Elfter Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik für die Jahre 2011 und 2012

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Vorwort des Bundesbeauftragten zum Elften Tätigkeitsbericht ...... 7

1 Arbeitsschwerpunkte im Berichtszeitraum ...... 10

1.1 Achte Novellierung des -Unterlagen-Gesetzes ...... 10

1.2 Schwerpunkte der Archivarbeit ...... 13

1.3 Schwerpunkte bei der Verwendung von Stasi-Unterlagen ...... 15

1.4 Schwerpunkte der Forschung und der Unterrichtung der Öffentlichkeit ...... 18

2 Die Behörde des BStU ...... 21 2.1 Organisationsstruktur ...... 21

2.2 Beirat ...... 21 2.3 Personal ...... 22 2.3.1 Personalbestand und Personalentwicklung ...... 22 2.3.2 Fort- und Weiterbildung ...... 22 2.3.3 Ausbildung ...... 23 2.3.4 Betriebliche Gesundheitsförderung ...... 23 2.4 Haushalt ...... 24 2.5 Liegenschaften ...... 24 2.6 Informationstechnik ...... 24 – 2 –

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2.7 Informationssicherheit und Datenschutz ...... 25 2.8 Anträge nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) ...... 26

3 Archivbestände ...... 26 3.1 Arbeitsschwerpunkte ...... 26 3.2 Erschließungsergebnisse ...... 27 3.2.1 Zentrale Schriftgutüberlieferung des Ministeriums ...... 27 3.2.1.1 Ablagen des MfS-Zentralarchivs ...... 28 3.2.1.2 Bis 1990 kurrentes Schriftgut der zentralen MfS-Diensteinheiten 28 3.2.2 Schriftgutüberlieferung der MfS-Bezirksverwaltungen und -Kreisdienststellen ...... 30 3.2.2.1 Land ...... 31 3.2.2.2 Land ...... 31 3.2.2.3 Land Mecklenburg-Vorpommern ...... 32 3.2.2.4 Freistaat Sachsen ...... 32 3.2.2.5 Land Sachsen-Anhalt ...... 33 3.2.2.6 Freistaat Thüringen ...... 34 3.2.3 Audiovisuelle Medien und maschinenlesbare Daten ...... 36 3.2.3.1 Filme und Videos ...... 36 3.2.3.2 Tondokumente ...... 36 3.2.3.3 Fotodokumente ...... 36 3.2.3.4 Maschinenlesbare Daten ...... 36 3.3 Findmittel ...... 37 3.3.1 Karteien des MfS ...... 37 3.3.2 Datenbanken des BStU ...... 37 3.3.3 Findmittel im Internet ...... 38 3.4 Bestandserhaltung ...... 38 3.4.1 Präventive Maßnahmen ...... 38 3.4.2 Papierrestaurierung und -konservierung ...... 39 3.4.3 Sicherung audiovisueller Medien und maschinenlesbarer Daten . . . 40 3.5 Herausgabe und Übernahme von Unterlagen ...... 40 3.6 Manuelle und virtuelle Rekonstruktion zerrissener Unterlagen . . . 41 3.6.1 Manuelle Rekonstruktion ...... 41 3.6.2 Virtuelle Rekonstruktion ...... 42 3.7 Archivfachliche Kontakte mit anderen Archiven und Einrichtungen ...... 42

4 Verwendung von Unterlagen auf Antrag oder Ersuchen . . . . . 43 4.1 Anträge von Bürgerinnen und Bürgern auf Auskunft, Einsicht in und Herausgabe von Unterlagen sowie auf Bekanntgabe von Namen ehemaliger Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes . . . . 44 – 3 –

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4.1.1 Antragstellung ...... 44 4.1.2 Antragsaufkommen und Antragsbearbeitung ...... 45 4.1.3 Beweggründe für einen Antrag auf Akteneinsicht ...... 46 4.1.4 Bürgerberatung ...... 47 4.1.5 Eilbedürftigkeit von Anträgen ...... 49 4.1.6 Erfahrungen mit der Bearbeitung von Anträgen naher Angehöriger nach der Novellierung des § 15 StUG ...... 49 4.1.7 Decknamenentschlüsselung ...... 50 4.2 Verwendung von Unterlagen durch öffentliche und nicht-öffentliche Stellen ...... 50 4.2.1 Ersuchen zur Rehabilitierung von Betroffenen und zur Wiedergutmachung erlittenen Unrechts ...... 50 4.2.1.1 Strafrechtliche Rehabilitierung ...... 50 4.2.1.2 Wiedergutmachung ...... 51 4.2.2 Verwendung für Zwecke der Strafverfolgung und Gefahrenabwehr ...... 52 4.2.3 Verwendung von nicht personenbezogenen Unterlagen ...... 53 4.2.4 Verwendung von Unterlagen für Zwecke der Nachrichtendienste 53 4.2.5 Nutzung des Zentralen Einwohnerregisters der ehemaligen DDR 53 4.2.6 Ersuchen zur Überprüfung von Personen ...... 53 4.2.6.1 Abgeordnete, Mitglieder kommunaler Vertretungen, kommunale Wahlbeamte, ehrenamtliche Bürgermeister und entsprechende Vertreter für einen Gemeindeteil sowie Regierungsmitglieder . . . 54 4.2.6.2 Leitende Mitarbeiter öffentlicher Stellen; von der öffentlichen Hand bestellte Mitglieder von Vertretungs- und Aufsichts- organen; Beschäftigte im öffentlichen Dienst in tatsachengestützten Verdachtsfällen ...... 55 4.2.6.3 Berufsrichter und ehrenamtliche Richter ...... 55 4.2.6.4 Leitende Personen im Sport sowie Trainer und Betreuer von Mitgliedern der deutschen Nationalmannschaften ...... 55 4.2.6.5 Beiratsmitglieder des BStU und Beschäftigte in Aufarbeitungsinitiativen ...... 56 4.2.6.6 Sicherheits- und Zuverlässigkeitsüberprüfungen ...... 56 4.2.6.7 Rentenangelegenheiten ...... 56 4.2.6.8 Ordensangelegenheiten ...... 56 4.3 Anträge für die Forschung zum Zweck der politischen und historischen Aufarbeitung sowie für Zwecke der politischen Bildung und von Presse, Rundfunk und Film ...... 56 4.3.1 „Westarbeit“ des MfS ...... 58 4.3.2 Grenzregime, Fluchten, Militär und Militärverbindungsmissionen 60 4.3.3 Justiz und Strafvollzug sowie Polizei ...... 61 4.3.4 Sport ...... 63 4.3.5 Wirtschaft ...... 63 4.3.6 Schüler und Jugendliche ...... 64 – 4 –

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4.3.7 Aufarbeitung der NS-Diktatur ...... 65 4.3.8 Kultur, Kunst ...... 65 4.3.9 Opposition in der DDR ...... 67 4.3.10 Terrorismus ...... 67 4.3.11 MfS ...... 67 4.3.12 Organisationen Ost ...... 68 4.3.13 Deutsch-deutsche Beziehungen ...... 68 4.4 Widersprüche gegen Entscheidungen des BStU ...... 68 4.5 Rechtsstreitigkeiten zum Stasi-Unterlagen-Gesetz ...... 69

5 Forschung und Publikationen ...... 71 5.1 Arbeit des Wissenschaftlichen Beratungsgremiums ...... 72 5.2 Forschungsprogramm ...... 72 5.2.1 Widerstand im Alltag – Alltag des Widerstandes ...... 72 5.2.2 Zusammenarbeit des MfS mit den Sicherheitsdiensten des Ostblocks zur Verhinderung von Flucht und Opposition/Westarbeit des MfS ...... 73 5.2.3 Zusammenarbeit osteuropäischer Staatssicherheitsdienste ...... 73 5.2.4 Herrschaft und Gesellschaft in der DDR-Provinz ...... 74 5.2.5 Die DDR im Blick der Stasi. Die geheimen Berichte an die SED-Führung. Edition und Analyse der Stimmungs- und Lageberichte der Zentralen Auswertungs- und Informations- gruppe (ZAIG) des MfS 1953 bis 1989 ...... 74 5.2.6 Rechtsanwälte in der Ära Honecker ...... 75 5.3 Publikationen ...... 75 5.3.1 Monografien und Sammelbände ...... 75 5.3.1.1 Das MfS-Lexikon. Begriffe, Personen und Strukturen der Staatssicherheit der DDR ...... 75 5.3.1.2 Das Revolutionsjahr 1989 ...... 75 5.3.1.3 Opposition und SED in der Friedlichen Revolution ...... 76 5.3.1.4 Die DDR im Blick der Stasi. Die geheimen Berichte an die SED-Führung: 1961 und 1977 ...... 76 5.3.1.5 Desertionen im geteilten Berlin ...... 76 5.3.1.6 Die Untersuchungshaftanstalt der Staatssicherheit in . Ermittlungsverfahren, Zelleninformatoren und Haftbedingungen in der Ära Honecker ...... 76 5.3.1.7 Konfliktfall „KOSMOS“. Die politische Geschichte einer Jugendarbeitsgruppe in der DDR ...... 77 5.3.2 Handbuch ...... 77 5.3.2.1 Hauptverwaltung A (HV A). Aufgaben – Strukturen – Quellen . . . . 77 5.3.2.2 Hauptabteilung VIII: Beobachtung, Ermittlung, Durchsuchung, Festnahme ...... 77 5.3.2.3 Die Diensteinheiten des MfS 1950 – 1989. Eine organisatorische Übersicht ...... 77 – 5 –

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5.3.3 MfS-Dokumente online ...... 78

5.4 Bundestagsgutachten ...... 78

5.5 Wissenschaftliche Tagungen ...... 78 5.5.1 Staatssicherheit, Herrschaft und Gesellschaft. Forschungsperspektivenkonferenz ...... 78 5.5.2 Die Diktatur in der Provinz – Nahaufnahmen der SED-Herrschaft 78 5.5.3 Nach dem Mauerbau ...... 78 5.5.4 Historische Denunziationsforschung ...... 79 5.5.5 Workshop IPN ...... 79

5.6 Bibliothek ...... 79

6 Bildungs-, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ...... 79

6.1 Informations- und Dokumentationszentren, Gedenkstätten, Ausstellungen ...... 79 6.1.1 Bildungszentren in Berlin in der Magdalenenstraße und in der Zimmerstraße ...... 79 6.1.1.1 „Haus 1“ auf dem Gelände der ehemaligen MfS-Zentrale ...... 80 6.1.1.2 Bildungszentrum in der Zimmerstraße ...... 80 6.1.2 Unterrichtung der Öffentlichkeit in den Außenstellen, Informa- tions- und Dokumentationszentren sowie Gedenkstätten ...... 81 6.1.2.1 Ausstellungsangebote der Außenstellen ...... 81 6.1.2.2 Informations- und Dokumentationszentren sowie Gedenkstätten 84 6.1.3 Wanderausstellung ...... 85 6.1.4 Weitere Ausstellungen ...... 85 6.1.4.1 Solidarność, die DDR und die Stasi ...... 85 6.1.4.2 Internationale Wanderausstellung „Die kommunistischen Geheimpolizeien“ ...... 85

6.2 Bildungsarbeit für junge Menschen und Multiplikatoren ...... 86 6.2.1 Projekttage und andere Veranstaltungen mit Schülerinnen und Schülern ...... 86 6.2.2 Weiterbildungen für Lehrkräfte und Multiplikatoren ...... 87 6.2.3 Betreuung von Facharbeiten ...... 88 6.2.4 Materialien ...... 89 6.2.5 Kooperationspartner ...... 89

6.3 Veranstaltungen ...... 90 6.3.1 Veranstaltungen der Zentralstelle ...... 90 6.3.2 Veranstaltungen der Außenstellen ...... 92

6.4 Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ...... 95 6.4.1 Pressearbeit ...... 95 6.4.2 Öffentlichkeitsarbeit ...... 96 – 6 –

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7 Internationalisierung der Aufarbeitung ...... 98 7.1 Die Arbeit des Netzwerks ...... 98 7.2 Ausgewählte internationale Kontakte ...... 100 7.2.1 Europa ...... 100 7.2.2 Nahost („Arabischer Frühling“) ...... 102 7.2.3 Weitere Länder ...... 103

Anhang ...... 105

Abkürzungsverzeichnis ...... 137 – 7 –

Vorwort Hand aufs Herz – wer von Ihnen hätte vor zwei Jahrzehnten gedacht, dass die Aufar- beitung der SED-Diktatur heute weiterhin ein bedeutendes Thema ist und die Dienst- leistungen der Stasi-Unterlagen-Behörde so stark nachgefragt werden? Vor 23 Jahren – als die Stasi-Dienststellen besetzt wurden, vor 21 Jahren – als die ersten Aktenein- sichten stattfanden? Seitdem sind bei der Stasi-Unterlagen-Behörde fast 6,8 Millio- nen Anträge und Ersuchen eingegangen. 1,9 Millionen Bürgerinnen und Bürger wollten Einsicht in die zu ihrer Person gesammelten Unterlagen der Stasi nehmen, viele wiederholt. Dieser Elfte Tätigkeitsbericht der Stasi-Unterlagen-Behörde – der die Jahre 2011 und 2012 umfasst – zeigt, wie aktuell die Aufarbeitung des Wirkens der Staatssicherheit immer noch ist und wie hilfreich dabei die Dienstleistungen der Behörde des Bundesbeauftragten sind. Es geht dabei nicht in erster Linie um Akten, es geht um Menschen und ihre Schick- sale. Ältere sind noch heute von der Vergangenheit aufgewühlt. Zeit heilt nicht ein- fach alle Wunden. Die Verletzungen der Diktatur beschäftigen oft auch die nächsten Generationen. Jüngere sind erstaunt und bestürzt über die Hinterlassenschaften der SED-Diktatur und ihrer Geheimpolizei. All das erleben viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stasi-Unterlagen-Behörde in ihrer alltäglichen Arbeit – bei der priva- ten Akteneinsicht, bei Veranstaltungen im Rahmen der politischen Bildung oder bei öffentlichen Archivführungen. Auch ich erlebe immer wieder in meiner nun fast zwei Jahre währenden Arbeit als Leiter der Stasi-Unterlagen-Behörde, wie stark viele Menschen noch unter der Vergangenheit in der SED-Diktatur leiden. Ich denke beispielsweise an die Häftlinge, die unter erschwerten Bedingungen für westliche Firmen Waren fertigen mussten und diese dann nach der Ausreise in die Bundesrepu- blik in den Kaufhäusern sahen. Ich denke an die Geschichte einer Gruppe Jugendli- cher einer Kirchengemeinde, die 1961 wegen eines kleinen handgeschriebenen Zet- tels bei einer Bootsfahrt auf der Ostsee in die Mühlen der Stasi gerieten. Oder ich denke an jüngste Recherchen zu fragwürdigen Medikamententests an Patienten in Krankenhäusern der DDR, bei denen die Stasi mitwirkte. Die Aufarbeitung der SED-Diktatur ist alles andere als beendet. Immer noch ist Vie- les, was die Stasi als „Schild und Schwert der Partei“ Menschen an Leid und Unrecht zugefügt hat, im Dunkeln oder gerät erst in den letzten Jahren in den Blick. Das fängt bei den schlimmsten Verbrechen an, den Morden an der innerdeutschen Grenze. 2011, anlässlich des 50. Jahrestages des Mauerbaus, präsentierte die Behörde die Ausstellung „Täuschen und Vertuschen“ im Berliner Bildungszentrum in der Nähe des . Die Stasi hatte den Auftrag, Todesfälle an der Mauer zu ver- tuschen. Perfide und rücksichtslos verfälschte sie die Todesursachen und die Um- stände. Den ratlosen Angehörigen tischte sie Lügen auf, deren Wirksamkeit sie durch lückenlose Überwachung der Angehörigen kontrollierte. Die Hinterbliebenen der Maueropfer erfuhren teils erst Jahrzehnte nach dem Verschwinden des Vaters oder Ehemanns oder Bruders, dass er an der Berliner Mauer zu Tode gekommen war. Bereits im letzten Tätigkeitsbericht wurde über das Frauengefängnis in Hoheneck und die Jugendwerkhöfe berichtet. Die dort Inhaftierten bzw. menschenrechtswidrig Eingesperrten erfahren oft erst durch verstärkte Aufmerksamkeit für diese Themen in der Öffentlichkeit die gebührende Anerkennung für ihr Leid. Dazu trägt die Be- hörde bei: durch Herausgabe von Unterlagen an öffentliche Stellen, die über die Re- habilitierung dieser Personen entscheiden, oder an Forscher und Medien, die sich dieser Themen annehmen, sowie durch Veranstaltungen mit Zeitzeugen. Der unwür- dige und rechtlose Umgang mit den Betroffenen wurde insbesondere durch Filme und Fernsehberichte, die teils auf Unterlagen der Staatssicherheit beruhen, einem breiten Publikum nahegebracht. Sechs Millionen Zuschauer verfolgten beispiels- weise den Film „Es ist nicht vorbei“ über die Spätfolgen einer Inhaftierung im Frau- engefängnis Hoheneck. Durch die weitere Erschließung der Unterlagen des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) konnten im Berichtszeitraum auch einige spektakuläre Fälle und Aktionen des MfS im Westen durch Journalisten aufgeklärt werden (siehe Kapitel 4). Dem SPD- Bundestagsabgeordneten Dieter Schanz wurde in den 80er-Jahren von einem Stasi- Agenten die Identität „gestohlen“. Mit den Personaldaten von Schanz und einem da- – 8 – mit gefälschten Pass ausgestattet, spionierte dieser inoffizielle Mitarbeiter (IM) in der Bundesrepublik Deutschland. Die Aufklärung des Falls wurde möglich, weil von der Stasi zerrissene Unterlagen in den letzten Jahren manuell rekonstruiert wurden. Zusammengesetzte Schnipsel halfen auch bei einem weiteren Fall, der bis heute Fol- gen hat. In einer Fernsehsendung konnte die inoffizielle Zusammenarbeit eines wis- senschaftlichen Mitarbeiters der Universität Jena sowie eines finnischen Kollegen an der Universität Helsinki mit dem MfS aufgedeckt werden. Beide waren bis dato noch an ihren Universitäten tätig und hatten ihre Vergangenheit verschwiegen. Gleichfalls aus zerrissenen Unterlagen wurden Dokumente zu einem IM mit österreichischem Pass rekonstruiert. Dieser war zur Beobachtung und Aufklärung der Kirchenszene in Ost- und West-Berlin sowie später in Schweden eingesetzt, wo er bis zu seiner Ent- tarnung als Pfarrer tätig war und danach auf sein Amt verzichtete. Unter anderem fertigte er Berichte zu geplanten Republikfluchten von Mitstudenten, die daraufhin verhaftet und zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt wurden. Erst durch die manuelle Rekonstruktion der Unterlagen konnte sein Deckname entschlüsselt werden. Diese Beispiele belegen nicht nur die aktuelle Bedeutung der Akten, sondern auch, dass die manuelle und die geplante künftige virtuelle Rekonstruktion zerrissener Unterlagen Lücken in der Aufarbeitung schließen können. Dass im Nebeneffekt mit diesem Pro- jekt technologische Innovationen bewirkt werden, die auch in anderen Bereichen wie Kultur, Museen, Zoll- und Steuerverwaltung einsetzbar sind, verdient besondere Be- achtung. So ausgereift die Mechanismen der Stasi vielfach waren, so subtil war oft die Wir- kungsweise der Diktatur im Alltag. In den vielen Veranstaltungen zum Thema, die ich besucht habe, habe ich erfahren, wie wichtig es ist, ein differenziertes Bild und Bewusstsein für den Alltag in der Diktatur zu entwickeln. Warum haben sich so viele angepasst, obwohl die Lüge über die gesellschaftliche Wirklichkeit in der DDR all- gegenwärtig und es eigentlich deutlich erkennbar war, dass die DDR eine Diktatur war? Auch wenn der Einzelne sie nicht immer gespürt hat, es gab eine tief sitzende Angst vor unberechenbaren Konsequenzen, wenn man sich nicht beugte. Angst, das war der Kitt, der die Diktatur zusammenhielt. Oft habe ich in Vorträgen und Diskus- sionen genau darüber gesprochen und über das Leben zwischen Anpassung und Wi- derspruch. Die Frage nach dem eigenen Verhalten ist eine Frage von Werten, von Anstand und Gewissen. Und damit ist sie auch eine Hilfe für das Verhalten in einer demokrati- schen Gesellschaft, in der es so viel einfacher ist, Position zu beziehen. Die Beschäf- tigung mit den Verhältnissen in einer Diktatur hat die Stasi-Unterlagen-Behörde viel- fach zum Beispiel in Ausstellungen und in Veranstaltungen mit Zeitzeugen durch die Darstellung ganz unterschiedlicher Biografien und Lebenslagen erreicht. Eine grö- ßere Breitenwirkung wird erzielt, wenn entsprechende Lebensgeschichten in Filmen oder Büchern erzählt werden. Solche Projekte, die im Berichtszeitraum vermehrt entstanden sind, unterstützen wir deshalb mit allen Kräften. In einzelnen Veranstaltungen kamen auch Stasi-Mitarbeiter und Bespitzelte bzw. In- haftierte miteinander ins Gespräch. In öffentlichen Diskussionen mit Zeitzeugen hatte diese Thematik eine starke Resonanz. Solche Begegnungen sind, jenseits des Erkenntnisinteresses, vor allem dann für die Opfer hilfreich, wenn die Täter ein Min- destmaß an Einsicht in das von ihnen begangene oder mitbegangene Unrecht zeigen. Bei allem Bemühen, an die Verantwortung der Täter zu appellieren und sie zur Aus- einandersetzung mit ihrem Tun zu motivieren, stehen für mich die Belange der Opfer im Vordergrund. Die Verletzungen vieler sind noch nicht geheilt. Jedes individuelle Schicksal ist das Engagement wert. Ich habe deshalb nach meinem Amtsantritt eine gut nachgefragte Bürgersprechstunde eingerichtet. Gleichermaßen wichtig ist mir der regelmäßige und intensive Austausch mit verschiedenen Verbänden der Opfer wie auch mit Aufarbeitungsorganisationen überhaupt. Besonders erfreulich hat sich hierbei die Zusammenarbeit mit dem Bürgerverein An- tistalinistische Aktion e. V. (ASTAK) entwickelt, der seit 1990 eine Ausstellung im sogenannten Haus 1, dem Dienstsitz von in der ehemaligen Zentrale des MfS, betrieben hat. Inzwischen ist die notwendige Sanierung des Hauses mit Mitteln des Konjunkturprogramms II des Bundes erfolgt. BStU und ASTAK haben – 9 –

Mitte 2011 eine Kooperationsvereinbarung über den gemeinsamen Betrieb des Stasi- Museums erzielt. Sie umfasst auch die gemeinsame Entwicklung der künftigen Dau- erausstellung „Staatssicherheit in der SED-Diktatur“. Die konkreten Vorbereitungen dazu haben 2012 begonnen. Bereits seit Jahresbeginn 2012 zeigen ASTAK und BStU gemeinsam im Stasi-Museum eine Interims-Ausstellung. Für die künftige Nutzung des historischen Geländes an der Normannenstraße/Mag- dalenenstraße in Berlin-Lichtenberg wird seit einiger Zeit die Idee eines „Campus der Demokratie“ öffentlich diskutiert. Auf diesem Gelände versahen zum Ende der DDR rund 7 000 Stasi-Mitarbeiter ihren Dienst. Im Verlauf der Friedlichen Revolu- tion besetzten hier am 15. Januar 1990 mutige Bürgerinnen und Bürger die Machtzentrale der Geheimpolizei und sicherten die Unterlagen, die bis heute von der Stasi-Unterlagen-Behörde genutzt werden. Ich bin der Auffassung, dass sich an je- nem Ort, der für Repression, Friedliche Revolution und Aufklärung steht, für die Zu- kunft unserer Gesellschaft besonders gut lernen lässt. Es besteht die Chance, dass sich hier ein Lernort für Demokratie, ein Campus für Demokratie entwickelt. Es ist meine Überzeugung, dass authentische Orte wie dieser eine besondere Kraft haben, um Geschichte zu vermitteln und dass wir sie, gepaart mit unseren Archiven, intensi- ver nutzen sollten, um unseren Gesetzesauftrag zu erfüllen. Die gute Kooperation mit der ASTAK ist für mich ein gelungenes Beispiel der Zu- sammenarbeit im Bereich der Aufarbeitung überhaupt. Die Behörde des Bundesbe- auftragten ist ein Dienstleister. Deshalb ist, um Ressourcen optimal einzusetzen und Doppelarbeit einerseits und Leerstellen andererseits zu vermeiden, eine gute Abstim- mung mit anderen Organisationen notwendig. Ich habe deshalb einen intensiven Austausch mit den Verantwortlichen der ostdeutschen Länder und den regionalen Gedenkstätten und Vereinen gesucht. Dabei war im Besonderen die Entwicklung der zwölf Außenstellen der Behörde im Blick. Der BStU steht in allen ostdeutschen Bundesländern für die Aufarbeitung des Wir- kens der Staatssicherheit zur Verfügung. Bürgernähe – in räumlicher wie inhaltlicher Hinsicht – ist dabei ein wichtiges Anliegen. Die starke Resonanz bei Tagen der offe- nen Tür oder bei Bürgerberatungen und Veranstaltungen z. B. in Rathäusern der Re- gion belegt dies. Leitlinie für die Arbeit ist immer die intensive Kooperation und Abstimmung mit an- deren Institutionen und gesellschaftlichen Initiativen, die in der Aufarbeitung tätig sind (Landesbeauftragte, Landeszentralen für politische Bildung, Gedenkstätten, Ini- tiativen, Opferverbände). Eine solche Zusammenarbeit ist nicht nur aus Gründen knapper Ressourcen, sondern auch wegen der zuvor geschilderten inhaltlichen Syn- ergieeffekte geboten. Das Konzept für die Struktur der Außenstellen wird unter dem Gesichtspunkt der Nutzung authentischer Orte und einer besseren Eignung von Liegenschaften weiter- entwickelt. Wegen der notwendigen fachlichen Prüfungen und der erforderlichen Abstimmungen stehen Entscheidungen noch aus. Viele Aktivitäten der Stasi-Unterlagen-Behörde standen 2012 unter dem Motto „Wissen wie es war – 20 Jahre Einsicht in die Akten“. Im Zentrum dieser Reihe wurde eine Bilanz der vielfältigen Erfahrungen beim Blick in die Stasi-Unterlagen versucht. Kaum denkbar wäre der gesellschaftliche Erfolg dieser Einrichtung ohne die beiden Bundesbeauftragten, auf deren Arbeit ich seit meinem Amtsantritt Mitte März 2011 aufbauen kann: und . Dazu gehört aber auch die Arbeit der zu Anfang über 3 000 und heute gut 1 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die den Zugang zu diesen Akten in täglicher, sorgfältiger Tätigkeit er- möglichen. Dass wir damit eine breite, auch internationale Anerkennung gefunden haben, bestätigen nicht zuletzt die vielen Besucher aus aller Welt, besonders zurzeit aus dem arabischen Raum, die sich über das Wirken der Staatssicherheit und den Beitrag der Stasi-Unterlagen-Behörde bei der Aufarbeitung der SED-Diktatur infor- mieren. Das ist ein Ansporn für die weitere Arbeit. Je besser wir Diktatur begreifen, umso besser können wir Demokratie gestalten. Roland Jahn – 10 –

1 Arbeitsschwerpunkte im waren danach nur noch Behördenleiter und Inhaber ver- Berichtszeitraum gleichbarer Leitungsfunktionen im öffentlichen Dienst wie Intendanten, Schulleiter oder Hochschulpräsidenten 1.1 Achte Novellierung des Stasi- bzw. -rektoren sowie deren Stellvertreter. An dieser Rege- Unterlagen-Gesetzes lung wurde kritisiert, dass dadurch Personen mit Lei- Die Achte Novellierung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes tungsfunktionen in größeren Behörden, die nach innen (StUG) bezog sich auf zwei Schwerpunkte: den verbes- wie nach außen eine hohe Entscheidungskompetenz ha- serten Zugang zu den Unterlagen und die Überprüfung ben, nicht überprüfbar waren. In einzelnen Fällen – so die von Personen auf Zusammenarbeit mit dem Ministerium Kritik – werde die grundsätzlich gewünschte Transparenz für Staatssicherheit (MfS), hierbei die Verlängerung der für diese Bereiche des öffentlichen Dienstes nicht er- Fristen und die Erweiterung der überprüfbaren Personen- reicht. Zudem wurde als problematisch angesehen, dass gruppen. Durch die Novellierung wird eine Überprüfung einerseits Medien die MfS-Verstrickungen solcher in lei- insbesondere von Regierungsmitgliedern, Mandatsträ- tender Funktion im öffentlichen Dienst tätigen Personen gern und im öffentlichen Dienst beschäftigten Personen thematisieren konnten, andererseits es dem Dienstherrn weiterhin ermöglicht. Nach der zuvor gültigen Regelung nicht möglich war, beim BStU Informationen zu einer wären wichtige Personengruppen nach dem 31. Dezem- möglichen Tätigkeit für das MfS zu erhalten. ber 2011 nicht mehr überprüfbar gewesen. Diese Frist Nach der Neufassung der §§ 20/21 Absatz 1 Nummer 6d wurde nun bis zum 31. Dezember 2019 verlängert. Zu- StUG sind nunmehr diejenigen Beschäftigten öffentlicher gleich wurde der – durch die vorherige Novellierung Stellen überprüfbar, die einen Dienstposten ab der Besol- deutlich eingeschränkte – Kreis der überprüfbaren Perso- dungsgruppe A 9 bzw. der Entgeltgruppe E 9 innehaben nen im Bereich des öffentlichen Dienstes wieder erwei- und eine Leitungsfunktion ausüben. Darüber hinaus kön- tert. Zum Zweiten wird durch die Novellierung erreicht, nen sämtliche Beschäftigte im öffentlichen Dienst über- dass Bürger, Wissenschaftler und Journalisten in be- prüft werden, wenn Tatsachen den Verdacht einer haupt- stimmten Bereichen einen erleichterten Zugang zu den amtlichen oder inoffiziellen Tätigkeit für das MfS Stasi-Unterlagen bekommen; insoweit wird dem nach wie rechtfertigen. Durch die Neuregelung ist der überprüfbare vor ungebrochenen Bedürfnis nach Einsichtnahme in die Personenkreis im öffentlichen Dienst deutlich größer ge- Stasi-Unterlagen Rechnung getragen. Zudem hat der worden. Allerdings ist auch nach neuer Rechtslage die Deutsche mit dem neuen § 37a klargestellt, verdachtsunabhängige Überprüfung von Personen, die dass eine Beschäftigung von Mitarbeitern des Staatssi- zwar eine leitende Funktion ausüben, aber nicht unter die cherheitsdienstes beim Bundesbeauftragten für die Unter- im Gesetz genannten Besoldungs- und Entgeltsysteme lagen des Staatssicherheitsdienstes unzulässig ist und be- fallen, nicht möglich. Dies gilt beispielsweise für Staats- treffende Mitarbeiter zu versetzen sind. anwälte, für außertariflich oder nach anderen Tarifsyste- Die von der CDU/CSU- und der FDP-Bundestagsfraktion men bezahlte Beschäftigte oder Inhaber leitender Positio- eingebrachte Achte Novelle des StUG wurde am 30. Sep- nen an Hochschulen. tember 2011 mit deren Stimmen vom Deutschen Bundes- Die Zahl der nach diesem Verwendungszweck einge- tag verabschiedet. Die Linksfraktion stimmte gegen den reichten Ersuchen ist nach der Novellierung von 210 im Gesetzentwurf; SPD und Bündnis 90/Die Grünen enthiel- Jahr 2011 um etwa die Hälfte auf 317 im Jahr 2012 ge- ten sich. Kontrovers diskutiert wurde in den Beratungen stiegen (siehe Abschnitt 4.2.6 und Anhang 5). Zwar ist des Ausschusses für Kultur und Medien des Deutschen dies im Vergleich zu den vor 2007 (als ein weit größerer Bundestages insbesondere die Frage der Überprüfungs- Personenkreis überprüfbar war) gestellten Ersuchen eine möglichkeiten für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes geringe Zahl. Andererseits kann für eine öffentliche Ein- sowie die neue Regelung eines Beschäftigungsverbots für richtung und für die interessierte Öffentlichkeit schon die ehemalige Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes beim Klärung einzelner Fälle von hoher Bedeutung sein. BStU. Der Bundesrat stimmte dem Gesetzentwurf am 4. November 2011 zu. Am 31. Dezember 2011 sind die Durch die Achte Novellierung wurden außerdem die Neuregelungen des Achten Gesetzes zur Änderung des Überprüfungsmöglichkeiten für Einrichtungen erweitert, Stasi-Unterlagen-Gesetzes (8. StUÄndG) vom 22. De- die sich mit der Aufarbeitung der Tätigkeit des MfS oder zember 2011 in Kraft getreten. der Herrschaftsmechanismen der ehemaligen DDR befas- sen. Neben den Beschäftigten sind nach §§ 20/21 Ab- Verwendung von Unterlagen zur Überprüfung satz 1 Nummer 7e StUG nunmehr auch ehrenamtliche Mitarbeiter sowie Gremienmitglieder derartiger Einrich- Neben der Verlängerung der Frist für bestimmte Überprü- tungen überprüfbar. fungstatbestände über den 31. Dezember 2011 hinaus bis zum 31. Dezember 2019 wurden im Zuge der Achten No- Zugangsrecht naher Angehöriger Vermisster vellierung die Überprüfungsmöglichkeiten im Bereich oder Verstorbener nach § 15 StUG des öffentlichen Dienstes wieder erweitert. Nachdem bis Ende 2006 alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst Durch die Achte Novellierung wurde für nahe Angehö- überprüfbar waren, war dieser Kreis durch die Siebte No- rige der Zugang zu den Unterlagen vermisster oder ver- vellierung auf Beamte und Angestellte eingeschränkt storbener Personen erleichtert. Während nach alter worden, die eine Behörde leiten oder eine vergleichbar Rechtslage ein Aktenzugang nur zum Zweck der Rehabi- verantwortungsvolle Aufgabe wahrnehmen. Überprüfbar litierung, zum Schutz des Persönlichkeitsrechts oder zur – 11 –

Aufklärung des Schicksals Vermisster oder Verstorbener Dienstanweisungen, Organisations- und Stellenpläne des möglich war, ist nunmehr nach dem neu in das Gesetz MfS sowie Pläne und Verzeichnisse von Objekten des eingefügten § 15 Absatz 1 Satz 2 StUG die Glaubhaftma- MfS auf Antrag zur freien Verwendung herausgegeben chung sonstiger berechtigter Interessen ausreichend, die werden. Dies gilt nach dem neu in das Gesetz eingefügten in Zusammenhang mit dem Aufarbeitungszweck des § 26 Absatz 2 StUG nunmehr für sämtliche Unterlagen, StUG stehen. Damit wird der Charakter des § 15 StUG die nicht gezielt zu natürlichen Personen angelegt worden als ein eigenes Aktenzugangsrecht naher Angehöriger be- sind, soweit sie keine überwiegend schutzwürdigen per- tont, das von der Wahrnehmung der Belange der vermiss- sonenbezogenen Informationen enthalten. Die Nutzung ten bzw. verstorbenen Person losgelöst ist. Ehegatten, dieser Unterlagen unterliegt nicht der ansonsten nach dem Kinder, Enkelkinder, Eltern und Geschwister können da- StUG bestehenden Zweckbindung bzw. dem Weitergabe- nach über die im Gesetz explizit genannten Antragszwe- verbot, sodass eine freie Verwendung im Rahmen aller cke hinaus auch dann Einsicht in Unterlagen nehmen, Zugangsarten möglich ist. wenn sie sonstige berechtigte Interessen geltend machen. Unter diesen Begriff fällt z. B. auch das Interesse an der Die Neuregelung bezieht sich neben Unterlagen, die die eigenen Familiengeschichte, sodass nach neuer Rechts- interne Organisation des MfS betreffen, auch auf zusam- lage Unterlagen auch für die Familienforschung bereitge- menfassende Synthesen und Analysen des Staatssicher- stellt werden können. Durch die Bezugnahme auf den heitsdienstes. Hierunter fallen beispielsweise die Berichte Aufarbeitungszweck des StUG nach § 1 Absatz 1 Num- der ZAIG (Zentrale Auswertungs- und Informations- mer 1 StUG (d. h. Aufklärung über die Einflussnahme der gruppe) des MfS, die Informationen für die Partei- und Staatssicherheit auf das persönliche Schicksal) wird in Staatsführung der DDR verfasst hat. Diese geheimen Be- diesem Zusammenhang klargestellt, dass die Stasi-Unter- richte haben in der Regel bestimmte Sachverhalte zum Ge- lagen nicht als allgemeine Erkenntnisquelle für sonstige, genstand, wurden also nicht gezielt zu natürlichen Perso- das Privatleben der verstorbenen Person betreffende An- nen angelegt. Dessen ungeachtet können derartige fragen genutzt werden können. sachbezogene Unterlagen – je nach Thema und Zielrich- tung – in mehr oder weniger großem Umfang personenbe- Durch den Aktenzugang naher Angehöriger dürfen über- zogene Informationen enthalten. Soweit diese nach Abwä- wiegende schutzwürdige Interessen nicht beeinträchtigt gung als überwiegend schutzwürdig anzusehen sind, werden. Durch diese Abwägungsklausel sind beispiels- dürfen sie nach der Schutzklausel des § 26 Absatz 2 StUG weise Informationen, die die Intimsphäre des Vermissten nicht im Rahmen einer zweckfreien Verwendung zugäng- oder Verstorbenen betreffen, geschützt. Die abschließend lich gemacht werden. Ebenfalls von der Neuregelung des aufgeführten einzelnen Antragszwecke des § 15 Absatz 1 § 26 Absatz 2 StUG erfasst sind sachbezogene Unterlagen Satz 1 StUG sind nach wie vor für den Aktenzugang wei- wie die allgemeinen Lehrmaterialien der MfS-Hochschule terer Verwandter bis zum dritten Grad maßgeblich. und anderer Ausbildungseinrichtungen des Staatssicher- Grundsätzlich gilt für den Aktenzugang naher Angehöri- heitsdienstes sowie sonstige sachbezogene Publikationen ger, dass Unterlagen nur im Rahmen des jeweils geltend des MfS wie beispielsweise Diplomarbeiten und Promo- gemachten konkreten Antragszwecks bereitgestellt wer- tionsschriften an der MfS-Hochschule. Auch diese Unter- den können. lagen sind unter persönlichkeitsrechtlichen Gesichtspunk- ten in der Regel weniger schutzwürdig, sodass eine Es ist davon auszugehen, dass die Einsichtnahme in MfS- zweckfreie Herausgabe möglich ist. Unterlagen durch nahe Angehörige in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen wird, da die nachwachsende Gene- Diese Neuregelung des Zugangs zu sachbezogenen Unter- ration die Einflussnahme des Staatssicherheitsdienstes lagen hat in der Praxis insofern eine begrenzte Bedeutung, auf das Schicksal ihrer Eltern und Großeltern aufklären als derartige Unterlagen im Rahmen des Zugangsrechts möchte. Dem Bedürfnis nach individueller Aufarbeitung nach §§ 32 ff. StUG für Zwecke der politischen und histo- der eigenen Familiengeschichte trägt das Gesetz durch rischen Aufarbeitung durch Forschung und Medien sowie die Neuregelung umfassend Rechnung und erlaubt einen der politischen Bildung bereits themenbezogen umfassend deutlich weitergehenden Zugang zu den MfS-Unterlagen zugänglich waren bzw. sind. So werden bei der Bearbei- als bisher. Zahlreiche Anträge zum Zweck der Familien- tung von Forschungs- und Medienanträgen auch sachbe- forschung, die nach alter Rechtslage unzulässig waren, zogene Unterlagen zum jeweiligen Thema mit herausge- sind nun zulässig. Der Anteil der Anträge naher Angehö- geben. Eigenständige Bedeutung entfaltet das erweiterte riger an den Erstanträgen im Jahr 2012 macht zehn Pro- Zugangsrecht zu derartigen Unterlagen daher vor allem im zent aus, wobei die Quote im zweiten Halbjahr höher lag Bereich der persönlichen Akteneinsicht sowie der Ver- als im ersten (siehe Abschnitt 4.1.6). wendung durch öffentliche und nicht-öffentliche Stellen. Jeder Bürger hat nach neuer Rechtslage einen Anspruch Zugang zu sachbezogenen Unterlagen nach § 26 StUG auf Zugang zu sachbezogenen Unterlagen nach Maßgabe des Gesetzes, ohne dass hierfür ein bestimmter Antrags- Im Rahmen der aktuellen Novellierung des StUG wurde zweck geltend gemacht werden müsste. außerdem der Zugang zu sachbezogenen Unterlagen er- leichtert, die im Hinblick auf möglicherweise berührte Zugangsrechte von Forschung und Medien Persönlichkeitsrechte in der Regel weniger sensibel sind. Bereits nach alter Rechtslage durften bestimmte, typi- Bereits bei der Siebten Novellierung des StUG war der scherweise sachbezogene Dokumente wie Richtlinien, Aktenzugang für Forschung und Medien sowie für Zwe- – 12 – cke der politischen Bildung erweitert worden, und zwar Anonymisierung mit einem unverhältnismäßigen Auf- dahingehend, dass Unterlagen mit personenbezogenen In- wand verbunden ist. Zur Wahrung von Persönlichkeits- formationen zu Verstorbenen nach Ablauf einer Schutz- rechten sieht das Gesetz vor, dass der Empfänger der frist von 30 Jahren nach dem Tod zugänglich sind. Durch Informationen Amtsträger oder nach dem Verpflichtungs- die damals geschaffene Regelung des § 32 Absatz 1 gesetz förmlich verpflichtet worden ist. Satz 1 Nummer 6 StUG sollte verhindert werden, dass immer mehr Unterlagen der Aufarbeitung dauerhaft ent- Die Regelung wird häufig bei umfassenden Forschungs- zogen sind, da ein Zugang zu Akten Betroffener grund- anträgen angewandt, bei deren Bearbeitung innerhalb sätzlich nur mit deren Einwilligung möglich ist, soweit es kurzer Zeit ein großer Umfang an Unterlagen gesichtet sich nicht um Personen der Zeitgeschichte handelt. Durch werden muss. Dabei erfolgt eine Zugänglichmachung un- die Achte Novellierung wurde nun die Möglichkeit der anonymisierter Unterlagen nur zur Einsichtnahme; sie er- Verkürzung dieser Schutzfrist auf bis zu zehn Jahre in das möglicht es dem Antragsteller, einen Überblick über die Gesetz aufgenommen. Eine solche Verkürzung ist danach Aktenlage zu gewinnen und eine Vorauswahl der Doku- im Einzelfall möglich, wenn die Benutzung der Unterla- mente zu treffen. Werden Unterlagen als Duplikate he- gen für ein wissenschaftliches Forschungsvorhaben oder rausgegeben, sind sie entsprechend den gesetzlichen Vor- zur Wahrnehmung berechtigter Belange erforderlich ist schriften zu anonymisieren. und überwiegende schutzwürdige Belange nicht beein- Die Aufnahme der Landesbeauftragten in den Kreis der trächtigt werden. Die in das Gesetz eingefügte Klausel ist diesbezüglich privilegierten Einrichtungen erfolgte, da in ihrer Formulierung an der entsprechenden Regelung auch bei den dort durchgeführten wissenschaftlichen For- zur Schutzfristverkürzung im Bundesarchivgesetz orien- schungsvorhaben in der Praxis ein Bedürfnis nach einem tiert. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller konkret entsprechend erweiterten Zugang zu den Unterlagen be- darlegt, inwiefern er für die Verwirklichung seines Vorha- stehen kann. Von dem erweiterten Einsichtsrecht wurde bens bereits vor Ablauf der regulären 30-jährigen Schutz- bislang bei zwei umfassend angelegten Forschungsvorha- frist auf das personenbezogene Archivgut angewiesen ist. ben der Landesbeauftragten Gebrauch gemacht, bei de- Auf dieser Grundlage ist durch den BStU eine Ermes- nen jeweils umfangreiche Unterlagenbestände gesichtet sensentscheidung zu treffen, die möglicherweise berührte werden mussten. In beiden Fällen erfolgte die Einsichts- schutzwürdige Interessen der verstorbenen Person sowie gewährung nach § 32 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 StUG, ihrer Angehörigen berücksichtigen muss. weil eine Anonymisierung aufgrund des Umfangs der Die Möglichkeit der Verkürzung der gesetzlichen Schutz- Unterlagen mit einem unverhältnismäßigen Aufwand ver- frist auf bis zu zehn Jahre nach dem Tod ist nur in ent- bunden gewesen wäre. Eines der Vorhaben hat die Nie- sprechend gelagerten Einzelfällen von Bedeutung. Sie derschlagung des Aufstands vom 17. Juni 1953 zum Ge- wurde bislang in einem Fall beantragt und nach rechtli- genstand. Im Rahmen der Bearbeitung dieses Antrags cher Prüfung gewährt. Hier ging es um die Aufarbeitung wurden bereits innerhalb der ersten vier Monate nach An- der Lebensgeschichte einer im Jahr 1997 verstorbenen tragstellung 82 000 Seiten durchgesehen, 22 000 Seiten Person für einen biografischen Dokumentarfilm und ei- zur Einsicht vorgelegt und 500 Seiten Kopien übergeben. nen Spielfilm. Dabei bestand die Besonderheit darin, dass Außerdem wurden 100 Fotos recherchiert, eingesehen zu der betreffenden Person sowohl Unterlagen als inoffi- und 60 als Duplikate übergeben. Angesichts der Fülle des zielle Mitarbeiterin (IM) des MfS als auch Betroffenen- zum Thema überlieferten Materials wäre dies bei Vorlage unterlagen überliefert sind. Um die unterschiedlichen von ausschließlich anonymisierten Unterlagen in der ge- Aspekte der Biografie zu berücksichtigen, war es erfor- nannten Zeitspanne nicht möglich gewesen. derlich, neben den Dokumenten zur IM-Tätigkeit auch die Betroffenenunterlagen einzubeziehen. Erst dadurch Beschäftigung von Mitarbeitern wurde es möglich, in einer historisch angelegten Doku- des Staatssicherheitsdienstes mentation die Person als Ganzes darzustellen. Nachdem der Gesetzgeber mit der Achten Novellierung Eine weitere Änderung der Achten Novellierung betrifft des Stasi-Unterlagen-Gesetzes die Beschäftigung von das Aktenzugangsrecht für die politische und historische Mitarbeitern des ehemaligen MfS beim BStU grundsätz- Aufarbeitung nach § 32 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 StUG. lich für unzulässig erklärt hat (§ 37a StUG), hat sich der Danach werden die Landesbeauftragten für die Stasi-Un- BStU mehrfach an die Obersten Bundesbehörden und de- terlagen Forschungseinrichtungen gleichgestellt, für die ren Geschäftsbereiche gewandt und diese gebeten, einen unter bestimmten, im Gesetz geregelten Voraussetzungen Wechsel dieser Mitarbeiter in Verwendungen außerhalb zu Forschungszwecken ein Einsichtsrecht in unanonymi- der Behörde des BStU zu ermöglichen. sierte Unterlagen besteht. Nach dieser Regelung, die im Von den im März 2011 in der Behörde tätigen 48 Mitar- Rahmen der Siebten Novellierung in das Gesetz aufge- beitern des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes sind bis nommen wurde, können Unterlagen mit personenbezoge- zum Jahresende 2012 drei in andere Behörden gewech- nen Informationen durch die institutionell angebundene selt; insgesamt haben neun die Behörde verlassen: ein externe Forschung (d. h. an Hochschulen und anderen For- Mitarbeiter ist verstorben, fünf sind durch Inanspruch- schungseinrichtungen) ungeschwärzt eingesehen werden, nahme von Rente ausgeschieden. sofern dies für die Durchführung der wissenschaftlichen Forschung erforderlich ist und eine Nutzung anonymisier- Insbesondere das Bundesverwaltungsamt hat eine erheb- ter Unterlagen zu diesem Zweck nicht möglich oder die liche Zahl an Verwendungen zur Verfügung gestellt. – 13 –

Wenn nach eingehender Prüfung sichergestellt ist, dass Bundesrates, dem Politischen Archiv des Auswärtigen die dort bestehenden Verwendungen jeweils gleichwertig Amtes, dem Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kultur- und zumutbar sind, werden die Wechsel erfolgen. Insge- besitz und weiteren Spartenarchiven von nationaler Be- samt mangelt es bisher an der Bereitstellung von gleich- deutung zur Archivlandschaft des Bundes. wertigen und zumutbaren Arbeitsplätzen – wie es das Ge- setz vorschreibt – in hinreichender Zahl. In Erfüllung Der BStU verwahrt und pflegt diesen Archivbestand seiner gesetzlichen Verpflichtung setzt sich der BStU des- nach einheitlichen Grundsätzen. Knapp 94 Prozent der halb weiter dafür ein, dass die Obersten Bundesbehörden in Papierform überlieferten Akten und Dokumente und deren Geschäftsbereiche gleichwertige und zumut- (103 800 lfd. M. von insgesamt 111 000 lfd. M.) sind bare Arbeitsplätze für die Mitarbeiter mit MfS-Vergan- mittlerweile personenbezogen zugänglich. Insgesamt genheit zur Verfügung stellen. 55 100 lfd. M. Schriftgut wurden zudem von den Archi- varinnen und Archivaren des BStU bisher sachthematisch verzeichnet. Im aktuellen Berichtszeitraum wurden in den Kostenrecht Archivbereichen des BStU ca. 2 200 lfd. M. Unterlagen Im Rahmen der Achten Novellierung wurde die im StUG erschlossen (siehe Abschnitte 3.1 und 3.2). enthaltene Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Gebührenverordnung durch den Beauftragten der Bun- Der MfS-Archivbestand gliedert sich zum einen in die Ak- desregierung für Kultur und Medien (BKM) neugefasst ten, Dokumente und Karteien, die sich bei der Besetzung und an entsprechende gebührenrechtliche Vorgaben ange- der Stasi-Dienststellen 1989/90 durch Bürgerinnen und passt. Auf dieser Basis kann der BKM eine für die Praxis Bürger in den Büros der MfS-Mitarbeiter befanden. Diese der Behörde wichtige neue Gebührenverordnung erlas- Unterlagen wurden großteils in einem chaotischen Zu- sen. Die noch in Abstimmung befindliche Neuregelung stand aufgefunden, vielfach konnten sie zunächst nur not- der Auslagentatbestände sieht beispielsweise auch die dürftig zu Bündeln verschnürt werden (sogenannte Bün- Bereitstellung von Unterlagen in digitaler Form vor, die delüberlieferung). Häufig mangelte es an erklärenden von den Nutzern immer häufiger angefragt wird. Die Ge- Zugangsinformationen, sodass sich die Erschließungsar- bühren und Auslagen sollen durch die neue Gebührenver- beiten des BStU von Anfang an darauf konzentrierten, ordnung lediglich entsprechend der allgemeinen Preisent- diese oftmals schwer oder gar nicht nutzbare Überliefe- wicklung nach oben angepasst werden. Auch wenn durch rungsmenge für die Zwecke der Aufarbeitung und For- die Achte Novellierung das Prinzip der Kostendeckung in schung zugänglich zu machen. Der Umfang dieser Unter- das StUG aufgenommen wurde, soll auch nach dem lagen beläuft sich insgesamt auf über 59 900 lfd. M. neuen Gebührenrecht weiterhin der grundsätzlich kosten- Hiervon wurden mittlerweile 52 700 lfd. M. durch die Ar- freie Aktenzugang für die Opfer der SED-Diktatur ge- chivarinnen und Archivare des BStU sachthematisch und währleistet bleiben. personenbezogen verzeichnet; dies entspricht einem Er- schließungsstand von 88 Prozent. Auch im Berichtszeit- raum konzentrierten sich die Arbeiten weiterhin auf diesen 1.2 Schwerpunkte der Archivarbeit Überlieferungsteil. Sechs BStU-Außenstellen konnten die Die in den Archiven des BStU aufbewahrte Überlieferung Verzeichnung der 1989/90 in den Dienstzimmern der des MfS ist in ihrem Charakter sowie ihrer Größe und Ge- Stasi-Mitarbeiter aufgefundenen Überlieferungen bereits schlossenheit weltweit einzigartig: Nirgendwo sonst sind weitestgehend abschließen. Sie unterstützen seitdem an- historische Akten einer ehemaligen Geheimpolizei in ver- dere Archivbereiche des BStU bei der laufenden Erschlie- gleichbarem Umfang für Forschung und Medien, vor al- ßungsarbeit. Ziel bleibt es, die noch verbleibenden Unter- lem aber für die persönliche, individuelle Aufarbeitung öf- lagen (aktuell 7 200 lfd. M.) in den kommenden Jahren fentlich zugänglich und nutzbar geworden. Etwa weiter vordringlich zu erschließen. 111 Kilometer Schriftgut in Papierform, darunter ca. 40 Millionen Karteikarten, ferner große Mengen verfilmte Zum andern enthält der MfS-Archivbestand jene Akten, Unterlagen, deren Ausdruck ungefähr weiteren 47 Kilo- die bereits vom Staatssicherheitsdienst archiviert worden metern Papier entsprechen würde, über 1,7 Millionen Fo- waren und deren Zugang über spezielle Karteinachweise todokumente, gut 30 000 Film- oder Tonaufzeichnungen, des MfS gesteuert wurde. Der Umfang dieser vom Staats- 46 Datenbankprojekte sowie über 15 000 Säcke und an- sicherheitsdienst archivierten Ablagen beträgt knapp dere Behältnisse, in denen noch Hunderttausende zerrisse- 51 100 lfd. M. Die Unterlagen sind grundsätzlich über die ner MfS-Dokumente als weitgehend unbekannte Schnip- dazu vom MfS geführten Karteien personenbezogen zu- selmasse lagern, stammen aus den verschiedenen Zweigen gänglich. Darüber hinaus wurden vom BStU inzwischen der DDR-Staatssicherheit. Sie bilden heute einen selten ca. 2 400 lfd. M. der vom MfS archivierten Akten zum dichten archivalischen Quellenfundus. Zwecke der besseren Nutzbarkeit durch Forschung und Medien auch nach sachthematischen Gesichtspunkten ver- Der BStU ist das gesetzlich bestimmte Archiv, in dem die zeichnet. Die weitere Erschließung der archivierten Abla- Stasi-Unterlagen zu sichern, zu ordnen, fachlich zu be- gen des MfS nach sachthematischen Gesichtspunkten werten, zu erschließen, zu verwahren und zu verwalten bleibt eine wichtige Aufgabe. Sie soll in den Vordergrund sowie jedermann auf gleicher Rechtsgrundlage zugäng- treten, sobald die Zugänglichmachung der aus den Büros lich zu machen sind. Neben dem Bundesarchiv gehört der der Stasi-Mitarbeiter stammenden Unterlagen überwie- BStU zusammen mit dem Parlamentsarchiv des Deut- gend abgeschlossen ist. Dabei wird dann auch zu entschei- schen Bundestages, dem Archiv beim Sekretariat des den sein, für welche Bereiche der archivierten Ablagen des – 14 –

