Städsches Museum Hann. Münden

NEU ENTDECKEN! Gustav H. Eberlein (1847 - 1926)

Begleitheft zur Ausstellung

Anlässlich des 170. Geburtstages von Gustav Eberlein ehren die Stadt Hann. Mün- den und die Gustav-Eberlein-Forschung e.V. einen ihrer bedeutendsten Künstler.

Der Bildhauer, Maler und Poet Gustav Eberlein gehört zu den wohl bekanntesten und auch produktivsten Künstlern im Deutschland der Kaiserzeit. Er war Mitglied der Kö- niglichen Akademie der Künste zu , wurde 1893 zum Professor ernannt und war um 1900 mit Reinhold Begas der meist beschäftigte Künstler der Berliner Bild- hauerschule.

Das Städtische Museum von Hann. Münden beherbergt im Schloss einen bedeuten- den und umfangreichen Bestand von Eberleins Werken, überwiegend kostbare fragi- le Gipsunikate. In der Ausstellung werden neben Gemälden eine Reihe dieser Gip- sunikate gezeigt, ebenso Exponate aus anderen Materialien wie Mamor und Bronze. Es wird ein Begleitprogramm geben, welches das umfangreiche Schaffen des Künst- lers in vielen Facetten zeigen wird.

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Kunst.

Wohl mag es sein, so kündet die Geschichte, Daß uns ein Großer neue Bahnen zeigt, Wohl mag es sein, daß leuchtend im Gedichte Ein Genius bis zu den Sternen reicht, Ein Künstler in der Phantasie Gesichte Für alle Zeit Unsterbliches erzeugt. Doch glaubt, auch Werke, die schon längst versunken, Stehn wieder auf und sprühen Himmelsfunken .

Gustav Eberlein

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Gewidmet

Eberleinforscher und -experte Prof. Rolf Grimm Heimatforscher Günther Kaerger † Bildhauer und Maler Erhard Joseph, die die Werke Gustav Eberleins zu neuem Leben erweckt haben.

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Danksagung

Wir bedanken uns bei allen herzlich, die es uns ermöglicht haben, sowohl die Dauer- ausstellung neu zu gestalten als auch die Sonderausstellung durchzuführen. Wir danken den zahlreichen Helfern, die im „Hintergrund“ gearbeitet und unsere Ideen und Vorstellungen in die Tat umgesetzt haben. Besonderer Dank gilt Herrn Prof. Rolf Grimm, den Begründer der Gustav-Eberlein- Forschung e.V. und über 30 Jahre erster Vorsitzender derselben. Er hat uns wäh- rend der gesamten Vorbereitungszeit mit zahlreichen Informationen versorgt, viele Fragen zum wiederholten Mal beantwortet und uns damit an seinem enormen Wis- sen teilhaben lassen. Weiterhin möchten wir Frau Krug, Museumsleiterin des Städtischen Museums Hann. Münden, danken. Sie hat uns während der häufigen Arbeitsgruppen -Treffen in den letzten Monaten inspirierend zur Seite gestanden. In den 1980er Jahren hat der Bildhauer und Maler Erhard Joseph an der Restaurie- rung von Eberleinwerken viele Jahre gearbeitet. Seither gilt er als „Eberlein- Restaurator“ regional und überregional. Aus den abertausenden Scherben hat er Eberleins Werke wieder zum Leben erweckt. Dafür danken wir ihm ebenfalls herz- lich. In unseren besonderen Dank schließen wir alle Leihgeber aus Hann. Münden, Han- nover, Essen, Hemmingen, Oldenburg und Leibniz in Österreich ein. Mit ihrer Hilfe können wir der Öffentlichkeit viele bisher nicht ausgestellte Eberleinwerke jetzt vor- stellen.

Elgard Steinmüller

Geschäsfüherin Gustav-Eberlein-Forschung e.V.

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Grußwort von Bürgermeister Harald Wegener

Zum 170. Geburtstag von Prof. Gustav Heinrich Eberlein, gratu- liere ich stellvertretend dem Vorstand der Gustav-Eberlein- Forschung e.V. zu einer gelungenen Jubiläumsausstellung in unserem Städtischen Museum.

Aus vielen Berichten ist bekannt, dass der Künstler Eberlein seine Heimatstadt Münden geliebt hat und noch heute besitzt unser Museum einen der größten Originalbestände an Werken eines in aller Welt bekannten Künstlers.

Viele Ehrenamtliche, Künstler und auch die Verantwortlichen in Politik und Verwal- tung haben sich immer wieder das Ziel gesetzt, ein neues Bewusstsein für den be- rühmten Bildhauer, Maler und Poeten Gustav Heinrich Eberlein zu schaffen.

Einen großen Teil meiner Anerkennung für die unermüdliche Restaurierungsarbeit spreche ich allen Mitgliedern im Vorstand der Gustav-Eberlein-Forschung e.V. aus. Ihnen und auch unserer Museumsleiterin Frau Martina Krug sage ich Dank für eine umfangreiche Arbeit der Vorbereitung dieser besonderen Ausstellung.

Drehen wir die Parkbänke und unsere Blicke mit Stolz hin zu den Kunstwerken, die uns im alltäglichen Leben unserer Stadt, in unserem Museum und im Eberleinzim- mer auf der Tillyschanze jetzt wieder neu bewundert werden können.

Mein Dank gilt der Sparkasse Münden, durch deren Unterstützung die Gestaltung dieser Sonderausstellung gefördert worden ist.

Ich wünsche uns allen, wie es auch in der Einladung steht, dass diese Ausstellung für viele in unserer Stadt zu einer Wiederbelebung des Ansehens Gustav Eberleins sorgt.

Den Veranstaltern wünsche ich viele Besucherinnen und Besucher, ein gut besuch- tes Begleitprogramm und viel Freude am weiteren Tun zu Gunsten des Künstlers Gustav Heinrich Eberlein.

