Nr. 11/12 1959 Wissenschaftlicher Dienst Südosteuropa Seite 147

Das albanische Pressewesen

Staat Partei

Die albanische Presse hat eine gewisse Tradition. Als Italien im April 1939 Albanien besetzte, ver­ Obwohl die Albaner das zahlenmäßig kleinste Bal­ suchten die Italiener, die albanische Jugend für den kanvolk sind, wurden sie doch auch von der Be­ Faschismus zu gewinnen, was ihnen auch bis zu freiungsidee, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahr­ einem gewissen Grad gelang. Sie gaben die Zeitun­ hunderts nach dem ersten serbischen Aufstand alle gen „Fashismi“ und „Tomori“ heraus; die Italiener Balkanvölker erfaßte, mitgerissen. In Albanien subventinierten auch die Zeitung „Shkednija“. Als selbst war es in dieser Zeit nicht möglich, Zeitungen sich Italien im Sommer 1943 auf die Seite der Anglo- herauszugeben. Aber die nach Übersee ausgewan- Amerikaner schlug, wurde die italienische Okkupa­ derten oder aus politischen Gründen emigrierten tion durch die deutsche ersetzt. Unter der deutschen Albaner, die in den Hauptstädten des Balkans oder Besetzung erschienen die Zeitungen „“ und Süditaliens lebten, gründeten Zeitungen in albani­ „Baskimi i Kombit“. scher Sprache im Ausland. Die erste albanische Von keinem Volk wird eine Okkupation gewünscht; Zeitung überhaupt erschien bezeichnenderweise in so war die italienische und dann auch die deutsche Istanbul unter dem Titel „Drita“ im Jahre 1884. Besetzung Anlaß zur Gründung von Zeitungen, die den Befreiungskrieg propagierten. Die Zeitungen „Zäni i Lirise“ (die später in „Robni i Liri“ umbe­ Vor und nach dem l. Weltkrieg nannt wurde), „Lufta e Qlirimit kombetare“, „Rini Perpara“ und „Oshetima e Korges“ kämpften für die Drei Jahre später gründeten Zef Schiro und Fran­ nationale Befreiung. cesco Petta in Palermo (Süditalien) die Zeitung „Ar- Die albanischen Kommunisten hatten vor dem beri e re“. Bukarest und Constanza, Sofia und Salo­ zweiten Weltkrieg keine eigene Presse. Sie waren in niki, Bitolj und Triest waren neben Boston die Städte, kleine Gruppen zersplittert, die sich oft gegenseitig in denen Albaner lebten, die sich für die Befreiung bekämpften. Die erste Zeitung der albanischen Kom­ ihres Vaterlandes einsetzten. In Bukarest wurde die munisten, „Liria kombetare“ wurde von einer Gruppe Zeitung „Perlindja“ und in Constanza die Zeitung albanischer Kommunisten gegründet, die nach dem „Shqiperia e re“ herausgegeben. In Istanbul bzw. in Sturz von Fan Noli in die Sowjetunion gingen und Sofia erschien die Zeitung „Drita“ und in Saloniki dort ein nationalrevolutionäres Komitee bildeten. die Zeitung „Diturija“. Im Jahre 1907 kam in Triest Der Führer dieser Gruppe war Ali Kelmendi, der die Zeitung „Dashamiri“ heraus. In den Vereinigten sich eine Zeitlang in der Türkei und danach in Frank­ Staaten von Amerika gründeten die in Boston leben­ reich aufhielt, wo er die Zeitungen „Populli“ und den Albaner die Zeitungen „“ und „Kombi“. „Sazani“ herausgab. „Dielli“ ist auch heute noch das Organ der in Ame­ rika lebenden Albaner, die sich in der Vereinigung Die kommunistische Presse „Vatra“ zusammengeschlossen haben. Für die Entwicklung der albanischen Presse haben Da die Mehrheit der albanischen Zeitungen anti­ die albanischen Franziskaner sehr viel getan. Von kommunistisch war, sah sich die Kommunistische Shkoder (Skutari) aus, wo sich ihr geistiges und reli­ Partei genötigt, eine eigene Presse zu schaffen. Am giöses Zentrum befand, waren die albanischen Fran­ 25. August 1942 erschien die erste Nummer von „Zeri ziskaner die Träger der modernen albanischen Kul­ i Popullit“; ihr folgte auch „Kushtrimi i Lirise“. Im tur. Um die Zeitung „Kohe“ hat sich später die folgenden Jahr begannen die Zeitungen „Bashkimi“ Gesellschaft „Bashkimi“ (Die Vereinigung) geschart. und „Gruaja antifashista“ zu