MfS der personenbezogene Zugang grundsätzlich hinrei- Stasi-Mitarbeiter materialintakt gesicherten Schriftgut- chend sein kann, so z. B. für die Personalakten der Staats- teile weiterhin eine große fachliche Herausforderung dar. sicherheit (sogenannter MfS-Archivbestand 3), deren Um- Weil diese Unterlagen ebenfalls häufig nur lose und nicht fang allein insgesamt knapp 4 800 lfd. M. beträgt (siehe selten völlig chaotisiert aufgefunden worden waren, müs- Abschnitt 3.2.1.1). sen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BStU bis heute in vielen Fällen die damals in Bündeln geborgenen Gesondert gelagert und bearbeitet werden die zum MfS- Einzelblätter zu Dokumenten zusammenfügen. Dieser Archivbestand gehörenden bildlichen, akustischen, filmi- Arbeitsvorgang, der fachsprachlich Formierung genannt schen und elektronischen Aufzeichnungen (siehe Ab- wird, ist zeitraubend und muss in den Archivbereichen schnitt 3.2.3). Von aktuell über 1,7 Millionen Fotos sind des BStU den klassischen Bearbeitungsschritten der ar- mittlerweile 61 Prozent (1,04 Millionen Bilddokumente) chivischen Erschließung vielfach vorgeschaltet werden. erschlossen, davon wurden ca. 215 000 Stück im Be- Nicht minder herausfordernd und Zeit beanspruchend ist richtszeitraum bearbeitet. Der Bestand an Filmen und Vi- die Erschließung der audiovisuellen Medien, die häufig deos des MfS (2 790 Einheiten) ist nahezu vollständig nur kontextlos überliefert sind. Weitere Anforderungen verzeichnet. Der Erschließungsstand im Bereich der Ton- ergeben sich durch den erhöhten Aufwand bei der Auf- aufzeichnungen beträgt nunmehr 69 Prozent (18 989 von nahme personenbezogener Angaben, die während der insgesamt 27 606 Einheiten). Von den insgesamt 46 über- Verzeichnung von Unterlagen nach den Vorschriften des lieferten Datenprojekten des MfS sind inzwischen 23 er- StUG in die verschiedenen BStU-Datenbanken aufzuneh- schlossen. Eine wichtige Bearbeitungsleistung im Be- men sind. richtszeitraum war hier beispielsweise die Installation eines alten Fernschreibers mit PC-Schnittstelle, der es er- Große Anstrengungen hat der BStU im Berichtszeitraum laubte, Daten auszulesen, die von der Bezirksverwaltung darauf verwandt, die archivischen Erschließungsergeb- des MfS in Gera auf Lochstreifen gespeichert waren und nisse durch Online-Findmittel einer breiten Öffentlichkeit die teilweise im originalen Aktenbestand nicht mehr vor- zu präsentieren. Besondere Aufwände ergeben sich dabei handen waren. Neben dem so gegebenen Informationszu- aus der offenen Unrechtsnatur vieler MfS-Akten sowie gewinn besteht nun generell für den BStU eine Möglich- der Tatsache, dass zahlreiche Stasi-Unterlagen – selbst keit, die vom MfS auf Lochstreifen gespeicherten Daten bei einem erklärten Sachbezug – ausgesprochen perso- rasch auszulesen und elektronisch zu speichern (siehe nenzentriert geführt wurden. Deshalb müssen vor jeder Abschnitt 3.4.3). Online-Stellung von Findmitteln die vorhandenen Er- schließungsangaben daraufhin durchgesehen und geprüft Schließlich gehören zum MfS-Archivbestand Hunderttau- werden, ob eine Veröffentlichung der Angaben schutz- sende Dokumente, die von den Stasi-Mitarbeitern 1989/90 würdige Belange derjenigen Personen berühren würde, bereits per Hand zerrissen und so für die Vernichtung in auf die sich die Angaben konkret beziehen oder auf die maschinellen Anlagen vorbereitet waren. Für die Mitar- die betreffenden Angaben hinreichend konkret schließen beiterinnen und Mitarbeiter des BStU gehört es heute zu lassen. den aufwändigsten Aufgaben, diese Überlieferungsteile wieder zusammenzubringen und zugänglich zu machen. Neben Online-Übersichten zu den einzelnen Teilen des Aus ca. 500 Säcken mit zerrissenen Dokumenten, die sich MfS-Archivbestandes können mittlerweile mehr als in der Obhut des BStU befanden, konnten in sorgfältiger 95 BStU-Findmittel im Internet eingesehen werden. Detailarbeit mittlerweile etwa 1,3 Millionen Blatt Papier 40 Online-Findmittel wurden im Berichtszeitraum neu er- und Karteikarten rekonstruiert werden, im Berichtszeit- stellt. Es bleibt das Anliegen des BStU, in den nächsten raum waren dies ca. 300 000 Blatt. Tausende, unstrittig ar- Jahren weitere wesentliche Teile der in der Fachdatenbank chivwürdige Dokumente, Karteien und Aktenteile, die „Sachaktenerschließung“ (SAE) enthaltenen Verzeich- vom MfS noch hastig vernichtet werden sollten, sind da- nungsangaben für die Online-Stellung aufzubereiten. Dies durch wieder ans Licht gebracht worden (siehe Abschnitt soll die strukturierte Präsentation von digitalisiertem Ar- 3.6.1). Die Rekonstruktion der zerrissenen Unterlagen in chivgut einschließen, so z. B. für die vom Staatssicher- den verbleibenden über 15 000 Säcken und weiteren Be- heitsdienst in der sogenannten Dokumentensammlung hältnissen, die vom BStU verwahrt werden, stellt weiter (DOSA) vereinigte Überlieferung zentraler dienstlicher eine wichtige Aufgabe dar, die künftig mit Hilfe spezieller MfS-Bestimmungen. Hierzu fanden im Berichtszeitraum Informationstechnik erleichtert werden soll. Der BStU hat umfangreiche Vorbereitungen statt, die dem Ziel dienen, hierzu eine besondere Projektgruppe eingerichtet und lässt die Unterlagen über ein Online-Findmittel im Internet durch das 2007 initialisierte IT-Großprojekt „Virtuelle Re- künftig anzeigen lassen zu können (siehe Abschnitt 3.3.3). konstruktion“ eine entsprechende Software für den Wirk- betrieb entwickeln und erproben (siehe Abschnitt 3.6.2). Die Bemühungen zur Ausweitung und Erleichterung des Zugangs zu archivischen Erschließungsangaben sind ver- Die archivische Bearbeitung gestaltete sich auch im ak- bunden mit der technischen Pflege und Weiterentwicklung tuellen Berichtszeitraum vielfach in der gleichen Weise des aktuell bestehenden Online-Rechercheangebots. Da- schwierig, wie dies in früheren Tätigkeitsberichten be- bei ist eine enge Zusammenarbeit mit dem Bundesarchiv reits skizziert worden ist (siehe zuletzt Zehnter Tätig- verabredet. Ziel ist es zum einen, die bestehenden BStU- keitsbericht, S. 17 ff.): Neben der Rekonstruktion und Zu- Online-Findmittel in eine übergreifende Suchmaschine gänglichmachung zerrissener Unterlagen stellt auch die einzubinden, in HTML auszugeben und in einem interna- Ordnung und Verzeichnung der 1989/90 in den Büros der tional schnittstellenfähigen Erschließungs- und Präsenta- – 15 – tionsstandard zu kodieren. Zu diesem Zweck wurde im Archivs und der Art der archivalischen Hinterlassenschaft Berichtszeitraum eine Teststellung für Online-Findmittel des Staatssicherheitsdienstes war erfreulicherweise auch des BStU entwickelt, die diesen Anforderungen genügt im aktuellen Berichtszeitraum unvermindert hoch. Meh- und gleichzeitig der Online-Recherche- und Präsenta- rere Tausend Menschen nutzten neben den regelmäßig an- tionsplattform des Bundesarchivs entspricht. Auf der Basis gebotenen öffentlichen Führungen die vom BStU veran- der Ergebnisse dieser Teststellung ist aktuell vorgesehen, stalteten „Tage der offenen Tür“ oder „Langen Nächte“, die Online-Findmittel des BStU in die Online-Plattform des ferner auch die Angebote zum „Tag der Archive“, um die Bundesarchivs einbringen und diese künftig auch gemein- Archivbereiche des BStU kennenzulernen und sich über sam betreiben zu können. Ziel ist zum anderen die Ablö- die Archivarbeit des BStU zu informieren. sung der bestehenden Fachdatenbank SAE und anderer Alt- Durch die Präsentation des Archivs einschließlich seines anwendungen beim BStU durch die sukzessive Einführung Aufbaus informiert der BStU über die Wirkungsweise des und Anpassung der beim Bundesarchiv fortentwickelten MfS. Anhand der Art und Weise der Archivierung und Archivverwaltungssoftware BASYS 2 (siehe Abschnitt mithilfe der Darstellung von Karteien und Musterakten 3.3.2). Im Berichtszeitraum erfolgte dazu die konzeptio- lässt sich die Funktionsweise des MfS anschaulich zei- nelle Vorbereitung zur Einführung der Funktionskreise gen. Die Archive des BStU, im Besonderen das der Zent- Benutzung und Magazinwesen (BASYS-B+M) beim ralstelle, haben viele Gäste aus dem Ausland, im Be- BStU. Auf die Inbetriebnahme von BASYS-B+M soll als richtszeitraum besonders stark aus dem arabischen Raum zweite Etappe die Übernahme des Funktionskreises Be- (siehe Kapitel 7). Diese wollen von den Erfahrungen des wertung/Erschließung (BASYS-B+E) folgen, dessen Ein- BStU profitieren, wie die Behörde die Hinterlassenschaf- führung derzeit im Bundesarchiv vorbereitet wird. In die- ten der Geheimpolizei entschlüsselt hat und wie sie diese sem Zusammenhang ist dann auch die Implementierung in rechtsstaatlicher Weise für die verschiedenen Zwecke des Moduls BASYS-Invenio zur rationellen Online-Prä- der Aufarbeitung zur Verfügung stellt. Dass der BStU sentation von Erschließungsangaben vorgesehen. Bis zur dieses Bedürfnis durch die Präsentation eines weitgehend Möglichkeit der Anwendung dieses Moduls beim BStU erhaltenen Bestandes bedienen kann, verdankt er der Be- sind noch mehrjährige Arbeiten notwendig, die in dem sonderheit der MfS-Überlieferung. Gerade in seiner Ge- dazu vom BStU initialisierten IT-Großprojekt „eArchiv“ schlossenheit und Größe verkörpert dieser einmalige Ar- koordiniert werden. Im Berichtszeitraum wurden mit For- chivbestand ein beeindruckendes Erbe der Friedlichen schungsmitteln des BMBF zwei wissenschaftliche Mitar- Revolution, das weit über den nationalen Rahmen hinaus beiterstellen beim BStU befristet für drei Jahre eingerich- wirkt. tet, um die Arbeiten weiter voranzutreiben. Seit Ende 2009 ist der BStU auch Teil des „Europäischen Zur Archivarbeit des BStU gehören ferner auch unterstüt- Netzwerkes der für die Geheimpolizeiakten zuständigen zende Aufgaben im Rahmen der persönlichen Aktenein- Behörden“ in Ländern mit kommunistischer Diktaturver- sicht und der Bearbeitung von Anträgen durch Forschung gangenheit. Der BStU steht darüber hinaus weltweit mit und Medien. Für diese Zwecke werden im Durchschnitt Spezialarchiven zur Überlieferung staatlicher Gewaltherr- monatlich etwa 36 000 Personenauskünfte aus den Kar- schaft in Verbindung. Gemeinsam mit diesen hat der BStU teien des MfS erteilt und mehr als 21 000 Aktenbände zu beispielsweise zentrale Grundsätze und Handlungsemp- Benutzungszwecken ausgehoben. fehlungen zur Archivierung von Unterlagen aus staatli- chen Gewaltregimen erarbeitet, die von der UNESCO und Ein anderer, extern weitgehend verborgener Tätigkeits- dem Internationalen Archivrat (ICA) anerkannt wurden. kreis, der wichtige archivische Ressourcen bindet, ist die Durch seine gleichzeitige Verankerung in die Archivland- sogenannte Bestandserhaltung, d. h. jede Maßnahme zur schaft des Bundes, in das „Europäische Netzwerk der für Verbesserung des materiellen Zustands der Papiere, Fotos, die Geheimpolizeiakten zuständigen Behörden“ und in Filme und weiteren Informationsträger des MfS (siehe Ab- den Kreis internationaler Spezialarchive für die Unterla- schnitt 3.4). Die notwendigen Maßnahmen gegen den gen totalitärer Regime nimmt der BStU einen wichtigen schleichenden Zerfall und drohenden Verlust der Überlie- und unverwechselbaren Platz unter den staatlichen Archi- ferung erfordern technische und bauliche Nachrüstungen ven ein. wie auch die aufwandsintensive Verpackung und Umlage- rung von Unterlagen. Sie schließen eine Sicherung durch

Verfilmung, zunehmend auch durch Digitalisierung ein. 1.3 Schwerpunkte bei der Verwendung Insbesondere die Vorhaltung digitaler Arbeitskopien dient von Stasi-Unterlagen einer schnelleren, vor allem aber das Original schonenden Private Akteneinsicht Zugangs- und Nutzungsmöglichkeit. Gelegentlich müssen Digitalisate ganz an die Stelle des Originals treten, insbe- Eine Hauptaufgabe der Stasi-Unterlagen-Behörde ist es sondere bei Tonaufzeichnungen, deren historische Träger- nach wie vor, Bürgerinnen und Bürgern auf Antrag Zu- materialien unwiederbringlich zerfallen und daher auf gang zu den Informationen zu ermöglichen, die das MfS Dauer nicht als Informationsmedium erhalten werden kön- zu ihnen gesammelt hat. Die vor mehr als 20 Jahren ge- nen. troffene grundlegende politische Entscheidung, dass Ver- gangenheit nur aufarbeiten kann, wer sie kennt und sich Nicht zuletzt bildet die archivische Öffentlichkeitsarbeit somit auch mit ihr auseinandersetzen kann, wird durch weiterhin einen wichtigen Tätigkeitsschwerpunkt (siehe das anhaltend große Interesse an den MfS-Unterlagen Abschnitt 3.7). Das Interesse an der Geschichte des MfS- auch im Berichtszeitraum erneut bestätigt. – 16 –

Anders als vermutet, stieg die Zahl der Bürgeranträge im Bearbeitung von Anträgen auf Akteneinsicht keineswegs Jahre 2012 wiederum auf 88 231, nachdem sie 2011 ge- nur aus formalrechtlichen Prüfungen, dem Auslösen von genüber den beiden Vorjahren auf 80 611 zurückgegangen Recherchen in den verschiedenen Beständen, der Sichtung war. Der Zuwachs erfolgte fast komplett bei den Außen- und der in jedem Einzelfall vorzunehmenden differenzier- stellen, in der Berliner Zentralstelle blieben die Zahlen na- ten Anonymisierung bestimmter personenbezogener In- hezu konstant (2011: 26 874, 2012: 26 294). Auf die Au- formationen besteht. Die Sachbearbeiterinnen und Sach- ßenstellen entfielen über zwei Drittel der Bürgeranträge, bearbeiter der Bürgeranträge sind auch in vielen Fällen was die Bedeutung der regionalen Präsenz der Behörde unmittelbare und erste Ansprechpartner bei der Eröffnung unterstreicht. Betrachtet man das letzte Jahrzehnt, schwan- persönlich sehr sensibler und belastender Informationen. ken die Antragszahlen zwischen rund 80 000 und 102 000 Sie müssen nicht selten den Prozess der persönlichen Aus- mit einem Mittel von knapp über 90 000. einandersetzung während der konkreten Akteneinsicht durch Beratung begleiten, was ihre Tätigkeit von vielen Die Struktur der Anträge hat sich gegenüber den vergan- anderen reinen Verwaltungstätigkeiten unterscheidet. (Zu genen Berichtszeiträumen nicht signifikant verändert. Die der davon unabhängigen allgemeinen Beratung für infor- Zahl der Erstanträge liegt – gemessen an der Gesamtzahl mationssuchende Bürger siehe Abschnitt 4.1.4). der Erst- und Wiederholungsanträge – nach wie vor bei 72 Prozent. Auch der Anteil der Anträge, zu denen – über Herausgabe von Unterlagen an Karteikartenerfassungen hinausgehende – Unterlagen auf- Forschung und Medien gefunden werden, hat sich mit 40 Prozent nicht wesentlich verändert. Für solche Anträge hat sich die Dauer der Bear- Die Aufarbeitung der Herrschaftsmechanismen der DDR beitung wegen Personalknappheit verlängert (siehe un- ist ein fortlaufender gesellschaftlicher Prozess. Dement- ten). sprechend war auch im Berichtszeitraum ein anhaltend hohes Interesse an einem Zugang zu den Unterlagen des Warum jetzt – über zwei Jahrzehnte nach dem Ende der MfS seitens der Forschung sowie der Medien zu ver- DDR – noch so viele Menschen einen Antrag auf Akten- zeichnen. Die absolute Zahl von knapp 1 500 Anträgen einsicht stellen, lässt sich zum Teil aus Gesprächen mit pro Jahr sagt allerdings wenig über den zum Teil immen- Antragstellerinnen und Antragstellern oder aus schriftli- sen Aufwand der Bearbeitung aus, die in Einzelfällen chen Begründungen ablesen. Viele stellen den Antrag erst viele Tausend Seiten umfasst und sich über Monate, bei jetzt, weil sie Abstand zu den Ereignissen brauchten, weil umfangreichen Forschungsvorhaben in Einzelfällen über sie durch ihren Ruhestand mehr Zeit und Kraft für die Jahre erstrecken kann. persönliche Auseinandersetzung haben oder weil sie durch jüngere Familienangehörige hierzu angestoßen In der Aufarbeitung der SED-Diktatur wird die Zahl und werden (siehe Abschnitt 4.1.3). thematische Ausrichtung der Anträge zu einem nicht ge- ringen Teil von aktuellen Ereignissen und Entwicklungen So sehr durch die anhaltend hohen Antragszahlen bestätigt einerseits sowie von historischen Jahrestagen andererseits wird, dass die Entscheidung, die MfS-Akten zugänglich zu beeinflusst. Hierbei stellen für die den Anträgen zugrunde machen, richtig war, so sehr gerät diese Entwicklung zu- liegenden Publikationsvorhaben die Unterlagen des BStU nehmend in ein Spannungsverhältnis zu den personalpoli- meist eine neben anderen Quellen unverzichtbare, nicht tischen Weichenstellungen früherer Jahre. Bisher war in selten aber auch die wichtigste oder einzige Überliefe- den für die Bearbeitung der Akteneinsichten wichtigen rung zum jeweiligen Thema dar. Bereichen eine Neueinstellung als Ausgleich für ausschei- Im Hinblick auf den 50. Jahrestag des Mauerbaus am dendes Personal grundsätzlich nicht möglich. Mit dem 13. August 1961 sind im Berichtszeitraum überproportio- Haushalt 2012 wurde erstmals die Möglichkeit einge- nal viele Anträge zum Themenbereich Berliner Mauer räumt, in begrenztem Umfang frei werdende Stellen im und innerdeutsche Grenze eingegangen, allein im Halb- Auskunftsbereich nachzubesetzen (siehe Kapitel 2). Dies jahr vor dem Jahrestag 75 Anträge (siehe dazu ausführ- konnte jedoch den aufgrund des mittlerweile hohen lich Abschnitt 4.3.2). Durchschnittsalters der Beschäftigten jährlich eintreten- den hohen Personalverlust nur zu einem geringen Teil aus- Viele Todesfälle an Mauer und innerdeutscher Grenze, gleichen. Die Schere zwischen der Zahl eingehender bei denen zum Teil zuvor die Opfer unbekannt waren, Anträge auf Akteneinsicht und dem für die Antragsbear- hätten ohne die Unterlagen des MfS nicht aufgeklärt wer- beitung zur Verfügung stehenden Personal hat sich auch den können, dies wurde auch bei den Veranstaltungen und im Berichtszeitraum weiter geöffnet. Die Zahl der Anträge der Veröffentlichung von Publikationen anlässlich des pro Mitarbeiter hat sich seit 2005 mehr als verdoppelt. Aus 50. Jahrestages des Mauerbaus deutlich. Für die Untersu- diesem Grunde konnten auch die in den vergangenen Jah- chung und Aufklärung der gegen die Staatsgrenze gerich- ren durch vielerlei Maßnahmen erreichten deutlichen Stei- teten „staatsfeindlichen Handlungen“ war das MfS zu- gerungen bei den Erledigungen pro Mitarbeiter insgesamt ständiges Untersuchungsorgan. Deshalb finden sich in nicht zu einer Verkürzung der Wartezeiten für die Antrag- dessen Hinterlassenschaft amtliche Berichte, Tatortunter- steller führen, zu denen Unterlagen des MfS aufgefunden suchungen, die Befragung der Zeugen und Hinterbliebe- werden (siehe oben: 40 Prozent aller Anträge). Für diesen nen, Obduktionsprotokolle und Ermittlungsergebnisse zur Teilbereich der Anträge auf Akteneinsicht betragen die Biografie der Betroffenen. Zudem hatte das MfS die Auf- maximalen Wartezeiten inzwischen mehr als zweieinhalb gabe, die tatsächlichen Abläufe zu verschleiern und ggf. Jahre. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass der Prozess der für Zwecke der Propaganda zu verfälschen. Aufgrund ei- – 17 – nes Medienantrags der „Sächsischen Zeitung“ konnte Anträge wurden zu Forschungszwecken gestellt. Wie be- durch Unterlagen, die in der Außenstelle des reits in den Vorjahren, hat sich auch im Berichtszeitraum BStU recherchiert wurden, auch das Schicksal eines der die Struktur der Antragsteller weiter zugunsten jüngerer ersten Opfer der Verminung der innerdeutschen Grenze Forscher verlagert, die für Publikationen, Dissertationen 1973, des Meißners Hans Franck, aufgeklärt werden. Der oder Abschlussarbeiten Themen der DDR-Aufarbeitung Flüchtling konnte vom Bundesgrenzschutz mit schwers- untersuchen. Die von den Mitarbeiterinnen und Mitar- ten Verletzungen geborgen werden, verstarb jedoch wenig beitern für Forschungs- und Medienanträge geleisteten später im Krankenhaus. Beratungen, wie die Erläuterung der sachthematischen Re- cherchen, die Unterstützung der Antragsteller bei der Ar- In diesem Kontext konnten auch für die neue Daueraus- beitsplanung und Prioritätensetzung, sind naturgemäß in stellung „Grenzerfahrungen. Alltag der deutschen Tei- diesen Fällen noch wichtiger und aufwändiger. lung“ im Berliner Tränenpalast, die von Wissenschaftlern der Stiftung „Haus der Geschichte der Bundesrepublik Neben der Sichtung umfangreicher Überlieferungen im Deutschland“ erarbeitet wurde, zahlreiche Dokumente Hinblick auf den Themenbezug bilden die mitunter und Fotos aus den Beständen des BStU zur Verfügung ge- schwierigen Fragen bei der Abwägung von Persönlich- stellt werden. Bundeskanzlerin Dr. und keitsrechten mit entsprechenden Anonymisierungen so- Kulturstaatsminister eröffneten die Aus- wie die zum Teil aufwändigen Ermittlungen, ob eine Per- stellung am 14. September 2011. son verstorben ist oder eine Information durch Recherche in entsprechenden Veröffentlichungen als offenkundig an- Hervorzuheben ist die Tatsache, dass der BStU im Be- zusehen ist, Schwerpunkte der Bearbeitung von For- richtszeitraum eine ganze Reihe von Gedenkstätten und schungs- und Medienanträgen. Museen an authentischen Orten im Rahmen von Antrags- verfahren durch die Bereitstellung von Unterlagen wesent- Die Resonanz bei den Antragstellern auf die Bearbeitung lich unterstützen konnte (siehe dazu insbesondere Ab- ihrer Anträge ist durchweg positiv. Insbesondere die For- schnitt 4.3.3). Diese reichen von der Gedenkstätte Berlin- scher wissen die fachkundige Beratung gerade bei um- Hohenschönhausen bis zum „Grenzhus“ in Schlagsdorf fangreichen Projekten, mit zielgerichteten Recherchen in (Mecklenburg-Vorpommern). Hinzu kommen Einrichtun- unterschiedlichen Beständen und Hilfe in unübersichtli- gen, die das Wirken des MfS neben anderen Themen in chen Überlieferungslagen zu schätzen. Dies gilt ganz Ausstellungen aufgreifen und hierfür bereitgestellte Un- überwiegend auch für die Medienantragsteller, wenn- terlagen des MfS verwenden. Dieser Bereich spiegelt ins- gleich hier zuweilen den Wünschen nach personenbezo- gesamt eine gelungene Kooperation in der Aufklärungsar- genen Recherchen durch die Regelungen des StUG zum beit über die SED-Diktatur wider. Persönlichkeitsrechtsschutz Grenzen gesetzt sind.

Neben zahlreichen Buchveröffentlichungen und Medien- Rehabilitierung und Wiedergutmachung berichten, etwa zur Westarbeit des MfS, zum Häftlings- freikauf oder auch zu alltagsgeschichtlichen Ereignissen, Die strafrechtliche Rehabilitierung Betroffener und ihre z. B. im Sport, gab es auf der Grundlage von MfS-Unter- Anträge zum Zweck der Wiedergutmachung lösten auch lagen im Berichtszeitraum eine steigende Zahl von Anträ- in den beiden vergangenen Jahren wieder eine Vielzahl gen für Filmproduktionen (siehe Abschnitt 4.3). Diese be- von Ersuchen der damit befassten Rehabilitierungsbehör- trafen Spielfilme wie Dokumentationen zu verschiedenen den und Gerichte an den Bundesbeauftragten aus. Zwar Themen. Bisher in der Öffentlichkeit weniger beachtete ist die Zahl der Fälle gegenüber früheren Berichtszeiträu- Themen, wie etwa das Frauengefängnis Hoheneck oder men insgesamt rückläufig, sie bewegt sich jedoch immer die Frage, wie sich inoffizielle Mitarbeiter und von ihnen noch auf hohem Niveau. Viele Menschen, die in der DDR bespitzelte Personen heute mit der Vergangenheit aus- zwangsweise in Kinderheime und Jugendwerkhöfe einge- einandersetzen, wurden durch Fernseh- und Kinofilme ei- wiesen wurden, haben im Berichtszeitraum nunmehr eine nem breiteren Publikum nahegebracht. soziale Ausgleichsleistung beantragt. In den Stasi-Unter- lagen werden oftmals Belege zur Sache vermutet, was al- Inhaltlich entfiel bei den Anträgen zu den Unterlagen lerdings nur zum Teil der Fall ist. Im Ergebnis kann der über das Wirken der Staatssicherheit wie in den Vorjahren Bundesbeauftragte aber in zahlreichen Fällen durch He- der größte Anteil auf das Themenfeld Politik und Par- rausgabe von Unterlagen an die zuständigen Landesbe- teien, gefolgt von den Bereichen Kultur und Medien so- hörden die Rehabilitierungsverfahren der Betroffenen un- wie Wissenschaft und Wirtschaft (siehe Grafik im Kapi- terstützen. tel 4). Einer der prozentual größten Zuwächse von (zumeist Forschungs-)Anträgen war auf dem Gebiet der Der Bundesbeauftragte wird außerdem verstärkt durch Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit Folgeanfragen nach einer gegebenen Mitteilung in strei- zu verzeichnen. In diesen Anträgen ging es hauptsächlich tige Auseinandersetzungen einbezogen, die zwischen An- um die Auseinandersetzung mit der NS-Diktatur in bei- tragstellern auf Entschädigungsleistungen und den dafür den deutschen Staaten. Ebenso gingen vermehrt Anträge zuständigen Behörden ausgetragen werden. Nicht selten ein, die sich mit der nationalsozialistischen Vergangen- werden von öffentlichen Stellen einschließlich Gerichten heit von Personen auseinandersetzten. gutachterliche Stellungnahmen zur Erläuterung von Me- thoden und Wirkungsweise des Staatssicherheitsdienstes Insgesamt ging ein Drittel aller Anträge nach §§ 32 und 34 beim BStU in Auftrag gegeben bzw. zu in den Unterlagen StUG aus dem Bereich der Medien ein, zwei Drittel der dokumentierten Lebensverhältnissen in der ehemaligen – 18 –

DDR nachgefragt, um die Entscheidungsgrundlagen zur den deutschen Erfahrungen gründet sich auch auf den Antragsbearbeitung zu ergänzen. Ruf, den sich die Behörde des Bundesbeauftragten in ih- rer langjährigen kontinuierlichen Arbeit international er- Mitteilungen zu Überprüfungen worben hat. Nachdem durch die vorangegangene Siebte StUG-Novel- Es manifestiert sich in den Besuchen zahlreicher Juristen lierung beschlossen worden war, dass zu einigen Verwen- und anderer Vertreter von Regierungs- und Nichtregie- dungszwecken – teils in eingeschränktem Umfang – wei- rungsorganisationen ebenso wie in Einladungen zu Vorträ- terhin Überprüfungen möglich sind, wurde davon relativ gen auf internationalen Tagungen. Einen besonderen Stel- kontinuierlich Gebrauch gemacht. Im Großen und Ganzen lenwert im Zusammenhang mit der Verwendung der Stasi- wurde die davor geltende Praxis fortgesetzt, auch im Be- Unterlagen nimmt in jüngerer Zeit das Thema „Transitio- richtszeitraum bis Ende 2011. Besonders gilt dies für den nal Justice“ ein, in dessen Rahmen ausgehend von Rechts- Deutschen Bundestag, die Landesparlamente, die kommu- fragen die Auswirkungen der Diktaturen und deren nalen Vertretungskörperschaften und die kommunalen juristische und gesellschaftliche Aufarbeitung in den Wahlbeamten in den neuen Bundesländern. Bei Führungs- Transformationsländern diskutiert werden (siehe Kapi- positionen im öffentlichen Dienst (und vergleichbaren tel 7). Funktionen) waren die Eingangszahlen jedoch aufgrund des ab 2007 erheblich eingeschränkten überprüfbaren Per- 1.4 Schwerpunkte der Forschung und der sonenkreises (erwartungsgemäß) schlagartig geringer ge- Unterrichtung der Öffentlichkeit worden. Nach der Erweiterung ab dem 31. Dezember 2011 durch die Achte Novellierung haben die Eingangszahlen Schwerpunkte der Forschung für den Bereich des öffentlichen Dienstes wieder zuge- Die Forschungsabteilung beim Bundesbeauftragten konnte nommen. Zu Mitarbeitern öffentlicher Stellen ab der Be- im Berichtszeitraum wesentliche Beiträge zu ihren vom soldungsgruppe A 9 bzw. E 9 wurden im Jahr 2012 zu 295 Gesetzgeber festgelegten Aufgabenfeldern liefern. Ergeb- Personen Ersuchen eingereicht, von denen über ein Drittel nis der Forschung waren Publikationen und Veranstaltun- allerdings abgelehnt werden musste. Bei den anderen Er- gen, die der Unterrichtung der wissenschaftlichen Ge- weiterungen der Überprüfungsmöglichkeit (Gremienmit- meinschaft und der interessierten Öffentlichkeit über die glieder und tatsachengestützter Verdacht) liegt die Zahl im Tätigkeit der Staatssicherheit dienten. zweistelligen Bereich (siehe Abschnitt 4.2.6.2). Hierbei trat beginnend mit dem Jahr 2009 die besonders im Land Das MfS-Handbuch „Anatomie der Staatssicherheit“, das Brandenburg geführte politische Debatte um die Art und sich mit der Struktur und Arbeitsweise des MfS am Bei- Weise der DDR-Aufarbeitung in diesem Bundesland in spiel einzelner Diensteinheiten und Schwerpunktthemen den Vordergrund. So wurde um Mitteilungen zum Zweck befasst und ein umfangreiches Grundwissen zur Staatssi- der Überprüfung sämtlicher Abgeordneter des Branden- cherheit zur Verfügung stellt, konnte im Berichtszeitraum burger Landtages, Tausender Mitglieder kommunaler Ver- nahezu abgeschlossen werden. Nunmehr liegen 27 Bände tretungskörperschaften und zahlreicher leitender Beamter vor, nur eine Teillieferung (zur HA IX) steht noch aus. aus dem Bereich der Polizei und weiterer Landeseinrich- Unter den zuletzt erschienenen Handbüchern war eine tungen ersucht (vgl. Abschnitt 4.2.6.1). Darstellung zur Hauptabteilung VIII, die als sogenannte dienstnehmende Abteilung im Auftrag verschiedener Or- Grundsatzfragen der Verwendung ganisationseinheiten des MfS in der DDR, aber auch in von MfS-Unterlagen der Bundesrepublik Deutschland tätig wurde. Sie führte Beobachtungen und Ermittlungen durch, war für Durch- Neben der Umsetzung der Achten Novellierung in der suchungen und Festnahmen verantwortlich und war somit Praxis (siehe dazu Abschnitt 1.1), unter anderem durch im Bereich der Hauptaufgabe der Staatssicherheit tätig. die Überarbeitung der Richtlinien, waren die im Zusam- Konkrete Fallbeispiele machen die nicht an Gesetze ge- menhang mit Anträgen auf Akteneinsicht entstehenden bundene Arbeitsweise und die hohe Aggressivität deut- Streitfragen bei Widerspruchsverfahren oder ggf. verwal- lich, mit der das MfS seine Ziele verfolgte. tungsgerichtlichen Verfahren zu klären. Die Anzahl die- ser Fälle ist im Verhältnis zur Zahl der Anträge und Mit der Handbuch-Teillieferung zur Hauptverwaltung A Auskünfte nach wie vor außerordentlich gering, was für (HV A) konnte ein erstes Nachschlagewerk zu dieser vor eine weitgehende Akzeptanz der behördlichen Tätigkeit allem in der Bundesrepublik nachrichtendienstlich arbei- spricht. Die Mehrzahl der Streitfragen konnte im Rahmen tenden Diensteinheit vorgelegt werden. Da es der HV A des Widerspruchsverfahrens geklärt werden. In den weni- gelang, ihre Akten im großen Umfang zu vernichten, han- gen Gerichtsverfahren wurde die Praxis der Behörde im delt es sich bei diesem Handbuchkapitel um eine ge- Berichtszeitraum seitens des Verwaltungsgerichts durch- schichtswissenschaftliche Rekonstruktion auf Basis frag- gehend bestätigt (siehe dazu näher unter Abschnitt 4.5). mentierter Daten, die sich im Archiv des BStU befinden. Schon aufgrund dieser Tatsache musste der Band um- Das Interesse aus dem Ausland an den mittlerweile über fangreicher ausfallen und wird so die Grundlage für zu- 20 Jahre gesammelten Erfahrungen der Behörde mit der künftige Untersuchungen bilden. Verwendung der MfS-Unterlagen und den hiermit ver- bundenen rechtlichen und tatsächlichen gesellschaftli- Gleiches gilt für die Lieferung zu den Diensteinheiten des chen Fragen nimmt weiter zu. Dieses Interesse gerade an MfS 1950 bis 1989, die als eine der wichtigen Übersichts- – 19 – werke innerhalb des Handbuchs über 200 Abteilungen von lung beim BStU den eigenen Blick mehr und mehr wei- den Hauptverwaltungen bis zu zentralen Arbeitsgruppen tete. Standen zunächst Struktur und Methoden des MfS hinsichtlich Aufgaben, Entwicklung, Struktur und Perso- im Fokus, so bekamen im Laufe der Tätigkeit die vielfäl- nalbestand erschließt. Das Kompendium kann als opulen- tigen Wechselbeziehungen im Herrschaftsgefüge des ter Schlussstein der „Anatomie der Staatssicherheit“ gel- SED-Staates und die Wirkungsweise der Geheimpolizei ten: Darin werden die Teillieferungen untereinander in die Gesellschaft der DDR hinein immer größeres Ge- verzahnt und Aufgaben und Zuständigkeiten innerhalb des wicht. Eine Neuakzentuierung, die auf der Forschungs- MfS über die Jahrzehnte hinweg nachvollziehbar gemacht. perspektivenkonferenz des Bundesbeauftragten im Herbst 2012 von Fachleuten aus dem In- und Ausland begrüßt Das im Frühjahr 2011 in erster Auflage erschienene MfS- und nachdrücklich unterstützt wurde. Sie wird eine wei- Lexikon bündelt die Informationen aus der Handbuch- tere Vernetzung der wissenschaftlichen Aktivitäten des reihe und die Erkenntnisse aus der nahezu zwanzigjähri- BStU innerhalb der Forschungslandschaft befördern. gen Forschungstätigkeit beim BStU und bereitet sie in kompakter und für weite Kreise nutzbarer Form auf. Die gute Aufnahme des Bandes machte bereits ein knappes Schwerpunkte der Bildungs-, Presse- Jahr nach dem Erscheinen eine 2. Auflage notwendig. und Öffentlichkeitsarbeit Der Erfolg bestätigt, wie wichtig es ist, die Ergebnisse Die Unterrichtung der Öffentlichkeit über die Struktur, von Grundlagenforschung in fundierter Form zu populari- Methoden und Wirkungsweisen des DDR-Staatssicher- sieren. Das Lexikon ist bereits innerhalb kurzer Zeit für heitsdienstes: diesem gesetzlichen Auftrag kommt der die Fachwissenschaft, aber auch für alle historisch Inte- Bundesbeauftragte zunächst mit einem vielseitigen und ressierten zu einem unverzichtbaren Nachschlagewerk abwechslungsreichen Bildungsprogramm nach. geworden. Der Bedeutung der Regionen für die Untersu- chung der Tätigkeit des MfS wurde in dieser 2. Auflage Die Geschichte der DDR-Geheimpolizei ist für den nach- in verstärktem Maße Rechnung getragen, indem sie um geborenen Betrachter weder inhaltlich noch materiell eine sämtliche Biografien der Leiter der Bezirksverwaltungen einfache Kost. In den überlieferten Stasi-Unterlagen fin- der Staatssicherheit erweitert wurde. den sich Belege für die rechtswidrigen Methoden der Stasi, sie bezeugen erschütternde Erfahrungen von Men- Einen unkomplizierten direkten Zugang zu MfS-Unterla- schen, die unter der Verfolgung und Bespitzelung der gen bietet das Editionsprojekt „Die DDR im Blick der Stasi gelitten haben, sie zeigen die unterschiedlichen Stasi“. In ihm werden die geheimen Berichte, die das MfS Schattierungen des Lebens in der ehemaligen DDR auf. zwischen 1953 und 1989 für die SED-Führung fertigte, in ihrer Gesamtheit publiziert. Sie erscheinen zunächst in Es ist allerdings nicht nur die Schwere des Themas, nicht Buchform mit einer auf CD beigegebenen Datenbank, nur der wachsende Abstand zwischen damals und heute, stehen aber bereits ein Jahr später kostenlos und mit kom- den die Bildungsarbeit zu überbrücken hat: Auch der ma- fortablen Recherchemöglichkeiten versehen im Internet terielle Fundus der Arbeit des Bundesbeauftragten, die unter www.ddr-im-blick.de zur Verfügung. Im Berichts- überlieferten Stasi-Unterlagen, stellt eine besondere He- zeitraum konnten die Bände zu den Jahren 1961 und 1977 rausforderung dar. Die Dokumente sind aus der Perspek- als Buch erscheinen; online stehen derzeit die Jahrgänge tive der Täter geschrieben und in der schwerfälligen, ge- 1961, 1976 und 1988 bereit. Aufwändig aufbereitet und drechselten Sprache der Stasi verfasst. Unterrichtung der kommentiert von den Wissenschaftlerinnen und Wissen- Öffentlichkeit über die Stasi-Tätigkeit heißt somit letzt- schaftlern des Bundesbeauftragten, können die Berichte lich auch, die Dokumente der Staatssicherheit lesen und als Ausgangsbasis für weitergehende Forschungen die- verstehen zu helfen und ihren Inhalt in unsere heutige Be- nen, aber auch einzelne Details der SED-Herrschaft er- griffswelt zu transformieren. hellen. Diese Aspekte greift der Bundesbeauftragte in seiner Bil- Ähnlich gelagert ist das Publikationsprojekt „MfS-Doku- dungsarbeit aktiv auf. Es wird vermittelt, was die Stasi mente online“. Unter diesem Titel veröffentlicht der Bun- war, mit welchen Methoden sie gegen „feindlich-negative desbeauftragte zentrale Quellen zur Arbeit der Staatssi- Elemente“ vorging, wie sich ihre Praxis auf das Leben cherheit auf der Homepage des BStU. Es handelt sich der DDR-Bevölkerung auswirkte − und was diese Ge- dabei um Dokumente, die unter bestimmten thematischen schichte für unsere heutige gesamtdeutsche Gesellschaft Gesichtspunkten im Rahmen einzelner Forschungspro- bedeutet. Gerade dieser Gegenwartsbezug mit den Fragen jekte zusammengestellt wurden. Ihre Publikation in elekt- nach den Grundrechten und der Verantwortung des Ein- ronischer Form soll leichten Zugriff auf grundlegende zelnen für die Gestaltung einer demokratischen Gesell- Dokumente der Staatssicherheit bieten. Das Portal um- schaft hilft, den Blick der nachgeborenen Generationen fasst unter anderem ein „Verzeichnis edierter Doku- für die Stasi-Thematik zu öffnen. mente“, das bereits über 1 000 im Rahmen von Publika- tionen des BStU veröffentlichte Unterlagen auflistet. Das Als sehr erfolgreich erwiesen sich weiterhin die schulspe- Angebot soll sukzessive ergänzt werden. zifischen Angebote des Bundesbeauftragten: die Mate- rialreihe „Quellen für die Schule“, Handreichungen für Die Beschäftigung mit den Stasi-Unterlagen als histori- Lehrer, die Unterrichtsfilme sowie verschiedene Online- sche Quelle führt immer wieder zu der Frage, wie das Angebote. Diese auf Schüler und Lehrkräfte zugeschnit- MfS mit seiner Tätigkeit in die Gesellschaft hinein tenen Bildungsformate trafen auf sehr rege Nachfrage wirkte. Es ist nur folgerichtig, dass die Forschungsabtei- und positive Resonanz. – 20 –

