Jörg Hoffmann (Autor) Flora des Naturparks Märkische Schweiz

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1 Einleitung Die nachfolgende textliche Darstellung der Flora wurde in fünf Abschnitte gegliedert. Die Vielfalt der Landschaften in der Märki- Dies sind die Gebietsbeschreibung, der allge- schen Schweiz mit ihren ausgeprägten Relief- meine Teil, der spezielle Teil, die Auswer- verhältnissen, den zahlreichen Seen und klei- tung der floristischen Daten sowie das Litera- nen Mooren, den ausgedehnten Wäldern, den turverzeichnis. In der Gebietsbeschreibung Trockenrasen, Feucht- und Nasswiesen, zog erfolgt zur näheren Charakterisierung des schon seit längerer Zeit das Interesse der Bo- Untersuchungsgebietes eine kurze Darstel- taniker auf sich. So verwundert es nicht, dass lung seiner Lage und der naturräumlichen die botanische Erforschung in diesem Gebiet Einordnung. Daran schließt sich eine Erläute- bereits vor etwa 200 Jahren, zu Beginn des rung zu den geologisch-geomorphologischen 19. Jahrhunderts einsetzte. Publiziert und Bedingungen, den Böden, den hydrologischen damit überliefert sind aus jener Zeit jedoch Bedingungen, dem Klima, der potenziellen nur wenige Beobachtungen. Auch aus der natürlichen Vegetation und den aktuellen zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gibt es Biotoptypen an. In der Rubrik Klima wird nur vereinzelte Daten, zumeist über Raritäten etwas ausführlicher auf die kleinklimatischen der Flora des engeren Gebietes um . Bedingungen in der Märkischen Schweiz Artenlisten seltener Pflanzenarten stellte z.B. eingegangen, da das Gebiet eine große Viel- ASCHERSON (1888) zusammen, die uns Ver- falt an Arten unterschiedlicher Florenelemen- gleiche mit den heutigen Bedingungen er- te aufweist und sich die kleinräumigen Habi- möglichen. tatbedingungen oft stark voneinander unter- Einen besonderen Aufschwung nahm die scheiden. botanische Erforschung in der Märkischen Im allgemeinen Teil zur Flora der Märki- Schweiz in den 1950er Jahren mit den Unter- schen Schweiz werden die methodischen suchungen von DÜLL (1960) und dann erneut Schritte zur Ermittlung der floristischen Zu- ab 1985 sowie verstärkt in den Jahren ab sammensetzung und zur Erhebung qualitati- 1990, nach der Erweiterung des früheren ver Merkmale der Arten erläutert. Dieser Ab- Landschaftsschutzgebietes (LSG) von damals schnitt umfasst Ausführungen über frühere ca. 40km² zum heutigen LSG und Naturpark floristische Arbeiten, die Methoden der Fel- Märkische Schweiz mit einer Fläche von derhebungen, der Ermittlung von Verbrei- mehr als 200km², einschließlich der Auswei- tungsmustern ausgewählter Arten und der sung von sechs Naturschutzgebieten. Erhebung phänologischer Daten. Weiterhin Recht bald nach Beginn meiner eigenen wird erläutert, welche Arten in die Flora auf- floristischen Erhebungen sammelte sich rasch genommen wurden, welche Namen der Arten ein großer Datenfundus an Literaturquellen verwendet werden sowie erfolgen methodi- und besonders von Felderhebungsdaten an. sche Ausführungen zu ermittelten Merkmalen Aus diesem Grund wurde eine regionale flo- der Pflanzenarten. Dazu zählt die geogra- ristische Literatursammlung angelegt und die fisch-klimatische Zuordnung (Florenelemen- Quellen in einem Literaturverzeichnis aufge- te), die Vergesellschaftung, die Häufigkeit, arbeitet. Für die botanischen Daten wurde der Zeitpunkt des Erstauftretens, der Etablie- zunächst eine Artenkartei genutzt, jedoch rungsgrad, die aktuelle Etablierung auf ver- bereits ab 1990 eine rechnergestützte