Grabmäler Des 19. Jahrhunderts Im Rheinland Zwischen Identität, Anpassung Und Individualität
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Grabmäler des 19.Jahrhunderts im Rheinland zwischen Identität, Anpassung und Individualität. Inaugural - Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Philosophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich - Wilhelms - Universität zu Bonn vorgelegt von Ulrike Evangelia Meyer -Woeller aus Erlangen Bonn 1999 2 Gedruckt mit der Genehmigung der Rheinischen Friedrich - Wilhelms - Universität 1.Berichterstatter: Prof.Dr. Zehnder 2.Berichterstatter: Prof.Dr. Cox Tag der mündlichen Prüfung: 30. Juni 1999 3 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis ........................................................3 Vorwort ...................................................................4 I.Politische, wirtschaftliche und kulturelle ..............................6 Entwicklung des Rheinlandes .............................................6 II.Die Entwicklung der Friedhöfe .........................................29 III.Friedhof und Landschaftsgarten .......................................42 IV.Aufgabe und Funktion von Friedhöfen und ...............................48 Grabmälern im 19.Jahrhundert ..........................................48 V.Grabmal und Denkmal ....................................................54 VI. Die Schöpfer der Grabmäler: ..........................................63 Künstler, Handwerker und Industrie ...................................63 VII.Zur Stildiskussion allgemein und in Bezug ............................69 auf Grabkunst ........................................................69 Klassizismus .............................................................................................................................................. 72 Neogotik........................................................................................................................................................ 75 Rundbogenstile.......................................................................................................................................... 85 VIII.Portraitdarstellungen ...............................................88 Medaillon und Relief ........................................................................................................................... 90 Büste und Herme ....................................................................................................................................... 93 Sitzbild und Standbild ...................................................................................................................... 97 IX.Darstellungen von Frauen in der Sepulkralkultur ......................100 X.Berufsdarstellungen ...................................................112 Paradigmenwechsel an „Montangrabmälern“............................................................................ 122 Grabmäler von Militärs .................................................................................................................... 127 XI.Außergewöhnliches Kunstschaffen in der ...............................131 Sepulkralkultur ......................................................131 XII.Sepulkralkultur im jüdischen Rheinland ..............................134 Literaturverzeichnis ....................................................148 Abbildungsverzeichnis ...................................................155 4 Vorwort Die Sepulkralkultur ist ein Spiegel individueller und sozialer Verhältnisse. Die Form des Grabmals und die Art der Bestattung werden in entscheidender Weise vom Verhältnis des Menschen zum Tod geprägt. Friedhöfe dienen nicht nur der zeitlich meist begrenzten Aufnahme unserer Toten, sondern sind zugleich Orte der langfristigen Erinnerung und Besinnung. In ihrer Gesamtheit, mit ihren Gebäuden, ihrer Flächengestaltung und ihren Grabmalen sind sie Zeugnisse des Zeitgeistes. Sie spiegeln wandelnde Einstellungen zum Tod und zum Toten und verweisen auf die Geschichte der Gemeinde oder Region sowie handwerkliche Traditionen und Neuerungen. Jeder Grabstein ist als Ausdruck des Selbstverständnisses und Anspruches einzelner oder gesellschaftlicher Gruppen zu verstehen. Er ist ein bewußt gesetztes Denkmal und Erinnerungszeichen, das den individuellen Ansprüchen und /oder materiellen Möglichkeiten sowie dem Zeitgeschmack entsprechend gestaltet wurde. In der vorliegenden Arbeit sollen Grabstätten nicht nur unter dem Aspekt „individueller, künstlerischer Schöpfung“ und „hoher Qualität“ untersucht werden, vielmehr bestand die Aufgabe darin, Grabstätten als Spiegel der Gesellschaft, in der sie entstanden sind, zu sehen. Unterschiedlich waren soziale Stellung, Prestige und Beruf der Auftraggeber und Verstorbenen, unterschiedlich war auch - jenseits der zeitbedingten Gemeinsamkeiten - das