Die Beschäftigung mit der Stasi und der SED-Diktatur gen – meist Opfer der DDR-Diktatur und seltener Stasi- tritt gut 20 Jahre nach der Friedlichen Revolution in eine Mitarbeiter – erreichten durch die Schilderung ihrer per- neue Phase. Dass immer mehr Menschen, die keine ei- sönlichen Erlebnisse und ihrer persönlichen Auseinander- gene Erfahrung mit DDR und Mauerfall haben, sich mit setzung mit ihrer Vergangenheit ein größeres Publikum. In dieser Vergangenheit beschäftigen können, verlangt neue den Regionen verzeichneten die Tage der offenen Tür Wege der Erzählung dieses historischen Kapitels deut- viele Besucher. scher Geschichte. Gleichzeitig gilt es aber auch, weiterhin diejenigen Menschen zu erreichen, für die die DDR nicht Im Bereich Ausstellungen stand am Anfang des Berichts- einfach nur ein historisches Kapitel, sondern Teil ihrer zeitraums (am 15. Januar 2011) die Eröffnung der Ausstel- persönlichen Biografie ist. Dieser Herausforderung stellt lung „STASI. Die Ausstellung zur DDR-Staatssicherheit“ sich der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen auch durch den damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff in seinen Veranstaltungen und in der Öffentlichkeits- und und die damalige Bundesbeauftragte Marianne Birthler Pressearbeit. im BStU-Bildungszentrum in Berlin. In unmittelbarer Nähe des Touristenmagnets Checkpoint Charlie gelegen, Mit Veranstaltungen, Broschüren und vor allem auch dem erreicht sie viele Besucher. Am Ende (im November 2012) Internet-Auftritt wird das Thema Stasi, Kontrolle der Be- wurde der Gestaltungsauftrag für die künftige Daueraus- völkerung, Repression und Haft, aber auch Widerstand stellung im Stasi-Museum in „Haus 1“ der ehemaligen und Zivilcourage auf vielfältige Art und Weise in publi- Stasi-Zentrale in Berlin-Lichtenberg vergeben. Bis zur kumswirksame, oft auch aktuell reagierende Formate Fertigstellung der neuen Dauerausstellung sind dort seit übersetzt. Januar 2012 am authentischen Ort im Stasi-Museum ne- In gut 800 Veranstaltungen mit über 78 000 Besucherin- ben der komplett zugänglichen, im Original erhaltenen nen und Besuchern informierte der Bundesbeauftragte für Etage von Stasi-Minister Mielke auf zwei weiteren Etagen die Stasi-Unterlagen 2011 und 2012 die Öffentlichkeit provisorische Ausstellungen des Bürgervereins ASTAK über Strukturen, Methoden und Wirkungsweise der DDR- e. V. und des BStU zu besichtigen. Staatssicherheit, aber auch über die Tätigkeitsfelder und Dienstleistungen der Behörde, wie die Arbeit in den Ar- Unverminderte Aufmerksamkeit erhielt die primär in den chiven und den Service rund um die Akteneinsicht. Die westlichen Bundesländern präsentierte Wanderausstellung Palette an Veranstaltungen, die der Bundesbeauftragte in „Feind ist, wer anders denkt“. Zu den Stationen in Kassel, Berlin wie in den Regionen, oftmals gemeinsam mit Ko- Kaarst, Tübingen, Weil am Rhein oder Dorsten kamen operationspartnern, realisierte, umfasste Diskussionsrun- zahlreiche Besucher, um sich über die Funktion und die den, Leseabende, Filmvorführungen und Zeitzeugenge- Methoden der DDR-Staatssicherheit zu informieren und spräche. um zu erfahren, ob und inwiefern die ostdeutsche Stasi an ihrem westdeutschen Heimatort eingegriffen hat, und um Im Jahr 2012 stand eine Reihe von Veranstaltungen unter über die Aufarbeitung der Stasi-Tätigkeit zu diskutieren. dem Motto „20 Jahre Einsicht in die Stasi-Akten“ im Hierzu werden jeweils Ausstellungstafeln mit regionalem Zentrum. Zum 20. Jahrestag des Inkrafttretens des Stasi- Bezug angefertigt. Dabei zeigte sich erneut, dass es im Unterlagen-Gesetzes versuchte der Bundesbeauftragte in Westen der Bundesrepublik zwar an Dokumentationsstel- Berlin und seinen Außenstellen eine öffentliche Zwi- len mangelt, aber keineswegs an Wissensbedürfnis. Das schenbilanz dessen, was es bedeutet, den Blick in die Un- Echo der Ausstellungsbesucher auf die Wanderausstellung terlagen der Stasi zu werfen – persönlich, aber auch aus war ein beredtes Zeugnis für den Wunsch, mehr über un- Forscher- und Journalistensicht oder aus Sicht der Opfer, sere jüngste Vergangenheit zu erfahren. Auch die anderen die sich beispielsweise um ihre Rehabilitierung bemühen. Ausstellungsangebote des Bundesbeauftragten haben ein Gleich zum Auftakt des 20. Jahrestages kamen im Januar breites Publikum erreicht. Es sind vor allem die konkreten 2012 rund 6 000 Menschen zum „Bürgertag“ auf das Ge- regionalbezogenen Fallbeispiele, die den Betrachter anzie- lände des ehemaligen Stasi-Ministeriums. Die Wiederer- hen und ihn zur Analyse der Geschehnisse und zur Empa- öffnung des Stasi-Museums in „Haus 1“ war dabei ein be- thie mit den Betroffenen anregen. Besondere Anziehungs- sonderer Publikumsmagnet. kraft bewies erneut das Thema Sport, wie die Berliner Sonderausstellung über den BFC Dynamo, die am Vor- Weitere Akzente setzten die Gedenkveranstaltung zum abend der Fußball-Europameisterschaft 2012 eröffnet 30. Todestag des Jenaer Oppositionellen Matthias Do- worden war, nachdrücklich zeigte. maschk „Der Traum ist aus“ im April 2011, der Open-Air- Abend „Die DDR im Blick der Stasi 1961“ im Juni 2011 Im Bereich Öffentlichkeitsarbeit hatte Vorrang, die Web- auf dem Gelände der Gedenkstätte Berliner Mauer oder seite der Behörde für ein breiteres Publikum gut nutzbar die Filmreihe „STASI doku SCHICKSAL“, die den Blick zu machen. Dazu gehört es, Struktur, Methoden und Wir- auf die individuellen Erfahrungen von Stasi-Verfolgten kungsweise der Staatssicherheit sowie die vielfältigen Tä- lenkte. Wie diese ihr Schicksal aufarbeiten können und tigkeiten der Behörde nutzergerecht und verständlich dar- wie sich die Täter – hauptamtliche oder inoffizielle Mitar- zustellen, Serviceangebote wie die Antragstellung zu beiter – mit ihrer Verantwortung auseinandersetzen, war vereinfachen und vor allem die Vielzahl unterschiedlichs- Thema zahlreicher Veranstaltungen. Insbesondere die fil- ter Dokumente, Fotos und Filme aus den Archiven des mischen Porträts wirkten sehr berührend und regten das BStU besser sortiert und in größerem Umfang als bisher Publikum zur Diskussion an. Veranstaltungen mit Zeitzeu- abzubilden. Eine Mediathek und interaktivere Formate – 21 – sind in Arbeit und sollen bald auch den Dialog mit der vom Deutschen Bundestag gewählt werden, sowie neun nächsten Generation auf eine zeitgemäße Basis stellen. Mitglieder, die von den Landtagen der neuen Bundeslän- der benannt werden (siehe Anhang 3). Die Zusammenset- Aufgaben und Tätigkeit der Stasi-Unterlagen-Behörde zung des Gremiums trägt dem besonderen Interesse an fanden im Berichtszeitraum auch ein stetiges mediales In- Aufarbeitung in den neuen Bundesländern Rechnung. Im teresse. Dominierende Themen der Berichterstattungen in Berichtszeitraum fanden fünf Beiratssitzungen und zwei Presse, Funk und Fernsehen waren neben der Amtsüber- Sondersitzungen statt. gabe von Marianne Birthler an Roland Jahn die Novellie- rung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes, das Schwerpunkt- Einer der wichtigsten Beratungspunkte des Beirats war thema „20 Jahre Einsicht in die Stasi-Akten“, der Dialog die Novellierung des StUG. Nach einer ausführlichen Er- mit jungen Menschen, die die DDR nicht mehr aus eige- örterung der Vorschläge der Behörde und des seinerzeit nem Erleben kennen, und die Bedeutung authentischer vorliegenden Entwurfs der Koalitionsfraktionen im Juni Orte für die Aufarbeitung. Ebenfalls fand das Thema der 2011 wandte sich der Beirat per Brief an den Deutschen virtuellen Rekonstruktion von Stasi-Unterlagen sowie das Bundestag. Er begrüßte darin ausdrücklich die vorgese- Interesse von Vertretern arabischer Nationen an den Be- hene Erweiterung der Überprüfungsmöglichkeiten sowie ständen und der Arbeitsweise im Archiv der Zentralstelle die geplanten Verbesserungen der Zugangsmöglichkeiten des BStU starke Aufmerksamkeit der Medien. zu den Unterlagen des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) für Privatpersonen sowie für Forschung und Me- 2 Die Behörde des BStU dien: „In Ergänzung zu der bereits vorgesehenen Erweite- rung des Kreises der überprüfbaren Personen um die In- 2.1 Organisationsstruktur haber leitender Funktionen im öffentlichen Dienst ab der Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssi- Besoldungsgruppe A 13 bzw. der Entgeltgruppe E 13 cherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU) hat die (Gesetzentwurf zu §§ 20 und 21 Absatz 1 Nummer 6d Organisationsstruktur seiner Behörde (siehe Anhang 1) StUG) (schlug) der Beirat die Einfügung einer gesonder- im Berichtszeitraum verändert, um die ihm nach § 37 ten Klausel vor, die die Überprüfbarkeit derjenigen Be- Stasi-Unterlagen-Gesetz (StUG) zugewiesene Aufgabe schäftigten des öffentlichen Dienstes regelt, die in den der Unterrichtung der Öffentlichkeit besser zu erfüllen Bereichen Justiz und Polizei leitende Funktionen inneha- und die Arbeitsprozesse im Bereich der Bildungs- und ben und hoheitliche Aufgaben wahrnehmen. In diesen Öffentlichkeitsarbeit effektiver zu gestalten. Bereichen sollte auch das Führungspersonal der unteren Ebenen bereits ab der Besoldungsgruppe A 9 bzw. der Dazu wurde am 22. Mai 2012 die Stabsstelle Kommuni- Entgeltgruppe E 9 überprüfbar sein.“ Abgesehen von der kation eingerichtet und direkt der Behördenleitung unter- Bezugnahme auf die Bereiche Justiz und Polizei, folgte stellt. Damit sind die Aufgaben Öffentlichkeitsarbeit, der Gesetzgeber diesem Vorschlag, genauso wie grund- Veranstaltungen sowie die Aufgaben zur Darstellung der sätzlich der folgenden Überlegung: Behörde im Internet und der Kommunikation in moder- nen Netzwerken organisatorisch an einer Stelle gebün- „Im Hinblick auf die im Gesetzentwurf vorgesehene Er- delt. weiterung der Zugangsrechte für nahe Angehörige nach § 15 StUG gibt der Beirat zu bedenken, dass der Begriff Die Standorte der Behörde sind unverändert: Sie hat eine der ,sonstigen berechtigten Interessen‘ grundsätzlich weit Zentralstelle in Berlin mit drei Liegenschaften sowie ausgelegt wird. Nach der aktuellen Fassung des Entwurfes zwölf Außenstellen in den neuen Bundesländern (siehe müsste nahezu jede sachliche Begründung als berechtigtes Anhänge 1 und 2). Nach Auflösung der Außenstelle Pots- Interesse anerkannt werden, beispielsweise auch die Klä- dam im Jahr 2009 wurde in der „Gedenkstätte für die Op- rung vermögensrechtlicher Fragen oder sonstiger Famili- fer politischer Gewalt im 20. Jahrhundert“ in der Linden- enstreitigkeiten. Dieses Umstands sollte sich der Gesetz- straße 54/55 eine Bürgerberatungsstelle eingerichtet. geber bewusst sein. Angeregt wird daher eine klarere und Im Berichtszeitraum wurden die Prüfungen zur Entwick- – im Hinblick auf den Aufarbeitungszweck des Stasi-Un- lung der Regionalstruktur fortgesetzt. Dabei standen Ge- terlagen-Gesetzes – präzisere Definition der in diesem Zu- sichtspunkte im Vordergrund, ob und wie authentische sammenhang geltend zu machenden berechtigten Interes- Orte und Einrichtungen des Stasi-Apparates, insbeson- sen, zumindest in der Begründung des Gesetzes.“ dere die Untersuchungshaftanstalten, seitens des BStU Schließlich regte der Beirat in eigener Sache eine präzi- genutzt werden könnten – sei es insgesamt als Liegen- sierende Klarstellung zur Verschwiegenheitspflicht nach schaft für Außenstellen oder für Aufgaben der Unterrich- § 39 Absatz 4 StUG an, welche auch erfolgte. Nach der tung der Öffentlichkeit am Standort der Außenstelle. Dem neuen Regelung in § 39 Absatz 4 Satz 1 bezieht sich die Bundesbeauftragten war dabei eine intensive Abstim- Verschwiegenheitspflicht nun auf die den Beiratsmitglie- mung mit den jeweiligen Ländern wichtig. dern „bei ihrer Tätigkeit bekannt gewordenen nicht offen- kundigen personenbezogenen Informationen und sonsti- 2.2 Beirat gen vertrauliche(n) Informationen“, zuvor allgemein auf „die bei ihrer Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen, Beim Bundesbeauftragten ist ein Beirat eingerichtet (§ 39 soweit sie nicht offenkundig sind“. StUG). Der Bundesbeauftragte berichtet dem Beirat über grundsätzliche und andere wichtige Angelegenheiten und Mit der Neuaufnahme des § 37a (Beschäftigung von Mit- berät diese mit ihm. Ihm gehören acht Mitglieder an, die arbeitern des Staatssicherheitsdienstes) in das StUG – 22 – konnte sich der Beirat erst nach der Beschlussfassung im 2.3 Personal Deutschen Bundestag befassen. 2.3.1 Personalbestand und In mehreren Sitzungen des Beirats wurden grundsätzliche Personalentwicklung Fragen wie die Veränderung der Regionalstruktur des Erstmals mit dem Haushaltsjahr 2012 wurde dem BStU BStU, diesbezüglich auch die Kooperation mit anderen eingeräumt, 46 Stellen mit einem kw-Vermerk (kw = Trägern der Aufarbeitung, und die perspektivische An- künftig wegfallend; diese Stellen können nach dem Aus- siedlung des Archivguts des BStU (zentral/dezentral; scheiden des oder der betreffenden Beschäftigten nicht Bundesarchiv/BStU) diskutiert. Intensiv beraten wurden nachbesetzt werden) zu schieben, um dem problemati- diese Themen in einer Klausur im März 2012 mit zwei schen Rückgang beim Personal gerade in Serviceberei- Schwerpunktthemen: a) Perspektiven für das Archivgut chen wie der Aktenauskunft und den Archiven durch ge- des BStU, b) Zur Situation der historischen Bildung mit zielte Personalmaßnahmen entgegenwirken zu können. besonderem Blick auf die regionale Aufarbeitung. Da hierfür jedoch keine zusätzlichen Haushaltsmittel zur Zum ersten Punkt legte die Behörde einen Grundlagen- Verfügung gestellt wurden, konnte im Berichtszeitraum text der Abteilung Archivbestände (AR) „Zukunft in Ein- unter Verzicht auf die Nachbesetzung anderer Stellen tat- heit – Für die unzertrennte Erhaltung, Pflege und Nut- sächlich nur die Schiebung für insgesamt 26 Stellen (im zung des MfS-Archivgutes“ (siehe Anhang 4) vor. Es gab Jahr 2012) beantragt und genehmigt werden; auf Grund- im Beirat eine deutliche, aber nicht einhellige Tendenz lage dessen wurden sechs befristete Arbeitsverträge in zugunsten des Zusammenhalts der MfS-Unterlagen und unbefristete umgewandelt und 20 externe Neueinstellun- des Umgangs nach speziellen gesetzlichen Bestimmun- gen im Jahr 2012 vorgenommen bzw. vorbereitet. gen mit diesen besonderen Unterlagen. Eine Fortsetzung Aufgrund der knappen Haushaltsmittel für den Personal- der Diskussion wurde vereinbart. Zum zweiten Punkt wa- bereich war der Trend der Verringerung des Personalbe- ren sich der Bundesbeauftragte und der Beirat einig im standes nicht aufzuhalten. Waren es im Jahr 2010 noch Wert der Pluralität der Träger der historisch-politischen 1 825 Beschäftigte, so sind es zum Jahresende 2012 nur Bildung, insbesondere in den Regionen. noch 1 708 gewesen (siehe Schaubild zum Personalbe- Neben den bereits genannten Themen befasste sich der stand). Tatsächlich in der Behörde tätig waren Ende 2012 Beirat mit den erfreulichen Entwicklungen beim soge- 1 589 Menschen; die Differenz erklärt sich im Wesentli- nannten Haus 1 in der ehemaligen Zentrale des MfS chen aus der Inanspruchnahme von Altersteilzeit. (erfolgreiche Sanierung; verbesserte Zusammenarbeit Großes Augenmerk bei der Personalentwicklung wurde zwischen der „Antistalinistischen Aktion Berlin-Norman- auf die interne Ausschöpfung personeller Ressourcen zur nenstraße e. V.“ (ASTAK) und dem BStU) und beriet das Verstärkung der Fachabteilungen Auskunft und Archiv- Konzept der künftigen Ausstellung (siehe Kapitel 6). In bestände der Behörde gelegt. So sind Beschäftigte der seiner Sitzung im Oktober 2012 diskutierte er die Idee Verwaltung und der Abteilung Bildung und Forschung in des Bundesbeauftragten für einen „Campus der Demokra- die Bereiche der Akteneinsicht gewechselt. Durch befris- tie“ auf dem Gelände der ehemaligen Zentrale des Minis- tete und unbefristete interne Umsetzungen von zehn Be- teriums für Staatssicherheit und nahm die Pläne der Be- schäftigten wurden die Kartei- und Magazinbereiche der hörde zum Umzug von weiteren Teilen der Abteilung Zentralstelle und der Außenstellen verstärkt. Bildung und Forschung (BF) an den Standort Magdale- nenstraße zustimmend zur Kenntnis. Die Behörde legt großen Wert darauf, dass die Gleichbe- handlung der Beschäftigten und die Vereinbarkeit von Bereits im Mai 2011 war eine Sondersitzung des Beirats Beruf und Familie durchgesetzt werden. Es gibt 46 ver- anberaumt worden, veranlasst durch eine öffentliche De- schiedene individuelle Teilzeitmodelle, die von 256 Be- batte zum Thema der Beschäftigung ehemaliger Mitarbei- schäftigten in Anspruch genommen werden, davon sind ter des MfS in der Behörde; in der Sitzung wurden auch 216 weiblich. Zehn Beschäftigte nehmen derzeit die weitere Themen behandelt. Nach einer intensiven Diskus- Möglichkeit der Teilnahme an alternierender Telearbeit sion wurde die folgende öffentliche Stellungnahme ver- wahr. Der Anteil schwerbehinderter Menschen an der abschiedet, um zu signalisieren, dass Beirat und Bundes- Belegschaft liegt bereits seit 2006 dauerhaft über 10 Pro- beauftragter sich im Ziel einig seien: „Die Beschäftigung zent. ehemaliger Mitarbeiter des MfS bei dem BStU belastet die öffentliche Wahrnehmung der Behörde. Eine Verset- 2.3.2 Fort- und Weiterbildung zung dieser Beschäftigten in andere Bundesbehörden ist deshalb wünschenswert. Dabei dürfen rechtsstaatliche Wie beschrieben, sinkt bei wachsendem Aufgabenvolu- Grundsätze selbstverständlich nicht verletzt werden. Im men die Zahl der Beschäftigten. Deshalb kommt es dem Übrigen wartet der Beirat das in Auftrag gegebene ar- BStU mehr denn je auf eine effiziente Aufgabenerledigung beitsrechtliche Gutachten ab.“ vor allem durch einen gut strukturierten Einsatz des Perso- nals sowie durch die Unterstützung der individuellen Leis- Der Vorstand des Beirats wurde im Berichtszeitraum zwei tungsstärke und Einsatzbereitschaft jedes Beschäftigten Mal in bisheriger Besetzung bestätigt (Herr Prof. Richard an. Der mittel- und langfristigen Personalentwicklung und Schröder als Vorsitzender, Frau Ulrike Poppe als 1. stell- Fortbildung kommt dabei eine wichtige begleitende Rolle vertretende Vorsitzende, Herr als zu, und zwar gleichermaßen für neue berufliche Tätigkei- 2. stellvertretender Vorsitzender). ten in der Behörde wie auch für die weitere Tätigkeit im – 23 –

Entwicklung des Personalbestandes des BStU (nach Aufgabenbereichen)

1000

900

800

700

besetzte 600 Planstellen und 500 Stellen 400

300

200

100

0 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Auskünfte/Ersuchen 939 875 815 779 737 690 645 604 595 547 Archiv 608 596 562 550 528 521 524 515 499 469 Bildung/Forschung 73 81 86 85 89 88 94 92 89 85 Leitung/Verwaltung 777 756 708 704 671 655 627 614 608 607

jahrelang gewohnten Arbeitsbereich. Im Berichtszeitraum soll aufrechterhalten werden. Im Berichtszeitraum nah- standen Inhouse-Seminare u. a. zu den Themen „Kommu- men 45 Beschäftigte der Zentralstelle und der Außenstel- nikation“ und „Konfliktbewältigung“, zum StUG und zum len an der Supervision teil. Datenschutz im Mittelpunkt. Für die beim BStU als Aus- bilderinnen und Ausbilder fungierenden Beschäftigten 2.3.3 Ausbildung – es sind über 200 – wurden verschiedene Workshops zur Auffrischung des Wissens und zum gegenseitigen Aus- Die Zahl der Auszubildenden beim BStU ist seit 2005 auf tausch veranstaltet. Für neue Ausbilderinnen und Ausbil- hohem Niveau. Im September 2011 waren in der Berliner der gab es ein Grund- und ein Aufbauseminar. Zentralstelle und den Außenstellen 73 junge Menschen in der Ausbildung. Im September 2012 begannen 16 junge Speziell für die Beschäftigten des Auskunftsbereiches Frauen und Männer ihre Ausbildung: sieben Fachange- wurden Seminare „Effektive Lesetechniken“ organisiert, stellte für Medien- und Informationsdienste (vier in der die auf große Resonanz stießen. An insgesamt vier Veran- Zentralstelle, drei in den Außenstellen), acht Fachange- staltungen nahmen 49 Beschäftigte teil. Die 2010 begon- stellte für Bürokommunikation sowie ein Fachinformati- nene Seminarreihe „Professionell kommunizieren und er- ker (in der Zentralstelle). Insgesamt erlernen damit der- folgreich agieren“ sowie „Einführung in das StUG“ wurde zeit 80 Auszubildende einen Beruf beim BStU. 2011 und 2012 weiter geführt. Insgesamt waren es acht Veranstaltungen mit 132 Teilnehmerinnen und Teilneh- 2011 beendeten beim BStU 61 junge Menschen ihre Aus- mern. bildung, 2012 waren es drei. Drei Auszubildende wurden in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis übernom- Die seit Dezember 2009 regelmäßig stattfindenden Super- men, 15 Stellen konnten für die Dauer eines Jahres für die visions-Sitzungen für Kolleginnen und Kollegen der Ab- ausgelernten Azubis als Anschlussbeschäftigung zur Ver- teilung Auskunft in der Zentralstelle und den Außenstellen fügung gestellt werden. fanden auch im Berichtszeitraum weiter statt. Neue Be- schäftigte kamen hinzu, andere beendeten ihre Teilnahme. 2.3.4 Betriebliche Gesundheitsförderung Die Rückmeldungen der Teilnehmer zum Nutzen der Su- pervision sind durchgehend positiv und belegen, dass Su- Die Betriebliche Gesundheitsförderung, zu der weiterhin pervision eine gute Möglichkeit ist, Unterstützung in der der Arbeitskreis Gesundheit gehört, ist ein fester Bestand- täglichen Arbeit zu erfahren. Das Angebot, in der Gruppe teil der Behörde. Das Betriebliche Eingliederungsma- Fragen der täglichen Facharbeit miteinander zu bespre- nagement (BEM) nach § 84 Sozialgesetzbuch (SGB) IX chen, bereichsübergreifend den Blickwinkel zu erweitern soll Nutzen sowohl für die Arbeitnehmer- als auch für die und im Konfliktfall gemeinsam nach Lösungen zu suchen, Arbeitgeberseite bringen. Es wurde umfassend dafür ge- – 24 – worben, das BEM als Prozess sowie als Hilfsangebot für und Thüringen außer den normalen Maßnahmen des Bau- alle Seiten zu begreifen und die Rückkehr der Beschäftig- unterhalts für die Liegenschaften keine erwähnenswerten ten in das Arbeitsleben ganzheitlich zu betrachten. Vorhaben. Der Krankenstand ist im Vergleich zu den Vorjahren er- In der Zentralstelle in Berlin-Lichtenberg konnten die neut gestiegen. So ergeben sich für das Jahr 2011 Fehlzei- Maßnahmen zur energetischen Sanierung des Archivge- ten von 25,85 Arbeitstagen, für das Jahr 2012 Fehlzeiten bäudes beendet werden. Neben dem Aspekt, den von 25,45 Arbeitstagen pro Mitarbeiterin bzw. Mitarbeiter. CO2-Ausstoß klimafreundlich zu verringern, ist wichtig, Das liegt vor allem an dem hohen Altersdurchschnitt der dass künftig auch Einsparungen beim Energieverbrauch Beschäftigten, den steigenden Anforderungen durch den für die Liegenschaft und damit eine Reduzierung von Be- Personalrückgang sowie der hochsensiblen Arbeitsmate- triebskosten erwartet werden. rie. Hier besteht eine besondere Fürsorgepflicht durch die personalbetreuenden Bereiche. Auch werden die Aufga- Gemäß dem Gedenkstättenkonzept des Bundes, das für ben, beeinflusst durch den steigenden Altersschnitt der das „Haus 1“ auf dem Gelände der ehemaligen Stasi-Zen- Beschäftigten, oft belastender wahrgenommen. Hier set- trale die Errichtung eines Dokumentations- und Bildungs- zen die Maßnahmen der Betrieblichen Gesundheitsförde- zentrums „Repression in der SED-Diktatur“ vorsieht, rung an. Wie in den Jahren davor handelte es sich um wurde dieses Gebäude unter strengen denkmalpflegeri- verhaltens- und verhältnisorientierte Maßnahmen zur Ge- schen Gesichtspunkten restauriert. Es handelt sich um das sunderhaltung der Beschäftigten. Im Einzelnen gab es An- Gebäude, in dem sich bis 1989 der Dienstsitz des Minis- gebote im Sportbereich, Schulungen, Einzel- sowie Team- ters für Staatssicherheit befand und das nach dem Ende coaching, Informationsveranstaltungen im Bereich Sucht- der DDR dem Land Berlin gehörte. Im Gedenkstätten- und Gesundheitsprävention. konzept war festgelegt worden, dass der Bau wegen sei- ner historischen Bedeutung erhalten werden sollte. Auch Die Beschäftigten können sich jederzeit im Intranet und vor dem Hintergrund entsprechender Äußerungen der an Aufstellern mit Broschüren, Flyern sowie Zeitschriften Bundeskanzlerin anlässlich eines Besuchs der Behörde zu unterschiedlichen Themen mit Gesundheitsbezug in- im Jahr 2009 wurde letztlich beschlossen, das Haus aus formieren. Mitteln des Konjunkturpakets II zu sanieren. Der Bund kaufte dem Land Berlin die Liegenschaft zu einem sym- 2.4 Haushalt bolischen Preis von einem Euro ab. Die für die Sanierung zur Verfügung gestellten Mittel beliefen sich auf 11 Mil- Im Haushaltsjahr 2011 lagen die Gesamtausgaben des lionen Euro. Nach dem vollständigen Freizug des Gebäu- BStU bei 97 596 000 Euro. Sie setzen sich zusammen aus des wurden die Arbeiten im Mai 2010 unter Federführung 77 386 000 Euro für Personalausgaben (79,3 Prozent der des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtent- Gesamtausgaben), 17 998 000 Euro für sächliche Ver- wicklung und Einbindung des Beauftragten der Bundes- waltungsausgaben (18,4 Prozent), 192 000 für Ausga- regierung für Kultur und Medien begonnen und wie ge- ben für Zuweisungen/Zuschüsse (0,2 Prozent) sowie plant im Dezember 2011 beendet. 2 020 000 Euro für Ausgaben für Investitionen (2,1 Pro- zent). Bauausgaben tätigte der BStU nicht mehr, da alle Am 14. Januar 2012 fand auf Einladung des Staatsminis- Liegenschaften in das Einheitliche Liegenschaftsmanage- ters für Kultur und Medien die feierliche Eröffnung des ment der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben über- denkmalgerecht instandgesetzten Hauses statt. Zu diesem führt wurden. Zeitpunkt übernahm es der BStU als Verantwortlicher ge- mäß Gedenkstättenkonzept und stellt nun seinerseits die Im Haushaltsjahr 2012 betrugen die Gesamtausgaben Räumlichkeiten Aufarbeitungsvereinen und Opferinitiati- 100 167 000 Euro, dabei lagen die Personalausgaben bei ven zur Verfügung. Dabei handelt es sich im Einzelnen um 77 161 000 Euro (77,0 Prozent), die sächlichen Ver- die Antistalinistische Aktion Berlin-Normannenstraße waltungsausgaben bei 17 977 000 Euro (17,9 Prozent), e. V. (ASTAK), die Union der Opferverbände Kommunis- die Ausgaben für Zuweisungen und Zuschüsse bei tischer Gewaltherrschaft (UOKG), das Forum zur Aufklä- 371 000 Euro (0,4 Prozent) und die Ausgaben für Investi- rung und Erneuerung e. V., das Osteuropa Zentrum Berlin, tionen bei 4 658 000 Euro (4,7 Prozent). das Bürgerkomitee 15. Januar e. V., den BSV-Förderverein für Beratung e. V. sowie Help e. V. – Hilfsorganisation für Der Haushaltsplan 2013 sieht ein Volumen von Opfer politischer Gewalt in Europa. 99 970 000 Euro vor, darunter 78 468 000 Euro für Perso- nalausgaben, 18 821 000 Euro für sächliche Verwaltungs- Gemeinsam mit der ASTAK betreibt der BStU in ausgaben, 116 000 Euro Ausgaben für Zuweisungen/Zu- „Haus 1“ das Stasi-Museum. Bis Ende 2013 wird die der- schüsse und 2 565 000 Euro Ausgaben für Investitionen. zeitige Ausstellung im Bildungszentrum des BStU in der Zimmerstraße in Berlin-Mitte geöffnet sein. Die Nutzung 2.5 Liegenschaften der Liegenschaft konnte durch eine Vertragsverlängerung bis zu diesem Zeitpunkt sichergestellt werden. Unabhängig von den Überlegungen und Konzeptionen des Bundesbeauftragten zur Entwicklung der Regional- 2.6 Informationstechnik struktur (siehe Vorwort) gab es im Berichtszeitraum für die Außenstellen in den Bundesländern Brandenburg, Auf die Informationstechnik kamen gemäß der Ergebnisse Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Sachsen des Projektes „IT-Analyse“ (siehe Neunter Tätigkeitsbe- – 25 – richt, S. 19) und der daraus resultierenden Zunahme von das Sicherheitsmanagement des BStU im Berichtszeit- Projekten neue Herausforderungen hinsichtlich der Infra- raum mit den Möglichkeiten des sicheren Internetsurfens struktur und der Softwaretechnologie zu. Durch die Um- auseinandergesetzt. Im Ergebnis wurde eine Lösung aus- stellung auf moderne Blade-Server-Systeme und die Vir- gewählt, die auf einem Sicherheitskonzept des Bundes- tualisierung von Servern erfolgte eine Konsolidierung der amtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) be- IT-Infrastruktur. Softwareseitig werden zurzeit die Server- ruht, welches die Sicherheitsfunktionalitäten von Soft- betriebssysteme HP-Unix und Novell NetWare durch die und Hardware dafür optimal kombiniert. Diese Lösung offeneren und unabhängigeren Betriebssysteme Suse Li- ermöglicht den freieren Internetzugriff auf mediale, inter- nux Enterprise Server und Open Enterprise Server für aktive Inhalte und hält dabei Schadsoftware vom Netz- Linux abgelöst. Im Rahmen der Konsolidierung der Infra- werk des BStU fern. Damit wurde die Informationssi- struktur erfolgt ebenfalls eine Ablösung des Datenbank- cherheit gestärkt. systems Informix durch Oracle sowie eine Portierung der Die Berichterstattungen in den Medien über massive An- alten Datenbank-Bearbeitungsprogramme auf neue brow- griffe auf IT-Infrastrukturen, auch auf die von Behörden, serbasierte Programme. Mit der Migration des Client-Be- triebssystems wurde 2012 begonnen. schärfen das Risikobewusstsein aller Beschäftigten des BStU. Die kritische Wahrnehmung des Einzelnen für die- Die IT-Strategie des BStU richtet sich an den vorrangigen ses gesellschaftlich und behördlich wichtige Thema hat Aufgabenfeldern der Behörde aus: dem unmittelbaren sich erhöht. Die Basis dafür hat die Behörde in den Jahren Service für die Antragsteller, der langfristigen Sicherung 2010/2011 mit einer auf das Haus abgestimmten Sensibi- der Archivgüter und der Weiterentwicklung der Angebote lisierungskampagne zur Informationssicherheit für alle im Internet. Für die kommenden Jahre wurden in Abstim- Beschäftigten geschaffen; seit Herbst 2012 wird sie im mung mit allen Fachbereichen folgende strategische IT- Rahmen der Migration auf ein neues Betriebssystem auf- Vorhaben festgelegt: gefrischt. Damit diese Basiskompetenz in Sicherheitsfra- gen keine Momentaufnahme bleibt, sind weitere Maßnah- – digitale Langzeitarchivierung, men zur Vertiefung des Themas Informationssicherheit – Digitalisierung der beiden zentralen Karteien F 16 und für die Folgejahre konzipiert. F 22, Durch die angestrebte Zertifizierung nach ISO 27001 auf – Geschäftsprozessmanagement – technische Unterstüt- der Basis von BSI IT Grundschutz will der BStU doku- zung, mentieren, dass er im Behördenverbund ein verlässlicher – Digitalisierung von MfS-Unterlagen zur Nutzung und IT-Partner ist und sich an den Anforderungen der vernetz- ten Behördenzusammenarbeit orientiert. Dieses Vorgehen – virtuelle Rekonstruktion zerrissener Stasi-Unterlagen. hilft der Behörde auch, die hohen Ansprüche aus dem ge- Die Umsetzung dieser Vorhaben wird davon abhängen, setzlichen Auftrag des StUG und aus § 1 Absatz 1 Bundes- ob die erforderlichen Haushaltsmittel zur Verfügung ste- datenschutzgesetz (BDSG), der die Wahrung des „infor- hen. mationellen Selbstbestimmungsrechts“ einfordert, gut zu erfüllen. Der BStU nutzt die Angebote und Beratungskom- petenz des BSI, zieht externen Sachverstand zu Rate und 2.7 Informationssicherheit und Datenschutz setzt die im BSI-Gesetz festgeschriebenen Forderungen Datenschutz und Informationssicherheit sind unterschied- um. Die für dieses Ziel erforderlichen rechtlichen Rege- liche Anforderungsbereiche. Datenschutz bezieht sich auf lungen und technischen Maßnahmen sind gut aufeinander das Individuum, zunächst – wie bei allen Arbeitgebern – abgestimmt, sodass die geforderte rechtliche Sicherheit auf die Beschäftigten und deren informationelles Selbst- bei der Verwaltung und Verwendung von Daten und Infor- bestimmungsrecht. Für den BStU im Besonderen kommt mationen erreicht wird. Hierzu arbeiten Datenschutz und es darauf an, bei der Verwendung der MfS-Unterlagen Informationssicherheit eng zusammen und beziehen zu nach den verschiedenen Zielen des StUG nicht die Per- Fragen des Geheimschutzes den behördlichen Beauftrag- sönlichkeitsrechte Dritter zu verletzen. Informationssi- ten ein. cherheit ist als dauerhafter und komplexer Prozess zu be- Im Berichtszeitraum ist die Sensibilisierung der Beschäf- greifen, der die Planung, die Konzeption, den Betrieb und tigten im Umgang mit den ihnen anvertrauten personen- die regelmäßige Anpassung aller Aspekte der Informa- bezogenen Daten durch regelmäßige Seminare und Bera- tionsverarbeitung in einem gegebenen Umfeld beinhaltet. tungsgespräche gefestigt worden. Grundsätzlich erhält Dem BStU ist es im Berichtszeitraum auf dem Gebiet der jeder neue Beschäftigte nach dem Eintritt in die Behörde Informationssicherheit gelungen, den von der Bundesre- ein datenschutzrechtliches Seminar sowie eine Schulung gierung mit der Verabschiedung entsprechender Grund- zum Stasi-Unterlagen-Gesetz. Parallel dazu wurden Netz- satzpapiere geforderten Informationssicherheitsprozess werke zu anderen behördlichen Datenschützern ausge- fest in die behördlichen Strukturen und Prozesse zu inte- baut. So findet beispielsweise jährlich ein Erfahrungsaus- grieren. tausch mit Beauftragten für Datenschutz aus anderen Bundesbehörden statt. In einer langfristig gewachsenen Behördenstruktur mit zahlreichen Liegenschaften ist es immer eine Herausfor- Im Berichtszeitraum besuchte der Bundesbeauftragte für derung, Sicherheitsansprüche angemessen einzubringen den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) den und mit konkreten Maßnahmen umzusetzen. So hat sich BStU dreimal. Neben einer Beratung zum Umgang mit – 26 –

Personalaktendaten und einem inzwischen fest etablierten ben alle Bürgerinnen und Bürger Anspruch darauf, Aus- jährlichen Fachgespräch zwischen dem BfDI und dem kunft darüber zu verlangen, ob in den erschlossenen BStU zu allgemein anstehenden datenschutzrechtlichen Unterlagen des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) Fragen ging es bei einem Kontrollbesuch im September Informationen zu ihrer Person vorhanden sind. Darum be- 2011 insbesondere um die Prüfung, ob der BStU daten- inhaltet die archivische Verzeichnung der Unterlagen beim schutzrechtliche Vorschriften bei der Bearbeitung der BStU weiterhin zugleich die umfassende Aufnahme von Forschungs- und Medienanträge nach §§ 32 bis 34 StUG Daten derjenigen bestimmbaren Personen, zu denen der eingehalten hatte. Auch die interne Forschungsarbeit Staatssicherheitsdienst nach Ausweis der betreffenden ar- stand im Fokus. Der BfDI stellte das sehr hohe daten- chivalischen Quelle tätig geworden ist. Die dann jeweils schutzrechtliche Niveau im Umgang mit den MfS-Unter- erforderliche genaue Datenaufnahme im elektronischen lagen sowohl bei der Bearbeitung von Anträgen auf Personenregister (EPR) und deren Verifizierung gestalten Akteneinsicht als auch bei der Forschung durch Wissen- sich äußerst arbeits- und zeitintensiv für die Archivarinnen schaftler des BStU wie durch externe Wissenschaftler fest und Archivare des BStU. und informierte darüber in seinem 23. Tätigkeitsbericht. Die Erschließung folgte auch im Berichtszeitraum den ge- meinsam mit den Fachabteilungen Auskunft (AU) und 2.8 Anträge nach dem Informations- Bildung und Forschung (BF) gebildeten Prioritäten, die freiheitsgesetz (IFG) ihrerseits weiterhin grundsätzlich den archivischen Prinzi- Im Berichtszeitraum wurden beim Beauftragten für das pien der Bestandsbearbeitung verpflichtet waren und Informationsfreiheitsgesetz insgesamt 34 Anträge auf regelmäßig auch mit den Außenstellen des BStU abge- Einsicht in Behördenunterlagen gestellt. Eine besondere stimmt wurden. Im Berichtszeitraum wurde insgesamt Bedeutung hatten sieben Anträge von Gutachtern, die von 2 200 lfd. M. Schriftgut (in Papierform) erschlossen. Da- der Brandenburger Enquetekommission „Aufarbeitung rüber hinaus wurden 215 000 Fotos sowie 1 100 Stück der Geschichte und Bewältigung von Folgen der SED- Tonaufzeichnungen erschlossen. Auch in diesem Berichts- Diktatur und des Übergangs in einen demokratischen zeitraum konnte die Erschließungsarbeit an einer Reihe Rechtsstaat im Land Brandenburg“ bestellt waren. Die von Teilbeständen abgeschlossen werden, so z. B. an den Gutachter hatten die Aufgabe, zu unterschiedlichen Be- Teilbeständen Hauptabteilung III (Funkaufklärung, Funk- reichen (Rechtsanwälte, Landtagsabgeordnete, regionale abwehr), Hauptabteilung VII (Abwehrarbeit Ministerium Vertretungskörperschaften) für das Land Brandenburg die des Innern/Deutsche Volkspolizei), Abteilung XIV (Un- Kontinuität/Diskontinuität von Eliten aus der ehemaligen tersuchungshaft und Strafvollzug), Hauptabteilung XX DDR zu untersuchen. Insbesondere sollte die Branden- (Staatsapparat, Kultur, Kirchen, Untergrund) und Abtei- burger Überprüfungspraxis bezüglich der untersuchten lung 26 (Telefonüberwachung) (siehe Abschnitte 3.2.1.2 Personenkreise seit Beginn der 90er-Jahre bis heute über- und 3.2.2). prüft werden. Eine besondere Schwierigkeit dieser An- In der Zentralstelle wurde an 23 Teilbeständen des Schrift- tragsbearbeitung bestand darin, sowohl Regelungsinhalte guts zentraler MfS-Diensteinheiten gearbeitet. Diese Teil- des Informationsfreiheitsgesetzes als auch des Stasi-Un- bestände waren außer den oben bereits genannten: Zen- terlagen-Gesetzes zu berücksichtigen. Zur Wahrung der trale Auswertungs- und Informationsgruppe (ZAIG), Persönlichkeitsrechte waren Hunderte von Beteiligungs- Hauptabteilung KuSch (Kader und Schulung), Hauptab- verfahren durchzuführen. teilung II (Spionageabwehr), Hauptabteilung IX (Untersu- chungsorgan), Abteilung Finanzen, Hauptabteilung PS 3 Archivbestände (Personenschutz), Wachregiment, VRD (Verwaltung Rückwärtige Dienste), Hauptabteilung XVIII (Sicherung 3.1 Arbeitsschwerpunkte der Volkswirtschaft), Hauptabteilung XIX (Verkehr, Post, Nachrichten), Hauptabteilung I (Abwehrarbeit in der Na- Wesentliche Arbeitsschwerpunkte im Berichtszeitraum tionalen Volksarmee und den Grenztruppen), Hauptabtei- waren die archivische Erschließung für die Zwecke des lung VIII (Beobachtung, Ermittlung), Hauptabteilung Stasi-Unterlagen-Gesetzes (StUG), die vorbeugende Be- XXII (Terrorabwehr), Arbeitsgruppe XVII (Besucherbüro standserhaltung, die Nutzung weiterentwickelter Mög- West-Berlin), OTS (Operativ-technischer Sektor), Abtei- lichkeiten der Informationstechnik, die Bereitstellung von lung XI (Chiffrierwesen), Abteilung BCD (Bewaffnung, Erschließungsdaten im Internet für Recherchen zur poli- Chemischer Dienst) sowie VEB (Volkseigener Betrieb) tisch-historischen Aufarbeitung sowie die Rekonstruktion Spezialhochbau Berlin. zerrissener Stasi-Unterlagen. Insgesamt sind von 111 000 lfd. M. Schriftgut inzwischen Der Deutsche Bundestag hat mit dem StUG dem Bundes- 103 800 lfd. M. sachthematisch oder personenbezogen zu- beauftragten für die Stasi-Unterlagen (BStU) neben ande- gänglich. Knapp 94 Prozent dieser Unterlagen sind perso- ren Aufgaben aufgetragen, die Stasi-Unterlagen nach nenbezogen recherchierbar, 88 Prozent der Unterlagen aus archivischen Grundsätzen zu erschließen. Um die Unterla- den MfS-Diensteinheiten (Teilbestände) liegen sachbezo- gen für die vielfältigen Verwendungszwecke des StUG gen erschlossen vor. nutzen zu können, ist zumeist eine sehr intensive Erschlie- ßung notwendig. Archivische Erschließung umfasst die Sechs Außenstellen konnten die Erschließung der 1990 in Ordnung und Verzeichnung aller dauerhaft aufbewah- den Dienstzimmern der Stasi-Mitarbeiter aufgefundenen rungswürdigen Unterlagen. Nach Maßgabe des StUG ha- Überlieferungen der MfS-Bezirksverwaltungen weitestge- – 27 – hend abschließen und unterstützen seitdem andere Archiv- 3.4.3), allen voran aber das Pilotverfahren zur virtuellen bereiche des BStU bei der laufenden Erschließungsarbeit. Rekonstruktion zerrissener MfS-Unterlagen (siehe Ab- Gleichzeitig sind aber noch mehr als 15 000 Säcke und schnitt 3.6.2). Besonders letztgenanntes Großprojekt er- weitere (meist kleinere) Behältnisse (z. B. Kisten, Kar- fordert weiterhin den Einsatz von archivischem Fachper- tons) mit zerrissenen Unterlagen vorhanden, deren detail- sonal. lierte Sichtung und Zugänglichmachung weiter zu den Im Berichtszeitraum erarbeitete die Abteilung einen Text vordringlichen Aufgaben zählt. (siehe Anhang 4) für eine Grundsatzdiskussion im Beirat Neben der Erschließung umfasste die archivische Bearbei- des BStU zu den Perspektiven des Umgangs mit dem Ar- tung im Berichtszeitraum schließlich auch solche Unterla- chivgut des BStU (siehe Abschnitt 2.2). Dieses Papier un- gen, die nach den dafür beim BStU gültigen, besonders terstreicht, dass der BStU ein sogenanntes Ganzheitsar- eng gefassten Fachvorgaben als kassabel eingestuft wer- chiv beherbergt, in dem alle archivwürdigen Unterlagen den können, z. B. Leerformulare oder Blankovordrucke, des MfS aus seinen zentralen, regionalen und lokalen von denen bereits eine genügende Anzahl Musterexem- Zweigen ungeteilt konsultierbar sind. Es bleibt zu beach- plare durch den BStU gesichert wurde (siehe Zehnter ten, dass die verschiedenen Überlieferungsteile des MfS- Tätigkeitsbericht, S. 30). Dies betraf im Berichtszeit- Archivbestandes vertikal und horizontal stark ineinander raum insgesamt ca. 370 lfd. M. Schriftgut sowie knapp verwoben sind, weshalb die Struktur des MfS-Archivbe- 35 800 Datenträger für audiovisuelle Medien. Ein Teil standes auch nicht einfach mit den Überlieferungsverhält- dieser Unterlagen konnte im Wege der Dauerausleihe be- nissen aus anderen Bereichen des DDR-Staates bzw. sonders berechtigten Trägerinstitutionen der politisch-his- SED-Regimes gleichgesetzt werden kann. Für die lang- torischen Aufarbeitung verfügbar gemacht werden, insbe- fristigen Perspektiven der MfS-Überlieferung und ihre in- sondere zu musealen Anschauungszwecken. tegrale Nutzungsmöglichkeit ist deshalb die Frage von großer Bedeutung, ob der Archivbestand weiter ungeteilt Die Archivarinnen und Archivare waren im Berichtszeit- erhalten bleibt oder zertrennt werden soll. Eine Zertren- raum nicht nur mit Erschließungsaufgaben befasst, son- nung würde Grundfragen der archivischen Überliefe- dern teilweise auch an den mitunter sehr komplexen Sach- rungsbildung berühren, zudem würde dadurch die bislang recherchen zu Anträgen insbesondere aus den Bereichen gebotene Möglichkeit der Nutzung von Unterlagen im Forschung und Medien beteiligt. Gerade die Bearbeitung Zusammenhang nachhaltig verändert werden. Aus Sicht dieser sachthematischen Anfragen zu teils wissenschaftli- der Abteilung Archivbestände sollte die Einheit des Ar- chen Forschungs- oder medialen Recherchethemen gestal- chivbestandes weiter gewahrt bleiben. Über diese wich- tete sich besonders arbeitsintensiv. tige Zukunftsfrage fand im Beirat des BStU ein intensiver Einbezogen ist die Abteilung Archiv (AR) auch in die Austausch statt. Begleitung von Besuchergruppen im Archiv des BStU. Deren erfreulich hohe Zahl manifestiert das Interesse an 3.2 Erschließungsergebnisse Fragen der archivischen Überlieferung und ihrer fachge- 3.2.1 Zentrale Schriftgutüberlieferung rechten Bearbeitung, ist aber für Temperatur und Luft- des Ministeriums feuchtigkeit in den Magazinen nicht unproblematisch und insofern für die Bestandserhaltung eine Herausforderung. Der MfS-Archivbestand lässt sich hinsichtlich seiner Allein in der Zentralstelle fanden im Berichtszeitraum Merkmale und des Überlieferungszusammenhangs in beispielsweise 638 Archivführungen statt; dies entsprach zwei Schriftgutgruppen unterscheiden: Zum einen die im durchschnittlich mindestens einer Gruppenführung pro MfS-Zentralarchiv und in den korrespondierenden Teilar- Arbeitstag. chiven der MfS-Bezirksverwaltungen abgelegten Akten, zum anderen die bis 1989/90 kurrenten, d. h. in Umlauf Die hier nur in Umrissen skizzierte Aufgabenvielfalt be- befindlichen und benutzten Unterlagen der zentralen, re- reichert einerseits den Arbeitsalltag der Archivmitarbeiter, gionalen und lokalen MfS-Diensteinheiten. führt allerdings bei tendenziell weiter abnehmenden Per- sonalressourcen auch zu Engpässen und starker Arbeits- Erstere, die bereits vom MfS archivierten Unterlagen, verdichtung. Die Personalsituation im Archivbereich ist sind grundsätzlich über die Karteien des MfS personenbe- auch deshalb besonders angespannt, weil viele Archivarin- zogen recherchierbar. Sie wurden und werden für Nutzer nen und Archivare durch eine Mitarbeit in wichtigen Fach- von Stasi-Unterlagen regelmäßig bereitgestellt. projekten gebunden sind. Diese Projekte sind notwendig, Letztere, die 1989/90 in den Diensteinheiten zirkulieren- um die Kernaufgaben der archivischen Erschließung, Ver- den Unterlagen, wurden dagegen bei der Auflösung des wahrung und Nutzbarmachung auch in den nächsten Jah- MfS überwiegend nur lose aufgefunden und zunächst in ren effektiv, nach inhaltlichen Prioritäten und mit Blick auf Bündeln gesichert. Zumeist standen keinerlei Hilfsmittel die Interessen der Nutzer und die Notwendigkeiten einer zur Verfügung, mit denen die Ordnung und inhaltliche Er- sicheren und authentischen Langzeitsicherung fortführen fassung dieser Unterlagen oder der Zugang zu ihnen mög- zu können. In diesem Kontext stehen insbesondere das lich gewesen wäre. Diese Unterlagen waren darum von laufende Großprojekt „elektronisches Archiv“, das u. a. Anfang an vordringlicher Gegenstand der archivischen zur Ablösung des IT-Programms „Sachaktenerschlie- Erschließungsarbeiten. ßung“ (SAE) führen soll (siehe Abschnitt 3.3.2), ferner verschiedene Projekte zur analogen oder digitalen Lang- Von den Unterlagen der zentralen MfS-Diensteinheiten zeitsicherung und Konservierung (Abschnitte 3.2.3 und sind gut 18 000 lfd. M. von insgesamt 23 000 lfd. M. – 28 –