Harald Wegener

Bürgermeister

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Inhaltsverzeichnis

Scherben 9

Biografie 13

Künstlerisches Schaffen 14

Die fünf Schwerpnkte der Ausstellung 15 (Museumsplan) - Lebensumfeld des Künstlers 16

- Denkmäler und Bauplastik 23

- Christliche Themen 33

- Inspirationsquelle: Mythologie 40

- Dauerausstellung 48

Werke in Hann. Münden und Umgebung 56

Quellenverzeichnis 58

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Scherben

So titelte am 05.08.1997 die Hannoversche Allgemeine. Was waren die Hintergründe? Die jetzt ausgestellten Werke stellen höchstens ein Drittel der ehemals im Museum vorhandenen Skulpturen und Gemälde dar. Vernichtet sind überwiegend die größe- ren, teilweise überlebensgroßen Skulpturen, wie Fotoaufnahmen des Museums im Jahr 1898 und 1931/37 sowie die Museumskataloge von 1905 und 1931 bestätigen. Die größten Verluste musste das Museum hinnehmen, als im Frühjahr 1960 bei der Erneuerung des Fußbodens im Dachraum des Schlosses eine Vielzahl von überwie- gend sehr qualitätsvollen Skulpturen, die im Wege standen, entfernt und andere zu einer Fußbodenpacklage zerkleinert wurden. Die Bergung und Restaurierung dieser 1982 von dem Verein auf dem Dachboden über dem Museum im Schloss aufgefundenen Gipstrümmer von Originalmodellen sowie von beschädigten Gemälden ist dem Engagement von Prof. Rolf Grimm und dem Flurnamenforscher Günther Kaerger zu verdanken. 1982 wurden in einer Art "Geheimaktion" von Mitgliedern der Gustav-Eberlein- Forschung die ersten Bodendielen auf dem Dachboden im Schloss aufgenommen. 1983 nahm sich dann die Stadt Hann. Münden organisatorisch der Sache an, nach- dem der Gustav-Eberlein-Forschung ein Zuschuss in Höhe von DM 2000,- vom Nie- dersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur für die Bergung der Scher- ben in Aussicht gestellt war. Zwischen 1983 und 1993 konnten unter der Leitung von Prof. Grimm von den Res- tauratoren Erhard Joseph und Bernd Eger, den Kunsthistorikerinnen Ute Hoffmann und Heidi von Pein sowie Herrn Kaerger und ihm selbst insgesamt 69 Skulpturen der auf dem Dachboden beschädigt aufgefundenen Werke, teilweise mit einem Gewicht von bis zu 8 Zentnern, sowie 10 Gemälde durch den Restaurator Manfred Lausmann wiederhergestellt werden. Reste von 92 Skulpturen wurden gesichert und zum Teil für eine Restaurierung vorbereitet. Der Wert der durchgeführten Arbeiten betrug rd. 630.000,- DM. Die Kosten wurden überwiegend durch Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und durch das Kulturelle- Zonenrandföderungs-Programm (KZP) gedeckt. Die Sparkasse finanzierte im Ver- bund mit der Nds. Sparkassenstiftung die Restaurierung des 7x3 m großen Ölgemäl- des "Die Macht des Meeres", das heute im Rittersaal des Schlosses hängt. Einen Anteil im Wert von rd. 130.000,- DM brachten Prof. Grimm mit 2.800 und Herr Kaer-

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ger mit 600 Arbeitsstunden in der Restaurierungswerkstatt für die Gustav-Eberlein- Forschung e.V. ehrenamtlich ein. Die Stadt Hann. Münden beteiligte sich mit rd. 90.000,- DM. Den Hauptanteil trugen der Bund und das Land Niedersachsen, - "korrekterweise" die Steuerzahler.

Die Scherbenhaufen auf dem Dachboden des Schlosses

„Eva an der Leiche Abels“ (siehe S. 38)

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Prof. Rolf Grimm, ermattet von Günther Kaerger setzt die Skulptur der Scherbensuche „Der Tanz“ (siehe S. 44) zusammen

Erhard Joseph restauriert den Ute Sellmer (ehem. Ute Hoffmann) „Liebestraum“ präsentiert die „Nachtwandlerin“ (siehe S. 50)

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„Der versteckte Köcher“ Kaiser Wilhelm I - Reiterdenkmal (siehe S. 43) (siehe S. 32)

Das Kolossalgemälde „Die Macht des Meeres“ wird gesichert Prof. Rolf Grimm, Ute Sellmer (ehem. Ute Hoffmann), Heidi von Pein

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Biografie Gustav Heinrich Eberlein

1847 wird in Spiekershausen, einem 1887 wird zum ordentlichen Mit- kleinen Dorf an der Fulda gebo- glied der Königlichen Akade- ren. Sein Vater war Grenz- mie der Künste in Berlin ge- aufseher, seine Mutter eine Bau- wählt . erntochter. 1891 se ine Ehe wird geschieden. 1855 verbringt seine Schulzeit und die Lehrzeit als Goldschmied in Hann. 1892 seine zwe ite Ehefrau wird die Münden, in der Radbrunnenstraße junge Künstlerin Gräfin Maria Nr .40. von Hertzberg.

1864 abso lviert die Gesellenzeit in 1893 wird zum Professor ernannt . Be- Hildesheim und Kassel . wohnt in Berlin am Lützowufer 29 ein Haus mit einem großen Atelier und lässt sich 1893 in Hann. Mün- 1866-1869 studiert an der Kunstge- den die "Eberburg" als Sommersitz werbeschule in Nürnberg unter sowie 1903 das "Weserkastell" August von Kreling. Diese Aus- bauen. Er unterhält Werkstätten in bildung wird durch Gönner er- Rom, New York und . möglicht .

1918-1923 verliert durch die Inflation 1870 geht danach nach Berlin und ge- nach dem Ersten Weltkrieg sein winnt e in St ipendium für eine Stu- Vermögen . Seine Kunst findet dienzeit in Italien . Aufenthalte in keine Käufer mehr. Er arbeitet Venedig , Florenz und Rom beein- jetzt hauptsächlich in Hann. Mün- drucken ihn t ief , so dass es ihn in den . Sein Atelier auf der späteren Jahren immer wieder "Eberburg " brennt 1932 ab. Damit dorthin z ieht . sind alle fünf Bände seiner unver- öffentlichten Autobiografie verlo- 1873 heiratet Helene von Franken- ren . berg und Ludwigstein ; Sohn Anzio wird 1878 geboren und 1926 stirbt im 79. Lebensjahr in Berlin. stirbt m it drei Jahren . Sein Grab befindet sich auf dem

Alten Sankt-Matthäus-Kirchhof in 1880 unterrichtet kurzzeitig an der Berlin. Kunstgewerbeschule Berlin .

