt das Wort Frau Verlierer. Verlierer sind insbesondere die kreisangehörigen Abgeordnete Wildauer, PDS-Fraktion. Gemeinden, die Mitglied einer Verwaltungsgemeinschaft sind. Die höheren Auftragskostenpauschalen müssten sich Abgeordnete Dr. Wildauer, PDS: eigentlich reduzierend auf die Höhe der Verbandsumlagen und der Kreisumlagen auswirken. Nach uns vorliegenden Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, also ein Lob Informationen, vielleicht können Sie das aber sehr viel kann ich, was die Auftragskostenpauschale betrifft, nicht besser sagen, Herr Minister, ist dies nicht der Fall. Die aussprechen, Verwaltungsgemeinschaften und Landkreise vollziehen hier nur eine Mitnahme. Unsere Fraktion fordert erneut: Neh- (Zwischenruf Köckert, Innenminister: Sie men Sie die Auftragskostenpauschale aus dem Finanzaus- sind knauserig.) gleich heraus und ordnen Sie diese Ihrem Ministerium zu, und zwar den Mitteln, die bereits im Zusammenhang mit - wir sind knauserig - auch wenn wir letztlich lange darum der Kommunalisierung staatlicher Aufgaben eingestellt gekämpft haben, dass die Auftragskostenpauschale gründ- sind. lich ausgewiesen wird. Wir haben bereits, meine Damen und Herren, im Zusammenhang mit der Änderung des Meine Damen und Herren, einen positiven Effekt hatte Thüringer Finanzausgleichsgesetzes im vergangenen Jahr die Diskussion über die Höhe der Auftragskostenpauschale, und der Debatte um den Doppelhaushalt die Funktion der denn erstmalig wurden die Kosten der Auftragsverwal- Auftragskostenpauschale wiederholt deutlich gemacht. tung bei den Kommunen tatsächlich analysiert. Ob jedoch Ich möchte sie an dieser Stelle noch einmal wiederholen. die im Verordnungsentwurf enthaltenen Zahlen den tat- Die Auftragskostenpauschale ist kein Gnadenakt einer sächlichen Kosten der Auftragsverwaltung entsprechen, Landesregierung bzw. des Landtags. Die Gemeinden und können wir nur vermuten. Vertreter der Landkreise haben Landkreise haben darauf einen verfassungsrechtlich ge- gegenüber unserer Fraktion darauf verwiesen, sicherten Rechtsanspruch. Wer Aufgaben an die Kommu- nen zur Erledigung überträgt, hat auch hierfür die Kosten (Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Dann setzen zu tragen, und zwar in vollem Umfang. Dieser Grundsatz Sie sich doch hin und rechnen Sie; schauen der Konnexität muss auch für Thüringen gelten. Die Rea- Sie doch nicht in den Kaffeesatz.) lität sieht aber leider anders aus. Wie in Thüringen mit der Auftragskostenpauschale umgegangen wird, ist in die Ka- dass die Zahlen mehr oder weniger - hätten Sie uns das tegorie "Irreführung der Öffentlichkeit und der Beteiligten" im Innenausschuss vorgelegt, wie das gefordert war, dann einzuordnen. Fast zwei Drittel der Auftragskostenpauscha- hätten wir vielleicht auch genauer draufschauen können le zahlen die Kommunen in Thüringen de facto selbst. Die und das hier anders sagen können. 3668 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

Vertreter der Landkreise haben gegenüber unserer Frak- nicht in der Willkür der Landesregierung liegen. Danke. tion darauf verwiesen, dass die Zahlen mehr oder weni- ger dem Landeshaushalt und dessen Möglichkeiten ange- (Beifall bei der PDS) passt wurden. Das Innenministerium hat zwar darauf ver- wiesen, dass der Kostenermittlung der Auftragsverwaltung Präsidentin Lieberknecht: eigene Angaben der Kommunen zugrunde liegen, anderer- seits hat das Ministerium gegenüber den Kommunen eine Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Mohring, CDU- Offenlegung detaillierter Zahlen aus Gründen des Daten- Fraktion. schutzes abgelehnt. Der Verweis auf den Datenschutz ist hier meiner Meinung nach wenig hilfreich. Wenn diese Sa- Abgeordneter Mohring, CDU: che, meine Damen und Herren, die notwendige Trans- parenz vermissen lässt, der braucht sich nicht zu wun- Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, selten hört dern, dass es Zweifel an der Objektivität und der Rich- man so viel Opportunismus, aber bei der PDS ist er wohl tigkeit dieser Zahlen gibt. Einige Landkreise verweisen immer wieder von stetiger Bedeutung. Meine Damen und darauf, dass nicht in allen Landkreisen die unteren Bau- Herren, das, was Frau Dr. Wildauer hier abgelassen hat, aufsichtsbehörden kostendeckend arbeiten. Im Verord- ist so typisch für ihre Fraktion und das ist so typisch für nungsentwurf ist festgeschrieben, dass u.a. die Kosten der sie, dass es uns wohl auf Dauer immer unmöglich wird, unteren Baubehörden unberücksichtigt bleiben, weil sie an- mit Ihnen fachlich auf eine gewisse Zeit im Rahmen einer geblich kostendeckend arbeiten oder arbeiten können. Nun Legislatur zusammenzuarbeiten. So etwas habe ich noch gut, meine Damen und Herren, nach langem Zögern wur- nicht erlebt. Noch einen Tagesordnungspunkt vorher ist de durch das Land, wurde mit dem Verordnungsentwurf es Ihre Fraktion, die die Sorgen der kleinen Leute belä- letztlich anerkannt, dass die Kommunen einen Rechtsan- chelt und verhöhnt hier vorn und Kartoffelpreise noch spruch auf volle Erstattung der Kosten der Auftragsver- nennt, wenn die Leute wenig Geld im Portemonnaie ha- waltung haben, wenn ich einmal die so genannte Eigen- ben. Jetzt ist es dieselbe Fraktion, die sich hier aufregt und interessensquote ausklammere. In den vergangenen Jah- Opportunismus vorwirft und der Landesregierung Fehlver- ren hat die Landesregierung diesen Rechtsanspruch immer halten vorwirft und meint, die Kommunen hätten zu we- wieder bestritten. Der jetzige Sinneswandel ist aber leider nig Geld von der Landesregierung bekommen und es wäre nicht das Ergebnis eines Umdenkens oder die Akzeptie- Irreführung der Öffentlichkeit. Sie sollten doch mal die rung von Verfassungsrechten - nein, erst die Klagen von Kommunen und die Städte und Gemeinden anschauen, wie Kommunen haben die Landesregierung zum Handeln mo- sie vor 11 Jahren ausgesehen haben. Dann könnten Sie das tiviert. Was sind Sie nur für eine Landesregierung, die sagen, aber sagen Sie doch nicht so etwas, dass wir die erst bei Klagen notwendige Regelungen trifft. Kommunen am letzten Tropf hängen lassen würden, so etwas Unverschämtes und Unrealistisches. Und auch von (Beifall bei der PDS) einer Finanzpolitikerin, die wissen muss, dass man halt nicht nur einen Teilbereich in der Finanzpolitik betrachtet, Die vorgelegte Analyse der Kosten der Auftragsverwal- sondern den Gesamthaushalt im Auge hat, sie sollte doch tung belegt zudem, dass in den letzten Jahren das Land viel besser wissen, wie wichtig es ist, die einzelnen Teil- den Verfassungsauftrag aus Artikel 93 der Landesver- bereiche ordentlich zu bedienen und auch sachgerechte fassung völlig unzureichend erfüllt hat. Die Ausgleichs- Politik zu machen. quote für die Auftragsverwaltung lag tatsächlich vor 2000 unter 50 Prozent. Als unsere Fraktion diese Tatsachen (Beifall bei der CDU) öffentlich machte, wurde sie der Lüge bezichtigt. Heute zeigt sich, nicht die PDS hat gelogen, sondern Sie haben (Zwischenruf Abg. Dr. Wildauer, PDS) die Tatsachen verschwiegen und tricksen heute weiterhin. Und meine Damen und Herren, - nein, Frau Dr. Wildauer, Meine Damen und Herren, diskussionswürdig ist für uns jetzt rede ich und hören Sie mir bitte ausdrücklich zu, die so genannte Eigeninteressenquote von 20 Prozent. weil es äußerst wichtig ist. Meine Damen und Herren, Sie ist wissenschaftlich wohl nicht untersetzt. In diesem Zusammenhang wird z.T. der Verdacht geäußert, dass (Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Seit die Eigeninteressensquote genau den Anteil zwischen wann haben Sie etwas Wichtiges zu sagen?) den Haushaltsmitteln und dem Bedarf umfasst. Der Kol- lege Schemmel war auch schon darauf eingegangen. der vorgelegte Verordnungsentwurf, der übrigens auch der Zustimmung des Parlaments bedarf, das haben wir mit dem (Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Frau Dr. Dritten Änderungsgesetz zum Finanzausgleichsgesetz näm- Wildauer, das ist doch unglaublich.) lich hier beschlossen, unterliegt damit in der Festlegung der Auftragskostenpauschale eben nicht der Willkür der Lan- Ich meine, dass in den nächsten Jahren hier die Erfahrungen desregierung, so wie Sie das hier meinen und vom Pult ab- aus der Praxis analysiert werden. Wir halten eine eigene getreten sind, sondern das liegt in der Verantwortung des Eigeninteressenquote durchaus für sinnvoll, sie darf aber Gesetzgebers und Gesetzgeber ist der Thüringer Landtag. Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3669

Meine Damen und Herren, da kommen auch Sie nicht Begutachtung meint die Auftragskostenpauschale zu vertei- drumherum, das ist halt so. Niemand hat deshalb den Ver- len, dies auch die Zustimmung des Gesetzgebers findet. Das ordnungsentwurf zur Änderung der Auftragskostenpauscha- sagt im Übrigen auch der Sächsische Verfassungsgerichts- le vorgelegt, weil beim Thüringer Verfassungsgerichtshof hof aus einer Entscheidung vom November des letzten Klagen anhängig sind. Es ist doch völlig irrsinnig, so etwas Jahres. Frau Präsidentin, ich darf daraus zitieren, dort steht: zu behaupten. Dass der heute vorgelegte Verordnungsent- "Vielmehr hat der Gesetzgeber in den Fällen, in denen er wurf hier zur Zustimmung im Landtag vorliegt, folgt aus selbst durch Übertragung von Aufgaben eine Mehrbelas- dem Gesetz aus § 23 Abs. 1 und das ist notwendig, dass tung der kommunalen Selbstverwaltungsträger bewirkt, die Auftragskostenpauschale berechnet wird. Sie wären Sorge für eine dieser Belastung entsprechenden Kosten- doch die Ersten gewesen, die aufgeschrien hätten, wenn deckungs- und Ausgleichsregelung zu tragen. Wie der Frei- zum Ende des Jahres keine Auftragskostenpauschale in staat letztlich der Verpflichtung nachkommt, die Aufga- ihrer Neuberechnung vorgelegen hätte. Sie wären die Ersten benerfüllung zu ermöglichen, obliegt der Entscheidung des gewesen, die geschrien hätten, mit wehender Fahne vor- Gesetzgebers, der ihm hierbei eine weit gehende Einschät- neweg, mehr Geld für die Kommunen und Sie wären die zungs- und Gestaltungsfreiheit zugesteht." Das heißt natür- Ersten gewesen, die dann ein halbes Jahr später wieder lich nichts anderes, als dass die Gestaltungsfreiheit natür- geschrien hätten, die Verschuldung des Landes ist zu hoch. lich auf das gesamte vorhandene Budget eingegrenzt ist. Sie sind immer die Ersten, die schreien, wenn es um Op- Da sind wir doch wieder bei dem, was ich Ihnen eingangs portunismus geht, aber Sie sind die Letzten, wenn es da- gesagt habe, nämlich, dass wir auch - und ich betone das rum geht, sachgerechte Politik zu machen. immer wieder, wenn ich hier vorn stehe - berücksichtigen müssen, dass wir mittlerweile fast 22 Mrd. DM Schulden in (Beifall bei der CDU) Thüringen aufgehäuft haben. Wir haben ganz aktuell zu berücksichtigen, dass wir in diesem Jahr nach der Mai- Meine Damen und Herren, der Kommunale Finanzaus- Steuerschätzung mit 92 Mio. DM weniger Steuereinnah- gleich gehört zu den Regelungsmechanismen, die der men zu rechnen haben. Sie wissen doch auch, da hat z.B. meisten vielschichtigen Bedeutung unterliegen und ins- der Herr Lenz vom Gemeinde- und Städtebund einen Nach- besondere in den neuen Bundesländern einer hohen Dy- tragshaushalt gefordert, aber er hat nicht konsequent zu namik. Vor diesem Hintergrund ist der Landesgesetzgeber, Ende gefordert, ich weiß, dass Sie da auch wieder ein also der Thüringer Landtag, verpflichtet und permanent Lüstchen gleich gehabt haben, der Forderung beizusprin- aufgefordert, die Sachgerechtheit und die Angemessen- gen, aber dabei hat doch Lenz ganz deutlich vergessen, heit des Kommunalen Finanzausgleichs und seiner Teil- dass natürlich auch die Kommunen im Rahmen des Finanz- bereiche zu überprüfen und ggf. die erforderlichen An- ausgleichs an den Steuermindereinnahmen des Landes be- passungen vorzunehmen. Deshalb hat die Landesregierung teiligt sind und die sollten doch vielmehr froh sein, wenn und das dazugehörige Innenministerium in den vergan- wir als CDU sagen, wir wollen in diesem Jahr keinen Nach- genen Monaten eine ausführliche Überprüfung derart vor- tragshaushalt machen, nämlich dann bleiben die Kommu- genommen, was kosten die einzelnen übertragenen Auf- nen von der Beteiligung an den Steuermindereinnahmen gaben in den einzelnen Gemeinden und Landkreisen. Dazu des Landes Thüringen von 92 Mio. DM verschont. Das ist hat auch im Rahmen der Kabinettsprüfung eine Anhö- die Konsequenz. rung der Interessenverbände, Gemeinde- und Städtebund und Thüringer Landkreistag stattgefunden. Und wenn Sie (Beifall bei der CDU) sich hier hinstellen, Frau Dr. Wildauer, und sagen, einige Landkreisvertreter hätten gesagt, der Verordnungsentwurf Meine Damen und Herren, der Sächsische Verfassungs- sei unzureichend und beruht auf einer falschen Berech- gerichtshof sagt weiter und Frau Präsidentin, ich will noch nungsgrundlage, will ich Ihnen zurücksagen, dass der mal zitieren: "Vor diesem Hintergrund liegt es in der Ver- Thüringer Landkreistag gegenüber der Landesregierung antwortung des Gesetzgebers, für eine aufgabenadäqua- eben keine Bedenken hinsichtlich dieses Verordnungs- te Verteilung der nur begrenzt zur Verfügung stehenden entwurfs geäußert hat. Offensichtlich sind Ihre Informa- finanziellen Mittel zu sorgen. Insoweit ist auch zu beach- tionen nicht die des Interessenverbandes. ten, dass der Kommunale Finanzausgleich und natürlich der Ausgleich für die übertragenen Aufgaben in die gesam- Meine Damen und Herren, Sie wissen sehr wohl, dass es te Haushaltswirtschaft und Planung des Freistaats einge- jedes Jahr auch zum Haushalt und insbesondere bei der Be- bunden und diese in den bundesrechtlichen Finanzaus- ratung zur Verteilung der Auftragskostenpauschale regel- gleich eingebettet ist. Die dem Gesetzgeber zustehende Ge- mäßig Streit gibt über die Höhe des Haushaltsansatzes staltungsfreiheit findet dort ihre Grenze, wo der Anspruch dazu. Sie wissen auch, dass wir zum Haushaltsplanent- der kommunalen Selbstverwaltungsträger auf eine finan- wurf für 2001 und 2002 ja schon ausführlich zur Höhe zielle Grundausstattung verletzt und damit das von ihm der Auftragskostenpauschale beraten haben und das Parla- gewährleistete Selbstverwaltungsrecht ausgehöhlt wird." ment dazu entschieden hat. Das, was heute passiert, ist le- Genau deshalb liegt Ihnen heute die Zustimmungsverord- diglich eine tatsächliche zu sichernde Information für das nung vor. Die ist deshalb auch wichtig, weil wir als CDU- Parlament und das abschließende Votum des Parlaments Fraktion meinen, dass so, wie die Landesregierung die Zu- dafür, dass so, wie die Landesregierung im Ergebnis der stimmungsverordnung hier vorgelegt hat, sie auch inso- 3670 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 weit vor dem Thüringer Verfassungsgerichtshof verfas- Köckert, Innenminister: sungsfest ist, weil wir in Abweichung zu den bisherigen Regelungen in der Vergangenheit nämlich eine detail- Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, lierte Beschreibung der einzelnen übertragenen Aufgaben ich kam leider eine Sekunde zu spät, sonst hätte ich zu im Verordnungsentwurf sichergestellt haben und wir sie Beginn der Debatte gesprochen. Jetzt gibt mir das natür- auch so weit sichergestellt haben, dass bis in die kleinste lich die Möglichkeit, auf das eine oder andere schon gleich Verwaltungseinheit hinein die verschiedentlichen übertra- zu antworten. genen Aufgaben mit einem finanziellen Ausgleichsbetrag abgesichert sind. Wenn Herr Schemmel meint - was natür- In den letzten Jahren gab es in mehreren Bundesländern lich niemandem verborgen geblieben ist -, dass der Verord- verfassungsgerichtliche Entscheidungen zur Frage der nungsentwurf mit seiner Gesamtsumme von 143 Mio. DM Kostenerstattung des Landes gegenüber den Kommunen für die Auftragskostenpauschale natürlich genau die Punkt- für die Wahrnehmung von Aufgaben im übertragenen Wir- landung ist mit dem, was wir zum Haushalt im Jahr 2001 kungskreis. Am Rande sei hier nur erwähnt, dass gegen- und auch für 2002 im Einzelplan 17 verabschiedet haben, wärtig auch das Thüringer Finanzausgleichsgesetz Gegen- dann ist das natürlich nicht von ungefähr entstanden, son- stand eines verfassungsgerichtlichen Verfahrens vor dem dern wir wollen ja gerade dafür Sorge tragen, dass wir lang- Thüringer Verfassungsgerichtshof ist und das nicht erst fristig in Thüringen Politik machen. Wir haben natürlich seit gestern und vorgestern, sondern schon seit einiger Zeit. versucht, die Zwischenergebnisse aus der Erhebung für die Dass das aber nichts Außergewöhnliches ist und nicht von Auftragskostenpauschale auch im Haushaltsplanentwurf zu vornherein, Frau Dr. Wildauer, darauf hindeutet, dass das berücksichtigen. Die Punktlandung kommt natürlich auch Land seine Kommunen schlecht behandelt, ersehen Sie deshalb zu Stande, Herr Schemmel, weil auch nicht alle bis daraus, dass das auch in anderen Ländern der Fall ist, zum letzten Ende übertragenen Aufgaben aus dem Haus- wo man auf so eine abenteuerliche Behauptung, wie Sie haltsbegleitgesetz für den Doppelhaushalt schon ihre Be- sie vorgebracht haben, nicht kommen würde. rücksichtigung im Verordnungsentwurf gefunden haben. Das kann auch gar nicht anders sein, weil noch niemand Es geht jedes Mal bei diesen Fragen im Kern um die berechnet hat, welcher Mehraufwand den Kommunen und Kostenerstattung für die übertragenen Aufgaben. Bei aller den Landkreisen z.B. für die Übertragung der Aufgabe Lan- Unterschiedlichkeit des Kommunalen Finanzausgleichs deserziehungsgeld letztendlich entsteht. Das kann erst mit in den Ländern kann die Rechtsprechung aus anderen der nächsten Erhebung zum Ergebnis führen und findet Bundesländern zumindest in ihren wesentlichen Kernaus- dann auch seine Berücksichtigung im nächsten Verord- sagen auf Thüringen übertragen werden, denn im Bereich nungsentwurf. der übertragenen Aufgaben gilt überall der Grundgedanke, dass sich das Land bei der Übertragung - sprich Kommuna- Abschließend, meine Damen und Herren, ich bitte Sie lisierung, so lautet das Stichwort - von staatlichen Aufgaben hier um Zustimmung und nicht um Überweisung an den nicht zulasten der Kommunen aus der finanziellen Verant- zuständigen Ausschuss, weil das nämlich der quasi dritte wortung ziehen kann. In der Thüringer Verfassung kommt Weg der Rechtsetzung, den wir hier mit der Zustimmungs- dieser Gedanke im Konnexitätsprinzip in Artikel 93 zum verordnung auch uns selbst mit dem Finanzausgleichsge- Ausdruck. Danach ist bei der Übertragung staatlicher Auf- setz vorgegeben haben, gar nicht üblich und möglich ist. gaben auf Kommunen ein angemessener Mehrbelastungs- Der Gesetzgeber muss und soll heute hier auch entschei- ausgleich zu zahlen. den. Vielen Dank. Dieser Mehrbelastungsausgleich, meine Damen und Her- (Beifall bei der CDU) ren, wird nun auf zwei Wegen sichergestellt. Zum einen werden den Kommunen die Einnahmen aus der Wahrneh- Präsidentin Lieberknecht: mung dieser Aufgaben zugewiesen durch Gebühren, Buß- und Ordnungs- bzw. Zwangsgelder. Zum anderen erhalten Vielen Dank, Herr Abgeordneter Mohring. Herr Mohring, sie die sicherlich für den Mehrbelastungsausgleich wesent- ich muss doch eine kleine Ermahnung noch anbringen. lich bedeutsamere Auftragskostenpauschale. Ich denke, bei aller inhaltlichen Kontroverse sollten auch Sie akzeptieren, dass Reden an diesem Pult grundsätzlich Das Finanzausgleichsgesetz enthält in § 23 die wesentli- "gehalten" und nicht "abgelassen" werden. Ich denke, das chen Grundlagen für die Berechnung und die Auszahlung billigen Sie auch der Abgeordneten Dr. Wildauer zu. der Auftragskostenpauschale und die detaillierte Regelung dieser Pauschale hat in einer Verordnung des Innenministe- (Beifall bei der PDS, SPD) riums im Einvernehmen mit dem Finanzministerium zu er- folgen, die der Zustimmung des Landtags bedarf. Ein selte- Jetzt hat das Wort die Landesregierung, Herr Minister ner Vorgang, der nur ganz selten angewendet wird, der Köckert. aber auf die Bedeutung dieser Verordnung hinweist.

Die Kosten des übertragenen Wirkungskreises und der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde wurden durch Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3671 eine landesweite Erhebung nach den tatsächlichen Kosten ergebenden Vorteile werden für Thüringen pauschal mit auf der Grundlage des Ergebnisses des Rechnungsjahres 20 Prozent der zu erstattenden ungedeckten Kosten an- 1998 erhoben. Das zeigt, dass die Wurzeln dieser Berech- gesetzt. Nach einer jüngsten Entscheidung des Nieder- nungen noch in die vergangene Legislatur zurückreichen. sächsischen Staatsgerichtshofs vom 16. Mai dieses Jah- Mein Vorgänger hat die Berechnungen schon 1999 in Auf- res ist auch eine Interessenquote von 25 Prozent nicht zu trag gegeben. In den Folgejahren bis einschließlich 2001 beanstanden. Wir gehen also mit den 20 Prozent nicht ge- wurden die ermittelten Kosten entsprechend den Steige- rade an die äußere Grenze des für die Kommunen ungüns- rungen bei den Personal- und Sachkosten angepasst. Den tig Anzunehmenden, sondern bleiben bei einer gewählten tatsächlichen Kosten wurden dabei die Einnahmen gegen- Interessenquote von 20 Prozent und dürften daher ganz gerechnet, da diese ja von den Kommunen - wie bereits richtig liegen. gesagt - vereinnahmt werden und daher insoweit schon die Mehrbelastungen damit abgedeckt werden. Der vor Ihnen Mit der Neuregelung der Auftragskostenpauschale ist ein liegende Entwurf der Verordnung über die Auftragskosten- vorläufig abgeschlossener Stand in Bezug auf den Mehrbe- pauschale berücksichtigt dabei alle Aufgaben, die bis zum lastungsausgleich für übertragene Aufgaben erreicht. Für 31. Juli 2000 übertragen worden sind. Über einen nicht jede neu zu übertragende Aufgabe bedarf es nun einer zu- ganz einfachen Rechenvorgang, über mathematische sätzlichen Mittelbereitstellung aus dem Landeshaushalt Durchschnittswerte und eine Korridorbildung wurden die in Form einer Zuführung an den Kommunalen Finanzaus- durchschnittlich für jede Aufgabe entstehenden ungedeck- gleich, solange die Auftragskostenpauschale im Kommuna- ten Kosten pro Einwohner ermittelt. Dabei wurde sehr wohl len Finanzausgleich verbleibt. Wenn eine solche Übertra- zwischen den Verwaltungstypen, nämlich zwischen Land- gung im laufenden Haushaltsjahr passiert, wo wir am KFA kreisen, kreisfreien Städten, Großen kreisangehörigen Städ- nichts mehr verändern, wird dies von dem jeweils abge- ten und sonstigen kreisangehörigen Gemeinden, Verwal- benden Ressort in der Finanzsumme bereitgestellt und tungsgemeinschaften und erfüllenden Gemeinden wegen an die Kommunen dann direkt aufgeteilt und gezahlt. des unterschiedlichen Aufgabenumfangs und der damit ver- bundenen abweichenden Kostenstruktur differenziert. Ich finde es etwas bedauerlich, Frau Dr. Wildauer, dass Sie mit den Äußerungen "verschweigen, lügen, tricksen" den Die Auftragskostenpauschale beträgt insgesamt, so haben Eindruck erwecken, als würde hier etwas geschummelt. Die es die Berechnungen aufgrund dieser umfänglichen Er- Berechnungen sind sehr umfänglich, aber sie sind auch sehr hebungen ergeben, ca. 270 Mio. DM jährlich, wovon nach konkret, das zum Einen. Zum Zweiten ist es schon erst Abzug der hier schon benannten 20-prozentigen Interes- einmal ein Vorteil, die Gesamtsumme der Auftragskosten- senquote, das sind ca. 54 Mio. DM, in den Jahren 2001 pauschale zu errechnen. Erst wenn man die Gesamtsumme und 2002 jeweils ca. 216 Mio. DM kassenwirksam an die der Auftragskostenpauschale hat, kann man überlegen, Kommunen ausgezahlt werden sollen. Bei den Landkrei- ob man nun die Auftragskostenpauschale im Kommu- sen werden die Erstattungen nach § 130 a Abs. 5 und 6 nalen Finanzausgleich weiterführt oder ob man sie aus der Thüringer Kommunalordnung angerechnet. Die Kos- dem Kommunalen Finanzausgleich herausnimmt. Es war ten, die über den § 130 a abgegolten werden, ließen sich klar, weil bisher diese Gelder im Kommunalen Finanzaus- technisch bedingt nicht aus der Ermittlung der Auftrags- gleich gezahlt werden, dass dies entsprechend nun aus der kostenpauschale ausklammern. Um dann aber insoweit eine Schlüsselzuweisung erst einmal genommen werden muss, doppelte Erstattung zu vermeiden, musste diese Sonderer- denn wir können nicht zusätzliches Geld in den KFA hi- stattung auf die errechnete Auftragskostenpauschale für die neinnehmen. Der KFA in seiner Gänze ist durchaus aus- Landkreise angerechnet werden. Über all diese Vorgänge kömmlich, dagegen läuft kein Verfassungsgerichtsver- haben wir im Rahmen des Finanzausgleichsgesetzes in fahren, das würde nämlich jeder, der es erheben würde, der Haushaltsberatung gesprochen und sie hier auseinan- verlieren. Die Gelder, die das Land für seine Kommunen dergesetzt. Die Diskussion ist also nicht neu. Und, Frau bereitstellt, sind ausreichend. Insofern kam es innerhalb des Dr. Wildauer, falls Ihnen da etwas entgangen sein sollte, KFA darauf an, nun entsprechend korrekt zu differenzie- lesen Sie es bitte noch einmal nach. ren, dass nicht die Gelder, die eigentlich in die Auftrags- kostenpauschale gehören, per Schlüsselzuweisung an alle Die Interessenquote von 20 Prozent wird als angemessen Gemeinden anhand des Schlüssels bezahlt werden, son- angesehen. Die Wahrnehmung staatlicher Aufgaben stei- dern dass sie konkret den Gemeinden und Städten zugute gert die Effizienz des kommunalen Verwaltungsapparates kommen, die in der Tat diese Aufgaben auch wahrnehmen und dadurch ergeben sich Kostenvorteile, von denen hat und die in der Tat diese Mehraufwendungen auch konkret Herr Schemmel schon gesprochen. Neben diesem finan- haben. Der große Fortschritt, den wir mit der konkreten Be- ziellen Interesse haben die Kommunen natürlich auch ein zifferung der Auftragskostenpauschale in dieser Höhe im erhebliches sachliches Interesse an der Erfüllung staatlicher Doppelhaushalt 2001/2002 gemacht haben im Vergleich Aufgaben. Den Kommunen wird beispielsweise durch die zu den vorangegangenen Jahren, ist ja gerade der, dass nun Nutzung der örtlichen Meldeämter die Wahrnehmung diese pauschale Erstattung konkret denen zugute kommt, ihrer Selbstverwaltungsangelegenheiten, wie z.B. bei der die die Aufgaben auch erledigen. Es ist einfach nun um- Durchführung der Kommunalwahlen oder auch im Bereich gekehrt Trickserei, dieses kleinreden zu wollen und die- des örtlichen Steuerwesens, erleichtert. Die sich hieraus ses überhaupt nicht zur Kenntnis nehmen zu wollen, Frau 3672 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

Dr. Wildauer. besondere mit dem Finanzministerium deutlich geworden ist, dass das Innenministerium augenscheinlich richtig ge- Nun kann man sich sehr wohl unterhalten, ist es vorteil- rechnet hat und deshalb wir mit diesem im Haushalt schon haft, die Auftragskostenpauschale innerhalb oder außerhalb veranschlagten Satz punktgenau in der Auftragskosten- des Kommunalen Finanzausgleichs zu führen. Eines ist pauschale korrekt liegen. Herzlichen Dank. klar, nehmen wir die Auftragskostenpauschale aus dem Finanzausgleich heraus, dann werden wir auch die kom- (Beifall bei der CDU) plette Geldsumme aus dem Finanzausgleich herausneh- men und der Kommunale Finanzausgleich wird sich bei Präsidentin Lieberknecht: diesem Schritt um diese Summe erst einmal absenken. Nun gibt es Vorteile und Nachteile. Ich sage Ihnen die Vortei- Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor, ich schließe le, wenn man es aus dem Kommunalen Finanzausgleich damit die Aussprache. Es war Überweisung an den Innen- herausnimmt: Etwaige Kostenerhöhungen bei der Abar- ausschuss beantragt. Dann stimmen wir über diesen Über- beitung dieser Aufgaben werden aus dem normalen Lan- weisungsantrag ab. Wer damit einverstanden ist, den bitte deshaushalt dort hingegeben werden müssen. Der Nachteil ich um das Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Danke. ist natürlich, dass etwaige Kostensenkungen bei der Wahr- Enthaltungen? Bei einer Mehrheit von Gegenstimmen ab- nehmung der übertragenen Aufgaben dann auch an den gelehnt. Wir kommen damit unmittelbar zur Abstimmung Landeshaushalt zurückfallen werden. Wenn Sie die Über- über den vorliegenden Antrag in Drucksache 3/1618. Wer sicht einmal zur Kenntnis nehmen, was wir erfragt haben an diesem Antrag die Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Aufwand, den die Kommunen, Landkreise, die kreisfreien Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Einige Gegenstim- Städte, die die Verwaltungsgemeinschaften haben, so ma- men. Enthaltungen? Eine Anzahl von Enthaltungen. Dann chen diese dort vorgefundenen Unterschiede der Kosten, bei einigen Gegenstimmen und einer Anzahl von Enthal- die benötigt werden, um eine Aufgabe zu erfüllen, zumin- tungen mit Mehrheit angenommen. Damit kann ich die- dest eines deutlich, dass wir gerade im Bereich der Erledi- sen Tagesordnungspunkt 11 schließen und komme zum gung der übertragenen Aufgaben wahrscheinlich ein nicht Aufruf des Tagesordnungspunkts 12 geringes Einsparpotenzial haben. Wenn Sie dann die Auf- tragskostenpauschale außerhalb des KFA haben, werden Umsetzung des Thüringer Sie diese Gelder für immer aus dem KFA verabschieden Krankenhausgesetzes können. Später, verblieben sie innerhalb des KFA, würden Antrag der Fraktion der PDS diese Gelder dann für andere Aufgaben, gegebenenfalls - Drucksache 3/1622 - für die Schlüsselzuweisungen, zur Verfügung stehen. Die Landesregierung hat angekündigt, von der Möglich- Diese Debatte wird noch zu führen und mit konkreten keit des Sofortberichts Gebrauch zu machen, deswegen Zahlen zu untermauern sein. Danach wird zu entscheiden verzichtet auch der Antragsteller auf eine Begründung. sein, nehmen wir sie heraus oder nicht. Insofern sind die Ich darf also unmittelbar die Landesregierung bitten, Herr Vorteile und die Nachteile entsprechend gegeneinander Minister Dr. Pietzsch. abzuwägen. Um zukünftige Kostensteigerungen, insbeson- dere durch Tariferhöhungen, angemessen zu berücksichti- Dr. Pietzsch, Minister für Soziales, Familie und gen, soll nämlich eine Anpassung der Auftragskostenpau- Gesundheit: schale zum 1. Januar 2003 für die Jahre 2003 und 2004 er- folgen. Für eine grundhafte Neuberechnung der Auftrags- Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, kostenpauschale zum 1. Januar 2005 ist eine erneute lan- das Krankenhausfinanzierungsgesetz des Bundes gibt den desweite Erhebung im Jahr 2003 auf der Grundlage der Ländern für die Krankenhausplanung und für die Kranken- Jahresrechnung 2002 geplant. Da wird die Frage dann in- hausinvestitionsförderung alle wesentlichen Rahmenbedin- teressant sein: Kann hier gespart werden oder kann hier gungen vor, allerdings soll das Land durch eigene Kranken- nicht gespart werden, muss hier Geld draufgelegt werden hausgesetzgebung diese Rahmenbedingungen ausfüllen. oder bekommt man etwas von der Auftragskostenpau- Dieser Rahmen wurde in Thüringen im Jahre 1994 mit dem schale herunter? Um den geforderten Mehrbelastungsaus- Erlass des Thüringer Krankenhausgesetzes ausgefüllt. Das gleich nachvollziehbarer und um damit den ohnehin not- Thüringer Krankenhausgesetz ist in der Zeit bisher lediglich wendigerweise sehr differenzierten Kommunalen Finanz- im Jahre 1995 einmal geändert worden. Es ging damals um ausgleich insgesamt transparenter zu gestalten, ist diese Regelungen des Kommunalen Finanzausgleichs. Das heißt, Verordnung hier gefertigt worden, um deren Zustimmung das Thüringer Krankenhausgesetz hat sich im Wesentli- ich Sie bitte. Und um das letzte Wunder noch zu erklären: chen bewährt, wenngleich man natürlich nach fast zehn Herr Schemmel, dass wir mit unserem Haushaltsansatz Jahren immer danach fragen muss, ob es nicht novelliert schon so genau liegen, liegt daran, dass wir im Herbst bei werden muss. Auf der Grundlage des Krankenhausgesetzes der Haushaltsaufstellung die entsprechenden Daten schon konnte die Sicherung einer bedarfsnotwendigen Versor- zusammen hatten, dass diese Daten aber noch nicht inner- gung der Bevölkerung - und ich sage dies ganz bewusst - halb der Landesregierung abgestimmt waren und dass in- auf höchstem medizinischen Niveau in allen vier Pla- nerhalb der Abstimmung der einzelnen Ministerien, ins- nungsregionen erreicht werden. Sie wissen selbst, dass Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3673 der bauliche Nachholbedarf im Augenblick noch immer und die Krankenhäuser sind auf das neue Entgeltsystem nicht unerheblich ist. Aber trotzdem glaube ich, können eingestellt, wobei ich deutlich sagen will, dass ich bezweif- wir feststellen, dass sich auch im baulichen Bereich prak- le, dass die Einstellung auf das neue Entgeltsystem bereits tisch an jedem Krankenhaus bereits entscheidende Ver- so positiv ist, wie es mir von vielen Krankenhausträgern besserungen getan haben. signalisiert wird.