(78 Prozent) sach- und personenbezogen erschlossen. Die und Kriegsverbrechen), die Unterlagen wurden seitdem Ablagen des MfS-Zentralarchivs sind mit ihren etwa MfS-intern als „Dokumentensammlung der HA IX/11“ 20 000 lfd. M. personenbezogen recherchierbar, davon bezeichnet. Diese Diensteinheit war vorrangig für eine sind ca. 1 600 lfd. M. zudem sachthematisch verzeichnet. systematische Erfassung, Archivierung, politische Aus- wertung und Nutzbarmachung aller im Bereich des MfS 3.2.1.1 Ablagen des MfS-Zentralarchivs vorhandenen NS-Unterlagen zuständig. Die von der HA IX/11 in ihrer Dienstregistratur gebildeten Ablagen waren Das Zentralarchiv des MfS wurde von der Abteilung XII Bestandteil der nach 1990 unter der Bezeichnung „NS-Ar- des MfS verwaltet. Es umfasst überwiegend personenbe- chiv“ bekannt gewordenen Dokumentensammlung. Diese zogen geführte Akten, die nach ihrer Schließung vom Sammlung (ca. 7 000 lfd. M.) gelangte mit der Deutschen MfS als aufbewahrungswürdig eingestuft wurden. Das Einheit ins Bundesarchiv und wurde dort später aufgelöst. Zentralarchiv wurde vom MfS in neun Ablagen und zwei Die zugehörige Dienstregistratur der HA IX/11 im Um- sogenannte Speicher strukturiert. Das waren in numeri- fang von 740 lfd. M. erhielt der BStU 1994 zurück. Diese scher Reihung: 1 Operative Hauptablage, 2 Allgemeine Ablagen sind personenbezogen über MfS-Karteien Sachablage, 3 Personalaktenablage, 4 Akten der Staatsan- zugänglich. Wegen der hohen Nutzerinteressen und -er- waltschaften/Militärstaatsanwaltschaften, 5 Geheime Ab- wartungen wurde zudem eine sachbezogene Erschließung lage, 6 Akten der Verwaltung Aufklärung des Ministe- vorangetrieben. riums für Nationale Verteidigung, 7 Protokolle aus der elektronischen Datenverarbeitung (Ablage vor 1987 auf- Im Jahre 2011 wurde die Ablage der Arbeitsgruppe „Ak- gehoben, Nummer nicht wieder belegt), 8 Akten über tuelle Fragen“ erschlossen. Sie beinhaltet Ergebnisse der Fahnenflucht, 9 Akten der Arbeitsrichtung I der Krimi- Überwachung von Kandidaten und gewählten Abgeordne- nalpolizei, zudem die Speicher XII/01: Allgemeine Kri- ten der Bundestags- und Landtagswahlen von 1964 bis minalität und Speicher XII/02: Fahndungsunterlagen der 1972, aber auch von Führungskräften von Unternehmen Bundesrepublik Deutschland. und Wirtschaftsverbänden hinsichtlich ihres beruflichen, politischen und militärischen Werdegangs vor 1945. Im Die Ablagen und Speicher sind weitgehend über die Kar- Berichtszeitraum konnten Unterlagen der Aktenkategorie teien des MfS personenbezogen erschlossen und nutzbar. „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ abschließend so- Eine Ausnahme bildete die zunächst nur eingeschränkt wie Vorgänge der Aktenkategorie „Auskunftsersuchen“ benutzbare „Allgemeine Sachablage“. Sie wurde darum und der Aktenkategorie „Auskunftsberichte“ verzeichnet vom BStU vordringlich personen- und sachbezogen er- werden. Die Aktenkategorie „Verbrechen gegen die schlossen (Sechster Tätigkeitsbericht, S. 14), ein Find- Menschlichkeit“ beinhaltet überwiegend Vernehmungs- buch liegt gedruckt und auf der BStU-Homepage vor. Zu protokolle in russischer Sprache aus den frühen 50er-Jah- nennen ist weiter die „Geheime Ablage“: Diese enthält ren. Bei den „Auskunftsersuchen“ handelt es sich haupt- Akten über politische und militärische Straftaten, Gewalt- sächlich um Überprüfungen von Anfragen einzelner MfS- und Sexualverbrechen, Eigentumsdelikte, Wirtschaftsver- Diensteinheiten zur Aufklärung der NS-Vergangenheit brechen, Fälle von Amtsmissbrauch, Betrug oder Dieb- von DDR-Bürgern oder deren Angehörigen, oft in Verbin- stahl, in die hauptamtliche oder inoffizielle Mitarbeiter dung mit der Hauptverwaltung Aufklärung (HV A). Die des MfS oder andere Funktionsträger des SED-Staats ver- „Auskunftsberichte“ wiederum beinhalten größtenteils wickelt waren. Nach einer Grobsichtung mit Verifizie- Recherchen der HA IX/11 zu NS-Behörden, Einheiten der rung der erfassten Personendaten (siehe Zehnter Tätig- Wehrmacht, Waffen-SS oder Ordnungspolizei sowie zu keitsbericht, S. 32) wurde mit der sachthematischen Konzentrationslagern. Die überlieferten Ablagen der HA Verzeichnung der „Geheimen Ablage“ im Erschließungs- IX/11 sind gegenwärtig über den personenbezogenen Zu- programm SAE begonnen. Dabei sind die Ergebnisse der gang hinaus zu 90 Prozent sachthematisch recherchierbar. Grobsichtung eine wichtige Unterstützung. Sie werden bei externen Nutzeranfragen bis zum Abschluss der Ver- zeichnung in die Beauskunftung einbezogen. 3.2.1.2 Bis 1990 kurrentes Schriftgut der zentralen MfS-Diensteinheiten Für Teile der Akten des ehemaligen Zentralarchivs wird der personenbezogene Zugang auch künftig für die Auf- Die bis zur Auflösung des MfS kurrenten Unterlagen der arbeitung der Stasi-Tätigkeit wesentlich bleiben und hin- Diensteinheiten wurden 1990 überwiegend als gebündelt reichend sein. Dies dürfte vor allem auf die Ablage von überlieferte Stapel loser Blätter und Akten geborgen und Personalakten der MfS-Mitarbeiter zutreffen. Ein diffe- eingelagert. Diese Unterlagen wurden seit Bildung der renziertes Konzept für die Sacherschließung der einzel- Behörde wegen des generell fehlenden Zugangs vorran- nen Aktenkategorien in den Ablagen des MfS-Zentralar- gig erschlossen. Ausgewählte Erschließungsergebnisse chivs entsteht derzeit. Diese Arbeiten können erst aus dem Berichtszeitraum werden im Weiteren vorge- beginnen, wenn die Erschließung der bis 1989/90 kurren- stellt. ten Unterlagen der Diensteinheiten abgeschlossen ist. Die Erschließungsarbeiten am sehr umfangreichen Aus dem MfS-Zentralarchiv wurden 1968 vom MfS zu- MfS-Teilbestand Hauptabteilung II (Spionageabwehr) sammengetragene Unterlagen aus der Zeit des Dritten wurden fortgesetzt. Inzwischen sind 90 Prozent der mate- Reichs und zur Entnazifizierung ausgegliedert. Die wei- rialintakten Papierüberlieferung zugänglich (1 483 von tere Verwaltung und Auswertung übernahm die zuvor neu insgesamt 1 644 lfd. M.). Der Schwerpunkt der Erschlie- gebildete Hauptabteilung IX/11 (Aufklärung von Nazi- ßungsarbeiten lag im Bereich der Unterlagen der Auswer- – 29 – tungs- und Kontrollgruppe der Hauptabteilung II, die in spielsweise auch der Staatlichen Archivverwaltung, durch starker Verunordnung, häufig auch lose überliefert waren, das MfS. Die Unterlagen stammen hauptsächlich aus den wobei durch die Erschließung Spuren einer bewussten Jahren ab 1980, betreffen also vorwiegend das letzte Jahr- Chaotisierung aus der Phase der Auflösung des MfS zehnt in der Geschichte der DDR. Aktuell sind von die- sichtbar wurden. Vielfach waren die in den Schriftgut- sem Bestand noch mehr als 170 Säcke sowie weitere bündeln gesicherten Vorgänge so stark auseinandergeris- (kleinere) Behältnisse mit zerrissenem Schriftgut vorhan- sen, dass die inhaltliche Zusammenstellung der Akten den. Darüber hinaus gibt es Unterlagen, die lediglich ver- sehr zeitaufwändig war. Im Berichtszeitraum neu er- filmt überliefert sind; auch diese Aufzeichnungen werden schlossen wurden beispielsweise Unterlagen über die in die Erschließung einbezogen. Ausspähung der Tätigkeit des Bundesnachrichtendiens- tes, des Bundesamts und der Landesämter für Verfas- Im Berichtszeitraum wurden beispielsweise dienstliche sungsschutz sowie anderer westlicher Nachrichtendienste Bestimmungen des MfS, Stellenpläne oder sogenannte durch das MfS. Darüber hinaus zeigen viele der erschlos- Sofortmeldungen zu gescheiterten und vollendeten „Re- senen Dokumente den gesamten Querschnitt der Aufga- publikfluchten“ erschlossen. Des Weiteren wurden u. a. benstellung dieser Diensteinheit und ergänzen nicht sel- Unterlagen über operative Personenkontrollen erschlos- ten inhaltlich solche Materialien, die bereits in früheren sen, die die Überwachung von Strafgefangenen, aber Berichtszeiträumen archivisch bearbeitet wurden. Einen auch von Angehörigen des MdI sowie der Deutschen weiteren Schwerpunkt bildete die Fortsetzung der Er- Volkspolizei betrafen. Zudem wurden Unterlagen über schließung von Arbeitskarteien, die von Angehörigen der ehemalige Mitarbeiter des Zentralen Aufnahmeheims für Hauptabteilung II unter sachlichen Gesichtspunkten an- Rückkehrer in die DDR und Zuziehende in Röntgental gelegt worden waren. Diese Karteien bieten interessante bei Berlin aufgefunden. Einblicke in die Arbeitsweise des MfS. Die zuständigen Die Erschließung des Teilbestandes Hauptabteilung IX Archivare wirkten im Berichtszeitraum außerdem an der (Untersuchungsorgan) erreichte im Berichtszeitraum Feinsichtung der zerrissenen Unterlagen mit, die aus der 98 Prozent (654 lfd. M.). Der Teilbestand umfasst Hauptabteilung II überliefert sind (siehe Abschnitt 3.6). 664 lfd. M. Die Arbeiten an einem Online-Findmittel Aktuell sind noch über 900 Säcke sowie weitere (klei- wurden aufgenommen. Die HA IX war zuständig für die nere) Behältnisse vorhanden, die mit zerrissenen Unterla- strafrechtliche Verfolgung von sogenannten Staatsverbre- gen gefüllt sind. Inhaltlich verteilen sich die zerrissenen chen, darunter Fluchten und oppositionelle Handlungen, Dokumente über nahezu alle Bereiche der Hauptabteilung sowie für die „Vorkommnisuntersuchung“ in der Volks- II. Die Wiederherstellung und Zugänglichmachung auch wirtschaft, u. a. Brände, Havarien, größere Unfälle. Diese dieser Unterlagen nach inhaltlichen Prioritäten bleibt eine Diensteinheit hatte also kriminalpolizeiliche Befugnisse. wichtige Herausforderung für die nächsten Jahre. Mit dem Abschluss der Erschließungsarbeiten ist es nun möglich, Umfang und Schwerpunkt der Ermittlungstätig- Im Berichtszeitraum wurde der 588 lfd. M. umfassende keit des MfS systematisch zu erforschen. Teilbestand Hauptabteilung III (Funkaufklärung, Funk- abwehr) abschließend verzeichnet. Die 1983 aus Vorläu- Die Bearbeitung der 137 lfd. M. Unterlagen aus der für fereinrichtungen neu strukturierte HA III war für die Untersuchungshaft und Strafvollzug im MfS zuständigen Funkaufklärung, die Funkabwehr sowie den „elektroni- Abteilung XIV wurde abgeschlossen. Das Gros des Teil- schen Kampf“ zuständig. Einen Schwerpunkt der Über- bestandes stellen Gefangenenunterlagen des MfS, die lieferung bilden die Unterlagen aus der Überwachung des 1994 von der Berliner Senatsverwaltung für Justiz akzes- vom Territorium der DDR abhörbaren draht- und richt- sioniert wurden, und Gesundheitsunterlagen der Haftkran- funkgestützten Fernmeldeverkehrs in der Bundesrepublik kenhäuser des MfS dar. Weitere Teile der Überlieferung Deutschland einschließlich West-. Hervorhebens- der Abteilung XIV spiegeln die Aufgabenstellung der Ab- wert sind weiter die eigene Forschungs- und Entwick- teilung wider. So gibt es Unterlagen zum Dienstablauf bei lungsabteilung sowie die umfangreiche fachbezogene Zu- der Sicherung und Kontrolle der Untersuchungshaftanstal- sammenarbeit mit entsprechenden Einrichtungen der ten. Diese beinhalten Dienstpläne, Schulungsunterlagen Geheimpolizeien anderer kommunistischer Staaten. Diese und solche zur Versorgung bzw. zur Instandhaltung und reichte vom gegenseitigen Informationsaustausch über zum Ausbau von Untersuchungshaftanstalten. Einen ande- die genau abgestimmte, arbeitsteilige Entwicklung spe- ren Schwerpunkt bilden Dokumente zur Bearbeitung und zieller Funktechnik bis hin zum Aufbau der Funkaufklä- Sicherung der Strafgefangenenarbeitskommandos. Doku- rungs- und -abwehrdienste beteiligter Staaten und der mentiert sind auch die Sicherung der Überführung bzw. Ausbildung des dortigen Fachpersonals. Rückführung von Gefangenen aus bzw. in das sozialisti- sche Ausland sowie die Zusammenarbeit mit den Abtei- Die Verzeichnungsarbeiten am Teilbestand Hauptabtei- lungen XIV der Bezirksverwaltungen des MfS. Zu den lung VII (Abwehrarbeit Ministerium des Innern/Deut- verzeichneten Akteneinheiten wird ein Online-Findmittel sche Volkspolizei) konnten im Berichtszeitraum für den vorbereitet. materialintakten Papierbestand beendet werden. Der Um- fang der dadurch zugänglich gewordenen Überlieferung Bezüglich der Arbeitsgruppe XVII, die zusammen mit beläuft sich auf nunmehr 440 lfd. M. Die Überlieferung dem West-Berliner Senat die Büros für Besucher- und zeigt die Überwachung und Beeinflussung des Ministe- Reiseverkehr unterhielt, konzentrierte sich die Erschlie- riums des Innern (MdI) und seiner nachgeordneten Berei- ßung im Berichtszeitraum auf die Verwaltung der Büros che, insbesondere der Deutschen Volkspolizei, aber bei- und die Tätigkeit der Mitarbeiter. Abgeschlossen werden – 30 – konnten die Rubriken Personal, Verwaltung und Dienst- im Berichtszeitraum abgeschlossen werden; der Umfang organisation, Parteiunterlagen, Aufzeichnungsbücher und des Schriftgutes beträgt ca. 47 lfd. M. Schulungsmaterialien. Des Weiteren wurden mehrere Karteien zu den Besuchern aufbereitet. Von den Die Erschließungsarbeiten am Schriftgut der Zentralen 194 lfd. M. Unterlagen sind gegenwärtig 176 lfd. M. Auswertungs- und Informationsgruppe (ZAIG) wur- (91 Prozent) erschlossen. den im Berichtszeitraum fortgesetzt. Die Verzeichnung konzentrierte sich weiter auf Unterlagen der im ZAIG- Über seine Hauptabteilung XVIII (Sicherung der Volks- Bereich 1 (Auswertung, Information) angesiedelten Ar- wirtschaft) verschaffte das MfS seinem Überwachungs- beitsgruppe 5 (Dokumentation), insbesondere auf die da- anspruch in den Bereichen Wirtschaft und Technik Gel- rin befindliche, zum Teil ältere Überlieferung der 1985 tung. Im Berichtszeitraum konnte die Verzeichnung der aufgelösten Abteilung Agitation, das sogenannte Presse- Unterstruktur Abteilung 5 (Wissenschaft und Technik) archiv. Wie im vorhergehenden Berichtszeitraum folgten abgeschlossen werden; begonnen werden konnte die Be- die Erschließungsarbeiten Prioritäten, die mit der Abtei- arbeitung der Unterstruktur Abteilung 6 (Landwirtschaft, lung BF des BStU abgestimmt waren, um die dortigen Umweltschutz, Handel und Versorgung). Fortgesetzt wird Arbeiten zur schrittweisen Edition der geheimen ZAIG- die Verzeichnung der Unterlagen der Auswertungs- und Berichte an die Partei- und Staatsführung zu unterstützen Kontrollgruppe sowie der Abteilung 13 (Chemische In- (siehe Abschnitt 5.3.1.4). Die erschlossene Überlieferung dustrie). Von insgesamt 748 lfd. M. sind derzeit 436 lfd. des Pressearchivs umfasst neben Presseausschnitten auch M. (58 Prozent) erschlossen. Schriftgut zu verschiedenen Tätigkeiten und Interessens- gebieten des MfS, darunter Informationen über westliche Für den Teilbestand Hauptabteilung XX (Staatsapparat, Nachrichtendienste, Maßnahmen zur psychologischen Kultur, Kirchen, Untergrund) konnten die Verzeichnungs- Kriegsführung oder NS- und Kriegsverbrechen. Daneben arbeiten an der materialintakten Papierüberlieferung im wurden weitere operative Materialien erschlossen, die Berichtszeitraum abgeschlossen werden. Der Umfang der hauptsächlich Vorgänge aus den 60er-Jahren dokumentie- insgesamt zugänglich gewordenen Überlieferung beläuft ren, darunter etwa ein Konvolut Schriftgut und Fotos, das sich auf nunmehr 1 220 lfd. M. Ergänzend werden fort- den Zeitraum nach der Niederschlagung des Prager Früh- laufend noch manuell rekonstruierte Schriftgutanteile ar- lings 1968 unter der MfS-Bezeichnung „Aktion Gene- chivisch bearbeitet und in den Teilbestand aufgenommen. sung“ behandelt. Weitere erschlossene Unterlagen waren Der Umfang des Teilbestandes wird sich dadurch weiter übersetzte Situationsberichte der tschechoslowakischen erhöhen. Aktuell sind noch gut 850 Säcke sowie weitere Geheimpolizei über Aktivitäten, Stimmungen und Mei- (kleinere) Behältnisse mit zerrissenen Unterlagen der nungen in verschiedenen Bereichen der Gesellschaft, Ge- Hauptabteilung XX vorhanden. Bei den bisher daraus re- spräche inoffizieller Mitarbeiter (IM) der HV A mit Bür- konstruierten Blättern handelt es sich u. a. um Unterlagen gern und führenden Persönlichkeiten in der ČSSR oder der Arbeitsgruppe des Leiters der Hauptabteilung XX, Denkschriften und Flugblätter von Oppositionellen und zum Beispiel über die militärische Ausbildung von Mitar- Dissidenten. Auch die Weisung Erich Mielkes, alle Fotos beitern dieser Diensteinheit. Einen weiteren Schwerpunkt mit Bezug zum Einmarsch der Truppen des Warschauer bildete die Verzeichnung von Schriftgut der Abteilung Pakts in die ČSSR zu sammeln, fand sich unter den neu XX/4 über die Ausspähung und Bekämpfung von Kir- erschlossenen Unterlagen. Parallel wurden Unterlagen chen und Religionsgemeinschaften; hier fanden sich bei- aus dem ZAIG-Bereich 3 (Elektronische Datenverarbei- spielsweise weitere Sachunterlagen mit Bezug auf die tung) verzeichnet, die wichtige Aspekte des EDV-Einsat- „Zeugen Jehovas“. Des Weiteren wurde Schriftgut der zes im MfS beleuchten. Der Teilbestand ZAIG gehört zu Abteilung XX/5 (Westarbeit) verzeichnet, darunter Doku- den sehr großen Hinterlassenschaften des MfS. Der Um- mentationen über Bürgerrechtsorganisationen wie die fang der materialintakten Papierüberlieferung beläuft sich Vereinigung der Opfer des Stalinismus e. V. oder Unterla- auf 1 429 lfd. M., hiervon konnten bislang 1 014 lfd. M. gen über Fluchtversuche mit Fluggeräten an der inner- (71 Prozent) erschlossen werden. deutschen Grenze. Die sehr umfangreiche Überlieferung des Teilbestandes Hauptabteilung XX gehört zu den wichtigen dokumentarischen Zeugnissen über die innere 3.2.2 Schriftgutüberlieferung der MfS- Repression in der DDR. Die Unterlagen wurden auch im Bezirksverwaltungen und Berichtszeitraum intensiv für Zwecke der Forschung, der -Kreisdienststellen historisch-politischen Bildung und der privaten Aktenein- sicht nachgefragt. Die im Folgenden dargestellten Erschließungsergebnisse für die Schriftgutüberlieferung aus den Bezirksverwaltun- Die Abteilung 26 (Telefonüberwachung) war eine reine gen (BV) und Kreisdienststellen (KD) des MfS sind zur Dienstleistungsabteilung. Auf Antrag operativ arbeitender leichteren Orientierung nach den heutigen Bundesländern Bereiche führte sie Abhörmaßnahmen durch, was eine in- geordnet. Die Unterlagen sind jedoch nicht durchgängig tensive Zusammenarbeit mit der Deutschen Post erfor- nach heutigen Gesichtspunkten einer länder- bzw. regio- derte. Die entstandenen Abhörprotokolle übersandte die nalspezifischen Strukturierung entstanden, sondern bilden Abteilung 26 an die Auftraggeber, die diese in die entspre- zusammen mit der Überlieferung aus der MfS-Zentrale chenden Vorgänge übernahmen. Zudem realisierte die Ab- einen integralen Archivbestand. Die Überlieferung des teilung akustische, optische und elektronische Raumüber- MfS wird deshalb in ihrer Gesamtheit vom BStU nach wachungen. Die Erschließung des Teilbestandes konnte einheitlichen Grundsätzen verwahrt und erschlossen. – 31 –

3.2.2.1 Land Berlin kerung auf bestimmte Ereignisse und über Geschehnisse an der Berliner Mauer. Darüber hinaus wurde die SED- Bezirksverwaltung Berlin Leitung regelmäßig über die Versorgungslage mit Kon- Um die Bearbeitung des Bestandes der Bezirksverwaltung sumgütern und Lebensmitteln, über Umweltschädigun- (BV) Berlin zeitnah abschließen zu können, wurden zum gen durch Industrieanlagen, über Diebstähle, Schiebe- einen die bereits bestehende Kooperation mit der Außen- reien oder Korruption in der Volkswirtschaft informiert. stelle Schwerin fortgesetzt und zum anderen Mitarbeiter Einige regionale Besonderheiten sind die Berichte über des Archivbereichs der Zentralstelle, die für die Erschlie- die Schwierigkeiten beim Bau des Berliner Fernsehturms ßung des Bestandes BV Potsdam zuständig sind, zur Un- und der Stadtbezirke und Hellersdorf sowie die terstützung herangezogen. Derzeit sind von den Unterla- Informationen über die Wohngemeinschaft „Kommune gen der Diensteinheiten 1 059 lfd. M von 1 162 lfd. M. I-Ost“. erschlossen (91 Prozent). Die Verzeichnung des Teilbestandes Abteilung XX konnte 3.2.2.2 Land Brandenburg abgeschlossen werden. Die Unterlagen dokumentieren Bezirksverwaltung Cottbus hauptsächlich die Arbeit des Staatssicherheitsdienstes auf dem Gebiet der Überwachung und Absicherung des Das Schriftgut der Diensteinheiten und Kreisdienststellen Staatsapparates, des Gesundheitswesens, des Sports und der BV (Bezirksverwaltung) Cottbus ist nahezu vollstän- der Universitäten sowie der Abwehr oppositioneller Be- dig erschlossen (1 527 lfd. M. von 1 532 lfd. M.; das ent- strebungen in Ost-Berlin. Speziell zur Evangelischen Kir- spricht 99,7 Prozent). Erschlossen und nutzbar gemacht che und den unter ihrem Dach agierenden Umwelt- und wurden auch manuell rekonstruierte Unterlagen aus den Friedensgruppen, zu Künstlern und Kulturschaffenden so- Kreisdienststellen Senftenberg und Lübben, den Abteilun- wie zu den Anhängern subkultureller Jugendgruppen fin- gen II (Spionageabwehr), VII (Inneres/Deutsche Volkspo- den sich politische Einschätzungen und Rechtsgutachten lizei), M (Postkontrolle), XX (Staatsapparat, Kultur, Kir- von MfS-Juristen sowie ausführliche Berichte, die in re- chen, Untergrund) und der Abteilung OT (Operative gelmäßigen Abständen die Entwicklung der kontrollierten Technik). Personengruppen widerspiegeln. Die überlieferten Jahres- arbeitspläne ermöglichen in komprimierter Form Einbli- Dabei handelte es sich überwiegend um personenbezo- cke in die Tätigkeit der Abteilung. Daneben sind Berichte gene Unterlagen, darunter über 100 Personenakten aus und Bilddokumentationen zu Aktionen der Oppositions- der Kreisdienststelle Lübben. Die Akten wurden nach der gruppen wie Friedensgebete, Demonstrationen gegen die Rekonstruktion personenbezogen erfasst und den Bestän- Militarisierung der Gesellschaft und für den Schutz der den beigefügt. Sie stehen zur Nutzung zur Verfügung. Sie Umwelt überliefert. enthalten u. a. Unterlagen, die die geheimpolizeiliche Überwachung der Städtepartnerschaft zwischen Lübben Im Berichtszeitraum wurden die Unterlagen der Be- und Neunkirchen im sowie aller Beteiligten bei- zirkskoordinierungsgruppe (BKG) der BV Berlin ab- der Städte dokumentieren. schließend bearbeitet. Die BKG war verantwortlich für die Ost-Berliner Antragsteller auf ständige Ausreise und be- Für die Forschung könnten zudem rekonstruierte Unterla- teiligt an Genehmigungen oder Ablehnungen. Des Weite- gen aus der Abteilung XX der BV Cottbus von Interesse ren beteiligte sie sich an der Aufklärung bzw. Verhinde- sein. Es handelt sich um Unterlagen zum Sportclub Cott- rung von „Republikfluchten“ im Berliner Territorium. Im bus. Die Akten beinhalten vor allem Themen wie die Ar- Aktenbestand finden sich neben dienstlichen Bestimmun- beit von inoffiziellen Mitarbeitern zur Beobachtung von gen Unterlagen über Mitglieder von Fluchthilfeorganisa- Sportreisekadern, Trainern, Ärzten und Mitarbeitern der tionen und deren Umfeld. Außerdem umfasst der Bestand Sportmedizinischen Hauptberatungsstelle Cottbus sowie Ermittlungen zu Ausreisewilligen und sogenannten Reise- Hinweise zur Anwendung „unterstützender Mittel“ (Do- kadern. ping). Diesen Unterlagen zugehörige Personenkarteien des MfS wurden dem Arbeitsbereich Kartei zur Beaus- Die Bearbeitung der Teilbestände Abteilung Nachrichten, kunftung übergeben. Abteilung Operative Technik, Abteilung Rückwärtige Dienste und Leitung Parteiorganisation konnte in Koope- ration mit der Außenstelle Schwerin abgeschlossen wer- Bezirksverwaltung Frankfurt (Oder) den. Das Schriftgut der Diensteinheiten der BV Frankfurt Bearbeitet wurde außerdem der Teilbestand der Auswer- (Oder) ist mit 1 369 lfd. M. von 1 385 lfd. M. zu 99 Pro- tungs- und Kontrollgruppe (AKG), in dessen Unterkate- zent erschlossen. Beispielhaft sei hier der Teilbestand Ab- gorie die Ablage der „Parteiinformationen“ überliefert ist. teilung VII (Inneres/Deutsche Volkspolizei) genannt. Da- Sie untergliedert sich in die Informationen der BV Berlin rin wurden Teile einer Kartei zu Personen, die für die an die Bezirksleitung der SED sowie in die Informationen Polizei, vor allem für deren Arbeitsgebiet 1 (K1), erfasst der Kreisdienststellen an die SED-Kreisleitungen der waren, rekonstruiert. Darüber hinaus konnten Akten, die Berliner Stadtbezirke. Die Überlieferung beginnt 1961 mit der Kartei in Verbindung stehen, erschlossen werden. und endet 1989. Inhaltliche Schwerpunkte bilden detail- Es handelt sich dabei u. a. um Akten inoffizieller Mitar- lierte Berichte über die Lage in den einzelnen Stadtbezir- beiter (IM) der Kriminalpolizei und um allgemeine Kri- ken, zu Stimmungen und Reaktionen der Berliner Bevöl- minalakten. – 32 –

Aus zerrissenen Unterlagen der Abteilung XX der BV konnten im Ergebnis einer Archivführung für Mitarbeiter Frankfurt (Oder) wurden Dokumente zu einem hochran- eines Diakoniewerkes bei Schwerin im November 2010 gigen IM rekonstruiert. Dieser war zur Beobachtung und Bauunterlagen des Bauhofs der Abteilung Rückwärtige Aufklärung der Kirchenszene in Ost- und West-Berlin so- Dienste der BV Schwerin übernommen werden. Die ers- wie später in Schweden eingesetzt. Unter anderem fer- ten Lieferungen der Unterlagen wurden in den Bestand tigte er Berichte zu geplanten „Republikfluchten“ von eingefügt und erschlossen. Der Umfang des Bestandes Mitstudenten, die daraufhin verhaftet und zu mehrjähri- beträgt aktuell 917 lfd. M. Die übernommenen Unterla- gen Haftstrafen verurteilt wurden. Bis zum Zeitpunkt der gen betreffen vor allem Objekte auf dem Gelände der Rekonstruktion dieser Unterlagen war die Entschlüsse- ehemaligen Bezirksverwaltung in Rampe (siehe Ab- lung seines Decknamens nicht möglich gewesen. Aus schnitt 3.5), Dienstobjekte der Kreisdienststellen, u. a. der dem gleichen Bestand stammen auch etliche zusammen- KD Parchim, sowie den Bau bzw. Umbau des Ferienob- gesetzte Unterlagen zum Bernauer Friedenskreis und aus jektes der BV Schwerin in Timmendorf auf der Insel der Ablage des Stellvertreters der Abteilung XX, darunter Poel. Struktur- und Statistikunterlagen. Insbesondere aber unterstützt die Außenstelle Schwerin die Erschließung des Bestandes der BV Berlin und der Bezirksverwaltung Potsdam Unterlagen der Hauptabteilung XIX (Verkehr, Post und Die Unterlagen der Bezirksverwaltung Potsdam werden Nachrichtenwesen). seit 2009 als eigener Bestand im Archiv der Zentralstelle verwahrt und erschlossen. Die Verzeichnungsarbeiten 3.2.2.4 Freistaat Sachsen sind für 2 553 lfd. M. von 2 568 lfd. M. Schriftgut der Diensteinheiten fertiggestellt (99 Prozent). Im Berichts- Bezirksverwaltung Dresden zeitraum war der Fokus auf die Ordnung und Verzeich- Im Berichtszeitraum wurden u. a. die Teilbestände Abtei- nung von Sachkarteien verschiedener Diensteinheiten ge- lung VI (Passkontrolle, Tourismus, Interhotel), Abtei- richtet. lung XII (Auskunft, Speicher) sowie der Kreisdienststel- Unter anderem wurde eine Vorauswahlkartei zu den 1989 len Pirna und Bautzen vorläufig abgeschlossen und die aktiven inoffiziellen Mitarbeitern der operativen Abtei- Teilbestände der Abteilung 26 (Telefonüberwachung) und lungen und Kreisdienststellen der Bezirksverwaltung der Kreisdienststelle Bischofswerda (als letzte der KD) Potsdam geordnet und erschlossen. Die umfangreiche bearbeitet. Der Erschließungsstand liegt mit 4 437 lfd. M. Kerblochkartei ermöglichte die analytische Aufbereitung von 4 869 lfd. M. bei 91 Prozent. Die Außenstelle Frank- von Informationen sowie die Suche und Auswahl inoffi- furt (Oder) unterstützt bei der Erschließung der Teilbe- zieller Mitarbeiter für konkrete Aufgaben; sie kann nun- stände Abteilung OT (Operative Technik) sowie Wach- mehr für Zwecke der Aufarbeitung genutzt werden. und Sicherungseinheit. Die überlieferten Unterlagen der Abteilung VI stammen 3.2.2.3 Land Mecklenburg-Vorpommern zu etwa 60 Prozent aus den 80er-Jahren und zu ca. 40 Pro- Bezirksverwaltung Neubrandenburg zent aus den 50er- bis 70er-Jahren. Thematische Schwer- punkte sind darin vor allem die Überwachung der an den Die 930 lfd. M. Unterlagen der Diensteinheiten und Hotelneubauten „Dresdner Hof“ und „Bellevue“ eingesetz- Kreisdienststellen der Bezirksverwaltung Neubranden- ten ausländischen Arbeitskräfte, der Einsatz von inoffiziel- burg sind seit November 2010 vollständig erschlossen. len Mitarbeitern im Arbeits-, Freizeit- und Wohnbereich Die Erschließungsergebnisse werden mit Hilfe von Ak- der Ausländer sowie operativ-technische Sicherungsmaß- tenverzeichnissen auf den Internetseiten des BStU veröf- nahmen in den genannten Hotels, u. a. mittels einer Fern- fentlicht. beobachtungsanlage mit 14 Fernsehkameras und dem Seit April 2010 unterstützt die Außenstelle Neubranden- Einbau operativer Technik der Abteilung 26 für die Maß- burg die Erschließung der Teilbestände der Bezirksver- nahmen „B“ (Raumüberwachung mittels Mikrofon) und waltung Halle. „D“ (optische und elektronische Beobachtung von Perso- nen). Enthalten sind zudem Schulungsmaterial der Haupt- Bezirksverwaltung Rostock abteilung VI über die Echtheitsprüfung von Personal- und Grenzübertrittsdokumenten, Berichte über das Landesins- Die Erschließung der 1 054 lfd. M. Unterlagen der titut für Erziehung und Unterricht Stuttgart in einer soge- Diensteinheiten und Kreisdienststellen der Bezirksver- nannten Feindobjektakte sowie Unterlagen über die Über- waltung Rostock des MfS wurde bereits im Jahre 2009 wachung des Oberbürgermeisters der Stadt und beendet. Eine Kernaufgabe der Außenstelle Rostock des von Delegationsteilnehmern im Rahmen der Städtepart- BStU im Berichtszeitraum war und ist die Unterstützung nerschaft Dresden – Hamburg. der Erschließung der Überlieferung der BV . Aus der Überlieferung der KD Pirna sind hervorhebens- wert eine Chronik der Kreisdienststelle, Planungen zur Bezirksverwaltung Schwerin Interniertensammelstelle in Reinhardtsdorf und zum In- Die Unterlagen der Diensteinheiten der BV Schwerin und ternierungslager in Papstdorf und Dokumente über Um- aller Kreisdienststellen wurden in der Außenstelle weltbelastungen im Kreis Pirna. Bemerkenswert sind Schwerin bereits vollständig erschlossen. Zusätzlich zudem Unterlagen über die Überwachung von Faschings- – 33 – veranstaltungen in Bad Schandau, Postelwitz, Schmilka Zurückdrängung von Antragstellern auf Übersiedlung, und Krippen, über die politisch-operative Absicherung der Aufklärung bzw. Verhinderung von „Republikfluch- des VEB Feinpapierwerk Königstein, damals zuständig ten“ sowie der Aufklärung von Fluchthelfer- und Men- für Wert- und Dokumentenpapierherstellung, sowie über schenrechtsorganisationen in West-Berlin und in der Bun- die Patenschaftsbeziehung zwischen der KD und der desrepublik Deutschland durch Einsatz inoffizieller Polytechnischen Oberschule „Dr. Richard Sorge“ Pirna- Mitarbeiter. Sie verweisen aber auch auf die Koordinie- Sonnenstein. rungsfunktion der BKG bei der Abstimmung von Arbeits- prozessen mit den Diensteinheiten der BV Leipzig und Bezirksverwaltung Karl-Marx-Stadt (Chemnitz) den Dienststellen des Ministeriums des Innern. Die Un- terlagen der BKG haben aktuellen Forschungsbezug. So Die Erschließung des 1990 aus den Büros der MfS-Mitar- enthält u. a. eine Verzeichnungseinheit einen Hinweis auf beiter geborgenen Schriftguts der Diensteinheiten der Be- die Fertigung von Möbeln durch politische Häftlinge im zirksverwaltung (BV) Karl-Marx-Stadt im Umfang von Auftrag der schwedischen Möbelhauskette IKEA. 3 263 lfd. M. wurde bereits 2010 abgeschlossen. Die Fo- tosammlung aus der BV Karl-Marx-Stadt wurde bis Sep- Wie schon beim Teilbestand KD Leipzig-Stadt wird seit tember 2011 vollständig verzeichnet. Mai 2010 der Teilbestand KD Leipzig-Land unter dem Gesichtpunkt der regionalen Bezüge der Tätigkeit der Mit der Überlieferung des früheren Archivs der BV ver- Staatssicherheit sachthematisch erschlossen. Inhaltlich fügt der BStU mit den Akten der Objektverwaltung „Wis- hervorzuheben sind u. a. die intensive Aufklärung der mut“ über einmalige Quellen zur Geschichte des ostdeut- Kirchengemeinden in den 50er- und 60er-Jahren und ein- schen Uranbergbaus. Im Rahmen eines Pilotprojektes zelner Betriebe, wie der Zentralstelle für Anwendungs- wurde mit der Sacherschließung dieser Unterlagen aus forschung Cunnersdorf, sowie die Durchdringung der den Jahren 1952 und 1953 begonnen. Bisher konnten we- Schulen des Landkreises mit inoffiziellen Mitarbeitern. sentliche Erkenntnisse zur Organisationsstruktur, zur räumlichen Ausdehnung und zur Arbeitsweise der Ob- Mit der Erschließung der Unterlagen der KD Altenburg jektverwaltung Wismut und der Sowjetisch-Deutschen wurde begonnen. Der Teilbestand enthält Quellen über Aktiengesellschaft (SDAG) Wismut gewonnen werden. volkswirtschaftlich bedeutsame Betriebe, so u. a. den Das strikte Sicherheitsregime spiegelt sich in den zahlrei- VEB Nähmaschinenfabrik Altenburg, den VEB Altenbur- chen dokumentierten Festnahmen, Ermittlungen wegen ger Spielkartenfabrik und den VEB Maschinenfabrik „Boykotthetze“ und den sehr hohen Haftstrafen wider. „John Schehr“, und beinhaltet zu einem großen Teil Per- Aus den Ermittlungsakten lassen sich umfangreiche sonenüberprüfungen zu Reisekadern und zum militäri- Rückschlüsse auf die Lebensweise in den frühen Nach- schen Berufsnachwuchs. Meldungen und Informationen kriegsjahren, über die sozialen Strukturen der Arbeiter in zu Munitionsfunden, Verlust von Giftgasen, einem in ei- der Wismut AG, zum Umgang mit dem radioaktiven Uran ner alten Sandgrube in Fockendorf vermuteten Waffenla- und zur Zusammenarbeit zwischen den deutschen und ger aus dem Zweiten Weltkrieg und einem angeblichen sowjetischen Behörden ziehen. In den Unterlagen sind Goldschatz in Crimmitschau oder auch zu Wasserversor- neben vielen interessanten Einzelschicksalen auch Ereig- gungsproblemen finden sich ebenso. nisse um den 17. Juni 1953 dokumentiert. Seit März 2010 wird die Außenstelle Leipzig von der Au- Im Berichtszeitraum hat die Außenstelle Chemnitz die ßenstelle Rostock bei der Erschließung der Unterlagen Außenstelle Suhl bei der Erschließung der Unterlagen der unterstützt. Bezirksverwaltung Suhl weiterhin unterstützt. 3.2.2.5 Land Sachsen-Anhalt Bezirksverwaltung Leipzig Bezirksverwaltung Halle Die Erschließung der Unterlagen der Diensteinheiten der Das Schriftgut der Diensteinheiten der Bezirksverwaltung BV Leipzig und der Kreisdienststellen liegt mit (BV) Halle ist mit 4 161 lfd. M. von 4 382 lfd. M. zu 2 879 lfd. M. von 3 524 lfd. M. bei 82 Prozent. Der Teil- 95 Prozent erschlossen. Im Berichtszeitraum konnten vor bestand AKG (Auswertungs- und Kontrollgruppe) bietet allem Teilbestände der Kreisdienststellen (KD) abschlie- einen guten Überblick zum Kenntnisstand der BV Leip- ßend bearbeitet werden. Beispielhaft genannt sei die Über- zig über die „subversive Tätigkeit“ von kirchlichen Basis- lieferung der KD Dessau mit Quellen zum Militärobjekt gruppen und oppositionellen Gruppierungen, da in dieser der Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland Diensteinheit Berichte aller Abteilungen und Kreisdienst- (GSSD) in Dessau-Kochstedt, zur Sicherung ausländi- stellen gesammelt und zu Informationen gebündelt wur- scher Arbeitskräfte, zur Städtepartnerschaft zwischen Des- den. Bedeutung besitzt dieser Teilbestand zudem wegen sau und Ludwigshafen, über Veranstaltungen und ausländi- der Überlieferungslücken im Schriftgut der eigentlich für sche Besucher des Bauhauses Dessau, zu jugendlichen den Themenkreis zuständigen Abteilung XX (Staatsappa- Gruppierungen sowie zum Volkspolizeikreisamt Dessau. rat, Kultur, Kirchen, Untergrund). Besondere Schwerpunkte bildeten die Überwachung von Die nahezu vollständig überlieferten Jahresarbeitspläne Forschungs- und Investitionsvorhaben einzelner Betriebe und -analysen seit Gründung der BKG (Bezirkskoordinie- und Einrichtungen, vor allem des VEB Magnetbandfabrik rungsgruppe) im November 1975 belegen in verdichteter Dessau, des VEB Zementanlagenbau Dessau und des VEB Form Ergebnisse und Probleme der „Bearbeitung“ und Impfstoffwerk Dessau-Tornau sowie die Aufklärung – 34 – kirchlicher Aktivitäten und Demonstrationen in der Zeit Die überlieferten Unterlagen aus der Abteilung III (Funk- der Friedlichen Revolution 1989/90. aufklärung, Funkabwehr) dokumentieren das Abhören grenzüberschreitender Funknetze und Kabelverbindun- Der Teilbestand KD Gräfenhainichen beinhaltet Unterla- gen des deutsch-deutschen Nachrichtenverkehrs. Dazu gen zur Sicherung der Wirtschaft des Kreises Gräfen- gehörten die Überwachung westlicher Geheimdienste so- hainichen. Erschlossen wurden u. a. Dokumente der wie die Überwachung des Amateurfunks in beiden deut- Kraftwerke Zschornewitz und Vockerode, der Braunkoh- schen Staaten. Auch unter Kontrolle stehende Personen, letagebaue, des VEB Chemiewerk Kapen, des VEG Ge- Gruppen und Objekte im „Operationsgebiet“, insbeson- wächshausanlage Vockerode, des VEB Elektroschmelze dere im Raum Niedersachsen, wurden abgehört. Eingang Zschornewitz, des VEB Zentralwerkstatt Gräfenhaini- fanden die Daten u. a. in entsprechende Protokolle der chen und des VEB Holzwerk Oranienbaum. Die Überwa- Abhörstationen „Urian“ und „Lupine“. Erstere war auf chung von Objekten der Staatlichen Schlösser und Gärten dem Brocken stationiert, die zweite im Raum Holzhau- in Wörlitz und Oranienbaum hinsichtlich bestehender sen/Altmark. Westkontakte bzw. Ein- und Ausreisen von Personen aus dem nichtsozialistischen Ausland spiegeln sich ebenso Dokumente aus den Kreisdienststellen zeigen die inhalt- wider wie die Sicherung von fünf militärischen Objekten lich breit angelegte und auf eine möglichst lückenlose der Region und Quellen zur Vorbereitung auf den Vertei- Überwachung der Regionen ausgerichtete Arbeit des digungszustand. Staatssicherheitsdienstes. Ein wesentlicher Gesichtspunkt der Arbeit der Magdeburger MfS-Dienststellen war die In Kooperation mit der Außenstelle Neubrandenburg er- Absicherung und Kontrolle der kreis- und bezirksgeleite- folgt seit November 2011 die Erschließung von Unterla- ten Volkseigenen Betriebe. Zahlreiche Beispiele finden gen der Abteilung N (Nachrichten). Verzeichnet wurden sich hierzu u. a. in der Region Genthin. Dazu zählen Un- Quellen über die Vorbereitung, Projektierung und Reali- terlagen zum VEB Waschmittelwerk, zum VEB Stahl- sierung von nachrichtentechnischen Vorhaben, u. a. über und Apparatebau oder zur Intershop-Verkaufseinrichtung den Anschluss der Kreisdienststellen an das Sondernetz 1 Genthin. Das Waschmittelwerk Genthin produzierte das – ein vom öffentlichen Fernsprechnetz der DDR unabhän- bekannteste Waschmittel in der DDR: Spee. Mit einem giges integriertes Fernsprech- und Fernschreibnetz der Versorgungsanteil von 80 Prozent war es das meistge- Partei- und Staatsführung, der Sicherheitsbehörden und kaufte Waschmittel in der DDR. Der Stahl- und Apparate- des Militärs – über Schalt- und Funkübungen, über die bau Genthin war ein Kombinatsbetrieb des VEB Schwer- Aus- und Weiterbildung von Funkern und Chiffreuren, maschinenbaukombinat „Ernst Thälmann“ Kontrollen von VS-Dokumenten und Chiffriermitteln, (SKET) und zählte zu den „Betrieben mit spezieller Pro- Überprüfungen von Nachrichtenverbindungen sowie die duktion“. Zum Produktionsfeld gehörte die Entwicklung Errichtung von Bedarfsleitungen, schließlich die Sitzungs- und Erprobung des Brückenlegepanzers 72 bzw. eines protokolle der Arbeitsgruppe Nachrichten in der Be- Brückenlegegeräts 60. Diese Produktion fiel unter die zirkseinsatzleitung. Darüber hinaus sind Quellen zur Mo- „Verordnung über Lieferungen und Leistungen an die be- bilmachung der Diensteinheit und zur Zusammenarbeit waffneten Organe (LVO)“, was für die Beschäftigten eine mit der Deutschen Post überliefert. intensive geheimpolizeiliche Überwachung zur Folge hatte. Für eine Anzahl von Kreisdienststellen sind zudem Unterlagen über die Absicherung militärischer Objekte Bezirksverwaltung Magdeburg der Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland überliefert. Über den Militärflughafen in Borstel oder den Im Berichtszeitraum konnten sechs Teilbestände der Be- 1952 erbauten Militärflugplatz in Mahlwinkel finden sich zirksverwaltung Magdeburg abschließend bearbeitet wer- daher Unterlagen im Teilbestand der KD Stendal. den. Zudem sind nunmehr die Überlieferungen von 18 Kreisdienststellen vollständig erschlossen. Der Erschlie- ßungsstand erreicht damit 97 Prozent (4 639 lfd. M. von 3.2.2.6 Freistaat Thüringen 4 769 lfd. M.). Einen Einblick in den Aufgabenbereich des Bezirksverwaltung 1. Stellvertreters des Leiters geben u. a. die Unterlagen der Abteilung VI (Passkontrolle, Tourismus, Interhotel). Vor- Im Berichtszeitraum konnten mehrere Teilbestände ab- rangig betreffen diese die größte und bedeutsamste DDR- schließend bearbeitet werden. Unterlagen mit bisher Grenzkontrollstelle in Marienborn. Daneben gehören Do- unklarer Provenienz wurden einzelnen Teilbeständen kumente über die Transitstrecken der Auto- und Eisenbahn zugeordnet und erschlossen. Damit wurde ein Erschlie- von Marienborn nach Berlin zum Bestand. Die Kontrolle ßungsstand von 94 Prozent (2 116 lfd. M. von der Wasserstraßen Elbe und Elbe-Weser-Kanal durch den 2 252 lfd. M.) erreicht. Gearbeitet wird noch an den Teil- Staatssicherheitsdienst ordnet sich hier ebenfalls ein. Do- beständen Rückwärtige Dienste, Kader und Schulung, kumentiert sind „Republikfluchten“, Personenschleusun- Kreisdienststelle Erfurt und Büro der Leitung sowie an gen in die Bundesrepublik sowie die Überwachung des re- Karten und Plänen. gionalen Tourismus in Jugendherbergen und Hotels, wie Hervorhebenswert sind drei erschlossene Sachkarteien: im Magdeburger Hotel „International“. Das Ausforschen Zum einen eine Vorkommniskartei auf DIN-A4-Kerb- der Arbeitsweise, der Struktur sowie der personellen Be- lochkarteikarten. Diese enthalten neben dem Delikt bzw. setzung des Bundesgrenzschutzes und westlicher Grenz- Vorkommnis die Personendaten und weitere Informatio- kontrollstellen wird durch die Unterlagen ebenso belegt. nen zum Sachverhalt. Durch die Erschließung dieser Kar- – 35 – tei werden Auskünfte für Sachrecherchen nach Bränden, Aus der Überlieferung der Abteilung VIII (Beobachtung, Grenzübertritten, Havarien oder Unfällen deutlich um- Ermittlung) erwähnenswert sind Quellen über vorgenom- fangreicher ausfallen können. Bei den beiden anderen mene Überprüfungen von Sportkadern der Sportgemein- Karteien handelt es sich um Straßenkarteien der Städte schaft Dynamo Suhl. Erfurt und . Diese enthalten Personendaten und Angaben über Personenbefragungen; sie sind nach Stra- Im Bestand der BKG (Bezirkskoordinierungsgruppe) be- ßen und Hausnummern geordnet. finden sich zahlreiche Informationen über erfolgreiche, missglückte oder geplante Fluchtversuche im Grenzgebiet zur Bundesrepublik Deutschland. Einige Ermittlungs- Bezirksverwaltung Gera berichte sind durch ausführliche Bilddokumentationen ergänzt. Interessant sind auch Unterlagen über Fluchthel- Im Berichtszeitraum wurde in der Außenstelle Gera die ferorganisationen, aus denen jeweils angewandte Flucht- restliche Überlieferung der Kreisdienststelle Stadtroda er- methoden hervorgehen. Diese wurden als Arbeitsmittel schlossen. Aus den Unterlagen der Abteilung KuSch (Ka- genutzt, um Antragsteller auf ständige Ausreise von ihrem der und Schulung) ist eine Kartei erwähnenswert, in der Vorhaben abzubringen. Mitarbeiter aus allen Diensteinheiten der Bezirksverwal- tung Gera mit ihrem Passfoto erfasst sind. Auf der Rück- Herausragend ist die im Berichtszeitraum bearbeitete seite der Karteikarten sind oftmals Hinweise über Vor- Überlieferung der Abteilung III (Funkaufklärung, Funk- kommnisse, z. B. Verstöße gegen Dienstvorschriften, abwehr) der BV Suhl. Zwar war der Bezirk Suhl der Kontoüberziehungen, verursachte Verkehrsunfälle, Ehe- kleinste in der DDR, hatte jedoch mit 420 km Grenze zu scheidungen oder Westkontakte vermerkt. Vereinzelt ist den Bundesländern Bayern und Hessen die größten „Ab- der Vermerk „OibE“ (Offizier im besonderen Einsatz) schöpfungsmöglichkeiten“. Das erklärt auch die im Ver- oder „HIM“ (hauptamtlicher inoffizieller Mitarbeiter) auf gleich mit der Überlieferung anderer Bezirksverwaltun- den Karteikarten zu finden. gen große Menge an zu erschließenden Unterlagen. Wichtige Voraussetzung für die Erfüllung der Aufgaben Von den Personenkarteien der BV Gera, die im Berichts- des Staatssicherheitsdienstes im Grenzbereich war die zeitraum verzeichnet wurden, ist vor allem die Kartei Tätigkeit der beiden Funküberwachungsstützpunkte Reisesperre der Abteilung VI (Passkontrolle, Tourismus, „Blitz“ im Eisenacher Haus bei Frankenheim/Rhön und Interhotel) hervorzuheben. Darin sind Personen erfasst, „Kristall“ auf dem Schleifenberg in Sonneberg-Neufang. denen eine Einreise in die DDR verwehrt wurde, also vor- Allein die Überwachung von Funkverbindungen aus ge- wiegend ehemalige DDR-Bürger, die in die Bundesrepu- heimdienstlichen und sicherheitsrelevanten Bereichen der blik Deutschland übergesiedelt waren bzw. ausgewiesen Bundesrepublik umfasst weit über 500 Akteneinheiten. wurden. Die Karteikarten sind zu Taschen gefaltet, in die Von großem Interesse für das MfS waren das Landesamt weiteres Material eingelegt ist, insbesondere Fahndungs- für Verfassungsschutz Hessen und dessen Funkverbin- ersuchen zur Einleitung einer Reisesperre, Ersuchen zur dungen, Strukturen, Dienstorganisation und Mitarbeiter. Verhaftung, Verlängerung oder Löschung einer Fahn- Ebenfalls abgehört wurden der Militärische Abschirm- dung, Vorschläge des Volkspolizeikreisamts für die Ver- dienst, die Bundeswehr, der Bundesnachrichtendienst, fügung einer Einreise- und Transitsperre und zum Teil Polizeidienststellen sowie private Sicherheitsdienste und umfangreiche Begründungen für Einreisesperren sowie Detekteien. Zudem wollte das MfS stets über die Situation Eingaben und Bittschriften von Bürgern, deren Einreise- an der Staatsgrenze informiert sein. Zahlreiche Einzelakten antrag abgelehnt wurde. liefern detailreiche Informationen über den Funkverkehr Die Berichte der Abteilung VIII (Beobachtung, Ermitt- des Bundesgrenzschutzes und des Zollgrenzdienstes der lung) der BV Gera enthalten unter anderem Informatio- Bundesrepublik. Sie enthalten Aufzeichnungen der soge- nen über Personen, die in operativen Vorgängen bearbei- nannten Funklagemeldungen sowie der Monatsberichte tet wurden. Zum Bestand gehört eine Kerblochkartei zu zu Erkenntnissen der Aufklärung aus dem Grenzvorfeld Beobachtungsaufträgen mit Angaben über eingesetzte der Bundesrepublik. Als Beispiel sei die Enttarnung des Technik, genutzte Maskierungsmittel und Sichtstütz- Verlege-Schemas für Minen auf DDR-Gebiet (Reihenab- punkte. stand 1,5 m, Minenabstand 1 m) durch eine Streife des Zollgrenzdienstes genannt. Ziel der Abhörmaßnahmen Insgesamt liegen 1 862 lfd. M. von 1 910 lfd. M. Schrift- war zudem die Abschöpfung von Informationen aus der gut der Diensteinheiten der BV Gera erschlossen vor bundesdeutschen Politik und Wirtschaft. Namhafte west- (97 Prozent). Die Außenstelle Gera unterstützt die Au- deutsche Politiker werden in den Akten genannt. Das ßenstelle Suhl bei der Erschließung des dortigen Archiv- MfS erhoffte sich tiefere Einblicke in die Verflechtungen bestandes. innerhalb der Parteien, aber auch in die Beziehungen zwi- schen Politik und Wirtschaft. Für letzteres beispielhaft Bezirksverwaltung Suhl sind Unterlagen über die deutsche Firma OTRAG (Orbi- tal Transport und Raketen Aktiengesellschaft) und über Die Erschließungsarbeiten an der Überlieferung der BV innerdeutsche Handelsbeziehungen. Auf DDR-Gebiet Suhl werden von den Außenstellen Chemnitz und Gera war die Abteilung III für die Funkkontrolle zuständig. unterstützt. Vom Schriftgut der Diensteinheiten sind der- Belegt ist die Überwachung von Funkamateuren, CB-Fun- zeit 1 850 lfd. M. von 2 237 lfd. M. erschlossen (83 Pro- kern, Nutzern des Rundfunkfernempfangs („BC-DXer“) zent). sowie Modellfunkern. – 36 –

3.2.3 Audiovisuelle Medien und gelungen war, entsprechende Abspielgeräte zu beschaffen maschinenlesbare Daten bzw. zu adaptieren. Vor allem die Diktierplatten gaben Rätsel auf. Davon lagen ca. 150 Stück aus verschiedenen 3.2.3.1 Filme und Videos Bezirksverwaltungen vor. Im Fonds der Außenstelle Gera Im Zuge der Nutzung und Erschließung von Akten der ließ sich ein Diktiergerät „d1a“ aus ungarischer Produk- Ablagen des MfS-Zentralarchivs werden in Einzelfällen tion von 1965 ermitteln, das ein Abspielen der Platten er- im Aktenverbund befindliche 8- oder 16-mm-Filme fest- möglichte. Jede Plattenseite hat eine Spieldauer von zehn gestellt, die aus konservatorischen Gründen in die Film- Minuten. Die Platten konnten durch den Einsatz eines Ma- sammlung des Archivs überführt werden. Der inhaltliche gneten gelöscht und dann wiederverwendet werden. Bis- Verbund zum Vorgang bleibt hiervon unberührt. Bei den her wurden 37 Platten erschlossen, darunter ein Diktat zur Filmaufnahmen handelt es sich zumeist um solche, die „politisch-operativen Arbeit in und nach dem westlichen außerhalb des Wirkungskreises der staatlich organisierten Grenzvorfeld“ vom Februar 1982, Diktate mit Auszügen Amateurfilmstudios gedreht wurden. Bei Hausdurchsu- aus Personalakten von IM-Kandidaten und Bewerbern chungen oder im Zuge einer Personenbeobachtung durch beim MfS und Beurteilungen von IM von 1980 sowie Mel- das MfS wurde das Filmmaterial konfisziert und als Be- dungen von Transitvorkommnissen. Derzeit sind 18 989 weismaterial den Vorgängen beigefügt. Im Berichtszeit- von 27 606 Tonträgern erschlossen (69 Prozent). raum wurden 28 Übernahmen aus den Außenstellen und der Zentralstelle erschlossen. Außerdem ergänzen jetzt 3.2.3.3 Fotodokumente Film- und Videoaufnahmen zu den Themen Jugendarbeit, Personenbeobachtungen und interne Dienstveranstaltun- Im Berichtszeitraum wurde die Erschließung der Fotogra- gen des MfS den bislang vorhandenen Bestand. Derzeit fien der ZAIG (Zentrale Auswertungs- und Informations- sind nahezu alle Filme und Videos (2 786 von 2 790) ver- gruppe), der HA II (Spionageabwehr), der HA IX (Unter- zeichnet. Auf der Homepage des BStU ist unter dem suchungsorgan) und der HA XX (Staatsapparat, Kultur, Menüpunkt „Findmittel“ ein Verzeichnis der Filme und Kirchen, Untergrund) fortgeführt. Bei diesen Teilbestän- Videos publiziert. den wurden vorrangig Übergaben aus den Schriftgutrefe- raten erschlossen. Neu in die Erschließung aufgenommen 3.2.3.2 Tondokumente wurden die Fotografien des Traditionskabinetts der Be- zirksverwaltung Berlin und aus dem Teilbestand HA XXII Schwerpunkt der Erschließung von Tondokumenten des (Terrorabwehr). Anlässlich des Gedenkjahres zum Mauer- MfS und der Bezirksverwaltungen (BV) bildeten auch in bau wurden Fotografien zum Mauerbau insbesondere aus diesem Berichtszeitraum die Tonträger aus Akzessionen der Überlieferung der HA I (Abwehrarbeit in der Nationa- sowie Tonträger, die im Zusammenhang mit der Erschlie- len Volksarmee und den Grenztruppen) zugänglich ge- ßung des dazugehörigen Schriftgutes aus den noch uner- macht. Sämtliche Dias wurden hinsichtlich Mehrfachüber- schlossenen Bündeln oder den archivierten Ablagen bear- lieferung und der Urheberrechte überarbeitet. Hierbei beitet werden. konnte festgestellt werden, dass nur ein kleiner Teil der Die Überlieferungen der Bezirksverwaltungen sind men- Sammlung vom MfS produziert wurde. Sechs Serien wur- genmäßig sehr unterschiedlich, jedoch inhaltlich ähnlich. den an das Bundesarchiv abgegeben. Insgesamt wurden So liegen überwiegend Aufnahmen von Raumüberwa- 215 000 Bilder neu erschlossen. Damit liegen nunmehr chungen, Vernehmungen, Prozessmitschnitte, Mitschnitte 1,043 Millionen von insgesamt über 1,7 Millionen Fotodo- von Beratungen, Versammlungen und Konferenzen wie kumenten erschlossen vor (ca. 61 Prozent). z. B. der Parteileitungen, von Vorträgen und Schulungs- materialien als auch von Berichten inoffizieller Mitarbei- 3.2.3.4 Maschinenlesbare Daten ter vor. Es wird weiter an der einheitlichen Dokumentation der Die Erschließung der Tondokumente der BV Dresden, Bestände maschinenlesbarer Daten gearbeitet. In diesem Magdeburg und Halle wurde abgeschlossen. Diese Be- Zusammenhang wurden schriftliche Überlieferungen aus stände befinden sich jetzt in der abschließenden Bearbei- dem Bereich 3 der ZAIG (Einsatz der EDV im MfS) er- tung. Dabei werden eventuell vorhandene Mehrfachüber- schlossen. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse sind zum lieferungen geprüft. Im Rahmen der Bestandssicherungen einen gewinnbringend für die Dokumentation maschinen- durch Digitalisierung werden die Verzeichnungsangaben lesbarer Daten des MfS, zum anderen werden damit wei- konkretisiert und korrigiert bzw. ergänzt. So konnten z. B. tere Unterlagen für die Nutzung zugänglich gemacht. Fragmente einer Delegiertenkonferenz der Parteiorgani- Von den 46 Datenprojekten, die in sehr unterschiedlicher sation der Abteilung XX der BV Magdeburg von 1974, Qualität und Quantität vorliegen, sind nunmehr 23 er- die bereits im Jahr 2000 zur Erschließung vorlagen, mit schlossen. Jede zusammengehörige Datensammlung wird Erschließungsergebnissen aus dem Jahr 2011 zu einem als Projekt betrachtet, auch wenn keine vollständigen Ori- Vorgang zusammengeführt werden. Die Erschließung der ginaldaten vorliegen. Als erschlossen gelten die Projekte, Tondokumente der BV Suhl, Gera und Leipzig wurde aus denen Daten für die Nutzung bzw. Recherche bereit- fortgeführt. gestellt werden können. Nicht alle vorhandenen Projekte Seit 2010 wurden im Technik- und im Erschließungsbe- werden in dieser Form aufbereitet, da es weder technisch reich Anstrengungen unternommen, um Restbestände an noch inhaltlich sinnvoll bzw. vertretbar ist (siehe Neunter analogen Tonträgern zu bearbeiten, für die es bisher nicht Tätigkeitsbericht, S. 35f.). – 37 –