Sepulkralverhalten. „Grabmäler des 19.Jahrhunderts im Rheinland zwischen regionaler Identität, Anpassung und Individualität“ teilt sich in zwei Abschnitte auf. Zuerst soll die Rede von allgemeinen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklungen sein, um sozusagen den Hintergrund, vor dem die bürgerliche Sepulkralkultur zu untersuchen ist, näher zu beschreiben. Neben der Genese des Friedhofs, seiner Aufgabe und Funktion soll ein Augenmerk auf den Zusammenhang zwischen Grabmal und Denkmal, die Schöpfer der Grabmäler und den Stil gelenkt werden. Danach befaßt sich die Arbeit mit der Individualdarstellung des Verstorbenen, dem Wandel der Frauenbildnisse und Berufsdar-stellungen. Anschließend soll ein außergewöhnliches Grabmal in seinem kunsthistorischen Zusammenhang erörtert werden. Den Schluß bildet die bürgerliche jüdische Sepulkralkultur im Rheinland zwischen Integration und orthodoxem Glauben. Der Zeitraum „19.Jahrhundert“ ist in der vorliegenden Arbeit sehr großzügig ausgelegt: Der Wandel des alten Kirchhofs zum kommunalen Begräbnisort und vom Grabzeichen zum Grabmal begann bereits im ausgehenden 18.Jahrhundert und manche Entwicklungen, die ihren Ursprung vor 1900 haben, setzen sich noch in die ersten beiden Jahrzehnte unseres Jahrhunderts fort. 5 Naturgemäß kann nur ein kleiner Teil der relevanten Objekte aus dem Rheinland besprochen werden: Die Zahl der Friedhöfe ist groß, unüberschaubar ist die Zahl der historischen Grabmäler allein in den großen Städten. Aus diesem Grund können nur Aspekte bürgerlicher Sepulkralkultur im Rheinland angesprochen werden. Hennef 1999 Ulrike Meyer-Woeller 6 I.Politische, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung des Rheinlandes Im 18.Jahrhundert präsentierte sich das Rheinland als unübersehbares Gewirr von ungefähr 150 Einzelterritorien. Diese Gebiete gehörten zum Teil zu großen Herrschaftsbereichen wie Preußen oder Österreich1, waren im Besitz von Kirchenfürsten (ihrerseits wiederum Mitglieder größerer Herrscherhäuser2) oder waren einzelne Zwergstaaten mit lokalen Herrscherfamilien. Folge dieser Zersplitterung war eine Politik, die nicht in erster Linie die Interessen des Rheinlandes vertrat, eine vollkommene Machtlosigkeit der kleinen Territorialfürsten innerhalb des Deutschen Reiches, verbunden mit einer Schwächung der westlichen Reichsflanke. Absolutistische Strukturen hatten nur die Erzbistümer durchgesetzt, die städtischen und ländlichen Kommunen aber hatten eine unterschiedlich weitgehende Selbstverwaltung behaupten können. Das kirchliche Leben hatte sich seit dem 16.Jahrhundert im enggesteckten Rahmen abgespielt. Geprägt durch eine stark traditionsgeleitete Frömmigkeit, kümmerten sich volksnahe Seelsorger und alte Bruderschaften aus mittelalterlichen Traditionen um die geistlichen, aber auch praktischen Belange, wie Armenfürsorge und auch Bestattungswesen. Auf der anderen Seite war die Geistlichkeit im Rheinland während des Ancien Régime durch Elitenbildung, wie die Marianische Kongregation, geprägt. Die Volksfrömmigkeit entwickelte ein ausgedehntes Wallfahrtswesen. Nicht mehr die Märtyrergräber und berühmten Reliquien der weit entfernten Orte standen im Vordergrund, sondern Nahwallfahrten zu Heiligtümern und wundertätigen Kultbildern. Seit der Mitte des 18.Jahrhunderts wurde aufklärerische Kritik an Prozessions-, Wallfahrts- und 1 Friedrich der Große hätte seine Besitzungen im Westen am liebsten gegen Mecklenburg oder Sachsen eingetauscht um eine politischen Schwerpunkte in Brandenburg - Preußen zu festigen. Österreich besaß nur kleine Splitter, die mit den Herzogtümern Luxemburg und Limburg zu den Österreichischen Niederlanden gehörten, vgl. Lewald, U.: Vor hundertfünfzig Jahren, in: Das Rheinland in preußischer Zeit, hrsg. von Walter Först,S.10f. 2 Die Besetzung der Erzstühle Köln und Trier war trotz des Wahlrechts der Domkapitel keine bistumsinterne Angelegenheit: die Kurfürsten waren wie die Reichsfürsten Mitglieder im Reichstag und hatten neben ihrem geistlichen, auch ein ebenso gewichtiges weltliches Amt inne. 7 Bruderschaftswesen laut3. Im Konflikt des 18.Jahrhunderts, katholischer Traditionalismus mit breitenwirksamer Demonstration von Frömmigkeit versus aufklärerischer Forderung nach Zurückdrängung und Beschneidung der Kirche in ihrer Macht und ihrem Aufgabenfeld, zeichnet sich bereits das große Problem des nachfolgenden Jahrhunderts ab: rheinischer politischer Katholizismus gegen den aufgeklärten protestantischen Preußenstaat. In den kleinen „selbstständigen“ Territorien, den Reichsstädten, den Kurstaaten und den österreichischen Gebieten, allesamt in ihrem Bestehen unmittelbar an die Zukunft des Alten Reiches gebunden, war ein Reichspatriotismus weit verbreitet. Die preußischen Besitzungen am Niederrhein dagegen hatten eine straffe preußische Verwaltung erhalten, durch die sich relativ früh eine preußische Staatsgesinnung herausbildete.