(Beifall bei der CDU) Bezüglich einiger Detailpunkte muss sicherlich aber auch das Krankenhausgesetz - ich habe dieses gesagt - nach eini- Meine Damen und Herren, das Krankenhausgesetz gibt uns gen Jahren auf den Prüfstand. Das gilt auch für das Kran- auch die rechtliche Grundlage für die Krankenhausplanung, kenhausgesetz und auf diesem Prüfstand ist das Thürin- so dass in den zurückliegenden Jahren nicht bedarfsnot- ger Krankenhausgesetz im Augenblick. Sie wissen, dass der wendige Betten reduziert werden konnten und auch unwirt- Thüringer Rechnungshof für den Bereich der Investitions- schaftliche Standorte geschlossen wurden. Sie wissen selbst förderung der Krankenhäuser und der Verwendungsnach- aus eigener Erfahrung, dass wir in vielen Bereichen ent- weisprüfung technische Neuregelungen angeregt hat. Die- sprechende Nachnutzung von Krankenhausstandorten er- se werden nicht nur in einer Änderung der Richtlinien reichen konnten. Die Krankenhausförderung auf der Grund- ihren Niederschlag finden, sondern in einer Novellierung lage des Krankenhausgesetzes führte zu einer zielgerich- des Krankenhausgesetzes. Diesen Vorschlägen des Rech- teten Sanierung und Entwicklung der Häuser in Thürin- nungshofs und anderen Erfahrungen aus der Praxis soll gen. Ich darf hier noch einmal die Zahl nennen: Insge- noch in diesem Jahr durch einen Gesetzentwurf der Lan- samt sind in den letzten Jahren rd. 4 Mrd. Mark in das desregierung zur Novellierung des Krankenhausgesetzes Thüringer Krankenhauswesen geflossen, getrennt nach Rechnung getragen werden. Projektförderung und nach Pauschalförderung. Meine Damen und Herren, Ziel der Krankenhausgesetz- (Beifall bei der CDU) gebung, Ziel auch dieser Novellierung ist es natürlich, die stationäre Versorgung im Freistaat langfristig auf einem In den ersten Jahren ist die Pauschalförderung wesent- modernen Niveau zu sichern. Jeder Patient soll auch zu- lich ausgebauter gewesen als in den letzten Jahren, weil künftig zeitgemäß und ortsnah behandelt werden, wobei es natürlich zum Anfang darum ging, erst einmal die die Ortsnähe manchmal natürlich auch ein Problem ist. schwer wiegendsten Missstände aus der Zeit der DDR gutzumachen. Das waren Sanierungen von Dächern, das Meine Damen und Herren, der Antrag der PDS-Fraktion waren Umstellungen der Heizungen, das waren insbeson- vermutet, dass diese Novellierung zu Lasten der Träger dere auch Sanierungen im Fensterbereich, um den Energie- oder der Patientenversorgung gehen solle oder zur Ein- bedarf zu senken. Der medizinische Fortschritt bekam so- schränkung öffentlicher Aufgaben führen könnte. Ich sehe wohl baulich als auch medizintechnisch wesentliche Ver- keinen Grund, dass die Novellierung zu Lasten der Träger besserungen. Wir können mit Fug und Recht sagen, dass oder Patientenversorgung geht, sondern ich sehe, dass Pa- wir in den vergangenen Jahren im Krankenhauswesen, tientenversorgung und Trägerpluralität in Thüringen er- insbesondere was den medizinisch-diagnostischen und halten bleiben sollen. medizinisch-therapeutischen Teil anging, das Niveau der alten Bundesländer Schritt für Schritt erreicht haben. Ich (Beifall bei der CDU) glaube, das ist ein wesentlicher Faktor, wenn ich mir die Krankenhauslandschaft ansehe. Meine Damen und Herren, ich sagte Ihnen, die Novel- lierung ist in der Arbeit. Ich denke, dass ich unmittelbar Wir haben mit der Krankenhausplanung - ich hatte schon nach der Sommerpause in einer ersten Beratung des Ka- gesagt - Betten abgebaut. Krankenhausplanung und Kran- binetts dieses Gesetz vorstellen kann und dass es dann in kenhauswirtschaft, ich nenne dieses einmal so, also die sta- die öffentliche Anhörung oder in die Anhörung mit den tionäre Versorgung ist ein dynamischer Prozess und wird Beteiligten gehen wird. Deswegen möchte ich im Augen- sich auch in Zukunft verändern, insbesondere ab dem Jahre blick noch nicht zu einer ganz konkreten Diskussion kom- 2003 mit einem veränderten Entgelt für die Krankenhäuser. men, die ja das Parlament in den Ausschüssen dann füh- Bei allen Entscheidungen des Landes, sowohl bei der Kran- ren wird. Dennoch, denke ich, kann ich an einigen Beispie- kenhausplanung als auch der Investitionsfinanzierung, wur- len zu den Inhalten der Novellierung etwas sagen, aller- den alle beteiligten Interessengruppen umfassend und pra- dings ohne da eine abschließende Aussage zu treffen. Bei- xisnah in die Meinungsbildung einbezogen. Sie wissen ja spielsweise soll eine größere Flexibilität des Investitions- aus den Medien, dass wir im Augenblick dabei sind, den programms nach § 11 des Krankenhausgesetzes und damit Vierten Thüringer Krankenhausplan zu erarbeiten und dass eine noch effektivere Verwendung der Mittel erreicht wer- hier genauso die Krankenhausgesellschaft, die Kassen, aber den. Eine Forderung übrigens, die auch vom Landesrech- auch die Kassenärztliche Vereinigung bzw. die Landesärz- nungshof kam. Aber darüber hinaus, und deswegen hat die- tekammer beteiligt sind. Die Landesregierung hat, meine se Novellierung bisher noch nicht stattgefunden, ist vorge- ich, mit den zurückliegenden Krankenhausplänen ihren Bei- sehen eine Regelung, die eine Verschlechterung im Bereich trag zur Zukunftssicherung der Krankenhäuser geleistet der Ausschreibung für öffentliche Träger bisher mit sich 3674 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 gebracht hat, dass diese Schlechterstellung der öffentli- Die Entwicklung im Krankenhausbereich in Thüringen chen Träger bei der Ausschreibung von geförderten Bau- spricht für sich, ob es die umfangreichen baulichen In- leistungen nicht stattfindet. vestitionen sind, die Ausstattung der Krankenhäuser mit moderner Medizintechnik und vor allem auch die Leis- Eine andere, im derzeitigen Entwurf enthaltene Regelungs- tungen in der Versorgung und Betreuung von Patienten lücke hinsichtlich der Prüfrechte durch die Rechnungs- durch das medizinische und pflegerische Personal. prüfungsstellen soll verbessert werden. Zum anderen, was jetzt neu hinzu gekommen ist, sagen wir mal so im letz- (Beifall bei der CDU) ten Viertel- bis halben Jahr, wir wollen insbesondere die Rechte der Patienten im Krankenhaus durch diese No- Immer mehr Patienten wurden in den vergangenen Jah- velle stärken. Die Trägerpluralität soll gefördert und die ren in Thüringer Krankenhäusern behandelt bei immer ge- Flexibilität der Investitionsförderung erhöht werden. ringer werdenden durchschnittlichen Verweildauern. Auch das bringt Probleme, was man möglicherweise an anderer Meine Damen und Herren, es ist ausdrücklich nicht ge- Stelle auch diskutieren muss. Während die Zahl der Patien- plant, in Bezug auf die Krankenhausversorgung die Aufga- ten kontinuierlich steigt, bilden auch vor allen Dingen äl- ben der öffentlichen Gebietskörperschaften, also des Lan- tere Menschen die zahlenmäßig stärkste Gruppe. Das ist un- des, der Landkreise und der Gemeinden, einzuschränken. strittig. Bei all diesen Dingen müssen wir natürlich sehen, es gibt auch Probleme, und davor sollten wir die Augen Ich denke, dass wir mit dieser Novellierung des Thüringer nicht verschließen. Veränderte Finanzgrundlagen, zuneh- Krankenhausgesetzes eine wirklich durchgehende und auf mende Arbeitslosigkeit, steigende Leistungsnachfrage längere Zeit gültige Novellierung des Krankenhausgeset- durch medizinischen Fortschritt, demografischen Wandel zes auf den Weg bringen werden. Ich sagte ihnen schon, und auch veränderte Ansprüche der Bevölkerung erfor- dass ich denke, dass ich unmittelbar nach der Sommer- dern strukturinnovative Weiterentwicklung. Wir sehen pause damit ins Kabinett gehen kann, so dass sich in der Handlungsbedarf, und wir haben das im Ausschuss auch zweiten Jahreshälfte der Thüringer Landtag mit der No- diskutiert, z.B. beim Ausbau der Geriatrie, bei der inte- vellierung des Thüringer Krankenhausgesetzes befassen grierten Versorgung, aber auch im investiven Bereich. kann. Damit komme ich auf einen der wesentlichen Punkte des derzeit gültigen Thüringer Krankenhausgesetzes. (Beifall bei der CDU) Sehr geehrte Damen und Herren, das Thüringer Kranken- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: hausgesetz basiert auf der Grundlage des Krankenhausfi- nanzierungsgesetzes der Bundesrepublik aus dem Jahre Möchte eine Fraktion die Aussprache zu diesem Bericht 1984. Im Grunde genommen in einer Zeit, in der es zum eröffnen? Die PDS-Fraktion? einen um Kostendämpfung ging, und zum anderen die Neuordnung der Krankenhausfinanzierung. Seitdem ist es Abgeordnete Nitzpon, PDS: alleinige Aufgabe der Länder, für eine bedarfsgerechte Krankenhausversorgung die notwendigen Investitionsmittel Ja, die PDS-Fraktion beantragt die Aussprache. bereitzustellen. Den Krankenhäusern soll ein ausreichen- des Finanzierungsvolumen zur Erhaltung ihrer Leistungs- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: fähigkeit und zur Herstellung wirtschaftlicher Betriebs- strukturen zur Verfügung gestellt werden. Für die neuen Das ist in Ordnung. Als erste Rednerin in der Aussprache Bundesländer greift hier noch Artikel 14 des GSG. hat sich zu Wort gemeldet Frau Abgeordnete Dr. Fischer, PDS-Fraktion. Herr Minister Pietzsch, Sie verweisen immer wieder auf die Verhandlungen zum Solidarpakt II. Ich habe heute Abgeordnete Dr. Fischer, PDS: auch durchaus zur Kenntnis genommen, was die "Süd- thüringer Zeitung" dazu gebracht hat. Aber heißt das auch, Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, das Thürin- dass eine weitere Finanzierung über Artikel 14 aus Ihrer ger Krankenhausgesetz in seiner jetzigen Fassung hat sich Sicht in den nächsten Jahren wünschenswert wäre? bewährt. Das hat der Minister hier auch gesagt, auch wenn es in die Jahre gekommen ist, es deshalb natürlich auch Sehr geehrte Damen und Herren, im Rahmen der Dis- auf den Prüfstand zu stellen ist. Es hat seinen Zweck, eine kussion um die notwendigen ordnungspolitischen Rah- patienten- und bedarfsgerechte stationäre Versorgung der menbedingungen bei Einführung des neuen pauschalier- Bevölkerung mit leistungsfähigen und wirtschaftlichen ten Entgeltsystems der DRG's wird deutlich, dass der Qua- Krankenhäusern zu gewährleisten, bisher erfüllt. Es hat sich litätssicherung des Krankenhauses und auch den Anforde- eine Trägervielfalt entwickelt, die es gilt zu erhalten und rungen an den Datenschutz eine größere Bedeutung beige- nicht weiter, vor allem einseitig, zu forcieren. Ich habe das messen werden muss. Das Thüringer Krankenhausgesetz mit sehr großer Aufmerksamkeit verfolgt, was gerade in scheint den Anforderungen an den Datenschutz gerecht diesem Punkt gesagt wurde. zu werden. Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3675

Herr Minister, wenn Sie den Eindruck haben, dass die häuser? Oder besteht nicht auch eine Gefahr bei noch mehr Krankenhäuser Ihnen signalisieren, dass sie recht gut vor- kommerziellen Privatisierungen, dass umgekehrt Einfluss bereitet sind auf die Einführung des DRG's, sind meine auf die Gesundheitspolitik des Landes genommen werden Erfahrungen, sicher auch Ihre, in der Hinsicht sehr unter- könnte? schiedlich von Haus zu Haus. Aber das TMfSG sollte auch seine wichtigste Kompetenz als Planungsbehörde für eine Sehr geehrte Damen und Herren, die Fraktion der PDS ordentliche Gestaltung der Rahmenbedingungen nutzen. spricht sich eindeutig für die Planungskompetenz des Ansonsten bestünde die Gefahr - ich sage nicht, dass sie Landes aus. besteht -, einer Entwicklung im Selbstlauf oder eben halt nach der Marktwirtschaft. Beides halten wir in diesem Rah- (Beifall bei der PDS) men für nicht angemessen. Das Land muss die gesundheitspolitische Letztverantwort- (Beifall bei der PDS) lichkeit für eine flächendeckende, bedarfsgerechte Ver- sorgung auch in Zukunft haben. Die Leistungsfähigkeit Meine Damen und Herren, ein paar Bemerkungen zur und Versorgungsqualität zu tragbaren finanziellen Auf- Krankenhausplanung: Um dem Grundsatz einer patien- wendungen für alle zu erhalten ist zweifellos eine Heraus- ten- und bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung forderung für die Entwicklung von vernünftigen Lösungs- durch das Land weiter gerecht werden zu können, soll- ansätzen. Grundlage muss dabei eine sozialstaatliche Aus- ten die definierten Ziele der Krankenhausplanung ihren richtung unseres Gesundheitssystems sein. Dies sind nach Niederschlag im Gesetzestext finden. Dazu muss man auch unserem Verständnis eine solidarische, einheitliche und wissen, welche Planungsstrategie das Land eigentlich hat. gemeinsam handelnde Krankenversicherung, eine bedarfs- Eine Frage, die sich nicht auf die Aussage reduzieren lässt, gerechte, ausreichende und wirtschaftliche Versorgung so- wer gegen den Krankenhausplan in dem Fall geklagt hat, wie ein gleicher Zugang aller Versicherten zu allen Ge- hat mehr Betten erhalten. Die Mitwirkung der Beteiligten sundheitsleistungen. nach den Regelungen des Krankenhausgesetzes muss aus unserer Sicht korrekter definiert werden, insbesondere im Meine Damen und Herren, wir beantragen als Fraktion, Hinblick auf die Gremienbesetzung wie auch den Kranken- diesen Antrag an den Ausschuss zu überweisen, um die hausplanungsausschuss. Eine Neustrukturierung nach Ver- Novellierung des Krankenhausgesetzes auch verfolgen zu antwortung und Aufgaben unter Berücksichtigung der Mit- können. Ich sage hier auch, dass ich mit großer Genug- wirkenden der Trägergruppen scheint aus unserer Sicht tuung aus Ihrem Mund vernommen habe, Herr Minister, unerlässlich. dass die öffentlichen Träger in Zukunft genauso ihre Chan- cen haben wie alle anderen. Sehr verehrte Damen und Herren, um die Leistungsfähig- keit und Wirtschaftlichkeit der Krankenhäuser zu gewähr- (Beifall bei der PDS) leisten und damit auch die notwendige Planungssicher- heit, ist es für ausgewogene Investitionsentscheidungen Vizepräsidentin Dr. Klaubert: unabdingbar, einheitliche Förderrichtlinien zu erstellen, die in keiner Weise zu Wettbewerbsverzerrungen oder gar Für die CDU-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Aren- Nachteilen führen. Wenn ich das so besonders hervorhebe, hövel zu Wort gemeldet. dann deshalb, weil es gerade in Thüringen darum gehen muss, die bestehende Trägervielfalt zu erhalten und nicht Abgeordnete Arenhövel, CDU: zuzulassen, dass Vollprivatisierung der Krankenhausland- schaft das Kennzeichen von Thüringen ist. Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Frau Dr. Fischer, ich denke, es gibt überhaupt gar keinen Zweifel Über die Gestaltung von Förderung und Förderrichtlinien daran, dass das Land festhält, Verantwortung für die Kran- lässt sich Einfluss nehmen auf entscheidende Weichen- kenhausplanung zu tragen. Dazu haben wir uns immer be- stellung. Und hier wieder eine Frage: Soll tatsächlich nach kannt und daran wird sich auch nichts ändern. Wir werden 2004 der Eigenanteil bei Krankenhausinvestitionen auf es auch nicht zulassen, dass nur noch Krankenkassen da- 50 Prozent angehoben werden? Um es klar zu sagen: Kom- rüber entscheiden, wo Krankenhäuser gebaut, errichtet oder munale und auch freigemeinnützige Träger werden einen saniert werden. Gerade im Krankenhausbereich mussten großen Eigenanteil bei der Investitionskostenförderung wir seit 1990 sehr viel investieren, da geht es natürlich auch nicht aufbringen können. Dann stehen natürlich neue Fra- schlicht und ergreifend um sehr viel Geld. Der Minister hat gen an, die möglicherweise dann auch im kommunalen Be- ausgeführt, dass bereits 4 Mrd. DM in diesen Bereich ge- reich zur Entscheidung führen. Wie aber soll dann nach flossen sind, fließen mussten, damit wir den maroden Zu- § 2 des Thüringer Krankenhausgesetzes die als öffentliche stand der Krankenhäuser aufbessern konnten. Gerade weil Aufgabe des Landes, der Landkreise und auch der kreis- es um sehr viel Geld geht, muss natürlich auch Kontrolle freien Städte formulierte Gewährleistung der bedarfsge- sein. So hat ja der Thüringer Landtag selbst in der Druck- rechten Versorgung der Bevölkerung erfolgen? Welchen sache 3/461 vom 15.03.2000 beschlossen, dass das Kran- steuernden Einfluss hat das Land auf private Kranken- kenhausgesetz novelliert werden muss, dass es mit Förder- 3676 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 richtlinien und Verwaltungsvorschriften untersetzt werden (Beifall bei der PDS) muss, damit die Mittel effizient und sachgerecht verwen- det werden. Wir haben den Bericht des Ministers gehört Sie haben heute in der Aktuellen Stunde eigentlich schon und zur Kenntnis genommen, dass im September ein Ge- mündlich Ihre Zustimmung zu unserem Antrag gegeben, setzgebungsverfahren eingeleitet wird, dass es dieses gibt. Sie brauchen jetzt nur noch Ihre Hand dazu zu heben Deswegen sehen wir nicht den geringsten Grund, jetzt die- oder namentlich abzustimmen. sen Antrag an den Ausschuss zu verweisen, denn wir wer- den beim Gesetzgebungsverfahren ohnehin genügend (Beifall bei der PDS) Grund haben, uns mit der Materie zu befassen, uns auch in die Diskussion zu begeben und mit entsprechenden An- Der § 9 des Thüringer Ausführungsgesetzes zum Bundes- trägen dieses Gesetzgebungsverfahren zu begleiten. Vie- sozialhilfegesetz legt fest, dass der Minister für Soziales, len Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Familie und Gesundheit, also Sie, Herr Dr. Pietzsch, im Einvernehmen mit dem Innenminister und Finanzminister (Beifall bei der CDU) die Thüringer Regelsätze bestimmt. Ich denke und meine Fraktion auch, es ist endlich an der Zeit, dass sich die Mi- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: nister Dr. Pietzsch, Köckert und Trautvetter dahin gehend einigen, dass eine Erhöhung zumindest auf das Niveau Mir liegen keine weiteren Redewünsche vor, auch die der Bundesländer von Baden-Württemberg, Berlin, Bremen Landesregierung nicht noch einmal. Damit komme ich und Hessen erfolgen muss. zur Abstimmung über den Antrag auf Fortsetzung der Beratung im Ausschuss. Wer diesem zustimmt, den bitte (Beifall bei der PDS) ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Danke schön. Stimmenthaltungen? Mit einer Mehrheit Dort liegen die Regelsätze zwischen 547 und 548 DM; von Gegenstimmen ist dieser Antrag abgelehnt. das sind also 25 DM mehr im Monat als in Thüringen. Die Regelsätze, meine Damen und Herren, kann ich schlussfol- Ich komme zur Feststellung, dass das Berichtsersuchen gern, sind weder zeitgemäß in Thüringen noch bedarfs- erfüllt ist, falls dem nicht widersprochen wird. Es wird nicht gerecht. Wir fordern mit unserem Antrag daher die Lan- widersprochen. Ich kann den Tagesordnungspunkt 12 desregierung auf, von ihrem Recht und, ich meine, auch schließen. von ihrer Pflicht Gebrauch zu machen und eine Anhebung der Regelsätze zu beschließen, die oberhalb der Grenze der Ich komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 13 Rentenanhebung zum 01.07. in diesem Jahr liegt. Nur dann, meine Damen und Herren, würden die Regelsätze Ja zur Erhöhung der Thüringer Regel- in Thüringen dem § 22 Abs. 3 BSHG entsprechen. sätze sowie des Kindergeldes Antrag der Fraktion der PDS Meine Damen und Herren, für mich ist es schon bemer- - Drucksache 3/1623 - kenswert, dass der Bundestag ausgerechnet am 1. Juni, dem Kindertag, über die Anhebung des Kindergeldes um Die Begründung möchte Frau Abgeordnete Nitzpon vor- 30 DM sowie eine steuerliche Entlastung für Familien de- nehmen. battiert hat. Wenn wir mit unserem Antrag so vehement für die Erhöhung des Kindergeldes uns einsetzen, dann auch Abgeordnete Nitzpon, PDS: deshalb, weil die rotgrüne Regierung im vergangenen Jahr die Vergünstigungen der Kinderbetreuungskosten in Höhe Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, in 16 Tagen, von 4.000 DM gestrichen hat. Sie wollen diese zwar im also zum 1. Juli dieses Jahres, werden, so will es der § 22 Jahr 2002 wieder einführen, aber leider abgesenkt auf des Bundessozialhilfegesetzes, die Sozialhilfeempfängerin- 3.000 DM. Dazu kommt noch, dass ab dem Jahr 2002 der nen und -empfänger die jährliche Erhöhung der Regelsät- Haushaltsfreibetrag, also der Gegenpart zum Ehegatten- ze in ihrem Portemonnaie zu spüren bekommen. Ich sage splitting, ersatzlos wegfallen soll. Dies alles führt zu Be- dies nicht ohne eine Spur von Zynismus, denn wer sich nachteiligungen insbesondere von allein erziehenden Müt- die Mühe gemacht und in den letzten Jahren die Erhö- tern und Vätern. Wir erwarten auch, dass das Kindergeld hungen der Thüringer Regelsätze sich genau betrachtet hat, auf andere Sozialleistungen nicht angerechnet wird. Auch der weiß, dass sie meist nur zwischen einer Erhöhung von in diese Richtung soll die Landesregierung aktiv werden, 1 und 3 DM gestiegen sind. Für die ca. 50.000 Thürin- denn ansonsten ist die Erhöhung des Kindergeldes für viele gerinnen und Thüringer, die von Sozialhilfe leben müs- Familien und für viele Kinder einfach sinnlos. Wir fordern sen, deckt diese Erhöhung nicht einmal die steigenden darüber hinaus die Landesregierung auf, auch dahin gehend Lebenshaltungskosten. Sie, Herr Dr. Pietzsch, haben als aktiv zu werden, damit die geplante Kindergelderhöhung Abgeordneter vorhin in der Aktuellen Stunde Beispiele von tatsächlich allen Kindern ab dem 01.01.2002 unabhängig Erhöhungen in aller Deutlichkeit aufgeführt, deshalb mache vom Einkommen der Eltern zugute kommt. Wir können ich mir um Ihre Zustimmung zu unserem Antrag eigentlich nicht nachvollziehen, warum diese 30 DM nur dem erst- überhaupt keine Sorgen. und zweitgeborenen Kind zugute kommen soll, denn Fami- Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3677 lien mit mehreren Kindern sind auch mehr belastet. auch dazu sagen, wenn man so etwas will, dann muss man natürlich auch darüber nachdenken, wie man eine große (Zwischenruf Abg. Arenhövel, CDU: Wir Steuerreform in Gang setzt, damit man diese Dinge auch auch nicht.) finanzieren kann. Wir alle wollen, dass mehr Kinder gebo- ren werden, dass wir familienfreundlicher werden, auch Wir alle, das wird hier von jeder Fraktion immer betont, strukturell innerhalb unserer Gesellschaft. Nur, meine Da- wollen doch auch, dass noch mehr Kinder auch in Thü- men und Herren von der PDS, Sie reden in der Opposi- ringen geboren werden. tion anders als Sie es in Regierungsverantwortung tun.

(Beifall bei der PDS) (Beifall bei der CDU)

Aus unserer Sicht, meine Damen und Herren, ist die An- (Zwischenruf Abg. Nothnagel, PDS: Lassen hebung des Kindergeldes nur ein Tropfen auf den berühm- Sie uns mal über die CDU nachdenken.) ten Stein. Die PDS, ich denke, das wissen Sie, hat ande- re Vorstellungen vom Kindergeld, aber auch andere Vor- Ich will es Ihnen an einem Beispiel deutlich machen. Wir stellungen von Förderung von Familie. Doch angesichts hatten voriges Mal, in der letzten Plenarsitzung, Ihren An- der vielfach benachteiligten Familien und ihrer Kinder er- trag behandelt zu Opfern des SED-Unrechts. Diesen An- warten wir von der Landesregierung, dass sie jede vernünf- trag haben wir abgelehnt, weil wir der Auffassung sind, tige Aktivität der Bundesregierung zur Familienförderung dass Sie dazu moralisch kein Recht haben. Zu dieser Mei- unterstützt. nung stehe ich hier und heute auch. Dann kam es zur Ver- handlung im Bundesrat über das AAÜG. Wie haben sich Auch Herr Minister Trautvetter hat heute in der Aktuel- denn die Landesregierungen von Sachsen-Anhalt und len Stunde eigentlich schon in seiner Argumentation zur Mecklenburg-Vorpommern wohl verhalten, als es um die Inflationsrate gezeigt, dass er unserem Antrag zustimmen SED-Opfer ging und als ein Antrag der Freistaaten von wird, denn er ist der Auffassung, dass auf der einen Seite Thüringen und Sachsen eingebracht wurde? Sie haben da- 30 DM mehr gezahlt werden sollen, aber auf der ande- gegen votiert, meine Damen und Herren, und nur mit der ren Seite die Inflationsrate um 3,5 Prozent steigen wird und Hilfe der Brandenburger Regierung, an der auch die CDU ein Einkommen, so hat er gesagt, von rund 3.000 DM beteiligt ist, ist der Antrag zumindest an den Vermitt- eigentlich 100 DM an Einbußen haben werden, da kann lungsausschuss überwiesen worden. Das sind doch hier er eigentlich nur zustimmen, weil er sicher auch der Auf- die Tatsachen. fassung ist, 30 DM sind besser als gar keine Erhöhung des Kindergeldes. (Beifall bei der CDU)

(Beifall bei der PDS) (Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Sie müssen sich informieren. Das ist eine Lüge, was Sie Meine Damen und Herren der CDU, auch Sie haben in sagen.) Ihrem Partei- und Regierungsprogramm ebenso wie die PDS der Familienpolitik oberste Priorität eingeräumt. Zei- Dann beweisen Sie doch einmal das Gegenteil, Herr Buse. gen Sie mit Ihrer Abstimmung, dass Sie es wirklich ernst Wir haben das mit dem Sozialminister alles damit meinen. (Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Da brauchen (Beifall bei der PDS) Sie nur in das Protokoll zu gucken.)

Vizepräsidentin Dr. Klaubert: im Detail besprochen.

Ich eröffne die Aussprache zu diesem Antrag. Es hat sich (Unruhe im Hause) Frau Abgeordnete Arenhövel, CDU-Fraktion, zu Wort gemeldet. Vizepräsidentin Dr. Klaubert:

Abgeordnete Arenhövel, CDU: Es bleibt jedem unbenommen, weitere Redebeiträge hier anzukündigen und lassen Sie bitte Frau Arenhövel fort- Frau Präsidentin, Frau Abgeordnete Nitzpon, meine Damen fahren. und Herren! Frau Nitzpon, Sie haben gesagt, die PDS hat andere Vorstellungen zur Familienpolitik als die rotgrü- Abgeordnete Arenhövel, CDU: ne Bundesregierung. Dazu kann ich nur sagen, wir auch. Die CDU tritt ein für die Einführung eines Familiengel- Selbstverständlich sind uns die 30 Mark zu wenig und es ist des, das es vor allen Dingen Eltern kleiner Kinder ermög- auch für uns unverständlich, warum nur für das erste und licht, diese selbst zu betreuen und das ein Armutsrisiko zweite Kind, denn das Geld, was hier angeboten wird, das ausschließt. Dafür treten wir ein. Allerdings muss man ist in der Tat wirklich wieder schnell verschwunden, schon 3678 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 allein die Öko-Steuer frisst diesen Betrag in null Komma men wir mit der PDS-Fraktion überein, besser gesagt, die nichts wieder auf und deswegen, meine Damen und Her- Punkte 2, 3 und 4 des Antrags sind für uns unstrittig. ren, werden wir Ihren Antrag hier ablehnen, weil wir dazu höchst eigene Vorstellungen haben und es nicht nötig ha- Zu Punkt 1 gibt es noch einige Anmerkungen zu machen. ben, uns hier von der PDS in irgendeiner Weise vorfüh- Die Regelsätze für die Hilfe zum Lebensunterhalt nach ren zu lassen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. dem Bundessozialhilfegesetz werden vom jeweiligen Land festgelegt. Es ist in der Tat so, dass in Thüringen die nied- (Beifall bei der CDU) rigsten Regelsätze in ganz Deutschland ausgezahlt wer- den. An diesem Zustand ändert sich auch nichts, wenn zum Vizepräsidentin Dr. Klaubert: 1. Juli 2001 die turnusmäßige Anhebung der Regelsätze um 1,9 Prozent bundesweit erfolgt. Bevor jedoch für Thü- Werden weitere Redemeldungen jetzt angezeigt? Frau ringen zu den 1,9 Prozent eine zusätzliche Anhebung in Abgeordnete Heß. Frage kommt, sollte es Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden geben. So würde nämlich z.B. eine An- Abgeordnete Heß, SPD: hebung des Regelsatzes um 25 DM bei ca. 50.000 Hilfe- empfängern eine Mehrbelastung der Kommunen von ca. Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Familien- 15 Mio. DM bedeuten. Wir alle kennen die Haushaltssitua- politik sollte auf jeder politischen Ebene vordringliche tion unserer Kommunen und ich denke, wir sollten vor Aufgabe sein und werden, auch in Thüringen. Familien- derartigen Beschlüssen auch das Gespräch mit ihnen su- politik ist Zukunftspolitik und Gesellschaftspolitik zu- chen. Die Notwendigkeit der Anhebung der Regelsätze gleich. Zu Beginn des Jahres äußerte sich Kanzler Schröder ist aus unserer Sicht gegeben, aber der Weg dorthin kann während einer Veranstaltung der Evangelischen Akademie nur im Einvernehmen mit den kommunalen Spitzenver- in Tutzing, Frau Präsidentin, ich zitiere: "Die Gesellschaft bänden erfolgen. Namens meiner Fraktion bitten wir da- müsse nicht nur von Experten objektiv als human und le- her um eine getrennte Abstimmung. Wir bitten, Punkt 1 benswert analysiert werden können. Die Menschen müssen an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit sie auch subjektiv so empfinden können." Meine Frage, und den Innenausschuss zu überweisen, den Punkten 2 empfinden die Menschen die Gesellschaft als human? Seit bis 4 werden wir unsere Zustimmung erteilen. Danke. Regierungsantritt hat die Bundesregierung die Summe für Familien um 17 Mrd. DM auf 95 Mrd. DM erhöht. In nur (Beifall bei der PDS, SPD) zwei Jahren wurden alle Leistungen verbessert, die Fa- milien finanziell entlasten. Ich nenne hier das Kindergeld, Vizepräsidentin Dr. Klaubert: das Erziehungsgeld, Bafög und Steuern. Für die Landesregierung hat sich Minister Dr. Pietzsch (Unruhe bei der CDU) zu Wort gemeldet.

(Zwischenruf Abg. Bergemann, CDU: Dr. Pietzsch, Minister für Soziales, Familie und Falsche Rede eingepackt.) Gesundheit:

Alle Maßnahmen kommen vorzugsweise Familien mit Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, geringem und mittlerem Einkommen zugute. Aber kann es ein sehr differenzierter Antrag mit sehr unterschiedlichen human sein, wenn Kindergelderhöhungen mit den laufen- Punkten, die hier aufgeführt sind. Lassen Sie mich noch den Leistungen zum Lebensunterhalt verrechnet werden? kurz auf das AAÜG zurückkommen, was Frau Abgeord- Seit dem Regierungswechsel in Berlin ist das Kindergeld, nete Arenhövel angesprochen hat. Meine Damen und Her- schließt man die Erhöhung 2002 mit ein, um 80 DM ange- ren, im Bundesrat spielt es keine Rolle, ob man sich enthält hoben worden. Das bedeutet für das erste bis dritte Kind oder ablehnt, denn es ist in jedem Fall eine Neinstimme. 300 DM und für jedes weitere 350 DM, das bedeutet auch Mecklenburg-Vorpommern hat uns eindeutig nicht unter- für eine Familie mit zwei Kindern ab 2002 1920 DM mehr stützt, wo die PDS mit an der Regierung ist, sondern die im Jahr im Vergleich zu 1998. Ich will es hier auch nicht beiden Länder, in denen große Koalitionen bestehen, Berlin unerwähnt lassen, dass sich der Bund zu drei Vierteln statt und Brandenburg, haben uns unterstützt. In Sachsen-An- wie üblich zu zwei Dritteln an den Kosten der geplanten halt sind Sie ja auch nicht ganz einflusslos, dort ist nicht Kindergelderhöhung beteiligen wird. Damit aber die Kin- unterstützt worden. Insofern, meine Damen und Herren, dergelderhöhung auch den Kindern zugute kommt, deren bestätigt sich auch mit diesem Antrag wieder, die PDS - Eltern am Existenzminimum leben, kann es nur unser Ziel Sie haben gesagt, die PDS würde die Anhebung wollen - sein, sich dafür einzusetzen, die Anrechnung erneut auf- will nur, wenn sie selbst nicht die Verantwortung und die zuheben, denn das ist bereits im Jahr 2000 geschehen. Sie Finanzen da mit übernehmen muss. Das ist doch ent- wissen, diese Regelung wurde 2000 durchbrochen und da- scheidend. mit kann auch das Geld dort ankommen, wo es hinkommen muss. Eine Verlängerung der 2000er-Regelung ist daher ge- (Beifall bei der CDU) wollt und auch von uns gewünscht. In diesem Punkt stim- Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3679

Das habe ich nun hier wirklich in zehn Jahren immer Sozialhilfeempfänger kommen oder aus diesem Stigma he- wieder erlebt. rauskommen, meine Damen und Herren.