Technisch neu aufbereitet wurden die Daten der HA VI/ Über die 40-jährige Geschichte und den dabei veränder- MD/1 (Datenreste aus einem Fahndungsprojekt des MfS) ten Aufbau der Karteien und Datenbanken des MfS, aus und der BV Gera, Abteilung XII/MD/3 (Kurzauskünfte dem sich eine heterogene, vielförmige Überlieferung er- zu archivierten Vorgängen der BV Gera des MfS). gab, wurde 2011 ein Fachbeitrag in der Zeitschrift „Ar- chivar“ publiziert. 3.3 Findmittel 3.3.2 Datenbanken des BStU 3.3.1 Karteien des MfS Das elektronische Personenregister (EPR) ist die umfang- Zu den umfangreichen personenbezogenen Karteien gehö- reichste Datenbank in den Archiven des BStU und wurde ren in erster Linie die im MfS und in den Bezirksverwal- 1993 eingeführt. Es enthält Personendaten, insbesondere tungen zentral geführten Karteien F 16 (Personenkartei) aus den dezentralen Karteien und aus Erschließungsergeb- und F 22 (Vorgangskartei). Sie gewährten für lange Zeit nissen. Das EPR wird in der Recherche als Vorfilter für ei- den einzigen Zugang zu den bereits vom MfS und in den nen direkten Karteizugriff genutzt. In der Zentralstelle um- Bezirksverwaltungen archivierten Ablagen, den MfS-Ar- fasst das EPR über 9,43 Millionen Datensätze, hinzu chivbeständen. Neben diesen Karteien sind auch weitere kommen ca. 1,26 Millionen Datensätze zur Überlieferung sogenannte zentrale Karteien wie die F 77 (Decknamen- der Bezirksverwaltung Potsdam sowie ca. 452 000 Daten- karteien) und die F 78 (Straßenkarteien) für die Arbeit des sätze zur Bezirksverwaltung Berlin, deren Unterlagen in BStU unverzichtbar. Aktenrecherchen und Erschließungs- der Zentralstelle verwaltet werden. In den Außenstellen arbeiten führten auch im Berichtszeitraum zu Klärungen enthalten die dortigen EPR zusammen mehr als 14,1 Mil- und Ergänzungen von Erfassungsdaten, für die farblich be- lionen Datensätze. sondere Karten genutzt werden. Diese curryfarbenen Kar- Nachdem anfangs mit per Hand beschriebenen Karteikar- teikarten wurden 1992 auf Empfehlung des Bundesdaten- ten erschlossen wurde, begann Ende der 90er-Jahre die schutzbeauftragten eingeführt, um den Beweiswert der Einführung einer eigens vom BStU entwickelten IT-Fach- Originalunterlagen des MfS zu erhalten. In der Zentral- anwendung zur Sachaktenerschließung (SAE). Neben stelle wurden über 1 400 Ergänzungen in den Karteien dem sachthematischen Zugang ermöglicht SAE auch die F 16 und F 22 vorgenommen, beispielsweise wenn vom personenbezogene Erschließung der Unterlagen ein- MfS zerrissene Teile registrierter Vorgänge rekonstruiert schließlich der Übertragung von Personendaten in das werden konnten. EPR. Recherchiert werden kann in der Datenbank über die Klassifikation, über diverse Register wie z. B. den Neben den zentralen Karteien werden für die personenbe- Sachindex und über Volltextsuche. Das Programm fördert zogenen Recherchen die zahlreichen dezentralen Karteien die formale Einheitlichkeit der Erschließungs- und Re- genutzt. Dezentrale Karteien sind Arbeitskarteien ver- chercheprozesse in den Archivbereichen und ermöglicht schiedener Diensteinheiten des MfS, beispielsweise die es, Rechercheaufträge effizient zu bearbeiten. Aktuell Vorverdichtungs-, Such- und Hinweiskarteien. Die Kar- sind ca. 763 000 Datensätze in SAE erfasst und für in- teibereiche der Zentralstelle übernahmen, ergänzten und terne Recherchen freigegeben. ordneten im Berichtszeitraum weitere 90 dezentrale per- sonenbezogene Karteien, die nun mit einem Umfang von Die „Rosenholz“-Datenbank dient der Recherche in den über 46 lfd. M. (mehr als 130 000 Karteikarten) für Per- digitalen Karteien der HV A (Hauptverwaltung Aufklä- sonenrecherchen genutzt werden können. Insgesamt ste- rung). Diese setzt sich aus der Personenkartei F 16/HV A, hen im Archiv der Zentralstelle 745 dieser Karteien mit der Vorgangskartei F 22/HV A und den Statistikbögen der einem Umfang von ca. 10,6 Millionen Karteikarten für HV A zusammen. Enthalten sind nahezu 293 000 Daten- Recherchen zur Verfügung. Für die Außenstellen gilt die- sätze über Personen (F 16), 57 463 Vorgänge (F 22) und ses Verfahren analog, sodass deren Archivbereiche nun- 1 702 Statistikbögen. Die Anzahl der erfassten Personen mehr insgesamt ca. 3 640 dezentrale MfS-Karteien mit schwankt, da die Prüfung des Datenbestandes immer wie- ca. 17,6 Millionen Karteikarten für Personenrecherchen der Mehrfachüberlieferungen erkennen lässt. nutzen können. In der Zentralstelle werden auch die Datenbanken HHO Schwerpunkt der Arbeit mit den Karteien war wiederum (HV A/HIM/OibE) und HM/WR (Hauptamtliche Mitar- die Beauskunftung von Rechercheanträgen. Im Berichts- beiter/Wachregiment) geführt und ergänzt. Derzeit sind in zeitraum waren dies monatlich durchschnittlich 36 000 Re- der HHO-Datenbank 206 000 Datensätze zu hauptamtli- chen inoffiziellen Mitarbeiter cherchen. Die MfS-Karteien sind aber nicht nur ein uner- n (HIM), zu Personen und Vorgängen mit HV A-Bezug und zu Offizieren im beson- lässliches Findmittel für die Aufgabenerledigung des deren Einsatz (OibE) enthalten. Die HM/WR-Datenbank BStU, sie sind auch Teil der Überlieferung des Staats- weist 277 000 Datensätze zu hauptamtlichen Mitarbeitern sicherheitsdienstes und bedürfen als solche nach nunmehr und Angehörigen des Wachregiments aus. 20-jähriger Nutzung durch die Behörde verstärkter kon- servatorischer und restauratorischer Aufmerksamkeit. Das Projekt elektronisches Archiv (eArchiv) wurde be- Eine Digitalisierung ist aus Gründen der Bestandserhal- reits im Zehnten Tätigkeitsbericht ausführlich dargestellt tung angezeigt und böte zudem als Synergieeffekt neue, und ist im Berichtszeitraum fortgeschritten. Es zielt auf schnellere und weniger personalintensive Möglichkeiten die Einführung der beim Bundesarchiv entwickelten und der Nutzung und Datenauswertung. teils bereits eingesetzten integrierten Archivverwaltungs- – 38 – software BASYS 2 beim BStU. Damit werden sowohl die chend integrationsfähig bleiben. Anwendung finden soll Datenbanken Sachaktenerschließung (SAE), Aktenaus- dabei auch die Möglichkeit der Präsentation von Online- gabe Magazin (AMAG) als auch die Dokumentensamm- Findmitteln, in die digitale Reproduktionen von Archiv- lungen (DOSA) ersetzt. Darüber hinaus werden künftig gut eingebettet sind; hierfür sind zunächst zentrale dienst- sämtliche Digitalisate über BASYS 2 erschlossen und liche Bestimmungen des MfS aus der sogenannten Doku- verwaltet sowie Schnittstellen zu digitalen Magazinen mentensammlung (DOSA) beim Büro der Leitung des und Archiven eingerichtet werden können. MfS vorgesehen. Im Berichtszeitraum erfolgte eine – für den Einsatz neuer Ergänzend zum Projekt „Geschichte des MfS-Teilbestan- Informationstechnik notwendige – weitreichende Organi- des Abteilung XII (Zentrale Auskunft/Speicher)“ (siehe sationsuntersuchung der Archive des BStU. Die Untersu- Abschnitt 3.7) wird in einem eigenen Arbeitsvorhaben chung analysierte sowohl die generellen Rahmenbedin- ein Online-Findbuch zur Überlieferung dieses Teilbestan- gungen archivischer Arbeit in der Behörde als auch die des vorbereitet. Das Findbuch soll zum Dienstschriftgut konkreten Workflows. Das Ergebnis dokumentiert, an der MfS-Abteilung XII hinführen, das etwa 480 lfd. M. welchen Punkten die Arbeitsabläufe optimiert oder ange- umfasst und neben Grundsatzdokumenten vor allem Un- passt werden sollen und wo Skalierungen des Programms terlagen zur sogenannten Archivarbeit des MfS, zur Or- notwendig sind. ganisation der Diensteinheit und zum inneren Dienstbe- Aufbauend auf dem Untersuchungsbericht wird seit Ja- trieb, zum Personalwesen, zur Parteiarbeit sowie nicht nuar 2012 durch eine Projektgruppe ein Lastenheft erar- zuletzt zur Auflösung des MfS und den Versuchen der beitet. In ihm werden sämtliche Anpassungen von Beseitigung bzw. des Transfers von MfS-Unterlagen in BASYS 2 beschrieben, die für den BStU notwendig wer- Nachfolgeorganisationen beinhaltet. Hierzu fanden im den. Das Lastenheft ist die Grundlage für eine Ausschrei- Berichtszeitraum an den Unterlagen in gewissem Umfang bung, die für 2013 geplant ist. vereinheitlichende Bearbeitungen statt, um strukturelle Zuordnungen vorzunehmen, die zu Beginn der Verzeich- Parallel zur Lastenhefterarbeitung erfolgen die Klärung nungsarbeiten angesichts der vielfach amorph überliefer- vergaberechtlicher Fragen, die Fortschreibung der Wirt- ten Schriftgutmenge noch nicht möglich waren. Es ist schaftlichkeitsbetrachtung und der Risikokataloge, die vorgesehen, das Online-Findbuch parallel zur Veröffentli- Erarbeitung von Migrationsstrategien sowie die Ressour- chung der archivwissenschaftlichen Studie des BStU über cenplanung für die nächsten Jahre. die MfS-Abteilung XII zu publizieren. Die Projektgruppe arbeitet eng mit dem Bundesarchiv zu- Im Berichtszeitraum wurden weitere 40 Online-Findmit- sammen, mit dem bereits im November 2010 eine diesbe- tel zur Überlieferung des MfS-Archivguts bereitgestellt. zügliche Verwaltungsvereinbarung geschlossen wurde. Beispielsweise ist die Überlieferung der BV Neubranden- burg mit nunmehr 34 Aktenverzeichnissen für Nutzer 3.3.3 Findmittel im Internet transparenter geworden, davon kamen im Berichtszeit- raum zwölf Aktenverzeichnisse neu hinzu. Im Zehnten Tätigkeitsbericht (S. 45) wurde über ein Ko- operationsprojekt des Bundesarchivs und der ostdeutschen Über die BV Rostock stehen 33 Aktenverzeichnisse für Staats- und Landesarchive zum Aufbau des Internetportals die Recherche im Internet zur Verfügung, davon wurden „Netzwerk SED-/FDGB-Archivgut“ unter Beteiligung im Berichtszeitraum 21 Aktenverzeichnisse neu gefertigt. des BStU berichtet. Ausgehend von den dabei gesammel- Insgesamt stehen Nutzern auf der Homepage des BStU ten Erfahrungen wurden im Berichtszeitraum weitere kon- über 80 Online-Findmittel zur Verfügung. Zu einigen die- zeptionelle Schritte zur Nutzung speziell archivaffiner Re- ser Bestände sind noch zerrissene Unterlagen überliefert; cherche- und Präsentationsplattformen für BStU-Online- nach deren Rekonstruktion können sich Erweiterungen Findmittel vorbereitet und erprobt. Damit sollen einerseits der betreffenden Aktenverzeichnisse ergeben. beim BStU Online-Recherchemöglichkeiten funktional vergleichbar zu Internetauftritten anderer Archive angebo- 3.4 Bestandserhaltung ten und andererseits Erschließungsangaben in übergrei- fende fachliche Internetportale eingebracht werden kön- 3.4.1 Präventive Maßnahmen nen, zum Beispiel in das im Rahmen der transnationalen Lagerung und Transport Best Practice Projekte „APEnet“ bzw. „APEx“ entwi- ckelte „Archives Portal Europe“, das seit Anfang 2012 im Das im Berichtszeitraum weiterhin erfreulich hohe Aufar- Wirkbetrieb ist. beitungsinteresse und die daraus resultierende Bereitstel- lung von Archivalien in großem Umfang stellt die Im Rahmen des BStU-Projekts eArchiv zur Übernahme Bestandserhaltung beim BStU vor eine enorme Heraus- der integrierten IT-Fachanwendung BASYS (Bundesar- forderung. chiv-IT-System) ist auch die Einführung des entsprechen- den Moduls BASYS-Invenio für die Online-Präsentation Beim Schriftgut der Diensteinheiten sowie bei den Abla- von Erschließungsangaben beim BStU vorgesehen. Bis gen des MfS-Zentralarchivs und der Archive der Bezirks- zur Nutzbarkeit des Moduls BASYS-Invenio beim BStU verwaltungen, ebenso bei den MfS-Karteikarten, sind die werden Lösungen favorisiert, die funktional den skizzier- Hauptschadensbilder Folge des stark holzhaltigen (lignin- ten Anforderungen bereits entsprechen und gleichzeitig in haltigen), sauren Papiers. Durch Vergilben und Versprö- Bezug auf das vorgesehene Zielsystem BASYS hinrei- den des Schriftgutes entstehen Risse, Ausreißungen der – 39 –

Heftungen und andere Schäden. Bei elektromagnetisch Weitere Außenstellen wirken an der Bildung von Notfall- gespeicherten Informationen auf Tonbändern, Tonkasset- verbünden mit. Die Teilnehmer eines Notfallverbundes ten, Videos und maschinenlesbaren Datenträgern besteht stimmen ihre Pläne für Krisensituationen untereinander das Problem in der begrenzten Haltbarkeit der gespei- und mit zuständigen Behörden ab. Im Katastrophenfall cherten Daten, sodass teilweise erhebliche Informations- unterstützen sich die Einrichtungen gegenseitig mit Fach- verluste beim Abspielen und Lesen auftreten können. Bei personal sowie technischen und räumlichen Ressourcen, Filmen und Fotos können eine ungünstige Lagerung, die um schnell und fachkundig zu helfen. Im November 2012 Benutzung und das Kopieren zu Schäden an der fotoche- war der BStU zum wiederholten Mal Gastgeber der Ber- mischen Schicht und dem Trägermaterial führen. Deshalb lin-Brandenburger Notfallrunde. wurden beim BStU organisatorische und bestandserhal- tende Maßnahmen eingeleitet und bereits laufende Maß- Schutzverfilmung nahmen fortgesetzt. So wurden im Berichtzeitraum durch die Liegenschaftsverwaltung des BStU Anstrengungen Die Schutzverfilmung ermöglicht eine dauerhafte Siche- unternommen, die Lagerungsbedingungen für die Unter- rung gefährdeter Unterlagen. Deshalb werden parallel lagen zu verbessern. Dies erfolgte durch bauliche bzw. mehrere Überlieferungen schutzverfilmt. Seit November technische Maßnahmen. Im Archiv der Zentralstelle 2002 werden Unterlagen der Hauptabteilung IX/11 (Auf- kommt es darauf an, die Lagerungsbedingungen den klärung von Nazi- und Kriegsverbrechen) bearbeitet. Nach empfohlenen Werten der DIN 11799 anzugleichen. Hier der Verfilmung der zentralen Karteibestände der Zentral- sind noch Nachjustierungen bzw. -rüstungen an der er- stelle und der Außenstellen Chemnitz, Erfurt, Frankfurt neuerten Klimaanlage/Klimatechnik nötig, um die ent- (Oder), Rostock und Suhl konnte im Berichtszeitraum die sprechenden Werte zu erreichen. Die erforderlichen Verfilmung der Karteibestände Cottbus, Neubrandenburg Schritte (Planung, Finanzierung) sind eingeleitet. Mit der und Schwerin abgeschlossen werden. Derzeit werden die Fertigstellung des Vorhabens ist im nächsten Berichtszeit- zentralen Karteien der Außenstellen Halle und Leipzig raum zu rechnen. Um die bis zur Realisierung der neuen verfilmt. Die einschlägigen Karteibestände der Außenstel- Klimatechnik vorhandenen Schwankungen in den Lager- len Gera und Magdeburg werden zurzeit für die Verfil- bedingungen zu minimieren, wurden und werden in enger mung vorbereitet. Den Abschluss bilden die zentralen Abstimmung mit der Eigentümerin, der Bundesanstalt für Karteibestände der Außenstelle Dresden. Immobilienaufgaben, temporäre technische Maßnahmen geplant und umgesetzt. Die vom MfS überlieferten Mikrofilme von ersatz- und sicherungsverfilmtem Schriftgut werden aufgrund des Die bereits abgeschlossene Sanierung und Dämmung der häufigen Gebrauchs zu Recherchezwecken stark bean- Außenfassade des Magazinbaus sowie die Einrichtung sprucht. Um diese Filme zu erhalten, fertigt der BStU po- von Kühlräumen für die audiovisuellen Medien werden laritätsgleiche Duplikatfilme auf Diazobasis und stellt da- sich ebenfalls positiv auf die klimatischen Bedingungen mit Arbeitsfilme zur Verfügung. Die Duplizierung der in den Magazinen auswirken. Mikrofilmbestände der Außenstellen Dresden, Frankfurt (Oder), Cottbus, Halle, Leipzig, Magdeburg, Neubran- Im Berichtszeitraum wurden in der Zentralstelle außer- denburg, Potsdam und Schwerin wurde bereits abge- dem zwei Projekte initiiert und umgesetzt, soweit es die schlossen. Die Bestände der Außenstellen Chemnitz und begrenzten Haushaltsmittel ermöglichten. Das erste dient Rostock werden derzeit bearbeitet. Die Sicherung der der Vorbereitung der Verpackung einer großen Anzahl Filme der Außenstelle Gera erfolgt im Anschluss. von bisher offen lagernden Akten der Ablagen des frühe- ren MfS-Zentralarchivs in säurefreie und basisch gepuf- ferte Archivkartons. Die bisher stehend lagernden Akten 3.4.2 Papierrestaurierung und -konservierung werden dabei in die bestandsschonende liegende Lage- Die Restaurierungswerkstatt unterstützt die vielseitigen rung umgesetzt. Mit dem zweiten Projekt sollen die Be- Aufgaben der Bestandserhaltung. Ihre Hauptaufgabe liegt dingungen beim Transport von Archivalien zwischen den in der Konservierung und Restaurierung der vom Zerfall Liegenschaften des BStU verbessert werden. Neue, aus bedrohten und durch mechanischen Verschleiß geschä- Kunststoff bestehende Transportbehälter sollen die me- digten Unterlagen aus den Magazinen der Zentralstelle chanische Beanspruchung der Archivalien wesentlich und den Außenstellen der Behörde. verringern. Dies dient der Prävention und soll kostspie- lige Restaurierungen ersparen. Die Überlieferungen der MfS-Unterlagen bestehen größ- tenteils aus säure- und ligninhaltigen Papieren. Zur Siche- Notfallvorsorge rung und Bestandserhaltung des Archivguts wurden verschiedene Maßnahmen ergriffen. Neben der hand- Um auf Notfälle generell vorbereitet zu sein, wurde wie werklichen Restaurierung von Akten, Karteikarten sowie in den Berichtszeiträumen zuvor die Notfallplanung des Kartenmaterial oder technischen Zeichnungen werden BStU den aktuellen Bedingungen angepasst. Die Zentral- auch Verfahren zur Massenkonservierung getestet und stelle in Berlin sowie mehrere Außenstellen (Magdeburg, umgesetzt. So wurden von März bis November 2011 in Halle, Dresden) beteiligen sich an den regelmäßig tagen- einem Pilotprojekt ca. 100 lfd. M. Aktenmaterial aus drei den Arbeitsgruppen der regionalen Notfallverbünde. Die verschiedenen Teilbeständen in einem maschinellen Mas- Außenstelle Frankfurt (Oder) hat einen vergleichbaren senentsäuerungsverfahren konserviert, der Zerfallspro- Vertrag mit dem Technischen Hilfswerk geschlossen. zess gestoppt und dadurch die Lebensdauer der Papiere – 40 – wesentlich erhöht. In der Restaurierungswerkstatt und nisch zu speichern. Diese Art von Lochstreifen kam im dem Magazinbereich waren zeitgleich umfangreiche Vor- MfS recht häufig zum Einsatz, sodass nun eine schnelle und Nacharbeiten notwendig, um die Nutzungseinschrän- Möglichkeit besteht, auf die Daten zuzugreifen und sie kung für das Material kurz zu halten. auch elektronisch zu sichern. Bereits 794 Lochstreifen aus dem Bestand der Außenstelle Gera konnten gesichert Neben diesem Pilotprojekt wurden in der zentralen Werk- werden, die in einigen Fällen sogar schriftlich nicht mehr statt außerdem 2 698 Akten, 9 974 Karteikarten, 23 Ar- vorliegende Informationen über archivierte Vorgänge der chiv-/Registrierbücher, 1 806 Fotopositive und 329 tech- BV Gera des MfS aus der Zeit zwischen 1953 und 1988 nische Zeichnungen/Karten/Pläne restauriert. enthalten.

3.4.3 Sicherung audiovisueller Medien und maschinenlesbarer Daten 3.5 Herausgabe und Übernahme von Unterlagen Für den Audio-Bestand wurde die Digitalisierung der analogen Tonträger als Methode zur Erhaltung der Infor- Das Stasi-Unterlagen-Gesetz benennt, was zu den Stasi- mationen und für eine komfortable Nutzung im Berichts- Unterlagen zählt, schreibt dafür dem BStU das Verwahr- zeitraum weiter fortgesetzt. Als Arbeitsgrundlage für die monopol zu und regelt die unterschiedlichen Verfahrens- digitale Sicherung, Nutzung und vertiefte Erschließung weisen bei Rück- und Herausgaben von Unterlagen. von Audiodokumenten des MfS wurde vom Fachbereich So erhalten Betroffene und Dritte vom Staatssicherheits- im März 2011 ein Leitfaden erarbeitet, der ständig erwei- dienst widerrechtlich weggenommene oder vorenthaltene tert und angepasst wird. Gegenstände und Unterlagen im Zuge der Akteneinsicht Die in der Datenbank „AudioDigital“ erfassten Daten aus zurück – weil es sich gerade nicht um Unterlagen des dem Prozess der Digitalisierung umfassen derzeit eine Staatssicherheitsdienstes handelt. Das betrifft etwa Fami- Laufzeit von 7 727 Stunden Tonaufzeichnungen der lienfotos, Tagebücher und Briefe. Staatssicherheit. Werden bei der Erschließung Unterlagen fremder Prove- Im Film-/Videobereich konnten drei durch das MfS vor- nienz festgestellt, die keine Bearbeitungsspuren des MfS vernichtete Filme zum Teil rekonstruiert, erschlossen und tragen, so werden sie an die zuständigen Stellen und Ar- der Nutzung zugänglich gemacht werden. Die Sicherung chive abgegeben. Seit 2011 wurden insgesamt 7,1 lfd. M. des Materials auf Betacam SP wurde fortgesetzt und Unterlagen abgegeben, darunter 6,45 lfd. M. Schriftgut gleichzeitig Vorbereitungen zur Migration der archivwür- aus der Außenstelle Dresden. Öffentlichkeitswirksam wa- digen Videos auf einen neuen Träger getroffen, da das ren die Übergabe von Korrespondenzen des ehemaligen Original-Bandmaterial mittelfristig nicht mehr abspielbar US-Konsulats in Dresden an den US-Botschafter durch sein wird. den Bundesbeauftragen und die Abgabe von 5,73 lfd. M. Schriftgut aus der NS-Zeit an das Hauptstaatsarchiv Dres- Für den Bestand an Fotografien konnten erste Schritte hin den. Die Außenstelle Halle konnte an das Landeshauptar- zum Aufbau eines sogenannten ruhenden Fotoarchivs chiv Sachsen-Anhalt, Abteilung Merseburg, sowie die eingeleitet werden, das heißt, es wurde an Verfahren ge- Kreisarchive Merseburg und Aschersleben Unterlagen arbeitet, die es ermöglichen, bei künftigen Benutzungen abgeben, die in den Beständen der Kreisdienststellen bei auf Digitalisate von Originalfotos zurückzugreifen. Die der Erschließung aufgefunden worden waren. Originale sollen in klimatisierten Magazinen ruhen und nicht durch wiederholtes Entnehmen langfristig in ihrer Andererseits gibt es eine Anzeige- und Herausgabepflicht Erhaltung gefährdet werden. Die archivwürdigen Dias, öffentlicher und nicht-öffentlicher Stellen gegenüber dem die aufgrund ihrer Farbigkeit besonders stark unter war- BStU bei Auffinden von Unterlagen des Staatssicher- men Temperaturen leiden, wurden digitalisiert und wer- heitsdienstes (§§ 7 bis 9 StUG). Diese Unterlagen werden den für die Sichtung bzw. Nutzung im Original nicht dann durch die Behörde akzessioniert. Seit 2011 wurden mehr vorgelegt. ca. 25 lfd. M. Akzessionen eingearbeitet, zu denen neben Akten auch Bauzeichnungen, Tonbandkassetten und Dia- Für die Methode, mittels Trichlorethylen Nitratfilm zu er- positive gehörten. kennen, wurde 2012 im Fotolabor die Voraussetzung ge- schaffen. Dieses Verfahren steht in der Zentralstelle und Rückgaben durch Privatpersonen haben sich im Berichts- in den Außenstellen zur Verfügung. zeitraum signifikant erhöht. Diese hatten Unterlagen wäh- rend der Auflösungsphase des Staatssicherheitsdienstes an Bei der Sicherung von Datenträgern besonders seltener sich gebracht. Andere Unterlagen erhält der BStU zurück, Bauformen, die bisher wegen fehlender Hardware nicht weil sie bei der Beräumung ehemaliger MfS-Dienst- gelesen werden konnten, wurden im Berichtszeitraum Er- objekte gefunden werden. So wird die frühere Stasi- folge erzielt: In Zusammenarbeit mit der EQUIcon Soft- Dienststelle in Rampe (Kreis Ludwigslust-Parchim in ware GmbH aus Jena konnten in einem aufwändigen Emu- Mecklenburg-Vorpommern) seit wenigen Jahren von einer lationsverfahren 71 Wechselplatten vom Typ EC[S]5269 kirchlichen Einrichtung genutzt. Hierbei fanden sich gesichert werden. 3 lfd. M. Bau- und Projektierungsunterlagen für Dienst-, Im Berichtszeitraum wurde ebenfalls ein alter Fernschrei- Schulungs- und Ferienobjekte der früheren Bezirksver- ber mit PC-Schnittstelle installiert, der es ermöglicht, die waltung Schwerin. Die Außenstelle Magdeburg erhielt Daten von 5-Kanallochstreifen auszulesen und elektro- u. a. eine Chronik der FDJ-Grundorganisation „Erich Wei- – 41 – nert“ der Bezirksverwaltung Magdeburg. Diese dokumen- funden werden. Insgesamt wurden beim BStU mittler- tiert, versehen mit zahlreichen Fotos, Aktivitäten im Zeit- weile – zusammen mit einigen weiteren (dezentralen) raum der X. Weltfestspiele der Jugend und Studenten 1973 Projekten – Unterlagen im Umfang von ca. 1,3 Millionen in Berlin. Das Album vermittelt zudem einen Einblick in Blatt händisch rekonstruiert. den Alltag der hauptamtlichen Mitarbeiter der Bezirksver- waltung. Im Berichtszeitraum konnten erneut Unterlagen aus der Hauptabteilung XX (Staatsapparat, Kultur, Kirchen, Un- Eine archivfachliche Überblicksdarstellung über die Er- tergrund) wiederhergestellt werden, darunter zum Bei- fahrungen und die Praxis des BStU bei Rückführungen spiel aus der Abteilung XX/7 (Kunst, Kultur, Literatur) und Abgaben von Unterlagen wurde 2012 in der „Archi- wesentliche Teile der Handakte zur Bespitzelung und valischen Zeitschrift“ publiziert. Beeinflussung der Adoptivtochter von Walter und Lotte Ulbricht. Diese Unterlagen zeigen sehr prägnant, wie 3.6 Manuelle und virtuelle Rekonstruktion konzertiert das MfS bis in den persönlichen Nahbereich zerrissener Unterlagen gegen die betroffene Frau vorging und wie sich dabei die Zusammenarbeit des MfS mit dem Zentralkomitee der 3.6.1 Manuelle Rekonstruktion SED und verschiedenen staatlichen Stellen gestaltete. Seit 1995 besteht beim BStU die Projektgruppe Manuelle Rekonstruktion zerrissener Stasi-Unterlagen. Sie hat die Einen weiteren Schwerpunkt verkörperten erneut Unterla- Aufgabe, jene Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes gen der Abteilung X (Internationale Verbindungen). Hier wieder zusammenzusetzen, die vom MfS 1989/90 noch konnten u. a. Dokumente zusammengesetzt werden, die hastig per Hand zerrissen, jedoch nicht mehr endgültig be- die Zusammenarbeit des MfS mit der Geheimpolizei der seitigt werden konnten. Die Rekonstruktionsarbeiten fin- ČSSR beim Einsatz von Abhörtechnik an der böhmisch- den überwiegend in Zirndorf (bei Nürnberg) mit Unter- bayerischen Grenze illustrieren. Rekonstruiert wurde zum stützung von Mitarbeitern des Bundesamtes für Migration Beispiel das Protokoll einer Verhandlung zwischen dem und Flüchtlinge (BAMF) statt. Es besteht eine sehr enge MfS (Erich Mielke) und dem Prager Innenministerium Zusammenarbeit mit der beim BStU 2007 eingerichteten (Rudolf Barák) aus dem Jahr 1958 zur Ausgestaltung jener Projektgruppe Virtuelle Rekonstruktion (siehe Abschnitt 1955 getroffenen Grundsatzvereinbarung, die bereits im 3.6.2), vor allem zur detaillierten Sichtung der zerrissenen vergangenen Berichtszeitraum im Original zusammenge- Unterlagen mit der Option einer nach Schadensbildern dif- setzt wurde. Gleichzeitig wurden Unterlagen rekonstru- ferenzierten Bearbeitungszuweisung. So werden durch die iert, die die Ergebnisse der vereinbarten Zusammenarbeit Projektgruppe Manuelle Rekonstruktion vorzugsweise zeigen, so zum Beispiel abgeschöpfte Informationen aus Unterlagen bearbeitet, die für die händische Zusammen- Befragungen von Transitreisenden durch die bayerische setzung besonders geeignet sind. Die Feinsichtungen der Grenzpolizei, die vom MfS dem Prager Innenministerium Säcke und anderen Behältnisse (z. B. Kisten oder Kartons) übersandt wurden. Aber auch Unterlagen zur Verhaftung mit zerrissenen Unterlagen zeigen, dass sich unter diesem des tschechoslowakischen Innenministers Rudolf Barák sogenannten vorvernichteten Schriftgut erhebliche Men- 1962 wurden zusammengesetzt. gen an großteilig zerrissenen Unterlagen befinden, die gleichzeitig inhaltlich bedeutsame Aufzeichnungen ent- Im Berichtszeitraum wurden schließlich weiter verstärkt halten. Unterlagen aus verschiedenen Kreisdienststellen des MfS rekonstruiert. Dadurch können auch auf lokaler Ebene Nach Auffassung des BStU bleibt vor allem zur Wieder- empfindliche Überlieferungslücken geschlossen werden. herstellung großteilig zerrissener Unterlagen die manuelle Aus der ehemaligen Kreisdienststelle Eisleben wurden Rekonstruktion weiterhin sinnvoll. Halbe oder geviertelte große Teile der dortigen Aktenregistratur, der sogenann- Blätter beispielsweise können unmittelbar händisch zu- ten Zentralen Materialablage, wiederhergestellt. Diese sammengesetzt werden. Dann ist das manuelle Verfahren Unterlagen wurden überwiegend personenbezogen ge- der wirtschaftlichere Weg, die Unterlagen zugänglich zu führt, vermitteln gleichzeitig aber interessante Umfeld- machen. Zudem wird bei der manuellen Rekonstruktion einblicke in Wirtschaft und Gesellschaft, darunter bei- neben den Informationen auch das historische Material spielsweise zum Mansfeld Kombinat. Auch Aspekte der selbst zurückgewonnen. Das ist von besonderer Bedeu- Tätigkeit der Stasi-Auslandsspionage werden deutlich. tung für zeitgeschichtlich herausgehobene Originaldoku- Aus der ehemaligen Kreisdienststelle Meiningen wurden mente etwa von den Spitzen der SED und des MfS oder ih- Unterlagen mit Bezug auf das Staatstheater rekonstruiert, ren ausländischen Verbündeten. Ein anderes Beispiel sind beispielsweise zur Veranstaltung einer Festwoche aus An- Briefe aus der Haft, deren Versand das MfS offenbar ver- lass der herzoglichen Theatergründung 1831 oder zum hindert hat. Solche sehr persönlichen Zeugnisse den Be- Theateraustausch zwischen Bad Kissingen und Meinin- troffenen und Angehörigen auch im Original zeigen oder gen in den letzten Jahren der DDR. Zahlreiche rekonstru- in die Hand legen zu können, bleibt von hohem Eigenwert. ierte Unterlagen betrafen erwartungsgemäß die Überwa- Im Berichtszeitraum konnten Dokumente, Vorgänge und chung der innerdeutschen Grenze um Meiningen. Es Aktenteile im Umfang von ca. 300 000 Blatt manuell re- fanden sich allerdings nicht nur Dokumente zur Ausspä- konstruiert werden. Hinzu treten Teilrekonstruktionen hung des Sperrbezirks innerhalb der DDR, sondern auch (Blattfragmente), die erst vervollständigt werden können, zur Grenzsituation auf westdeutscher Seite. Die Unterla- wenn in anderen Behältnissen die zugehörigen Teile ge- gen belegen zudem Aufgabenverflechtungen des MfS mit – 42 – anderen staatlichen Stellen, hier beispielsweise mit dem ten, da die Leistungen des Fraunhofer IPK ausschließlich Volkspolizeikreisamt in Meiningen. erfolgsabhängig und zu einem Festpreis vergütet werden. Die vom Deutschen Bundestag bereitgestellten Haus- 3.6.2 Virtuelle Rekonstruktion haltsmittel dürfen gleichzeitig weiterhin nur speziell für das im Forschungsauftrag vom Fraunhofer IPK zu entwi- Auf Initiative des Deutschen Bundestages wird seit 2007 ckelnde IT-System verausgabt werden und fließen keinen beim BStU ein Pilotverfahren zur virtuellen Rekonstruk- anderen Zwecken zu. Den Abschluss des Pilotverfahrens tion zerrissener Stasi-Unterlagen durchgeführt. Hierzu er- soll ein Bericht an den Deutschen Bundestag bilden, der ging ein Forschungsauftrag an das Fraunhofer-Institut für über die technische Umsetzbarkeit und die Kosten einer Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik (IPK) in virtuellen Rekonstruktion im Massenbetrieb informiert. Berlin zum Aufbau eines IT-Systems, dessen Kernstück eine spezielle Software zur virtuellen Rekonstruktion di- Der Deutsche Bundestag hat 2011 außerdem Haushalts- gitaler Schnipselreproduktionen darstellt. Mit Hilfe die- mittel bereitgestellt, um den bestehenden Forschungsauf- ses IT-Systems sollen künftig insbesondere die Inhalte trag auszuweiten und weitere Module vom Fraunhofer solcher zerrissenen Stasi-Unterlagen zeitgerechter zu- IPK entwickeln und auf ihre Machbarkeit hin testen zu gänglich gemacht werden können, die aufgrund ihres lassen, um ein integriertes IT-Verfahren von der virtuellen Schadensbildes (kleine Schnipsel) oder formaler Eigenar- Rekonstruktion der digitalen Schnipselreproduktionen zu ten (stark gleichförmiges Material) im Wege der manuel- Einzelseiten über die assistenzbasierte automatisierte len Rekonstruktion bislang entweder nur mit sehr erhebli- Kontextualisierung der Einzelseiten zu virtuellen Doku- chem Zeit- und Ressourcenaufwand oder zum Teil gar menten bis hin zu deren IT-gestützter Erschließung erpro- nicht wiederhergestellt werden konnten. ben zu lassen. Die dafür vorgesehenen Haushaltsmittel dürfen ebenfalls ausschließlich speziell für diese im Rah- Im Pilotverfahren ist zunächst die virtuelle Rekonstruk- men der Ausweitung des Forschungsauftrags zu untersu- tion des Inhalts von zerrissenen Unterlagen aus insgesamt chenden und zu entwickelnden Gegenstände verausgabt 400 Säcken vorgesehen. Das Pilotverfahren besteht ab- werden. Der BStU begleitet fachlich auch diese Arbeiten. lauforganisatorisch aus zwei Hauptbausteinen. Den ers- Das Fraunhofer IPK arbeitet in diesem Zusammenhang ten, technischen Hauptbaustein bildet die vom Fraunhofer eng mit dem Institut für Rechnergestützte Automation an IPK zu realisierende Entwicklungs- und Testphase. Den der Technischen Universität Wien zusammen. zweiten, archivfachlichen Hauptbaustein stellt die Er- schließung der virtuell rekonstruierten Einzelseiten durch 3.7 Archivfachliche Kontakte mit anderen den BStU dar. Zur fachlichen Begleitung des technischen Archiven und Einrichtungen Hauptbausteins sowie zur Vorbereitung der Ablauforgani- sation für den archivfachlichen Hauptbaustein wurde Nach wie vor ziehen die Archive der Zentralstelle und der beim BStU die Projektgruppe Virtuelle Rekonstruktion Außenstellen besonders große öffentliche Aufmerksam- zerrissener Stasi-Unterlagen eingerichtet. keit auf sich. Im Jahr 2011 hatten sich allein im Archiv Der Aufbau der verschiedenen Module des IT-Systems der Zentralstelle insgesamt 277 Gruppen mit rund erforderte nach Mitteilung des Fraunhofer IPK wesentlich 3 300 Besucherinnen und Besuchern angemeldet. 2012 größere Anteile an Eigenentwicklung, als dies aufgrund waren es 361 Gruppen mit 3 600 Besuchern. Unter den entsprechender Markterkundungen zunächst absehbar Gästen sind Menschen, die vom Staatssicherheitsdienst sein konnte. Dadurch gestaltete sich die Entwicklung des verfolgt wurden, aber auch Fachkollegen aus Archiven, IT-Systems insgesamt wesentlich zeitaufwändiger, sodass Studenten und Wissenschaftler verschiedener Fachrich- es im Projektverlauf zu einer mehrjährigen Verzögerung tungen, in- und ausländische Politiker, Diplomaten, Schü- kam. Gleichzeitig werden, den Vorgaben des Forschungs- ler und Lehrer oder Soldaten, die beispielsweise im Rah- auftrags folgend, auch die bislang in niedrigeren lauffähi- men eines Bildungsseminars in das Archiv kamen. Neben gen Versionen abgenommenen Teile des IT-Systems dem diesen Führungen für angemeldete Gruppen finden in den aktuellen Forschungsstand entsprechend sowie im Hin- Archiven in der Regel an einem Abend im Monat Füh- blick auf die Anforderungen eines künftig möglichen rungen für interessierte Einzelbesucher statt. Massenverfahrens zur virtuellen Rekonstruktion fortlau- Das Interesse aus dem Ausland ist dabei anhaltend hoch. fend angepasst und weiterentwickelt (Steigerung der Ro- Im Berichtszeitraum kamen Gruppen aus weit über bustheit, Erhöhung des Automatisierungsgrades, Verbes- 20 Staaten in die Archive. Bemerkenswert ist der Zu- serung der Durchsatzmenge, einschließlich Umgebungs- wachs aus Ägypten, Libyen und Tunesien, wo – bedingt und Unterbringungsplanungen für einen künftig mögli- durch den „Arabischen Frühling“ – nun ebenfalls nach chen integrierten Gesamtworkflow). Nach derzeitigem rechtsstaatlichen Wegen im Umgang mit den Hinterlas- Planungsstand ist deshalb nach Einschätzung des senschaften der alten Geheimpolizeien gesucht wird. Fraunhofer IPK mit dem Abschluss des technischen Hauptbausteins des Pilotverfahrens frühestens Ende 2016 Das Archiv der Zentralstelle des BStU in Berlin bietet da- zu rechnen, wobei die Arbeiten zur archivischen Erschlie- rüber hinaus zwischen April und Oktober öffentliche Ge- ßung der virtuell rekonstruierten Unterlagen bereits wäh- ländeführungen an. Interessierte können sich einen rend des technischen Hauptbausteins einsetzen können. Eindruck über den Stadtraum in Berlin-Lichtenberg ver- Aus den eingetretenen Verzögerungen bei der Entwick- schaffen, den die MfS-Zentrale zwischen 1950 und 1990 lung des IT-Systems entstehen dem BStU keine Mehrkos- prägte. Auch in den Archiven der Außenstellen werden – 43 – regelmäßig Führungen angeboten und erfreuen sich reger terlagen-Behörde statt. Dabei tauschten sich Archivare, Nutzung. Wissenschaftler und Journalisten mit Experten aus der Behörde über zeitgemäße Nutzungsmöglichkeiten der Darüber hinaus pflegt der BStU seit Gründung der Be- Stasi-Unterlagen aus. Ausgebaut werden sollen dabei be- hörde Kontakte zu vielen Archiven auf nationaler und re- sonders die Möglichkeiten der Online-Archivrecherche gionaler Ebene wie beispielsweise dem Bundesarchiv, (siehe Abschnitt 3.3.3). dem Parlamentsarchiv des Deutschen Bundestags, dem Archiv des Auswärtigen Amts oder dem Landesarchiv Bilder und Töne prägen nachhaltig die Erinnerungskultur Berlin. Besonders intensiv ist der Austausch mit dem des 20. und 21. Jahrhunderts. Die UNESCO macht des- Bundesarchiv. Dieser konzentriert sich auf Fragen der Er- halb seit 2005 jährlich mit dem „Welttag des audiovisuel- schließung, hier besonders auf die Nachnutzung des Er- len Erbes“ am 27. Oktober auf die Bedeutung und die Ge- schließungsprogramms BASYS 2 (siehe Abschnitt 3.3.2), fährdung dieser Medien aufmerksam. Der BStU beteiligte Präsentation von Online-Findmitteln (siehe Abschnitt sich 2011 erstmals an dieser Veranstaltung, indem er in 3.3.3) wie auch beispielsweise auf Fragen der Bestandser- den Abend- und Nachtstunden zu der Archivgutpräsenta- haltung (siehe Neunter Tätigkeitsbericht, S. 42 f. und tion „Undichte Stellen“ einlud. Am Ort der ehemaligen Zehnter Tätigkeitsbericht, S. 43 f.). Machtzentrale des MfS in Berlin-Lichtenberg wurden an Zum fachlichen und kollegialen Austausch gehören regel- mehreren Abenden Fotografien aus dem Dienstalltag der mäßige Besuche der Deutschen Archivtage (2011 in Bre- Staatssicherheit auf die Fassaden der ehemaligen Dienst- men, 2012 in Köln) wie auch der regionalen Archivtage gebäude projiziert. Eine Toncollage aus Reden des ehe- der ostdeutschen Bundesländer (so beispielsweise 2012 maligen Ministers für Staatssicherheit, Erich Mielke, Pro- für Brandenburg in Perleberg und für Thüringen in Bad tokollmitschnitten der Anrufe beim Offizier vom Dienst Berka). Als Einladung für den weiteren fachlichen Diskurs des MfS sowie aus Vernehmungen und Schulungen be- lassen sich zwei im Berichtszeitraum bearbeitete Publika- gleitete die Präsentation akustisch. tionsvorhaben verstehen: Das eine, ein Band über die oft Im Folgejahr beteiligte sich der BStU in Kooperation mit speziellen Begriffe im Archiv des MfS, soll im Frühjahr dem Verein „Antistalinistische Aktion Berlin-Norman- 2013 im Verlag Vandenhoeck & Ruprecht erscheinen. Das nenstraße e. V.“ (ASTAK) mit der Veranstaltung „Genos- andere befasst sich mit der Geschichte der für die Stasi-Ar- sen, es geht voran“ an diesem Ereignis. Neben der erneut chive und die zentralen Karteien zuständigen Abtei- gezeigten Multimediapräsentation und Führungen gab es lung XII (Zentrale Auskunft/Speicher) als Beitrag zur Vorträge über Filme und Videos der Stasi im Kontext ih- Erforschung der Archivgeschichte der DDR. Dieses Pub- rer Überlieferung. So handelte der Vortrag „Ich trug den likationsprojekt ist 2012 begonnen worden. roten Winkel, er den grünen“ von Dr. Gerhard Wiech- Der BStU hat am 3. März 2012 wieder am bundesweiten mann (Universität Oldenburg) von der Selbstinszenierung „Tag der Archive“ teilgenommen, der alle zwei Jahre des Staatssicherheitsdienstes in Film und Fernsehen. stattfindet und diesmal unter dem Motto „Feuer, Wasser, Daneben traten Archivarinnen und Archivare des BStU Krieg und andere Katastrophen“ stand. Neben dem Ar- bei nationalen und internationalen Tagungen auf, um ihre chiv der Zentralstelle in Berlin beteiligten sich auch ver- Arbeit vorzustellen und ihre Erfahrungen in fachliche Dis- schiedene Außenstellen (siehe Abschnitt 6.4). Dem kurse einzubringen. Hierzu zählt beispielsweise die lang- Thema entsprechend stellten Archivarinnen und Archi- jährige und regelmäßige Teilnahme am Arbeitskreis Be- vare den Besuchern vor, wie sie sich auf einen Notfall im wertung des Verbands deutscher Archivarinnen und Archiv vorbereiten. Archivare sowie die Mitwirkung bei den Archivkollo- Nach einem ersten Einsatz 2010 unterstützte auch 2011 quien, die von der Archivschule Marburg jährlich veran- und 2012 wieder je eine Gruppe von fünf Archivaren des staltet werden. Hinzu kommen Besuche und Vortragstätig- BStU für einige Wochen das Historische Archiv der Stadt keit bei mittel- und osteuropäischen Partnereinrichtungen Köln bei der Sichtung und Erfassung des beschädigten beispielsweise in Polen, Tschechien, Slowenien und der Kölner Archivguts. Im März 2009 stürzte das Kölner Ar- Slowakei wie auch bei Tagungen in westeuropäischen chiv infolge von Bauarbeiten an einer U-Bahn-Strecke Staaten. So fand beispielsweise vom 14. bis 16. November ein, dabei wurden große Teile des Archivguts mit in die 2011 an der Universität Malaga unter Beteiligung des In- Tiefe gerissen. ternationalen Archivrates (ICA) und des UNESCO-Ar- chivs () das internationale Seminar „Archives and Anlässlich des „Tags der Archive“ 2012 referierte der Human Rights“ statt. Der BStU war dort mit einem Vortrag stellvertretende Leiter des Stadtarchivs Köln, Dr. Ulrich über das Archiv des BStU und die Möglichkeiten seiner Fischer, in Berlin über die Folgen des Archiveinsturzes Nutzung zur Erforschung und Aufarbeitung der Ge- und überreichte dem Bundesbeauftragten einen „Kölner schichte staatlicher Repression vertreten. Pfennig“, die Kopie einer einst verbreiteten mittelalterli- chen Münze. Die Übergabe geschah im Namen des Köl- ner Oberbürgermeisters, Jürgen Roters, und gilt als Dank 4 Verwendung von Unterlagen für die Hilfeleistungen, die die Archivmitarbeiter des auf Antrag oder Ersuchen BStU in Köln seit dem Einsturz geleistet haben. Seit nun über 20 Jahren können Bürger auf Basis des Bereits zum fünften Mal fand am 29. März 2012 ein Nut- Stasi-Unterlagen-Gesetzes (StUG) Einsicht nehmen in zer-Forum des BStU im Bildungszentrum der Stasi-Un- die Unterlagen, die das Ministerium für Staatssicherheit – 44 –