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Künstlerisches Schaffen Gustav Heinrich Eberlein gehört zu dem Kreis der Berliner Künstler , die in der Gründerzeit arbe iteten. Eber- lein war nach Re inhold Begas der me ist beschäftigte Künstler der Berliner Bildhau- erschule im ausgehenden 19 . und beginnenden 20 . Jahrhundert. Sein Schaffen umfasste Werke der Bildhauerei , der Malerei und der Dichtkunst . Rund 600 Skulp- turen , ca . 300 Bildwerke sowie 200 Gedichte und Prosa stammen von ihm . 1872 ermöglichte ihm der Auftrag für das Mündener Gefallenendenkmal ( "Mundenia ") den Sprung von einer kärglichen Selbstständigkeit hin zu künstlerischem und wirt- schaftl ichem Erfolg. Dies gelang mit der Schaffung zahlreicher Großdenkmäler und versch iedener Hohenzollernstandbilder . In Folge dessen ist es ihm auch möglich, eine Vielzahl freier Werke ohne Auftrag ausführen zu können. Dazu gehört ebenso das 1888 für seine Heimatstadt gestaltete Kolossal-Relief "Belagerung der Stadt Münden durch Tilly ". Gus tav Eberle ins künstlerisch produkt ivste Schaffenszeit kann man in drei Perioden eintei len:

Ab 1880 Die erste Periode ist ganz von de r Antike gepräg t. Neben Bauplastiken , Grabmälern und Brunnen entwirft er viele Kleinplastiken. Mit dem 1880 geschaffe- nen „Dornauszieher “ gelingt ihm der Durchbruch .

Ab 1893 Die zweite Periode bildet den Höhepunkt seiner Karriere m it vielen prä- mierten Entwürfen zu Ka iser- und Reiterdenkmälern , von denen ein ige auch aus- geführt werden.

Ab 1900 Die dr itte Periode umfasst den Zeitraum, der vor allem von christlichen Themen und Porträtbüsten geprägt ist . In diese Zeit fällt aber auch die Schaffung mehrerer Personendenkmäler, u .a. des Richard-Wagner-Denkmals im Berliner und des Goethe-Denkmals in Rom. Eberlein ist in nahezu allen Kunst- ausstellungen, u .a. in Berlin, München, Dresden und Wien vertreten. Auf den Welt- ausstellungen in Chicago (1893) , Paris (1900) und St . Lou is (1904) sind Werke von ihm ausgestellt . Erfolge mit seiner Kunst hat er in Nord- und Südamerika, das er zwischen 1908 und 1913 besucht . Sein Entwurf für das argentinische National- denkmal in Buenos Aires wird unter Verwendung eines bereits vorhandenen älte- ren Reiters 1910 gebaut . Danach wird 1913 der "Deutsche Brunnen " in de Chile ausgeführt . In der Ze it nach dem Ersten Weltkrieg kommt Eberle in immer mehr in Konflikt mit se iner Umgebung , u.a. dadurch , dass er Skulpturen von Marx, Engels und Lassalle modelliert , Persönlichkeiten , die er für die Entwicklung der Menschheit als prägend ansieht .

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Die fünf Schwerpunkte der Ausstellung

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Lebensumfeld des Künstlers

Kindheit und Jugend

Gustav Eberlein wird am 14. Juli 1847 in Spiekershausen geboren und im Alter von 8 Jahren zieht die Familie nach Hann. Münden.

„Über meine kleine Person hörte ich in späteren Jahren erzählen, daß ich als sechs- bis siebenjähriger Junge äußerst widerhaarig und von leidenschaftlichstem Ungehor- sam gegen jede elterliche Autorität gewesen sei. Ich fühlte mich innerlich fremd, un- verstanden und darum ungeliebt. Ich war kränklich, der Welt abgewendet, ein immer in meinen Fantasien lebender Jüngling. Oft fühlte ich mich ganz einsam und ruhelos von der einzigen Sehnsucht nach Kunst fast wenn voll verfolgt. Meine Eltern haben mich in ihrer Herzensgüte gefördert, mich getröstet, beschützt und mir alles gegeben, was sie in Besitz hatten. Ebenso voll Liebe und Bescheidenheit trat meine jüngere Schwester gegen mich zu- rück.“ (Quelle. Gustav Eberlein: Michelangelo)

Berlin

Im Herbst 1870 kommt Eberlein am Potsdamer Bahnhof an:

„Der Pulsschlag des großstädtischen Lebens, der durch diese mir damals schon fa- belhaft erleuchtet scheinende Straße wogte, benahm mir den Atem. ... Eiskalt legte sich die ungeheure Einsamkeit der Millionenstadt um mein Herz.“ (Quelle. Gustav Eberlein: Michelangelo) „Ich verheiratete mich mit 25 Jahren (1873) mit einem Frl. v. Frankenberg, ebenso arm an irdischen Gütern als ich. Durch Anfertigung von kunstgewerblichen Sachen ... hielt ich mich und meine Familie notdürftig lange Zeit über Wasser.“ (Quelle: Personalnachrichten Akademie der Künste – Lebenslauf, 1887) „1887 wurde ich zum ordentlichen Mitglied der Akademie der Künste gewählt.“ (Quelle: Akademie-Lebenslauf von 1898) Nach seiner Scheidung heiratet Eberlein 1893 die junge Künstlerin Maria Gräfin von Hertzberg.

„Gustav Eberleins geistreiche Gattin versammelt im vollsten Sinne des Wortes die Blüte der Gesellschaft um sich. Minister und Gesandte trifft man da an, die schönen Frauen der Hofgesellschaft, die ersten Vertreter der Finanz, die Männer und Frauen der Feder, Forscher und Gelehrte.“ (Quelle: G. von Lieres und Wilkau: Künstlerfeste, S. 512)

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Bekannte von Eberlein in Berlin schildern ihn als nicht sehr groß, ehrgeizig, von der Arbeit besessen und doch kontaktfreudig, gebildet, vornehm, zurückhaltend, auch zu einfachen Mitarbeitern kollegial, tolerant und sehr gutmütig.

Hann. Münden

„Welche schöpferische Fruchtbarkeit, welche staunenswerte Entfaltung, welche Viel- seitigkeit seiner künstlerischen Begabung! Er versteht es, seine überquellende Emp- findung in reizenden Dichtungen zum vollendeten Ausdruck zu bringen, findet spie- lend wohllautende Melodien dazu wenn er dann seine Lieder von der Laute unter- stützt vorträgt, am liebsten im Freien.“ (Quelle: Auszug aus "Mündensche Nachrichten vom 15.Juli 1917) Eberlein als Menschen kann man am besten aus seinen Gedichten und der Prosa, die immer einen Bezug zu inneren und äußeren Geschehnissen haben, kennen ler- nen.