Daten- schiedenen Standorttypen sowie die Gefähr- bank mit der Bezeichnung „Flora Märkische dung der Arten. Schweiz“ aufgebaut. In diese Datenbank wur- Im speziellen Teil der Flora erfolgt die Ab- den die Artnamen, Fundortangaben sowie handlung der festgestellten Arten. Dabei wer- regionale ökologische Daten der Arten einge- den allgemeine sowie ausschließlich das Ge- tragen. Von etwa 500 Pflanzenarten des Na- biet der Märkischen Schweiz betreffende Da- turparks wurden Herbarbelege angefertigt und ten für jede Art aufgeführt. Es schließt sich in einem Herbarium hinterlegt. der Kartenteil, in dem Verbreitungsmuster 12 Gebietsbeschreibung, Lage ausgewählter Arten dargestellt werden sowie zwischen und Polen. Die zentralen eine Analyse der floristischen Daten, an. Ab- Ortschaften im Naturpark, Buckow und schließend erfolgt im Literaturverzeichnis die , liegen knapp 50km östlich Zusammenstellung der verwendeten Literatur- vom Stadtzentrum entfernt. quellen. Entsprechend der naturräumlichen Gliede- 1 rung Deutschlands (MEYNEN et al. 1962) gehört der größte Teil des NP zur Buckower 2 Gebietsbeschreibung Hügel- und Kessellandschaft. Es schließen sich Gebiete der Barnimplatte im Norden und Westen, des Waldhügellandes Oberbarnim im 2.1 Lage des Gebietes und natur- Nordwesten, der Berlin- Fürstenwalder Spree- räumliche Einordnung talniederung im Südwesten, der Lebusplatte im Südosten und des Oderbruchs im Osten an Der Naturpark (NP) Märkische Schweiz (Abb. 1) wird geographisch dem nordostdeutschen Das Kernstück des NP, die Buckower Hü- Tiefland zugeordnet. Das Gebiet hat eine Flä- gel- und Kessellandschaft, zeigt im Vergleich che von 205km2. Es befindet sich im östli- zu den anderen Gebieten eine besonders gro- chen Teil des Bundeslandes Brandenburg ße landschaftliche Vielfalt.

Abb. 1: Lage des Naturparks Märkische Schweiz im östlichen Brandenburg zwischen Berlin und Polen unter Berücksichtigung der naturräumlichen Gliederung, der Besiedlungsstruktur (rot) und des Reliefs

1Naturräumliche Gliederung – Einteilung der Landschaften entsprechend ihrer regionalen Beson- derheiten, u.a. des Klimas, der Geologie und Geomorphologie, der Vegetation, der Böden und der Landnutzung. In Deutschland werden nach MEYNEN et al. (1962) 892 unterschiedliche naturräumliche Einheiten unterschieden. Gebietsbeschreibung, Geologie 13

2.2 Geologisch-geomorphologische Strukturreichtum deutlich von den umgeben- den Landschaften ab. Es zeigt sich ein sehr Bedingungen bewegtes Relief mit zahlreichen mittel- bis Aus geologischer Sicht zählt die Märkische steilhängigen Hügeln und oft steilhängig zu Schweiz zu den als besonders hervorzuheben- den Grundmoränenplatten (Barnim, Lebus) den Glaziallandschaften Brandenburgs eingesenkten Talzügen und Talkesseln (STACKEBRANDT und MANHENKE 2002). Sie (Klobichseen, Schermützelsee). Dieses reich gehört zu den jungpleistozänen Landschaften strukturierte Gebiet mit glazifluviatiler Rinne, des Nordostdeutschen Tieflandes. Mindestens ermöglichte den Schmelzwässern einen Ab- drei Eiszeiten – die Elster-, Saale- und Weich- fluss nach Süden und später nach dem Abtau- selkaltzeit – haben das Gebiet „überfahren“ en der Eismassen in Richtung Osten zur Ost- und die geologisch sowie geomorphologische see und Westen zur Nordsee. Der Rinnencha- Oberflächengestalt geprägt. Die letzte Verei- rakter sowie die Vielfalt der Strukturierung ist sungsperiode, die Weichselkaltzeit, endete in der geomorphologischen Gliederung gut vor etwa 12.000 bis 15.000 Jahren. erkennbar. Auf engem Raum treffen viele der Als Folge