(MfS) in den 40 Jahren der SED-Diktatur zu ihnen ge- den wurde. Die Mitarbeiter der DDR-Grenzkontroll- sammelt hat. Neben der Akteneinsicht dient die Verwen- punkte fragten z. B. beim MfS telefonisch an, um die Da- dung der Unterlagen der Rehabilitierung politisch Ver- ten eines Transitreisenden zu überprüfen. Dabei hätten folgter, der Überprüfung bestimmter Personengruppen regionale Dialekte Irrtümer verursachen können. Um dem insbesondere des öffentlichen Dienstes auf eine Stasi- vorzubeugen, gab es in der zentralen Personenkartei z. B. Verstrickung sowie der Unterstützung von Forschung und nur die Rubrik Müller, in die auch Möller eingeordnet Medien bei der Aufarbeitung der Vergangenheit. Mit der war. Diese Karteikarten zum Namen Müller ergeben hin- mittlerweile millionenfachen Nutzung der Unterlagen tereinander gereiht eine Länge von ca. 21 Metern. Es wurden wesentliche Forderungen der Friedlichen Revolu- bleibt nicht aus, dass sich darunter sehr viele Personen tion mit Leben erfüllt. mit gleichen Vornamen befinden. Die Karteikarten müs- sen deshalb auch hinsichtlich des Geburtsdatums und des Dabei besteht die Umsetzung des Gesetzesauftrags nicht Geburtsortes geprüft werden. Enthalten die Karteikarten nur in der bloßen Herausgabe von Unterlagen aus einem Hinweise auf Signaturen, werden diese geprüft. In diesem Archiv, sondern auch in der Unterstützung und Beratung Zusammenhang können Angaben zu Anschriften, Famili- der verschiedenen Nutzergruppen: sei es bei der persönli- enangehörigen, Schilderungen von Erlebnissen, Vorgän- chen Akteneinsicht, bei der Zusammenarbeit mit den gen oder Beobachtungen hilfreich sein. Stellen, die Ersuchen zur Überprüfung einreichen, oder bei der Unterstützung von Forschern und Medien. Sehr wichtig für die Recherchen ist die Angabe der Wohnorte vor 1990. Bei Bürgern aus den alten Bundes- 4.1 Anträge von Bürgerinnen und Bürgern ländern sind Angaben zu Kontakten in die DDR, zu auf Auskunft, Einsicht in und Heraus- Briefverbindungen und Einreisen ebenfalls von Bedeu- gabe von Unterlagen sowie auf tung. Anhand dieser Hinweise wird dann auch in den Au- Bekanntgabe von Namen ehemaliger ßenstellen der Behörde recherchiert. Für die Zuordnung Mitarbeiter des Staatssicherheits- der im Antrag angegebenen Wohnorte zu den jeweiligen dienstes Außenstellen muss in Betracht gezogen werden, dass in den vergangenen Jahren Ortschaften möglicherweise um- 4.1.1 Antragstellung benannt wurden. Eine Übereinstimmung der Angaben des Im Vordergrund des Bedürfnisses nach Zugang zu den Antragstellers mit dem im Ortslexikon der DDR bzw. im Unterlagen des MfS steht nach wie vor die private Akten- Postleitzahlenverzeichnis der DDR aufgeführten Ortsna- einsicht, also der Wunsch des einzelnen Bürgers zu erfah- men ermöglicht eine zeitnahe Zuordnung zu den jeweili- ren, welche Informationen das MfS über ihn gesammelt gen ehemaligen Bezirken bzw. dem Sitz der heutigen Au- hatte und sodann auch, wer diese Informationen geliefert ßenstellen. hatte. Der Antrag kann formlos gestellt werden. Über- Anders als bei der Bearbeitung von Anträgen aus dem sichtlicher und dadurch einfacher ist es aber, das von der Bereich Forschung und Medien wird im Bereich Bürger- Behörde entworfene Antragsformular zu verwenden, da anträge ausschließlich auf Grundlage der mitgeteilten für die Recherchen einige Mindestangaben erforderlich Personendaten recherchiert. Häufig werden Wiederho- sind. Dieses Formular ist in der Zentralstelle und allen lungsanträge oder Nachfragen damit begründet, dass man Außenstellen der Behörde erhältlich, es kann aber auch sich nicht vorstellen könne, dass keine Unterlagen vor- im Internet von der Homepage des Bundesbeauftragten handen seien, weil doch dieses oder jenes Ereignis ganz für die Stasi-Unterlagen (BStU) unter www.bstu.bund.de sicher vom MfS beobachtet worden sei und damit auto- heruntergeladen werden. Der Antrag muss mit einer Iden- matisch auch die eigene Person. Das MfS hat zu be- titätsbestätigung, im Regelfall in Papierform, eingereicht stimmten Vorkommnissen oder Sachverhalten und deren werden. Hintergründen verschiedentlich Unterlagen zusammenge- Der Bundesbeauftragte muss mit Sicherheit gewährleis- stellt, die wir heute unter dem Begriff „Sachakten“ zu- ten, dass nur die oder der Berechtigte Zugang zu den sie sammenfassen. Diese Sachakten können für ein For- oder ihn selbst betreffenden Informationen erhält, wes- schungsvorhaben oder eine Veröffentlichung in der halb die Identitätsbestätigung erforderlich ist. Wer dafür Presse zu einem bestimmten Sachthema auch verwendet nicht die Meldebehörden aufsuchen möchte, kann sich werden, wenn die darin vorkommenden Personendaten die Identität auch in der Zentralstelle oder in einer der vor der Herausgabe entsprechend geschwärzt, das heißt Außenstellen – bei Vorlage eines gültigen Personaldoku- anonymisiert werden. Für den Bereich Bürgeranträge ments – direkt auf dem Antrag bestätigen lassen. sind diese Sachakten erst dann zugänglich, wenn die Per- sonendaten daraus vollständig, d. h. einschließlich aller Vor allem bei besonders häufig vorkommenden Familien- Namen und Geburtsdaten, in das sogenannte Elektroni- namen ist es hilfreich, wenn noch weitere Angaben zur sche Personenregister eingespeichert worden sind. Person gemacht werden, die eine Individualisierung er- möglichen. Das MfS hatte seine zentrale Personenkartei Alle Antragsteller erhalten im Rahmen der privaten phonetisch geordnet, das heißt, leicht zu verwechselnde Akteneinsicht lediglich Zugang zu den sie selbst betref- Vor- bzw. Familiennamen wurden unter einem gleich- fenden Informationen. Die über Freunde, Nachbarn und bzw. ähnlich lautenden Namen einsortiert. Es sollte aus- Kollegen erhobenen Informationen werden aus Daten- geschlossen werden, dass aufgrund eines akustischen schutzgründen anonymisiert. Nur die sogenannten Bezie- Missverständnisses eine Person in der Kartei nicht gefun- hungsinformationen bleiben offen. Es wäre lebensfremd, – 45 – wenn beispielsweise die Namen oder Personendaten von Unmittelbar nach Antragseingang werden die Recherchen Ehepartnern oder Kindern geschwärzt würden oder Infor- in allen in Frage kommenden Karteien und Dateien aus- mationen zu Ereignissen, an denen alle gleichzeitig teil- gelöst. Infolge der fortschreitenden Erschließung in den genommen haben. Persönliche Informationen müssen Archiven wachsen auch die Recherchemöglichkeiten, aber in anderen Zusammenhängen anonymisiert werden. weshalb dieser Arbeitsschritt durchschnittlich drei bis fünf Monate in Anspruch nehmen kann. Wenn zur ange- Einzelne Antragsteller hegen Zweifel, ob bei der Anony- fragten Person keine Karteikarte (Erfassung) vorliegt, misierung nicht Namen von Informanten geschwärzt und wird nach der Rückmeldung aus dem Karteibereich eine diese so geschützt werden. Dies trifft keinesfalls zu. Hier sogenannte Negativauskunft an die Antragstellerin bzw. müssen die Mitarbeiter des Bundesbeauftragten vielfach den Antragsteller erteilt. Ist zur angefragten Person eine in Briefen oder Gesprächen Vertrauen schaffen. Wenn Karteikarte vorhanden ohne einen Hinweis auf Signatu- z. B. bei einem Bericht über die eigene Person auch Infor- ren, die auf weiteres vom Staatssicherheitsdienst angeleg- mationen über andere Beteiligte vorkommen, überzeugt tes Material hindeuten, wird dies mitgeteilt und eine Ko- meist der Hinweis, dass man doch ganz sicher auch nicht pie der Karteikarte mit Erläuterungen beigefügt. wolle, dass im Gegenzug die Informationen über die ei- gene Person bei der Akteneinsicht eines dieser Beteiligten In den Fällen, in denen die Recherchen eine Erfassung offen gelassen würden. der Person durch das MfS ergeben (d. h. Karteikarten mit eingetragenen Signaturen liegen vor), werden zunächst Seit dem Jahr 2004 bietet die Behörde entsprechend der Zwischenbescheide erteilt. Darin wird mitgeteilt, dass Verordnung über barrierefreie Dokumente in der Bundes- diese Erfassung darauf hindeutet, dass Unterlagen zur ei- verwaltung auch Auskünfte in Blindenschrift oder Groß- genen Person vorhanden sein könnten. Es wird in diesen druck an. Davon wird nur sehr selten Gebrauch gemacht: Mitteilungen lediglich die Möglichkeit eingeräumt, da Geschätzt wird in ca. vier bis fünf Fällen pro Monat um nicht zu allen auf den Karteikarten eingetragenen Signa- Dokumente im Großdruck gebeten. Dies kann sich so- turen auch Akten vorhanden sind. Gleichzeitig wird da- wohl auf eine Auskunft als auch auf die Herausgabe von rauf hingewiesen, dass wegen der hohen Anzahl vorlie- Kopien beziehen. Die Auskunft bzw. die MfS-Unterlagen gender Anträge mit einer Wartezeit zu rechnen ist. werden dann auf DIN-A3-Format kopiert. In der Bürger- beratung der Zentralstelle und in jeder Außenstelle liegt Sind Akten im Archiv vorhanden, werden diese schrift- zudem ein Exemplar des Antragsformulars in Blinden- lich angefordert. Für die Vorbereitung einer Aktenein- schrift vor. Es ist auch möglich, sich ein solches Exem- sicht oder einer Auskunft mit Kopienherausgabe müssen plar zur Ansicht zuschicken zu lassen. Es dient aber le- zunächst alle Seiten dieser Akten gelesen werden. Im An- diglich zur Information über die Antragsmodalitäten. Die schluss werden auf – zu diesem Zweck – kopierten Seiten Antragstellung muss dann in der sogenannten Schwarz- die Informationen zu anderen Personen anonymisiert (ge- schriftform erfolgen. Besteht der Wunsch nach einer Aus- schwärzt), weil am Originalzustand der Akten nichts ver- kunft in Blindenschrift, wird diese im Wege der Amts- ändert werden darf. hilfe durch das Bundesverwaltungsamt in Blindenschrift In Einzelfällen kann es erforderlich sein, nach Informa- übertragen. Dies ist aber hinsichtlich der MfS-Unterlagen tionen zu einer Person in 50 und mehr Bänden zu suchen. leider nicht möglich. Sofern die Betreffenden sich in ei- Denn besonders bedeutsame Hintergründe wurden vom ner persönlichen Akteneinsicht die Unterlagen durch eine MfS in sogenannten Zentralen Operativen Vorgängen Person ihres Vertrauens vorlesen lassen möchten, ermög- (ZOV) gesammelt, z. B. zu den Ministerien der Bundes- licht die Behörde die dafür erforderliche Diskretion. Dies republik oder den Ostbüros der Parteien und Gewerk- gilt auch, wenn eine Person des Vertrauens während der schaften, zu Kirchen und Religionsgemeinschaften und Akteneinsicht die Unterlagen in eine Fremdsprache über- zu DDR- und Ostforschungsinstituten. Aber auch zu vor- setzt. bereiteten oder erfolgreich durchgeführten Tunnelfluch- ten der Jahre 1961 bis 1963 wurden ZOV angelegt. Hier 4.1.2 Antragsaufkommen und wurden mitunter einige Hundert Personen in einem Vor- Antragsbearbeitung gang bearbeitet, weil nicht nur die Tunnelbauer und die Flüchtlinge, sondern auch Personen aus deren Umfeld er- Im Berichtszeitraum blieb die Zahl der Anträge auf private fasst und überprüft wurden. Das MfS wollte unbedingt Akteneinsicht wiederum hoch. Die Zahl von 80 611 im herausfinden, wer von den Plänen wusste, selbst flucht- Jahr 2011 gestellten Anträgen lag zwar deutlich unter dem willig war oder womöglich zur Verhinderung weiterer Ergebnis von 2010 (87 514). Im Jahr 2012 stieg die Zahl Fluchten oder als inoffizieller Mitarbeiter (IM) genutzt jedoch wieder auf 88 231, wobei die Zunahme fast aus- werden konnte. Dies ist nur ein Beispiel für den teils ho- schließlich bei den Außenstellen zu verzeichnen war. Von hen Rechercheaufwand. allen Anträgen entfielen im Jahr 2011 mit ca. 67 Prozent und im Jahr 2012 mit ca. 69 Prozent ungefähr zwei Drittel Aufgrund des hohen Antragsaufkommens einerseits und auf die zwölf Außenstellen der Behörde (siehe auf Seite 46 des kontinuierlichen Personalabbaus (siehe Kapitel 2) Tabelle zur Verteilung der Antragseingänge auf die Bun- auch in den für die Antragsbearbeitung zuständigen Berei- desländer). Im Berichtszeitraum wurden 158 107 Anträge chen andererseits ist im Berichtszeitraum die maximale erledigt. Damit wurden seit Beginn der Tätigkeit der Be- Wartezeit für aufwändige Anträge mit Unterlagen zur Per- hörde insgesamt 2 830 574 Akteneinsichtsanträge bear- son auf mehr als zweieinhalb Jahre gestiegen. Dabei hat beitet (siehe Anhang 5). sich die Produktivität der Mitarbeiterinnen und Mitarbei- – 46 –

Bürgeranträge gesamt Verteilung der Antragseingänge auf die einzelnen Bundesländer

Bundesland Anträge gesamt Anträge 2011 Anträge 2012 davon Standort

Berlin − Zentralstelle 699 883 26 874 26 924 Bundesländer Mecklenburg- 317 358 9 141 10 728 Vorpommern – Neubrandenburg 76 014 1 987 2 922 – Rostock 122 961 3 681 3 996 – Schwerin 118 383 3 473 3 810 Brandenburg 290 967 5 255 5 066 – Frankfurt (Oder) 172 643 5 255 5 066 –Potsdam* 118 324 0 0 Sachsen-Anhalt 363 797 10 297 10 516 – Halle 156 143 4 238 4 742 – Magdeburg 207 654 6 059 5 774 Thüringen 479 783 10 180 13 306 – Erfurt 229 194 5 468 7 594 – Gera 128 933 2 666 2 744 – Suhl 121 656 2 046 2 968 Sachsen 766 537 18 864 21 691 – Chemnitz 292 311 6 504 7 954 – Dresden 263 992 6 940 7 390 – Leipzig 210 234 5 420 6 347 Gesamt BStU 2 918 325 80 611 88 231 * bis 31.12.2008 ter im Auskunftsbereich aufgrund verschiedener Optimie- der Anträge im Sinne des Stasi-Unterlagen-Gesetzes und rungsmaßnahmen in den Abläufen in den letzten Jahren angemessener Beachtung der Erwartungen und Befind- stetig erhöht. So konnte eine noch stärkere Verlängerung lichkeiten jedes einzelnen Antragstellers. Generell erfor- der Wartezeiten verhindert werden. Der Personalbestand dert diese Tätigkeit gleichzeitig ein hohes Maß an fachli- in diesem Bereich der Abteilung Auskunft hat sich im Be- cher Kompetenz in der Umsetzung der Rechtsvorschriften richtszeitraum um ca. 11 Prozent reduziert. Dieser Verlust sowie an Einfühlungsvermögen im persönlichen Umgang konnte auch durch die Umsetzung einzelner Beschäftigter mit den Antragstellern. Dabei bedeuten die vielen positi- aus anderen Abteilungen nicht ausgeglichen werden. Seit ven Rückmeldungen, die die Behörde zum Teil in schrift- Jahren erhöhen sich die Eingänge pro Mitarbeiter, in den licher Form erreichen oder die im persönlichen Gespräch letzten zwei Jahren stiegen diese um mehr als 13 Prozent. geäußert werden, eine große Anerkennung der geleisteten Ohne eine Nachbesetzung von frei werdenden Stellen ist Arbeit und Motivation für die Beschäftigten. deshalb mit einer weiteren Verlängerung der Wartezeiten zu rechnen. 4.1.3 Beweggründe für einen Antrag auf Akteneinsicht Der Stau bei den Bürgeranträgen stellt für die Mitarbeiter eine erhebliche Herausforderung dar. Sie müssen die Ba- Mit Ausnahme der Anträge von nahen Angehörigen Ver- lance halten zwischen zügiger und korrekter Erledigung misster oder Verstorbener muss ein Antrag auf private – 47 –

Akteneinsicht nicht begründet werden. Wenn dies trotz- wie engmaschig die Postkontrolle des MfS gewesen war. dem geschieht, werden diese Angaben nicht gesondert er- Diese Außenstelle verfügt über eine umfangreiche Ab- fasst. Deshalb hat die Behörde keine Statistiken über die lage der Abteilung M (Postkontrolle) mit 246 000 nicht Motive für einen Antrag auf Akteneinsicht. Gleichwohl zugestellten Postsendungen. Im Zuge der Antragsbearbei- lassen sich aus den vereinzelten schriftlichen Begründun- tung konnten nun viele längst vergessene und vom MfS gen und aus Gesprächen mit Antragstellerinnen und An- vorenthaltene Briefe „verspätet zugestellt“ oder dem Ab- tragstellern Tendenzen ablesen. Dabei wird nach wie vor sender zurückgegeben werden. häufig der benötigte zeitliche Abstand zu den Erlebnissen Aber auch bei Veranstaltungen wird deutlich, welche Mo- als Grund dafür genannt, erst jetzt einen Antrag zu stellen. tive Bürger für einen Antrag auf Akteneinsicht haben und Viele Antragsteller machen auch deutlich, sich erst im Ru- wie wichtig die Aufgaben der Behörde nach wie vor sind. hestand mit einer Akteneinsicht befassen zu können, wenn Dies zeigte sich unter anderem am Bürgertag am 14. Ja- sie nicht mehr durch ihre Berufstätigkeit belastet sind. An- nuar 2012 anlässlich der Eröffnung des sanierten „Hau- dere wurden durch Familienangehörige – oft die eigenen ses 1“ auf dem ehemaligen Gelände des MfS in Berlin- Kinder – auf die möglichen Einflüsse des Staatssicher- Lichtenberg, dem Dienstsitz des Ministers für Staatssi- heitsdienstes auf ihr Leben hingewiesen. Daraus entwi- cherheit. ckelte sich oft der Wunsch nach Aufklärung. Einige Bürgerinnen und Bürger erzählten bei ihrem Be- Auch Menschen, die aus politischen Gründen verurteilt such, warum sie sich erst jetzt entschieden haben, einen wurden, begründen das späte Stellen eines Erstantrags da- Antrag zu stellen. Lange Zeit hätten sie das Thema von mit, dass sie erst einen gewissen Abstand benötigten; wei- sich fern halten wollen. Jetzt aber möchten sie die Augen tere Faktoren sind, dass sie keine genaue Kenntnis von den nicht länger vor der Vergangenheit verschließen und ihre Einsichts- und Rehabilitierungsmöglichkeiten gehabt ha- eigene Geschichte beleuchten. Ein Besucher meinte, er ben und häufig erst durch Opferverbände oder durch die wolle jetzt endlich mehr über die Hintergründe seiner Beratungstage einer Außenstelle auf die Idee der Antrag- Familiengeschichte erfahren. Seine Tochter sei 14 Jahre stellung gebracht wurden. Geboren sind diese Antragstel- lang mit einem Mann verheiratet gewesen, der in dem un- ler meist in den 50er- und 60er-Jahren, die Haft lag in vie- durchsichtigen Geflecht des Wirtschafts-Imperiums Koko len Fällen in den 70er- und 80er-Jahren. (Kommerzielle Koordinierung) Karriere gemacht habe, Die Zahl der Erstantragsteller, die eine politische Verfol- vielleicht gäbe es da Zusammenhänge zur eigenen Person. gung zu DDR-Zeiten als Grund angeben, ist immer noch Ein weiterer Besucher äußerte, er habe infolge des Mau- sehr hoch. Soweit ersichtlich, gibt es zudem immer mehr erbaus seine Mutter verloren. Sie habe am 13. August Anträge aus der früheren DDR-Funktionärsebene. Verein- 1961 im Westen Berlins übernachtet. Nach neun Tagen zelt klingt auch durch, dass mit dem Antrag auf Aktenein- Abwesenheit wurde die Mutter für republikflüchtig er- sicht bis zur Beendigung des Arbeitslebens gewartet klärt, der Sohn verhaftet, weil er zweimal im Grenzgebiet wurde, weil die Befürchtung bestand, dass eine Akte als angetroffen wurde und daher als potenzieller Flüchtling inoffizieller Mitarbeiter existieren könnte. Wenn die Be- galt. Nach der Untersuchungshaft kam er in ein Jugend- treffenden durch eine Akteneinsicht noch im aktiven Be- heim. Ihn beschäftige seitdem, was in dieser Zeit aus sei- rufsleben hiervon erfahren hätten, so die Überlegung, ner Großmutter wurde, die nach dem Weggang der Mutter hätten sie dies womöglich gegenüber dem Arbeitgeber of- für ihn gesorgt hatte. Als er aus der Haft frei kam, war sie fenlegen müssen. unauffindbar und blieb verschwunden, möglicherweise Neben Veröffentlichungen in den Medien bringt auch die lebte sie schon nicht mehr. öffentliche Wahrnehmung von Jahrestagen, wie z. B. dem Ein anderer berichtete, er habe seine Kinder in das neue 50. Jahrestag des Mauerbaus, regelmäßig einen Anstieg Museum mitgenommen, damit sie nie „ostalgieanfällig“ der Antragszahlen und allgemeiner Anfragen mit sich. würden. Er selbst habe aus seiner Stasi-Akte erfahren Dies gilt besonders dann, wenn in regionalen Medien kon- müssen, dass ausgerechnet einer seiner besten Freunde im krete Ereignisse geschildert werden, so im Raum Meißen, Westen schon seit der Zivildienstzeit für die Stasi gespit- als über den durch eine Splittermine an der innerdeutschen zelt hat. Dieser berichtete zum Beispiel, wer von seinen Grenze verursachten grausamen Tod eines Flüchtlings be- Freunden in West-Berlin an einer Demonstration gegen richtet wurde. Rumäniens damaligen Diktator Nicolae Ceauşescu betei- ligt war. Die Berichterstattung zur Novellierung des StUG und den nun erleichterten Zugang zu Unterlagen von verstorbenen Insgesamt wird bei solchen Veranstaltungen deutlich, wie nahen Angehörigen hat viele Bürgerinnen und Bürger zu wichtig auch die Präsenz vor Ort ist. Die Mitarbeiterinnen einem Antrag auf Akteneinsicht bewogen. Viele Anträge und Mitarbeiter der Behörde sind wichtige Ansprechpart- gingen aufgrund der hoch emotionalen öffentlichen De- ner nicht nur für formale Fragen zur Akteneinsicht und zu batte über den Umgang mit Kindern und Jugendlichen in Folgeanträgen, sondern auch für oft sehr persönliche Ge- in Spezial-Kinderheimen und Jugendwerkhöfen der DDR spräche zur Vergangenheitsbewältigung. ein. 4.1.4 Bürgerberatung Eine Besonderheit ist aus der Außenstelle Dresden zu be- richten. Dort wurden auffällig oft Anträge gestellt, weil Dem BStU ist es nach wie vor ein wichtiges Anliegen, im Familien- oder Freundeskreis bekannt geworden war, den Bürgerinnen und Bürgern eine umfassende Beratung – 48 – anzubieten. In der Zentralstelle in Berlin und in allen Au- für nahe Angehörige von Vermissten oder Verstorbenen ßenstellen können sich Interessierte im Rahmen der Bür- bestand hier im Berichtszeitraum großer Informationsbe- gerberatung an die Behörde wenden. Dieses Angebot darf und war eine deutlich erhöhte Nachfrage bezüglich wird rege in Anspruch genommen: Allein in der Zentral- der Modalitäten der Antragstellung zu verzeichnen. stelle fanden im Berichtszeitraum 1 382 persönliche und 14 487 telefonische Beratungsgespräche statt, und es Mitunter werden Vermutungen geäußert, dass Arbeitskol- wurden 1 349 E-Mail-Anfragen beantwortet. Regional er- legen, Vorgesetzte oder Nachbarn seinerzeit mit dem reicht der BStU mit seinen zwölf Außenstellen und der Staatssicherheitsdienst zusammengearbeitet hätten und es Anlaufstelle in Potsdam eine breite Präsenz. wird um entsprechende Auskunft gebeten. Eine solche Auskunft ist jedoch nach dem StUG in der Regel nicht Als ein beeindruckendes Zeugnis für das Interesse an der zulässig. Arbeit der Behörde und den Wunsch nach Beratung sei der bereits erwähnte Bürgertag in der Berliner Zentral- Auch wird vorgetragen, dass man sich themenbezogen mit stelle genannt, der am 14. Januar 2012 anlässlich des dem Staatssicherheitsdienst auseinandersetzen möchte. 20. Jahrestages der ersten Akteneinsichten beim BStU Hierbei ist festzustellen, dass sich immer mehr junge Men- stattfand. Für die Bürgerberatung waren an diesem Tag schen für das Wirken des Staatssicherheitsdienstes interes- zwölf Mitarbeiterinnen nahezu durchgängig im Einsatz. sieren und sich beispielsweise im Rahmen von Seminarar- Es war beeindruckend zu erleben, wie Menschen über beiten und Schulprojekten nach den Möglichkeiten den ganzen Tag das Gespräch suchten und sich auch erkundigen, Zugang zu den Stasi-Unterlagen zu erhalten. durch den großen Andrang und daraus resultierende War- Großen Einfluss auf die Gespräche in der Bürgerberatung tezeiten nicht abschrecken ließen. Insgesamt wurden im haben nach wie vor aktuelle Ereignisse und Berichterstat- Rahmen der Beratungen an diesem Tag 464 Anträge auf tungen. So haben im Berichtszeitraum die Entscheidung Akteneinsicht gestellt, davon 328 Erst- und 136 Wieder- der Bundesregierung zur Unterstützung von geschädigten holungsanträge. ehemaligen DDR-Heimkindern oder die öffentliche De- Auch die Außenstellen gehen direkt auf die Bürger zu und batte zur Häftlingsarbeit in der DDR für westliche Firmen führen in einzelnen Städten und Gemeinden der jeweiligen zu zahlreichen Nachfragen Betroffener geführt. Die Be- Region Beratungstage durch, oft in Zusammenarbeit mit richterstattung in den Medien zum Thema 20 Jahre Akten- den Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen und un- einsicht hat allein im Januar 2012 dazu geführt, dass sich terstützt durch die örtlichen Stadt- und Kommunalverwal- die Zahl der Anrufe und der E-Mail-Anfragen in der Zen- tungen. Zudem bieten viele Außenstellen Beratung paral- tralstelle nahezu verdoppelt hat. lel zu Wanderausstellungen an, mit denen sie in der Region Bei den E-Mail-Anfragen, die im Laufe der Jahre deutlich unterwegs sind. Und nicht zuletzt nutzt der BStU regionale zugenommen haben, sind die bereits genannten Themen- Großereignisse wie Museumstage oder -nächte, den komplexe gleichermaßen vertreten. Spezielle Fragen zur Mecklenburg-Vorpommern-Tag, den Sachsen-Anhalt-Tag Behörde, zum StUG, zum MfS und dessen Archivmaterial und den Brandenburg-Tag, Archivtage u. Ä. für seine In- sowie zu allgemeinen DDR-Themen werden per E-Mail formationsangebote. häufiger als im persönlichen Gespräch gestellt. Die Diese Bürgernähe wird anerkannt. Viele, die sich eigent- E-Mail-Anfragen kommen zu etwa 25 Prozent aus dem lich schon lange einmal an die Behörde wenden wollten, Ausland. Bei den Fragestellern handelt es sich hier bei- dies aber aufgrund starker beruflicher oder sonstiger Be- spielsweise um Ausländer mit deutschen Wurzeln, die lastung bisher nicht geschafft haben, honorieren, dass die sich Unterstützung bei der Aufklärung ihrer Familienge- Behörde zu den Menschen kommt, und nutzen gern die schichte erhoffen, um Ausländer, die eine Zeit lang in der Möglichkeit der Beratung und Antragstellung vor Ort. DDR gelebt oder Kontakte dorthin unterhalten haben und Die Erfahrungen zeigen, dass besonders die aus den länd- daher eine Beobachtung durch den Staatssicherheitsdienst lichen Regionen stammenden, zum Teil älteren Bürger vermuten, oder um Wissenschaftler und Studenten, die das persönliche Gespräch direkt vor Ort schätzen. die Stasi-Unterlagen für ihre wissenschaftlichen Arbeiten nutzen möchten. Die Gründe, aus denen Ratsuchende sich an die Behörde wenden, sind vielfältig. Es besteht ein anhaltendes Inte- In den persönlichen Beratungsgesprächen ist es wichtig, resse an persönlicher und familiärer Aufarbeitung und durch eine gute Gesprächsatmosphäre und Verständnis Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur. Das drückt für die geäußerten Anliegen eine vertrauensvolle Basis sich in erster Linie dadurch aus, dass sich viele Menschen aufzubauen, weil zum Teil sehr persönliche Dinge aus erkundigen, wie sie „ihre Akte“ einsehen können bzw. dem Leben offenbart werden. Die Ratsuchenden sprechen dass sie sich nach erfolgter Antragstellung mit Fragen mitunter auch Themen an, für die sie an anderer Stelle zum Bearbeitungsstand, zur Möglichkeit von Wiederho- keine Ansprechpartner finden. Dem wird Raum gegeben, lungsanträgen oder mit der Bitte um Erläuterung zu spe- ohne dabei die Beratung zu den konkreten Möglichkeiten ziellen Themen (etwa zur Anonymisierung) an die Be- und Aufgaben des BStU aus den Augen zu verlieren. hörde wenden. Zunehmend wird aber auch gefragt, ob zu Wenn ausreichende Informationen zur Beurteilung des Familienangehörigen Unterlagen vorhanden sind und in- Sachverhaltes genannt sind oder durch Nachfragen ermit- wieweit der Staatssicherheitsdienst in deren Leben einge- telt wurden, beginnt die aufklärende Tätigkeit. Hier gilt griffen hat. Besonders hervorgerufen durch die mit der es, einen Ausgleich zwischen den rechtlichen Möglich- Achten StUG-Novellierung erweiterten Zugangsrechte keiten und den Ansprüchen und Hoffnungen der Bürge- – 49 – rinnen und Bürger zu schaffen. In den meisten Fällen ge- keitsrechts oder zur Entlastung vom Vorwurf der Zusam- lingt es, Verständnis für das rechtlich Machbare zu menarbeit mit dem Staatssicherheitsdienst benötigt wird. erreichen. Oftmals ist in den Beratungen erlebbar, welche Viele Anträge auf Akteneinsicht werden gleichzeitig mit Emotionen die Erinnerungen an Ereignisse und Erleb- einem Antrag auf Rehabilitierung gestellt, um die Ent- nisse aus DDR-Zeiten heute noch hervorrufen oder wie scheidung der dafür zuständigen Behörden besser nach- diese durch ein Gespräch über eine Antragstellung zur ei- vollziehen oder kontrollieren zu können. Auch diese An- genen Person oder zur Person eines verstorbenen Ange- träge müssen vorrangig bearbeitet werden, damit nicht hörigen ausgelöst werden. die betreffenden Personen durch die für das Rehabilitie- Im Mittelpunkt der Beratung stehen Informationen zu den rungsverfahren zuständigen Stellen erstmals von der gesetzlichen Aufgaben des BStU und den daraus resultie- Existenz einzelner Unterlagen erfahren. renden Antrags- und Recherchemöglichkeiten. Im Be- Neben den gesetzlich genannten Gründen behandelt die richtszeitraum musste gerade hinsichtlich des Zugangs zu Behörde aber unter anderem auch Anträge von Personen Unterlagen vermisster oder verstorbener Angehöriger mit Priorität, die zum Zeitpunkt der Antragstellung häufig klargestellt werden, dass dieser trotz der Novellie- 75 Jahre und älter sind. Der Anteil dieser Gruppe am An- rung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes an bestimmte Voraus- tragsaufkommen liegt bei den Erstanträgen bei vier bis setzungen geknüpft und nicht aus allgemeinem Interesse fünf Prozent und bei den Wiederholungsanträgen bei heraus für jeden Angehörigen möglich ist. Weitergehende sechs bis acht Prozent, jeweils mit steigender Tendenz in Erwartungen waren zum Teil auf verkürzte Darstellung in den letzten vier Jahren. Nicht unerheblich ist auch die den Medien zurückzuführen. Zahl der Anträge, die mit Priorität bearbeitet werden, weil die Betreffenden schwer krank sind, Gerichtstermine an- Es bleibt festzustellen, dass aufgrund der im StUG festge- stehen oder Ähnliches. legten eingeschränkten Zugangsrechte nicht jeder plausi- bel vorgetragene besondere Fall zu einem zulässigen An- Wenn wie im Jahr 2012 die Zahl der eingegangenen An- trag führt. Verschiedentlich kann dem Wunsch auf träge insgesamt zunimmt, aber auch die Zahl der Anträge Akteneinsicht, sei er noch so menschlich verständlich, aus mit Priorität steigt, verlängert sich die Wartezeit für die rechtlichen Gründen nicht entsprochen werden. Antragstellerinnen und Antragsteller ohne prioritäre Be- arbeitungsgründe. Mitunter ist es in der Beratung aber auch nicht möglich, Ratsuchenden zu helfen, wenn deren Vorstellungen über 4.1.6 Erfahrungen mit der Bearbeitung von die Handlungsmöglichkeiten des Bundesbeauftragten un- Anträgen naher Angehöriger nach realistisch sind bzw. deren Anliegen nicht in den Aufga- der Novellierung des § 15 StUG benbereich des BStU fallen. Dann wird soweit möglich auf andere Archive oder an andere zuständige Stellen Durch die Achte Novellierung des StUG wurde mit Jah- (z. B. für Rehabilitierung zuständige Behörden, Gerichte) resbeginn 2012 der Zugang zu den Unterlagen vermisster und Beratungseinrichtungen (Opferverbände, Vereine, oder verstorbener naher Angehöriger erleichtert (siehe psycho-soziale Beratungsstellen u. Ä.), insbesondere die Abschnitt 1.1). Infolgedessen ist es nicht mehr notwen- Landesbeauftragen für die Stasi-Unterlagen, verwiesen. dig, dass Verwandte 1. und 2. Grades – Ehegatten, Kin- der, Enkelkinder, Eltern und Geschwister – einen im § 15 Es gibt auch nach all den Jahren der Beratung immer wie- Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 StUG genannten Zweck der sehr bewegende Ereignisse und Schicksale, die den anführen. Diese nahen Angehörigen haben ein Zugangs- Mitarbeitern vorgetragen werden. Solche berührenden recht, wenn sie sonstige berechtigte Interessen glaubhaft Schilderungen gehen an ihnen nicht spurlos vorbei. Die machen, die im Zusammenhang mit dem Aufarbeitungs- seit dem Jahr 2009 für die Beschäftigten des Auskunftsbe- zweck des Stasi-Unterlagen-Gesetzes stehen. Überwie- reiches angebotene Fortbildung durch Supervision seitens gend schutzwürdige Interessen anderer Personen dürfen der Beratungsstelle „Gegenwind e. V.“ hat viel dabei ge- hierbei nicht beeinträchtigt werden. holfen, dieses belastende Wissen verarbeiten zu können. Für den Arbeitsplatz der Bürgerberatung in der Zentral- Seit dem Jahr 2012 werden die Erstanträge naher Ange- stelle wurde das Supervisionsangebot verbindlich einge- höriger gesondert statistisch erfasst, sodass nicht belegt führt, und es wird aufgrund des großen Beratungsbedarfes werden kann, inwieweit die Antragszahlen in diesem Be- auch weiterhin in Anspruch genommen werden. reich gestiegen sind. Der Anteil an den gestellten Erstan- trägen macht derzeit genau zehn Prozent aus (siehe An- hang 6). 4.1.5 Eilbedürftigkeit von Anträgen Viele Anträge mussten vor der Novellierung als nicht zu- Die langen Wartezeiten bei der Bearbeitung von Bürger- lässig abgelehnt werden, weil es an dem erforderlichen anträgen führen dazu, dass immer mehr Antragstellerin- Zweck fehlte. Diese Bürgerinnen und Bürger melden sich nen und Antragsteller um eine vorrangige Bearbeitung nun erneut und stellen einen Wiederholungsantrag, weil bitten. Dies ist gemäß § 12 Absatz 3 StUG möglich, wenn sie von den erleichterten Zugangsvoraussetzungen in der die Eilbedürftigkeit begründet dargelegt wird. Von einer Presse gelesen haben. Aus den Presseberichten zur No- Eilbedürftigkeit ist nach dem Gesetz auszugehen, wenn vellierung des § 15 StUG haben viele Menschen gefol- eine Auskunft zu Zwecken der Rehabilitierung, Wieder- gert, es sei nun eine uneingeschränkte Akteneinsicht in gutmachung, Abwehr einer Gefährdung des Persönlich- alle Unterlagen ihrer verstorbenen Angehörigen möglich. – 50 –

Das trifft jedoch nicht zu. So sind z. B. Anträge, die aus- eingehenden Anträge auf Akteneinsicht, sondern sind ab- schließlich der Klärung vermögensrechtlicher Fragen hängig von den dortigen Erledigungen – Auskünften oder oder sonstiger Familienstreitigkeiten dienen, auch nach Akteneinsichten sowie der Herausgabe von Kopien. Da der Neuregelung unzulässig und müssen abgelehnt wer- diese in den vergangenen Jahren rückläufig sind (siehe den; ebenso Anträge, die nur auf allgemeinem Interesse Anhang 5), ergeben sich hieraus weniger Anträge auf am Leben des verstorbenen Angehörigen beruhen. Decknamenentschlüsselung. Die in diesem Zusammenhang erforderlichen Beratungen Die Antragsteller haben die Möglichkeit, einen vermute- sind sehr zeitaufwändig. Insgesamt werden aber an die ten Klarnamen zu nennen und können so im Einzelfall Glaubhaftmachung eines berechtigten Interesses keine selbst zu einer effizienten Bearbeitung beitragen. Wie be- hohen Anforderungen gestellt. Es genügt die nachvoll- reits in vergangenen Tätigkeitsberichten thematisiert, ziehbare Schilderung einer möglichen Einflussnahme des kann eine solche Vermutung sehr hilfreich sein, da sich MfS auf den Lebensweg des vermissten oder verstorbe- dann die Recherchebereiche eingrenzen lassen. Manch- nen Angehörigen. mal lässt sich auch aus Sachzusammenhängen, die aber eben nur der Betroffene kennt, die Identität des Informati- Viele Anfragen stehen auch im Zusammenhang mit einer onslieferanten schon herauslesen. Adoption. Hier werden Einflüsse des Staatssicherheits- dienstes vermutet, wie z. B. von einem jungen Antragstel- Auch bei häufig auftretenden Decknamen wie „Kurt“, ler, der adoptiert worden war und jetzt schwer erkrankt „Rose“ oder „Peter“ ist die Angabe vermuteter Klarna- ist. Auf die Fragen seiner Ärzte zu Vorerkrankungen in men sehr nützlich und kann den Zeitaufwand der Bearbei- seiner Familie konnte er natürlich keine Auskunft geben. tung erheblich verkürzen. Es müssen dann nicht alle zu Über die Nachforschungen, die er daraufhin unternahm, diesen Decknamen geführten IM-Akten danach geprüft wuchs sein Interesse zu erfahren, ob das MfS Einfluss auf werden, inwieweit sich eine Verbindung zu der oder dem die Entscheidung seiner zwischenzeitlich verstorbenen Betroffenen aus den Unterlagen ergibt. Mutter genommen hatte, ihn zur Adoption freizugeben. Ein solcher Antrag ist selbstverständlich zulässig. Besonders hilfreich ist die Angabe eines vermuteten Klar- namens bei Anträgen mit Bezug zur damaligen Hauptver- 4.1.7 Decknamenentschlüsselung waltung Aufklärung (HV A). Die HV A hatte in der Zeit bis Juni 1990 in großem Umfang Unterlagen und Kartei- Erst im Anschluss an eine Akteneinsicht ist es möglich, die karten vernichtet. Sicherungsfilme zentraler Personen- Nennung der Namen derjenigen zu beantragen, die dem und Vorgangskarteien sowie von Statistikbögen gelangten MfS Informationen zur eigenen Person geliefert haben. an den amerikanischen Geheimdienst. Dort gefertigte Di- Durch die Lektüre der Unterlagen erhalten die Betroffenen gitalisate dieser als Rosenholz-Dateien bekannt geworde- Kenntnis von den Decknamen, unter denen die inoffiziel- nen Unterlagen wurden von 1999 bis 2003 an den BStU len Mitarbeiter (IM) dem MfS über sie berichteten. Nach übergeben. Allerdings können diese Dateien nicht nur § 13 Absatz 5 StUG sind Betroffenen die Namen und wei- Personendaten von inoffiziellen Mitarbeitern, sondern tere Identifizierungsangaben von Mitarbeitern, die über sie auch von vielen Personen aus deren Umfeld wie Fami- Informationen gesammelt oder verwertet haben, bekannt lienangehörige und Freunde enthalten. Allein anhand die- zu geben, soweit sie sich aus den Unterlagen des MfS ein- ser Dateien ist keine Aussage darüber möglich, ob je- deutig entnehmen lassen. mand als IM tätig war. Hier kann die Angabe von vermuteten Klarnamen weiterführende Recherchen er- Das Recht auf Bekanntgabe eines Klarnamens steht nur möglichen. Sollte auf diesem Wege eine IM-Akte gefun- Betroffenen zu. Ehemalige Mitarbeiter des Staatssicher- den werden, kann aus der Vermutung Gewissheit werden. heitsdienstes haben einen solchen Anspruch nicht. Dabei muss sich nicht zwingend, wie im Idealfall, in der Die in der Betroffenenakte enthaltenen Berichte müssen IM-Akte eine Kopie des Berichts aus der Akte des antrag- nicht von einem IM selbst geschrieben und mit dem stellenden Betroffenen befinden. Es können sich auch Decknamen unterschrieben sein. Auch wenn eine Infor- sonstige Hinweise wie ein gemeinsames Arbeitsumfeld, mation einem Führungsoffizier mündlich gegeben wurde, Freundeskreise oder Ähnliches zu hinreichenden Indizien der sodann einen Bericht gefertigt und einen Decknamen zusammenfügen. als Informationsquelle genannt hat, besteht ein Anspruch auf Nennung des Klarnamens. 4.2 Verwendung von Unterlagen durch Die Bearbeitung von Decknamenentschlüsselungsanträ- öffentliche und nicht-öffentliche Stellen gen ist sehr aufwändig. So kann es sein, dass sich an eine 4.2.1 Ersuchen zur Rehabilitierung von möglicherweise mehr als zweijährige Wartezeit auf die Betroffenen und zur Wiedergut- eigentliche Akteneinsicht eine lange Wartezeit auf die machung erlittenen Unrechts Decknamenentschlüsselung anschließt. 4.2.1.1 Strafrechtliche Rehabilitierung Insgesamt ist die Zahl der Antragseingänge auf Deckna- menentschlüsselung behördenweit seit einigen Jahren Auf Basis des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes rückläufig, nach rund 18 000 im Jahr 2006 waren es 2011 (StrRehaG) können Unrechtsurteile der DDR-Justiz auf- noch 10 308 und 2012 noch 9 822. Die Eingangszahlen in gehoben werden. Dies ist Voraussetzung für soziale Aus- diesem Bereich entwickeln sich nicht parallel zur Zahl der gleichsleistungen, zum Beispiel eine Kapitalentschädi- – 51 – gung oder die besondere Zuwendung für Haftopfer. Beides erhöhten Eingänge der Jahre 2008 bis 2010 sind abgear- sind wichtige Hilfen für Opfer der DDR-Justiz. beitet. Sie waren bedingt durch die ab Ende August 2007 bestehende Möglichkeit, eine besondere Zuwendung für Wenn ein Bürger beim Landgericht einen Antrag stellt, Haftopfer zu beantragen. die strafrechtliche Entscheidung eines staatlichen Ge- richts der DDR für rechtsstaatswidrig erklären und aufhe- ben zu lassen, löst er in der Regel durch die Rehabilitie- 4.2.1.2 Wiedergutmachung rungskammer ein Ersuchen an den BStU um Herausgabe Nach wie vor treffen Ersuchen zu allen „Teilzwecken“ der geeigneter Unterlagen aus. Gesucht wird dann nach vom Wiedergutmachung ein wie der verwaltungsrechtlichen MfS verwahrten Akten des damaligen Justizbereichs oder und beruflichen Rehabilitierung oder im Zusammenhang nach sonstigen Hinweisen, die auf Verurteilungen hindeu- mit Anträgen auf Entschädigung nach dem Strafrechtli- ten. Ist der Betroffene verstorben, kann der Antrag auf chen Rehabilitierungsgesetz einschließlich der sogenann- Aufhebung der rechtsstaatswidrigen Entscheidung auch ten Opferrente und dem Häftlingshilfegesetz (HHG). von seinem Ehegatten oder seinen Verwandten in gerader Linie und seinen Geschwistern gestellt werden. Oft betreffen diese Ersuchen Personen, die 80 Jahre und älter sind. Diese Tatsache wird selbstverständlich bei der Voraussetzung für eine Aufhebung von DDR-Urteilen ist, Bearbeitung der Ersuchen besonders beachtet. Durch die dass die damalige Entscheidung mit wesentlichen Grund- sofortige Einleitung aller Recherchen und deren schnelle sätzen einer freiheitlich-rechtsstaatlichen Ordnung unver- Auswertung gelingt es in der Regel, die Bearbeitungszeit einbar ist, insbesondere, wenn sie der politischen Verfol- auf sechs bis acht Wochen zu begrenzen. gung diente. Neu hinzugekommen sind Ersuchen auf Entschädigung Das Strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz definiert eine wegen Zwangsaufenthalts in Kinderheimen der DDR. Reihe von Delikten nach dem DDR-Strafgesetzbuch, bei Wie bei der Rehabilitierung gestaltet sich die Suche nach denen eine politische Verfolgung kraft Gesetzes unter- Unterlagen durchaus schwierig, weil oft unter den Per- stellt wird, ohne dass es einer weiteren Nachprüfung be- sonendaten des damaligen Kindes keine Unterlagen auf- darf. Beispiele sind ungesetzlicher Grenzübertritt, staats- findbar sind. In diesen Fällen muss hilfsweise auf die Da- feindlicher Menschenhandel, Wehrdienstentziehung und ten von Angehörigen zurückgegriffen werden. Allerdings -verweigerung oder staatsfeindliche Hetze. können auch dann nicht immer Belege gefunden werden. Unvereinbar mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheit- Angefragt wird in Wiedergutmachungsangelegenheiten lich-rechtsstaatlichen Ordnung ist es auch, wenn die an- nicht nur zu den Grundvoraussetzungen von zu entschädi- geordneten Rechtsfolgen in grobem Missverhältnis zu der gendem DDR-Unrecht. Zunehmend wird auch um Mittei- zugrunde liegenden Tat stehen. Daneben kann rehabili- lung gebeten, ob es in dem vorliegenden Fall Anhaltspunkte tiert werden, wenn eine Freiheitsentziehung außerhalb ei- für mögliche Ausschließungsgründe von Leistungen gibt. nes Strafverfahrens angeordnet worden ist. Dies gilt ins- Ein Ausschließungsgrund kann beispielsweise eine inof- besondere für die Einweisung in eine psychiatrische fizielle Zusammenarbeit mit dem Staatssicherheitsdienst Anstalt sowie – seit der im Dezember 2010 erfolgten Er- sein. Eine besondere Herausforderung besteht dann, wie gänzung des § 2 im StrRehaG – die Anordnung einer Un- bei Mitteilungen zu anderen Gesetzeszwecken auch, terbringung in einem Heim für Kinder oder Jugendliche, wenn keine handschriftliche Verpflichtungserklärung ge- die der politischen Verfolgung oder sonst sachfremden funden wird oder die Person zwar die Zusammenarbeit Zwecken gedient hat. mit dem MfS nicht grundsätzlich abstreitet, jedoch den Recherchiert wird dann anhand der Daten zu dieser Per- Inhalt relativiert („Ich habe dem MfS nur Belangloses er- son sowie, falls notwendig, auch zu deren Eltern, Großel- zählt.“) oder sich auf eine Zwangslage beruft („Ich wurde tern oder weiteren Personen. genötigt, ich hatte Angst.“) etc. In solchen Fällen wird der BStU sowohl von den Behörden wie auch – im Streitfall – Beim Auffinden sachdienlicher Unterlagen macht der von Gerichten um gutachterliche Stellungnahmen bezüg- BStU eine Mitteilung über deren Inhalt und übergibt – so- lich der „üblichen Praxis des MfS“ oder der Lebensum- weit vorhanden – Unterlagen zu den angefragten Sachver- stände in der ehemaligen DDR gebeten. halten in Kopie. Wenn sich zur angefragten Person beim MfS abgelegte Justizakten der DDR-Gerichte befinden, Insgesamt haben sich im Berichtszeitraum – im Vergleich werden diese für die Dauer der Verwendung im Original an zu den Vorjahren – die Ersuchenseingänge zur Wieder- Landgerichte oder Staatsanwaltschaften herausgegeben. gutmachung auf die Zahl von 8 102 halbiert, was den Er- Dabei führt die Suche nach Hinweisen auf Verurteilungen wartungen entspricht. fast immer zu Ergebnissen. Belege einer Einweisung in Kinderheime oder Jugendwerkhöfe finden sich weniger Ersuchen zu Vermögensangelegenheiten häufig. Insgesamt kann die Behörde zum Zweck der Reha- im Rahmen der Wiedergutmachung bilitierung in ca. drei Viertel der angefragten Fälle Unter- lagen zur Verfügung stellen. Mit Bezug auf das Vermögensgesetz und das Strafrechtli- che Rehabilitierungsgesetz wird versucht, Bürgern zu ih- Das Gesamtaufkommen von 3 139 Ersuchen zu diesem rem Recht zu verhelfen, die zwischen 1949 und 1989 Verwendungszweck im Berichtszeitraum ging ab dem durch Zwangsmaßnahmen enteignet oder durch andere Jahr 2011 wieder auf das Niveau von 2007 zurück. Die rechtsstaatswidrige Eingriffe um ihr Vermögen gebracht – 52 – wurden. Das kann sowohl bewegliches Vermögen als § 23 Absatz 1 StUG ausdrücklich nur zu den dort genann- auch Grundstücke und Gebäude betreffen. ten Straftaten – zum Beispiel Tötungsverbrechen – bzw. zur Abwehr einer drohenden erheblichen Gefahr für die Die Zahl der Ersuchen ging auch hier weiter zurück, weil öffentliche Sicherheit herangezogen werden dürfen. Da- die Fristen für die Antragstellung in Bezug auf Grundstü- gegen können nach Absatz 2 der Vorschrift Informationen cke und Gebäude längst verstrichen sind. Das Vermögens- zu Mitarbeitern und Begünstigten auch für alle anderen gesetz besagt, dass Rückübertragungs- und Entschädi- Straftaten verwendet werden. Im Berichtszeitraum han- gungsansprüche für Immobilien nach dem 31. Dezember delte es sich dabei etwa um Delikte wie gewerbs- und 1992 nicht mehr angemeldet werden können. Eine Ent- bandenmäßigen Betrug, Geldwäsche, Bestechlichkeit schädigung kann aber noch immer bis zu sechs Monate oder Urkundenfälschung. nach einer erfolgreich verlaufenen strafrechtlichen Reha- bilitierung beantragt werden. Obwohl die „jüngsten“ MfS-Akten schon vor mehr als Im Berichtszeitraum wurden 136 Ersuchen an den BStU zwei Jahrzehnten geschlossen wurden, können sie Hin- gerichtet. Hierbei handelt es sich sowohl um sogenannte weise auf frühere, aber auch auf Zusammenhänge zu in Altfälle zu Immobilien, die von den für offene Vermö- der Gegenwart verübten Straftaten enthalten. Ermitt- gensfragen zuständigen Stellen noch nicht abschließend lungsansätze bieten sich den Strafverfolgungsbehörden geklärt werden konnten, als auch um Ersuchen zu beweg- bis zur heutigen Zeit dadurch, dass die Unterlagen Anga- lichem Vermögen. ben zu Personen und deren persönlichen Verbindungen enthalten (z. B. Verwandtschafts- oder Bekanntschafts- So wollte z. B. ein Sozialamt Ansprüche auf eine inzwi- verhältnisse). Weitere geeignete Hinweise sind Fertigkei- schen verjährte Erbschaft klären. Der Erblasser, der über ten, Fähigkeiten und Ausbildung der Beschuldigten oder eine große Farm in Südamerika verfügte, verstarb dort etwa auch bestimmte Ortskenntnisse. Anfang der 70er-Jahre. Die Alleinerbin lebte in der DDR. Bis zum Mauerbau führten beide einen regen Briefwech- In der Regel wird bei diesen Ersuchen nicht nur zu einer sel, danach wurde die Post vom MfS abgefangen, sodass Person angefragt, sondern zu einer größeren Personen- die Erbin erst zu spät von dem Tod des Erblassers erfuhr. zahl. Bei den Betreffenden handelt es sich nicht nur um Mit Hilfe von MfS-Unterlagen sollte jetzt geklärt werden, Beschuldigte, sondern auch um Opfer einer Straftat sowie ob die Erbin wegen einer rechtsstaatswidrigen Mitwir- eventuell als Zeugen infrage kommende Personen, selten kung des Staatssicherheitsdienstes nicht ihr Erbe antreten auch um Dritte, aus deren Unterlagen man sich weitere konnte. Die Archivrecherchen verliefen hierzu leider er- Hinweise auf entsprechende Straftaten erhofft. gebnislos. Immer noch erreichen den BStU Ersuchen zu Tötungs- 152 Ersuchen zu Vermögensangelegenheiten wurden vom verbrechen, die vor 1990 begangen wurden, aber auch zu BStU im Berichtszeitraum abschließend bearbeitet. solchen aus jüngerer Zeit. So wandte sich im Mordfall ei- nes bereits 2001 entführten und getöteten Jungen die zu- Ausgleichsleistungsgesetz ständige Mordkommission an den BStU, um zu einem Verdächtigen prüfen zu lassen, ob dieser schon vor 1990 Erwartungsgemäß ging auch die Zahl der Ersuchen zu- in der DDR einschlägige Gewaltverbrechen begangen rück, die von den für offene Vermögensfragen zuständi- hatte. Die daraufhin durchgeführten Recherchen bestätig- gen Ämtern nach dem Ausgleichsleistungsgesetz einge- ten den Verdacht nicht. reicht wurden. Hier geht es darum, dass berechtigte Personen für auf besatzungsrechtlicher bzw. hoheitlicher Daneben sind Stasi-Unterlagen auch für die strafrechtliche Grundlage enteignete Vermögenswerte Ausgleichsleis- Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit tungen erhalten. nach wie vor wichtig. Für ein Ersuchen zu dem 1944 von einer SS-Einheit durchgeführten Massaker in Oradour- Von Seiten des BStU wird in MfS-Unterlagen recher- sur-Glane (Frankreich), bei dem mindestens 642 Zivilper- chiert, ob Hinweise auf die Enteignungen, aber auch auf sonen (Männer, Frauen und Kinder) ums Leben kamen, Ausschließungsgründe zu den Personen vorliegen, da wurden von den Ermittlern aus Nordrhein-Westfalen er- Personen, die dem kommunistischen oder nationalsozia- neut MfS-Unterlagen ausgewertet. Hierbei stieß man auf listischen System Vorschub geleistet haben, keine Ent- sechs noch lebende Personen, die der Teilnahme an dem schädigungsleistungen erhalten. Es wurden zwischen Ja- Verbrechen verdächtig schienen, weshalb es im Dezember nuar 2011 und Dezember 2012 186 neue Ersuchen 2011 zu Verhaftungen in Brandenburg, Nordrhein-Westfa- eingereicht und 204 Ersuchen erledigt. len, Hessen und Niedersachsen kam. Die entsprechenden Akten wurden allerdings auch in früheren Jahren schon 4.2.2 Verwendung für Zwecke der Straf- mehrfach von unterschiedlichen Stellen gesichtet und aus- verfolgung und Gefahrenabwehr gewertet. Zur Verwendung für die Strafverfolgung und Gefahrenab- Wenn sich ausländische Strafverfolgungsbehörden im wehr ist die Nutzung der Stasi-Unterlagen zu Betroffenen Rahmen der Rechtshilfe an den Bundesbeauftragten wen- und Dritten einerseits und zu Mitarbeitern und Begünstig- den, so sind Betroffenenunterlagen nach § 23 Absatz 2 ten andererseits unterschiedlich geregelt. Unterlagen mit StUG von der Verwendung ausgeschlossen. Für die straf- personenbezogenen Informationen über Betroffene und rechtliche Aufarbeitung zum Beispiel von NS-Gewaltver- Dritte sind insoweit besonders geschützt, als sie gemäß brechen erweist sich diese Regelung als misslich. – 53 –