"Er selbst hat sich zu allen Zeiten seines Lebens, wo er auch war, als Mündener Kind gefühlt und Münden nie vergessen. Immer von neuem kehrte er zu uns zurück und suchte hier die Erholung, den Frieden und die Ruhe die er sonst nirgends in der Welt fand. …Aber ein noch größeres Denkmal, das dauernder ist als Erz und Stein hat er sich in unseren Herzen gesetzt, er bedarf wahrlich keiner äußeren Ehrung, um zu beweisen, daß er unser Mitbürger ist, und wir haben ein Recht, auf ihn stolz zu sein.“ (Quelle: Mündensche Nachrichten vom 15.Juli 1917 - anlässlich Eberleins 70. Geburtstag)

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„Gute Musik“, 1878, Gipsrelief, Ermattet, liegendes Mädchen, H 0,22 m, B 0,30 m, T 0,02 m um 1907, Gips, H 0,36 m, B 0,34 m, T 0,20 m

Büste eines Knaben mit Hütchen, Denkmal eines Cellisten Gips, H 0,33 m (Prof. Schleich), 1905, Gips, H 0,34 m

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Selbstbildnis, (Kolossalrelief Tilly- Selbstbildnis Eberlein, 1900, schanze), 1888, Gipsnachguss, Gips, H 0,22 m H 0,24 m, B 0,20 m

Maria Eberlein, geb. Gräfin von Standuhr, um 1882, mit Darst. „Krieg“ Hertzberg, 1896, Gips, H 0,27 m und „Frieden“, Bronze, H 0,70 m, B 0,30 m, T 0,30 m

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Anzio, 1882, Ölbild, Anzio, 1882, Foto, H 0,36 m, B 0,30 m H 0,35 m, B 0,29 m

Helene Eberlein, geb. von Frankenberg, vor 1892 Ölbilder H 0,26 m, B 0,20 m H 1,38 m, B 0,77 m

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Maria Gräfin von Hertzberg Anneliese: Portrait des Kindes einer als Mädchen, 1901, Pastellzeichnung, Haushälterin, 1922, Ölbild, H 0,55 m, B 0,45 m H 0,27 m, B 0,22 m

„Junges Mädchen“ nach J.B. Geuze Eberlein (Portrait von Gscheidel), vor 1880, Ölbild, H 0,35 m, B 0,29 m Ölbild, H 0,77 m, B 0,55 m

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Landschaft, o.J., Ölbild, H 0,16 m, B 0,28 m

Die Vertreibung, vor 1897, Ölbild, H 0,81 m, B 0,98 m

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Denkmäler und Bauplastik

Denkmäler im öffentlichen Raum

„Ein Denkmal ist eine Verbeugung der Zeit vor ihrem eigenen Geiste." (Gustav Eberlein, Michelangelo nebst andere Dichtungen und 'Gedanken über Kunst) Gustav Eberlein entwarf im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts vor allem zahlreiche Reiterstandbilder . Er beteiligte sich oftmals an Denkmalskonkurrenzen, von denen viele, jedoch nicht alle, ausgeführt wurden. Heute noch zu sehen ist z.B. das Denkmal für Kaiser Wilhelm I in Altona vor dem dortigen Rathaus. Wei- tere entstanden für die Orte , Gera und Nürnberg.

1895 wollte der Künstler auch seiner Heimatstadt Hann. Münden ein Reiterstandbild des Kaisers in galvanoplastischer Ausführung schenken. Da es aber Differenzen zwi- schen den Stadtherren und dem Künstler bezüglich der materiellen Ausführung gab, stellte Eberlein das Denkmal auf der Terrasse vor seiner Eberburg auf. Von dort hatte der Kaiser einen herrlichen Blick hinunter auf die Stadt. Erst nach 1956 wurde das Denkmal dort entfernt.

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Neben den Reiterstandbildern schuf Gustav Eberlein auch phantasiereiche Entwürfe für öffentliche monumentale Brunnenlagen . Ein Beispiel dafür ist der hier in der Ausstellung zu sehende Entwurf für den Schießplatz in Mannheim, bei denen Eberlein an das barocke Pathos eines Reinhold Begas anknüpfte.

In den Jahren nach 1880 beteiligte sich Gustav Eberlein auch an Ausschreibungen und Aufträgen zu dekorativer Architekturplastik . Z.B. ist der hier ausgestellte Le- onardo da Vinci das Modell für die 3,50 m hohe Sandsteinfigur an der Fassade der neu zu erbauenden Technischen Hochschule in Berlin Charlottenburg (1882, nicht mehr erhalten).

Neben der Bauplastik schuf Eberlein im ausgehenden Jahrhundert auch Denkmäler für bedeutende Persönlichkeiten aus Kultur (Goethe, Lessing, Wagner), Politik (Bismarck) und dem gesellschaftlichen Leben (Gauss).

Das Richard-Wagner-Denkmal (1903) im Berliner Tiergarten und das Goethe Denk- mal (1904) in Rom zeugen bis heute davon.

Bedeutende Großdenkmäler von Eberlein werden zwischen 1910 und 1913 in Bue- nos Aires (Nationaldenkmal "General San Martin") und Santiago de Chile ("Deutscher Brunnen") geschaffen und sind auch dort noch zu sehen.

Darüber hinaus fertigte Eberlein viele Grabdenkmäler an, die heute noch in Dresden, Berlin, Hamburg und weiteren deutschen Städten zu finden sind.

Die Popularität von Gustav Eberlein in dieser Zeit zeigt sich auch daran, dass er oft explizit zur Teilnahme an öffentlichen Denkmalsausschreibungen eingeladen war. Wenn seine Entwürfe auch nicht immer ausgeführt wurden, so gehörten diese Ent- würfe doch oft zu denen, die mit einem Preis bedacht wurden.

„Ein Denkmal ist ein Gedankenstrich zwischen Vergangenheit und Zukunft, auf dem die Gegenwart spazieren geht“

(Gustav Eberlein, Michelangelo nebst andere Dichtungen und Gedanken über Kunst)

Bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts war das Denkmal im Wesentlichen der Darstellung adliger Persönlichkeiten und Fürstenhäusern vorbehalten. Erst mit der Aufklärung und dem Erstarken des bürgerlichen Bewusstseins entstand eine Vielzahl von Denkmälern, die Dichter, Denker und andere Persönlichkeiten zeigten, welche sich mit ihren Werken und Wirken einen positiven Namen gemacht hatten. So wurde das 19. Jahrhundert zum „Jahrhundert des Denkmals“.