erscheinen, die dazu Die Zeitung wurde von Ndoc Nikaj im Jahre 1910 bestimmt waren, die breiten Volksmassen für die gegründet und redigiert. Zef Valentini gründete die Ziele der KP zu gewinnen. Weitere kommunistische Zeitung „Leka“. Bedeutend ist die Zeitschrift „Hylli Presseorgane waren: in Vlore die Zeitungen „Fshesa“ i Drites“ gewesen, die im Jahre 1913 gegründet und „Trumbeta glirimtare“, „Liri“ in Shkoder und wurde. „Korg'e e re“ in Korce. Im Zivilspital in er­ Zwischen den beiden Weltkriegen erschienen in schien eine Zeitung unter dem Namen „Jeta e spita- Albanien noch folgende Zeitungen: „Bota e re“ und lit“; die Mitarbeiter waren Ärzte, die unter Deck­ „Rilindja“ in Korce, „Perpjekja Shqitare“ in Tirana, namen schrieben. „“ in Gjirokaster, „Jeta e re“ in Vlore, Die antikommunistische Organisation „Balli Kom- „Gazeta e Korges“ in Korce, „Vatra“ und „Shtypi“ betar“ (Die nationale Front) war während des zwei­ in Tirana. Als halboffiziöse galt die Zeitung „Drita“, ten Weltkrieges auf dem Pressesektor recht aktiv. die im Jahre 1936 durch die Zeitung „Besä“ abgelöst Sie gab folgende Blätter heraus: „Mbrotja kombe­ wurde. tare“ und „Flamuri“. Die Anhänger der Legalitäts- Seite 148 Wissenschaftlicher Dienst Südosteuropa Nr. 11/12 1959 bew egung, w ie sich die A nhänger K önig Zogus tar“, die des V erbandes des albanischen Sports die nannten, gaben die Zeitung „Atdbeu“ heraus; sie Zeitung „Sport popullor“. D ie staatliche Universität w urde von G aixho G oga, einem W alachen aus K orce, in Tirana gibt die Zeitung „Universiteti i Tiranes“ der von B eruf Turnlehrer w ar, redigiert. heraus, ferner das B ulletin „Universiteti te Tiranes D ie Presse der albanischen Antikommunisten seria shkencat shoqerore e seria shkencat natyrore“. w urde nach der Machtergreifung der Kommunisten Es erscheinen auch m ehrere Zeitschriften, so z. B. vollkom m en beseitigt. Sie w ird nun in der Em i­ „Nendori“, das O rgan des B undes der albanischen gration fortgesetzt. Zur Zeit erscheint in R om die Schriftsteller und K ünstler, ferner „ po- Zeitung „Flamuri“ als das O rgan der albanischen pullore“; das Gesetzblatt ist die „Gazeta zyrtare“. agrardemokratischen Partei „B alli K om betar“ . D as D ie Zeitschrift „Drejtiri popullore“ w ird vom Justiz­ K om itee „Freies A lbanien “ gibt in N ew Y ork die ministerium und „Arsimi popullore“ vom Erzie­ Zeitung „Shyiptari illire“ heraus, w ährend in In- hungsministerium herausgegeben. R ein propagan­ stanbul die antikommunistische Zeitung „Besä“ er­ distischen Zw ecken dienen die Zeitschriften „Miqe- scheint. D ie Zahl der zur Zeit in der Türkei lebenden skja“, das O rgan der albanisch-sowjetischen G esell­ A lbaner w ird durch Einwanderungen aus Jugosla­ schaft, und „Neues Albanien“, die in m ehreren Spra­ w ien, w o sich viele A lbaner als Türken m elden, um chen für das A usland herausgegeben w ird und für das Land verlassen zu können, im m er größer. D ie den internen G ebrauch als „Shqiptarija e re“ er­ A lbaner aus Jugoslawien, die sich zum Unterschied scheint. von ihren Stammesbrüdern als „K osovaren “ bezeich­ nen, haben eine eigene Organisation und geben in Instanbul ein B ulletin in türkischer und französi­ D ie A lbaner in Jugoslawien scher Sprache unter dem N am en „Perpjekja Koso­ Seit der kommunistischen Machtübernahme hat vare“ heraus. N icht nur dieses B ulletin, sondern auch auch die Verlagstätigkeit zugenommen. N ach „B ash­ die gesam te albanische Presse, sow ohl in A lbanien kim i“ vom 25. A ugust 1959 w urden seit N ovem ber selbst, w ie auch in der Emigration, setzt sich für die Schaffung eines Großalbanien ein. 1944 in A lbanien 750 W erke über Politik und G esell­ schaft m it einer A uflage von 4 500 000 Exem plaren N ach der Machtergreifung im N ovem ber 1944 be­ herausgegeben. A uf dem G ebiet der schönen