Meine Damen und Herren, wenn dann gesagt wird, dass (Beifall bei der CDU) der Angleich mindestens in der Höhe von Baden-Würt- temberg geschehen muss, dann sollten Sie doch wissen, Kinder dürfen eben kein Risikofaktor werden, in die So- dass Baden-Württemberg den höchsten Regelsatz hat und zialhilfe abzugleiten. nicht etwa einen Durchschnittsregelsatz. Meine Damen und Herren, die Punkte, die hier angeführt Um noch einmal auf die PDS zurückzukommen: Thü- sind, also Sie wissen ja, Sie können die Landesregierung ringen hat nicht den niedrigsten Regelsatz, so wie Sie uns nicht verpflichten wie die Landesregierung im Bundes- einreden wollen, als seien wir das absolute Schlusslicht. rat abzustimmen hat. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, aus familienpolitischer Sicht ist dieses Gesetz zur Fami- (Beifall bei der PDS) lienförderung, was die Bundesregierung uns vorlegt, wirk- lich kein familienfreundliches Gesetz. Die 30 DM sind eher Sachsen-Anhalt und wiederum bezeichnenderweise Meck- eine Banalität, als dass es eine wirkliche Förderung ist. Ich lenburg-Vorpommern haben die gleichen Regelsätze wie kann es beim besten Willen nicht verstehen, ich kann es Thüringen. Also es stimmt nicht, was Sie behaupten, dass auch von Seiten der Bundesregierung nicht nachvollzie- wir so ganz hinten dran sind. hen, ich kann es noch nicht einmal von Seiten des Finanz- ministers nachvollziehen, dass nur das erste und zweite (Zwischenruf Abg. Nitzpon, PDS: Das hat Kind mit den 30 DM bedacht wird, so viele dritte, vierte keiner behauptet.) und fünfte Kinder haben wir in Deutschland nun wirk- lich nicht, dass man denen das nicht auch geben sollte. Ja, natürlich. Ja, sicherlich, Sie können es ja sogar nach- lesen, wenn Sie es wollen. (Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren und das andere ist, das muss Meine Damen und Herren, für mich, ich sage es Ihnen ganz man natürlich sagen, bei einem jährlichen Ausgabenvo- ehrlich, war es auch erstaunlich, dass sich die Jugendmi- lumen im Bereich der Sozialhilfe von etwa 230 Mio. DM, nister, als hier die Jugendministerkonferenz in Thüringen was Ausgaben der örtlichen Sozialhilfeträger sind, würde war, sich nicht zu einem Beschluss durchringen konnten, eine Anhebung auf das Niveau Baden-Württembergs von dass die Bundesregierung aufgefordert wird, auch für das 26 DM, das sind rund 5 Prozent, das hieße schon eine dritte, vierte und fünfte Kind. Ich sage Ihnen ganz offen, es Erhöhung der Ausgaben der Kommunen in Größe von war nicht die Überzeugung, sondern es war die Treue ge- 11,5 Prozent. Natürlich kann man das leicht machen, wenn genüber der Bundesregierung, die dazu geführt hat, dass man nicht dafür verantwortlich ist, dass das Geld dann dieser Beschluss nicht zustande gekommen ist. auch wirklich da ist. Deswegen bedarf es in den näch- sten Jahren einer Rücksprache oder vieler Rücksprachen Meine Damen und Herren, ich meine, wir haben, wenn es mit den kommunalen Spitzenverbänden. um die Entlastung der Familien geht, noch eine Menge zu tun, Meine Damen und Herren, eins ist ja schon deutlich ge- worden in dem Antrag, getrennt abstimmen zu wollen. (Beifall bei der CDU) Ich denke schon, dass die Frage Kindergeld und Sozial- hilfe nicht in den Zusammenhang gebracht werden darf, und die Entlastung der Familien kann nicht so aussehen, wie es hier in diesem Antrag geschieht. dass wir 30 DM geben, dass Kosten für die Entlastung der Familien in Höhe von 7,5 Mrd. DM entstehen, aber gleich- (Beifall bei der CDU) zeitig aus dem Topf Familie 2,9 Mrd. DM zur Gegenfi- nanzierung genommen werden. Ich sage das auch für uns, Wir brauchen, meine ich, vielmehr eine langfristige Strate- wenn wir Familienpolitik ins Zentrum rücken müssen oder gie, dass eben Kinder zukünftig nicht mehr zu Sozialhil- wollen, dann müssen wir auch etwas finanziell für diese feempfängern werden. Familienpolitik machen, da beißt die Maus keinen Fa- den ab. (Beifall bei der CDU) (Beifall bei der CDU) Wir brauchen entweder ein Kindergeld oder wir brau- chen ein Familiengeld und Thüringen hat sich durchaus Meine Damen und Herren, insofern kann ich nur sagen, dafür eingesetzt. Da kann man wirklich die Kinder- und das, was im Augenblick uns als Bundesgesetz vorliegt, hält Familienleistungen mit einbeziehen. Das ist klar. Aber sich ganz strickt an die Forderungen des Bundesverfas- was wir wollen ist, dass Kinder aus der Sozialhilfe kom- sungsgerichts - nicht mehr. Aber wenn wir Familienpoli- men und dass Familien mit Kindern in dieses Stigma der tik machen wollen, ich glaube, dann müssen wir weit über 3680 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 das hinausgehen und dann müssen wir eine langfristige Abgeordnete Nitzpon, PDS: und wirklich allumfassende Strategie zur Förderung der Familien machen. Insofern ist der Antrag, der mir hier vor- Die PDS-Fraktion beantragt zu jedem einzelnen Punkt liegt von der PDS, in diesem Bereich auch unzureichend namentliche Abstimmung. und kann von mir in der Gesamtheit nicht unterstützt werden. Danke. (Heiterkeit bei der CDU)

(Beifall bei der CDU) Vizepräsidentin Dr. Klaubert:

Vizepräsidentin Dr. Klaubert: Ich bin noch nicht fertig mit der Ausschussüberweisung, an den Innenausschuss ist noch beantragt worden, wir stim- Frau Abgeordnete Wolf, eine Anfrage oder eine Rede- men es wenigstens ab. Wer also der Überweisung des meldung? Herr Minister, gestatten Sie eine Anfrage? Ich Punktes 1 an den Innenausschuss zustimmt, den bitte ich sehe also ja. jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstim- men bitte. Danke schön. Stimmenthaltungen? Bei vielen Abgeordnete K. Wolf, PDS: Gegenstimmen, bei einigen Jastimmen und einigen Stimm- enthaltungen ist mit einer Mehrheit diese Ausschussüber- Herr Minister, ich habe Ihre Rede wohl aufgenommen, weisung auch abgelehnt. ich verstehe nur nicht den Zusammenhang, wie das Ganze rechtfertigt, gerade an der Stelle Kindertageseinrichtun- Damit kommen wir zur Antragsabstimmung überhaupt gen dann Kürzungen im Haushalt zuzulassen. und jetzt Frau Abgeordnete Nitzpon.

Dr. Pietzsch, Minister für Soziales, Familie und Abgeordnete Nitzpon, PDS: Gesundheit: Die PDS-Fraktion beantragt namentliche Abstimmung Wir haben verträglich Kürzungen im Haushalt durchge- zu jedem einzelnen Punkt. führt, Vizepräsidentin Dr. Klaubert: (Zwischenruf Abg. K. Wolf, PDS: Gerade bei den Familien.) Zu jedem einzelnen Punkt namentliche Abstimmung. Da beginnen wir mit dem Punkt 1 in namentlicher Abstim- um es ganz deutlich zu machen, ja. Was umgesetzt wor- mung. den ist, geht weit über das hinaus, was wir gekürzt haben. Wir haben im investiven Bereich eine Aufstockung reinge- Hatte jeder die Gelegenheit, die Stimmkarte abzugeben? bracht. Wenn ich Ihnen die Anträge sage, die wir haben, Das scheint der Fall zu sein. Ich bitte um das Auszählen. dann wird deutlich, dass dieses auch dringend notwen- dig war. Mir liegt ein Abstimmergebnis vor. Zu Punkt 1 des An- trags wurden abgegeben 72 Stimmen, mit Ja haben 13 Ab- (Beifall bei der CDU) geordnete gestimmt, mit Nein stimmten 46 Abgeordnete und es gab 13 Enthaltungen (namentliche Abstimmung sie- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: he Anlage 2). Damit ist der Punkt abgelehnt.

Mir liegen keine weiteren Redewünsche mehr vor. Es ist Ich komme zum Aufruf der namentlichen Abstimmung Ausschussüberweisung beantragt worden zum Punkt 1 zu Punkt 2 und bitte die Stimmkarten einzusammeln. Hatte des Antrags an zwei Ausschüsse, an den Ausschuss für jeder die Gelegenheit, seine Stimmkarte abzugeben? Dann Soziales, Familie und Gesundheit und an den Innenaus- bitte ich um das Auszählen. Mir liegt das Abstimmergebnis schuss. Eine weitere Ausschussüberweisung liegt mir nicht zum Punkt 2 vor. Abgegeben wurden 72 Stimmen, mit vor. Ja haben 25 Abgeordnete gestimmt, mit Nein stimmten 46 und es gab 1 Enthaltung (namentliche Abstimmung siehe Dann stimmen wir zunächst darüber ab, Punkt 1 des An- Anlage 3). Damit ist auch dieser Punkt 2 abgelehnt. trags der Fraktion der PDS in der Drucksache 3/1623. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Ich komme zur namentlichen Abstimmung über den Punkt Danke schön. Gegenstimmen? Danke schön. Stimment- 3 des Antrags und bitte, die Stimmkarten einzusammeln. haltungen? Bei einer Mehrheit von Neinstimmen und eini- Hatte jeder Gelegenheit, die Stimmkarte abzugeben? Dann gen Jastimmen sowie einigen Enthaltungen ist die Aus- bitte ich um das Auszählen. schussüberweisung an den Ausschuss für Soziales, Fa- milie und Gesundheit abgelehnt. Mir liegt das Abstimmergebnis zu Punkt 3 vor: Es wurden abgegeben 71 Stimmen, mit Ja haben 62 gestimmt, mit Nein 1, es gab 8 Enthaltungen, damit ist dieser Punkt ange- Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3681 nommen (namentliche Abstimmung siehe Anlage 4). Um der Versuchung zu widerstehen, hier Müll zu erzäh- len, möchte ich doch an meinem Konzept festhalten. (Beifall bei der CDU) Die bisherigen Erfahrungen mit Genehmigungsneuglieder- Wir kommen zur namentlichen Abstimmung über den ungsmaßnahmen haben gezeigt, dass Zusammenschlüsse Punkt 4 des Antrags. und Zusammenarbeit auf freiwilliger Basis auf die größte Akzeptanz bei den Beteiligten einschließlich der Einwoh- Hatte jeder Gelegenheit, seine Stimmkarte abzugeben? Das ner stößt. Die Vorbehalte sind viel massiver, wenn der Ge- ist der Fall. Ich bitte um das Auszählen. Mir liegt das setzgeber Gemeindeneugliederungsmaßnahmen durch Ge- Ergebnis der namentlichen Abstimmung zu Punkt 4 des setz regelt. Unser Antrag zielt darauf, Anreize zu schaf- Antrags vor. Es wurden 69 Stimmen abgegeben, mit Ja fen, die jetzige Freiwilligkeitsphase zu nutzen, um Gemein- haben 23 gestimmt, mit Nein 46 und es gab keine Ent- dezusammenschlüsse weiter und schneller voranzubringen. haltungen, damit ist der Punkt 4 abgelehnt (namentliche Durch eine zusätzliche finanzielle Förderung von freiwil- Abstimmung siehe Anlage 5). ligen Gemeindegliederungsmaßnahmen wird die Leis- tungsfähigkeit der Gemeinden gestärkt. Gleichzeitig kön- Bleibt also festzustellen, dass aus dem Antrag der Frak- nen hier künftig eventuell notwendige Eingriffe des Ge- tion der PDS in Drucksache 3/1623 der Punkt 3 ange- setzgebers in die Gemeindegliederung vermieden werden. nommen ist. Die vorliegenden Erfahrungen aus Sachsen belegen, dass die finanzielle Förderung von freiwilligen Gemeindegliede- Ich schließe damit den Tagesordnungspunkt 13 und komme rungsmaßnahmen durchaus eine positive Wirkung haben. zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 14 Meine Damen und Herren, selbstverständlich sind mit Finanzielle Förderung von freiwilligen unserem Antrag zunächst zusätzliche Kosten für das Land Gemeindeneugliederungsmaßnahmen verbunden. Hier eine gesicherte Prognose zu treffen, ist im Zeitraum 2001 bis 2004 schwierig. Wir meinen jedoch, dass ca. 5 Mio. DM jährlich Antrag der Fraktion der PDS ausreichen. Bei einer einmaligen Förderung von beispiels- - Drucksache 3/1624 - weise 200 DM pro Einwohner könnten damit jährlich frei- willige Gemeindeneugliederungsmaßnahmen für Gemein- Frau Abgeordnete Sedlacik hat Begründung angekündigt. den mit einer Gesamteinwohnerzahl von 25.000 gefördert werden, bei 100 DM entsprechend 50.000 Einwohner. Sie Abgeordnete Sedlacik, PDS: sehen also, unser Ansatz ist real. Wenn im Ergebnis eines solchen Programms leistungsfähigere Gemeindestrukturen Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, bei realis- entstehen, dann profitiert mittel- und langfristig auf je- tischer Bewertung darf man nicht die Augen davor ver- den Fall dauerhaft das Land davon. Es müssen weniger schließen, dass bereits die jetzigen Gemeindestrukturen Landesmittel für die Finanzierung uneffektiver Gemeinde- im Freistaat die dauerhafte Leistungsfähigkeit vieler Ge- strukturen bereitgestellt werden. Letztlich würde der Land- meinden nicht sichert. Wir gehen davon aus, dass es im tag mit einem solchen Programm ein deutliches Signal in Zusammenhang mit der Fortführung der Funktional- und Richtung Gemeinden aussenden, ein Signal, das da lautet: Verwaltungsreform zur Stärkung der kommunalen Ebene In den nächsten Jahren wird es eine umfassende Funktio- kommen wird. Aufgaben, die bisher durch Landesbehörden nal- und Verwaltungsreform auf Landes- und Kommunal- wahrgenommen werden, gehen in diesem Rahmen der ebene geben. Hierzu brauchen wir leistungsfähige Struktu- Kommunalisierung auf die kommunale Ebene über. Diese ren im Land und in den Kommunen. Wer diese heute notwendige Entwicklung wird sich u.a. nur vollziehen kön- schafft, profitiert mehrfach davon und ist letztendlich nicht nen, wenn neben den Landkreisen und kreisfreien Städ- vom Willen des Gesetzgebers abhängig. Die Landesre- ten auch die Gemeinden über leistungsfähige Strukturen gierung könnte ja die Sommerpause dazu nutzen, um dem verfügen. Unsere bisherigen Erfahrungen mit Gemeinde- Landtag am 7. Oktober ihr Konzept vorzulegen. Sollte sie neugliederungsmaßnahmen haben gezeigt, dass Zusam- sich verweigern, werden wir ein eigenes Konzept zur Dis- menschlüsse und ... kussion stellen.

(Zwischenruf Abg. Böck, CDU) (Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Prima, ma- chen Sie das. Ich nehme Sie beim Wort. Viel Herr Böck, Sie haben doch heute unser Losungswort ge- Spaß dabei!) hört. (Beifall bei der PDS) (Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Nennen Sie doch mal ein Beispiel.) Vizepräsidentin Dr. Klaubert:

(Unruhe im Hause) Herr Abgeordneter Böck, ich weiß nicht, ob das jetzt die Ankündigung einer Redemeldung war, aber zunächst würde 3682 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 der Abgeordnete Fiedler von der CDU-Fraktion sprechen. Ja, auch wenn es mancher nicht wahrhaben will, meine Damen und Herren, und die Diskussion lieber meidet, es (Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: Das war wird intensiv über Strukturen der Landesverwaltung und der Redebeitrag der CDU!) der kommunalen Ebene nachgedacht. Der Geschäftsführer des Thüringischen Landkreistages, Herr Vetzberger, hat Abgeordneter Fiedler, CDU: in einem Artikel in der Zeitschrift "Der Landkreis" das Spannungsfeld dieser Diskussion eigentlich klar aufgezeigt Meine Damen und Herren, grundsätzlich sind wir nicht und die SPD hat im Zusammenhang mit ihrem Gesetzent- gegen Steuerungsmaßnahmen, die mit Geld verbunden wurf zur Änderung der Thüringer Kommunalordnung eben- sind. In diesem Fall, der uns heute hier vorgetragen wird, falls eindeutige Signale gesetzt. Wir als PDS gehen davon lehnen wir es ab, wenn der nächste Doppelhaushalt beraten aus, dass in Thüringen eine Funktional- und eine Verwal- wird, kann man darüber noch einmal reden. Danke schön. tungsreform notwendig sind, in deren Umsetzung sich auch Strukturen auf allen Ebenen ändern werden. Wir meinen, (Beifall bei der CDU) dass uneffektive Strukturen eine Ursache für die Finanz- krise der öffentlichen Haushalte sind. Nun frage ich, was Vizepräsidentin Dr. Klaubert: die CDU macht. Vor kurzem hieß es noch, dass sie die- ses Thema nicht anfasst. Inzwischen spricht man von ver- Als Nächster hat sich der Abgeordnete Schemmel, SPD- größerten Gemeinden zumindest innerhalb von Verwal- Fraktion, zu Wort gemeldet. tungsgemeinschaften, damit weiterhin nicht zehn und mit- unter doppelt so viele Gemeinden zu verwalten sind, son- Abgeordneter Schemmel, SPD: dern weit weniger mit Mindestgrößen von 800 bis 1.000. Sie haben also ebenso wie andere die Notwendigkeit von Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Strukturveränderungen erkannt. das Problem muss man ernst nehmen, das ist richtig. Das Problem kommt auf uns zu und wir sollten uns mit dem (Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Das muss Problem auseinander setzen. Nur diese Kopfgeldlösung aber mit den Betroffenen besprochen wer- der PDS, also dieses fokussieren auf nur eine finanzielle den.) Hilfestimmulie, um diese Sache zu erreichen, erscheint mir zu eng gesprungen. Wir hatten heute schon über den Da habe ich doch überhaupt nichts dagegen. Ich behaupte Vorschlag gesprochen, den Verfahrensweg zu erleichtern, mal jetzt, dass Sie nur aus politisch taktischen Gründen das ist leider sofort aus der Diskussion geworfen worden, bestimmte ... was ich sehr schade finde. Aber wir sollten dieses Problem breiter anfassen, es gibt viele Wege, dort etwas zu tun, (Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Tun Sie deswegen sind wir für eine Ausschussüberweisung, um doch nicht so, als ob Sie das gemacht hätten.) sich über das Problem zu unterhalten, das finde ich gut. Aber ich habe das Recht als Abgeordnete, hier im Land- (Beifall bei der SPD) tag meine Auffassung dazu darzubringen und auch solch einen Antrag einzureichen. Vizepräsidentin Dr. Klaubert: (Beifall bei der PDS) Herr Abgeordneter, an welchen Ausschuss, ich nehme an, an den Innenausschuss? Ich behaupte, dass Sie - ich sage das jetzt so - aus politisch taktischen Gründen hier Zurückhaltung an den Tag legen. (Zuruf Abg. Schemmel, SPD: An den Innen- ausschuss.) (Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Das ist schon wieder so eine Unterstellung.) Und als nächste Rednerin hat sich Frau Abgeordnete Dr. Wildauer zu Wort gemeldet. Und was soll das? Ja, das ist keine Unterstellung. Was soll das? Sie sollten aufhören, Ihr Handeln ausschließ- Abgeordnete Dr. Wildauer, PDS: lich politisch taktisch auszurichten und ich kann Sie nur auffordern, sich wirklich den Notwendigkeiten zu stel- Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Fiedler, len. Der Innenminister hat es vorgemacht, auch, Herr so einfach, wie Sie das jetzt hier gemacht haben, möchte Köckert, wenn Sie später sich selbst oder zurückgepfif- ich das nicht sehen und will deswegen auch einiges da- fen wurden, ich weiß es nicht. Sie haben zunächst ver- zu sagen, es ist ja auch unser Antrag. kündet, den freiwilligen Zusammenschluss von Gemeinden zusätzlich finanziell fördern zu wollen und Tage später (Beifall bei der PDS) meinten Sie,

(Zwischenruf Abg. Böck, CDU) Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3683 dass Sie falsch von der Presse verstanden wurden. Nun- und auch Befürchtungen etwas zu begegnen, halten wir mehr lautet die offizielle Meinung der Landesregierung es für notwendig, dass die Landesregierung Leitlinien für in dieser Wahlperiode: Keine weitere Gebietsreform und eine künftige Gemeindeneugliederung in Thüringen zur auch keine zusätzliche finanzielle Förderung von Gemein- Diskussion stellt. Wir fordern Sie auf, dies zu tun, und deneugliederungsmaßnahmen. Neugliederungen sollen zwar auch jetzt und nicht irgendwann in einer fernen Zeit. Ihrer Meinung nach möglich sein, aber es soll wohl auch Wir meinen auch, dass die Landesregierung Vorschläge ohne Geld gehen. unterbreiten sollte, wie die finanzielle Förderung freiwilli- ger Gemeindezusammenschlüsse gestaltet werden, ausge- (Unruhe bei der CDU) staltet sein könnte.

Wenn Sie das Wunder vollbringen, sind wir dabei. Wir haben in unserem Antrag einen Vorschlag unterbreitet. Danach sollten die beiden beteiligten Gemeinden einen (Zwischenruf Abg. Böck, CDU: So ist es kor- einmaligen Zuschuss von vielleicht 100 DM bekommen. rekt, Frau Dr. Wildauer.) Wir haben das Beispiel von Sachsen aufgegriffen. Wir sa- gen aber auch, dass für uns andere Vorstellungen diskus- Ich sage Ihnen, Herr Innenminister, mir wäre es recht, wenn sionswürdig sind. Es liegt nun an der Landesregierung, aber Sie bei Ihrer ursprünglichen Meinung bleiben würden und auch an den anderen Fraktionen, weitere Vorstellungen zur wirklich die freiwilligen Zusammenschlüsse finanziell för- Diskussion zu stellen. dern. Vielleicht - durch die Wogen, die jetzt hochschlagen - würden Sie dann eine Reihe Freunde verlieren, aber Sie Meine Damen und Herren, aus Sicht der PDS-Fraktion würden auch eine ganze Reihe dazu gewinnen. wäre es auch denkbar, durch die Neuausrichtung der in- neren Struktur des Kommunalen Finanzausgleichs zusätz- Meine Damen und Herren, wir fordern mit unserem An- liche finanzielle Anreize für weitere Gemeindeneugliede- trag die Landesregierung auf, bis zur nächsten Plenarta- rungen zu schaffen. Dies muss man dann nicht in jedem gung ein Konzept zur finanziellen Förderung von freiwilli- Fall so machen, dass das Land Mehrausgaben hat. gen gemeindlichen Zusammenschlüssen vorzulegen. (Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Das können (Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Sie wollen ... ) Sie den anderen Gemeinden auch sagen.)

Ausgangspunkt für ein solches Programm oder Konzept Auch darauf haben wir in unserem Antrag verwiesen. Mit bildet aus unserer Sicht eine notwendige Analyse der dem heutigen Beschluss zum vorliegenden Antrag wird gegenwärtigen Gemeindestrukturen. Dabei geht es nicht die Landesregierung zunächst nur zur Vorlage eines Kon- nur um reine Zahlen und Fakten, nein, es geht um eine zepts aufgefordert. Eine Entscheidung in irgendeiner Art Bewertung der Wirksamkeit dieser Strukturen. Nach rund und Weise ist damit doch noch nicht verbunden. Seit wann sieben Jahren ist es an der Zeit, dass man diese Gemein- ist es denn verboten, dass wir Anträge auf Konzepterstel- destrukturen nach objektiven Kriterien bewertet. Unsere lung stellen, und seit wann ist es verboten, dass die Landes- Standpunkte beispielsweise zu dem Problem der Verwal- regierung solche Konzepte vorstellt, damit wir eine Diskus- tungsgemeinschaften und der Ortschaften haben wir be- sionsgrundlage haben? Ich halte es auch für legitim, wenn reits während der heutigen Debatte zum Gesetzentwurf ein solches Konzept der Landesregierung zunächst im In- der Novelle der SPD dargelegt. Für die Ausgestaltung eines nenausschuss vorgelegt und dann diskutiert und danach solchen Konzepts ist es auch wichtig, dass klar ist, wel- auch im Landtag debattiert wird. Deshalb beantrage ich che Leitlinien eine künftige Funktionalreform verfolgen auch die Überweisung an den Innenausschuss, um die Auf- soll, eine Funktionalreform, die sowohl das Land als auch gabe zunächst im Innenausschuss zu diskutieren. die Kommunen betrifft. (Beifall bei der PDS) Wir als PDS gehen davon aus, dass der gegenwärtige dreistufige Verwaltungsaufbau in Thüringen so dauerhaft Vizepräsidentin Dr. Klaubert: nicht zu finanzieren ist. Vielmehr meinen wir, dass weitere staatliche Aufgaben kommunalisiert werden müssen. Dies Mir sind keine weiteren Redemeldungen angekündigt. setzt allerdings leistungsstärkere kommunale Verwaltungs- Doch, der Innenminister. Bitte schön. strukturen voraus. Wir verkennen nicht, dass die laufenden Diskussionen zu neuen kommunalen Strukturen auch Ver- Köckert, Innenminister: unsicherungen zur Folge haben. Kommunalpolitiker und Bürger befürchten, dass bei künftigen Strukturverände- Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, um hier einige rungen die kommunalen Interessen den Landesinteressen Dinge klarzustellen: Das Innenministerium und die Lan- geopfert werden. Um diesen Verunsicherungen desregierung sind natürlich der Meinung, dass die ganze Szenerie der Gemeindegliederung in Thüringen betrach- (Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Sie reden es tet, dass sie analysiert werden muss, das tun wir auch, und doch herbei.) dass dann zu einem richtigen Zeitpunkt auch entsprechende 3684 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

Schritte vorgeschlagen werden zur Weiterentwicklung der Köckert, Innenminister: Gebietsstrukturen im Land. Da gibt es eigentlich bemer- kenswerterweise schon einiges an Diskussionen im Land, Frau Sedlacik, das glaube ich Ihnen gern. Wir haben über- die sind sehr unterschiedlich, jeweils von welcher Position haupt kein Problem damit, auch das wurde hier von mir aus man argumentiert. Auch diese Diskussionen werden schon öfter gesagt, dass wir auf freiwilliger Ebene die von uns entsprechend beobachtet und bewertet und wir Zusammenschlüsse unterstützen, stoßen auch manchmal Diskussionen an. (Beifall bei der CDU) Ich bin der festen Überzeugung, das habe ich hier im Haus schon gesagt, dass wir, um das Land weiter voranzubrin- soweit sie uns sinnvoll erscheinen. Ich setze nicht voraus, gen, die zentralen Orte stärken müssen. Das wird nicht dass jeder freiwillige Zusammenschluss, nur weil man sich gehen, indem man nur Appelle ausspricht, sondern das freiwillig zusammenschließt, von vornherein sinnvoll ist. wird gehen, indem man die Zentralität der Orte entspre- Das wird geprüft werden müssen, aber wir unterstützen die chend berücksichtigt, gegebenenfalls auch im Kommuna- Bemühungen von Gemeinden, sich zusammenzuschließen. len Finanzausgleich entsprechend berücksichtigt. Wir wer- Ich selbst rede, insbesondere wenn ich in Verwaltungs- den uns sicher hier noch oft zu unterhalten haben, wie ent- gemeinschaften bin, dem Sachverhalt das Wort, dass sich sprechende Regelungsmechanismen zu gestalten sind, wenn die Verwaltungsgemeinschaften mit vielen kleinen Ge- es der richtige Zeitpunkt ist. Mir erscheint der jetzige Zeit- meinden unter dem Dach der Verwaltungsgemeinschaft punkt nicht der richtige. Wir müssen aber bei der Diskus- zu größeren Gemeinden zusammenschließen sollen. sion um die Thüringer Kommunalordnung sehr darauf auf- passen, dass wir nicht Dinge zu festklopfen und Dinge nicht (Beifall bei der CDU) zu sehr einengen, die uns späterhin Bewegungsfreiräu- me nicht mehr geben. Insofern verstehe ich Ihren Antrag Abgeordnete Sedlacik, PDS: eigentlich als Hinweis in diese Richtung, Sie haben ihn nur anders formuliert. Sie formulieren im Grunde genommen Noch eine Nachfrage: Geben sie mir auch Recht, dass schon in die Richtung, dass man ein komplettes Konzept vielleicht gerade jetzt, in der Phase, wo kein Wahlkampf mit entsprechender Förderung vorlegt. Ich glaube, das ist ist, die Zeit günstig ist für freiwillige Verhandlungen? insofern zu früh, weil wir dann ein blindwütiges Nach- vorngehen um des Geldes Willen haben. Das ist meines Köckert, Innenminister: Erachtens ein vollkommen falsches Vorgehen. Ja, es ist ausgesprochen günstig und diese freiwilligen Ver- Der Abgeordnete Fiedler hat hier deutlich gemacht, in wel- handlungen zwischen den Gemeinden sollten auch getätigt cher Zeitschiene wir eigentlich denken müssen. Der jetzi- werden, dem stehen wir doch nicht hinderlich entgegen. ge Doppelhaushalt ist beschlossen. Wir werden, wenn es um finanzielle Steuerungsmechanismen geht, die nicht (Beifall bei der CDU) unbedingt in Pro-Kopf-Prämien liegen müssen - das halte ich sowieso nicht für das Gelbe vom Ei -, dann in Vorbe- Abgeordnete Sedlacik, PDS: reitung dieses Doppelhaushalts 2003/2004 genau dieses Thema aufzugreifen haben. Ich denke, dann werden noch Erlauben Sie mir, dass ich Ihnen eine Studie überreiche etwas kreativere Gedanken hier im Raum zu diskutieren "Nachhaltige Entwicklung durch kommunale Gebiets- sein als diejenigen, die uns in diesem Antrag vorgestellt reform", ganz konkret auf die Verwaltungsgemeinschaft worden sind. zugeschnitten, der unsere Stadt angehört? Und ich würde Sie gern zu einer Gesprächsrunde zu uns einladen. (Beifall bei der CDU) Köckert, Innenminister: Vizepräsidentin Dr. Klaubert: Ich finde das bemerkenswert, nehme diese Studie dan- Frau Abgeordnete Sedlacik, eine Redemeldung oder eine kend entgegen, wenn Sie mir erlauben, dass ich das den Anfrage? Eine Anfrage an den Innenminister. Sie gestat- Mitgliedern des Innenausschusses zur Verfügung stellen ten es? kann, damit wir auf gleichem Wissensstand sind, dann ist das sehr hervorragend. Vielen herzlichen Dank. Abgeordnete Sedlacik, PDS: (Beifall bei der PDS) Herr Innenminister, glauben Sie mir, dass einige Kom- munen schon weiter sind, als Sie ihnen das zutrauen? Vizepräsidentin Dr. Klaubert:

Ich komme jetzt dazu, doch die Aussprache zu schließen. Es ist der Antrag gestellt worden, den Antrag an den Innen- ausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3685 ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegen- darf zumindest die jungen und jüngeren - Herr Seela, wo stimmen. Danke schön. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist er, Herr Seela - Mitglieder der CDU ist nicht der Fall. Mit einer Mehrheit von Neinstimmen ist die Ausschussüberweisung an den Innenausschuss ab- (Zwischenruf Dr. Pietzsch, Minister für gelehnt. Soziales, Familie und Gesundheit: Jetzt könnten Sie mich auch mal nennen.) Damit kommen wir zur Abstimmung unmittelbar über den Antrag in der Drucksache 3/1624. Wer diesem Antrag im Landesjugendhilfeausschuss - wie bitte - gesehen wor- zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke den ist. Ich hoffe, dass im folgenden Bericht auf diese Emp- schön. Die Gegenstimmen bitte. Danke schön. Und die fehlungen und Anforderungen des Landesjugendhilfeaus- Stimmenthaltungen. Danke schön. Mit einer Mehrheit von schusses sehr genau eingegangen wird, ebenso auf die wei- Gegenstimmen, einigen Jastimmen und einigen Enthal- teren Punkte, die an dieser Stelle nur stichpunktartig ge- tungen ist der Antrag abgelehnt. nannt werden sollen, nämlich eine stärkere Berücksichti- gung von Jugendhilfeinteressen und Kompetenzen in Ar- Ich schließe den Tagesordnungspunkt 14 und komme zum beitsmarktfragen, ein Ausbau der Schulsozialarbeit und Aufruf des Tagesordnungspunkts 15 den Auftrag an das Landesjugendamt, den Einsatz sons- tiger Maßnahmen im Rahmen der Jugendberufshilfe in Ausbildungssituation in Thüringen und seiner Prozess- und Ergebnisqualität wissenschaftlich zu Verringerung der Jugendarbeitslosigkeit untersuchen. Antrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/1625 - In diesem Zusammenhang wünsche ich natürlich ein State- ment der hier eigentlich drei zuständigen Ministerien, denn Die antragstellende Fraktion hat die Begründung durch die ministeriumsübergreifende Sicht ist dringend geboten. den Abgeordneten Huster beantragt. Dafür spricht, meine Damen und Herren, auch die Erfah- rung mit dem vorliegenden Antrag, dem ein gewisser Abgeordneter Huster, PDS: pädagogischer Nutzen nicht abgesprochen werden kann.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, (Beifall bei der PDS) die Lage auf dem Ausbildungsstellenmarkt in Thüringen ist wie jedes Jahr angespannt. Zwar geht die Bewerberzahl Ich habe ja nur am Rande mitbekommen, wie groß die mittlerweile leicht zurück, allerdings auch die Zahl bis- Orientierungslosigkeit war, sich von Ministeriumsseite den her gemeldeter Ausbildungsstellen. Im Jahr 1999, also zum erwähnten Beschluss des Landesjugendhilfeausschusses Erhebungszeitraum Mai, lag diese Zahl noch bei 14.700 zu besorgen, insofern ist unser Antrag auch pädagogisch. Stellen, im Jahr 2000 zum gleichen Zeitpunkt bei 14.200, Herr Pietzsch wird mir zustimmen, es ist manchmal gar also ein Rückgang um 500 Stellen, und zum jetzigen Zeit- nicht so einfach, andere Ministerien wenigstens für Grund- punkt, 2001 im Mai, bei 13.300 Stellen. Es deutet alles begriffe der Jugendhilfe zu sensibilisieren. darauf hin, dass es wiederum nicht gelingen wird, alle Ju- gendlichen im September quantitativ und qualitativ hoch- (Zwischenruf aus der CDU-Fraktion: Zur wertig zu vermitteln, geschweige denn mit einer betrieb- Sache.) lichen Ausbildung. So weit, so gut. Zur Sache: In der Vergangenheit haben Der zweite Teil des Antrags zielt auf die Berichterstattung Sie die Situation auf dem Ausbildungsstellenmarkt und zur Umsetzung des Beschlusses des Landesjugendhilfe- die Jugendarbeitslosigkeit in Thüringen immer beschönigt, ausschusses vom 14. Mai. Darin wird unter anderem ge- Evaluierungen abgelehnt mit der Begründung, dass Sie fordert, dass Alternativen zu den dort genannten abwan- das eh schon tun. Hier liegen nun entsprechende Impulse derungsfördernden Instrumenten, wie beispielsweise der vor, nicht von der PDS, sondern eigentlich aus dem Lan- Mobilitätshilfe im Rahmen des JUMP, entwickelt werden desjugendhilfeausschuss, von den Experten transportiert. sollen. Weiter wird gefordert, dass das landeseigene Pro- Ich hoffe, dass Sie sich einen Kopf gemacht haben und hier gramm JET, Jobeinstieg in Thüringen, deutlich aufzusto- Vorschläge darstellen. Insofern freue ich mich auf Ihren cken ist. Das Ziel, das damit verbunden ist, ist klar, der er- Bericht. Danke schön. wartete Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit in den Sommer- monaten soll verhindert werden. Wir haben im Januar 2001, (Beifall bei der PDS) und deshalb zwei Zahlen zum Hintergrund, eine neue Re- kordarbeitslosigkeit unter Jugendlichen in Thüringen ge- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: habt und wir erwarten in diesem Sommer 8.000 Jugendli- che, die versuchen, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, Den Bericht für die Landesregierung wird Staatssekretär davon die Hälfte aus außerbetrieblicher Ausbildung. Ich Richwien geben. denke, meine Damen und Herren, den Handlungsbedarf sehen Sie auch. Ich bin froh, dass dieser Handlungsbe- 3686 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

Richwien, Staatssekretär: gemeldet, das sind 777 oder 5,7 Prozent weniger.