der Gletscherbewegung, der im norddeutschen Tiefland typischen geolo- Druckbelastung durch die Eismassen sowie gisch-geomorphologischen Bildungen aufein- der in den Abschmelzphasen erfolgten Sedi- ander und ergeben ein reiches Mosaik unter- mentation mit dem Gletschereis transportier- schiedlicher Standortbedingungen, die eine ter Materialien sowie von Erosionsprozessen hohe floristische Vielfalt ermöglichen. (Wasser, Wind) entstanden die in der Märki- Die höchste Erhebung erreicht die Bucko- schen Schweiz prägnanten geologischen Bil- wer Hügel- und Kessellandschaft (gleichzeitig dungen und die wesentlichen Formen der O- auch höchste Erhebung des NP) im Stauch- berfläche. Die Ablagerung der durch das Glet- moränen-Komplex nördlich von Buckow mit schereis mitgeführten Sedimente, führte zu dem Krugberg (130m). Die Reliefenergie ist Sedimentschichten (vornehmlich Sande unter- in diesem Gebiet für nordostdeutsche Verhält- schiedlicher Körnung, auch Steine, Lehme nisse hoch. Mit ihren Kehlen und Schluchten und Tone), die eine Mächtigkeit bis über erinnert diese hüglige Landschaft an Mittelge- 200m erreichen. birgsverhältnisse. Der tiefste Geländepunkt in Einen bedeutenden Einfluss auf die heutige der Märkischen Schweiz liegt etwa 19m unter Oberfläche hatten die während des Weichsel- dem Meeresspiegel auf dem Seegrund im glazials sich zurückziehenden Eismassen nördlichen Teil des Schermützelsees. Der während des Frankfurter Stadiums, dessen größte Höhenunterschied beträgt somit zwi- Hauptrandlage das Gebiet der Märkischen schen Krugberg und tiefster Stelle im See Schweiz durchzieht. Diese bekannte „Haupt- rund 150 m. Beide Punkte liegen nur etwa stillstandslage“ ist durch einzelne, nicht zu- 2km voneinander entfernt. sammenhängende End- und Stauchmoränen- Die Barnim- und Lebusplatte setzen sich komplexe charakterisiert (SCHOLZ 1961), wie vorherrschend aus wellig-flachhügeligen sie sich in Teilen der Buckower Hügel- und Lehm- und Sandgebieten, dem morphologi- Kessellandschaft (z.B. Pritzhagener Berge) schen Formentyp nach aus Grundmoränen- wiederfinden. Grundmoränen (z.B. Bereiche platten mit teilweiser starker Sandüberschüt- der Barnimplatte) deuten die einstige tung (Sander) zusammen. In Teilen sind diese „Stirnrandlage“ des Inlandeises an. Die Viel- Flächen durch steilhängige Rinnentäler mit gestaltigkeit der geologisch-geomorpho- Rinnenseen und Niedermoorbildungen ange- logischen Bildungen in der Märkischen schnitten, z.B. im Ruhlsdorfer Bruch, west- Schweiz, besonders im zentralen Teil, der lich von Hasenholz. Charakteristisch für die Buckower Hügel- und Kessellandschaft, wird relativ ebenen Grundmoränenplatten ist die in Abb. 2 ersichtlich. Dieses engere Gebiet hohe Anzahl von Kleingewässern. Häufig des NP hebt sich durch seinen Formen- und handelt es sich dabei um Sölle, kleine Stand- 14 Gebietsbeschreibung, Geologie

Abb. 2: Geologisch-geomorphologische Übersichtskarte der Buckower Hügel- und Kesselland- schaft mit angrenzender Barnim-Platte (Nordwesten), Lebus-Platte (Südosten) und dem Oder- bruch (Nordosten) nach SCHOLZ (1961, 1989), leicht verändert, (Zeichnung J. JÜTTNER). Gebietsbeschreibung, Böden 15 gewässer, die aus dem späteren Abtauen klei- ebenso terziären Ursprungs ist, wurde an der nerer Eisreste der Gletscher hervorgegangen Südseite des Schermützelsees sowie nahe der sind. Straße von Bollersdorf nach Reichenberg In Teilbereichen finden sich periglaziale nördlich der Krugberges in kleinen Tongru- Erosions- und Akkumulationsformen ben abgebaut. (Trockentäler und ihnen entsprechende Schwemmkegel, z.B. im Osten bei Altfried- land). 