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Eberlein war ein glühender Verehrer Goe- thes und spielte schon seit Jahren mit dem Gedanken an ein repräsentatives Goethe- Denkmal. Eberleins Goethe-Denkmal steht in Rom auf dem Pincio am Viale Goethe vor der Villa Borghese nahe der Piazza del po- pulo, dem Platz, über den Goethe auf seiner "Italienischen Reise" zum ersten mal Rom betrat. Das 9 Meter hohe Monument aus weißem Carraramarmor war ein Geschenk Kaiser Wilhelm II an die Stadt Rom anläss- lich seines 43. Geburtstages am 27. Januar 1902. Es wurde am 5. August 1904 im Bei- sein des italienischen Königs Vittorio Emanu- ele II und natürlich des Bildhauers mit seiner Frau (s. Abb.) enthüllt. Der Deutsche Kaiser ist nicht anwesend, da er dokumentieren wollte, dass das Denkmal ein Geschenk des Modell des Goethe-Denkmals deutschen Volkes sei. in Rom, 1902, Gips, H 1,75 m, B 1,40 m, T 1,40 m

Das Goethe-Denkmal in Rom, Marmor, H 9,00 m, eingeweiht 5. August 1904

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Goethe-Mappe, 1904 Mignon und der Harfner, Goethe-Denkmal

Iphigenie und Orest, Faust und Mephisto, Goethe-Denkmal Goethe-Denkmal

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Richard-Wagner-Denkmal im Berliner Tiergarten: Einweihung 01.10.1903

Richard-Wagner-Denkmal im Berliner Tiergarten nach der Restaurierung 2016

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Gustav Eberleins Siegesgruppen-Denkmal König Friedrich I. in der Zitadelle Spandau

Seit April 2016 zeigt die Dauerausstellung in der Zitadelle in Berlin-Spandau histori- sche Denkmäler und Entwürfe aus den letzten Jahrhunderten unter dem Titel: «Enthüllt. Berlin und seine Denkmäler»

Es sind Skulpturen, die teils seit Jahrzehnten aus dem Stadtbild verschwunden wa- ren, eingelagert und versteckt in Magazinen und Depots. Die Denkmäler werden mit all ihren Spuren gezeigt – auch mit abgeschlagenen Händen und Köpfen. Überle- bensgroße Skulpturen der damals 750 Meter langen Siegesallee im Großen Tiergar- ten können hier u.a. besichtigt werden. Gustav Eberleins Denkmalgruppe „König Friedrich I. (1657–1713) mit seinem Minister Eberhard von Danckelmann und dem Bildhauer-Architekten Andreas Schlüter“ stehen vollständig in Originalgröße in ei- nem gesonderten abgedunkelten Raum.

Die neun Meter lange halbrunde Marmorsitzbank wurde nachgebildet. Vor den Wän- den sind Stoffbahnen gespannt, auf denen Bäume zu sehen sind. Aus Lautspre- chern ist Vogelgezwitscher zu hören, auch Pferdegetrappel, dann wieder ein Gewit- terguss.

Simuliert wird so ein Berliner Sommertag im Jahr 1907.

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Königin Luise steht wieder in Tilsit Das Original des Denkmals der Köni- gin Luise von Gustav Eberlein be- stand aus Carrara-Marmor und wurde am 22. September 1900 in Tilsit im Beisein des Kaisers Wilhelm II. feier- lich eingeweiht. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es jedoch zerstört und nach 1956 entfernt. Über 100 Jahre später konnte am 6. Juli 2014 aber in Sowjetsk (ehm.Tilsit), heute eine Stadt im Ge- biet Kaliningrad (Königsberg) Russ- land, das Denkmal für die Königin Luise von Preußen im Stadtpark Ja- kobsruh erneut eingeweiht werden. Das Denkmal ist eine originalgetreue Rekonstruktion des 8 m hohen Köni- Luise in Tilsit, Marmororiginal um 1900 gin-Luise-Monuments in Kunststein. Bemerkenswert ist, dass die russi- schen Bildhauer Pavel Ignatev und Denis Prasolov das Denkmal im St. Petersburger Atelier innerhalb nur eines Jahres nach Darstellungen auf alten Photographien und Postkarten im 3D-Verfahren rekonstruieren konn- ten. Hierzu traf sich Pavel Ignatev mit Prof. Rolf Grimm von der Gustav-Eberlein- Forschung 2014 in Hannover. Anhand von Ansichtskarten, Fotos und ande- rem Quellenmaterial von Werken Eberleins machte sich Pavel Ignatev mit der künstlerischen Handschrift Eberleins vertraut und konnte dieses Werk in Eberleins Sinne wieder erste- hen lassen Luise in Tilsit, Nachbildung 2013/14

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Pokal: Dank der Stadt Tilsit

Inschrift des Pokals

Vorderseite: Dem hochverehrten Künstler Herrn Professor G. Eberlein

Rückseite: Zur freundlichen Erinnerung an den 22. September 1900 Das dankbare Komitee für die Errichtung eines Denkmals der Königin Luise in Tilsit

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Leonardo da Vinci, Modell, 1882, Techn. Hochschule Berlin, Charlot- Gips, H 0,51 m tenburg, Bauzeichnung von 1886

Schiffsbauer, 1882, Brunnen „Reichtum der Rheinlande“, Zinkbronze, H 1,18 m ehem. Mannheim, Gips, H 0,70 m

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„Mundenia“ Gefallenen-Denkmal, Kaiser Wilhelm I, - Reiterdenkmal, 1872 1889, Gips, H 1,70 m, B 2,50 m, T 0,50 m

„Staatswissenschaft“, o.J., Gips, „Geschichte“, o.J., Gips, H 0,56 m, B 0,44 m, T 0,42 m H 0,57 m, B 0,54 m, T 0,42 m

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Christliche Themen

Die Kruzifixe von Gustav Eberlein

Die Religion hatte immer eine tiefe, innerliche Bedeutung für Eberlein. Dabei zeigt sich der künstlerische Werdegang und die Entwicklung charakteristisch an der Gestaltung der Kruzifixe. Dieses christliche Symbol hat den Künstler in allen Lebensphasen seines Schaffens persönlich intensiv beschäftigt.