Vielen Dank. Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Da- Zur Orientierung, meine Damen und Herren, im Durch- men und Herren, die Versorgung der Jugendlichen mit Aus- schnitt der neuen Länder wird ein Rückgang um 6,7 Pro- bildungsstellen und die Verringerung der Jugendarbeitslo- zent ausgewiesen. Hierbei ist das betriebliche Ausbildungs- sigkeit sind zentrale politische Anliegen der Landesre- platzangebot in allen Kammerbereichen, selbst in Industrie gierung. Wir begrüßen deshalb auch jede Initiative und und Handel im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. jede Maßnahme, die zur Verbesserung der Situation bei- Am stärksten rückläufig sind die Zahlen allerdings nach trägt, so auch den Inhalt der Beschlüsse des Landesju- wie vor im Handwerk. Die noch immer andauernde schwie- gendhilfeausschusses. Der Landesjugendhilfeausschuss rige wirtschaftliche Situation, vor allem im Bau- und Aus- hat nun entsprechend seinem gesetzlichen Auftrag nach baugewerbe, hat direkte Auswirkungen auf die Ausbil- § 13 SGB VIII in Verbindung mit § 19 des Thüringer dungsbereitschaft der Handwerksbetriebe. Kinder- und Jugendhilfeausführungsgesetzes auf die nach wie vor schwierige und angespannte Situation sowohl auf Trotz positiver Entwicklung in den letzten Jahren ist das dem Ausbildungsstellenmarkt als auch bei der Bekämp- Angebot an Ausbildungsplätzen auch in den neuen Berufen fung der Jugendarbeitslosigkeit hingewiesen. Dieser am nicht ausreichend. Wie im Vorjahr sind etwa 6,5 Pro- 14.05.2001 gefasste Beschluss nennt auch weitere Möglich- zent aller gemeldeten Ausbildungsstellen Ausbildung in keiten und Maßnahmen zur Verbesserung der Lage auf neuen Berufen. Das Interesse der Bewerber an den in den dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt. letzten Jahren neu konzipierten Berufen nimmt hingegen zu, gegenwärtig 10,8 Prozent der Bewerber gegenüber Bevor ich auf die schon eingeleiteten und die beabsich- 8 Prozent im Vorjahr streben sie an. tigten Maßnahmen der Umsetzung dieses Beschlusses des Landesjugendhilfeausschusses eingehe, möchte ich Meine Damen und Herren, man muss aber auch dagegen- zum Punkt 1 des Antrags der PDS Stellung nehmen und halten, dass es trotz des Bewerberüberschusses auch Aus- kurz zur aktuellen Ausbildungssituation in Thüringen bildungsberufe gibt, in denen das Angebot deutlich größer berichten. als die Nachfrage ist. Ich will Ihnen einige Bereiche nennen: In der Landwirtschaft sind 155 Plätze angebo- In Thüringen sind die Probleme der Versorgung der Ju- ten für 101 Bewerber, im Fleischerberuf gibt es 164 Plätze gendlichen mit Ausbildungsplätzen etwa vergleichbar mit auf 104 Bewerber, Fachkräfte im Nahrungsmittelhandel den vergangenen Jahren. Wir haben nach wie vor eine 282 Plätze - 112 Bewerber, Fachkräfte für Lagerwirtschaft schwierige Situation und Entwicklung. In allen Thürin- 111 Plätze - 69 Bewerber sowie Gebäudereiniger 48 Plätze ger Regionen bedarf es deshalb bis zum Ende des Aus- - 10 Bewerber, Glaser 29 Plätze - 19 Bewerber, Beton- und bildungsjahres noch enormer Anstrengungen, den Thürin- Stahlbetonbauer 62 Plätze - 31 Bewerber, Kaufmann im ger Jugendlichen berufliche Perspektiven, insbesondere in Groß- und Außenhandel 249 Plätze - 185 Bewerber und zukunftsträchtigen betrieblichen Ausbildungsplätzen zu Versicherungskaufmann 136 Plätze und 96 Bewerber. Da- eröffnen. Nach der Statistik der Arbeitsämter steht aller- runter sind erstaunlicherweise auch so moderne Berufe, wie dings derzeit einer im Vergleich zum Vorjahr um 4,7 Pro- Verfahrensmechaniker in Kunststoff- und Kautschuktech- zent geringeren Bewerbernachfrage auch ein deutlich nied- nologie, da haben wir 144 Plätze und 62 Bewerber, An- rigeres Ausbildungsplatzangebot als im Vorjahr gegenüber. lagenmechaniker 49 Plätze und 27 Bewerber, Konstruk- Im Durchschnitt der neuen Länder wird derzeit ein Bewer- tionsmechaniker 164 Plätze und zurzeit 101 Bewerber, berrückgang von 6,4 Prozent ausgewiesen bei einem Rück- Werkzeugmechaniker 177 Plätze und 128 Bewerber und gang der Ausbildungsstellen um 6,8 Prozent. In absoluten letztens Industrieelektroniker 86 Plätze und 66 Bewerber. Zahlen haben sich bis Ende Mai bei den Thüringer Ar- beitsämtern 30.423 Jugendliche als Bewerber gemeldet. Meine Damen und Herren, positiv ist, dass die Zahl der Damit haben 1.506 Jugendliche weniger als im Vorjahr bisher noch nicht vermittelten Bewerber mit 18.426 im die Arbeitsämter bei der Suche nach einem Ausbildungs- Vorjahresvergleich um 945 bzw. 4,9 Prozent zurückge- platz eingeschaltet. Die Abnahme ist insbesondere auf gangen ist. 5.263 Plätze mehr als im Vorjahr waren noch die leicht rückläufigen Schulabgängerzahlen und auf eine unbesetzt. Dies sind allerdings Zahlen, und das will ich hier verstärkte Nutzung des Ausbildungsstelleninformations- ausdrücklich sagen, vom Monat Mai, die noch nicht ab- systems im Internet zurückzuführen. schließend über die Entwicklung Auskunft geben können. Sie zeigen aber im Vergleich zu den Vorjahreszahlen den Die Anzahl der bis jetzt gemeldeten Ausbildungsstellen Trend der Entwicklung. Wir gehen infolge dessen davon liegt bei 13.308 Plätzen, das sind 948 Ausbildungsstellen aus, dass wie in den Vorjahren bis zum Ende des Aus- weniger als im Vorjahr. Der Rückgang betraf in erster bildungsjahrs noch viel Bewegung vor allem bei den be- Linie betriebliche Ausbildungsstellen. An den berufsbil- trieblichen Plätzen stattfinden wird. denden Schulen werden zum kommenden Schuljahr für das erste Ausbildungsjahr der verschiedenen Vollzeitaus- Bei allen Bewertungen ist zu beachten, dass die Daten bildungsgänge rd. 12.000 Plätze bereitgehalten. Bis Ende der Berufsberatungsstatistik aus Geschäftsvorfällen der Mai wurden den Arbeitsämtern 12.793 betriebliche Plätze Bundesanstalt für Arbeit gewonnen werden und die In- Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3687 anspruchnahme der Dienste der Berufsberatung durch Be- Wie in den Vorjahren ist ein gemeinsames Handeln aller triebe und Jugendliche freiwillig ist. Gleichzeitig ist bei Beteiligten gefragt. Alle Aktivitäten im Handlungskonzept der Bewertung der Situation davon auszugehen, dass sich der Arbeitsgruppe "Thüringer Ausbildungsinitiative" in die Jugendlichen und Betriebe wie in den vergangenen Form der themenbezogenen Initiativen und Maßnahmen Jahren am regulären Beginn der Ausbildung im August sind deshalb vordergründig auf die Erhöhung des betriebli- und September orientieren und sich häufig erst spät für chen Ausbildungsstellenangebots und auf eine bessere Be- die einzelnen Bereiche entscheiden. rufsorientierung der Jugendlichen gerichtet.

Die Bewerber lassen sich aufgrund der nach wie vor an- Es sind folgende Vereinbarungen vorbereitet und auf Fach- gespannten Situation sehr frühzeitig von den Berufsbe- ebene bereits abgestimmt: ratungen der Arbeitsämter registrieren. Ein großer Teil der betrieblichen Plätze wird dagegen oftmals erst sehr spät - Vereinbarung zur Weiterentwicklung der Berufswahl- im laufenden Ausbildungsjahr gemeldet. Außerdem ist zu vorbereitung und Berufsorientierung und stärkere Aus- berücksichtigen, dass nach gesicherten Erfahrungswer- richtung an der Fachkräftenachfrage, ten nur etwa 70 Prozent der bei den Arbeitsämtern gemel- deten Bewerber bis Ende September tatsächlich Interes- - Vereinbarung zur Weiterentwicklung der Ausbildungs- senten für eine betriebliche Ausbildung sind. Deshalb ist die verbände, Lücke zwischen Bewerbern und Ausbildungsstellen im Frühjahr zwangsläufig noch sehr groß. Sie nimmt erst am - Vereinbarung zur Neuorientierung und Erweiterung Ende des Ausbildungsjahrs deutlich ab. Bis zum Ende des des Angebots berufsvorbereitender Maßnahmen, Ausbildungsjahrs rechnen wir voraussichtlich mit rund 35.500 Bewerbern für Ausbildungsplätze, etwa 1.500 Ju- - Vereinbarung zur Weiterentwicklung der überbetrieb- gendliche weniger als im Vorjahr. lichen Ergänzungsausbildung im Handwerk, Entwicklung der Berufsbildungszentren des Handwerks zu Kompe- Um jedem ausbildungswilligen Jugendlichen ein entspre- tenzzentren, chendes Ausbildungsangebot offerieren zu können, sind noch erhebliche Anstrengungen aller an der Berufsaus- - Empfehlung des Landesausschusses für Berufsbildung bildung Beteiligten notwendig. Die Wirtschaft ist gefordert, zur Zertifizierung von Teilqualifikationen für Jugendli- den Jugendlichen ein ausreichendes betriebliches Ausbil- che ohne Ausbildungsabschluss. dungsangebot bereitzustellen, um dem benötigten Fach- kräftebedarf, vor allem auch in den zukunftsorientierten Dieses Thema wurde, wie in der Arbeitsgruppe "Ausbil- Bereichen, insbesondere durch die Erstausbildung, zu be- dungsinitiative" vereinbart, durch den Landesausschuss gegnen. für Berufsbildung diskutiert. In der letzten Beratung des Landesausschusses wurde eine gemeinsame Empfehlung, Flankierende Fördermaßnahmen sind weiterhin eine unter- die sich an die zuständigen Stellen nach dem Berufsbil- stützende Hilfe. Das TMWAI setzt die Förderprogramme, dungsgesetz richtet, verabschiedet. Parallel zu diesen Ver- das will ich hier an dieser Stelle sagen, fort. Hervorhe- einbarungen finden auch in diesem Jahr Berufsinforma- ben möchte ich die Förderung der Ausbildungsverbünde tions- und Ausbildungsmessen der Arbeitsämter, der Kam- und der überbetrieblichen Lehrunterweisung im Hand- mern, der Verbände etc. statt. So wird am Samstag, dem werk. Wir treffen derzeit Vereinbarungen, damit diese 23. Juni 2001, die 4. Thüringer Ausbildungsbörse unter Ausbildung in zukunftsorientierten Berufen verstärkt wird der Schirmherrschaft von Ministerpräsident Dr. Bernhard und Zusatzqualifikationen in den Lehrgängen angeboten Vogel im Foyer der Messehalle Erfurt eröffnet. Ziel die- werden. Sonderprogramme sind aufgrund des nicht aus- ser Börse ist neben einer umfassenden Information die Be- reichenden betrieblichen Angebots auch in diesem Jahr, reitstellung weiterer Ausbildungsplätze durch die Unter- glaube ich, erforderlich. nehmen und Institutionen. Ich möchte an dieser Stelle unse- re Jugendlichen und die Eltern und die Betriebe natürlich Das vom Bund und den Ländern finanzierte Ausbildungs- animieren, dieses Forum zu nutzen und dort hinzugehen programm Ost wird mit einem Umfang von insgesamt und sich zu informieren, welche Möglichkeiten bestehen. 16.000 Plätzen am 30. 03. 2001 unterzeichnet. Thüringen erhält 1.919 Plätze. Die bisher bewährte wirtschaftsnahe Meine Damen und Herren, nun zum Stand der Umsetzung Förderung überbetrieblicher Plätze bei Ausbildungsver- der Maßnahmen des Beschlusses des Landesjugendhilfe- bünden und Bildungseinrichtungen der Kammern wird ausschusses. Das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, fortgesetzt. Die Verteilung der 1.919 Plätze auf die Thürin- Arbeit und Infrastruktur wird gemeinsam mit dem Thü- ger Kammerbezirke erfolgte bereits am 6. Juni 2001. Die ringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit Plätze wurden hierbei entsprechend der aktuellen Ausbil- sowie den anderen beteiligten Institutionen die Umsetzung dungsstellensituation auf die einzelnen Regionen aufge- weiterer Maßnahmen im Sinne der gefassten Beschlüsse teilt. Der Maßnahmebeginn wird der 1. September 2001 prüfen. Dies betrifft insbesondere vorstellbare Alternati- sein. ven zum Einsatz der Mobilitätshilfen, um zu vermeiden, dass es durch sie zum Verlust qualifizierter Fachkräfte 3688 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 kommt. Dafür ist meines Erachtens neben einem qualifiziert des Operationellen Programms des ESF für den Zeitraum hochwertigen Ausbildungs- und Bildungsangebot eine 2000 bis 2006 am 21. März 2001 hat Herr Minister marktgerechte Entlohnung von Fachkräften notwendig. Schuster angekündigt, die Förderung zu erweitern, um einer noch größeren Anzahl von Jugendlichen eine Inte- (Beifall Abg. B. Wolf, CDU) gration in Arbeitsplätze zu ermöglichen. Seit dem 1. Okto- ber 2000 wurden 65 Anträge für insgesamt 1.875 Teilneh- Auch müssen die Unternehmen junge Leute durch Prak- mer gestellt, die bis zum 25. Juni in entsprechende Maß- tika, Stipendien und vergleichbar wirksame Angebote stär- nahmen eintreten werden. Dabei wird eine Bindung von ker an sich binden. Nicht zuletzt sind die Rahmenbedin- Fördermitteln des Europäischen Sozialfonds in Höhe von gungen, das heißt Infrastruktur, Wohnungsangebot und mehr als 54 Mio. DM für den Zeitraum 1. Oktober 2000 bis Freizeitwert, wichtige Faktoren. Das Thüringer Ministe- 31. März 2003 vorgenommen. Die Höhe der ergänzend rium für Soziales, Familie und Gesundheit beabsichtigt, einzusetzenden Landesmittel ist von den Lohnkostenzu- eine Regelung zur Kooperationsverpflichtung mit der Ju- schüssen abhängig, die die Arbeitsämter nach dem SGB III gendhilfe bei der anstehenden Novellierung des SGB III bzw. im Rahmen des Sofortprogramms "JUMP" der Bun- vorzuschlagen. Das TMWAI wird dieses Anliegen bei den desregierung bewilligen. Beratungen zur Abstimmung zur Reform des SGB III unterstützen. Meine Damen und Herren, ich gehe davon aus, dass im Laufe dieses Jahres eine Größenordnung von 2.000 Teil- (Beifall bei der CDU) nehmern erreicht wird, die nach einer Vorlaufphase in den Maßnahmen in zusätzliche Arbeitsplätze in der Wirtschaft Außerdem hat das TMWAI Vertreter der Jugendhilfe be- gelangen und dass die Förderung auch in dieser Größen- reits aktiv in die Arbeitsgruppen zur Umsetzung des Euro- ordnung weitergeführt werden kann. Ich habe damit, glaube päischen Sozialfonds eingebunden und deren Forderung ich, zum Punkt 1 des Antrags der PDS berichtet, Darstel- hinsichtlich neuer Strategien zur Integration arbeitsloser lungen zum Punkt 2 erübrigen sich insofern, als eine Er- Jugendlicher durch die Entwicklung zielgruppenorientierter weiterung des Projekts JET auf 2.000 Förderplätze von und bedarfsgerechter Fördermaßnahmen aufgegriffen. der Landesregierung bereits vorgesehen ist und in abseh- barer Zeit verwirklicht sein wird. Vielen Dank. An den Thüringer Schulen gibt es eine Fülle von Maßnah- men, die zur Ausbildungsfähigkeit beitragen. Die Berufs- (Beifall bei der CDU, PDS) wahlvorbereitung ist ein fester Bestandteil des Unterrichts an der Regelschule. Hinzu kommen vielfältige Projekte, Vizepräsidentin Dr. Klaubert: von denen ich besonders "Trendshop" und "Inprax" mit intensivem Praxiserleben für Schüler, Lehrer und Unter- Möchte eine Fraktion die Aussprache zu diesem Bericht nehmer hervorheben möchte. zu Punkt 1 des Antrags beantragen? Die PDS-Fraktion?

Im Rahmen der Berufsvorbereitung wurde das Modellpro- Abgeordnete Nitzpon, PDS: jekt "Impuls" im Jahre 2000 erfolgreich gestartet. Derzeit befinden sich 910 Thüringer Jugendliche ohne Berufsreife Ja, die PDS-Fraktion beantragt die Aussprache. in diesen Maßnahmen. Die Fortsetzung dieses Projekts wird im Schuljahr 2000/2001 mit über 1.000 Teilneh- Vizepräsidentin Dr. Klaubert: mern erfolgen. Der Freistaat Thüringen unterstützt auch die sozialpädagogische Arbeit an den Berufsschulen für Dann kommen wir jetzt zur Aussprache über den Bericht die sozial benachteiligten und individuell beeinträchtig- und über den Punkt 2 des Antrags. Zunächst hat sich Frau ten Jugendlichen im Prozess der beruflichen Integration. Abgeordnete Pelke, SPD-Fraktion, zu Wort gemeldet. Derzeit werden 16 Maßnahmen mit einer Laufzeit bis zum 31.12.2002 und einem Nettovolumen von über 7 Mio. DM Abgeordnete Pelke, SPD: bewilligt. Derzeit prüft das TMWAI in Abstimmung mit dem Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Ge- Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, zunächst erst sundheit, inwieweit durch den Einsatz von ESF-Mitteln der einmal ein herzliches Dankeschön für diesen umfang- Ausbau berufsbezogener Schulsozialarbeit möglich ist. reichen Bericht, der viele Daten, Fakten und vieles, was uns bevorsteht, benannt hat. Ich meine das ganz ehrlich (Beifall bei der CDU) als Dankeschön, und ich hoffe, dass wir in absehbarer Zeit auch noch einmal einen Bericht bekommen, sehr Meine Damen und Herren, "Erweiterung des Programms geehrter Herr Staatssekretär, wie denn die Umsetzung, JET zur Verringerung der Jugendarbeitslosigkeit in Thü- insbesondere auch die ministerielle Zusammenarbeit funk- ringen" könnte man die nächste Überschrift wählen. JET ist tioniert hat, denn ich denke, gerade an Vernetzung und kein eigenständiges Programm, sondern umfasst Projekte Verknüpfung hat es oftmals hier gerade in dieser Frage auf der Basis der Qualifizierungsrichtlinie des ESF. Be- gehangen. reits anlässlich der Eröffnungsveranstaltung zur Umsetzung Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3689

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Zahlen be- beitslosigkeit und Arbeitslosigkeit langfristig hier in Thü- legen, dass es immer noch ein Problem ist, in Thüringen ringen verhindern will, muss auf allen Ebenen eintreten, eine betriebliche Ausbildungsstelle zu bekommen. Die sei es in Gesprächen mit der Wirtschaft, sei es im politi- Zahlen der betrieblichen Ausbildungsplätze sind rückläu- schen Bereich, dass hier langfristig bzw. mittelfristig eine fig. Nach wie vor ist die öffentliche Hand gefordert, Unter- marktgerechte Entlohnung notwendig ist. stützung zu gewähren. Ich sage Ihnen auch ganz deut- lich, wer hier in Thüringen von Familien- und Jugendpo- (Beifall bei der PDS, SPD) litik redet, der muss natürlich auch dafür Sorge tragen, dass vernünftige Rahmenbedingungen bei Ausbildung und Be- Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen ganz deutlich, ruf geschaffen werden. Das Thüringer Handwerk hat, denke wer mit Jugendlichen spricht, sei es bei Veranstaltungen ich, auch in den vergangenen Jahren seinen Beitrag dazu oder sei es in Vorbereitung von Jugendweiheveranstal- geleistet und wir haben immer gewusst, dass wir das Hand- tungen, wo auch immer, ich will das jetzt gar nicht in werk nicht überstrapazieren können. Das heißt, es ist not- eine Richtung festlegen, der wird wissen, dass viele junge wendig und bereits ausgeführt worden, dass Ausbildungs- Leute sagen, wir gehen weg, weil wir erstens anderenorts verbünde und auch überbetriebliche Ausbildung weiter zu die Möglichkeit haben zwischen Ausbildungsplätzen in fördern sind. Auch wenn man möglicherweise von der Größenordnungen auszuwählen, und zum Zweiten, weil einen oder anderen Seite darauf wartet, dass aufgrund sie sagen, wir haben anschließend eine Arbeitsplatzsicher- geburtenschwacher Jahrgänge sich das Problem der Aus- heit und wir haben eine bessere Entlohnung. Ich denke, das bildungsnot verändert, man wird immer, und das auch in können wir uns für die Zukunft nicht leisten, insofern, den nächsten Jahren, mit benachteiligten Jugendlichen zu glaube ich, auch ein Appell an die Landesregierung, hier arbeiten haben. Deswegen ist es ganz wichtig, dass Wirt- weiter mit tätig zu werden. schaftsministerium und Sozialministerium hier an die- sem Punkt zusammenarbeiten, um auch in Zukunft zu ge- Insofern, meine Damen und Herren, dem Antrag der währleisten, dass speziell für benachteiligte Jugendliche PDS-Fraktion ist an diesen Punkten nichts hinzuzufü- Ausbildung in ausreichendem Maße vorhanden ist. gen, sondern der Bericht ist gegeben. Und die Forde- rung, dass im Programm JET - selbstverständlich kein Wenn über den Punkt engere Zusammenarbeit zwischen eigenständiges Programm - die Zahl erhöht werden muss, Sozialministerium und Wirtschaftsministerium geredet freut mich, dass jetzt mittlerweile das Wirtschaftsminis- wird, würde ich mir auch eine noch engere Zusammen- terium diese Erhöhung der Anzahl der Stellen auch sieht. arbeit zwischen Kultusministerium und Wirtschaftsminis- Wir haben das bei der Diskussion seinerzeit schon deut- terium wünschen, weil genau die Punkte, die der Staats- lich gemacht. Wenn es denn jetzt umgesetzt wird, dann sekretär angesprochen hat, die Vernetzung zwischen Schule freuen wir uns darüber, weil die Frage, um Erstgeburts- und Praxis, sich nicht nur allein auf die Inanspruchnahme rechte zu diskutieren, an diesem Punkt nicht notwendig ist. von Berufsberatung begrenzen kann. Ich glaube, an diesem Umso schöner ist es, dass Sie die Programme, die vorher Punkt, meine Damen und Herren, ist noch eine ganze Men- gut gelaufen sind, umbenannt haben, damit es dann ein ge zu tun. Ich will auch bei dieser Gelegenheit noch ein- bisschen persönlichen Charakter bekommt, was diese Lan- mal darauf verweisen, dass die Arbeitslosigkeit, und das desregierung unter politischen Aspekten angeht, nun gut, ist im Antrag der PDS beschrieben, die Jugendarbeitslo- dann sei es so. Wenn man aus JANA und JOB dann eben sigkeit auch hier in Thüringen noch bei weitem höher einen JET macht, dann soll es uns auch nicht ärgern an die- liegen würde, hätte nicht die Bundesregierung noch ent- sem Punkt, sondern wir hoffen und wünschen, dass diese sprechende Mittel für die Unterstützung im Rahmen von Programme dann auch entsprechend weiter fortgeführt Programmen zur Verfügung gestellt. Ich denke auch an werden. Ich sage Ihnen auch ganz offen, wenn es not- dieser Stelle, dass die Bundesregierung sich dieser Wichtig- wendig sein wird, hier noch mehr Mittel zu investieren, keit der Aufgabe bewusst ist und auch in Zukunft, zumin- an diesem Punkt haben Sie gern die Unterstützung der dest ist das sehr deutlich gesagt worden, hierfür Mittel SPD-Fraktion. Danke schön. zur Verfügung stellen wird. Insofern, denke ich einmal, es gibt viele Dinge, die angesprochen worden sind, Ausbil- (Beifall bei der SPD) dungsbörsen, Ausbildungsveranstaltungen, all das ist not- wendig, aber ich glaube, viel wichtiger ist die Vernetzung Vizepräsidentin Dr. Klaubert: zwischen Wirtschaft, zwischen Politik und denen, die hier Verantwortung tragen. Ich würde mir weit darüber hinaus Für die CDU-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Wacker- die praxisorientierte Schulausbildung noch viel intensiver nagel zu Wort gemeldet. wünschen. Sie hatten vorhin auch Praktika angesprochen. Abgeordnete Wackernagel, CDU: Der Punkt, bei dem ich Ihnen sehr dankbar bin, Herr Staatssekretär, dass Sie sehr deutlich gemacht haben, weil Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, oftmals ja die Oppositionsparteien belächelt werden, wenn die Landesregierung hat schon in ausreichendem Umfang wir über die Frage von marktgerechter Entlohnung reden, über die Ausbildungssituation in Thüringen berichtet. aber ich denke, genau das ist der Punkt. Wer Jugendar- 3690 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

(Beifall bei der CDU) stellen ist der Anteil derjenigen, die in den ersten drei Monaten die Maßnahme abbrechen, enorm hoch. Hier Aber dennoch möchte ich einige Anmerkungen machen. sollte genau überprüft werden, ob mit den Maßnahmen Ausbildung, insbesondere die betriebliche Ausbildung, ist die richtige Zielgruppe erreicht wird und welche Maß- nämlich im ureigensten Sinne unserer Betriebe. Unsere nahmen auch wirklich in die richtige Richtung gehen. Betriebe sind nur wettbewerbsfähig, wenn sie ausbilden und sie können sich auch nur so am Markt erhalten. Die Meine Damen und Herren, angesichts der hohen Kosten Nutzung unserer Bildungsressourcen sichert das Über- von 2 Mrd. DM pro Jahr und der damit erzielten Ergeb- leben der Betriebe an unserem Standort, aber auch das nisse muss die Effizienz der Maßnahmen angezweifelt Bestehen unserer Gesellschaft. Das heißt, dass die Wirt- werden. Die Entscheidung, das Programm bis 2003 fort- schaftsentwicklung abhängig ist von gut ausgebildeten zuführen und die erfolgreichen Elemente ab 2004 in das Menschen. Was wird getan und welche Trends lassen sich SGB III zu übernehmen, heißt gleichzeitig, dass die nicht im Wirtschaftsraum Thüringen in der Ausbildung beob- erfolgreichen Maßnahmen ebenfalls zumindest, so sage achten? ich, bis Ende 2003 weitergeführt werden sollen. Besser wäre es, die sinnvollen Elemente bereits ab 2002 in das Drei Monate vor dem allgemeinen Ausbildungsbeginn Sozialgesetzbuch III aufzunehmen und die weniger sinn- zeichnet sich deutlich ab, dass die Zahl der Lehrstellen- vollen sofort einzustellen. suchenden abnimmt. Dies verbessert zunächst die Chan- cen der Jugendlichen auf einen betrieblichen Ausbildungs- Meine Damen und Herren, wir wissen alle, dass jetzt die platz. Trotz alledem, die Abnahme der Bewerberinnen und Zahlen zum Ausbildungsmarkt noch nicht aussagekräftig Bewerber hängt mit der demographischen Entwicklung sind. Das Berufsberatungsjahr ist mitten im Gang. Gerade zusammen. Der Trend wird in den Folgejahren so blei- in den nächsten Monaten werden noch viele Ausbildungs- ben und er wird sich noch verschärfen. Das heißt, jetzt stellen angeboten. Wir schließen aber auch nicht die Augen ausbilden, so lange genügend Bewerber zur Verfügung ste- davor, dass die Situation auf dem Ausbildungsmarkt in hen, damit gut ausgebildete Fachkräfte an Stelle derer treten Thüringen auch in diesem Jahr sehr angespannt ist. Aber können, die dann in Rente gehen. Gleichwohl, und da un- die Vergangenheit hat uns auch bewiesen, dass es uns terscheidet sich das Jahr 2001 nicht von den Vorjahren, ist gerade in Thüringen gelungen ist, dass zum Ende des Be- der Thüringer Ausbildungsstellenmarkt von geringfügig re- rufsberatungsjahres fast alle Jugendlichen in eine Ausbil- gionalen Abweichungen geprägt. Der wirtschaftlichen Ent- dung gebracht werden konnten. Auch in diesem Jahr ste- wicklung und dem Beschäftigungsrückgang im Baugewer- hen wir nicht am Nullpunkt. Aktivitäten laufen auf Hoch- be, meine Damen und Herren, ist es geschuldet, dass diese touren. Dies gilt sowohl für Akteure vor Ort, die Wirtschaft Branche weniger Ausbildungsplätze bringt. Wir haben und die Regierung, meine Damen und Herren. Noch gibt es schon vom Staatssekretär Näheres dazu gehört. Ich fasse keine Zeugnisse. In diesem Zusammenhang möchte ich mich hier kurz. Aber dennoch möchte ich einen Hinweis auch an die Jugendlichen appellieren, ihren Beitrag zu leis- geben auf Branchen, in denen Ausbildungsstellen ange- ten. Die wichtigste Voraussetzung ist, den Schulabschluss boten werden, für die sich keine Bewerber finden. Hier zu schaffen, aber diesen möglichst gut. Es wird immer möchte ich noch einmal darauf eingehen. Ein Beispiel aus schwieriger werden, diejenigen in das Berufsleben zu inte- der Landwirtschaft, was mir sehr am Herzen liegt, weil ich grieren, die ihre Schulausbildung abbrechen bzw. keinen ja auch in dem Bereich tätig bin und wirklich dazu auf- Abschluss erreichen. rufen möchte die Unternehmen, dass die Beachtung nur in der Wirtschaft liegt bei der Ausbildung und nicht in der Noch einen Satz zur Jugendarbeitslosigkeit. Ich möchte Landwirtschaft. Denn die von den Landwirtschaftsbetrie- der Landesregierung dafür danken, dass sie im letzten Jahr ben bereit gestellten Ausbildungsplätze werden voraus- auf die zweite Schwellenproblematik mit dem JET-Pro- sichtlich nicht alle besetzt. Die Landwirtschaftsberufe sind gramm reagiert hat. nur ein Beispiel. Es gibt noch andere. Deshalb ist es not- wendig, die Jugendlichen frühzeitig auf die Berufe hin- (Beifall bei der CDU) zuweisen, für die es erfahrungsgemäß nicht genügend Bewerber gibt. Man kann auch nicht erwarten, dass ein Ju- Es hat sich gezeigt, dass das Programm gut angenommen gendlicher bei jedem Beruf von der Berufsbezeichnung wurde und bereits mehr als die genannten 1.200 Plätze zur her auf die konkrete spätere Tätigkeit schließen kann. Hier Verfügung stehen. Dies hat mit dazu beigetragen, dass Thü- muss informiert und Interesse geweckt werden. ringen im Vergleich der neuen Länder die geringste Ar- beitslosenquote der Jugendlichen unter 25 Jahre hatte. Meine Damen und Herren, es sind Taten gefordert, statt Mancher Jugendliche wird auch eine Ausbildung außer- zu jammern. Die Hausaufgaben für die Unternehmen sind halb Thüringens aufnehmen. Aber ich bin dennoch davon gestellt, jetzt müssen sie nur noch erledigt werden. Der überzeugt, dass viele nach dieser Ausbildung wieder nach Nachweis, dass das Sofortprogramm zur Bekämpfung der Thüringen zurückkommen werden. Es muss jede Möglich- Jugendarbeitslosigkeit erfolgreich war, steht noch aus, Frau keit genutzt werden, unsere leistungsstarken Fachkräfte in Pelke. Bloße Teilnehmerzahlen können nicht als Beweis Thüringen zu beschäftigen und der Abwanderung entgegen- dienen. Gerade im Bereich der überbetrieblichen Lehr- zutreten. Ich sehe das Berichtsersuchen als erfüllt an. Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3691