Allein drei auf Verbrechen in der Zeit des Nationalsozia- staatliche Einrichtungen) dürfte es vermutlich nicht recht lismus bezogene Ersuchen der polnischen Partnerbehörde sein, wenn sich ein Empfänger durch die Bereitstellung des BStU, dem Institut des nationalen Gedenkens (IPN), von Grundrissplänen Kenntnisse über die bauliche Be- mussten im Berichtszeitraum abgelehnt werden, da die schaffenheit oder Zugangsmöglichkeiten zu einem Ge- verdächtigten Naziverbrecher weder MfS-Mitarbeiter bäude mit besonderem Schutzbedarf verschaffen kann. noch vom MfS begünstigt waren. Da für die Beschuldig- ten aufgrund ihres Geburtsdatums (geboren vor mehr als Der vorstehend erörterten Regelung bedarf es nicht, wenn einhundert Jahren) eine Strafverfolgung nicht mehr in- Verfügungsberechtigte von Grundstücken selbst einen An- frage kam, wurde das Partnerinstitut aber darauf hinge- trag stellen, Liegenschaftsunterlagen zu erhalten. So gab wiesen, dass es für die historische Aufarbeitung von NS- es beispielsweise zwei Anträge auf Herausgabe von Bau- Kriegsverbrechen einen Forschungsantrag nach § 32 unterlagen zu zwei bereits vor 1900 erbauten Villen, die StUG stellen kann. sich das MfS als Liegenschaften für seine Kreisdienststel- len in Löbau und Zittau ausgewählt hatte. Inzwischen sind Im Berichtszeitraum gingen 707 Ersuchen mit strafrecht- diese Villen in einem Fall von einer Privatperson, im an- lichem Hintergrund in der Zentralstelle und den Außen- deren Fall von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts stellen ein. gekauft worden. Bei der Suche nach entsprechenden Bau- unterlagen wurden sogar noch die Originalzeichnungen Zum Zweck der Gefahrenabwehr erreichten die Behörde aus dem 19. Jahrhundert gefunden, die dann zuständig- im Berichtszeitraum zwei Ersuchen. Bei einem Fall ging keitshalber in den Bestand der jeweiligen Stadtarchive es um Fragen der Kampfmittelerkundung und der Boden- überführt wurden. verseuchung auf dem Flugplatz Altenburg-Nobitz im Ge- biet Leinawald (Thüringen). In dem anderen Ersuchen wurde im Zusammenhang mit der Böschungsrutschung in 4.2.4 Verwendung von Unterlagen für Nachterstedt am 18. Juli 2009 um Recherchen in den Un- Zwecke der Nachrichtendienste terlagen des MfS gebeten, ob Ursachen hierfür vielleicht Die Nachrichtendienste des Bundes und der Länder reich- schon zu DDR-Zeiten bekannt waren und zu Schutzmaß- ten im Berichtszeitraum nur noch vereinzelt Ersuchen ge- nahmen hätten führen müssen. Zum gleichen Sachverhalt mäß § 25 StUG beim BStU ein, die Nachrichtendienste wurde deshalb auch ein Ersuchen um Mitteilung aus den der Verbündeten gar nicht. Unterlagen wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung eingereicht. 4.2.5 Nutzung des Zentralen Einwohner- Insgesamt ist die Bearbeitung von Ersuchen zu Zwecken registers der ehemaligen DDR der Strafverfolgung und Gefahrenabwehr mit umfangrei- chen Personen- und Sachrecherchen verbunden, bei de- Das Zentrale Einwohnerregister (ZER) ist auch weiterhin nen sich im Zuge des intensiven Auswertens der Unterla- ein wichtiges internes Hilfsmittel für das Auffinden von gen in Zusammenarbeit mit den ersuchenden Stellen Unterlagen zu Personen, aber auch für die eindeutige Zu- häufig Ansätze für noch tiefer gehende Recherchen erge- ordnung von Dokumenten. Es wird vom BStU zur Erfül- ben. lung seiner gesetzlichen Aufgaben häufig genutzt – im Berichtszeitraum in 1 610 Fällen. Die nach § 2 Absatz 2 StUG ersuchensberechtigten Stellen (Gerichte und Straf- 4.2.3 Verwendung von nicht personen- verfolgungsbehörden) machten dagegen nur noch in we- bezogenen Unterlagen nigen Fällen Gebrauch von ihrem Zugangsrecht. Hier Durch die Achte Novellierung des Stasi-Unterlagen-Ge- ging es z. B. darum, den Aufenthaltsort ehemaliger NS- setzes vom 22. Dezember 2011 wurde der schon bisher Straftäter zu ermitteln oder auch um eine Bestätigung des zweckfrei mögliche Zugang zu im Einzelnen aufgezähl- zwischenzeitlichen Versterbens der angefragten Person. ten Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes, wie z. B. Im Zentralen Einwohnerregister gibt es zwar das Merk- Organisationsplänen, Dienstanweisungen oder gebäude- mal „verstorben“, sodass grundsätzlich eine solche Klä- bezogenen Objektverzeichnissen, durch Anfügen eines rung möglich wäre, jedoch wurde es von den DDR-Stel- zweiten Absatzes in § 26 StUG erweitert. Danach können len nicht konsequent eingetragen. Ein Fehlen des nun auch Anträge zum Erhalt solcher Unterlagen, die Vermerks bedeutet deshalb nicht zwingend, dass die Per- nicht gezielt zu natürlichen Personen angelegt wurden son nicht doch verstorben sein könnte. Insgesamt bleibt und keine überwiegend schutzwürdigen personenbezoge- das ZER auch in Zukunft ein wichtiges Hilfsmittel, das nen Informationen enthalten, ohne Benennung eines weiterführende Hinweise für das Auffinden von Unterla- Zwecks gestellt werden. gen oder die eindeutige Datenzuordnung geben kann.

Bei der Bearbeitung von Anträgen nach dieser Bestim- 4.2.6 Ersuchen zur Überprüfung mung hat der Bundesbeauftragte sicherzustellen, dass von Personen durch die Verwendung dieser Unterlagen keine schutz- würdigen Interessen Anderer beeinträchtigt werden. Dies Die Friedliche Revolution liegt schon über 20 Jahre zu- könnte beispielsweise dann der Fall sein, wenn Baupläne rück. Aber immer noch stellt in vielen Bereichen die Über- zu ehemaligen MfS-Liegenschaften, die inzwischen ver- prüfung von Personen auf eine frühere hauptamtliche oder äußert wurden, von allgemein Interessierten erbeten wer- inoffizielle Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst einen den. Den neuen Gebäudebesitzern (z. B. Banken oder wichtigen Teil der Auseinandersetzung mit der Vergan- – 54 – genheit dar. Während in zahlreichen politischen Bereichen rüber, ob ein Ersuchen auf Überprüfung gestellt und wie – beim Deutschen Bundestag, bei Landtagen und kommu- das gesamte Verfahren ausgestaltet werden solle. Hierbei nalen Vertretungen in den neuen Bundesländern, aber z. B. ist die Behörde sehr viel umfangreicher als früher üblich auch im öffentlichen Dienst, bei Aufarbeitungseinrichtun- einbezogen worden und hat durch rechtliche Hinweise gen und in Ordensangelegenheiten – schon seit vielen Jah- zum Stasi-Unterlagen-Gesetz, Informationen zur mögli- ren mit einer gewissen Kontinuität Überprüfungen statt- chen Verfahrensgestaltung und durch Darlegung bisheri- finden, hat sich in einigen Teilbereichen der öffentlichen ger praktischer Erfahrungen in vergleichbaren Fällen Un- Verwaltungen und der kommunalen Vertretungen erst in terstützung gegeben. letzter Zeit eine neue Dynamik entwickelt. Vor allem gilt In zahlreichen kommunalen Vertretungen hat es intensive das im Land Brandenburg. Nachdem hier der Anteil der Diskussionen gegeben, wie die Mitteilungen des Bundes- überprüften Personen im Landesparlament und in kommu- beauftragten zu bewerten seien und welche Konsequen- nalen Vertretungen sowie in der Verwaltung auf Landes- zen gegebenenfalls angemessen wären. Dabei hat sich in wie auf Kommunalebene seit Anfang der 90er-Jahre gerin- manchen Kommunen gezeigt, dass viele der dabei auftre- ger als in den anderen neuen Bundesländern war, ist seit tenden Probleme sich im Wesentlichen nicht aus den vom etwa 2009/2010 die Anzahl der Ersuchen deutlich ange- Bundesbeauftragten überreichten Mitteilungen selbst er- stiegen. Verbunden war dies mit oft heftigen, auch in der geben. Denn diese werden nach gleichen sachlichen Kri- Öffentlichkeit ausgetragenen, politischen Auseinanderset- terien entsprechend der Aktenlage erstellt. Ursächlich ist zungen. vielmehr die nicht immer sorgfältige und differenzierte, Bis zum 31. Dezember 2012 hat es im Berichtszeitraum manchmal sogar von Vorverurteilungen geprägte Um- keinen Fall (gemäß § 27 Absatz 1 StUG) gegeben, bei gangsweise mancher mit den Inhalten der Mitteilungen. dem der Bundesbeauftragte gelegentlich der Erfüllung Bei sachlicher Diskussion unter allen Beteiligten und im seiner Aufgaben die Tätigkeit einer Person für den Staats- Rahmen eines fairen Verfahrens bieten die Mitteilungen sicherheitsdienst festgestellt hat und daraufhin eine Mit- aber eine ausreichende Grundlage für eine weiterführende Diskussion und eine sachgerechte Entscheidung. teilung ohne Ersuchen an die jeweils ersuchensberech- tigte Stelle herausgegeben hätte. In den Jahren 2011 und 2012 zusammen wurden in folgen- der Zahl Ersuchen zur Überprüfung kommunaler Man- 4.2.6.1 Abgeordnete, Mitglieder kommunaler datsträger (d. h. Angehöriger kommunaler Vertretungen Vertretungen, kommunale Wahlbeamte, wie auch kommunaler Wahlbeamter) gestellt: aus Bran- ehrenamtliche Bürgermeister und denburg zu 560 Personen, aus Sachsen zu 229, aus Thürin- entsprechende Vertreter für einen gen zu 383, aus Mecklenburg-Vorpommern zu 381, aus Gemeindeteil sowie Sachsen-Anhalt zu 301 und aus Berlin zu 204 Personen. Regierungsmitglieder Der Unterschied in den Zahlen erklärt sich daraus, dass die Wahlperioden in den Ländern zu unterschiedlichen Zeit- In der laufenden Legislaturperiode hat der Deutsche Bun- punkten begonnen haben und Ersuchen eher an deren An- destag bis zum 31. Dezember 2012 zu 427 Abgeordneten fang gestellt werden. um Überprüfung gebeten. In der vorangegangenen Legis- Aufgrund der Achten Novellierung des Stasi-Unterlagen- laturperiode waren insgesamt 129 Abgeordnete überprüft Gesetzes sind im erweiterten Verwendungszweck gemäß worden. §§ 20 und 21 Absatz 1 Nummer 6b StUG jetzt erstmals Drei der im Berichtszeitraum neu gewählten Landesparla- ausdrücklich „ehrenamtliche Bürgermeister und entspre- mente haben in folgender Zahl um Überprüfung gebeten: chende Vertreter für einen Gemeindeteil“ aufgenommen der Landtag von Sachsen-Anhalt zu 75 Abgeordneten, worden. Die reale Auswirkung dieser Änderung ist bisher der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern zu 45 Abge- jedoch gering. Denn schon seit 1991 werden ehrenamtli- ordneten und das Abgeordnetenhaus von Berlin zu che Bürgermeister kontinuierlich überprüft, entweder in 128 Abgeordneten. ihrer Eigenschaft als Ehrenbeamte oder als Mitglied der kommunalen Vertretungskörperschaft. Insofern hat diese Nachdem die Anzahl der Mandatsträger aus den kommu- Formulierung nur klarstellenden Charakter. nalen Vertretungen im Land Brandenburg, zu denen der Bundesbeauftragte um Überprüfung gebeten wurde, im Die Vertreter für einen Gemeindeteil, also Ortsbürger- vorhergehenden Berichtszeitraum sprunghaft von zuvor meister, Ortsteilbürgermeister, Ortschaftsratsvorsitzende 63 auf 699 im Jahr 2009 und 1 697 im Jahr 2010 angestie- etc., waren hingegen – abhängig von den jeweiligen Rege- gen war, ist nun wieder ein Rückgang zu verzeichnen: im lungen im Kommunalrecht eines Bundeslandes – nur in ei- Jahr 2011 waren es noch 458 und im Jahr 2012 noch nigen Ländern als ehrenamtliche Wahlbeamte überprüf- 107 kommunale Mandatsträger. Dieser Rückgang war zu bar. Die neue gesetzliche Bestimmung, nach der nun auch erwarten, da die kommunalen Vertretungen, die eine die Ortsbürgermeister u. a. überprüfbar sind, die nicht den Überprüfung ihrer Mitglieder beschlossen hatten, inzwi- Status eines Ehrenbeamten haben, ist bisher wenig genutzt schen ihre Ersuchen beim Bundesbeauftragten einge- worden. Möglicherweise ist diese Erweiterung der Über- reicht hatten. Zudem rückt das Ende der Wahlperiode nä- prüfungsmöglichkeiten in manchen Kommunen noch her (Frühjahr 2014). nicht bekannt. Bis zum 31. Dezember 2012 sind hierzu erst ein Ersuchen und eine Anfrage eingegangen. Durch die In vielen kommunalen Vertretungen im Land Branden- Neufassung der §§ 20 und 21 Absatz 1 Nummer 6h StUG burg gab es heftige, auch kontroverse Diskussionen da- können seit dem 31. Dezember 2011 – wie schon bis Ende – 55 –

2006 – auch die Bewerber für ein Bürgermeisteramt und Auf dieser neuen gesetzlichen Grundlage sind im Jahre andere kommunale Funktionen wieder überprüft werden. 2012 zum ersten Bereich zu insgesamt 295 Personen Er- suchen eingereicht worden, davon 110 aus dem Land In den Jahren 2011 und 2012 wurde zu insgesamt 60 Mit- Brandenburg. Etwa 37 Prozent der Ersuchen musste ab- gliedern von Landesregierungen, d. h. zu Ministern und gelehnt werden, da die angefragten Personen entweder Staatssekretären (bzw. Senatoren und Staatsräten), um unterhalb der vorgeschriebenen Mindest-Besoldungs- Überprüfung ersucht – aus den Bundesländern Hamburg bzw. -Entgeltgruppe eingestuft waren, einem anderen Be- (28), Berlin (11), Nordrhein-Westfalen (4), Brandenburg soldungs- bzw. Entgeltsystem angehörten oder keine lei- (3), Mecklenburg-Vorpommern (1), Sachsen-Anhalt (14) tende Funktion ausübten. und Sachsen (1). Zum zweiten Bereich ist in zehn Fällen um Mitteilung zu einer Person gebeten worden. Alle einreichenden Institu- 4.2.6.2 Leitende Mitarbeiter öffentlicher Stellen; tionen waren dabei im Land Brandenburg. von der öffentlichen Hand bestellte Mitglieder von Vertretungs- und Auf- In zwölf Fällen wurde zum dritten Bereich um die Über- sichtsorganen; Beschäftigte im prüfung einer Person gebeten. Die von den ersuchenden öffentlichen Dienst in tatsachen- Stellen beigebrachten (und als ausreichend akzeptierten) gestützten Verdachtsfällen Tatsachen bestanden dabei in eigenen Erklärungen dieser Personen über eine frühere Zusammenarbeit mit dem Für einige besonders wichtige Personengruppen und MfS, in Personalunterlagen (bei Bewerbungen), in sub- Funktionsträger war vor der Achten Novellierung des stanziell recherchierten Medienberichten und in protokol- StUG eine Überprüfung bis zum 31. Dezember 2011 mög- lierten Zeugenaussagen Dritter. lich. Dazu gehörten auch Beamte und Angestellte, die eine Behörde leiten oder eine vergleichbar verantwortungs- Die Zahl von insgesamt 317 im Jahr 2012 zu diesem Ver- volle Aufgabe wahrnehmen (§§ 20/21 Absatz 1 Num- wendungszweck eingereichten Ersuchen bedeutet eine mer 6d StUG in der seit dem 29. Dezember 2006 geltenden Steigerung um etwa die Hälfte gegenüber dem Vorjahr. Fassung). 4.2.6.3 Berufsrichter und ehrenamtliche Richter Diesbezüglich wurden im Jahr 2011 zu 210 Personen Er- suchen um Überprüfung gestellt, meist aus dem Land In den beiden Jahren 2011 und 2012 wurde zu insgesamt Brandenburg und dort zum größten Teil zu Polizeibeam- 67 Berufsrichtern um Überprüfung gebeten. 57 von die- ten. Die seit dem Jahr 2009 intensiv geführte politische sen sind Richter des Landes Brandenburg. Weiterhin wur- Debatte in diesem Bundesland hat dazu geführt, dass ne- den Ersuchen zu neun Personen eingereicht, die sich um ben den Ersuchen zu Landtagsabgeordneten und den Mit- eine leitende Richterstelle an einem gemeinsamen Ge- gliedern vieler kommunaler Vertretungskörperschaften richt des Landes Brandenburg und Berlin beworben hat- auch solche zu leitenden Beschäftigten in der Verwaltung ten. Ferner hat der Ausschuss des Landtages von Meck- eingereicht wurden. Vor allem hat das Innenministerium lenburg-Vorpommern zur Vorbereitung der Wahl der in Potsdam um die Überprüfung vieler Polizeibeamter ge- Richter des Landesverfassungsgerichtes zu einem dafür beten, die auf verschiedenen Leitungsebenen tätig sind vorgesehenen Kandidaten um Mitteilung gebeten. (Schutzbereiche und Wachen bzw. – nach der Strukturre- form der Polizei 2011 – Direktionen, Inspektionen und Mit dem Ziel der Ernennung zu ehrenamtlichen Richtern Reviere). Wegen der engen Formulierung des Verwen- wurden zu zwei Personen Ersuchen eingereicht. Die dungszwecks im Gesetz (Behördenleiter) konnten im Er- Überprüfung von insgesamt sechs Personen, die zu Frie- gebnis intensiver rechtlicher Prüfungen nur die Leiter der densrichtern ernannt werden sollten, musste abgelehnt Schutzbereiche, nicht aber die Leiter der (in der Hierar- werden, da diese Funktion der Schiedsgerichtsbarkeit chie der Polizei diesen untergeordneten) Polizeiwachen nicht zu den ehrenamtlichen Richtern im Sinne des StUG überprüft werden. gehört.

Diese Situation hat mit dazu geführt, dass in der politi- 4.2.6.4 Leitende Personen im Sport sowie schen Debatte über die Ausgestaltung der Achten StUG- Trainer und Betreuer von Mitgliedern der Novellierung sich die Position durchgesetzt hat, den in deutschen Nationalmannschaften diesem Verwendungszweck definierten überprüfbaren Personenkreis erheblich auszuweiten. Nach der seit dem Seit der Siebten StUG-Novellierung Ende Dezember 31. Dezember 2011 geltenden Fassung der §§ 20 und 21 2006 können nach §§ 20/21 Absatz 1 Nummer 6g StUG Absatz 1 Nummer 6d StUG sind nunmehr überprüfbar: leitende Funktionäre im Deutschen Olympischen Sport- leitende Mitarbeiter öffentlicher Stellen ab der Besol- bund (DOSB), in seinen Spitzenverbänden und Olympia- dungsgruppe A 9 bzw. der Entgeltgruppe E 9 (erster Be- stützpunkten, Repräsentanten in internationalen Gremien reich), Mitglieder von Vertretungs- und Aufsichtsorganen sowie Trainer und verantwortliche Betreuer von Mitglie- in öffentlich dominierten Einrichtungen (zweiter Bereich) dern der deutschen Nationalmannschaften überprüft wer- sowie generell diejenigen im öffentlichen Dienst Be- den, allerdings nicht die Sportlerinnen und Sportler schäftigten, bei denen Tatsachen den Verdacht einer Tä- selbst. Für die Sommerspiele in London 2012 hat der tigkeit für den Staatssicherheitsdienst rechtfertigen (drit- DOSB zu insgesamt 254 Mitgliedern der Olympiamann- ter Bereich). schaft um Überprüfung gebeten. Außerdem hat ein Sport- – 56 – verband zwei Ersuchen zu einem Trainer und zu einem beiden Jahren 2011 und 2012 zusammengenommen ist zu Generalsekretär eingereicht. insgesamt 763 Personen um Überprüfung ersucht wor- den. Damit ist die jährliche Eingangszahl seit 2008 in 4.2.6.5 Beiratsmitglieder des BStU und etwa der gleichen Größenordnung. Nach wie vor handelt Beschäftigte in Aufarbeitungsinitiativen es sich bei der großen Mehrheit der angefragten Personen um ehemalige Bürgerinnen und Bürger der DDR. Dies Im Berichtszeitraum wurden fünf Mitglieder des Beirats gilt auch für die Ersuchen aus den alten Bundesländern. und acht Mitglieder des wissenschaftlichen Beratungsgre- miums des Bundesbeauftragten überprüft. 4.3 Anträge für die Forschung zum Zweck Ersuchen wurden ferner eingereicht zur Überprüfung von der politischen und historischen vier (darunter zwei neu ernannten) Landesbeauftragten Aufarbeitung sowie für Zwecke der und von 13 bei den Landesbeauftragten Beschäftigten. politischen Bildung und von Presse, Mehrere mit der Aufarbeitung der Tätigkeit des Staatssi- Rundfunk und Film cherheitsdienstes oder der Herrschaftsmechanismen der Die Antragszahlen sind auf dem konstant hohen Niveau ehemaligen DDR befasste Einrichtungen haben in den des vorherigen Berichtszeitraums geblieben. Im Durch- Jahren 2011/2012 zu insgesamt 79 Mitarbeiterinnen und schnitt erreichten 120 Anträge pro Monat den Bundesbe- Mitarbeitern sowie Gremienmitgliedern um Überprüfung auftragten. Während die meist eiligen Medienanträge in gebeten. Zwei auch für die Rehabilitierung zuständige der Mehrzahl zeitnah bearbeitet werden konnten, war dies Behörden des Landes Brandenburg haben zu 39 dort mit für komplex angelegte Forschungsvorhaben nicht immer diesem Thema befassten Beschäftigten Ersuchen einge- möglich. Diese Situation wird sich bei einem weiterhin reicht. erwarteten kontinuierlichen Antragseingang auch künftig nicht entspannen. 4.2.6.6 Sicherheits- und Zuverlässig- Im Berichtszeitraum wurden 2 931 Forschungs- und Me- keitsüberprüfungen dienanträge nach §§ 32 ff. StUG gestellt; 978 Anträge Im Jahr 2011 haben die zuständigen Stellen nach den Si- richteten die verschiedensten Medien an den BStU und cherheitsüberprüfungsgesetzen des Bundes (SÜG) und 1 953 Anträge waren Forschungsanträge. Die drei Über- der Länder, dem Luftsicherheitsgesetz (LSG) und dem sichten auf den folgenden beiden Seiten zeigen die Zah- Atomgesetz (AtG) bzw. der Atomrechtlichen Zuverläs- len der Anträge nach Themenbereichen und schlüsseln sigkeitsverordnung zu 9 532 Personen um Mitteilung ge- auf, aus welchen Institutionen bzw. Bereichen die antrag- beten, ob sich zu diesen aus den Stasi-Unterlagen Hin- stellenden Forscher und Medienvertreter kamen; im An- weise auf eine hauptamtliche oder inoffizielle Tätigkeit hang 7 finden sich weitere Informationen zum Thema. für den Staatssicherheitsdienst ergeben. Im Jahr 2012 be- lief sich die entsprechende Zahl auf 7 834 Personen. Die Zusammensetzung des Kreises der Antragsteller wi- derspiegelt das anhaltend breite gesellschaftspolitische In- teresse. Sie hat sich im Vergleich zum letzten Berichtszeit- 4.2.6.7 Rentenangelegenheiten raum kaum verändert: Wie auch in den vergangenen Die Personen, die früher einem der Sonder- und Zusatz- Jahren reicht das Spektrum der Interessenten von regional versorgungssysteme der DDR angehörten, müssen – bei und international tätigen Journalisten über Autoren und der Überführung in die gesetzliche Rentenversicherung Schriftsteller, Studenten, Doktoranden bis hin zu renom- der Bundesrepublik – mit einer Kürzung ihrer Renten mierten Forschern unterschiedlichster Wissenschafts- rechnen, wenn sich bei ihnen eine hauptamtliche oder zweige und Einrichtungen. Unter den Antragstellern be- verdeckt-hauptamtliche Tätigkeit für den Staatssicher- finden sich auch Schulen und Universitäten, Vereine und heitsdienst herausstellt. Die Anzahl der Personen, zu de- Verbände, verschiedenste Medien, Landesbeauftragte so- nen die für die Rentenfestsetzungen zuständigen Stellen wie Mahn- und Gedenkstätten. Die bereits im Zehnten Tä- deswegen beim Bundesbeauftragten um Überprüfung bit- tigkeitsbericht erwähnte erkennbare Zunahme der Antrag- ten, ist schrittweise zurückgegangen – von 84 156 im Jahr steller, die die vom BStU verwahrten Unterlagen für 2004 bis auf 5 334 im Jahr 2010 und im Berichtszeitraum Forschungen im Rahmen ihrer Magisterarbeit oder ihrer im Jahr 2011 nun 6 524 sowie im Jahr 2012 dann Dissertation nutzen möchten, hat sich im Berichtszeitraum 6 845 angefragte Personen. fortgesetzt. Bei den Studierenden wächst das Interesse an der historischen Aufarbeitung des Einflusses des Staatssi- 4.2.6.8 Ordensangelegenheiten cherheitsdienstes auf die unterschiedlichsten Lebensberei- che. Das Bundespräsidialamt, die Staats- und Senatskanzleien sowie einzelne Ministerien der Länder haben die Mög- Anhaltend hoch ist auch die Zahl der Anträge von auslän- lichkeit, diejenigen Bürgerinnen und Bürger auf eine dischen Forschern und Medienvertretern. Im Berichts- hauptamtliche oder inoffizielle Tätigkeit für den Staatssi- zeitraum gingen aus dem Ausland 328 Anträge ein. Zum cherheitsdienst zu überprüfen, denen ein Bundes- oder Beispiel wurde im Auftrag der BBC ein Antrag zum Landesorden verliehen werden oder eine vergleichbare Thema „Schulungsfilme des MfS“ bearbeitet. Dazu wur- Ehrung zukommen soll. Davon machen – seit vielen Jah- den von der Antragstellerin 24 Filme gesichtet und ren – die neuen Bundesländer in einem erheblich größe- 19 Filme (jeweils als Duplikate) herausgegeben. Im Er- ren Umfang Gebrauch als die alten Bundesländer. In den gebnis entstand u. a. eine DVD, die an englischen Schu- – 57 –

Antragseingänge gemäß §§ 32 und 34 StUG

Eingänge im Anteile der Themen Themenkomplexe Eingänge gesamt Berichtszeitraum im Berichtszeitraum Wissenschaft/Wirtschaft 3 031 352 12 % Bildung/Familie/Jugend/Sport/Medizin 2 641 272 9 % Religion 2 020 158 5 % Recht/Justiz/Polizei 1 656 249 9 % Internationale Beziehungen 1 330 159 6 % Politik/Parteien/Organisationen 5 472 508 17 % Nationalsozialismus 2 373 326 11 % Militär/Grenze/ 1 814 228 8 % MfS 2 623 216 7 % Kunst/Kultur/Medien 3 954 401 14 % Geheimdienste/Terrorismus 816 62 2 % gesamt 27 730 2 931

Verteilung der Antragsteller

§ 32 StUG 700

600

500

400

300

200

100

0 – 58 –

Verteilung der Antragsteller

§3Αϯϰ StUG 350

300

250

200

150

100

50

0

len zur Bildungsarbeit eingesetzt wird und einen Einblick 4.3.1 „Westarbeit“ des MfS in die Arbeit des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR sowie die deutsche Nachkriegsgeschichte gewährt. Der Komplex „Westarbeit“ des Staatssicherheitsdienstes Für die Anträge von international renommierten For- ist schon seit Jahren ein Schwerpunkt der Arbeit des schern werden bei den Recherchen nicht selten bis zu BStU. Strukturen und Agentennetze sowie die entspre- 50 000 Seiten gelesen. Da sich die ausländischen Antrag- chenden Informationsflüsse konnten im Zuge der weite- steller im Rahmen ihrer Forschungen oft nur für kurze ren Erschließung von Unterlagen einzelner Hauptabtei- lungen und Bezirksverwaltungen teilweise rekonstruiert Zeit in Deutschland aufhalten, ist zudem eine besondere werden, obwohl der Aktenbestand der HV A, der Aus- Eilbedürftigkeit bei der Bearbeitung geboten, was eine landsabteilung des Staatssicherheitsdienstes, fast voll- konsequente Arbeitsorganisation und großes Engagement ständig vernichtet wurde. Eine Vielzahl diesbezüglicher der damit befassten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter er- Medienanträge spiegelt das anhaltende öffentliche Inte- fordert. resse und den ungebrochenen Aufarbeitungswillen wider. Aus organisatorischen Gründen haben sich in der Vergan- Im August 2011 erschien ein Artikel im Berliner „Tages- genheit Arbeitsschwerpunkte bei der Bearbeitung von so- spiegel“, wonach das MfS in West-Berlin fast fünf Jahre genannten Themenkomplexen herausgebildet. Das hat lang unbemerkt ein Hotel unterhalten hatte. Diese Tatsa- zur Folge, dass ähnliche Antragsthemen im gleichen Ar- che löste in Anbetracht des Gedenkens zum 50. Jahrestag beitsbereich bearbeitet werden. Der Einsatz und die Kon- des Mauerbaus im In- und Ausland erhebliche mediale tinuität dieses „Spezialistenwissens“ haben sich bei der Aufmerksamkeit aus. Bereits 1992 hatte der „Spiegel“ Erledigung der Anträge besonders bewährt und führen zu über eine Gruppe von inoffiziellen Mitarbeitern (IM), be- Synergieeffekten bezüglich der Art, der Tiefe, des Auf- stehend aus „Rennfahrer“, „Karate“ und „Janett“, berich- wands oder des Umfangs notwendiger Recherchen. Da- tet, die gezielt für die Tötung von Menschen ausgebildet durch können mehrere themenverwandte Vorhaben paral- worden waren. In einem Nebensatz wurde das Hotel er- lel bearbeitet werden, wovon die Antragsteller sowohl wähnt. Es diente diesen und anderen IM als „Legalisa- inhaltlich als auch zeitlich profitieren. Dies gilt grund- tionsbasis“. Der ehemalige Tagesspiegel-Redakteur und sätzlich auch für die Antragsbearbeitung in den Außen- heute als freier Journalist und Buchautor tätige Jürgen stellen. Im Folgenden werden ausgewählte Anträge aus Schreiber hatte in seinem Antrag „Die Nutzung des Ost- den Themenschwerpunkten vorgestellt. West-Reiseverkehrs durch das MfS“ um Recherchen zu – 59 – diesem MfS-Stützpunkt in West-Berlin gebeten. Nach der In die Teildatenbank 13 speiste das MfS alle Informatio- Auswertung einer Vielzahl von Unterlagen wurden insge- nen ein, die für die Planung und Absicherung von Spiona- samt 771 Kopien herausgegeben, darunter auch Fotos des geeinsätzen der HV A im „Operationsgebiet“ benötigt Staatssicherheitsdienstes von Innen- und Außenansichten wurden. Dazu gehörten Informationen über westliche des Hotels. Aus den Akten ergab sich weiter, dass das Grenzkontrollen ebenso wie Angaben über die unauffäl- MfS für den Erwerb des Hotels „Luftbrücke“ insgesamt lige Nutzung von Hotels oder Angaben zu gefälschten 96 000 DM zur Verfügung stellte, denn die für Beobachtun- Ausweisen und Reisepässen, die einen reibungsfreien gen, Ermittlungen und Festnahmen zuständige Hauptabtei- Einsatz im Westen ermöglichen sollten. lung VIII plante 1976 die Errichtung eines Stützpunkts in West-Berlin. Die Gruppe um den IM „Rennfahrer“ konnte Es ist bekannt, dass an der deutsch-deutschen Grenze un- so von West-Berlin aus eine Vielzahl von Einsätzen mit zählige Pässe von Bundesbürgern kopiert und für Zwecke Beobachtungs- und Ermittlungsaufträgen durchführen. des Staatssicherheitsdienstes gefälscht wurden, so auch Der dieser Gruppe angehörende IM „Karate“ war in der der von Dieter Schanz, der von 1983 bis 1998 Mitglied Bundesrepublik sogar wegen krimineller Delikte zur des Deutschen Bundestages war. Die Staatssicherheit Fahndung ausgeschrieben, befand sich ständig auf der stattete einen Auslandsagenten mit seiner Identität aus. Flucht und hatte keinen legalen Wohnsitz. Der „Stützpunkt Das Original und die Fälschung des Passes wurden bei Rheinland“ (so die MfS-Bezeichnung für das Hotel) war der Erschließung von Unterlagen der Abteilung XV der seine zweifelhafte Herberge. Die als Geschäftsführerin des BV Leipzig aufgefunden (die Abteilungen XV der Be- Hotels eingesetzte IM „Janett“ übergab dem MfS zahlrei- zirksverwaltungen wurden inhaltlich von der HV A ange- che Informationen über „operativ-interessante“ Gäste aus leitet und kontrolliert). Das MfS stattete seinen inoffiziel- dem In- und Ausland. Das Hotelpersonal selbst wusste len Mitarbeiter „Siakou“ mit der neuen Identität und dem nichts von diesen Zusammenhängen. 1981 wurde das Ho- gefälschten Pass des SPD-Politikers samt gefälschter Un- tel wieder verkauft. terschrift und neuem Foto aus. Als Instrukteur war es seine Aufgabe, Agenten und Spitzel u. a. in München zu Großes Erstaunen lösten auch die Berichte der „Bild“- treffen. Es ging vorwiegend um Industriespionage. „Sia- Zeitung im Januar 2011 aus, als bekannt wurde, dass der kou“ verfügte über mehrere Reisedokumente und Pässe Staatssicherheitsdienst auch einen IM im Düsseldorfer mit gefälschten und fiktiven Identitäten. Karneval im Einsatz hatte. Die Zeitung hatte Recherchen zum Thema „Reiseverkehr von Ost nach West unter be- Um zu verhindern, dass die mit gefälschten Identitäten sonderer Berücksichtigung der Aufenthalte von IM in ausgestatteten Agenten in der Bundesrepublik gefasst wer- Nordrhein-Westfalen“ beantragt. Dazu wurde speziell in den könnten, hielt das MfS die Ursprungspersonen unter den SIRA-Teildatenbanken recherchiert und festgestellt, Beobachtung. Dafür wurde sogar in dem gefälschten Pass dass sich insbesondere IM „Hermann“ mehrmals in Nord- der Wohnort von Herrn Schanz von Oberhausen nach rhein-Westfalen aufgehalten hatte. Hinter diesem Deck- Mainz verlegt, mutmaßlich mit der Absicht, dass Rech- namen verbarg sich ein DDR-Bürger, der seit 1979 für nungen und Post für den falschen Dieter Schanz nicht beim das MfS tätig und bis zum Herbst 1989 gezielt als soge- SPD-Politiker landeten. Mit der ausdrücklichen Zustim- nannter Werber im Operationsgebiet eingesetzt war. Un- mung von Herrn Schanz konnten die vorhandenen Unter- ter der Legende, Recherchen für ein Buch über den Kar- lagen für ein Medienvorhaben des rbb verwendet werden. neval zu sammeln, knüpfte er auch Kontakte zu Personen Im Februar 2012 wurde die Dokumentation in der Sen- aus dem Düsseldorfer Raum. Die aufgefundenen Archi- dung „Kontraste“ mit einem bewegenden Interview mit valien umfassten mehr als 3 000 Seiten. Für die Heraus- Herrn Schanz ausgestrahlt. gabe wurden 800 Seiten ausgewählt. Diese Kopien enthielten beeindruckende Informationen über den Ein- Das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf von Berlin beantragte satz von inoffiziellen Mitarbeitern in der Bundesrepublik, aufgrund bereits früher aufgefundener Fotos vorrangig die Verwendung von Legenden und die zielgerichtete Einsicht in Archivsignaturen aus dem Fotobestand des Aufklärung von Bundesbürgern für eine eventuelle An- BStU, um eine eigene Fotoausstellung mit diesen Repro- werbung. duktionen zu gestalten. Der Rechercheschwerpunkt wurde auf Fotos gelegt, die möglichst viel vom Straßenbild er- Seit August 1999 besteht die Möglichkeit, Auskünfte aus kennen lassen. Im April 2012 informierte der Antragstel- elektronischen Datenbanken der Auslandsspionageabtei- ler, dass das Projekt darüber hinaus als ein Beitrag für den lung des MfS, der Hauptverwaltung Aufklärung (HV A), „Europäischen Monat der Fotografie“ ausgewählt wurde. zu erhalten. Diese Datenbanken sind unter dem Namen Die Ausstellung wurde im Gesamtkatalog präsentiert SIRA bekannt geworden. In den SIRA-Teildatenbanken und konnte dadurch eine größere Reichweite erzielen. 11 bis 14 verzeichnete die HV A im Wesentlichen alle In- Bei der Antragsbearbeitung sind etwa 210 Signaturen aus- formationen, die sie im Rahmen ihrer Spionagetätigkeit gewertet, 40 Foto- und 69 Schriftgutakten bestellt, über weltweit beschaffte. In den einzelnen Informationen sind 3 800 Fotos, aber auch 5 800 Aktenseiten gesichtet wor- jeweils die Registriernummer und der Deckname der Per- den. Über 1 500 Fotos wurden im Archiv der Zentral- son angegeben, die sie gegeben hat. Deshalb kann man stelle zur Akteneinsicht vorgelegt. Als Duplikate wurden feststellen, welche Person oder welcher Vorgang der 138 Fotos und 51 Seiten herausgegeben. Die Ausstellung HV A besonders viele oder besonders wertvolle Informa- wurde vom 16. Oktober bis 11. November 2012 im Bezirk tionen lieferte. Steglitz-Zehlendorf gezeigt. – 60 –