Litera­ gann die AKP ihre Presse auszubauen. D a es aber tur w urden 820 B uchtitel m it einer A uflage von in A lbanien noch sehr viele Analphabeten gab, an­ 5 000 000 verlegt. dererseits aber auch das geistige N iveau derjenigen, D ie A lbaner in Jugoslawien, deren Zahl nach offi­ die lesen und schreiben konnten, zum großen Teil ziellen jugoslawischen A ngaben 778 088 beträgt, recht bescheiden w ar, m ußte die AKP ihre Presse­ haben einen V erlag in Pristina, der den N am en produkte dem geistigen N iveau der Leserschaft an­ „M ustafa B akiu “ trägt; für sie w erden ferner vier passen. N och auf dem III. Parteikongreß (vom 25. M ai Zeitschriften und sechs Zeitungen herausgegeben. bis zum 3. Juni 1956) forderte Enver H oxha, der N ach der B elgrader „B orba“ vom 7. N ovem ber 1958 erste Sekretär des ZK der Albanischen Partei der erscheint in Pristina die Tageszeitung „Rilindja“ als A rbeit (APA), daß die Parteipresse so gem acht w er­ O rgan des „Sozialistischen B undes des arbeitenden den m üsse, daß sie auch der einfache M ensch ver­ V olkes von K osovo und M etohija.“ D aneben er­ stehe. In seinem R eferat führte H oxha aus: „W ir scheinen „Zäni i Rinise“, das O rgan des „Nationalen m üssen der Entwicklung der Presse und des R und­ B undes der Jugend “ für K osovo und M etohija, fer­ funks besondere Aufmerksamkeit w idm en ... U n­ ner „Ndertuesi“, das O rgan der Gewerkschaften und sere Presse soll noch einfacher, konkreter und den „Gazeta e pioniereve“, das O rgan der Pionierorgani­ arbeitenden M enschen noch zugänglicher sein.“ sation. A uch die Zeitungen „Agimi“ und „Bujku i re“ erscheinen in K osovo und M etohija, w ährend in D ie Partei kontrolliert der VR M azedonien die Zeitung „Flaka e vlazninit“ herausgegeben w ird. A lle albanischen Zeitungen, die im Lande heraus­ gegeben w erden, erscheinen unter der unmittelbaren (Quellen: Julian Amery: Sons of the Eagle. A Study A ufsicht der APA. D ie führende Zeitung ist „Zeri i in Guerilla War. London 1948. Dedijer, Vladimir: Jugo- slovensko-albanski odnosi (1939—1948). Die jugosla­ Popullit“, das O rgan des ZK s der APA; sie hat eine wisch-albanischen Beziehungen 1939—1948. Belgrad 1949. A uflage von 58 000 Exemplaren. D as O rgan der „D e­ Hubenofl, A.: Noviat albanski peöat (Die neue albanische mokratischen Front“ , die vom ZK der APA gesteuert Presse). „Rabotniöesko delo“ vom 6. Mai 1952. Perwen- w ird, ist „Bashkimi“, deren A uflage 14 000 beträgt. zew, Arkadi: In Albanien, Berlin 1953. Mann S. E.: Al- „Puna“ ist das O rgan des ZK der kommunistischen banian Literature, London 1955. Manöha, P.: Albania na puti k socializmu (Albanien auf dem Wege zum So­ albanischen Jugend. D er V erband der albanischen zialismus, Moskau 1956). Skedni Stavro: Albania New Journalisten gibt das satirische B latt „“ her­ York 1956. Enver Hoxha: Materiali III. süzda albansoj aus. D as theoretische O rgan des ZK der APA ist die partii truda (Die Materialen vom III. Kongreß der Alba­ Zeitschrift „Rruga e Partise“. Zur Förderung der A r­ nischen Partei der Arbeit) Moskau 1957. Musaraj Shef- qet: Drite nga llogoret (Das Licht aus den Lagern). In beit der Parteiagitatoren auf dem Lande w erden die Zeri i Popullit vom 25. August 1959. Spahiu, Xhafer: „Shenime per agijitatoret“ herausgegeben. Für die Kujtime mbi punen e sktypit illegal te Partise ne Tirane griechische Volksminderheit in A lbanien erscheinen (Die Erinnerungen an die Arbeit der illegalen Presse in die Zeitungen und in grie­ Tirana.) In „Zer i Popullit“ vom 25. August 1959. Zam- „Laikos Wima“ „Eatosi“ puti, Injac: Pasqyre e gjalle e perpjekjeve per glirimin chischer Sprache. D as H auptorgan des albanischen kombetar (Der Spiegel des aktiven Volksbefreiungs­ Verteidigungsministeriums ist die Zeitung „Lufte- kampfes). In „Bashkimi“ vom 25. August 1959.)