2.3 Böden Späteiszeitliche Dünensande treten im Be- reich der heutigen Flugsanddüne bei Münche- Oberflächenform und abgelagerte Sedi- hofe in Erscheinung. Gelegentlich kann man mentgesteine sowie klimatische Bedingungen in Lesesteinhaufen in der Feldmark und auf und Verwitterungsprozesse bildeten unter Ackerflächen am Roten Luch auch sogennan- dem Einfluss der sich ansiedelnden Fauna te „Windkanter“ finden, Steine die über län- und Flora die Grundvoraussetzung für die 2 gere Zeit an der Bodenoberfläche dem Ein- nacheiszeitlich entstandenen Böden . In der fluss der Winderosion (durch Wind transpor- Märkischen Schweiz sind die Böden im we- tierten Feinsanden) ausgesetzt waren und sentlichen aus quartärem Lockergestein, vor- typische Gradausbildungen aufweisen. nehmlich aus glaziären und periglaziären Se- Als bedeutsame holozäne Bildungen sind dimenten (Sande, Lehme, Tone, auch Kiese die Niedermoore zu nennen. Das Rote Luch, und Steine) entstanden (STACKEBRANDT und überwiegend der Berlin-Fürstenwalder Spree- MANHENKE 2002). Die Böden zeigen i.d.R. talniederung im Südwesten des NP zugehörig, einen geschichteten Aufbau (Bodenhorizonte) wird von Sandböden unterlagert und steht und unterscheiden sich insbesondere hinsicht- unter dem Einfluss lateral zuströmenden lich ihres Anteils an mineralischen und orga- Drängewassers, wodurch die Niedermoorbil- nischen Bestandteilen, ihrer Substratschich- dung möglich wurde. tung und Körnung (auch Korngrößenzusam- Neben den aus geologischer Sicht sehr jun- mensetzung der mineralischen Bestandteile), gen pleistozänen Oberflächenformen und der Lagerungsdichte, dem Humus-, Nähr- Ablagerungen treten ältere Bildungen nur stoff- und Kalkgehalt, dem pH-Wert, sowie selten und sehr kleinflächig in Erscheinung. ihres Wasser- und Lufthaushaltes. Das Gebiet der Märkischen Schweiz gehört Aufgrund der in der Märkischen Schweiz zu den Regionen Brandenburgs, in denen recht heterogenen Reliefverhältnisse wech- 3 terziäre Braunkohlevorkommen untertage seln die Bodenformen häufig rasch auf en- vorkommen. Untertageabbau erfolgt lokal bei gem Raum und bedingen eine große Vielfalt Bollersdorf und am Elysium nahe dem So- der Wuchsbedingungen für Pflanzen. Vor- phienfließ. Anstehende Braunkohleflöze gibt herrschende Bodenformen sind Braunerden. es nur in einem Bereich der unter der Wasser- Daneben treten auch Parabraunerden und oberfläche gelegenen Uferböschung des Fahlerden, Podsol-, Gley-, Anmoor- und Schermützelsees an der Seite zur Bollersdor- Moorböden auf. Im Siedlungsbereich finden fer Höhe. Dagegen treten terziäre Sande u.a. sich zudem kleinflächig Kippsubstrate aus an der Silberkehle im Staumoränenkomplex anthropogen umgelagerten Sedimenten, teil- bei Pritzhagen zu Tage. Septarienton, der weise auch anthropogene Mischsubstrate. An

2 Böden - Nach LIEBEROTH (1982, Bodenkunde) wird unter Boden die im Oberflächenbereich der Gesteine durch den Einfluss von Klima, Vegetation, Bodenfauna/Mikroflora, Relief und unter Einwirkung des Menschen während eines bestimmten Zeitraumes entstandene Umwandlungszone mit neuen charakteristischen Eigenschaften gegenüber dem Ausgangsgestein verstanden. 3Bodenform - Die durch Bodenbildungsprozesse entstandene spezifische Ausprägung des Bodens. Sie unterscheidet sich u a. hinsichtlich der Bodenhorizonte, der Substrateigenschaften sowie der bodenhydrologischen Merkmale. 16 Gebietsbeschreibung, Hydrologie