(Beifall bei der CDU) chen spezifizieren können. Da erleben wir, dass Herr Wetzel von der IHK hier bei der öffentlichen Anhörung Gleichwohl sollten wir uns im Herbst erneut mit der Aus- der CDU zur Wirtschaftsförderung in Thüringen sehr genau bildungssituation befassen. Die Überweisung des Antrags sagt, dass im Prinzip die Thüringer Industrie jedes Jahr an den Ausschuss und die Befassung im August sehe ich 5.000 Leute braucht und er stellt fest, dass in diesem Jahr, nicht als sinnvoll an. im nächsten Jahr nur 1.300 junge Leute Industrieberufe auslernen, also ein Defizit von über 3.000 und dann fra- (Beifall bei der CDU) ge ich mich schon, wer hier eigentlich Forderungen stellt und wer hier eigentlich Forderungen zu erfüllen hat. Da, Vizepräsidentin Dr. Klaubert: denke ich, sind wir nicht so weit auseinander, dass das Aufgabe der Wirtschaft ist. Für die PDS-Fraktion hat sich der Abgeordnete Huster zu Wort gemeldet. (Beifall Abg. Nitzpon, PDS)

Abgeordneter Huster, PDS: In dem Zusammenhang ein zweites Beispiel: Ich kann überhaupt nicht verstehen, dass alle Welt davon redet, dass Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Her- wir in Thüringen einen Fachkräftemangel in Metall- und ren, Sie wissen, dass die PDS in der Vergangenheit zur Elektroberufen haben. Wenn ich dann auf die Ausbildungs- Finanzierung der Berufsausbildung grundsätzlich andere statistik sehe und sehe, wie viel Ausbildungsplätze tatsäch- Modelle gefordert hatte. Das ist auch nach wie vor so. lich angeboten werden, dann ist da ein deutlicher Rück- Ich möchte allerdings an dieser Stelle denjenigen dan- gang an Ausbildungsplätzen gegenüber den Vorjahren ken, die an der Erarbeitung dieses Berichts gearbeitet erkennbar und das Interesse der Jugendlichen, also die haben. Und ich sage, unter den Möglichkeiten, die Sie Bewerbungen, die sind gestiegen. Das ist dann schon ir- im Moment bereit sind zu gehen, auch versuchen, den gendwie ein Widerspruch, den ich nicht verstehe und das Beschluss des Landesjugendhilfeausschusses umzusetzen, geht ganz klar an die Adresse der Wirtschaft. Herr Staatssekretär, für Ihren Bericht möchte ich mich wirklich bedanken. Ich denke, der war umfassend, er war (Beifall Abg. Nitzpon, PDS) sehr sachlich und Sie machen das ja heute gewisser- maßen in Vertretung. Ich hoffe, dass Sie das Ihrem Chef Letzte Bemerkung zu dem Detailproblem Mobilitätshil- auch übermitteln können und Sie die Fraktion der CDU fen. Was Sie gesagt haben, dass Sie in Umsetzung des Be- auch entsprechend unterstützt, damit wir in Zukunft im- schlusses des Landesjugendhilfeausschusses überlegen, ob mer solche Berichte hören. es Alternativen zu diesen so genannten abwanderungs- fördernden Instrumenten gibt, bin ich sehr einig. Die Er- (Beifall bei der CDU, SPD) wartung, die ich hätte, wir brauchen, glaube ich, ein öffent- liches Signal. Wir brauchen dieses öffentliche Signal auch Ich möchte dennoch zu zwei Detailproblemen, die Sie in Richtung Bundesregierung. Ich will das begründen. Wir auch angesprochen haben, noch Bemerkungen machen. haben am Montag beim Arbeitsamtsgespräch in Gera ge- Ich halte, was gesagt wurde zur Verbesserung der Berufs- hört, dass es geförderte Fälle im Arbeitsamtsbezirk seit Ein- orientierung, für eine ganz wichtige Sache, wo wir keine führung dieses so genannten § 11 a, 16 Fälle im Arbeits- Zeit verlieren sollten; ebenso den Ausbau der Schulsozial- amtsbezirk, gibt und es gibt im Arbeitsamtsbezirk Jena 34 arbeit. Ich denke, dass auch hier darüber nachgedacht wer- geförderte Fälle. Ich sage Ihnen, diese Zahl steht ja doch den muss, an anderen Schularten bedarfsorientiert Schul- in keiner Relation zu der Zahl der Jugendlichen, die tat- sozialarbeit einzuführen und durchzusetzen, weil uns jede sächlich in die alten Bundesländer gehen, ein Großteil geht Mark, die wir in diesen Bereich investieren, zum Schluss doch wirklich in die alten Bundesländer zur Ausbildung nicht viel mehr Geld kostet, wenn man mit den Folgeprob- oder zur Arbeit und nimmt diese Instrumente überhaupt lemen zu tun hat. Und wenn ich Ihnen eine Zahl in die- nicht in Anspruch. Wenn dieser Trend sowieso stattfin- sem Zusammenhang sage, ca. 10.000 Jugendliche Sozial- det, den wir alle bemängeln, aber wo wir wissen, wir kön- hilfeempfänger in Thüringen, davon 50 Prozent ohne Be- nen nicht schnell umkehren, wenn dieser Trend sowieso rufsabschluss, da sehen wir, wo die Folgekosten liegen. stattfindet, halte ich es für eine Bankrotterklärung von Po- Nebenbei, aber das ist die Ressortabgrenzung, die liegen litik, wenn Sie das dann finanziell auch noch unterstützt. dann meist in der Jugendhilfe, aber der Fakt allein ist alar- Insofern würde ich mir wünschen, dass auch die Landes- mierend und deutet darauf hin, dass wir frühzeitig anset- regierung ein deutliches Signal nach Berlin sendet, der zen müssen. Das spricht für eine Verankerung der Schul- Jugendhilfeausschuss unterstützt Sie da sicherlich und sozialarbeit in den anderen Schularten. Einen weiteren sagt, dieser § 11 macht unserer Meinung nach überhaupt Punkt, den ich noch kurz ansprechen möchte, ist das Stich- keinen Sinn und der ist kontraproduktiv. wort "Fachkräfte". Mich wundert schon, und da stehe ich überhaupt nicht im Widerspruch zu dem, was hier ge- sagt worden ist, wie genau derzeit die Vertreter der Thü- ringer Wirtschaft ihre Fachkräftebedarfe für einzelne Bran- 3692 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

Vizepräsidentin Ellenberger: Vizepräsidentin Ellenberger:

Herr Abgeordneter Huster, lassen Sie eine Zwischenfra- Die Redeliste ist erschöpft. Ich schließe die Aussprache ge zu? und wir kommen zur Feststellung, ob das Berichtsersuchen erfüllt ist. Erhebt sich dagegen Widerspruch? Das ist nicht Abgeordneter Huster, PDS: der Fall. Damit kann ich feststellen, das Berichtsersuchen ist erfüllt. Wir kommen zur Abstimmung zu Nummer 2 des Von Herrn Seela gern. Antrags. Irgendwie habe ich in Erinnerung, dass Aus- schussüberweisung beantragt worden ist oder? Abgeordneter Seela, CDU: (Zuruf Abg. Wackernagel, CDU: Nein.) Apropos Arbeitsamtsgespräch am Montag in Gera. Sie wissen, ich habe etwas gegen Tabus. Wie hoch schätzen Dann stimmen wir direkt über die Nummer 2 des Antrags Sie den Anteil arbeitsloser Jugendlicher ein, die überhaupt ab. Wer für den Antrag votieren will, den bitte ich um keine Stelle wollen und warum nennen Sie die Zahl nicht? das Handzeichen. Das sieht aus wie einstimmig. Ich mache vorsichtshalber die Gegenprobe. Wer stimmt dagegen? Abgeordneter Huster, PDS: Stimmenthaltungen? Das war in der Tat einstimmig.

Herr Seela, Sie werden es kaum glauben, auf diese Frage Damit können wir den Tagesordnungspunkt 15 abschließen von Ihnen habe ich wirklich gewartet. Ich habe nun mein und wir kommen zu Tagesordnungspunkt 16 a und 16 b Redemanuskript zur Seite gelegt, aber da steht, glaube ich ein Satz drauf. Sie haben auch die Antwort des Arbeits- a) Auflösung und Neugründung des Thü- amts auf Ihre Frage gehört, wie hoch schätzen Sie die Zahl ringer Landesamtes für Verfassungsschutz der Jugendlichen, die tatsächlich umgangssprachlich nicht Antrag der Fraktion der SPD wollen. Die liegt bei 10 Prozent. Da würde ich einmal sa- - Drucksache 3/1630 - gen, lassen wir doch die Kirche im Dorf, hier geht es da- rum, Grundanliegen zu befriedigen und ich sage Ihnen, b) Behinderung der Abgeordnetenarbeit mit einer Zahl von 10 Prozent, die es hier gibt, muss man durch die "Strafanzeige" des Staatssekre- sich auseinander setzen, aber die hat mit der Statistik ins- tärs im Innenministerium vom 27. Mai gesamt nichts zu tun. Im Übrigen kann man noch disku- 2001 tieren, die 10 Prozent, die wirklich nicht wollen, sind be- Antrag der Fraktion der SPD stimmt auch ein paar unter der Zahl, die ich vorhin gesagt - Drucksache 3/1643 - habe, 10.000 jugendliche Sozialhilfeempfänger, da muss sogar mit dem einen oder anderen über die Jugendhilfe Zur Begründung des erstgenannten Antrags hat Herr Ab- gearbeitet werden, weil die Ursachen andere sind. Ich war- geordneter Pohl das Wort. ne davor, ich sehe das schon ein, dass Sie die Frage stel- len, aus dieser Zahl 10 Prozent auf irgendetwas anderes Abgeordneter Pohl, SPD: zu schließen. Wir sind uns einig, ein Großteil der Jugend- lichen will natürlich sein Leben selbst gestalten und dazu Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, namens gehört auch ein eigener Job und ein eigenes Einkommen. meiner Fraktion möchte ich den Antrag Auflösung und Neugründung des Thüringer Verfassungsschutzes in der (Beifall bei der PDS) Drucksache 3/1630 wie folgt begründen: Es ist für unse- re Fraktion ein nicht nachzuvollziehender Zustand, dass Letzte Bemerkung dazu: Ich denke, in der Kürze der Zeit, das Landesamt für Verfassungsschutz seit ca. einem Jahr, Herr Staatssekretär, haben Sie Andeutungen gemacht, wo und damit auch in der Amtszeit des Herrn Innenministers, Sie auch gemeinsam mit den anderen Ministerien aber nicht aus dem Blickpunkt der Öffentlichkeit gerät, nicht auch mit den anderen Akteuren in Beratung gehen, Vor- positiv, sondern negativ. Mit der damals bekannt gewor- schläge erarbeiten; wir werden die natürlich abfragen, das denen Dienelaffäre und der damit im Zusammenhang ste- ist kein Thema. Ich denke, der Herbst eignet sich dafür henden Suspendierung des damaligen Präsidenten, Herrn auch sehr gut. Und der letzte Satz dazu ist, dass, Frau Pelke Dr. Roewer, hätte der Innenminister die Chance für einen hat das gesagt, die Abstimmung zwischen den Akteuren, kompletten Neuaufbau des Amtes gehabt. Diese Chance denke ich, eine Schlüsselgeschichte dabei ist, weil die Rei- wurde damals vertan. Kaum ein Jahr nach der Affäre wur- bungsverluste, nicht zuletzt Finanzverluste, weil die Ak- de unter anderem durch die öffentliche Enttarnung des teure, die miteinander mit jungen Leuten zu tun haben, damaligen NPD-Landesvorsitzenden Brandt und weitere nicht miteinander harmonieren, die sind noch viel zu groß. Indiskretionen aus dem Landesamt die Geheimhaltung der Ich danke Ihnen. Arbeitsinhalte und Kontakte wieder in Frage gestellt. Direkt wird das auch von Innenminister Köckert in einer Presse- (Beifall bei der PDS, SPD) meldung der STZ vom 06.06. dieses Jahres bestätigt. Das Zitat lautet: "Nach Ansicht Köckert kursieren in der Öf- Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3693 fentlichkeit Informationen, die zum Teil offenbar aus dem gend aufhören. Amt selbst kamen, ein anderer Teil der Informationen stam- me von Personen, die schon seit einiger Zeit nicht mehr (Beifall bei der SPD) im Amt sind." Aber am 22.05. bestreitet der Innenminister gegenüber "Freies Wort" undichte Stellen im Landesamt Wir fordern mit unserem Antrag Klarstellung. Eine Klar- für Verfassungsschutz und die Frage ist natürlich, was stellung dergestalt, dass die Nichtigkeit der Vorwürfe von stimmt nun eigentlich? Informationsflüsse, auch bis in die vornherein erklärt wird und somit die Integrität der Ab- jüngsten Tage hinein, ich denke nur an solche Informa- geordneten nie angetastet war. Dies ist ein Anliegen, hinter tionsflüsse aus der Bild-Zeitung vom 21. Mai, ich denke dem wir als Abgeordnete ungeachtet unserer politischen an die TA mit der Überschrift "Kontakte abgebrochen" Einstellung alle stehen müssen und ist ein Anliegen, das oder TLZ "Hochbrisantes Papier vom Rechnungshof" und von der Landesregierung respektiert werden muss. ich denke auch an die TA-Meldung vom heutigen Tag. Der Antrag der SPD hat eine ganz klare Zielrichtung: Auflö- (Beifall bei der SPD) sung des Thüringer Landesamts und Neugründung. Ich be- tone auch das Wort "Neugründung". Über das Wie soll Vizepräsidentin Ellenberger: das Parlament debattieren, denn auch Berlin hat ja dafür ein Beispiel gegeben. Die Frage, ob dieses Amt ein neues Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat sich selbständiges Amt oder eine Abteilung wird, das sind Herr Ministerpräsident zu Wort gemeldet. Dinge, über die man sich auch unterhalten kann. Damit bekennen wir uns, meine Damen und Herren, das möchte Dr. Vogel, Ministerpräsident: ich auch ausdrücklich betonen, einerseits zum Verfassungs- schutz hier in Thüringen und wollen auch damit dem jet- Verehrte Frau Präsidentin, meine verehrten Damen und zigen Präsidenten Sippel eine reale Chance geben, eine Herren, diesem Tagesordnungspunkt liegen zwei Anträge optimal arbeitende Behörde aufzubauen. Herrn Köckerts zugrunde. Ein Antrag auf Auflösung und Neugründung Aussage, das Amt intern zu reorganisieren und damit einen des Landesamtes für Verfassungsschutz und ein Antrag Erneuerungsprozess einzuleiten, erscheint mir halbherzig. zur Behinderung der Abgeordnetenarbeit. Ich bitte, Frau Neue Strukturen funktionieren doch nur mit Mitarbeitern Präsidentin, meine Ausführungen zum zweiten Antrag jederzeit, die den Zielen und Aufgaben dieses Amtes ge- auch zugleich als Sofortbericht zu betrachten. recht werden. Eine neue Struktur mit altem Personal, das funktioniert in der Regel nicht. Deshalb noch einmal auf Ich habe mich deshalb selbst zu Wort gemeldet und Herrn unseren Antrag zurückkommend, Auflösung des Landes- Kollegen Köckert gebeten, erst im weiteren Verlauf der amtes, so können wir uns das vorstellen, z.B. mit Hilfe Debatte das Wort zu nehmen, um den engen Schulter- des Bundesamts oder anderer Landesämter einen Neu- schluss zum zuständigen Ressortminister zu unterstreichen anfang machen. Ich betone wiederum, wir sind für einen und Neuanfang. Deshalb, meine Damen und Herren, ich bitte Sie über unsere Forderung ernsthaft und gewissenhaft zu (Beifall bei der CDU) befinden. Dieses Amt muss auf Dauer im Interesse der Sicherheit unseres Freistaats voll arbeitsfähig werden. Ich um gleich zu Beginn deutlich zu machen, die Landesre- danke Ihnen. gierung hat nicht die Absicht, das Landesamt für Verfas- sungsschutz aufzulösen, (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der CDU) Vizepräsidentin Ellenberger: und die Landesregierung hat nicht die Absicht, die Ab- Zur Begründung des Antrags in Drucksache 3/1643 hat geordnetenarbeit zu behindern. der Abgeordnete Schemmel das Wort. (Beifall bei der CDU) Abgeordneter Schemmel, SPD: Bevor ich zu den beiden Anträgen etwas näher Stellung Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, nehme, möchte ich sagen, obwohl wir die beiden Anträge wenn einer mit dem Rücken zur Wand steht, ist er oft nicht der SPD ablehnen und obwohl wir glauben, dass die wo- wählerisch mit seinen Mitteln. Mancher vergreift sich auch chenlange argumentationsarme Kampagne der SPD niveau- dabei. Da kann man im persönlichen Bereich Verständ- los und wenig hilfreich ist, nis haben. Wenn aber aus einer Landesregierung, aus einem Ministerium, das unter öffentlichem und parlamentari- (Beifall bei der CDU) schem Druck steht, unterschwellige, nicht haltbare Vor- würfe hervorgehen, die Mitglieder des Bundestags und begrüßen wir gleichwohl gleich zu Anfang die Überein- des Landtags diskreditieren und deren Integrität berühren, stimmung mit der SPD, Herr Pohl hat das gerade gesagt, muss für uns als Abgeordnete das Verständnis grundle- dass Verfassungsschutz notwendig ist und dass es ein 3694 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

Landesamt für Verfassungsschutz geben muss. Hier sind laube ich mir auch für richtig zu finden, meine Damen wir einer Meinung. und Herren.

(Beifall bei der CDU) V-Leute werden gelöhnt. Es ist nicht unsere Sache zu über- wachen, wofür sie ihren Lohn verwenden. Wir haben hier Wir sind hier einer Meinung in deutlichem Unterschied keine Kontrolle über diese Mittel. Wir wissen nur, dass zur Fraktion der PDS, die das nicht so sieht. Das ver- die eigenen Angaben dieser Leute über die Verwendung wundert auch nicht. Die Bundesregierung lässt Teile der ihres Lohns meistens Schutzbehauptungen sind. Ich wehre PDS durch den Verfassungsschutz beobachten und tut mich dagegen, dass Schutzbehauptungen solcher Leute das aus gutem Grund, weil einige Mitglieder und einige mehr wiegen als Aussagen von Ministern oder von Ver- Mitgliedsorganisationen ja bekanntlich keinen Hehl daraus fassungsschutzmitarbeitern. machen, dass sie nicht auf der Grundlage unseres Grund- gesetzes stehen wollen und dass sie das System verän- (Beifall bei der CDU) dern wollen. Ich behaupte, der Staat braucht solche Mittel. Ich behaupte, Meine Damen und Herren, die freiheitliche Rechtsord- es ist ungerechtfertigt zu behaupten, dass das Bedienen nung ist kein schlapper Staat und unsere freiheitliche Ord- von V-Leuten dazu diene, verfassungsfeindliche extremisti- nung ist kein Nachtwächterstaat. Weil wir Demokraten wis- sche Organisationen zu unterstützen. Eine solche Behaup- sen, dass die Freiheit Feinde hat und dass man die Feinde tung ist grotesk. Eine solche Behauptung ist perfide, mei- der Freiheit bekämpfen muss. ne Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU) (Beifall bei der CDU)

Weil wir gelernt haben, schmerzlich gelernt haben, dass Kein Mitarbeiter des amerikanischen Geheimdienstes in ein freiheitliches Gemeinwesen Zähne zeigen können muss Moskau hat deswegen den Kommunismus unterstützt. Kein und dass man den Anfängen der Bedrohung der Freiheit Mitarbeiter des Verfassungsschutzes in Deutschland, der in wehren muss. der Zeit der Terroranschläge Linksradikaler in Deutsch- land mit dem Verfassungsschutz zusammengearbeitet hat, (Beifall bei der CDU) hat deswegen den Terrorismus unterstützt. Niemand, den der Verfassungsschutz anwirbt, unterstützt deswegen mit Weil wir wissen, dass Extremisten Feinde der Freiheit sind der Entlohnung die rechtsradikalen Institutionen. Überall in und weil wir entschlossen sind, sie mit allen zulässigen der Welt und natürlich auch in Deutschland bei allen Ver- Mitteln zu bekämpfen. Auch wenn es manchem schwer fassungsämtern wird so verfahren. Wer Verfassungsschutz fällt, ich will keineswegs verheimlichen und verbergen, bejaht und den Einsatz von V-Leuten ablehnt, der handelt dass es mir schwer fällt, man muss zur Bekämpfung des schizophren, meine Damen und Herren. Wer A sagt, muss Extremismus und der Kriminalität alle im Rahmen der auch B sagen. Verfassung und der Gesetze zulässigen Mittel anwenden. (Beifall bei der CDU) (Beifall bei der CDU) Und wer das der Öffentlichkeit vorenthält, der täuscht die Zu diesen Mitteln gehört auch der Einsatz von so ge- Öffentlichkeit und täuscht die Bevölkerung. nannten V-Leuten. Je besser die Quellen, umso besser die Ergebnisse. (Beifall bei der CDU)

(Beifall bei der CDU) Insofern, meine Damen und Herren, hat die diesbezüg- liche Diskussion in unserem Land gelegentlich kuriose, Oder, meine Damen und Herren, wie Herr Burkhard um nicht zu sagen skurrile Züge in den letzten Wochen an- Hirsch als nordrhein-westfälischer Innenminister einmal genommen. Fragen Sie den Präsidenten des Bundesamtes zu Recht gesagt hat; ich zitiere: "Wenn man etwas über für Verfassungsschutz, wenn Sie diesbezüglich irgendwel- die Szene erfahren will, muss man sich derer bedienen, che Zweifel haben, wie dort und wie hier verfahren wird. die Zugang zu ihr haben." Recht hat Herr Hirsch. Meine Damen und Herren, nach den Vorgängen um Dienel (Beifall bei der CDU) hat sich Thüringen entschlossen, auf die Verwendung von Spitzenfunktionären zu verzichten. Ein Entschluss, der an- Er fährt ebenfalls völlig richtig fort; ich zitiere ihn noch derswo nicht gefasst worden ist, ein ungewöhnlicher Ent- einmal: "Das sind natürlich manchmal in höchstem Maße schluss, den wir aber, wie wir meinen, aus guten Grün- unerfreuliche Zeitgenossen. Wenn sie aber wichtige und den gefasst haben und auch heute noch für richtig halten. zuverlässige Informationen liefern, ist ein Engagement Seit dem Amtsantritt des neuen Präsidenten des Verfas- vertretbar." Was Herr Hirsch für richtig gefunden hat, er- sungsschutzamtes ist, wie man mir versichert, so verfah- Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3695 ren worden und ich habe keinen Grund an der Richtig- (Beifall bei der CDU) keit dieser Aussage zu zweifeln. Natürlich kann auch gegen uns unter bestimmten Bedin- Die Arbeit des Landesamtes hat Anlass zu Kritik gege- gungen ermittelt werden, wenn der Staatsanwalt das für ben und zu Recht zu Diskussionen geführt. Im vergan- notwendig erachtet. Einen Tiefpunkt der politischen Kultur, genen Jahr hat sie zur Ablösung des Präsidenten geführt. wie die Antragsteller behaupten, kann ich darin weiß Gott Der neue Präsident und der Minister haben schwierige nicht sehen. Es wäre ein Tiefpunkt der politischen Kultur, Aufgaben übernommen, Mängel aus der Vergangenheit wenn die Abgeordneten zu beheben und die volle Funktionsfähigkeit aller Teile des Verfassungsschutzamtes wieder herzustellen. Sie ha- (Zwischenruf Abg. Dr. Dewes, SPD: Ganz ben bei dieser Aufgabe unsere volle Unterstützung. neu.)

(Beifall bei der CDU) sich selbst außerhalb der Rechtsordnung stellten.

In der Begründung zu dem ersten Antrag steht, es gäbe (Beifall bei der CDU) keine Chance, die Arbeitsfähigkeit wieder herzustellen. Dem setze ich den Satz entgegen: Der neue Präsident hat Es ist eine völlig neue Erkenntnis, dass Abgeordnetenarbeit alle Chancen, das Amt wieder voll arbeitsfähig zu ma- behindert wird, wenn Staatsanwaltschaft tätig wird. Mei- chen und diese Chance wird ihm eingeräumt. ne Damen und Herren, dann hätten wir in der 1. Legisla- turperiode überhaupt nicht mehr arbeiten und nicht mehr (Beifall bei der CDU) zusammentreten können.

Die Auflösung und Neugründung eines Landesverfassungs- Einzelne Mitglieder, nebenbei bemerkt, des hohen Hauses schutzamtes wäre eine völlig überzogene, eine unange- scheuen sich ja ihrerseits auch nicht, ebenso wenig scheuen messene, eine unnötig dramatische und eine unnötig zeit- sie sich den Versuch zu unternehmen, Verfahren gegen raubende Maßnahme. Mitglieder der Exekutive in Gang zu bringen. Wir spre- chen nicht davon, dass solche Abgeordneten die Regie- Meine Damen und Herren, eine solche Maßnahme würde rungsarbeit behindern, ganz gleich, ob das, was sie tun, viel Schaden anrichten und niemandem Nutzen bringen. sinnvoll und nützlich ist oder nicht. Darüber habe ich Es würden Arbeitsbereiche im Verfassungsschutz, die hier in diesem Zusammenhang nicht zu befinden. völlig unangefochten arbeiten, wie z.B. die Spionageab- wehr oder die Beobachtung des Linksradikalismus, völ- Ich wende mich nicht gegen diese Debatte, ich beteilige lig unnötigerweise in Misskredit gebracht. mich ja an ihr. Und ich wende mich auch nicht dagegen, dass möglicherweise einige mangels anderer Themen diese (Beifall bei der CDU) Debatte noch eine Weile fortsetzen werden, so fruchtlos sie auch ist. Bitte, sie mögen das tun. Es würden viele Mitarbeiter, die zu unserer Zufriedenheit ihre Pflicht tun, unnötigerweise in Misskredit gebracht; Meine Damen und Herren, dazu gibt es ja möglicherweise die Auflösung des Landesamtes wäre kontraproduktiv. neue Themenstellungen durch das heutige Bekanntwerden von dem Auftauchen gewisser Informationen. Ich räume Meine Damen und Herren, die Arbeit des Landesamtes in der Tat ein, da haben Sie völlig Recht, eines ist auf- wird, wie Sie wissen, nach unserer Verfassung und nach fällig, dass nach vier Jahren ausgerechnet in diesen Tagen dem Ausführungsgesetz nicht vom Landtag insgesamt, solche Nachrichten auftauchen, obwohl ich weder be- sondern durch die Parlamentarische Kontrollkommission stätigen noch infrage stellen kann, ob es sich dabei um überwacht; so steht es in Artikel 97 der Verfassung. Diese die in Verlust geratenen Festplatten handelt oder nicht. Kommission wird vom Landtag gewählt, unterliegt stren- Nur, meine Damen und Herren, wenn ein Kollege dieses gen Bedingungen, insbesondere der Geheimhaltung. Wenn Hauses aufgrund dieser Nachricht davon spricht - ich der zuständige Minister zur Überzeugung kommt, die Ver- zitiere: "Wir haben in Thüringen einen Zustand erreicht, traulichkeit würde nicht gewahrt, dann hat er das Recht, den wir hier nicht mehr lösen können.", dann darf ich die Staatsanwaltschaft einzuschalten. Das, meine antrag- sagen, ich habe das Gefühl, wir haben einen Abgeord- stellenden Kollegen, ist der Anlass gewesen und dazu neten hier, dessen Zustand nicht mehr weiß, was er sagt. braucht es keine gesetzliche Ermächtigung irgendeiner Art. Der Innenminister hat das getan und er hat damit sein gu- (Beifall bei der CDU) tes Recht wahrgenommen. Von einer Behinderung der Arbeit von Abgeordneten kann keine Rede sein. Diese Ab- Wir werden - und die Aufforderung, meine Damen und geordneten - wir alle werden durch Immunität im beson- Herren, deren Maße geschützt, aber wir stehen nicht außerhalb der normalen Rechtsordnung, meine Damen und Herren. (Zwischenruf Abg. Dr. Dewes, SPD) 3696 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

Herr Dewes, ich habe Sie ja gar nicht gemeint. dem Bereich des Verfassungsschutzes seien enthalten. Mei- ne Damen und Herren, ich trage das nur hier vor, damit, (Heiterkeit bei der CDU) wenn das morgen wieder in der Zeitung steht, nicht helle Empörung und helles Erstaunen ausbricht, nur weil das Ich hätte ja Ihren Namen genannt, wenn ich Sie gemeint Gedächtnis bei manchen zu kurz ist, das ist damals ge- hätte. Sie haben zwar heute auch eine ganze Menge ge- sagt worden. sagt, aber das haben Sie nicht gesagt. (Beifall bei der CDU) Meine Damen und Herren, es wird da aufgefordert, man müsse jetzt den Generalbundesanwalt einschalten. Ich darf Der Innenminister sagte damals, aus seiner Sicht werde als Fortbildungsmaßnahme sagen, der Generalbundesan- der Datenklau von den Medien aufgeblasen und, meine walt schaltet sich genau dann ein, wenn er das für richtig Damen und Herren, so wörtlich: "... und der SPD-Landes- hält und wenn er das nicht für richtig hält, tut er es nicht. vorstand beschloss, so kann man mit unserem Richard Wir haben damit ja Erfahrungen im Land und deswegen nicht umgehen." soll man das ruhig dem Generalbundesanwalt überlas- sen. Selbstverständlich ermittelt die Staatsanwaltschaft, (Heiterkeit bei der CDU) denn in der Tat ist das, was da heute berichtet worden ist, überraschend. Ob das die vermissten Dateien oder Fest- Meine Damen und Herren, es ist von dem Landesvor- platten sind, wie gesagt, kann ich aus der heutigen Sicht stand gesagt worden, von dem SPD-Landesvorstand, die weder bestätigen noch in Frage stellen. Wir haben schon Sicherheit des Freistaats sei durch das Verschwinden vor vier Jahren damit gerechnet, dass das, wenn das nicht von zwei Computern aus dem Innenministerium nie ge- ein Diebstahl war, weil jemand ein modernes Gerät wollte, fährdet gewesen, ist sich der Landesvorstand sicher. Meine möglicherweise eines Tages wieder auftauchen würde Damen und Herren, erst recht ist vier Jahre danach die und möglicherweise ist das jetzt geschehen. Nun, meine Landessituation nicht so, dass man nach irgendeinem Damen und Herren, ich darf mal daran erinnern, als es auswärtigen Helfer rufen muss. Die meisten Dinge sind damals geschah, hat uns der damalige Staatssekretär des wohl inzwischen ziemlich veraltet, wenn es die Daten Innenministeriums davon unterrichtet, dass der damalige von damals sind, was, wie ich noch einmal sagen möchte, Innenminister erst knapp drei Monate nach dem Vorfall bisher nicht zweifelsfrei bewiesen ist. Aber eines möchte von dem Vorfall informiert worden ist. Das Ministerium ich doch sagen: Die Regierung hat durch diese lebhafte hat damals im März 1998 in einer schriftlichen Erklärung Diskussion nicht die Absicht, sich von ihrer in diesem zen- mitgeteilt, die genannten Daten sind nicht geeignet, die tralen Bereich entscheidenden Aufgabe ablenken zu lassen. Funktionsfähigkeit der Thüringer Landesregierung oder der Sicherheitsbehörden zu beeinträchtigen. Auf dem Rech- (Beifall bei der CDU) ner hätten sich keine Angaben über verdeckte Ermittler oder Regierungsmitglieder befunden. Ob das richtig war, Und die entscheidende Aufgabe in diesem Bereich ist will ich jetzt gar nicht überprüfen, nur kann man nach vier die Bekämpfung des Radikalismus, speziell des Rechts- Jahren feststellen, in der Tat, die Regierungsfähigkeit hat radikalismus, meine Damen und Herren. der Diebstahl nicht beeinträchtigt, meine Damen und Herren, nicht einmal die unsere. (Beifall bei der CDU)

(Beifall bei der CDU) Die Rechtsradikalen erheben frech die Stirn, schlagen alle Erfahrungen der Vergangenheit in den Wind, verführen Die Opposition - das war damals die PDS - hatte einen Jugendliche und Minderjährige und erringen bedauerli- parlamentarischen Untersuchungsausschuss gefordert, falls cherweise in Parlamenten unserer Nachbarstaaten zusehens der Vorfall nicht anders zu klären sei und der SPD-Frak- an Einfluss. Wir wollen diesem Rechtsradikalismus hier tionschef Frieder Lippmann wies Rücktrittsforderungen die Stirn bieten und wir werden, wie wir das angekün- der im Landtag nicht vertretenen FDP und eines CDU- digt haben, auch in diesem Herbst - die Arbeiten sind längst Abgeordneten zurück. Sehen Sie, so war das damals und im Gange - einen Bericht zur Situation des Rechtsradikalis- daran muss man sich noch einmal erinnern. mus hier vorlegen und haben auch die entsprechenden Er- hebungen und Studien dazu in Auftrag gegeben. Wir stüt- (Beifall bei der CDU) zen uns dabei auf die gemeinsame Erklärung aus diesem Haus, die von allen Mitgliedern und allen Fraktionen be- Der damalige Innenminister hat erklärt in einem Inter- schlossen worden ist und die entschieden und einmütig Zei- view am selben Tag, auch Daten aus dem Ermittlungs- chen gegen Gewaltextremismus und Intoleranz gesetzt hat. verfahren Kranz/Gröbel, Protokolle und Vermerke über Sitzungen der Parlamentarischen Kontrollkommission, Meine Damen und Herren, in diesem Entschließungsan- fünf Sicherheitsüberprüfungen von Mitarbeitern des Mi- trag, den wir noch unter Eindruck des Anschlags auf die nisteriums aus dem gehobenen und mittleren Dienst und Synagoge hier gefasst haben, steht der Satz: "Die Aktivitä- auch eine bereits abgeschlossene Abhörmaßnahme aus ten extremistischer Gruppierungen müssen aufmerksam be- Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3697 obachtet und neue Entwicklungen müssen erkannt werden." gierte Bürgerschaft, die dem Rechtsextremismus allein die Genau das tun wir, wir beobachten sie aufmerksam. Stirn bieten kann, ihrer Verantwortung enthoben wird, weil auch Parteien der politischen Auseinandersetzung mit dem (Beifall bei der CDU) erstarkenden Rechtsextremismus entzogen werden oder dort entantwortet werden, weil sie sich letztendlich die Deswegen, meine Damen und Herren, sollten wir alle- politischen Positionen bei dieser Auseinandersetzung von samt überlegen, ob wir nicht besser daran täten, uns nicht einer mit nachrichtendienstlichen Mitteln arbeitenden Be- gegenseitig auseinander zu dividieren, sondern unsere hörde zuarbeiten lassen und weil letztendlich - und das Kräfte zu bündeln, ob es nicht besser wäre, statt sehr viel ist der Hauptgrund natürlich - dort allgemeine politische Zeit damit zu vertun, uns gegenseitig vorzuwerfen, wer Verantwortung in ein Amt übergeben wird und Institu- der bessere Demokrat ist, gemeinsam eine Anstrengung tionalisierung von Verfassungsschutz in ein Amt, in eine zu unternehmen, diesen völlig unnötigen Streit zu be- Behörde oder in eine Abteilung auch deshalb nicht, weil enden und uns gemeinsam der Bekämpfung des Rechts- genau diese Behörde, dieses Amt die Befugnis dazu hat, radikalismus in Thüringen zuzuwenden. permanent in verfassungsrechtlich garantierte Grund- und Bürgerrechte einzugreifen. Und das, Herr Gentzel, ist der (Beifall bei der CDU) wesentliche Unterschied unserer Kritik in der gegenwär- tigen Debatte zwischen SPD und PDS. Das ist der Punkt, Das ist unsere gemeinsame Aufgabe. Die Landesregierung der uns trennt. Herr Gentzel, mit Ihrem Antrag haben ist sich ihrer Verantwortung bewusst und nicht obwohl, Sie sich auch verdammt nah in die Nähe des Thüringer sondern weil sie sich der Verantwortung bewusst ist, Innenministers selbst gerückt, dessen Rücktritt Sie ja in die- sind wir nicht bereit, dem Vorschlag der Auflösung des ser Woche noch gefordert haben, aber für mich nur noch Amtes zu folgen und sehen wir keinerlei Grund, dass wir unglaubwürdig fordern können. irgendeinen Anlass böten, die Abgeordnetenarbeit zu be- hindern. Im Gegenteil, unser ganzes Sinnen und Trachten (Zwischenruf Abg. Pohl, SPD: Das kommt geht dahin, dem Rechtsradikalismus die Stirn zu zeigen. auf die Betrachtung an.)