Phase 1 - Beginn und Aufstieg der künstlerischen Tätigkeit

1866

Das Kruzifix für die St. Blasiikirche in Hann. Münden zeugt von der idealisierenden Lebensvorstellung des angehenden Künstlers. Es war die erste Schnitzarbeit, für die Gustav Eberlein zum ersten Mal ein Entgelt von 13 Thalern erhalten hat. Die Gestaltung des Körpers ist in einer sehr idealisierten Form dargestellt und zeugt von einem klassi- zistischen Empfinden. Der ganze Körper zeigt keinerlei Merkmale der erlittenen Qualen, alles ist sehr idealisierend, dem italienischen Re- naissance-Typus entsprechend aufgefasst.

Eberlein hat die Gedanken, die ihn bei der Entstehung, des Werkes bewegten, in einem Gedicht festgehalten, in dem er gleichzeitig sein künstlerisches Glaubens- bekenntnis abgibt.

„ ….Doch strebt ich nach der hohen Offenbarung des Gottes in der menschlichen Gestalt, Und durch die Blässe seines Martertodes da sollte noch des Ew´gen Schönheit leuchten…“ (Gustav Eberlein, Meine Jugend- und Lehrjahre, 1901)

Eberlein schnitzte das Holzkruzifix nach einem Tonmodell, welches sein Vater im Garten des elterlichen Hauses vor Eberleins Abreise nach Nürnberg vergrub. Gustav Eberlein beginnt jetzt seine künstlerische Ausbildung an der Kunstschule in Nürnberg. Die akademisch klassizistische Formbildung zeigt sich nun an dem Kruzifix für die Kirche in Nienhagen.

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1868

Das Kruzifix für die Kirche in Nienhagen ist Gustav Eberleins erste Auftragsarbeit Er sollte für die neu errichtete Kirche im neogotischen Stil eine Christusfigur schnitzen. Die ganze Figur ist idealtypisch wiedergegeben. Der Körper ist aufrecht, die sorgfälti- ge Detailbehandlung und die ausgewogenen Proportionen zeu- gen von dem akademischen Antikenstudium an der Kunstschule.

1870 geht Eberlein nach Berlin, um dort am künstlerischen Leben der aufstre- benden Metropole des zukünftigen Kaiserreiches teilzuhaben.

Phase 2 - Höhepunkt der künstlerischen Tätigkeit - Naturalismus

Eberlein avanciert jetzt zu einem der bekanntesten Bildhauer des Wilhelminischen Kaiserreichs im ausgehenden 19. Jahrhundert. Die künstlerische Fertigkeit in der Formvollendung zeigt sich am Kruzifix in Spiekershausen.

1898

Christus ist lebend dargestellt. Den Kopf hat er zurückgelegt und den Blick nach oben gerichtet. Der Mund ist einen Spalt geöffnet, auf den Lippen liegen die Worte: "Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände" Eberlein schenkte der kleinen, im Bau 1319 begonnenen Kirche seines Geburtsortes das Kruzifix. Die Weihung fand am 15. Sep- tember 1898 statt. Das 2,50 Meter hohe Kreuz war ursprünglich braun gebeizt. Eberlein hat das Kruzifix offenbar genau für diese Kirche konzipiert, denn sowohl er Lichteinfall wie auch die Größen- verhältnisse bringen die Figur optimal zur Geltung. Das Licht, wel- ches, durch das schmale Fenster der rechten Apsidenwand in den Raum eindringt, fällt scharf auf die Figur Christi und unterstreicht die plastisch herausgearbeiteten Höhen und Tiefen der naturalis- tisch modellierten Skulptur. Der Christuskopf trägt die Porträtzüge des Künstlers.

Phase 3 - Der Lebensabend - Expressionismus Durch die Inflation verarmt, von Krankheit gezeichnet und von herbem Kummer und Sorgen geschwächt, modelliert der 77-jährige Künstler dieses Kruzifix. Er schafft damit zum Ende seines Lebens ein ausdrucksstarkes Werk seiner inneren Verzweiflung, einer Verzweiflung, die nicht nur in persönlichen Gründen ihre Ursache hatte, sondern auch aus der allgemeinen pessimistischen Stimmung

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der Kriegs- und Nachkriegsjahre resultierte, Diess Thema des leidenden und sterben- den Christus war ein Hauptthema expressionistischer Kunst. Das Werk zeugt von einer subjektiven Verinnerlichung, welche charakteristisch ist für den künstlerischen Altersstil. Aus tiefer christlicher Überzeugung entstanden, geprägt von subjektiver Verinnerlichung, zeigt sich hierin der künstlerische Altersstil.

1924 Das letzte Kruzifix ist in Ton modelliert. In einer sehr effektvollen Formensprache, die in aller Drastik die vom Herrn am Kreuz erlittenen Qualen nachvoll- zieht, verstärkt Eberlein diesen Eindruck in einer gotischen Übersteigerung. Der ganze Körper zeigt sich in einer disproportionier- ten Formensprache. Das Kreuz selber ist aus groben Ästen zusammen- gezimmert. Hier wird nicht mehr der siegreich Überwindende dargestellt, sondern der bis zum äußersten Gequäl- te. In der Rückschau seines Lebens scheint sich der Künstler im Angesicht des nahenden Todes mit dem leidenden Christus zu identifizieren .

Das Kruzifix ist leider nur in einer Photographie erhalten, welche mit folgendem Zu- satz von der Hand des Künstlers bezeichnet ist: "Gustav Eberlein Das letzte Werk, das diesen Sommer 1924 auf der Eberburg In Hann. Münden entstand von der Hand des Bildhauers, Malers Architekten und Dichter, Groß Comteurs, Ritter der italienischen Krone"

Eberleins Entwicklung führt demnach aus einer klassizistisch - akademischen Traditi- on zu einem gemäßigten Naturalismus der Jahrhundertwende. Erst in hohem Alter steigert er sie zu einem expressiven Naturalismus in dem auf alles Beschönigende verzichtet wird.