Kiesgruben und im Bereich einiger der ero- gekennzeichneten Übergangszone der Lebus- dierten Kuppen auf Ackerflächen in der Feld- platte und Barnim Platte zur Buckower Hügel mark treten Rohbodenflächen in Erscheinung. und Kessellandschaft sowie in dieser selbst. Auf Ackerflächen mit welligem Relief kommt es häufig zu partiellen Bodenabtrag durch Erosion (Wasser, Wind). Dies führte zur Bil- 2.4 Hydrologische Bedingungen dung kolluvialer Böden in den Senkenlagen, die zur Vernässung neigen. Durch den NP verläuft die Wasserscheide In den Niederungen, besonders in Teilen der Einzugsgebiete der Elbe (Nordsee) und der Buckower Hügel- und Kessellandschaft, der Oder (Ostsee). Etwa 80% des Gebietes im Ruhlsdorfer Bruch und im Roten Luch entwässert über den , zentraler Vor- haben sich Moorböden unter dem Einfluss fluter der Märkischen Schweiz, in Richtung von Dränge-, Grund-, Stau- oder Schichten- Oderbruch nach Osten und anschließend über wasser entwickelt. Vielfach wurden die Nie- die Oder nach Norden in die Ostsee. dermoore durch Gräben entwässert – teilwei- Der Stöbber entspringt im Niedermoorge- se bereits vor mehr als 200 Jahren – um sie biet Rotes Luch. Sein Quellgebiet befindet für landwirtschaftliche Nutzungen zu er- sich im flachem Gelände des Niedermoors schließen. Als Folge der damit verbundenen nahe der Querung des Luchs durch den Mineralisierungsprozesse bildeten sich im Damm der Ostbahn. Die in diesem Bereich Oberboden Zersetzungshorizonte, die zu den ausgebildete Talwasserscheide bildet den Moorbodentypen Fen (gering entwässert, Ursprung des Stöbbers und markiert die ohne Vererdungshorizont), Erdfen (relativ Grenze der Einzugsgebiete von Oder und stark entwässert, Vererdungshorizont im O- Elbe. Im westlichen Teil des Quellgebietes berboden) und Mulm (sehr stark entwässert, wird der Stöbber bis zu seiner Einmündung in Vermullungs- und Vererdungshorizont) führ- die Löcknitz nur durch seitliche Gräben und ten. Typisch für diese anthropogen gesteuerte Quellen mit Wasser gespeist. Nach Osten Moorbodenveränderung sind große Teile der leiten neben zahlreichen Gräben und vielen Niedermoorflächen im Roten Luch, die durch Quellen auch einige Bäche ihr Wasser auf den Bodentyp Erdfen charakterisiert werden. direktem Weg in den Stöbber ein. Dazu zäh- Von großer Bedeutung für viele Pflanzenar- len das Kreuzfließ in Waldsieversdorf, das ten ist der Kalkgehalt im Oberboden. Zu Be- Beckerfließ bei den Tornowseen, der Höllen- ginn der Bodenbildungsprozesse waren viele bach unweit Julianenhof und der Tiefe Gra- der mineralischen Bodensubstrate mit Kalk ben bei Hermersdorf. Das Wasser des So- angereichert. Die Kalkbestandteile wurden phienfließes fließt über den Umweg durch jedoch durch Auswaschungsprozesse im Ver- Schermützelsee und Buckowsee zum Stöbber. laufe der Zeit ausgespült oder in tiefere Bo- Aufgrund des großen Anteils sandiger Bö- denschichten, die für das Pflanzenwachstum den gelangt ein Teil der Niederschläge trotz nicht zugänglich sind, verlagert. Böden mit der relativ geringen Jahressumme durch Ver- Kalkanreicherung im Oberboden finden sich sickerung in den Grundwasserleiter und führt heute in der Märkische Schweiz in land- permanent zur unterirdischen Speisung der schaftlichen Bereichen, die bis in die Gegen- Seen und Fleißgewässer mit Quellwasser. wart aufgrund der Reliefverhältnisse eine Der Abfluss der Fließgewässer sowie die stärkere Erosionsneigung besitzen. Der Ab- Wasserspiegel der Seen unterliegen einer trag von Sedimenten der obersten Boden- deutlich ausgeprägten jahreszeitlichen schicht sowie die vielfach zu beobachtenden Schwankung. Einige der Seen