(Beifall bei der CDU) Die SPD sieht gleichfalls wie der Thüringer Innenminis- ter das Problem im Thüringer Verfassungsschutz in der Vizepräsidentin Ellenberger: gegenwärtigen personellen Zusammensetzung des Amts begründet und die SPD will es durch eine Neugründung Herr Ministerpräsident, ich habe weder die Kompetenz einer neuen, aber dennoch gleichen Struktur beheben. noch die Absicht, Sie irgendwie zu rügen, aber ich möchte Mit welcher Motivation, darüber darf spekuliert werden. Ihnen doch sagen, Ihr Ausspruch über den Abgeordneten, Herr Pohl hat davon gesprochen, dass das Problem die- der nicht weiß, was er sagt, der hat mir nicht so richtig ses Landesamts ist, dass es seit mehr als einem Jahr im gefallen. Blickfeld der Öffentlichkeit steht. Bedeutet also Ihr An- trag, dass Sie das Landesamt für Verfassungsschutz, also (Unruhe bei der CDU) die Aufgaben des Verfassungsschutzes, die Sie so über- hoch einordnen, aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit Wird Aussprache über den Sofortbericht gewünscht? Die richten. Das kann wohl nicht der Weg sein, den es zu SPD-Fraktion wünscht das, dann eröffne ich die Aus- unterstützen gilt. Offensichtlich, und das muss man Ihnen, sprache und als erster Redner der Aussprache hat der Ab- glaube ich, auch einmal sagen, fühlen Sie sich in Ihrem geordnete Dittes das Wort. Antrag ermutigt durch Bundespolitiker oder Beamte auf Bundesebene, die der Meinung sind, dass man den Ein- Abgeordneter Dittes, PDS: fluss des dort angesiedelten Bundesamts auch in den einzelnen Bundesländern erhöhen will. Meine Damen und Herren, ich werde nicht in der Aus- sprache zum Antrag der SPD-Fraktion reden, sondern mich Auch der Innenminister Köckert will das Problem behe- mit dem Antrag Ihrer Fraktion, Herr Gentzel, beschäfti- ben, nur will er einer Neugründung des Landesamts aus gen, der zum Inhalt hat "Auflösung und Neugründung des dem Weg gehen und in der bestehenden Struktur aus Verfassungsschutzes". Sie schreiben in der Begründung seiner Sicht notwendige Änderungen herbeiführen und im letzten Satz: "Der Freistaat braucht wieder einen funk- der Präsident bleibt bei beiden derselbe. Einen tatsächlich tionsfähigen Verfassungsschutz." An dieser Stelle endet die qualitativen Unterschied, meine Damen und Herren, kann Begründung. Allein dieser Satz hätte noch einer Begrün- ich in den beiden Herangehensweisen nicht erkennen. dung bedurft, wenn Sie damit meinen, er bräuchte ein Das hat natürlich auch Gründe; ich will die Ihnen auch Landesamt für den Verfassungsschutz. Denn ich sage Ih- nennen. Ich will den Innenminister Köckert, den gegen- nen, Schutz von verfassungsrechtlich garantierten Grund- wärtigen, gar nicht aus seiner Verantwortung nehmen, rechten und Bürgerrechten - ja, aber nicht Institutionalisie- die trägt er natürlich für das Täuschen der Öffentlichkeit rung von Verfassungsschutz in einer Behörde, in einem in der ganzen Debatte Amt oder in einer Abteilung, weil damit die zivilcoura- 3698 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

(Beifall bei der PDS) natürlich in dieser Debatte auch benennen und darüber können Sie nicht einfach hinwegsehen, auch wenn die- und für das Vorenthalten an Informationen. Die politische ser Skandal, der damals schon einer war, bloß nicht öf- Verantwortung trägt er auch für das Hintergehen des Par- fentlich verwertbar, wenn dieser Skandal damals eben nicht laments und die Nichtermöglichung parlamentarischer den Weg zur Öffentlichkeit gefunden hat. Sie unterstellen Kontrolle. durch Ihre Kritik lediglich, ein SPD-Innenminister hätte die bestehende Krise in Thüringen besser gemanagt. Und (Beifall bei der PDS) Sie schließen, Herr Gentzel, Skandale wie diesen im Thü- ringer Landesamt ja auch überhaupt nicht aus. Sie halten Die politische Verantwortung trägt Innenminister Köckert sie sogar in der Zukunft für wahrscheinlich, nur geheim, auch für das Wiederanschalten von Tino Brandt als Spitzel geheim sollten sie bleiben Ihrer Auffassung nach. Nur ge- des Verfassungsschutzes. heim sollten diese Ihrer Auffassung nach bleiben, und falls sie nicht geheim bleiben, dann verkaufen Sie mit Ihrer Äu- (Zwischenruf Dr. Pietzsch, Minister für ßerung in der TA in der vergangenen Woche Ihren Vor- Soziales, Familie und Gesundheit) schlag der Neugründung des Landesamts für Verfassungs- schutz dem jetzigen Innenminister Köckert noch wie scha- Die politische Verantwortung trägt der Minister, Herr les Bier, er solle doch dann die neu entstandenen, neu öf- Pietzsch, da können Sie diskutieren, was Sie wollen. Und fentlich gewordenen Skandale mit der Übergangssituation wenn Sie so wollen, meine Damen und Herren der SPD, während der Neugründung begründen können - so wort- dann trägt der Innenminister Köckert auch die politische wörtlich Heiko Gentzel in der "Thüringer Allgemeinen" Verantwortung für die von Ihnen thematisierten perso- in der letzten Woche. Das Problem bleibt also auch für nellen Querelen im Landesamt für Verfassungsschutz - Sie bestehen, nur der, der politische Verantwortung trägt, habe ich heute in der Zeitung gelesen, das war auch unter soll sich dieser mit einer Neugründung zumindest zeit- Ihrem Innenminister so. Wenn Sie so wollen trägt auch weilig geschickter entziehen können. Nein, meine Presse- der Innenminister Köckert die politische Verantwortung erklärung trug letzte Woche die Überschrift "Die SPD- für die fehlende Geheimhaltung und für den fehlenden Fraktion ist nicht mehr ernst zu nehmen" und, ich glaube, Schutz von Spitzeln. Da, das werden Sie sicherlich nach- vollziehen können, können wir Ihre Kritik nicht so ohne (Zwischenruf Abg. Pohl, SPD: Sie aber auch Weiteres teilen, weil wir natürlich grundsätzlich eine ganz nicht!) andere Herangehensweise an diese Diskussion haben. in diesem Punkt muss ich mich zumindest in dieser Wo- (Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Frau Präsi- che nicht korrigieren. dentin, wie kann hier jemand ungehindert Lügen verbreiten, ungehindert?) Sie verzichten in Ihrem Antrag auf die Benennung in- haltlich qualitativer Anforderungen an einen neu gegründe- Aber, meine Damen und Herren der SPD, die politische ten Verfassungsschutz. Sie bemängeln die bisherige Ar- Verantwortung ... beitsunfähigkeit, gemessen an Geheimhaltung und Loyali- tät, behaupten erst einfach einmal unbegründet die Notwen- (Zwischenruf Abg. Böck, CDU) digkeit eines solchen Amts. Das hat übrigens auch Minis- terpräsident Vogel gemacht, er hat das auch nicht weiter Vizepräsidentin Ellenberger: begründet. Eine aufgabenkritische Bewertung vor dem Hin- tergrund der bereits erwähnten Grundrechte und auch vor Herr Abgeordneter Böck, wenn Sie reden wollen, bitte dem Hintergrund des geleisteten Beitrags bei der Be- melden Sie sich zu Wort. kämpfung von Rechtsextremismus durch ein Landesamt für Verfassungsschutz sowohl allgemein als auch unter (Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Hier wird Köckert oder unter Dewes unterlassen Sie vollständig, gelogen, dass sich die Balken biegen.) meine Damen und Herren der SPD.

(Beifall bei der CDU) Gerade aber die hätte Sie zu einer anderen Position füh- ren müssen und ich will Ihnen das auch in fünf Punkten Abgeordneter Dittes, PDS: benennen:

Aber, meine Damen und Herren der SPD, die politische 1. Der Verfassungsschutz ist demokratisch nicht zu kon- Verantwortung für den Fakt der Tätigkeit von zwei Spit- trollieren. Ich denke, meine Damen und Herren, sehr viel zenfunktionären wie Thomas Dienel und Tino Brandt, der mehr Beweise als in der letzten Woche kann man doch ja erst durch seine Veröffentlichung in Thüringen zum eigentlich dafür nicht mehr liefern. Welche Beweise brau- Skandal geworden ist, die trägt doch nun wahrlich nicht chen Sie denn selbst noch, meine Damen und Herren der Innenminister Köckert, sondern die trägt doch ein Innenmi- SPD, wenn Sie selbst öffentlich sich gegen eine Anzei- nister mit dem Namen Richard Dewes. Das muss man ge zur Wehr setzen mit der Begründung, wir haben doch Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3699 aus der Parlamentarischen Kontrollkommission gar nichts zichte an dieser Stelle tatsächlich, Ihnen noch einmal die verraten, Herr Pohl? Nein, Herr Pohl, an Ansehen hätten Befugnis und die Eingriffsschwellen hier darzulegen, aber Sie bei mir gewonnen und auch an Ansehen bei meiner wir können darüber gern weiter diskutieren. Sie werden Fraktion, merken, eine Reihe von Publikationen des Verfassungs- schutzes, eine Reihe von Veröffentlichungen von Initiati- (Zwischenruf Abg. Pohl, SPD: Darauf lege ven, von Organisationen und von Einzelpersonen im mo- ich keinen Wert.) natlich erscheinenden Nachrichtendienst oder im jährlich erscheinenden Verfassungsschutzbericht hätten bei rechtli- hätten Sie gesagt, wir können es politisch nicht mehr ver- cher Prüfung der Befugnisse des Verfassungsschutzes über- antworten, die erhaltenen Informationen in der Parlamenta- haupt keinen Bestand. rischen Kontrollkommission der Öffentlichkeit vorzuent- halten. 3. Der Verfassungsschutz leistet keinerlei Beitrag zur Be- kämpfung des Rechtsextremismus. (Heiterkeit bei der CDU) (Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Woher Nein, das machen Sie nicht, stattdessen rufen Sie erneut wollen Sie das wissen?) und sehr lautstark: Wir, die Mitglieder der SPD in der Parlamentarischen Kontrollkommission, haben uns doch Herr Vogel hat in der vergangenen Woche oder vor zwei an die Spielregeln gehalten derer, die das eigentliche Wochen in der Öffentlichkeit gesagt, die Spitzel, die der Schmierentheater in Thüringen aufführen. Thüringer Verfassungsschutz für sich hat arbeiten lassen, waren ihr Geld wert und sie haben Erfolge verbucht. Ich (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Wollen Sie gehöre nicht zu denen, das wissen Sie, die andauernd ab- den Herrn Pohl zum Rechtsbruch missbrau- heben auf Straftatstatistiken und immer wieder darauf ver- chen? Das ist doch unerhört!) weisen, hier zeigt sich doch eine Entwicklung im Rechts- extremismus, weil das eben nur eine Kontrollstatistik ist. 2. Meine Damen und Herren, der Verfassungsschutz Aber ich will Ihnen zwei andere Punkte nennen, wo es ja schränkt Bürgerrechte und Grundrechte massiv ein. Er- angeblich die großen Erfolge gegeben hat und - ich habe es eignisunabhängig können Spitzel und V-Leute, ob staat- ja heute Nachmittag schon gesagt - wo auch maßgeblich lich angestellt oder nur staatlich finanziert, zum Einsatz Spitzel des Verfassungsschutzes beteiligt sind. Der Thürin- gebracht werden. Telefongespräche können abgehört wer- ger Heimatschutz nimmt seit Jahren kontinuierlich mehr den, Briefe gelesen werden, Lauschangriffe gegen private Mitglieder auf und wächst und wächst und verbreitet sich Wohnräume gestartet werden, Personenobservationen tatsächlich in Thüringen und verfestigt seine Strukturen. durchgeführt werden. Und das, meine Damen und Herren, Das ist das eine, das gilt auch für die Nationaldemokrati- obwohl es dafür nicht einmal eine bundesrechtliche Vorga- sche Partei Deutschlands. Das andere ist aber, und das dürf- be gibt, denn das Bundesverfassungsschutzgesetz sieht eben te Ihnen nicht entgangen sein, dass die Mobilisierungsfä- nicht vor, dass bei den zu bildenden Landesämtern für higkeit dieser beiden Organisationen in den letzten Jahren Verfassungsschutz, die die Zusammenarbeit mit den an- stetig gestiegen ist, so dass es ihnen möglich war und ist, deren Behörden garantieren sollen, nachrichtendienstli- innerhalb kürzester Zeit eine Teilnehmerzahl an Veran- che Mittel mit grundrechtseinschränkendem Charakter vor- staltungen zu mobilisieren, die weit über den eigentlichen zuhalten sind. Das heißt, es gibt auch diese Notwendig- Mitgliederstand hinausreicht. Das, denke ich, sind die an- keit nicht. Verfassungsschutz heißt nach unserem Verständ- geblichen Erfolge der Arbeit des Thüringer Landesamts nis, Bürgerschaft zum demokratischen Widerstand gegen für Verfassungsschutz. Man muss doch schon fragen, wann alle menschenfeindlichen Bestrebungen zu befähigen. Dies hat denn jemals das Landesamt für Verfassungsschutz erfordert politische Bildung und dafür haben wir eine die Thüringer Öffentlichkeit über die Entwicklung im Landeszentrale, die dieser Aufgabe sehr viel mehr gerecht Rechtsextremismus informiert? Mir ist selbst kein Fall be- geworden ist als das Landesamt für Verfassungsschutz. kannt und die Verfassungsschutzberichte wollen Sie doch Wir brauchen dazu nicht einen mit nachrichtendienstli- wohl nicht ernsthaft als Teil einer tatsächlich fundierten chen Befugnissen ausgestatteten Geheimdienst. Information der Öffentlichkeit bezeichnen. Man muss so- gar in einzelnen Fragen, in einzelnen Beispielen noch wei- Vor dem Hintergrund, meine Damen und Herren, der tergehen. Es gibt doch auch und es ist Ihnen doch auch Aktivitäten, insbesondere des Thüringer Landesamts bei bekannt, dass es Beschwerden aus Behörden gab, dass - der Diffamierung und Ausspionage von Gewerkschaften, über bevorstehende Aktivitäten von rechtsextremistischen Linken, antifaschistischen und ökologischen Initiativen, Strukturen informiert waren. Da muss man eben nachfra- von Flüchtlingsinitiativen stellt sich hier auch noch die gen, wo erfolgte da die Berücksichtigung des Auftrags, Frage, ob die eigene bereits von uns kritisierte und ab- den Herr Wolf heute zitiert hat, Information von Behör- zulehnende Eingriffsermächtigung im Thüringer Verfas- den am Beispiel des Skinheadkonzerts in Schorba oder sungsschutzgesetz selbst eingehalten wird. Auch diese am Beispiel des Landesparteitags der NPD in Moosbach Frage müssen Sie sich durch uns, die wir den Verfas- im vergangenen Jahr. Es ist ja wohl klar - und ich denke, sungsschutz abschaffen wollen, gefallen lassen. Ich ver- das ist auch eindeutig -, dass zivilgesellschaftliche Initia- 3700 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 tiven, die Wissenschaft viel besser vermochten über ideo- Charakter her keine andere Schutzbehauptung als die von logische Hintergründe, über Erscheinungsformen, über das Rechtsextremisten, die Spitzel gewesen sind, tatsächliche Ausmaß der Verbreitung und auch im Vorfeld über Veranstaltungen die Öffentlichkeit zu informieren. (Zwischenruf Abg. Dr. Botz, SPD: Nun ist es aber gut!) 4. Das zog sich auch durch die Rede des Ministerpräsi- denten Vogel, der Verfassungsschutz schafft sich selbst die behaupten, sie haben das Geld für ihre Struktur ver- ein Verfassungsideal, die so genannte politische Mitte. wendet. Es besteht natürlich auch die Gefahr, dass sich Die neue Rechte, der Rechtskonservatismus und Natio- tatsächlich V-Mann und Spitzel gegeneinander in die Ab- nalkonservatismus werden aufgrund ihrer Verstrickung hängigkeit bewegen und danach tatsächlich in dieser Ver- mit der politischen Mitte vollständig der Auseinander- strickungssituation gemeinsam tätig werden. setzung entzogen. Sie finden ebenso wenig in den Be- richten statt wie z.B. der alltägliche Rassismus, der alltäg- Meine Damen und Herren, der Verfassungsschutz ver- liche Antisemitismus, der sich in dieser Gesellschaft veran- hindert die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremis- kern konnte und damit werden natürlich auch ein ganz mus, der aber tatsächlich nur eingedämmt werden kann, gehöriger Teil der Ursachen für das Erstarken rechtsext- wenn sich eine Bürgerschaft ihm entgegenstellt und nicht remistischer Strukturen verdunkelt. Aber genau diejeni- eine Institution, die Öffentlichkeit von vornherein aus- gen, die diese Mitverantwortung der politischen Mitte the- schließt. Insofern, meine Damen und Herren der SPD, matisieren und politisch strukturell bedingte Ursachen für leisten Sie mit Ihrem Ruf nach einem besseren, nach das Erstarken des Rechtsextremismus benennen, sich damit einem geheimeren, nach einem loyaleren Geheimdienst gleichzeitig außerhalb des selbst definierten Verfassungs- Ihrer Forderung, die auch die Forderung vieler anderer ideals positionieren, werden zum Feind der Demokratie Initiativen ist, nach einem zivilgesellschaftlichen Konzept erklärt, werden als Extremisten abgestempelt, ganz im Stile zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus der Totalitarismustheorie. Die Extreme sind das Problem - einen Bärendienst. Mit Ihrer Forderung nach einem Neu- ganz gleich, aus welcher Richtung - und die mit der Gleich- aufbau delegieren Sie Verantwortung von sich weg, Sie setzung von links und rechts verbundenen Folgen sind be- reden Geheimdiensten zur Überwachung der eigenen kannt, Verharmlosung von rechts, Kriminalisierung von Bevölkerung, Sie reden der Anstiftung zur Spitzelei und antifaschistischem Widerstand und einer demokratischen Denunziation, Sie reden dem staatlichen Einbruch Linken bei gleichzeitiger Selbstentschuldung und der Ent- zug der eigenen Verantwortung, die für die inhaltliche (Zwischenruf Abg. Pohl, SPD: Zieht den Stärkung der Rechten bei der politischen Mitte schwer Stecker raus!) wiegt und beim Verfassungsschutz auch für die strukturelle Stärkung des Rechtsextremismus nicht unbedeutend ist. in Privatsphäre und letztendlich auch der politischen In- strumentalisierung von Geheimdiensten das Wort. Wir wer- Und damit komme ich zu 5. und letztens. den Ihren Antrag ablehnen, weil nicht dieses Amt ein Prob- lem hat, sondern weil die strukturelle rechtliche Grund- (Beifall bei der CDU, SPD) lage der Landesämter für Verfassungsschutz das eigent- liche Problem ist. Wir fordern - und das ist Ihnen be- Es zieht sich durch die Debatte um den Verfassungsschutz kannt - die ersatzlose und sofortige Abschaffung des Lan- seit Anbeginn, nicht der Thüringer Debatte, sondern der desamts. Vielen Dank. bundesrepublikanischen Debatte, ein roter Faden, der des Einflusses der Verfassungsschutzämter auf Straftaten, weil (Beifall bei der PDS) diese eben nicht dem Legalitätsprinzip unterworfen sind und weil aus geheimdienstlicher Logik Straftaten auch vor Vizepräsidentin Ellenberger: Enttarnung von V-Leuten schützen sollen und nachge- wiesen ist, dass der Verfassungsschutz auch Einfluss auf Herr Abgeordneter Gentzel, Sie haben als Nächster das die Bildung von Strukturen genommen hat - zum Thü- Wort. ringer Problem hatte ich ja heute Nachmittag dann auch schon gesprochen -, (Zwischenruf Abg. Seela, CDU: Frau Präsi- dentin, hat Ihnen das gefallen?) (Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: So ein Mist, was der erzählt.) Abgeordneter Gentzel, SPD: die er dann selbst zum Beobachtungsgegenstand genom- Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, men hat. Weitere Gefahren sind zwangsläufig die der Ge- ich gebe es ja gerne zu, Zustimmung tut gut. Herr Dittes, genspionage und natürlich der Finanzierung der Strukturen der Widerspruch von Ihnen ist immer wieder erfrischend. von rechtsextremistischen Organisationen. Das können Sie Aber ich sage Ihnen, ich werde den Optimismus nicht ver- nicht einfach ausschließen, Herr Vogel und Herr Köckert. lieren, auch Sie werden irgendwann von einem Quentchen Ihre Behauptung, dass dies nicht passiert, ist auch vom Weisheit überkommen werden und dann werden Sie sich Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3701 sicherlich für das bitter schämen, was Sie hier in diesem ses stimmt, muss es Konsequenzen haben." Hause - ja, - verbrochen haben. Bis dahin bleibt mir nur, der PDS-Fraktion zu gratulieren für einen grandiosen innen- (Beifall bei der SPD) politischen Sprecher, der es immer wieder in unnachahm- licher Art und Weise schafft, aus jeder innenpolitischen Ich wünsche Ihnen, Herr Althaus, zukünftig mehr Rück- Diskussion den Dampf herauszunehmen. grat, um auch Ihre erste Bemerkung, und nicht die zweite und die dritte, die dann die erste wieder korrigiert, um- (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Wir haben zusetzen. ihn aber nicht bestellt.) Herr Ministerpräsident, ich möchte Sie auch noch auf etwas Also, Herr Fiedler, das traue ich nicht mal Ihnen zu. in Ihrer Rede aufmerksam machen, was einfach nicht stimmen kann. Sie sagen, wenn V-Männer behaupten, dass (Heiterkeit im Hause) sie den Lohn verwenden um die Strukturen von rechtsorien- tierten Vereinigungen oder Parteien zu stärken, so ist das Meine Damen und Herren, die deutsche Sprache ist so eine Schutzbehauptung, so ist das eine Lüge. einfach - Geheimdienst. Geheim muss keinem erklärt wer- den und Dienst kommt von Dienen. Es wird Zeit, Herr (Zwischenruf Abg. Seela, CDU: Schutz- Köckert, dass Sie diese ganz einfache Weisheit irgend- behauptung.) wann mal den Mitarbeitern in Ihrem Verfassungsschutz zu- mindest ein bisschen nahe bringen. Was soll man eigentlich Den gleichen Leuten haben Sie aber vorher im Verfas- noch sagen zu dem Zustand des Thüringer Verfassungs- sungsschutz geglaubt. Denn umsonst hätten Sie sie doch schutzes, zu diesen Indiskretionen, den Fehlleistungen nicht angestellt. Also, wenn Sie sich negativ äußern, ist und den Peinlichkeiten der letzten Wochen und Monate. das eine Schutzbehauptung, und wenn Sie für den Ver- Ich behaupte, selbst die gesamte Debattenredezeit von fassungsschutz arbeiten, sind es vertrauenswürdige Leute, 71 Stunden und 52 Minuten würde nicht reichen, das mit denen man umgehen kann. Hier an dieser Stelle ha- alles bis ins Kleinste aufzuschlüsseln. ben Sie was geschaffen, was Sie nicht auflösen können.

Nur eine Entwicklung will ich erwähnen, weil ich sie für (Beifall bei der SPD) bemerkenswert halte. Mittlerweile gehen einzelne Jour- nalisten dazu über, ihre Veröffentlichung gleich mit dem (Unruhe bei der CDU) Aktenzeichen der entsprechenden geheimen Drucksache zu versehen, damit dann die Jungs und Mädels im Verfas- Ich mache Sie zum zweiten Mal auf etwas aufmerksam: sungsschutz die Möglichkeit haben zu überprüfen, wo das Wir sprechen hier über die Verantwortung des Innenmi- Schriftstück fehlt. Alles in allem, und dieser Erkenntnis nisters Köckert in seiner Amtszeit. Diese Amtszeit hat nicht kann sich keiner entziehen, der sich mit diesem Thema mit dem Präsidenten Sippel beim Verfassungsschutz be- beschäftigt hat, das Thüringer Amt für Verfassungsschutz gonnen. In der Verantwortung des Innenministers Köckert ist ein einziger Trümmerhaufen. liegt auch die Amtszeit des amtierenden Präsidenten Nocken. Und dazu schweigen Sie und Sie wissen, warum (Beifall bei der SPD) Sie das tun.

Dass Sie, Herr Ministerpräsident, eben auf die Probleme (Beifall bei der SPD) der letzten Wochen und Monate nicht eingegangen sind, ist symptomatisch. Nichts zu den Indiskretionen, nichts Meine Damen und Herren, es muss weitergehen beim Lan- zu den Fehlleistungen, nichts zu den Peinlichkeiten, nichts desamt für Verfassungsschutz. Wir haben uns die Frage zu dem Thema, dass die Journalisten mittlerweile den Ver- gestellt: Wie schaffen wir das? Wie schaffen wir hier einen fassungsschutz abschöpfen. Vielmehr erwecken Sie den Neuanfang? Sie sagen Reorganisation, in der befinden Sie Eindruck, als gäbe es hier im Haus, zumindest zwischen sich ein Dreivierteljahr. Sie sagen weiter so. Wir sagen, denen, die den Verfassungsschutz befürworten, einen lasst uns das Landesamt auflösen und neu gründen. Ich Streit um den Einsatz von V-Leuten. Niemals, niemals ist weiß, dass dieses spektakulär klingt, aber das ist nicht das von unserer Seite bestritten worden, dass der Verfassungs- erste Mal in Deutschland, dass so etwas in Angriff genom- schutz selbstverständlich V-Leute einsetzen muss, um opti- men wird. Wir sagen, unser Vorschlag ist derjenige, der mal zu arbeiten. Aber wir sagen, es gibt Grenzen. Und am schnellsten zum Ziel führt. was bei Dienel richtig war, muss auch für Brandt gelten. Wir haben mittlerweile, anders als damals bei der Grün- (Beifall bei der SPD) dung des Verfassungsschutzes, viele gute, fähige und ausgebildete Thüringer, ob bei der Polizei oder im Bereich Erkannt hat das auch der Fraktionsvorsitzende der CDU- der Verwaltung. Dieses kann kein Problem sein. Und auch Landtagsfraktion. Seine erste Reaktion, seine richtige, auf über die Spekulationen, was denn nach der Auflösung pas- die Bekanntwerdung des Falles Brandt war: "Wenn die- siert, will ich zwei Sätze verlieren. Die drei Varianten sind, 3702 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 und die erste lehnen wir ab, und da mache ich einfach einen (Heiterkeit bei der CDU) Punkt dahinter, das Amt nicht wieder neu zu gründen. So etwas ist mit uns schlicht und einfach nicht zu machen. das will ich Ihnen ganz deutlich sagen, und das unterstreicht das Kleine und das Miese, was ich betont habe. Es ist eine Es gibt dann zwei Varianten, über die ich sehr wohl der Anzeige gegen unbekannt. Aber niemand hat in diesem Meinung bin, dass man darüber diskutieren sollte, nämlich, Zusammenhang nur an einer Stelle versäumt, immer wie- gründen wir, wie bisher, wieder ein Amt, oder machen der die Namen Matschie und Pohl zu nennen. Es war eine wir z.B. eine Abteilung beim Innenministerium auf. Ich regelrechte Strategie, die da durchgegangen ist. sage ihnen, in der Debatte sind wir offen. Die Debatte möchten wir schlicht und einfach auf fachlicher Ebene (Zwischenruf Abg. Pohl, SPD: Es sind doch ganz gern miteinander führen. Kommt man zum Ergebnis, Namen gefallen.) dass eine Abteilung die bessere Lösung wäre, benötigt man eine Änderung der Thüringer Landesverfassung. Für diese Das ist das, was wir an dieser Stelle nicht hinnehmen. Sie Mehrheit, die dann gebraucht wird, steht die SPD zur Ver- haben von vornherein gewusst, wo die Sache hingeht. fügung. Selbst, Herr Ministerpräsident, wenn ich Ihren Überle- Meine Damen und Herren, lassen Sie es mich auf den gungen folge, dass es das Recht des Ministers war, denken Nenner bringen: Packen Sie es endlich an, kehren Sie den Sie über meine Überlegungen nach. Wenn jetzt nicht er- Müll aus diesem Haus und sorgen Sie mit dafür, dass mittelt wird, ist es die Pflicht, sich zu entschuldigen für das Landesamt für Verfassungsschutz endlich an die Ar- das, was er an dieser Stelle getan hat. beit kommt. (Zwischenruf Abg. Dr. Zeh, CDU: Entschul- Herr Ministerpräsident, was den zweiten Antrag betrifft, digung gegen unbekannt.) waren Ihre Ausführungen mehr als dünn. Meine Damen und Herren, die Staatsanwaltschaft ermittelt (Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Ihre auch.) nämlich nicht. Damit sind alle Argumente von dieser Seite förmlich als ad absurdum geführt. Es ist natürlich bezeich- Ich ahne warum, ohne es auszusprechen. Die Anzeige im nend, dass es für die Klage eine Presseerklärung gibt aus Rahmen um die Auseinandersetzung des Verfassungs- dem Hause Köckert, aber über das Schreiben der Staats- schutzes ist eine Ungeheuerlichkeit. Ich behaupte, es ging anwaltschaft an das Haus nicht. Wir alle wissen, wir ken- nicht darum, dass der Innenminister sein Recht wahrnimmt. nen die Spielregeln, wenn es eine Vorermittlung gäbe, hätte Ich behaupte, es ging darum, mit Dreck zu werfen in der die Staatsanwaltschaft an die Landtagspräsidentin heran- Hoffnung, dass irgendetwas hängen bleibt. treten müssen und um Genehmigung fragen müssen. Die- ses ist nicht geschehen. Sie wissen, es wird diese Anzei- (Beifall bei der SPD) ge nicht weiter verfolgt und Herr Köckert, was bleibt: Sie sind auf der ganzen Linie gescheitert. Das, das sage ich Ihnen ganz offen, sind diese kleinen, mie- sen und vergifteten Dinge, die ich in der Politik so hasse. Ich möchte so schnell wie möglich einen funktionieren- den Verfassungsschutz in Thüringen, damit wir gemeinsam (Zwischenruf Abg. Schwäblein, CDU: Haben gegen Rechts unsere Aufgaben wahrnehmen können. Aber Sie mal in den Spiegel geschaut?) einfach die Gemeinsamkeit gegen Rechts zu beschwören und den möglichen Partner dabei in die Kniekehlen zu Meine Damen und Herren, was nutzt es uns eigentlich, treten, mag Ihr politischer Stil sein, unserer wird es nie diese ständig gebrauchte Phrase von Ihrer Seite, die zwei werden. demokratischen Volksparteien in diesem Haus, wenn der Innenminister einmal unter Druck geraten ist, Amok läuft Meine Damen und Herren, und Anzeige erstattet gegen den Landesvorsitzenden der Thüringer SPD und gegen ein Mitglied der SPD-Land- (Unruhe bei der CDU) tagsfraktion. ich habe so viel Zeit hier vorn ... (Zwischenruf Abg. Dr. Zeh, CDU: Wo steht denn das?) (Zwischenruf Abg. Wunderlich, CDU: Heute hat er einen schlechten Tag erwischt, der Dies war nichts anderes, als eine gezielte Attacke, mit Gentzel.) dem Versuch, die Leute ruhig zu stellen. Wo das steht, Herr Zeh - wenn Sie schon fragen, gucken Sie mich auch Du hattest noch nie einen guten. an, wenn ich mit Ihnen rede -, (Heiterkeit im Hause) (Beifall bei der SPD) Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3703

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir brauchen Sie wissen, dass im Verfassungsschutzgesetz von Thürin- einen Neuanfang beim Thüringer Verfassungsschutz, die gen mehrere Dinge festgeschrieben wurden. Da ist einmal SPD hat einen konstruktiven und guten Vorschlag dazu festgeschrieben, dass die fortwirkenden Strukturen von gemacht. Ich möchte Sie bitten, stimmen Sie unserem MfS, AfNS weiterhin vom Verfassungsschutz des Frei- Antrag auf Auflösung und Neugründung des Landesam- staats Thüringen beobachtet werden. tes für Verfassungsschutz zu. (Beifall bei der CDU) (Beifall bei der SPD) Das steht in anderen Ländern nicht drin. Das ist der erste Vizepräsidentin Ellenberger: Grund, der Ihnen überhaupt nicht schmeckt. Wir haben auch weiterhin drinstehen, dass auch z.B. Scientology Herr Fiedler, Sie haben als Nächster das Wort. hier in Thüringen beobachtet wird. Herr Kollege Dewes, auch das, denke ich, ist eine wichtige Geschichte, wenn Abgeordneter Fiedler, CDU: auch in den Zeitungen steht -

(Zwischenruf Abg. Schwäblein, CDU: Tu (Heiterkeit bei der CDU) ihm nicht so sehr weh.) bleiben Sie nur hier oder hören Sie draußen mit zu -, dass Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Her- man hier gegebenenfalls, man muss ja nicht alles glau- ren, es ist schon heute um diese Zeit ein Stück aus dem ben, was in den Zeitungen steht, dass Sie Scientology hier Tollhaus, was uns hier angeboten wird. nach den Aussagen nicht beobachtet haben wollten. Ich weiß nicht, ob es stimmt, es steht in der Zeitung. Bitte? (Beifall bei der CDU) (Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Spinn hier Es schreit förmlich zum Himmel, Herr Gentzel, Sie als nicht rum, Mensch.) Vorsitzender der SPD-Fraktion, einer Volkspartei, man sollte sich von vornherein überlegen, mit wem man sich Sie sind ja nun noch nicht so lange hier dabei, Sie waren einlässt und mit wem man gegebenenfalls ins Bett stei- auch noch nicht in der Parlamentarischen Kontrollkom- gen will. mission. Sie lassen sich immer wieder Dinge einreden von bestimmten Leuten, machen Sie sich doch einmal kun- (Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Richtig.) dig. Ich denke auch, dass hier in Thüringen, und jetzt kom- me ich noch einmal zu den Dingen, weil immer wieder Wenn ich hier auf diese rechte Seite schaue, Sie haben hier etwas in den Raum gestellt wird, dass der Verfassungs- es doch heute gehört von dem Herrn Kollegen Dittes. schutz in Thüringen nicht arbeitet. Es ist schlimm, was zur- Ich fange bewusst dort an. Sie haben es doch von Herrn zeit passiert, gerade auch dass die zwei Gruppierungen im Kollegen Dittes gehört. Dieser Herr Kollege Dittes hat Raume hier nicht dazu beitragen, dass diese schwierige Ihnen doch noch einmal deutlich gemacht, wo er denn Situation, die der Innenminister Köckert jetzt bereinigen hin will. Selbst der verehrte Kollege Richard Dewes, der muss, den Saustall, der hier hinterlassen wurde, den er jetzt weiter hinten sitzt, er hat es jetzt schon sehr schwer, mit ausmisten muss, wenn er in die Verteidigungslinie gehen und hier einige Dinge durchsetzen will. Nach den Attacken, die von der (Beifall bei der CDU) PDS hier geführt wurden, und ich glaube, einige der Kollegen hier von der rechten Seite, von mir aus gesehen, dass hier immer wieder das Amt von Ihnen mit diskri- haben das auch nicht allzu gern gesehen. Aber eines muss miniert wird. Es ist nicht so einfach, wenn man gerade, man erst einmal zur Kenntnis nehmen, und das ist das, und es ist auch der zweite Antrag, der hier von der SPD was man einfach verinnerlichen muss, die PDS wollte noch mit eingebracht wurde, es geht nämlich hier um Geheim- nie den Verfassungsschutz und sie will auch keinen. nisschutz.