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St. Blasius-Kirche Hann. Münden, Foto, Kruzifix, 1904, Foto, „Kruzifix“ auf dem Altar, 1866 St. Ägidienkirche Hann. Münden und „Christus segnet die Kinder“, 1899

Kruzifix, 1898, Kruzifix, 1898, Bronze, Kirche Spiekershausen Garnison-Kirche, Kiel

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Das erste Schauen, 1898, Gips, Der erste Kuss, 1898, Gips, H 0,56 m, B 0,56 m, T 0,32 m H 0,56 m, B 0,56 m, T 0,30 m

Nach dem Sündenfall, 1897, Gips, Adam senkt die Leiche Evas ins Grab, H 0,60 m, B 0,36 m, T 0,22 m 1899, Gips, H 0,62 m, B 0,48 m, T 0,30 m

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Engel wälzen den Stein vom Grabe, Eva an der Leiche Abels, 1899, Gips, 1899, Gips, H 1,04 m, B 1,50 m, T 0,78 m H 0,78 m, B 0,27 m, T 0,32 m (nicht ausgestellt) (nicht ausgestellt)

Abel, 1898, Gips, Kain, 1898, Gips, H 1,07 m, B 0,40 m, T 0,35 m H 1,20 m, B 0,50 m, T 0,40 m

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„Gottvater haucht Adam den Odem ein“, Relief „Stille Nacht, heilige Nacht“, 1887 1897, 1904 gestiftet, für Hann. Münden, Gipsrelief, H 0,47 m, B 0,59 m, T 0,10 m Schlesierplatz

Kruzifix, 1924, Letztes Werk Eberleins mit eigenhändiger Unterschrift

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Inspirationsquelle: Mythologie

In der Zeit zwischen 1885 und 1895 schuf Gustav Eberlein mit besonderer Vorliebe Szenen mit mythologischem Inhalt. Diese Genregruppen entsprachen dem Zeitge- schmack. Die Darstellung des nackten menschlichen Körpers erhielt durch die grie- chische und römische Mythologie letztendlich ihre Legitimation. Vor allem die „Venus-Amor-Gruppen“ nahmen einen breiten Raum ein. Hier erhielt der Künstler einerseits Anregungen aus der Antike. Andererseits verarbeitete er Be- obachtungen, die er bei seiner Frau Helene und ihrem gemeinsamen, im Alter von nur drei Jahren 1882 verstorbenen, Sohn Anzio gemacht hatte. Beispiele sind die hier ausgestellten Gruppen: „Mutterglück", „Venus züchtigt Amor" (Marmor), „Die Ermahnung“, „Venus versteckt Pfeil und Bogen Amors“, „Der versteckte Köcher“, „Er will nicht beten“, „Die schlafende Venus" und „Venus lehrt Amor das Stelzen laufen“. Kleine Einzelfiguren , teils mythologischen Inhalts, schuf Eberlein zu Beginn seiner künstlerischen Laufbahn. Dazu schrieb 1903 Adolf Rosenberg, der Verfasser der Eberlein-Künstlermono- grafie: „Eines dieser Werke kam einem Kunsthändler zu Gesicht, der ihren Schöpfer bewog. getönte Gipsabgüsse dieser kleinen Arbeiten in den Handel zu bringen, die schnell ihre Liebhaber fanden. so daß viele Tausende Exemplare verkauft wurden. Später bemächtigten sich die Bronzegießereien der rasch beliebt gewordenen Motive mit gleichem Erfolg. Sie haben sich lange Jahre in der Gunst des Publikums behauptet und noch jetzt sind etwa dreißig verschiedene Gruppen in den Verkaufsläden der Bronzegießer zu haben.“ Auf der Kunstausstellung 1884 stellte Eberlein die erste „Psyche“ aus. Sie bildete den Anfang einer Reihe von Psyche-Darstellungen. „Psyche" war in der Antike die Bezeichnung der menschlichen Seele, hatte aber auch die Bedeutung Schmetterling. Aus dieser Zweideutigkeit heraus formte sich das Wesen der Psyche mit den Schmetterlingsflügeln. Im Museum zu sehen sind die Exponate: „Psyche", „Amor empfängt Psyche im Olymp" und „Frühlingserwachen (ohne Flügel)". Das kleine Gipsmodel der Gruppe „Der große Pan" wurde nur als Abbildung durch Eberleins Publikationen bekannte. Auf den privaten Charakter der Gruppe könnte verweisen, dass die Nymphe die Porträtzüge der zweiten Frau des Künstlers, Maria Gräfin von Hertzberg, trägt. Zudem scheint sich der Künstler selbst als Pan darge- stellt zu haben. Der „Große Pan" als Marmorausführung (1904, 2,25 m hoch) ist heute in der Halle des Rathauses Staufenberg zu besichtigen.

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In der Mythologie ist Pan der griechische Hirten- und Waldgott im Gefolge des Dio- nysos. Er ist hat Ziegenhörner und Ziegenfüße. Er stellt den Nymphen nach. Die Nymphe Syrinx wird auf der Flucht vor Pan von ihren Schwestern in ein Schilfrohr verwandelt. Pan schneidet einige Rohre ab, legt sie an den Mund und wird so zum Erfinder der Hirtenflöte. Außer „Der große Pan", „Die verwundete Nymphe", „Schlechte Musik“ (Bronze) und „Nymphen und Silen“, die in dieser Ausstellung gezeigt werden, gibt es noch weitere Gruppen zu diesem Thema des Wald- und Hir- tengottes in Museums- und Privatbesitz.

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Der große Pan, 1888, Gips, Bacchantengruppe = Trunkener Silen, H 0,80 m, B 0,30 m, T 0,34 m 1900, Gips, H 0,84 m, B 0,60 m, T 0,44m

Mutterglück, 1879, Gips, „Pantöffelchen“, o.J, Gips, H 0,28 m, Ø 0,08 m H 0,30 m, B 0,10 m, T 0,44 m

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„Schmollies“, Brüderschaft, 1898, Tänzerin, sich drehend, mit der Linken Gips, H 0,85 m, B 0,42 m, T 0,35 m ins Haar fassend, 1898, Gips, H 0,55 m, B 0,25 m, T 0,21 m

Tänzerin, mit beiden Händen ins „Der Tanz“ , o.J., Gips, Haar fassend, 1899, Gips, H 0,64 m, Ø 0,26 m H 1,07 m

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Amor, Der Rosenkavalier, um 1880, Bronze, H 0,17 m Bronze, H 0,40 m

Flora, vermutl. um 1905 Die Badende, Bronze, H 0,37 m Bronze, H 0,17 m

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Erwachen des Frühlings, 1884, „Die Fuldanixe“, Gips, H 1,30 m, B 0,40 m, T 0,35 m Ton, H 0,32 m, B 0,14 m, T 0,15 m

Halbrelief: Der Traum, 1900, Gips, H 0,64 m, B 0,60 m, T 0,50 m

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Verstorbener Jüngling, vor 1892, Mädchenkopf - mit Tauben, vor 1892, Pastell, H 0,85 m, B 0,62 m Pastell, H 0,30 m, B 0,22 m

Paar mit „Harfe“, vor 1892, Pastell, H 1,24 m, B 0,82 m

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Dauerausstellung

Seit Jahren ist in diesem Raum eine kleine Auswahl von Eberleins Werken zu sehen, die im März 2017 neu gestaltet worden ist. Der Raum der Dauerausstellung wird geprägt von dem Foto, das einen Eindruck von der Werkstatt Eberleins widergibt. Es zeigt sein Atelier in Berlin, Lützowufer 29, um 1900.