weisen im Jah- starken Erosionseinschnitte („Kehlen“) führ- resverlauf eine Wasserspiegelschwankung ten somit kleinflächig zu neuen Kalkauf- von teilweise mehr als 0,5m auf. Nicht selten schlüssen. Derartige Bereiche befinden sich trocknen Kleingewässer der Feldmark in Dür- vor allem in der durch starke Reliefenergie reperioden gänzlich aus, können aber auch in Gebietsbeschreibung, Klima 17 nassen Jahren ausufern und zeitweilig angren- derschlag zende Flächen überfluten. Grundwassernahe (D) die Klimalagen des Nordwesten und Standorte weisen eine ausgeprägte Dynamik Südostens mit Jahresniederschlägen der Grundwasseroberfläche auf. Auf nichtent- zwischen 600 und 660mm und allge- wässerten Nasswiesen kann der Grundwasser- mein schwach ausgeprägten Jahres- stand um mehr als einen Meter innerhalb ei- gängen bei Temperatur und Nieder- nes Jahres schwanken, auf entwässerten stär- schlag und ker. (E) die Klimalagen des Südostens mit Jah- resniederschlägen zwischen 660 und 720mm und allgemein schwach ausge- 2.5 Klima prägten Jahresgängen bei Temperatur und Niederschlag. 2.5.1 Großräumige klimatische Bedingun- gen Die mittleren Jahrestemperaturen unter- Das Großklima des dem NP Märkische scheiden sich in Brandenburg nur gering. Schweiz übergeordneten Naturraumes, des Langjährig werden mit 7,9°C die kühlsten Landes Brandenburg, ist durch den Über- Temperaturen im Norden (Neuglobsow) und gangscharakter vom westeuropäischen Mee- die wärmsten mit 8,9°C und 8,8°C im Südos- resklima zum osteuropäischen Binnenlandkli- ten (Schwarze Pumpe und Cottbus) gemes- ma (Kontinentalklima) gekennzeichnet (Me- sen. teorologischer und hydrologischer Dienst der DDR 1953, SCHOLZ 1961). Entsprechend Jahresmittel Jahre sniederschlags- O seiner Lage in Mitteleuropa kommt es in Lufttempe ratur 8,4 C summe 524 mm 50 10 0 Brandenburg zur Durchdringung subatlanti- scher Klimaverhältnisse mit starker Ausprä- 40 80 gung im Nordwesten (Prignitz) und Süden - l (Niederlausitz) sowie subkontinentalen Be- O 30 60 dingungen in östlichen und nordöstlichen n Gebieten (Oderbruch, Uckermark). 20 40 Tem peratur [ C ]

Das Land Brandenburg lässt sich in Anleh- ] mm [ Niederschlag 10 20 nung an HEYER (1962) aufgrund des Jahres- - k niederschlages in fünf regional abgrenzbare 0 0 Klimazonen unterteilen. Jan . Feb. März Apr. Mai Jun i Jul i Aug .Sept. Okt. No v. De z. Das sind Monat (A) das Niederungsklima des Oberbuchs mit Jahresniederschlägen <480 mm Abb. 3: Klimadiagramm der Wetterstation und ausgeprägten Jahresgängen bei Müncheberg am Rand des NP Märkische Temperatur und Niederschlag, Schweiz, 62m über NN, Zeitraum 1950-1990; (B) das Niederungsklima der Landesmitte k: Kurve der mittleren Monatstemperaturen, mit Jahresniederschlägen zwischen n: relativ humide Jahreszeit, 450 und 540mm und ausgeprägten l: Kurve der mittleren monatlichen Nieder- Jahresgängen bei Temperatur und Nie- schläge derschlag nur im Osten (C) das Niederungsklima des Nordens und Der NP befindet sich im Bereich der Kli- der mittleren Höhenlagen des Südwes- mazonen (A) und (B). Mit dem über eine 41- tens und Südens mit Jahresnieder- jährige Periode erstelltem Klimadiagramm schlägen zwischen 540 und 600mm (Abb. 3) der Wetterstation Müncheberg, die und allgemein schwach ausgeprägten sich ca. 1km östlich des NP befindet, werden Jahresgängen bei Temperatur und Nie- in etwa die großräumigen klimatischen Be- 18 Gebietsbeschreibung, Klima dingungen des NP charakterisiert. Demnach Hilfe der Temperaturdifferenz des wärmsten liegt das langjährige Mittel der Lufttempera- (Juli) und kältesten Monat (Januar) charakte- tur (1950-1990) bei 8,4°C. Die mittleren Mo- risieren. Diese Differenz beträgt für die Stati- natstemperaturen erreichen ihr Maximum im on Müncheberg 19 K und charakterisiert das Juli mit 17,8°C, gefolgt von August mit Gebiet als schwach kontinental. 