(Unruhe bei der PDS) (Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Beleidi- gung.) Sie sucht jede Gelegenheit, ja, da können Sie ruhig klopfen, wir wissen es ja, dass Sie den nicht wollen. Sie Das können Sie sehen da hinten in Ihrer letzten Reihe - wollen nicht, dass hier demokratisch mitgeholfen wird, Beleidigung -, also das kommt mir auch nicht darauf an. dass Rechts- und Linksextremismus mit den Möglich- Die Beleidigung, die hier gegen die Mitarbeiterinnen und keiten des Rechtsstaats bekämpft werden kann. Mitarbeiter des Verfassungsschutzes - da gibt es 99 Pro- zent oder mehr -, die hier eine gute Arbeit machen, Sie (Beifall bei der CDU) beleidigen die auch ununterbrochen. Die können sich nicht wehren, aber wir können für sie sprechen. 3704 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

(Beifall bei der CDU) gehört habe, seit Herr Präsident Sippel im Amt ist, hat er eine hervorragende Arbeit geleistet und versucht, das Amt Ich kann Ihnen nur sagen, ich bin auch viele Jahre Mit- voll in den Griff zu bekommen. glied mit anderen Kollegen in der so genannten PKK, das ist kein einfaches Gremium, denn Nummer 1 ist: Erst ein- (Beifall bei der CDU) mal muss man dieses hohe Haus überwinden, dass man die Mehrheit bekommt, dass man überhaupt in diesem Gre- Ich denke, dass der Innenminister des Freistaats Thüringen mium mitarbeiten darf. Ich kann Ihnen sagen, die Kolle- auch hier alle Möglichkeiten einsetzt, damit wir wieder gen, die da drin sind, dass diese Mitarbeit nicht eine so ganz ein Amt bekommen, was uns weiter in der Bekämpfung einfache Arbeit ist. Man muss nämlich bei jedem Wort von Rechts- und Linksextremismus, insgesamt von Extre- aufpassen, was man irgendwo spricht, dass man nämlich mismus zur Verfügung steht. keinen Geheimnisverrat begeht. Ich sage für jeweils die Mitglieder, die ich in der PKK kenne, ich traue es keinem (Beifall bei der CDU) zu, dass er dort irgendetwas verraten hat. Das ist meine Auffassung, die ich dazu habe, aber auch wir sind nur Ich möchte sehen, wenn die Opposition aufsteht, wenn Menschen. es wieder zu Schorba oder ähnlichen schlimmen Dingen kommt. Das ist schlimm, dass solche Dinge passieren, (Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU) aber wir wissen aus der polizeilichen Arbeit, unterhalten Sie sich einmal mit Polizisten, die dort Ahnung haben, Kollege Wetzel, warst du schon einmal mit in der PKK? wie viele Hinweise die schon durch das Landesamt für Dann ist es gut, dann halte dich bitte zurück. Verfassungsschutz bekommen haben, sonst hätten wir viele Dinge in dem Land überhaupt nicht unterdrücken Mir geht es einfach darum, dass hier in der PKK die Dinge können, wenn der Rechtsextremismus hier aufmarschiert. entsprechend vorgetragen werden. Man muss aufpassen, Das ist mit der Hilfe von dem Landesamt für Verfassungs- dass man diese Dinge nicht irgendwo benennt. Das ist schutz passiert. Ich danke noch einmal den gutwilligen nicht so einfach. Ich will noch einmal darauf verweisen, Kolleginnen und Kollegen, die uns dort mithelfen. Dass dass gerade Geheimnisverrat hier bis zu zehn Jahren mit es wenige in dem Amt gibt, und es kann nur ein ganz ge- entsprechenden Sanktionen bedacht ist, weil das immer ringer Prozentsatz sein, die hier einfach ihre persön- so locker und so einfach dahingesagt wird. Ich denke auch, lichen Dinge, ich sage einmal, ins gesamte Land hinein- ich traue auch dem verehrten Kollegen Dr. Dewes nicht tragen, weil sie sich irgendwo mit jemandem gestritten zu, obwohl er, jetzt komme ich einmal zu den Ankündi- haben. Das ist verwerflich, das ist eine bodenlose - ja, gungen, die hier gemacht wurden, auch hier in diesem das Wort sage ich jetzt nicht noch einmal -, diese Dinge hohen Hause oder vor Presse, dass dort gesagt wurde, Sie müssen mit allen Mitteln aufgearbeitet werden. können darauf warten, dass noch weitere Ankündigungen kommen. Ich traue dem Herrn Kollegen Dewes nicht zu, Meine Damen und Herren, wir brauchen diesen Verfas- dass er gegebenenfalls Geheimnisverrat begeht. Das werde sungsschutz. Ich kann nur jedem empfehlen, Herr Kollege ich ihm nicht zutrauen, dass er solche Dinge hier irgend- Pohl und Herr Kollege Richard Dewes und alle, die mit Po- wo nennt, aber er hat die Äußerung gemacht, dass noch lizei zu tun haben, was wären wir, wenn wir diese Hin- mehr kommt, was an die Öffentlichkeit kommt. Ich hoffe, weise auch in den zurückliegenden Jahren nicht gehabt hät- Sie haben das nur unbedacht dahingesagt, Herr Kollege, ten, denn die haben uns viel und weitergeholfen. Jetzt kom- dass da nichts dahinter steht. Ich traue Ihnen das nicht zu. me ich auf den Antrag zurück, ob nun Dienel oder Brandt, machen wir uns doch nichts vor, das sind windige Ele- Ich denke, meine Damen und Herren, wir sollten uns mente, das ist Abschaum der Gesellschaft. Solche Leute wieder einmal darauf besinnen, dass wir hier eine Ver- kann man überhaupt nur mit Geld dazu bringen, dass sie antwortung haben. noch ihre eigenen Kollegen, oder wie man sie immer nen- nen will, diese Truppenteile dort, verraten. Da braucht man (Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Ja.) ihnen nichts vorzumachen. Wer sich die Dinge etwas näher betrachtet, der weiß ganz genau, dass hier diese Leute, weil Auf der einen Seite kommt immer mehr der Rechtsextre- sie permanent kein Geld haben, das Geld für sich selber mismus nach oben, wir bemühen uns mit allen Mitteln, verbrauchen. Man sollte nicht so einen Popanz hier auf- ihn zu bekämpfen, und dann tun wir das Instrumenta- bauen, dass man sagt, sie haben damit vielleicht noch einen rium, was dabei mithelfen kann, obwohl es jetzt Schwierig- Umsturz hier geplant. Das ist doch alles dummer Quatsch, keiten hat, es ist in schweren Wassern, das Landesamt für wenn man sich solche Dinge einmal näher betrachtet. Verfassungsschutz, dass wir dieses Amt unterstützen. Wir sollten hier alles tun, wir sollten auch hier den Innenmi- Und jetzt kommen wir zur Auflösung des Amtes, Herr nister unterstützen, dass er mit dem neuen Präsidenten Kollege Pohl. Herr Gentzel, was hier gefordert wurde, Sippel, und meine Damen und Herren, ohne Geheimnis- das wird so locker daher gesagt, dass man sagt, da lösen verrat aus der Parlamentarischen Kontrollkommission be- wir doch das Amt auf und fangen wieder von vorn an. gehen zu wollen, aus meinem Kenntnisstand, den ich dort Das hieße, dass ca. 80 Leute, und fast alle dort machen Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3705 hervorragende Arbeit, aufgeteilt werden, denn die kann Gentzel, in Richtung PDS und stellen Sie sich einmal vor, ich ja nicht entlassen, auf die Landesverwaltungen, 80 dass Sie vielleicht gerade hier mit diesen Damen und Her- unzufriedene Menschen, die von ihrer Arbeit woanders ren eine Koalition bilden. Der Herrgott möge es verhüten hin gesteckt werden und fange wieder von vorn an. So und die Wählerinnen und Wähler in Thüringen mögen auch stellen Sie sich das einfach vor. Dann schaffe ich neue verhüten, dass so etwas passiert. Wenn Sie so weiterma- 80 Stellen und da fange ich wieder von vorne an. Also, ich chen, nimmt Sie überhaupt niemand mehr ernst. glaube, wer sich das einmal ernsthaft etwas näher betrach- tet, Sie haben sich dort etwas vergaloppiert. Ich bitte ein- (Beifall bei der CDU) fach darum, bei allem Ärgernis, das es hier gibt, dass hier die Volkspartei SPD wieder auf den Boden zurückkommt. Darum bitte ich Sie einfach, kommen Sie auf den Boden Natürlich wird versucht, hier, da man den Ansatz spürt, der Realitäten wieder zurück. Ich glaube, selbst Richard den Innenminister zu diskreditieren. Das ist doch nur Ihr Dewes wird es schwer fallen, nach den Attacken hier von Ansatz. Sie meinen, jetzt ist die Hatz eröffnet, dann fangen rechts überhaupt noch etwas dazu beizutragen. Ich glaube, wir einmal mit dem Verfassungsschutz an, dann schie- man muss deutlich machen, dass insbesondere die PDS ben wir mit der Feuerwehr ein bisschen nach, um ihm hier in Thüringen diese Linie verfolgt und ich kann nur immer wieder etwas anzuhängen. So kann es nicht gehen. der PDS sagen, versuchen Sie doch wieder zurückzukom- Dann sollten Sie konkrete Fakten auf den Tisch legen. men, dass wir hier das Instrumentarium brauchen für den Rechtsstaat und ich kann den Kollegen und Kolleginnen in (Beifall bei der CDU) Berlin nur auf den Weg geben, sie sollten heute einmal hier hereingeguckt haben, wenn Sie dort mit der PDS Meine Damen und Herren, ich habe mich jetzt leicht er- zusammengehen. Es wird fürchterlich. eifert, wenn man immer wieder, gerade in der Parlamen- tarischen Kontrollkommission - wir haben seit vielen Jahren (Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Gott immer wieder, das kann ich jedenfalls, solange wie ich schütze Thüringen.) dort drin war und für die Kollegen, die dort drin waren - die eine Truppe hat sich ja immer verweigert - sie schwätzt (Beifall bei der CDU) zwar, wie der Herr Dittes von Dingen, als ob er dabei ge- sessen hätte, aber er hat von nichts eine Ahnung. Aber Vizepräsidentin Ellenberger: die, die drin waren in dieser Parlamentarischen Kontroll- kommission, wissen, wenn bestimmte Dinge - und die Ver- Herr Minister Köckert, Sie haben das Wort. fassung hat uns das zugewiesen und die entsprechenden Gesetze -, dass wir immer wieder den Auftrag dort ganz Köckert, Innenminister: klar wahrgenommen haben, egal, welcher Innenminister das war, ob er Dewes hieß oder ob er Köckert hieß. Die Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, Parlamentarische Kontrollkommission hat ihren Auftrag auch wenn sich manches hier so darstellt, ist es im Grunde dort wahrgenommen und hat auch Akteneinsicht und ähn- genommen nur eine bewusst wieder neu aufgelegte Sit- liche Dinge, die dort möglich sind, sich nicht gescheut - zung von vor einem Monat und Teile der Rede von Herrn fragen Sie Ihren Kollegen, ohne dass er Ihnen im Detail Gentzel sind ja dieser vorherigen Rede wieder entlehnt. etwas sagt, er kann Ihnen sagen, dass wir die Instrumen- Wiederholung erfreut, sagt das Sprichwort, Herr Gentzel. tarien, die uns zur Verfügung stehen, genutzt haben und So soll man zu Ihrem Antrag doch Folgendes sagen und das nicht immer nur zur Freude der Landesregierung. kann man sagen: Zerstören ist bekanntlich leichter als auf- Aber ich denke, dafür sind wir vom Parlament gewählt, bauen. Dieses Sprichwort scheint sich noch nicht zur Thü- dass wir auch dieses hinterschauen und hinterblicken. Herr ringer SPD oder zu manchen ihrer Abgeordneten herum- Kollege Gentzel, gesprochen zu haben. Was Sie mit Ihrem Antrag wollen, ist klar; Berliner Verhältnisse, zumindest im Verfassungs- (Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Ja.) schutz. Die PDS will laut ihrem politischen Programm den Verfassungsschutz am liebsten ganz abschaffen. Die SPD ich möchte Sie wirklich bitten, nach dem, was heute auch will Auflösung und Neuaufbau nach Berliner Muster. hier die PDS losgelassen hat, überlegen Sie sich erstens, ob Sie den Antrag aufrechterhalten. Ich würde Sie einfach (Zwischenruf Abg. Pohl, SPD: Nein, das ist bitten, ziehen Sie ihn zurück. Ich wünsche mir, dass die falsch gesagt. Wir haben beide Möglichkeiten Exekutive einfach aufpasst, dass sie nicht überzieht. Ich aufgezeigt.) sage bewusst, nicht überzieht. Aber ich sage auch dazu, auch Abgeordnete sind nicht heilig und wenn man meint, Zumindestens erwägen Sie es als Möglichkeit. Einreißen sie haben Gesetzesverstöße begangen, dann muss man und aufbauen, so ungefähr nach dem Prinzip der schöpferi- eben die Mittel einsetzen. Ich habe meine Meinung dazu schen Zerstörung, wenn man das nehmen kann. Ich frage ganz klar gesagt. Ich bitte einfach darum, dass die SPD mich, ob Sie merken, dass Sie eigentlich genau damit je- und ich traue dieser Volkspartei zu, weiterhin Verantwor- nen in die Hände arbeiten, die mit Vehemenz die Zer- tung zu tragen. Sehen Sie sich einmal an, Herr Kollege störung des Amtes betreiben, 3706 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

(Beifall bei der CDU) Willen aus dem Landesamt abgeordnet oder versetzt wer- den müssen. Fragen über Fragen. Diese Beispiele zeigen das auch in den letzten Wochen; all diese werden mit Ver- es ja, Herr Kollege Dewes. Genau diese Beispiele zeigen, gnügen Ihren Antrag zur Kenntnis genommen haben. Die was passieren kann mit solchen Beamten. Fragen über SPD will auflösen, Personal umsetzen und neu aufbauen. Fragen, auf die Sie nur eine Antwort kennen, nämlich Keine Spur einer Antwort auf die Frage, was mit dem Per- Schweigen. Da sagt Ihr Antrag nichts dazu. Es gibt einen sonal passieren soll, woher man die Experten rekrutieren einzigen Satz in der Begründung der SPD, den ich voll und will. Glauben Sie denn, meine Damen und Herren, mit ganz unterschreiben kann, nämlich, das Land Thüringen Ihrem Antrag der weitaus überwiegenden Mehrheit der braucht einen funktionsfähigen Verfassungsschutz sowohl Verfassungsschutzmitarbeiter gerecht zu werden, die seit im Bereich der Extremismusbekämpfung als auch in der Jahren ihren Dienst korrekt und gut versehen? Gibt es für Spionageabwehr. Ich bedaure, dass in Ihrem Antrag nicht Sie so etwas wie Kollektivhaftung? Es fragt sich doch nur, das aufgenommen wurde, was Sie in der Rede, Herr ob Sie sich bei Ihrer Antragstellung über die Einzelheiten Gentzel, zur letzten Sitzung gesagt haben, auch für die Be- der Umorganisation einer solchen Behörde im Klaren sind. kämpfung der organisierten Kriminalität, meine Damen Nehmen wir das Beispiel Berlin. Wenn ich Ihnen hier etwas und Herren. Aufklärung bieten darf, dann hat Ihre Anfrage ja wenig- stens diesen Zweck erreicht. Wissen Sie eigentlich, dass (Beifall bei der CDU) in Berlin nach der formalen Auflösung des Verfassungs- schutzes und dessen Integration als Abteilung in den Se- Wenigstens in diesem Ziel sind wir uns einig. Wenn wir nat für Inneres laut Presseberichten 50 bis 70 Prozent des uns auch noch über den richtigen Weg einigen könnten, ehemaligen Personals erneut beim Verfassungsschutz tätig wäre viel für unser Land gewonnen. Denn was wir am sind? Wissen Sie eigentlich, dass seit der Umstrukturie- allerwenigsten brauchen, das sind die Nebenkriegsschau- rung in Berlin eine Welle von Kündigungsschutzklagen plätze, die von den eigentlichen Herausforderungen ablen- der Betroffenen läuft, dass Beamte mit langjährigem Vor- ken. Was wir auch nicht brauchen, meine Damen und Her- lauf im Verfassungsschutz Konkurrentenklagen gegen neue ren, das sind die selbst berufenen vermeintlichen Brand- Beamte, die dort noch nicht tätig waren, eingeleitet ha- schützer, die in früheren Jahren herzlich wenig zum vor- ben, über die noch längst nicht entschieden ist? Und wollen beugenden Brandschutz beigetragen haben und heute aber Sie allen Ernstes solche Berliner Verhältnisse bei uns in barrelweise Öl ins Feuer gießen, um dann Zeter und Mordio Thüringen? Wir denken, dass für uns dieser Berliner Weg zu schreien, dass die Feuerwehr den Brand nicht sofort alles andere ist als eine Patentlösung. und vorgestern schon gelöscht hat.

(Beifall bei der CDU) (Beifall bei der CDU)

Das bisherige Personal ist umzusetzen, sagen Sie. So ein- Meine Damen und Herren, um kurz einige Sätze zu sagen fach ist das nach Ihrer Meinung. Aber wenn man fragt zu einer vermeintlichen Anzeige, die es so nicht gibt: Wie wohin in Zeiten, da der öffentliche Dienst überall Perso- Sie selbst wissen, es gibt keine Anzeige des Staatssekre- nal abbaut, tärs gegen den Landesvorsitzenden der Thüringer SPD und es gibt keine Anzeige des Staatssekretärs gegen ein (Zwischenruf Abg. Vopel, CDU: Herr Mitglied der SPD-Fraktion wegen Verdachts auf Geheim- Gentzel braucht Redenschreiber.) nisverrat. da ist nur Schweigen im Walde. Wollen Sie denn allen (Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Brief.) Ernstes, dass einige wenige unzufriedene Geheimnisträ- ger, die sich nicht mehr im Amt befinden, tatsächlich durch Der Antragsteller weiß das wohl, schließlich hat er das plumpe Indiskretion eine ganze Behörde zertrümmern Wort "alt" in der Anfrage selbst in Anführungsstriche ge- können. setzt. Man hört es ja nicht und übersieht es leicht. Was es gibt, und das ist die Wahrheit, ist ein Schreiben des (Zwischenruf Abg. Schwäblein, CDU: Die Innenstaatssekretärs vom 27. Mai an die Staatsanwalt- kommen in die SPD-Geschäftsstelle.) schaft Erfurt. Er bringt dort der Staatsanwaltschaft einen Sachverhalt zur Kenntnis, der aus seiner Sicht Anlass zu Da wird es natürlich brisant. Was ist mit der Übergangs- strafrechtlichen Ermittlungen gibt. Der beruft sich dabei zeit im Niemandsland, bis eine neue Behörde errichtet auf Presseveröffentlichungen, die auf angebliche Kennt- ist? Soll das unter dem Motto laufen "Extremisten aller nisse aus der Parlamentarischen Kontrollkommission Be- Länder vereinigt euch", am besten im Transitland Thü- zug nehmen. Die Zeitungsquellen sind exakt angegeben. ringen in der Mitte Deutschlands, im Eldorado der Radi- Fazit: Es gibt keine Anzeige gegen bestimmte Personen. kalen ohne Verfassungsschutz, bis ein neues Amt errichtet Das Innenministerium hat nicht angezeigt, sondern den worden ist? Mit all den Hypotheken, die es dann mit sich Staatsanwalt gebeten, diesen Sachverhalt zu prüfen. Die herumtragen muss, wie der Fall Berlin zeigt. Ganz zu unabhängige Justiz um unvoreingenommene und unbeein- schweigen, was mit den Beamten ist, die gegen ihren flussbare Überprüfung zu bitten, ist ein ganz normaler ele- Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3707 mentarer rechtsstaatlicher Vorgang, meine Damen und Vizepräsidentin Ellenberger: Herren. Herr Abgeordneter Dr. Dewes, Sie haben als Nächster (Beifall bei der CDU) das Wort.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das ist nor- Abgeordneter Dr. Dewes, SPD: mal?) Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Her- Die in der Begründung des SPD-Antrags und auch in der ren Abgeordneten, Herr Kollege Fiedler, ich war mit den Presse zitierte Äußerung des Pressesprechers der Staatsan- Ausführungen des Kollegen Dittes auch nicht zufrieden. waltschaft Erfurt wurden von diesem so nicht abgege- ben. Fakt ist, der Pressesprecher hat mitgeteilt, dass ein (Beifall bei der CDU) Prüfvorgang im Register angelegt wurde und dass die Staatsanwaltschaft untersucht, ob zureichende Anhalts- (Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das ist in punkte für strafbare Handlungen vorliegen und dies ist Ordnung.) genau das, was der Staatssekretär im Innenministerium bezweckte - nicht mehr und nicht weniger, meine Da- Ich bin allerdings in der hoffnungsvollen Erwartung, dass, men und Herren. wenn es um die konkrete Frage der Weiterentwicklung dieses Bereiches geht, auch aus den Reihen der PDS die (Beifall bei der CDU) Zustimmung dafür vorhanden ist, diesen Bereich auf der Grundlage des Grundgesetzes und der Landesverfassung Genau dies hat die Staatsanwaltschaft in einem Schrei- als sensiblen wichtigen Bereich fortzuentwickeln und ben am 31.05. dieses Jahres dem Innenministerium mit- das nicht grundsätzlich in Frage zu stellen. geteilt. Sie hat auch mitgeteilt, dass sie den Anfangsver- dacht nicht für gegeben hält, weil offen sei, welcher Per- (Beifall bei der SPD) sonenkreis außerhalb der PKK ebenfalls über die in Frage stehenden Einzelheiten unterrichtet war. Möglicherweise (Zwischenruf Abg. Wunderlich, CDU: Genau könne zwar aus den abgedruckten Äußerungen des SPD- so ist es.) Landesvorsitzenden der Schluss gezogen werden, dass Er- kenntnisse aus der PKK parteiintern verwertet worden Meine sehr verehrten Damen und Herren, vielleicht zu- seien, allerdings sei dem Interview nicht zu entnehmen, nächst einige Anmerkungen zu dem, was der Herr Minis- um welche Art von Erkenntnissen es sich im Einzelnen terpräsident hier dargetan hat. Herr Dr. Vogel, ich muss gehandelt haben soll. Ihnen sagen, ich bin sehr enttäuscht darüber, ich habe mich zunächst gewundert, dass Sie sich gemeldet haben, aber ich Meine Damen und Herren, man kann unterschiedlicher bin vor allem enttäuscht über das, was Sie gesagt haben. Meinung sein über diese Einschätzung der Staatsanwalt- Vor allem was Sie gesagt haben im Hinblick auf das Ka- schaft, aber niemand denkt daran, die freie Entscheidung pitel: Anzeigen des Staatssekretärs im Innenministerium des Staatsanwalts zu beeinflussen oder zu kritisieren, gegen einen Bundestagsabgeordneten (gleichzeitig Lan- meine Damen und Herren. desvorsitzender der Thüringer SPD) und den stellvertre- tenden Fraktionsvorsitzenden der SPD-Landtagsfraktion. (Beifall bei der CDU) Herr Innenminister Köckert, wenn Sie sagen, es ist kei- ne Anzeige, als Jurist kann ich Ihnen sagen, ein Brief an Die Schublade Verfassungsschutz sollten wir langsam die Staatsanwaltschaft, der einen Sachverhalt wiedergibt, schließen, denn das Thema eignet sich nicht für den bei dem es möglicherweise um die Erfüllung von Straf- Marktplatz, auch nicht für die politische Polemik. tatbeständen geht, braucht nicht das Vokabular Anzeige zu enthalten. Die Staatsanwaltschaft ist nach einem Zei- (Beifall bei der CDU) tungsartikel von Amts wegen verpflichtet zu ermitteln und dies ist hier geschehen. Hier ist, Wir jedenfalls, meine Damen und Herren, werden kon- sequent den in Gang befindlichen internen Reorganisa- (Zwischenrufe aus der CDU-Fraktion ) tionsprozess fortführen, denn in der momentanen Situa- tion gilt es energisch vorzugehen, dabei aber nicht völlig (Zwischenruf Abg. Dr. Zeh, CDU: Das ist jegliches Augenmaß zu verlieren, meine Damen und doch selbstverständlich.) Herren. - nein - und das muss man doch schlicht und ergreifend (Beifall bei der CDU) sagen, der Versuch gemacht worden, den SPD-Landesvor- sitzenden und das Mitglied der PKK Günter Pohl öffent- lich zu diskreditieren und zu versuchen, öffentlichen Druck auszuüben durch einen solchen Brief. 3708 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

(Beifall bei der SPD) Was Ihre Anmerkung zum Abgeordneten Ramelow an- geht, auch dies einmal in aller Deutlichkeit, die Präsi- Meine sehr verehrten Damen und Herren, einmal was die dentin war ja aufgrund der Geschäftsordnung gehindert, rechtliche Seite angeht, es gibt eine Strafvorschrift dazu im Ihnen einen Ordnungsruf zu erteilen. Aber ich will hier StGB, im Strafgesetzbuch, nämlich § 353 b Abs. 4. Dort in aller Deutlichkeit sagen, dies war unter der Gürtellinie. heißt es, dass es zwei Ermächtigungen voraussetzt, um sol- Auch dies muss ich Ihnen sagen, ches zu tun, in diesem Fall. Die erste Ermächtigung ist eine Ermächtigung der Landesregierung und Herr Minis- (Beifall bei der SPD) terpräsident, soweit ich mich noch erinnere an die fünf Jahre unserer gemeinsamen Zusammenarbeit, es gibt eine bin ich von Ihnen in der Vergangenheit nicht gewöhnt Geschäftsordnung der Landesregierung. Es hätte eines Ka- gewesen, eine solche Bemerkung, die so ehrverletzend war. binettsbeschlusses bedurft - belehren Sie mich - meine Auf- fassung ist es, es hätte eines Kabinettsbeschlusses bedurft, (Zwischenruf Abg. Wolf, CDU: Das haben die Ermächtigung der Landesregierung hier zu erteilen und doch Sie der Presse erzählt.) nicht des Briefes - und nicht nur in der großen Koalition, Herr Gnauck. Ich weiß nicht, ob Sie die Geschäftsordnung (Zwischenruf Dr. Vogel, Ministerpräsident: mittlerweile geändert haben. Es gibt rechtlich zunächst erst Wieso eigentlich?) einmal keine Ermächtigung und Herr Ministerpräsident, was mich auch gewundert hat, ich habe der Frau Parla- Doch ehrverletzend, weil Sie einem Abgeordneten in mentspräsidentin nach diesem Ereignis einen Brief ge- aller Öffentlichkeit hier unterstellen, nicht zu wissen was er schrieben als Abgeordneter und dort dargelegt, dass ich sagt. Das ist ehrverletzend, Herr Dr. Vogel. Ich will das dieses Verfahren weder für rechtlich geboten, noch für po- nicht kommentieren, das mag die Öffentlichkeit selber litisch angemessen halte und dass ich dies als einen Ein- tun. Herr Dr. Vogel und meine sehr verehrten Damen griff in Parlamentsrechte sehe. Wir haben auch ein Ge- und Herren von der CDU: Ich kann Ihnen nur auch mit spräch geführt und ich hatte den Eindruck, dass sie zu- einer gewissen Süffisanz hier sagen, es sind noch etwas mindest persönlich weder involviert noch besonders ein- über 3 Jahre bis zur nächsten Landtagswahl. Aber ich kann verstanden waren mit dieser Verfahrensweise. Deshalb Ihnen nur sagen, was die Anzeige angeht gegen den Lan- hat mich das gewundert, was Sie hier ex cathedra nun zum desvorsitzenden der SPD, machen Sie nur so weiter und Besten gegeben haben, nämlich dass Sie sich vorbehalt- glauben Sie nicht, dass wir einfach über solche Dinge los vor den Innenminister und seinen Staatssekretär ge- zur Tagesordnung übergehen. Das verspreche ich Ihnen. stellt haben. Das ist für mich eine Offenbarung, Herr Dr. Vogel. Ich muss Ihnen sagen, mich wundert es, weil ich Sie (Zwischenruf Abg. Dr. Zeh, CDU: Das soll bisher, was diese Dinge angeht, anders gekannt habe, nicht wohl eine Drohung sein?) nur, was die politische Klugheit angeht, sondern auch was die demokratische Kultur und deren Begrifflichkeit (Beifall bei der SPD) und Ausfüllung angeht. Das ist ein Hinweis darauf, wie man miteinander umgeht. (Zwischenruf Dr. Vogel, Ministerpräsident: Ich kann Ihnen sagen, ich werde persönlich sehr viel da- Ich habe den Staatssekretär gar nicht ge- für tun, dass meine Partei solche Dinge nicht vergisst. nannt.) (Beifall bei der SPD) Herr Dr. Vogel, der Staatssekretär hat aber den Brief an den Staatsanwalt geschrieben und er hat ihn geschrieben Vizepräsidentin Ellenberger: im Auftrag und, so steht es in seiner Ermächtigung, für die Landesregierung. Herr Abgeordneter Dewes, erlauben Sie eine Zwischen- frage? (Zwischenruf Dr. Vogel, Ministerpräsident) Abgeordneter Dr. Dewes, SPD: Nein, Herr Dr. Vogel, der Staatssekretär im Innenminis- terium hat den Brief an die Staatsanwaltschaft gerichtet Gern. für die Landesregierung, die von Ihnen geführt wird. Ich hätte von Ihnen erwartet, dass zu dieser Vorgehensweise Abgeordneter B. Wolf, CDU: Sie sich klipp und klar distanziert hätten, distanziert hätten, weil dies ein Vorgehen ist, das ungeheuerlich ist, weil Herr Kollege Dewes, ich frage Sie jetzt einmal als Jurist: es dazu dient, Parlamentarier, insbesondere die Oppo- Wenn jemand in der Zeitung darüber berichtet, dass er in sition, mundtot zu machen. einer Landesvorstandssitzung die Sitzung der PKK auswer- tet, ist das nicht in Ihren Augen eine Selbstbezichtigung? (Beifall bei der SPD) Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3709

Abgeordneter Dr. Dewes, SPD: denen Datenträger wieder aufgefunden werden.