Atelier in Berlin, Lützowufer 29, um 1900, Foto

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21 exemplarisch ausgewählte Exponate aus den Bereichen Skulptur und Malerei sollen das vielseitige Schaffen von Gustav Eberlein zeigen. Dem Dornauszieher kommt eine besondere Bedeutung zu, da Eberlein mit diesem Werk 1879 der künstlerische Durchbruch gelang. Bei dem Gipsbozetto „Gottvater haucht Adam den Odem ein“ handelt es sich um eine Vorstudie zu der überlebensgroßen Figurengruppe in den Parkanlagen in Hann. Münden auf dem Schlesierplatz. Alle 21 Exponate sind in einem gesonderten Begleitheft beschrieben.

"Gottvater haucht Adam den Dornauszieher, 1879, Gips, Odem ein", um 1900, Gipsbozetto, H 1,50 m, B 0,58 m, T 0,80 m H 0,46 m, B 0,24 m, T 0,28 m

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Maria Eberlein, 1897, Gips, Die Nachtwandlerin, vor 1892, H 0,85 m, B 0,47 m, T 0,32 m Ölbild, H 2,00 m, B 1,00 m

"Verschämte Psyche", 1890, Wasserträgerin (auch "Rebekka", Bronze, ohne Sockel H 0,56 m, "Sklavin), 1897, Zinkbronze, B 0,10 m, T 0,17 m H 1,12 m, B 0,60 m, T 0,60 m

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"Schuld", 1899, Gips, Strafe, 1899, Gips, H 0,72 m, B 0,60 m, T 0,40 m H 0,72 m, B 0,60 m, T 0,40 m

Walküre führt den erschlagenen "Das Leid", 1900, Gips getönt, Helden nach Walhalla, o.J, Gips, H 0,98 m, B 0,40 m, T 0,42 m H 0,90 m, B 0,52 m, T 0,36 m

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Amor empfängt Psyche im Olymp, "Schlechte Musik", 1878, Bronze, 1884, Gips, H 0,54 m, B 0,65 m, T 0,40 m H 1,35 m, B 0,50 m, T 0,50 m

Das Verbot / Die Ermahnung, 1893, Venus züchtigt Amor, 1891, Marmor Gips, H 0,77 m, B 0,38 m, T 0,32 m H 0,67 m, B 0,28 m, T 0,40 m

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Verkündigungs-Relief, 1865, Buchsbaum, Adam mit der Leiche Abels, 1897, H 0,50 m, B 0,46 m, T 0,04 m Gips, H 0,57 m, B 0,34 m, T 0,27 m

Adam und Eva nach dem Sündenfall, Adam und Eva am Ende ihres Lebens, 1897, Bronze, 1898, Gips, H 0,60 m, B 0,36 m, T 0,22 m H 0,51 m, B 0,25 m, T 0,20 m

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Mutterglück, um 1880, Zeichnung Der Frühling, vor 1913, Zeichnung

Römischer Akt (Bettler), 1874, Römischer Knabe, 1874, Zeichnung Zeichnung

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"Amor geigt", um 1880, Zeichnung Bismarck auf dem Weg nach Canossa, vor 1875, Zeichnung

Entwurf zum Deckel für den Deckel für den "Willkomm-Pokal", "Willkomm-Pokal" der Mündener um 1890, H 0,25 m, Ø 0,20 m Kaufmannsgilde, um 1890

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Werke in Hann. Münden und Umgebung

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QR-Code für Google Maps Karte mit Eberleinwerken

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Quellenverzeichnis

Gustav Eberlein: Michelangelo nebst anderen Dichtungen und Gedanken über Kunst, Berlin 1902, Meisenbach, Riffahrt & Co, Berlin- Schönefeld Gustav Eberlein: Aus eines Bildners Seelenleben, Plastik, Malerei und Poesie, Berlin 1890/92

Gustav Eberlein: Riekchen Niedlichs Besuch in Münden, um 1875, 1885, 90, Wilhelm Gronaus Buchdruckerei, Berlin W.

Ute Hoffmann: Gustav H. Eberlein, Werke des Bildhauers, Malers und Dichters im Raum Münden - Göttingen, hrsg. von Gustav- Eberlein-Forschung e.V., Hann. Münden, 1984, ISBN 3-9800986-0-5 Rolf Grimm: Werkverzeichnis des Bildhauers, Malers und Dichters Prof. Gustav H. Eberlein, 3005 Hemmingen, Grimm-Verlag, 1983, ISBN 3-9800823-O-X Rolf Grimm: Privates Fotoarchiv Günther Kaerger: Der Bildhauer Gustav H. Eberlein, Das Leben eines großen Künstlers aus Hannoversch Münden, Sydekum-Schriften zur Geschichte der Stadt Münden, Heft 10, 1983

Adolf Rosenberg: Gustav Eberlein, Künstlermonographien, hrsg. von Her- mann Knackfuß , Band 66, Leipzig/Bielefeld 1903

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Städtisches Museum Hann. Münden, Schlossplatz 5, 34346 Hann. Münden Tel. 05541 / 75348 oder 75202 [email protected]

Gustav-Eberlein-Forschung e.V. Postmeisterstraße 5, 34346 Hann. Münden Te. 05541 / 31564 [email protected]

Impressung: Herausgegeben von der Gustav-Eberlein-Forschung e.V.

Layout: Hans-Georg Münder

Texte: Prof. Rolf Grimm Martin Henze Rosemarie Münder Ute Sellmer Elgard Steinmüller

Druck: Rinke & Rinke, Hann. Münden

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Gustav-Eberlein-Forschung e.V.

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