17,1°C und Juni mit 16,4°C. Die niedrigsten Der im Klimadiagramm dargestellte Be- Monatstemperaturen werden im Januar reich (n) zwischen der Niederschlagskurve (l) mit -1,2°C und im Februar mit -0,7°C ver- und der Temperaturkurve (k) gekennzeichne- zeichnet. Der Dezember liegt im Monatsmit- te die Märkische Schweiz als eine Region mit tel bereits gering über der Frostgrenze. humiden, für eine Waldvegetation Mitteleuro- Die Niederschlagssumme beträgt im lang- pas noch typischen klimatischen Bedingun- jährigen Mittel 524mm, das sind 524 l/m². gen. In trockenen und warmen Jahren wurden Die größten Monatsniederschläge fallen im jedoch in den vergangenen Jahren auch zeit- Mittel der Jahre zwischen Mai und August. weilig semiaride und aride Perioden in den Die größten Niederschlagssummen treten im Sommermonaten festgestellt (HOFFMANN Juni mit knapp 70mm auf. Die geringsten 1995). In diesen Zeitabschnitten tritt häufig, Niederschläge werden im Februar mit etwa besonders auf den grundwasserfernen, sandi- 30mm registriert. Im langjährigen Mittel sind gen Böden Trockenstress für viele Pflanzen- die Monate zum Ende des Winters und zu arten auf. Beginn des Frühjahrs von Februar bis April relativ trocken (Niederschlagssumme 90,4mm), die anschließenden Monate Mai bis 2.5.2 Kleinklimatische Bedingungen August dagegen relativ feucht (Nieder- Die kleinklimatischen Bedingungen in der schlagssumme 230,1mm). Herbst und Winter Märkischen Schweiz wurden in einem spe- weisen bei mittleren Monatswerten um ziellen Messprogramm analysiert. Da die Bio- 40mm Niederschlag eine etwa gleichmäßige topvielfalt in diesem Gebiet sehr groß ist und Niederschlagsverteilung auf. die damit korrespondierenden kleinklimati- Aufgrund wechselnder Großwetterlagen schen Unterschiede sich stark unterscheiden schwanken die Mittelwerte der Temperaturen können, wurden je zwei besonders kühle und und Niederschläge in den einzelnen Monaten zwei besonders warme Standorte ausgewählt, sowie von Jahr zu Jahr relativ stark. In sehr um in etwa die gegebenen kleinräumigen Kli- warmen Jahren werden Jahresmittel bis in den maunterschiede zu erfassen. Zu diesem Bereich von 10 °C festgestellt. Derartige Zweck erfolgte die Installation je einer mete- Temperaturbedingungen entsprechen bereits orologischen Messstation in einem Kessel- den südlicheren Verhältnissen wie sie z.B. in moor, auf einer sehr extensiv bewirtschafteten Ungarn auftreten. Dagegen werden in beson- Nasswiese, in einem südexponiertem Step- ders kühlen Jahren nur Temperaturen von penhangwald sowie auf einem ebenfalls süd- wenig über 7°C erreicht, die etwa den klima- exponiertem Trockenrasenhang. Im Ergebnis tischen Verhältnissen im südlichen Schweden der Messungen, die seit 1996 kontinuierlich nahe kommen. erfolgen, wurde deutlich, das die kleinklimati- Die maximale Differenz der mittleren jähr- schen Unterschiede innerhalb der Märkischen lichen Niederschlagssumme aus dem feuch- Schweiz größere Unterschiede aufweisen, als testen Jahr 1974 mit 715,4mm Niederschlag es die großräumigen Klimaunterschiede der und dem trockensten Jahr 1971 mit 343,2mm Messstationen in Brandenburg ergaben. Niederschlag ergibt einen Wert von Um die für die Entwicklung der Pflanzen 372,2mm. Diese Schwankung übersteigt