Herr Kollege, ich kann Ihnen versichern und ich habe die Zurück zu der Neugründung: Unsere Auffassung ist es, Zeitung auch gelesen, dass der Landesvorsitzende der SPD dass es sinnvoll wäre und Herr Innenminister Köckert, weder Mitglied der PKK ist noch im Landesvorstand der hier geht es nicht um ein Mißtrauen gegenüber den Mit- SPD PKK-Sitzungen ausgewertet werden. arbeiterinnen und Mitarbeitern des Landesamtes für Ver- fassungsschutz, Fakt ist, dass es in diesem Landesamt Meine sehr verehrten Damen und Herren, vielleicht noch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gibt, die Geheimschutz einige Anmerkungen zu dem aus meiner Sicht wichtig- nicht als ihre Aufgabe ansehen, die bereit sind, Strafrechts- sten Teil des heutigen Antrags, nämlich dem Antrag, das grenzen zu überschreiten und Geheimnisse aus dem Amt Landesamt für Verfassungssschutz aufzulösen und es neu weiterzugeben. Es ist eine Frage der staatspolitischen Klug- zu gründen. Herr Innenminister, wir nehmen für uns in heit, auch der staatspolitischen Verantwortung, wenn man Anspruch, keine Anträge in die Welt zu setzen, von de- die Arbeitsfähigkeit dieses Amtes wieder herstellen will. nen wir der Auffassung sind, dass sie sachlich nicht be- Wenn der neue Präsident des Amtes, den Sie installiert gründbar und dass sie nicht umsetzbar sind. Ich sage dies haben, tatsächlich eine Chance haben soll, dann wird er in voller Verantwortung für das, was ich weiß und ich fühle diese Chance nur bekommen, wenn das Amt vollständig mich mit meiner Fraktion nach wie vor verantwortlich neu personalisiert wird. Ich weiß vom Bundesinnenminis- dafür, dass wir einen funktionsfähigen Inlandsgeheim- terium, dass es bereit ist, hier mitzuhelfen. dienst in diesem Lande haben. Nach den vergangenen Wo- chen und Monaten steht für uns und auch für mich fest, (Heiterkeit bei der CDU) das Landesamt für Verfassungsschutz ist derzeit nicht ar- beitsfähig. Wenn es so ist, wie es heute zum Beispiel in Ich bin ganz sicher, dass auch die Innenminister der be- der "Thüringer Allgemeinen" gewesen ist, dass wieder- nachbarten Bundesländer, dass die Innenminister von holt, und das war eine Wiederholung, interne Aktenstü- Bayern, von Sachsen und Hessen und Sachsen-Anhalt be- cke aus dem Landesamt, nämlich Verfügungen mit Akten- reit sind, hier mitzuhelfen, das Landesamt in einer über- zeichen, in der Zeitung veröffentlicht werden. Heute hat schaubaren Zeit neu aufzubauen. Herr Pfeiffer in einem Artikel eine Verfügung dargetan mit dem entsprechenden Aktenzeichen und hat dargetan, dass Meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU- im Zusammenhang mit dem Abschalten von Herrn Brandt Landtagsfraktion, ich kann Ihnen versichern, dies ist mög- ein bestimmter Vorgang stattgefunden hat und da sage ich, lich und dies ist auch sachlich geboten. Der Innenminis- das ist wiederholt nun vorgekommen. Ich habe den Ein- ter wäre gut beraten, würde er auf diesen Vorschlag ein- druck, dass dieses Amt nicht mehr dicht ist. gehen. Ich bin ganz sicher, er wird große Probleme haben und sein Amtschef auch in den nächsten Wochen und Mo- Ich will Ihnen auch etwas sagen im Kontext mit der heuti- naten, die Arbeitsfähigkeit dieses Amtes wieder herzustel- gen Meldung, was die Festplatten aus dem Innenministe- len. Was die Übergangszeit angeht, Herr Innenminister rium angeht. Herr Dr. Vogel, ich bin sehr gespannt darauf, Köckert, Sie haben, ich habe mir das aufgeschrieben, von dass die Ermittlungsbehörden des Freistaats jetzt tätig wer- einem El Dorado der Radikalen in Thüringen geredet. den, dass von der Zeitung "Freies Wort", da geht es nicht Ich bin ganz sicher, wenn mit Verstand an diese Proble- um das Privileg der Presse, Informanten zu schützen, son- matik herangegangen wird, dass diese Situation nicht dern es geht darum, dass Datenträger, die durch strafba- eintreten wird. Ich bin ganz sicher, dass Sie dann in spä- re Handlungen erlangt worden sind, die im Hinblick auf testens einem halben bis einem Jahr wieder ein Amt zur ihre staatspolitische Bedeutung einen bestimmten Geheim- Verfügung haben, das in der Lage ist, seine Aufgabe zu er- haltungsgrad haben. Ich erwarte, dass die Justizbehörden füllen. Dies sollte unser gemeinsames Interesse sein. Und, entsprechende rechtliche Maßnahmen ergreifen, in den Herr Ministerpräsident Vogel, der Schluss Ihrer Ausfüh- Besitz dieser Datenträger zu gelangen. Ich bin gespannt rungen in allen Ehren, der Aufruf zur Gemeinsamkeit, und ich habe es heute auch in einer Pressekonferenz ge- dafür sind Sie berühmt, dies zu tun. Nun, dann tun Sie sagt, es gibt zwei Möglichkeiten. Es gibt Möglichkeiten, auch etwas dafür. dass es Datenträger sind, die Kopie der Originale, die ent- wendet worden sind, darstellen oder es gibt eine Möglich- (Beifall bei der SPD) keit, das ist die zweite, dass es sich um Kopien der Da- tenträger handelt, die als Sicherungskopien 1997 gefertigt Wir haben bisher Anträge gestellt und Vorschläge ge- worden sind und die sich immer noch im Zuständigkeits- macht, die haben Sie allesamt abgelehnt. Sie waren nicht bereich des Innenministeriums befinden. Ich warte auf die- bereit, uns mit einzubeziehen, die Parlamentsfraktionen, se Ergebnisse. Denn nach Versicherung des Bundeskri- Sie waren nicht bereit, die Verbände mit einzubeziehen, minalamtes ist es kein Problem festzustellen, ob und von Sie waren nicht bereit, wirklich einen runden Tisch zu wem dann von welchen Datenträgern diese Kopien gezo- bilden zur Bekämpfung des Rechtsextremismuis. Diese gen worden sind. Ich wünsche mir und Sie verstehen das Sprüche, die hier von diesem Pult aus abgesetzt werden, sicher, dass es keinen gibt, der ein größeres Interesse daran sind das eine, aber die Taten, nämlich uns mit einzube- hat, dass dies aufgeklärt wird und dass diese verschwun- ziehen, die ausgestreckte Hand, unsere ausgestreckte Hand 3710 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 tatsächlich wirklich aufzunehmen, das ist eine andere So wie wir in den Jahren 1995 bis 1999 keine Staats- Sache und das würde ich mir wünschen. Herzlichen Dank. krise hatten, als Festplatten geklaut worden sind - dazu ist heute einiges gesagt worden manches veröffentlicht wor- (Beifall bei der SPD) den - und so wie wir von 1995 bis 1999 keine Staatskri- se hatten und auch zum Innenminister gestanden haben, Vizepräsidentin Ellenberger: haben wir heute keine Staatskrise und stehen auch heute zum Innenminister, Herr Abgeordneter Althaus. Bitte, Sie haben das Wort. (Beifall bei der CDU) Abgeordneter Althaus, CDU: weil es viel wichtiger ist, deutlich zu machen, dass dieses Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Her- Verfassungsschutzamt, so wie auch die anderen Instrumen- ren, um noch einmal unmissverständlich zu sagen, Herr te unseres freiheitlichen Rechtsstaats eine klare Repres- Dr. Dewes, trotz Ihres Pathos, den Sie besonders in den sionsaufgabe gegen den Rechtsextremismus, den Links- letzten Zeilen deutlich ausgedrückt haben, uns geht es extremismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt haben. Das um die konsequente Bekämpfung des Rechtsextremis- steht im Mittelpunkt der Debatte, die wir führen sollten und mus und des Extremismus in diesem Land. Worum es nicht eine Pseudodebatte, die sich daran immer wieder Ihnen geht, ist mir auch nach dem heutigen Tag nicht so auch entfacht. Wenn Informationen nach außen kommen, recht klar. Scheinbar geht es Ihnen darum, ein Thema poli- diese Informationen einem Geheimschutzverrat sehr deut- tisch zu instrumentalisieren, für sich persönlich und auch lich entsprechen, ist das der Mittelpunkt einer Debatte, die für die Opposition insgesamt. Das ist mit uns nicht zu selbstverständlich Staatsanwälte und die Justiz führen müs- machen. Wir brauchen den Verfassungsschutz, wir brau- sen. Uns muss es aber darum gehen, den Extremismus zu chen dieses Verfassungsschutzamt und es ist überhaupt kei- bekämpfen als zentrale Aufgabe. Ich denke, auch da gilt, ne Frage, dass durch eine kluge Reorganisation dieses Ver- was von 1995 bis 1999 galt, nämlich diese zentrale Auf- fassungsschutzamt auch in der Zukunft seine wichtigen gabe im Mittelpunkt zu sehen und dafür etwas zu tun. Aufgaben wahrnehmen kann. Diese zentrale Aufgabe gilt auch heute. Ich würde mich freuen, wenn Sie diese politische Klugheit, die Sie damals (Beifall bei der CDU) hatten, auch heute anwenden würden, dann würden wir diese unsinnige Debatte auch bald beenden. Worum es Ihnen geht von der PDS, das ist ja deutlich ge- worden wieder einmal, es erübrigt sich jeder Kommentar, (Beifall bei der CDU) es macht nur deutlich, dass es gut und richtig ist, dass das Bundesverfassungsschutzamt Teile der PDS verfas- Vizepräsidentin Ellenberger: sungsrechtlich überprüft und kontrolliert. Es gibt eine weitere Wortmeldung, Herr Abgeordneter (Beifall bei der CDU) Pohl.

Nun geht es darum, Schwierigkeiten, die aufgetreten sind, Abgeordneter Pohl, SPD: nicht erst in den letzten Monaten, sondern die Geschichte hat einen längeren Ursprung, zu beheben, die politischen Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es ist heute Konsequenzen zu ziehen und die fachlichen Konsequen- auch das Wort gefallen, ich weiß nicht, von welcher Seite, zen zu ziehen. Dazu hat der Innenminister sowohl in der "ehrverletztend". Ich muss Ihnen sagen auch von dieser letzten Plenarsitzung als auch heute, als auch sicher in der Stelle aus, ich fühle mich in meiner Ehre verletzt. Ich PKK sehr Deutliches ausgedrückt. Das ist auch genau die denke, Herr Innenminister, Sie haben diesen SchererBrief, parlamentarische Kontrolle, die notwendig ist und die wir der geschrieben worden ist, er ist auch an die Presse gekom- gemeinsam geschaffen haben, damit dieses Amt seine men, ich möchte nicht sagen lanciert worden, dort ist er wichtige Aufgabe wahrnehmen kann. Ich kann überhaupt ja auch wieder in andere Kreise hineingekommen. Und nicht erkennen, welchen Grund wir haben sollten, bei einem ich hätte von Ihnen auch erwartet, auch im Zusammen- so wichtigen Thema die politische Profilierung und auch hang des Nennens von Namen, mal zu erklären, wie das die Instrumentalisierung durch eine Partei, durch eine Frak- auch gemeint ist. Sie haben das einfach laufen lassen und tion in den Mittelpunkt zu rücken. Das sind peinliche Auf- erst jetzt nach einer Woche oder nach 14 Tagen hat man tritte. Sehr geehrter Herr Dewes, wenn ich weiß und sehr dann erfahren, wie das die Staatsanwaltschaft im Grun- genau weiß, welche Verantwortung Sie und wir gemein- de genommen meint. sam von 1994 bis 1999 getragen haben, dann hätte ich Ihnen mehr politische Klugheit zugetraut. Ich muss Ihnen auch sagen, Herr Innenminister, am 9. Juni haben Sie auch in der "Thüringer Allgemeinen" noch ein- (Beifall bei der CDU) mal in einem Interview gesagt, auf die Frage Abschal- tung usw.: Ich weiß nicht, woher Sie die Zahlen haben, ich kenne sie nur vom SPD-Abgeordneten Pohl. Entwe- Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3711 der, Herr Innenminister, Sie haben in der Vergangenheit die Zeitung nicht gelesen, denn ich muss Ihnen sagen, diese Meldungen von den sieben Treffen, die wurden in der TLZ am 19. Mai vom Abgeordneten Ramelow ge- nannt und, ich denke, am 22 Mai, drei oder vier Tage da- nach, wurde auch über diese Zahl, über diese Cirkazahlen im "Freien Wort" und in der "Thüringer Allgemeinen" geschrieben - exakt diese Zahlen und erst am 26.05. habe ich dann gesagt: "Wenn es bis Mai diese Treffen gegeben habe ..." usw. Ich habe im Konjunktiv gesprochen und habe mich auch auf diese Pressemeldungen bezogen. Sie soll- ten auch diese Dinge sauber klären. Ich denke, wenn man über 11 Jahre Parlamentarier ist, wenn man viel in dieser PKK gearbeitet hat und ich bin stolz auf diese Arbeit und denke, dass wir auch eine gute Arbeit geleistet haben, sollte man in dieser Frage auch ein klärendes Wort an die Öffent- lichkeit geben, um die Ehre nicht zu verletzen, sondern um die Ehre auch wieder herzustellen. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Vizepräsidentin Ellenberger:

Jetzt sehe ich keine weiteren Wortmeldungen mehr. Dann schließe ich die Aussprache und wir kommen zunächst auf die Drucksache 3/1643 zurück. Ich möchte zum Ab- schluss feststellen, ob das Berichtsersuchen erfüllt ist. Er- hebt sich Widerspruch? Das ist nicht der Fall, damit ist das Berichtsersuchen erfüllt.

Jetzt kommen wir zum Antrag in Drucksache 3/1630, es ist keine Ausschussüberweisung beantragt worden, wir können also direkt über diesen Antrag abstimmen. Wer für diesen Antrag stimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Der Antrag ist mit einer sehr großen Zahl von Gegenstimmen abgelehnt.

Ich schließe die Tagesordnungspunkte 16 a und 16 b und wir beenden für heute unsere Tagesordnung. Ich erinnere daran, dass die Gastgeber schon längere Zeit auf uns war- ten. Ich hoffe, Sie haben einen vergnügten Abend.

E n d e d e r S i t z u n g: 21.02 Uhr 3712 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

Anlage 1

Namentliche Abstimmung in der 45. Sitzung am 14.06.2001 zum Tagesordnungspunkt 3

Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Personalvertretungsgesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/1419 - hier: Änderungsantrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/1653 -

1. Althaus, Dieter (CDU) nein 47. Lieberknecht, Christine (CDU) nein 2. Arenhövel, Johanna (CDU) nein 48. Lippmann, Frieder (SPD) ja 3. Bechthum, Rosemarie (SPD) ja 49. Mohring, Mike (CDU) nein 4. Becker, Dagmar (SPD) ja 50. Neudert, Christiane (PDS) 5. Bergemann, Gustav (CDU) nein 51. Nitzpon, Cornelia (PDS) ja 6. Böck, Willibald (CDU) nein 52. Nothnagel, Maik (PDS) ja 7. Bonitz, Peter (CDU) nein 53. Panse, Michael (CDU) nein 8. Botz, Dr. Gerhard (SPD) ja 54. Pelke, Birgit (SPD) 9. Braasch, Detlev (CDU) nein 55. Pidde, Dr. Werner (SPD) ja 10. Buse, Werner (PDS) ja 56. Pietzsch, Dr. Frank-Michael (CDU) nein 11. Carius, Christian (CDU) nein 57. Pohl, Günter (SPD) ja 12. Dewes, Dr. Richard (SPD) 58. Pöhler, Volker (CDU) nein 13. Dittes, Steffen (PDS) ja 59. Primas, Egon (CDU) nein 14. Doht, Sabine (SPD) ja 60. Ramelow, Bodo (PDS) ja 15. Döring, Hans-Jürgen (SPD) ja 61. Schemmel, Volker (SPD) ja 16. Ellenberger, Irene (SPD) ja 62. Scheringer, Konrad (PDS) ja 17. Emde, Volker (CDU) nein 63. Schröter, Fritz (CDU) nein 18. Fiedler, Wolfgang (CDU) nein 64. Schuchardt, Dr. Gerd (SPD) 19. Fischer, Dr. Ursula (PDS) ja 65. Schugens, Gottfried (CDU) nein 20. Gentzel, Heiko (SPD) 66. Schuster, Franz (CDU) 21. Gerstenberger, Michael (PDS) 67. Schwäblein, Jörg (CDU) nein 22. Goebel, Prof. Dr. Jens (CDU) nein 68. Sedlacik, Heidrun (PDS) ja 23. Grob, Manfred (CDU) nein 69. Seela, Reyk (CDU) nein 24. Groß, Evelin (CDU) nein 70. Sklenar, Dr. Volker (CDU) nein 25. Grüner, Günter (CDU) nein 71. Sonntag, Andreas (CDU) nein 26. Hahnemann, Dr. Roland (PDS) ja 72. Stangner, Dr. Isolde (PDS) 27. Heß, Petra (SPD) ja 73. Stauch, Harald (CDU) nein 28. Heym, Michael (CDU) nein 74. Tasch, Christina (CDU) nein 29. Höhn, Uwe (SPD) ja 75. Thierbach, Tamara (PDS) 30. Huster, Mike (PDS) ja 76. Trautvetter, Andreas (CDU) nein 31. Illing, Konrad (CDU) nein 77. Vogel, Dr. Bernhard (CDU) nein 32. Jaschke, Siegfried (CDU) nein 78. Vopel, Bärbel (CDU) nein 33. Kallenbach, Jörg (CDU) nein 79. Wackernagel, Elisabeth (CDU) nein 34. Kaschuba, Dr. Karin (PDS) ja 80. Wehner, Wolfgang (CDU) nein 35. Klaubert, Dr. Birgit (PDS) ja 81. Wetzel, Siegfried (CDU) nein 36. Klaus, Dr. Christine (SPD) ja 82. Wildauer, Dr. Heide (PDS) ja 37. Koch, Dr. Joachim (PDS) nein 83. Wolf, Bernd (CDU) nein 38. Köckert, Christian (CDU) nein 84. Wolf, Katja (PDS) 39. Kölbel, Eckehard (CDU) nein 85. Wunderlich, Gert (CDU) nein 40. Kraushaar, Dr. Ingrid (CDU) nein 86. Zeh, Dr. Klaus (CDU) nein 41. Krauße, Horst (CDU) nein 87. Zimmer, Gabriele (PDS) 42. Kretschmer, Otto (SPD) ja 88. Zitzmann, Christine (CDU) nein 43. Kretschmer, Thomas (CDU) nein 44. Krone, Klaus, von der (CDU) nein 45. Kummer, Tilo (PDS) 46. Lehmann, Annette (CDU) nein Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3713

Anlage 2

Namentliche Abstimmung in der 45. Sitzung am 14.06.2001 zum Tagesordnungspunkt 13

Ja zur Erhöhung der Thüringer Regelsätze sowie des Kindergeldes Antrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/1623 - hier: Nummer 1

1. Althaus, Dieter (CDU) nein 48. Lippmann, Frieder (SPD) Enthaltung 2. Arenhövel, Johanna (CDU) nein 49. Mohring, Mike (CDU) 3. Bechthum, Rosemarie (SPD) Enthaltung 50. Neudert, Christiane (PDS) 4. Becker, Dagmar (SPD) 51. Nitzpon, Cornelia (PDS) ja 5. Bergemann, Gustav (CDU) nein 52. Nothnagel, Maik (PDS) ja 6. Böck, Willibald (CDU) nein 53. Panse, Michael (CDU) nein 7. Bonitz, Peter (CDU) nein 54. Pelke, Birgit (SPD) Enthaltung 8. Botz, Dr. Gerhard (SPD) 55. Pidde, Dr. Werner (SPD) 9. Braasch, Detlev (CDU) nein 56. Pietzsch, Dr. Frank-Michael (CDU) nein 10. Buse, Werner (PDS) ja 57. Pohl, Günter (SPD) Enthaltung 11. Carius, Christian (CDU) nein 58. Pöhler, Volker (CDU) nein 12. Dewes, Dr. Richard (SPD) Enthaltung 59. Primas, Egon (CDU) nein 13. Dittes, Steffen (PDS) ja 60. Ramelow, Bodo (PDS) ja 14. Doht, Sabine (SPD) 61. Schemmel, Volker (SPD) nein 15. Döring, Hans-Jürgen (SPD) Enthaltung 62. Scheringer, Konrad (PDS) 16. Ellenberger, Irene (SPD) Enthaltung 63. Schröter, Fritz (CDU) nein 17. Emde, Volker (CDU) nein 64. Schuchardt, Dr. Gerd (SPD) Enthaltung 18. Fiedler, Wolfgang (CDU) nein 65. Schugens, Gottfried (CDU) 19. Fischer, Dr. Ursula (PDS) 66. Schuster, Franz (CDU) 20. Gentzel, Heiko (SPD) Enthaltung 67. Schwäblein, Jörg (CDU) nein 21. Gerstenberger, Michael (PDS) ja 68. Sedlacik, Heidrun (PDS) ja 22. Goebel, Prof. Dr. Jens (CDU) nein 69. Seela, Reyk (CDU) nein 23. Grob, Manfred (CDU) nein 70. Sklenar, Dr. Volker (CDU) nein 24. Groß, Evelin (CDU) nein 71. Sonntag, Andreas (CDU) nein 25. Grüner, Günter (CDU) nein 72. Stangner, Dr. Isolde (PDS) 26. Hahnemann, Dr. Roland (PDS) ja 73. Stauch, Harald (CDU) nein 27. Heß, Petra (SPD) Enthaltung 74. Tasch, Christina (CDU) nein 28. Heym, Michael (CDU) nein 75. Thierbach, Tamara (PDS) 29. Höhn, Uwe (SPD) Enthaltung 76. Trautvetter, Andreas (CDU) nein 30. Huster, Mike (PDS) ja 77. Vogel, Dr. Bernhard (CDU) nein 31. Illing, Konrad (CDU) nein 78. Vopel, Bärbel (CDU) nein 32. Jaschke, Siegfried (CDU) nein 79. Wackernagel, Elisabeth (CDU) nein 33. Kallenbach, Jörg (CDU) nein 80. Wehner, Wolfgang (CDU) nein 34. Kaschuba, Dr. Karin (PDS) ja 81. Wetzel, Siegfried (CDU) nein 35. Klaubert, Dr. Birgit (PDS) 82. Wildauer, Dr. Heide (PDS) ja 36. Klaus, Dr. Christine (SPD) Enthaltung 83. Wolf, Bernd (CDU) nein 37. Koch, Dr. Joachim (PDS) ja 84. Wolf, Katja (PDS) ja 38. Köckert, Christian (CDU) nein 85. Wunderlich, Gert (CDU) nein 39. Kölbel, Eckehard (CDU) nein 86. Zeh, Dr. Klaus (CDU) nein 40. Kraushaar, Dr. Ingrid (CDU) nein 87. Zimmer, Gabriele (PDS) 41. Krauße, Horst (CDU) nein 88. Zitzmann, Christine (CDU) nein 42. Kretschmer, Otto (SPD) Enthaltung 43. Kretschmer, Thomas (CDU) 44. Krone, Klaus, von der (CDU) nein 45. Kummer, Tilo (PDS) 46. Lehmann, Annette (CDU) nein 47. Lieberknecht, Christine (CDU) nein 3714 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

Anlage 3

Namentliche Abstimmung in der 45. Sitzung am 14.06.2001 zum Tagesordnungspunkt 13

Ja zur Erhöhung der Thüringer Regelsätze sowie des Kindergeldes Antrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/1623 - hier: Nummer 2

1. Althaus, Dieter (CDU) nein 48. Lippmann, Frieder (SPD) ja 2. Arenhövel, Johanna (CDU) nein 49. Mohring, Mike (CDU) nein 3. Bechthum, Rosemarie (SPD) ja 50. Neudert, Christiane (PDS) 4. Becker, Dagmar (SPD) 51. Nitzpon, Cornelia (PDS) ja 5. Bergemann, Gustav (CDU) nein 52. Nothnagel, Maik (PDS) ja 6. Böck, Willibald (CDU) nein 53. Panse, Michael (CDU) nein 7. Bonitz, Peter (CDU) nein 54. Pelke, Birgit (SPD) ja 8. Botz, Dr. Gerhard (SPD) 55. Pidde, Dr. Werner (SPD) 9. Braasch, Detlev (CDU) nein 56. Pietzsch, Dr. Frank-Michael (CDU) nein 10. Buse, Werner (PDS) ja 57. Pohl, Günter (SPD) ja 11. Carius, Christian (CDU) nein 58. Pöhler, Volker (CDU) nein 12. Dewes, Dr. Richard (SPD) ja 59. Primas, Egon (CDU) nein 13. Dittes, Steffen (PDS) ja 60. Ramelow, Bodo (PDS) ja 14. Doht, Sabine (SPD) 61. Schemmel, Volker (SPD) ja 15. Döring, Hans-Jürgen (SPD) ja 62. Scheringer, Konrad (PDS) 16. Ellenberger, Irene (SPD) ja 63. Schröter, Fritz (CDU) nein 17. Emde, Volker (CDU) nein 64. Schuchardt, Dr. Gerd (SPD) ja 18. Fiedler, Wolfgang (CDU) nein 65. Schugens, Gottfried (CDU) 19. Fischer, Dr. Ursula (PDS) Enthaltung 66. Schuster, Franz (CDU) 20. Gentzel, Heiko (SPD) ja 67. Schwäblein, Jörg (CDU) nein 21. Gerstenberger, Michael (PDS) ja 68. Sedlacik, Heidrun (PDS) ja 22. Goebel, Prof. Dr. Jens (CDU) nein 69. Seela, Reyk (CDU) nein 23. Grob, Manfred (CDU) nein 70. Sklenar, Dr. Volker (CDU) nein 24. Groß, Evelin (CDU) nein 71. Sonntag, Andreas (CDU) nein 25. Grüner, Günter (CDU) nein 72. Stangner, Dr. Isolde (PDS) 26. Hahnemann, Dr. Roland (PDS) ja 73. Stauch, Harald (CDU) nein 27. Heß, Petra (SPD) ja 74. Tasch, Christina (CDU) nein 28. Heym, Michael (CDU) nein 75. Thierbach, Tamara (PDS) 29. Höhn, Uwe (SPD) 76. Trautvetter, Andreas (CDU) nein 30. Huster, Mike (PDS) ja 77. Vogel, Dr. Bernhard (CDU) nein 31. Illing, Konrad (CDU) nein 78. Vopel, Bärbel (CDU) nein 32. Jaschke, Siegfried (CDU) nein 79. Wackernagel, Elisabeth (CDU) nein 33. Kallenbach, Jörg (CDU) nein 80. Wehner, Wolfgang (CDU) nein 34. Kaschuba, Dr. Karin (PDS) ja 81. Wetzel, Siegfried (CDU) nein 35. Klaubert, Dr. Birgit (PDS) 82. Wildauer, Dr. Heide (PDS) ja 36. Klaus, Dr. Christine (SPD) ja 83. Wolf, Bernd (CDU) nein 37. Koch, Dr. Joachim (PDS) ja 84. Wolf, Katja (PDS) ja 38. Köckert, Christian (CDU) nein 85. Wunderlich, Gert (CDU) nein 39. Kölbel, Eckehard (CDU) nein 86. Zeh, Dr. Klaus (CDU) nein 40. Kraushaar, Dr. Ingrid (CDU) nein 87. Zimmer, Gabriele (PDS) 41. Krauße, Horst (CDU) nein 88. Zitzmann, Christine (CDU) nein 42. Kretschmer, Otto (SPD) 43. Kretschmer, Thomas (CDU) 44. Krone, Klaus, von der (CDU) nein 45. Kummer, Tilo (PDS) 46. Lehmann, Annette (CDU) nein 47. Lieberknecht, Christine (CDU) nein Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001 3715

Anlage 4

Namentliche Abstimmung in der 45. Sitzung am 14.06.2001 zum Tagesordnungspunkt 13

Ja zur Erhöhung der Thüringer Regelsätze sowie des Kindergeldes Antrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/1623 - hier: Nummer 3

1. Althaus, Dieter (CDU) ja 48. Lippmann, Frieder (SPD) ja 2. Arenhövel, Johanna (CDU) ja 49. Mohring, Mike (CDU) ja 3. Bechthum, Rosemarie (SPD) ja 50. Neudert, Christiane (PDS) 4. Becker, Dagmar (SPD) 51. Nitzpon, Cornelia (PDS) 5. Bergemann, Gustav (CDU) ja 52. Nothnagel, Maik (PDS) ja 6. Böck, Willibald (CDU) ja 53. Panse, Michael (CDU) ja 7. Bonitz, Peter (CDU) ja 54. Pelke, Birgit (SPD) ja 8. Botz, Dr. Gerhard (SPD) ja 55. Pidde, Dr. Werner (SPD) 9. Braasch, Detlev (CDU) ja 56. Pietzsch, Dr. Frank-Michael (CDU) ja 10. Buse, Werner (PDS) ja 57. Pohl, Günter (SPD) ja 11. Carius, Christian (CDU) ja 58. Pöhler, Volker (CDU) Enthaltung 12. Dewes, Dr. Richard (SPD) ja 59. Primas, Egon (CDU) ja 13. Dittes, Steffen (PDS) ja 60. Ramelow, Bodo (PDS) ja 14. Doht, Sabine (SPD) 61. Schemmel, Volker (SPD) Enthaltung 15. Döring, Hans-Jürgen (SPD) ja 62. Scheringer, Konrad (PDS) 16. Ellenberger, Irene (SPD) ja 63. Schröter, Fritz (CDU) ja 17. Emde, Volker (CDU) Enthaltung 64. Schuchardt, Dr. Gerd (SPD) ja 18. Fiedler, Wolfgang (CDU) ja 65. Schugens, Gottfried (CDU) 19. Fischer, Dr. Ursula (PDS) 66. Schuster, Franz (CDU) 20. Gentzel, Heiko (SPD) ja 67. Schwäblein, Jörg (CDU) ja 21. Gerstenberger, Michael (PDS) ja 68. Sedlacik, Heidrun (PDS) ja 22. Goebel, Prof. Dr. Jens (CDU) ja 69. Seela, Reyk (CDU) ja 23. Grob, Manfred (CDU) Enthaltung 70. Sklenar, Dr. Volker (CDU) ja 24. Groß, Evelin (CDU) ja 71. Sonntag, Andreas (CDU) ja 25. Grüner, Günter (CDU) ja 72. Stangner, Dr. Isolde (PDS) 26. Hahnemann, Dr. Roland (PDS) ja 73. Stauch, Harald (CDU) ja 27. Heß, Petra (SPD) ja 74. Tasch, Christina (CDU) ja 28. Heym, Michael (CDU) ja 75. Thierbach, Tamara (PDS) 29. Höhn, Uwe (SPD) 76. Trautvetter, Andreas (CDU) ja 30. Huster, Mike (PDS) ja 77. Vogel, Dr. Bernhard (CDU) ja 31. Illing, Konrad (CDU) Enthaltung 78. Vopel, Bärbel (CDU) ja 32. Jaschke, Siegfried (CDU) ja 79. Wackernagel, Elisabeth (CDU) ja 33. Kallenbach, Jörg (CDU) ja 80. Wehner, Wolfgang (CDU) Enthaltung 34. Kaschuba, Dr. Karin (PDS) ja 81. Wetzel, Siegfried (CDU) Enthaltung 35. Klaubert, Dr. Birgit (PDS) 82. Wildauer, Dr. Heide (PDS) ja 36. Klaus, Dr. Christine (SPD) ja 83. Wolf, Bernd (CDU) Enthaltung 37. Koch, Dr. Joachim (PDS) ja 84. Wolf, Katja (PDS) ja 38. Köckert, Christian (CDU) ja 85. Wunderlich, Gert (CDU) ja 39. Kölbel, Eckehard (CDU) ja 86. Zeh, Dr. Klaus (CDU) ja 40. Kraushaar, Dr. Ingrid (CDU) ja 87. Zimmer, Gabriele (PDS) 41. Krauße, Horst (CDU) ja 88. Zitzmann, Christine (CDU) ja 42. Kretschmer, Otto (SPD) 43. Kretschmer, Thomas (CDU) 44. Krone, Klaus, von der (CDU) ja 45. Kummer, Tilo (PDS) 46. Lehmann, Annette (CDU) ja 47. Lieberknecht, Christine (CDU) nein 3716 Thüringer Landtag - 3. Wahlperiode - 45. Sitzung, 14. Juni 2001

Anlage 5

Namentliche Abstimmung in der 45. Sitzung am 14.06.2001 zum Tagesordnungspunkt 13

Ja zur Erhöhung der Thüringer Regelsätze sowie des Kindergeldes Antrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/1623 - hier: Nummer 4

1. Althaus, Dieter (CDU) nein 48. Lippmann, Frieder (SPD) ja 2. Arenhövel, Johanna (CDU) nein 49. Mohring, Mike (CDU) nein 3. Bechthum, Rosemarie (SPD) ja 50. Neudert, Christiane (PDS) 4. Becker, Dagmar (SPD) 51. Nitzpon, Cornelia (PDS) 5. Bergemann, Gustav (CDU) nein 52. Nothnagel, Maik (PDS) ja 6. Böck, Willibald (CDU) nein 53. Panse, Michael (CDU) nein 7. Bonitz, Peter (CDU) nein 54. Pelke, Birgit (SPD) ja 8. Botz, Dr. Gerhard (SPD) ja 55. Pidde, Dr. Werner (SPD) 9. Braasch, Detlev (CDU) nein 56. Pietzsch, Dr. Frank-Michael (CDU) nein 10. Buse, Werner (PDS) 57. Pohl, Günter (SPD) ja 11. Carius, Christian (CDU) nein 58. Pöhler, Volker (CDU) nein 12. Dewes, Dr. Richard (SPD) ja 59. Primas, Egon (CDU) nein 13. Dittes, Steffen (PDS) ja 60. Ramelow, Bodo (PDS) ja 14. Doht, Sabine (SPD) 61. Schemmel, Volker (SPD) ja 15. Döring, Hans-Jürgen (SPD) ja 62. Scheringer, Konrad (PDS) 16. Ellenberger, Irene (SPD) ja 63. Schröter, Fritz (CDU) nein 17. Emde, Volker (CDU) nein 64. Schuchardt, Dr. Gerd (SPD) ja 18. Fiedler, Wolfgang (CDU) nein 65. Schugens, Gottfried (CDU) 19. Fischer, Dr. Ursula (PDS) 66. Schuster, Franz (CDU) 20. Gentzel, Heiko (SPD) ja 67. Schwäblein, Jörg (CDU) nein 21. Gerstenberger, Michael (PDS) 68. Sedlacik, Heidrun (PDS) ja 22. Goebel, Prof. Dr. Jens (CDU) nein 69. Seela, Reyk (CDU) nein 23. Grob, Manfred (CDU) nein 70. Sklenar, Dr. Volker (CDU) nein 24. Groß, Evelin (CDU) nein 71. Sonntag, Andreas (CDU) nein 25. Grüner, Günter (CDU) nein 72. Stangner, Dr. Isolde (PDS) 26. Hahnemann, Dr. Roland (PDS) ja 73. Stauch, Harald (CDU) nein 27. Heß, Petra (SPD) ja 74. Tasch, Christina (CDU) nein 28. Heym, Michael (CDU) nein 75. Thierbach, Tamara (PDS) 29. Höhn, Uwe (SPD) 76. Trautvetter, Andreas (CDU) nein 30. Huster, Mike (PDS) ja 77. Vogel, Dr. Bernhard (CDU) nein 31. Illing, Konrad (CDU) nein 78. Vopel, Bärbel (CDU) nein 32. Jaschke, Siegfried (CDU) nein 79. Wackernagel, Elisabeth (CDU) nein 33. Kallenbach, Jörg (CDU) nein 80. Wehner, Wolfgang (CDU) nein 34. Kaschuba, Dr. Karin (PDS) ja 81. Wetzel, Siegfried (CDU) nein 35. Klaubert, Dr. Birgit (PDS) 82. Wildauer, Dr. Heide (PDS) ja 36. Klaus, Dr. Christine (SPD) ja 83. Wolf, Bernd (CDU) nein 37. Koch, Dr. Joachim (PDS) ja 84. Wolf, Katja (PDS) ja 38. Köckert, Christian (CDU) nein 85. Wunderlich, Gert (CDU) nein 39. Kölbel, Eckehard (CDU) nein 86. Zeh, Dr. Klaus (CDU) nein 40. Kraushaar, Dr. Ingrid (CDU) nein 87. Zimmer, Gabriele (PDS) 41. Krauße, Horst (CDU) nein 88. Zitzmann, Christine (CDU) nein 42. Kretschmer, Otto (SPD) 43. Kretschmer, Thomas (CDU) 44. Krone, Klaus, von der (CDU) nein 45. Kummer, Tilo (PDS) 46. Lehmann, Annette (CDU) nein 47. Lieberknecht, Christine (CDU) nein