so- wichtigen Temperaturbedingungen nahe der mit die Jahressumme eines extrem trockenen Bodenoberfläche zu ermitteln, wurden zusätz- Jahres. lich zu der Standardmesshöhe von 2m die Der Grad der Kontinentalität lässt sich mit Temperatur auch kontinuierlich in einer Höhe Gebietsbeschreibung, Klima 19 von 5cm über Gelände sowie in 5, 30 und ders im Boden nahe der Bodenoberfläche 60cm unter Gelände gemessen. treten die Temperaturunterschiede noch deut- Die in der Abb. 4 dargestellten Kurven zei- licher in Erscheinung. Zwischen Moor und gen den Verlauf der ermittelten Temperaturen Trockenrasen betragen die Unterschiede im im Jahresmittel in den Höhen von 2m über Jahresmittel bis 3°C (HOFFMANN 1999). Die- bis 60cm unter der Geländeoberfläche an. se erheblichen kleinräumigen Klimaunter- Das Kesselmoor (1) gehört demnach zu den schiede zwischen den Biotopen in der Märki- kleinklimatisch besonders kühlen Standorten. schen Schweiz sind für das Vorkommen von In 2m Höhe ist das Jahresmittel der Lufttem- Pflanzenarten unterschiedlicher Florenele- peratur um 1,2°C niedriger als im Vergleich mente von Relevanz. zum Trockenrasen (4). Besonders im Frühling und Sommer treten an Tagen mit intensiver Sonneneinstrahlung 1 2 3 4 zeitweilig erhebliche Temperaturunterschiede 200 1 - Moor auf. Diese können zur gleichen Zeit im Moor 175 2 - Feuchtwiese in schattiger Lage und am südexponierten 3 - Steppenwald Trockenrasenhang in der bodennahen Luft- 150 4 - Trockenrasen schicht bis zu 15°C betragen. An Regentagen 125 sind dagegen die Unterschiede nur gering. 4 100 Auch die Zahl der Frosttage , die Frostma- 5 75 xima, die Eistage sowie die Dauer der Frost- episoden unterscheiden sich standortabhängig 50

Meßhöhe [cm] (Abb. 5, 6) (HOFFMANN 2001). Dabei haben 25 die geomorphologischen Verhältnisse (Relief, Exposition), die Boden- und Feuchtebedin- 0 gungen sowie die Vegetation selbst, einen -25 wichtigen Einfluss auf die lokalen Tempera- -50 turverhältnisse. Ebenso unterscheidet sich der Wärmehaus- 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 halt in den Sommermonaten signifikant. So Temperatur [°C] lag von 1996 bis 2003 die Anzahl der Som- mertage6 im Mittel im Kesselmoor in 2m Abb. 4: Kleinräumige klimatische Unterschie- Höhe bei 37,6 Tagen und in 5cm Höhe bei de zwischen Moor, Feuchtwiese, Steppenwald 92,8 Tagen; am Steppenhang bei 43,9 bzw. und Trockenrasen in der Märkischen 131,9 Tagen. Die Anzahl der Hitzetage7 be- Schweiz. Es werden die Jahresmittel der Tem- trug im Kesselmoor in 2m Höhe 5,5 Tage peraturwerte (1996-1999) in 2m sowie 5cm und in 5cm Höhe 47,9 Tage; am Steppenhang über Gelände und 5, 30 und 60cm unter Ge- 7,1 Tage bzw. 108,3 Tage. Das Kriterium für lände durch die gestrichelten Linien für die Tropentage8 wurde an keinem der Standorte einzelnen Biotope dargestellt. Die roten Li- in keiner der Messhöhen erreicht. Es zeigte nien stellen den potenziellen Grenzbereich sich jedoch, dass in der bodennahen Luft- des Habitatklimas (Temperatur) im Untersu- schicht über Trockenrasen sehr selten in den chungsgebiet dar. Monaten Juli und August Temperaturminima von 20°C nur für kurze Zeit unterschritten In der bodennahen Luftschicht und beson- werden.

4Frosttag - Tag, an dem die Temperatur zeitweilig unter Null fällt. 5Eistag - Tag, an dem die Temperatur die Null Grad Schwelle zu keinem Zeitpunkt übersteigt. 6Sommertag - Tag, an dem das Temperaturmaxima > =25°C beträgt. 7Hitzetag - Tag, an dem die Temperatur zeitweilig 30 °C übersteigt. 8Tropentag - Tag, an dem die Temperatur nicht unter 20 °C fällt.