4.3.2 Grenzregime, Fluchten, Militär und ten zur Akteneinsicht vorgelegt und 2 624 Kopien überge- Militärverbindungsmissionen ben. Außerdem konnten dem Antragsteller 2 169 Fotos zur Grenzübergangsstelle Bahnhof Friedrichstraße zur Ein- Am 13. August 2011 jährte sich zum 50. Mal der Tag des sicht angeboten werden, wovon 527 dupliziert wurden. Mauerbaus in Berlin, dem der jahrzehntelange Ausbau Hinzu kamen vier Filme, die nun am authentischen Ort und die ständige Perfektionierung der Grenzsicherungs- präsentiert werden. anlagen an der gesamten innerdeutschen Grenze folgten. Kaum ein anderes Ereignis in der jüngeren Geschichte Weiterhin erschienen im Berichtszeitraum zahlreiche Bü- Deutschlands hat die Menschen in Ost und West mehr ge- cher, denen ausgiebige Recherchen im Stasi-Unterlagen- prägt als die Teilung der beiden deutschen Staaten. Und Archiv zugrunde lagen: zum Thema Fluchthilfe u. a. so ist es nicht verwunderlich, dass allein im Berichtszeit- „Wege durch die Mauer: Fluchthilfe und Stasi zwischen raum bis zu diesem Jahrestag 75 Forschungs- und Me- Ost und West“ von Dr. Burkhart Veigel und „Fluchthelfer. dienanträge, zum Teil sehr kurzfristig, gestellt und mit Die Gruppe um Wolfgang Fuchs“ von Dr. Peter Schulen- Vorrang bearbeitet wurden. Sehr viele Anträge zum Mau- burg und Klaus-Michael von Keussler, zu Opfern der erbau waren bereits in den Jahren 2009 und 2010 gestellt Berliner Mauer: „Mein Freund Egon. Leben und Sterben worden. von Egon Schultz“ von Michael Baade sowie „Mord an der Mauer. Der Fall Peter Fechter“ von Lars-Broder Keil Die Forschungsthemen waren so vielfältig wie die in den und Sven Felix Kellerhoff. Stasi-Akten dokumentierten Ereignisse: Dokumente von Vertreibung und Zwangsaussiedlungen, von geglückten Klaus Storkmann vom Militärgeschichtlichen Forschungs- und misslungenen Republik- und Fahnenfluchten, von To- amt Potsdam veröffentlichte das Buch „Geheime Solidari- desopfern, Inhaftierten, vom Fluchttunnelbau, von Flucht- tät. Militärbeziehungen und Militärhilfen der DDR in die hilfegruppen, von Meinungsäußerungen, Protesten und ‚Dritte Welt‘“. Dem Autor wurden von rund 45 000 gele- Widerstand gegen den Mauerbau, vom Leben der Men- senen Seiten 31 914 zur Einsicht vorgelegt und 6 648 Sei- schen in Grenzgebieten, von zerrissenen Familien, vom ten in Kopie herausgegeben. Mauerbau selbst, von Plänen zur immer stärkeren Siche- rung der Grenze und deren Umsetzung, von der Arbeit der Auch in den Außenstellen spielte das Thema Flucht im- Grenztruppen, vom Alltag an Grenzübergangsstellen, der mer wieder eine große Rolle; so bearbeitete die Außen- Arbeit der Pass- und Kontrolleinheiten, von zur Grenzsi- stelle Dresden einen Antrag der „Sächsischen Zeitung“ cherung eingesetzten inoffiziellen Mitarbeitern und „frei- zur Aufklärung des Schicksals des Meißner Bürgers Hans willigen“ Grenzhelfern. Franck. Hans Franck gehörte nach der Verminung der in- nerdeutschen Grenze im Jahr 1973 zu den ersten Opfern. So entstand beispielsweise das am 29. Juli 2011 auf Erst wenige Monate vor seiner geplanten Flucht waren ARTE und am 2. August 2011 im Ersten Deutschen Fern- die Splitterminen SM 70 an der Grenze installiert worden. sehen gesendete Doku-Drama „Geheimsache Mauer – Mit schwersten Verletzungen wurde der Flüchtling vom Die Geschichte einer deutschen Grenze“ (Buch und Re- Bundesgrenzschutz geborgen und erlag wenig später in gie: Christoph Weinert und Jürgen Ast). An den hierzu re- einem Krankenhaus seinen Verletzungen. Der Zeitungs- cherchierenden Fernsehsender rbb sowie dessen Produk- beitrag mit diesem konkreten Beispiel aus der Region tionspartner, LOOKS Film & TV Produktionen GmbH, hatte eine Vielzahl von Anfragen und Anträgen auf wurden 720 Kopien, 105 Filme sowie 121 Fotos heraus- Akteneinsicht zur Folge, besonders von Schülergruppen gegeben. Von den in diesem Zusammenhang 86 614 gele- wurden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Außen- senen Seiten wurden 16 088 zu Akteneinsichten vorge- stelle immer wieder auf diesen Beitrag angesprochen. legt und 449 Filme und 2 126 Fotos gemeinsam mit den Antragstellern gesichtet. In einem der früheren Tätigkeitsberichte wurde schon Vom 5. August bis zum 23. August 2011 erinnerte die im über das Thema Flucht über Bulgarien informiert. Nun Bahnhof Friedrichstraße anlässlich des 50. Jahrestages des haben und Andreas Kuno Richter einen Do- Mauerbaus eröffnete Ausstellung und Installation „Der kumentarfilm „Die Vergessenen. Tod, wo andere Urlaub geteilte Bahnhof“ an den Ausnahmezustand eines Grenz- machen“ gedreht. Der Film schildert dramatische Flucht- bahnhofs mitten in Berlin, der fast drei Jahrzehnte andau- versuche von DDR-Bürgern über die bulgarische Grenze. erte. Der BStU stellte der Kulturprojekte Berlin GmbH Er erzählt die Geschichte dreier junger Leute aus Leipzig, sehr kurzfristig mehr als 320 Fotos, vier Filme und die 1979 bzw. 1981 die Südosteuropa-Route für ihre 270 Kopien für die Ausstellung zur Verfügung. 24 064 Sei- Flucht wählten. Zwei junge Leute wurden von bulgari- ten, 2 350 Fotos und vier Filme wurden im Vorfeld recher- schen Grenzpolizisten erschossen. Der Dritte wurde an chiert. der bulgarisch-türkischen Grenze durch Schüsse schwer verletzt. Die bulgarischen Ärzte konnten nur eines seiner Am 14. September 2011 eröffneten Bundeskanzlerin beiden Beine retten. Zu diesem Thema wurde umfangrei- Dr. Angela Merkel und Kulturstaatsminister Bernd ches Material recherchiert – auch zu weiteren mehr als Neumann die neue Dauerausstellung „GrenzErfahrungen. 20 erschossenen DDR-Bürgern – und zur Akteneinsicht Alltag der deutschen Teilung“ im Berliner Tränenpalast. bereitgestellt. Dabei wurden auch Kontakte zu den Ange- Wissenschaftlern der Stiftung des Hauses der Geschichte hörigen der erschossenen DDR-Bürger und Zeitzeugen der Bundesrepublik Deutschland wurden – nachdem hergestellt. Am Abend des 9. Februar 2012 fand in der 107 789 Seiten durchgesehen worden waren – 86 879 Sei- Außenstelle Leipzig eine sehr bewegende Veranstaltung – 61 – mit der Aufführung des 45-minütigen Dokumentarfilms dargestellt. Bislang wurden für diesen Forschungsantrag mit anschließender Podiumsdiskussion statt. über 102 000 Seiten gesichtet und über 61 000 zur Ein- sichtnahme vorgelegt. Im November 2012 wurde der Au- Auch in der Außenstelle Rostock wurden sechs Anträge ßenparcours im Beisein des Landwirtschaftsministers zu diesem Themenkomplex bearbeitet. Wichtigster regio- Mecklenburg-Vorpommerns eröffnet. An der Ausstel- naler Aspekt war hier die Aufarbeitung von Fluchten über lung wird noch gearbeitet. Da die Fülle der Informationen die Ostsee. Zwischen 1961 und 1989 versuchten rund in der Ausstellung nicht unterzubringen sein wird, ist das 5 600 Menschen, über das Meer in die Freiheit zu fliehen; Erstellen eines Buches vorgesehen. nur wenige waren erfolgreich. Die meisten „Republik- flüchtlinge“ wurden von der Volkspolizei und dem Staats- sicherheitsdienst bereits im Vorfeld festgenommen. Rund 4.3.3 Justiz und Strafvollzug sowie Polizei 180 Menschen starben bei ihrem Fluchtversuch. Einen Schwerpunkt in diesem Themenfeld stellen die von Häufiges Fluchtziel war Dänemark, wo auch heute noch der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen gestellten großes Interesse am Schicksal gerade dieser Menschen Anträge dar. Im Berichtszeitraum standen insbesondere besteht. Ausdruck dessen war ein Medienantrag des re- zwei Forschungsanträge im Zentrum der Bearbeitung. nommierten dänischen Journalisten Jesper Clemmensen Im Herbst 2011 erschien das Buch der Autoren Tobias zum Thema „Ostseefluchten“ (Ziel: Dänemark). In der Voigt und Peter Erler „Medizin hinter Gittern“. In ihm Außenstelle Rostock wurden dazu über 60 000 Seiten ge- wird die Geschichte des Haftkrankenhauses in der MfS- sichtet und mehr als 2 800 Seiten in Kopie übergeben, da- Untersuchungshaftanstalt Berlin-Hohenschönhausen er- runter zahlreiche Fotos. In nächster Zeit wird in Däne- zählt. Für diese Studie stellte der Bundesbeauftragte zahl- mark zu diesem Thema eine umfangreiche Publikation reiche Kaderakten hauptamtlicher MfS-Mitarbeiter sowie erscheinen. – nach entsprechender Einwilligung – Unterlagen von Be- Mit einem Fernsehteam des NDR kam im Juli 2011 John troffenen zur Verfügung. Mit der Untersuchung ist eine Workman, ein ehemaliger US-Soldat, in die Schweriner Verbindung zwischen einer strukturellen Analyse und bio- Außenstelle. Er hatte an einem Informationstag der Be- grafischen Fallstudien, sowohl von Häftlingen als auch hörde in Dannenberg (Elbe) sein Interesse an einem For- ärztlichem Fachpersonal, gelungen. schungsantrag bekundet. Er schilderte, wie im Januar Ein zweiter Antrag der Gedenkstätte dient der Vorberei- 1970 zwei Fahnenflüchtige aus der DDR an seine Tür ge- tung ihrer Dauerausstellung. Die entsprechenden Einsich- klopft hätten, nachdem sie erfolgreich über die gefrorene ten in Archivmaterialien sollen verschiedene grundle- Elbe geflohen waren. Ein dritter Soldat wollte die DDR gende Fragen etwa zur Sozialstruktur der Inhaftierten, zu nicht verlassen und blieb zurück. Workman war zu dieser den Haftgründen oder zum Strafmaß der später Verurteil- Zeit als US-Soldat in Höhbeck stationiert. Jetzt wollte er ten klären helfen. Diese Daten sollen für statistische An- mehr über die Flucht der beiden Männer erfahren und sie gaben in der Dauerausstellung verwendet werden. Außer- möglichst wiedertreffen. Der NDR fand diese Geschichte dem wurden der Gedenkstätte bereits zahlreiche Kopien interessant und stellte daraufhin einen Medien-Antrag. von einschlägigen Bild-, Ton- und Filmdokumenten über- Das Aktenmaterial zu dem dritten Soldaten, der sich ge- geben, welche in der Ausstellung präsentiert werden sol- gen die Flucht entschieden hatte und trotzdem wegen Bei- len. hilfe zur Fahnenflucht verurteilt wurde, enthielt umfang- reiche Schilderungen zur damaligen Situation an der Ein Forschungsantrag der Gedenkstätte Potsdam-Leisti- Grenze und Bildmaterial von dem verschneiten Grenzge- kowstraße diente der Vorbereitung der Dauerausstellung, biet bei Lenzen an der Elbe. Über das Treffen der Betei- die am 18. April 2012 eröffnet wurde. In der Potsdamer ligten zeigte der NDR den Filmbeitrag „Jonny und die Leistikowstraße unterhielt die sowjetische Spionageab- Grenzsoldaten“. wehr bis in die 80er-Jahre ein Untersuchungsgefängnis, in welchem bis 1954 auch zahlreiche deutsche Staatsbür- Für den Umbau und eine Neugestaltung des einzigen ger inhaftiert waren. Viele Insassen wurden nach gewalt- Grenzlandmuseums in Norddeutschland, des Grenzhus in tätigen Verhören vor Sowjetischen Militärtribunalen Schlagsdorf, recherchiert die Politikwissenschaftlerin (SMT) zu langjährigen Haftstrafen oder zum Tod verur- Sandra Pingel-Schliemann im Aktenbestand der Außen- teilt. Der Bundesbeauftragte stellte der Gedenkstätte die stelle Schwerin. Bestandteile des neuen Dokumentations- Ergebnisse der Sachrecherchen zum Regime der Gruppe zentrums zur innerdeutschen Grenze werden eine Aus- der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland (GSSD) zur stellung und ein Außenparcours sein, der die Besucher an Verfügung. Viele der im Untersuchungsgefängnis Leisti- authentischen Orten mittels Ausstellungstafeln mit Infor- kowstraße Inhaftierten waren vom MfS verhaftet worden mationen versorgt. Die Wissenschaftlerin sucht nach Do- und wurden erst im Verlauf der Vernehmungen an die kumenten zum Grenzgeschehen, Einzelschicksalen, Be- sowjetische Besatzungsmacht übergeben. Deshalb befin- richten aus dem Alltagsleben im DDR-Sperrgebiet, den sich im Archiv des Bundesbeauftragten personenbe- Landkarten und Fotos. Die zukünftige Ausstellung soll zogene Dokumente, die einen unverzichtbaren Beitrag die technische Perfektionierung der Sperranlagen in his- zur Erforschung des Haftortes Leistikowstraße darstellen. torischer Reihenfolge schildern und belegen, dass an der Grenze auf Flüchtlinge geschossen wurde. Es werden die Die Stiftung Sächsische Gedenkstätten untersucht (zu- Folgen für die Umwelt (Einsatz von Pestiziden, Umwelt- sammen mit dem Hannah-Arendt-Institut für Totalitaris- verschmutzung usw.) und auch für die unberührte Natur musforschung an der Technischen Universität Dresden – 62 – sowie dem Zentrum für Zeithistorische Forschung in recherchiert wird, soll anhand konkreter Fälle die Arbeit Potsdam) unter dem Arbeitstitel „Todesurteile gegen der Ost-Berliner Kriminalpolizei veranschaulicht werden. Deutsche durch Sowjetische Militärtribunale in den Jah- ren 1945–1947“ diese noch wenig erforschte Phase der Neben Anträgen, die die systematische Auswertung des SMT in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ). Sowohl MfS-Materials zu ganzen Personengruppen bzw. größe- über den Umfang der Verurteilungen, die Herkunft der ren Sachfragen nach sich ziehen, werden beim BStU auch Verurteilten als auch die Urteilsgründe gab es bisher zu zahlreiche Anfragen zu Einzelpersonen bearbeitet. Bei- wenig belastbare Erkenntnisse. Hinzu trat die Schwierig- spielhaft hierfür ist ein Antrag des Forschungsverbunds keit, dass die Personendaten teilweise nur fragmentarisch SED-Staat zu Erwin Jöris, zu dem ergiebige Recherchen und vom Gesamtumfang her keinesfalls vollständig vor- durchgeführt und für eine Publikation ausgewertet wur- handen waren. Durch den Antragsteller wurden schritt- den. Dessen bewegte und wechselhafte Biografie – Jung- weise etwa 2 500 Personendaten eingereicht, wovon min- kommunist, KZ-Häftling, Emigrant in der Sowjetunion, destens 200 Fälle während des Aktenstudiums neu Spionageverdächtiger in der „großen Säuberung“, Wehr- entdeckt wurden. Es wurden zahlreiche Personen- und machtssoldat, SED-Mitglied, SMT-Verurteilter und Gu- Sachrecherchen durchgeführt, in deren Ergebnis bisher zu lag-Häftling – erschien im Juni 2012 als Buch von etwa einem Drittel der beantragten Personendaten Doku- Andreas Petersen unter dem Titel „Deine Schnauze wird mente gefunden wurden, die in den meisten Fällen darauf dir in Sibirien zufrieren: Ein Jahrhundertdiktat. Erwin Jö- hindeuten, dass die Beteiligung an NS-Verbrechen Grund ris“. der Verurteilung war. Dieser verblüffend hohe Prozent- In der Außenstelle Dresden wurde ein Antrag der Techni- satz an vorhandenen Unterlagen zu Personen, die bereits schen Universität (TU) Dresden zum Thema „Zwischen verstorben waren, als das MfS noch gar nicht gegründet Widerstand und Repression – Studenten der TU Dresden war, erklärt sich zum einen aus der systematischen Aus- 1946 – 1989“ bearbeitet; aus den Ergebnissen entstand wertung vorhandener NS-Unterlagen durch das MfS im eine umfangreiche Publikation. Anhand der Unterlagen Rahmen der Kampagnenpolitik, zum anderen durch die konnten Ausmaße, Hintergründe und politische Gerichts- später einsetzende systematische NS-Strafverfolgung, verfahren in der SBZ und DDR gegen Studenten der durch welche umfangreiche Kopien von SMT-Verfahren Technischen Hochschule bzw. der TU Dresden belegt und zu Beweiszwecken vom KGB an das MfS geliefert wur- die Dresdner Studentenprozesse im Jahr 1959 ausführlich den. Demzufolge handelt es sich bei den zur Verfügung dokumentiert werden. Die Prozesse wurden gegen die gestellten Unterlagen einerseits nur um Karteikarten, die Studenten geführt, die mit einem 16-Punkte-Programm wichtige Hinweise auf den Verurteilungsgrund geben, an- politische Alternativen zur Entwicklung in der DDR anre- dererseits um komplette Vernehmungsprotokolle, Ankla- gen wollten. Die meisten Angeklagten wurden zu hohen geschriften und SMT-Urteile. Diese Dokumente, die zum Zuchthausstrafen verurteilt. Der Autor stellte seine Veröf- Teil auf Unterlagen verweisen, die sich im Bundesarchiv fentlichung in der Außenstelle Dresden mit Unterstützung befinden, werfen nicht nur Licht auf die Urteilspraxis der von Zeitzeugen an einem Bürgerberatungstag vor. SMT zu ganzen NS-Formationen bzw. Tatkomplexen, sondern ermöglichen auch die detaillierte Rekonstruktion In der Außenstelle Erfurt wird im Zusammenhang mit der hoch interessanter Einzelbiografien. Das Schicksal vieler Gestaltung der Gedenkstätte in der Erfurter Andreas- verurteilter Personen konnte erstmals geklärt und in einen straße (ehemalige Haftanstalt) ein Antrag der Firma ikon geschichtlichen Kontext gestellt werden. Die Publikation aus Hannover bearbeitet, die im Auftrag des Thüringi- ist für Anfang 2013 vorgesehen. schen Ministers für Bildung, Wissenschaft und Kunst die Feinkonzeption für die Ausstellung erstellt. Ein weiterer Schwerpunkt der Antragsbearbeitung waren im Berichtszeitraum die Forschungen des Forschungsver- In der Außenstelle Frankfurt (Oder) wird gegenwärtig ein bunds SED-Staat an der Freien Universität Berlin im An- Forschungsvorhaben des Menschenrechtszentrums Cott- schluss an den „Fall Kurras“. Das umfangreiche Projekt bus e. V. bearbeitet, dessen Ergebnisse für die Ausstel- untersucht die Einflussnahme des MfS auf die West-Ber- lungsgestaltung in der ehemaligen Strafvollzugsanstalt liner Polizei (siehe Zehnter Tätigkeitsbericht, S. 65). Cottbus von großem Wert sind. Unter dem Motto „Frei- Nachdem im März 2011 ein erster Forschungsbericht an heit, Würde, Rechtsstaat“ wird die Geschichte des Straf- den Berliner Polizeipräsidenten übergeben bzw. der vollzugs im Zentralgefängnis Cottbus von 1860 bis 1989 Presse vorgestellt wurde, ist die Übergabe des zweiten erforscht. Der beauftragte Historiker hat umfangreiche Teils des Forschungsberichts, der die Zeit von 1970 bis Unterlagen eingesehen, die über die Zustände in der Haft- zum Mauerfall umfasst, für das Frühjahr 2013 vorgese- anstalt während der DDR-Zeit und über die Schicksale In- hen. haftierter näheren Aufschluss geben. Im Fokus der For- schertätigkeit stehen exemplarische Häftlingsbiografien in Die Forschungen zur West-Berliner Polizei weckten auch verschiedenen Zeitabschnitten. Den Schwerpunkt bilden das Interesse an der Einflussnahme des MfS auf die Ost- dabei die aus politischen Gründen Inhaftierten. Bisher Berliner Polizei. Ein entsprechender Forschungsantrag wurden dafür 58 744 Seiten durchgesehen, 16 418 Seiten wurde im Jahr 2009 vom Berliner Polizeipräsidenten ge- zur Akteneinsicht vorgelegt und 1 692 Kopien übergeben. stellt. Im April 2012 erschien ein erster umfangreicher Band, in welchem Geschichte, Struktur und Arbeitsweise Ein Student der Universität Leipzig untersuchte in seiner der Kriminalpolizei systematisch und überblicksartig dar- Masterarbeit die Untersuchungshaftanstalt der Bezirks- gestellt werden. In einem zweiten Band, zu dem aktuell verwaltung Leipzig des MfS. Damit schloss er eine regio- – 63 – nale Forschungslücke. Er erstellte erste Häftlingsübersich- 3 000 Personen recherchiert und seit 2011 Einsicht in ten für bestimmte Jahre der DDR und betrachtete sie im über 80 000 Seiten gewährt. Verhältnis zu gesellschaftlichen Umbrüchen wie z. B. dem Mauerbau 1961 und den Ereignissen im Herbst 1989. Für 4.3.4 Sport seinen Forschungsantrag wurden ca. 42 000 Seiten gele- sen, ca. 32 000 Seiten zur Akteneinsicht vorgelegt und Vor größeren Sportereignissen wie z. B. der Fußball-Euro- rund 2 500 Seiten als Kopie herausgegeben. Seine For- pameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine oder den schungsergebnisse stellte er einem breiten Publikum mit Olympischen Sommerspielen 2012 in London gehen auch einem Vortrag in der Reihe „Forschung aktuell – Ergeb- vermehrt Anträge zum Einfluss des MfS auf den Sport ein. nisse aus Stasiakten“ am 26. April 2012 in der Leipziger Gefragt wird zu Biografien einzelner Sportler, zu Sport- Außenstelle des Bundesbeauftragten vor. clubs, zum Verhalten von Fans oder zu bestimmten großen Sportereignissen. Der Fußball in seinen vielfältigen Facet- In der Außenstelle Magdeburg konnten im Berichtszeit- ten ist ein schier unerschöpfliches Forschungsthema inner- raum nach mehrjährigen umfangreichen Arbeiten zwei halb des Themenschwerpunktes Sport. thematisch verbundene Forschungsanträge zur ehemali- gen MfS-Untersuchungshaftanstalt Magdeburg abge- Für das Buchprojekt „Neunzehn87. Der Triumphzug des schlossen werden. Den beiden heute am einstigen Haftort 1. FC Lok Leipzig durch Europa“ (2012 veröffentlicht) agierenden Einrichtungen, der Gedenkstätte Moritzplatz stellte Thomas Franke einen Forschungsantrag zum Magdeburg für die Opfer politischer Gewaltherrschaft Thema „Einfluss auf den 1. FC Lokomotive Leipzig und 1945 bis 1989 und dem Bürgerkomitee Sachsen-Anhalt dessen Fans“, der in der Außenstelle Leipzig bearbeitet wurde. Anlass des Antrags war das 25. Jubiläum des Ein- e. V., hat die Außenstelle Magdeburg sehr viel Material zugs des 1. FC Lok Leipzig ins Fußball-Europapokalfi- zuarbeiten können. Beide Stellen eröffneten die Ausstel- nale im Mai 1987. Damals spielte der Leipziger Verein in lung Anfang 2012 in völlig überarbeiteter Form neu, vor Athen gegen Ajax Amsterdam. Thomas Franke erforschte allem auf der Quellenbasis der erwähnten Anträge. den Einfluss des MfS sowohl auf die Mannschaft und die Schüler des Christa-und-Peter-Scherpf-Gymnasiums in Offiziellen des 1. FC Lok Leipzig, aber auch auf die mit- beschäftigten sich mit dem Fall des Paul Reben- reisenden 800 Fans. Akribisch durchforstete der Antrag- stock: Paul Rebenstock war ehemaliger Leiter der Kreis- steller alle zur Verfügung gestellten Unterlagen und be- dienststelle Prenzlau des MfS und Anfang der 50er-Jahre fragte zahlreiche Zeitzeugen. Die Außenstelle sichtete für nach West-Berlin übergelaufen. 1953 wurde er vom MfS den Antrag rund 36 000 Seiten und gab 500 Seiten in Ko- verhaftet, unter dem Vorwurf der Spionagetätigkeit in ei- pie heraus. nem Geheimprozess 1954 zum Tode verurteilt und mit dem Fallbeil hingerichtet. Auf einen entsprechenden An- 4.3.5 Wirtschaft trag stellte die Außenstelle Neubrandenburg ein umfang- Anträge aus dem Bereich Wirtschaft fanden z. T. in ak- reiches Kopienkonvolut zur Verfügung. Die Schüler des tuell-politischen Debatten ihren Niederschlag. Im Jahr Scherpf-Gymnasiums nahmen mit einer Schrift zu diesem 2011 hatte der WDR einen Antrag zum Thema „Zusam- Fall am Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten menarbeit des schwedischen Möbelhauses IKEA mit Be- 2011 teil und erhielten für ihre Ergebnisse den Titel „Lan- trieben und Kombinaten der DDR“ gestellt. Der Beitrag desbeste Schule Brandenburg“. dazu wurde im Mai 2012 ausgestrahlt und rief weitere Am Schweriner Demmlerplatz, dem ehemaligen Sitz der Medien, aber auch IKEA selbst auf den Plan. Das Möbel- Bezirksverwaltung Schwerin des MfS und seiner Unter- haus wird beschuldigt, vom Einsatz von Häftlingen für suchungshaftanstalt, befindet sich heute auch das Doku- die Produktion von Möbeln in Form erzwungener Häft- mentationszentrum des Landes für die Opfer der Diktatu- lingsarbeit profitiert zu haben. IKEA beauftragte die ren in Deutschland. Bislang ist weder bekannt, ab wann Ernst & Young GmbH, einen unabhängigen Untersu- das MfS die Untersuchungshaftanstalt nutzte, wie die Zu- chungsbericht zu fertigen. Im Rahmen der Bearbeitung, sammenarbeit zwischen dem Sowjetischen Militärtribu- die noch läuft, wurden bis jetzt über 20 000 Seiten auf nal und dem Staatssicherheitsdienst erfolgte, noch, wie Themenbezug durchgesehen und über 1 500 Seiten in Kopie an die Antragsteller herausgegeben (siehe Ab- viele Häftlinge seit den 50er-Jahren bis 1989 hier festge- schnitt 6.4.1). halten wurden. Im Rahmen eines Forschungsantrags der Universität Rostock wird nun versucht, dies zu ermitteln. Ein weiteres Themenfeld ist der Einfluss des MfS auf die Die Rechercheergebnisse sollen unter anderem darüber westdeutsche Wirtschaft. „Die Stasi im Ruhrgebiet“ – zu Auskunft geben, warum Personen verhaftet wurden und dieser Thematik wurden von Historikern der Abteilung wie lange die Untersuchungshaft jeweils andauerte. Da Bildung und Forschung Vorträge in Nordrhein-Westfalen Häftlingsbücher und Gefangenenakten nur vereinzelt gehalten. Daraufhin stellte die „Westdeutsche Allgemeine überliefert sind, gestalten sich die Recherchen sehr auf- Zeitung“ im Jahr 2011 einen Antrag zum Thema „Die wändig. Neben den wenigen vorhandenen Belegungsbü- Verstrickung von Firmen aus Nordrhein-Westfalen mit chern müssen sehr viele personenbezogene Akten geprüft der DDR“. Aus den Ergebnissen dieser Forschung ent- werden. Der Antrag ist in Phasen gegliedert; vorerst wird stand eine Internetseite (http://stasi.derwesten.de/) insbe- der Zeitraum bis 1956 beleuchtet. Bislang hat die Außen- sondere über das Wirken des Bereiches von Alexander stelle Schwerin rund 105 000 Seiten gesichtet, zu über Schalck-Golodkowski und die Erwirtschaftung großer – 64 –

Mengen Devisen für die DDR, auch geprägt durch die 4.3.6 Schüler und Jugendliche umfangreichen Beziehungen nach Nordrhein-Westfalen und in damalige Regierungskreise der Bundesrepublik. Seit 1973 schreiben der Bundespräsident und die Körber- Stiftung alljährlich den größten Geschichtswettbewerb Immer wieder spielen in der regionalen Aufarbeitung be- deutschlandweit aus. Schülerinnen und Schüler einer deutende Wirtschaftsunternehmen eine Rolle. In der Au- 11. Klasse, die in der Arbeitsgemeinschaft Geschichte des ßenstelle Gera ist dies aufgrund der geografischen Situa- Goethe-Schiller-Gymnasiums Jüterbog mitarbeiten, wid- tion die SDAG (Sowjetisch-Deutsche Aktiengesellschaft) meten sich im Wettbewerb 2011 einem Kapitel der Ge- Wismut: Der kirchliche Umweltkreis Ronneburg richtete schichte ihrer Schule zu DDR-Zeiten. Unter dem Thema sein Forschungsinteresse 2010 bis 2012 auf den Themen- „Inhaftierung und Verurteilung von Schülern der Ober- komplex „Urangewinnung der SDAG Wismut in Ronne- schule Jüterbog“ recherchierten sie u. a. in den Unterla- burg und Umgebung“. In die Bearbeitung einbezogen gen des Staatssicherheitsdienstes der DDR. Von den ge- wurden neben Unterlagen der Außenstelle Gera auch sol- sichteten knapp 3 000 Seiten konnten 82 als zum Thema che aus der Außenstelle Chemnitz. Inhaltliche Schwer- passend herausgegeben werden. Dies war jedoch nicht punkte bildeten die Geheimhaltung von gesundheitlichen möglich ohne die vorherige Einwilligung der damaligen und die Umwelt schädigenden Folgen des Bergbaus so- Akteure, die nach StUG Betroffene sind und zum Zeit- wie die Betrachtung sozialer Probleme in der Region. Der punkt des Ereignisses 1961 noch minderjährig waren. Die Kirchliche Umweltkreis Ronneburg vertritt seit 1988 die Zeitzeugen hatten teils viele Fragen zu den Unterlagen, Bürgerinteressen im ehemaligen Bergbaurevier und be- die der Staatssicherheitsdienst in ihrem Fall zusammen- gleitet nach wie vor kritisch das laufende Sanierungsge- getragen hatte und wollten sie natürlich einsehen, bevor schehen. Zu diesem Antrag wurden in der Außenstelle sie eine Einwilligung in die Verwendung gaben. Das Gera 36 855 Seiten gesichtet, ca. 12 000 Seiten vorgelegt konnte kurzfristig bewerkstelligt werden. Im Oktober und 2 863 Kopien herausgegeben. Die Erkenntnisse der 2011 wurden die drei Gymnasiasten mit ihrem Beitrag Forschungsarbeit wurden 2012 in der umfangreichen „Vom Zeltplatz in den Stasiknast. Eine skandalträchtige Broschüre des kirchlichen Umweltkreises Ronneberg Odyssee von Jüterboger Abiturienten nach dem Mauer- (Autor Frank Lange) „Geheime Verschlusssache Wismut, bau 1961“ Landessieger des Geschichtswettbewerbs. der Ostthüringer Uranbergbau und seine Folgen für Mensch und Umwelt im Spiegelbild des Ministeriums für Im November 2010 stellten zwei Schülerinnen der Staatssicherheit“ publiziert. 11. Klasse des Richard-Wossidlo-Gymnasiums in Rib- nitz-Damgarten einen Forschungsantrag beim BStU. Im Das Umgehen der staatlichen Wohnraumlenkung in der Rahmen ihrer Teilnahme am Geschichtswettbewerb des DDR war eine seit Anfang der 70er-Jahre tausendfach Bundespräsidenten 2011 wollten sie die jüngere Ge- praktizierte Form der individuellen Selbsthilfe. Zumeist schichte ihrer Schule näher untersuchen. Es ging ihnen junge Menschen organisierten sich baufällige Wohnun- speziell um eine Episode an der Erweiterten Oberschule gen, um ein eigenständiges Leben zu führen. Für ein (EOS, heute Gymnasium) „Richard Wossidlo“ im Jahre Buchprojekt von Dr. Udo Grashoff von der Universität 1970: An einem Abend im Sommer veranstaltete die Abi- Leipzig zum Thema „Schwarzwohnen im Fokus des turklasse der EOS in der elterlichen Wohnung eines Schü- MfS“ wurden 86 561 Seiten durchgesehen; zur Aktenein- lers eine private Abiturfeier, bei der auch der Klassenleh- sicht wurden 3 877 Seiten vorgelegt und 651 Duplikate rer anwesend war. Am Nachmittag zuvor hatte die Klasse zur Verfügung gestellt. Hieraus entstand die Publikation fast vollzählig einen ökumenischen Beat-Gottesdienst in „Schwarzwohnen. Die Unterwanderung der staatlichen der evangelischen Kirche des Ortes besucht – ohne Wis- Wohnraumlenkung in der DDR“, welche im Mai 2011 er- sen oder gar Zustimmung des Klassenlehrers oder des Di- schienen ist. rektors der Schule. Dies hatte schwerwiegende Folgen: Die Außenstelle Rostock bearbeitete zwei Medienanträge Wegen „Verletzung der revolutionären Wachsamkeit“ des NDR zur Sondermülldeponie Schönberg. Dort wur- wurden einige Monate später der Klassenlehrer und der den immer wieder auch gesundheits- und umweltschädi- Direktor an eine Polytechnische Oberschule (zehnklas- gende Abfälle aus der Bundesrepublik entsorgt. Die sige Oberschule mit polytechnischem Unterricht) straf- Staatssicherheit durchdrang den Betrieb daher mit vielen versetzt. Der Pfarrer, der den Gottesdienst leitete, geriet inoffiziellen Mitarbeitern. Die Mitarbeiter der Außen- wegen seiner unkonventionellen Jugendarbeit ins Blick- stelle Rostock recherchierten zu 155 Personen aus dem feld des MfS. Umfeld der Deponie, sichteten 45 410 Seiten und konnten Die beiden Antragstellerinnen benötigten für eine Akten- dem NDR 3 606 Kopien übergeben. einsicht die Einwilligung der jeweiligen Personen. Der Zu den Großbetrieben im früheren DDR-Ostsee-Bezirk frühere Klassenlehrer verweigerte – im Gegensatz zum gehörte auch der Überseehafen in Rostock. Als vermeint- ehemaligen Pfarrer – seine Einwilligung, da er seine even- liches „Tor zur Welt“ stand er unter besonderer Beobach- tuell vorhandenen Akten nicht kannte. Ihm wurde vorge- tung des MfS. Der Staatssicherheitsdienst befürchtete ge- schlagen, einen Antrag auf private Akteneinsicht zu stel- rade hier Fluchtversuche, Schmuggel und Sabotage. Für len. Da die Recherchen nicht sehr umfangreich waren, einen Forschungsantrag der Landesbeauftragten für die konnte sein Antrag innerhalb weniger Wochen abschlie- Stasi-Unterlagen Mecklenburg-Vorpommern wurden ßend bearbeitet werden, was auch im Sinne der beiden An- 66 880 Seiten gesichtet und 2 103 Kopien übergeben. tragstellerinnen war, die eine knappe Frist einzuhalten hat- Demnächst erscheint zu diesem Thema eine Monografie. ten. Es wurden 1 400 Seiten durchgesehen und letztlich – 65 –

42 Seiten in Kopie zur Verfügung gestellt. Zusätzlich er- deren Angehöriger kaum zweckdienliche Informationen. hielten die Schülerinnen noch einen Fachartikel zum Wichtige Quellen sind jedoch die Unterlagen, die der „Fall“ des oben genannten Pfarrers und allgemeine Hin- Staatssicherheitsdienst zu Mitarbeitern der Jugendhilfe, weise zur Arbeitsweise des MfS. Ihre Forschungsergeb- der Kinderheime, Jugendwerkhöfe sowie Durchgangs- nisse präsentierten sie unter dem Titel „Arroganz der und Spezialheime angelegt hat. Macht“ in Form einer selbstgestalteten Zeitung und er- reichten damit den 2. Platz im Geschichtswettbewerb des 4.3.7 Aufarbeitung der NS-Diktatur Bundespräsidenten. Das Stasi-Unterlagen-Gesetz erlaubt die Nutzung der Nach jahrelangen Recherchen präsentierte Anfang 2012 Stasi-Unterlagen auch für Zwecke der politischen und his- die Regisseurin und Journalistin Annette Baumeister die torischen Aufarbeitung der nationalsozialistischen Ver- vielbeachtete Dokumentation „Stasi auf dem Schulhof“ im gangenheit. Das MfS hatte in einer eigenen Organisations- öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Zu Wort kommen darin einheit (Hauptabteilung IX/11 – Aufklärung von Nazi- und drei von zuletzt etwa 8 000 jugendlichen inoffiziellen Mit- Kriegsverbrechen) umfangreiche Aktenbestände gesam- arbeitern des Staatssicherheitsdienstes. Ein Schuldirektor melt, die zum Teil aus der Zeit des Dritten Reiches stamm- schildert, welche Rolle er bei der Anwerbung von Schü- ten. Von der Möglichkeit, mithilfe dieser Aktenbestände lern spielte. Zum Antrag wurden 44 775 Seiten gelesen, die nationalsozialistische Diktatur aufzuarbeiten, machen 10 424 Seiten zur Akteneinsicht vorgelegt und 4 334 Sei- zahlreiche Antragsteller immer wieder Gebrauch. Hervor- ten in Kopie übergeben. Von den 30 gesichteten Filmen zuheben ist ein Antrag der Deutschen Hochschule der gingen 19 und von 121 Fotos 41 an die Antragstellerin. Polizei in Münster in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Neben Diplomarbeiten und Dissertationen der Juristischen Historischen Museum: Für die Ausstellung „Ordnung und Hochschule des MfS, die sich theoretisch mit der Anwer- Vernichtung – Die Polizei im NS-Staat“ im Deutschen bung von Jugendlichen befassten, wurden in erster Linie Historischen Museum, welche von April bis August 2011 Akten der betreffenden Jugendlichen ausgewählt. Da die lief, wurden in größerem Umfang Kopien herausgegeben. sogenannte Jugendsünden-Regelung nach § 32 Absatz 1 In einem anderen Antrag ging es um das Thema „Schrift- Nummer 3 erster Anstrich StUG eine Verwendung von steller und Nationalsozialismus“, wobei Unterlagen u. a. IM-Unterlagen von damals unter 18-jährigen Personen zu Erwin Strittmatter zur Verfügung gestellt wurden. Diese verbietet, konnte deren Mitwirkung nur auf freiwilliger wurden für das im Jahr 2011 im Dingsda-Verlag erschie- Basis erreicht werden. Von 20 angeschriebenen Personen nene Buch „Erwin Strittmatter und die SS. Günter Grass waren nur wenige bereit, vor der Kamera über ihre dama- und die Waffen-SS“ von Joachim Jahns verwertet. lige Zusammenarbeit mit dem MfS zu berichten. Auch in den Außenstellen wird das Themenfeld der Auf- Im Oktober 2010 hatte die damalige Bundesbeauftragte arbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit bear- Marianne Birthler das Goldberg-Gymnasium Sindelfingen beitet. Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes konnten besucht; im Gespräch mit ihr reifte bei Schulleiter Michael beispielsweise wichtige Aufschlüsse zum Thema „Thü- Kuckenburg der Entschluss, die 1988 begonnene Städte- ringische SED-Sekretäre mit NSDAP-Vergangenheit“ ge- partnerschaft zwischen Torgau und Sindelfingen zu erfor- ben. Sandra Meenzen hat dazu in der Außenstelle Gera schen. Der Schulleiter versammelte interessierte Schüler (und in anderen Archiven) geforscht und ihre Ergebnisse in einer Arbeitsgemeinschaft um sich. Im Juni 2011 erhielt publiziert, u. a. in der Broschüre „Konsequenter Antifa- die Gruppe zu ihrem Antrag erste Kopien, weitere Heraus- schismus?“ (zusammen mit der Landeszentrale für politi- gaben folgten. Die Arbeitsgruppe beschäftigte sich auch sche Bildung Thüringen). mit der Struktur der MfS-Kreisdienststelle Torgau. Im Fe- bruar 2012 besuchten Herr Kuckenburg und seine Schüler- Die Politikwissenschaftlerin Sandra Pingel-Schliemann Arbeitsgemeinschaft Leipzig und Torgau. Am 3. Februar recherchierte mithilfe der Außenstelle Schwerin Frauen- 2012 fand in der Außenstelle Leipzig ein Zeitzeugenge- Biografien aus Mecklenburg-Vorpommern aus der Zeit spräch mit Pfarrer i. R. Christian Führer statt, der 1989 Ge- des Dritten Reiches, der Sowjetischen Besatzungszone meindepfarrer der Nikolaikirche in Leipzig war. Die Tor- (1945–1949) und der DDR. Am 17. Juni 2012 wurde die gauer Zeitung veröffentlichte ab April 2012 Artikel der Ausstellung „Mutige Frauen: Widerständiges Verhalten in Arbeitsgruppe aus Sindelfingen. Die Artikel erschienen Zeiten von Diktaturen“ in der Denkstätte Teehaus Treb- unter dem Stichwort „‚Inoffiziell wurde erarbeitet …‘ bow eröffnet. Der Ort der Ausstellung, der Pavillon im Goldberg-Schüler erforschen die Rolle der Stasi bei der Park des Gutshauses Klein Trebbow, war selbst Schau- Städtepartnerschaft Sindelfingen – Torgau“. Die Arbeits- platz des Widerstandes gegen das Nazi-Regime: Claus gruppe hat ihre Forschungen abgeschlossen. Bis zum Ende Schenk Graf von Stauffenberg und Fritz-Dietlof von der des Berichtszeitraums wurden über 27 000 Seiten gelesen Schulenburg trafen dort nach Aussagen von Zeitzeugen und insgesamt 866 Kopien herausgegeben. Absprachen für das Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944. Die Ausstellung wurde im September 2012 in der Schwe- Aus den in der Außenstelle Suhl bearbeiteten Anträgen riner Außenstelle des BStU gezeigt. ragt ein Forschungsthema der Friedrich-Schiller-Univer- sität Jena (Dr. Agnes Arp) zur Aufarbeitung der Heim- 4.3.8 Kultur, Kunst erziehung in der DDR heraus. Im Mittelpunkt stehen Fra- gen zu Missbrauch und Misshandlungen. Hierzu finden Im Juli 2010 beantragte der Verlag Eulenspiegel – Das sich zwar in den Stasi-Unterlagen der Betroffenen und Neue Berlin (Forschungsbeauftragter Dr. Jens Thiel) für – 66 – ein Forschungsvorhaben „Das Hamburger Streitgespräch enthalten. Durch intensive Recherchen im Fotoarchiv des 1961“, zu dem Gerd Bucerius die P.E.N.-Clubs aus der BStU konnte letztlich die entsprechende Serie aufgefun- DDR und der Bundesrepublik 1961 eingeladen hatte, Ein- den werden, die auch im Film verwandt wurde. Der MDR sicht in möglicherweise vorhandene MfS-Unterlagen. An plant weitere Folgen, sodass erneut Recherchen aufge- der damaligen Veranstaltung waren so bekannte Autoren nommen wurden. wie Franz Fühmann, Erwin Strittmatter, Ernst Bloch, Günter Hofe, Stefan Hermlin, Hermann Kant, Hans Im Januar 2010 stellte das Berliner Theater „Hebbel am Mayer, Arnold Zweig und Gerd Bucerius selbst beteiligt. Ufer“ einen Forschungsantrag zum Thema „Überwa- Da zum 50. Jahrestag des sogenannten Hamburger Streit- chung von öffentlichen Plätzen in Berlin“ und beantragte gesprächs – ein bisher wenig erforschtes Thema – im für das geplante Projekt „50 Aktenkilometer. Ein begeh- April 2011 eine Veröffentlichung vorgesehen war, wur- bares Stasi-Hörspiel“ insbesondere Tondokumente des den innerhalb kürzester Zeit umfangreiche Aktenbestände MfS mit Bezug zu verschiedenen öffentlichen Plätzen in insbesondere zu den genannten Personen durchgesehen. Berlin. Die bereitgestellten Unterlagen fanden Verwendung in Im Ergebnis der Recherchen wurde eine Vielzahl von dem Buch „Ja-Sager oder Nein-Sager. Das Hamburger Tondokumenten ermittelt, von denen der Antragsteller Streitgespräch deutscher Autoren aus Ost und West 1961“ schließlich 19 auswählte. Das Medienecho auf die im Mai von Dr. Jens Thiel. 2011 erfolgte Installation dieses begehbaren Stasi-Hör- Für einen Dokumentarfilm mit dem Titel „Vaterlandsver- spiels war national und international positiv (siehe Ab- räter“ (siehe Abschnitt 6.3.1), der auf der Berlinale 2011 schnitt 6.4.2). Premiere hatte, wurde ein Antrag von Annekatrin Hendel Anlässlich seines 90-jährigen Bestehens 2012 beabsich- zu dem Schriftsteller Paul Gratzik bearbeitet. Paul Grat- tigte das Optische Museum Jena, eine Publikation zu sei- zik, Jahrgang 1935, berichtete seinem Stasi-Führungsoffi- ner Geschichte herauszugeben. Nach dem Zweiten Welt- zier über zwei Jahrzehnte (von Anfang der 60er- bis An- krieg war Fritz Ortlepp Leiter des Museums. Er wurde fang der 80er-Jahre) von Freunden und Bekannten vor Mitte der 50er-Jahre vom MfS inhaftiert. Auf einen ent- allem aus der Künstlerszene. Nachdem er sich im Freun- sprechenden Antrag des Museums hin wurde beim BStU deskreis offenbart hatte, wurde er selbst vom Staatssi- dazu nach Unterlagen recherchiert. Aus den Akten konn- cherheitsdienst überwacht (OPK „Kutte“). Für das ten die Motive für die Verurteilung Fritz Ortlepps und die Projekt, das über mehrere Jahre lief, wurden über Umstände seines Todes geklärt werden: Er wurde wegen 33 000 Seiten auf Themenbezug durchgesehen und über staatsfeindlicher Hetze verurteilt und verstarb in der Haft. 750 Seiten in Kopie herausgegeben. IM-Akten eines späteren Leiters des Optischen Museums Die Einflussnahme von SED und MfS auf die Theater- erhellten Sachverhalte über das Verschwinden von Muse- und Kunstszene am Beispiel des Mecklenburgischen umsstücken: Verschiedene Generaldirektoren des VEB Staatstheaters Schwerin beleuchtet eine Studie der Jour- Carl Zeiss Jena übergaben diese Stücke als Repräsentati- nalistin Christiane Baumann für die Jahre 1968 bis 1989. onsgeschenke z. B. an verdiente Mitarbeiter oder auslän- Erzählt werden Geschichten von Anpassung, Verwick- dische Politiker. Mithilfe der Außenstelle Gera wurde ein lung und Verrat, aber auch von Beharren auf Eigensinn für das Projekt wichtiger Zeitzeuge ausfindig gemacht und Debatte. und dessen Bereitschaft erwirkt, an der genannten Publi- kation mitzuarbeiten. Neben Unterlagen von inoffiziellen Mitarbeitern des MfS am Theater konnte aufgrund von Einwilligungen ehema- In der Außenstelle Leipzig wurde ein Antrag einer liger Schweriner Ensemblemitglieder umfangreiches Ak- Sprachwissenschaftlerin aus Leipzig für ihr Promotions- tenmaterial auch zu Betroffenen recherchiert und verwen- vorhaben „Die Sprache inoffizieller Mitarbeiter“ bearbei- det werden. Bei der Bearbeitung dieses Antrags wurden tet, für den umfangreiches und interessantes Material vor- über 65 000 Seiten recherchiert. Das Buch erschien 2011 gelegt werden konnte. Erstmals wurden hier Berichte in der Schriftenreihe der Landesbeauftragten für die Un- inoffizieller Mitarbeiter sprachwissenschaftlich unter- terlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen sucht. Die Forscherin hat dazu 2012 in der Außenstelle DDR Mecklenburg-Vorpommern unter dem Titel „Hinter Leipzig einen Vortrag über ihre textlinguistischen Analy- den Kulissen. Inoffizielle Schweriner Theatergeschichten sen gehalten. Die Arbeit wurde von der Martin-Luther- 1968 bis 1989“. Universität Halle-Wittenberg als Promotion angenom- men. Vom MDR wurde im Dezember 2011 die Fernsehdoku- mentation „Schieber, Schätze, Staatsgrenze. Deutsch- Die Außenstelle Rostock konnte im Berichtszeitraum ei- deutsche Schmuggelgeschichten“ gesendet. Dieser Film nen der umfangreichsten und arbeitsaufwändigsten For- basierte u. a. auf Recherchen zum Antiquitätenhandel in schungsanträge erfolgreich zu Ende führen. Über einen der DDR. Insgesamt wurden dazu 2 572 Kopien und Zeitraum von fünf Jahren sichtete eine Mitarbeiterin für 252 Fotos herausgegeben. Die Recherchen nach den Fo- eine Dissertation zum Thema „MfS und Kabarett“ insge- tos waren besonders aufwändig und eilig, weil der Film samt 202 820 Seiten und legte davon 30 219 Seiten aus kurz vor Drehbeginn stand. Beispielsweise wurde aus ei- 581 Akten zur Einsicht vor. Der Antragsteller, Doktorand ner Akte ersichtlich, dass das MfS eine Fotodokumenta- der Universität Rostock, profitierte dabei vom privilegier- tion über den Antiquitätenschmuggel einer Person ange- ten Akteneinsichtsrecht für Wissenschaftler in unanony- fertigt hatte, die Fotos waren jedoch nicht in der Akte misierte Unterlagen (nach § 32 Absatz 1 Satz 7 StUG). – 67 –

2 343 Kopien sowie eine CD mit Tondokumenten wurden seine gesamten Unterlagen durchgesehen und zur Akten- herausgegeben. einsicht vorgelegt. Das Staatliche Museum Schwerin strebt an, eine Samm- lungsgeschichte und Übersicht zur Erwerbungspolitik vor- 4.3.10 Terrorismus zulegen. Eine detaillierte Untersuchung zur Überprüfung Bei Forschungsanträgen zur Roten Armee Fraktion der Sammlungsbestände nach 1945 bis 1989 soll die Pro- (RAF), die beim BStU gestellt wurden, standen anfänglich venienzen möglichst lückenlos dokumentieren und die die in der DDR untergetauchten und vom MfS mit einer Aufklärung von Eigentumsverhältnissen erleichtern. Dazu neuen Identität versehenen RAF-Mitglieder im Blickfeld; wird auch in den Archiven des BStU geforscht. Es wurden inzwischen verlagert sich der Schwerpunkt in Richtung ei- unter anderem Unterlagen zu den zur DDR-Zeit begange- ner vollumfänglichen Forschung zu den zur RAF vorhan- nen systematischen Raubaktionen gesichtet, ebenso zum denen MfS-Unterlagen. staatlichen Verkauf von Kunst und Antiquitäten aus Muse- umsbeständen und zu enteignetem Privatbesitz. Sammler Zum Thema „Zusammenarbeit zwischen MfS und RAF“ und Antiquitätenhändler wurden mit fingierten Straftat- ist zum Beispiel ein Antrag von Corinna Ponto, der Toch- vorwürfen (meist Steuervergehen) konfrontiert und zu ter des am 30. Juli 1977 von einem RAF-Kommando er- Haft- oder hohen Geldstrafen verurteilt. Die Sammlungen mordeten Bankiers Jürgen Ponto, zu nennen. In einem wurden zur Begleichung der „Steuerschuld“ eingezogen. ersten Ansatz verfolgte sie das Ziel, anhand von MfS-Un- Die Stasi-Unterlagen stellten sich als ergiebige Quelle dar, terlagen mehr über die Umstände der Ermordung ihres um die allgemeinen Strukturen des systematischen Vaters und eine eventuelle Verstrickung des MfS darin zu Kunstraubes aufzuzeigen und gleichzeitig die staatlich ge- erfahren. Dieses Vorhaben kann mittlerweile als abge- lenkte Kunst- und Museumspolitik in der DDR, u. a. auch schlossen angesehen werden. Im Ergebnis verfasste sie den Staatlichen Kunsthandel der DDR zu untersuchen. Um zusammen mit Julia Albrecht (Schwester des RAF-Mit- die Forschungsergebnisse des Museums einer breiten Öf- glieds Susanne Albrecht) das Buch „Patentöchter“, wel- fentlichkeit zu vermitteln, ist eine Ausstellung geplant. ches von der Kritik äußerst wohlwollend aufgenommen wurde und als wichtiger Beitrag zur Aufarbeitung der 4.3.9 Opposition in der DDR Verbrechen der Roten Armee Fraktion angesehen wird. Frau Ponto entschloss sich, den Antrag dahingehend aus- Dass die Aufarbeitung manchmal auch ausgefallene Wege zuweiten, dass alle zur RAF vorhandenen Unterlagen ge- geht, haben Thomas Henseler und Susanne Buddenberg sichtet werden sollen. Dieser Antrag befindet sich noch in mit einem Comic-Roman bewiesen, in dem unter dem Ti- der Bearbeitung. tel „Grenzfall“ die Biografie Peter Grimms von 1980 bis 1987 im Mittelpunkt steht. Peter Grimm stand im Visier 4.3.11 MfS des Staatssicherheitsdienstes, weil er Mitglied der Initia- tive Frieden und Menschenrechte und Redakteur der ille- Die Strukturen und Tätigkeitsschwerpunkte des MfS sind galen Zeitschrift „Grenzfall“ war. Die Zeitschrift wurde in ein gern genutztes Themenfeld für die Forschung. Mittel den Gemeinderäumen der Berliner Zionskirche hergestellt und Methoden des Staatssicherheitsdienstes finden und vervielfältigt. Von den zu diesem Antrag ca. 32 000 ebenso weiterhin Interesse bei Forschern und Medien, durchgesehenen Seiten wurden rund 11 000 Seiten und ca. wobei die Medien zunehmend filmische Dokumente 5 700 Fotos zur Akteneinsicht vorgelegt. Insgesamt nachfragen und verwenden. 1 810 Seiten sowie 70 Fotos wurden als Duplikate heraus- Die Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes, sein Wirken, gegeben. Außerdem stand Peter Grimm den Autoren als seine Methoden und sein Menschenbild lassen sich sehr Zeitzeuge und Interviewpartner zur Verfügung. anschaulich auch anhand der fotografischen Überlieferung Der Comic-Roman soll zur politischen Bildung von Ju- aufarbeiten. Beispielhaft gelungen ist dies in Ausstellun- gendlichen und jungen Erwachsenen beitragen. Seine gen, die der Fotograf Simon Menner 2011 mit künstleri- Veröffentlichung im Mai 2011 stieß auf reges Medieninte- schen Präsentationen von Stasi-Fotos gestaltet hat. Von Ja- resse. Die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Dik- nuar bis März 2011 zeigte er „Bilder aus den geheimen tatur förderte das Projekt. In der Zionskirche, die mitsamt Archiven der Stasi“ in der Ausstellungsreihe „Rendezvous ihrer Umgebung ein zentraler Schauplatz im Comic ist, mit der Kunst“ im Berliner Restaurant Diekmann; von Juni wurde vom 6. Mai bis zum 29. Mai 2011 eine Ausstellung bis August 2011 waren weitere Stasi-Fotos in der Morgan mit ausgewählten Bildern und Seiten des Romans gezeigt. Contemporary-Galerie in der Oranienburger Straße unter dem Titel „Bilder der Überwachung“ zu sehen. Diese Aus- Im Anschluss an den Film „Feindberührung“ (siehe Ab- stellung fand große, auch internationale, Beachtung und schnitt 6.3.2 und Zehnter Tätigkeitsbericht, S. 63) hat Anerkennung. Zur Realisierung wurden Tausende Fotos Heike Bachelier das Buch „Ein ganz normaler Feind – zur Auswahl bereitgestellt. Das Leben des Peter Wulkau in den Akten der Stasi“ er- stellt. Peter Wulkau wurde über ein Jahrzehnt bespitzelt, In der Außenstelle Erfurt wurde ein Antrag von Ruth 38 Freunde, Bekannte und Kollegen haben über ihn be- Hoffmann zum „Klima“ in den Familien der Stasi-Mitar- richtet. Seine MfS-Akte umfasst 18 902 Seiten. Das Buch beiter bearbeitet. Die Journalistin zeigt auf Grundlage dokumentiert die Stationen dieser Überwachung anhand zahlreicher Interviews und intensiver Recherchen erst- von Originaldokumenten. Für die 2012 im Droemer Ver- mals, wie sich die beklemmende Atmosphäre der Total- lag erschienene Publikation hat die Außenstelle Erfurt überwachung auf den Familienalltag der Stasi-Hauptamt- – 68 – lichen, vor allem auf die Kinder, ausgewirkt hat. Für ihre DDR-Häftlingen durch die Bundesrepublik im Vorder- Dokumentation unter dem Titel „Stasi-Kinder. Aufwach- grund. Beispielhaft sei hier ein Antrag der „Bild“-Zeitung sen im Überwachungsstaat“ wurden 14 173 Seiten durch- genannt. Im Rahmen der Bearbeitung dieses Antrages gesehen und 119 Seiten Kopien übergeben. Das Buch ist wurde eine Vielzahl von Unterlagen mit Informationen im März 2012 im Propyläen Verlag Berlin erschienen. zum Thema „Häftlingsfreikauf“ recherchiert, ausgewertet und in Kopie zur Verfügung gestellt. Aufgrund der Einwil- 4.3.12 Organisationen Ost ligung von betroffenen Personen konnten zahlreiche inte- ressante Unterlagen zur Verfügung gestellt werden. Im Er- Zahlreiche Anträge befassten sich auch mit den Massen- gebnis der Antragsbearbeitung erschien im November organisationen in der DDR wie etwa der Gesellschaft für 2012 im Piper-Verlag das Buch „Freigekauft – der DDR- Deutsch-Sowjetische Freundschaft, die Bürgern Kennt- Menschenhandel“. Viele bislang nicht veröffentlichte Do- nisse über die Kultur und Gesellschaft der Sowjetunion kumente und individuelle Einzelschicksale aus den Archi- vermitteln sollte. Für einen Dokumentarfilm stellte die ven des Staatssicherheitsdienstes wurden hier erstmals Firma amardaFilm im Auftrag des Rundfunks Berlin- veröffentlicht und konnten somit Licht in dieses dunkle Brandenburg im März 2011 einen Medienantrag zum Kapitel deutsch-deutscher Geschichte bringen. Thema „Brieffreundschaften zwischen DDR- und Sow- jetbürgern“. Nach Auswertung der Sachrecherchen wur- In der Außenstelle Halle gingen zum 80. Geburtstag von den dem Antragsteller knapp 9 000 Seiten zur Einsicht Hans-Dietrich Genscher zwei Medienanträge ein. Antrag- vorgelegt; aus diesem Konvolut wurden abschließend steller waren die „Bild“-Zeitung und der Mitteldeutsche 934 Seiten als Kopien herausgegeben. Im Ergebnis der Rundfunk. Beide Anträge hatten die privaten Besuche Recherchen nach audiovisuellen Materialien des MfS von Hans-Dietrich Genscher in den 70er- und 80er-Jahren wurden mit dem Antragsteller gemeinsam 1 223 Fotos und deren Überwachung durch das MfS zum Inhalt. Die und 12 Filme gesichtet und anschließend 135 Fotos und Mitarbeiter der Außenstelle Halle recherchierten zügig in 9 Filme in Kopie herausgegeben. Die Dokumentation den erschlossenen Unterlagen und konnten den Antrag- wurde am 1. Dezember 2011 zum ersten Mal im rbb ge- stellern die gewünschten Informationen zur Verfügung sendet und ist seitdem von verschiedenen öffentlich- stellen. Die „Bild“-Zeitung veröffentlichte auf der Grund- rechtlichen Sendern ausgestrahlt worden. Der Film stellt lage dieser Unterlagen einen größeren Artikel zu Hans- Menschen vor, deren persönliche deutsch-sowjetische Dietrich Genscher, der MDR strahlte einen Fernsehbei- Freundschaften sich bis in die heutige Zeit erhalten ha- trag aus. ben. Die Dokumentation zeichnet dabei ein differenzier- Zum Ende des Berichtszeitraums hatte das Thema „Medi- tes Bild, blickt unter die Oberfläche der Propaganda und kamententests westdeutscher Firmen in der DDR“ eine arbeitet die Ambivalenz der Beziehung zwischen der beachtliche Publizität. Zuvor hatte sich die Berliner Cha- DDR und ihrem „großen Bruder“ heraus. rité anlässlich ihres 300-jährigen Bestehens (im Jahr 2010) Aber auch zu kleineren Organisationen gibt es zahlreiche in einer speziellen Ausstellung unter anderem mit den Be- Forschungsanträge: Der Landkreis Märkisch-Oderland als ziehungen der beiden deutschen Staaten auf medizini- Träger der Kultur-GmbH Märkisch-Oderland, Gedenk- schem Gebiet befasst. Die Ausstellung beleuchtete – in stätte/Museum Seelower Höhen, stellte 2011 bei der Au- starkem Maße auch auf Unterlagen des BStU basierend – ßenstelle Frankfurt (Oder) einen Antrag im Rahmen der das Vorgehen medizinischer Einrichtungen aus West- wissenschaftlichen Neukonzeption der Gedenkstätte deutschland, medizinisches Gerät, aber auch Medika- Seelower Höhen. Es wurde nach Unterlagen gesucht, die mente in der DDR zu testen. Der Problematik widmeten mögliche Aktivitäten des MfS in Zusammenhang mit der sich dann im Berichtszeitraum Medien wie der MDR, die Gedenkstätte widerspiegeln. Von Interesse waren Maß- „Magdeburger Volksstimme“ und das ZDF. Nach der nahmen und Pläne des MfS zur Sicherung der Gedenk- wiederholten Ausstrahlung eines Filmbeitrags des MDR stätte zwischen 1950 und 1989, Kontakte des MfS mit der fokussierten weitere Medien auf den missbräuchlichen Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte und dem KGB bei Test von Medikamenten an Menschen in der DDR, die Gedenkveranstaltungen und Jahrestagen, „besondere Vor- ohne ihr Wissen zu Testpersonen wurden. Die Universitä- kommnisse“ in der Gedenkstätte oder ihrem Umfeld sowie ten Erlangen und Marburg griffen diese Thematik ebenso vom MfS gesammelte Informationen zu Stimmungen und auf und initiierten anlehnende Forschungsvorhaben. Ent- Meinungen der Bevölkerung zur Gedenkstätte. Dem An- sprechende Anträge von Medienvertretern und Forschern tragsteller konnten nach Durchsicht von fast 2 400 Seiten an den Bundesbeauftragten wurden zügig bearbeitet. Die und Vorlage von 830 Fotos schließlich 215 Seiten und Thüringer Landesbeauftragte für die Unterlagen des 34 Fotos zur Gedenkstätte und zu Veranstaltungen heraus- Staatssicherheitsdienstes der DDR wird in einer Studie gegeben werden. eine Auswertung diesbezüglicher Unterlagen zum Land Thüringen vornehmen und der Öffentlichkeit zur Verfü- 4.3.13 Deutsch-deutsche Beziehungen gung stellen.

Die politisch-historische Aufarbeitung der deutsch-deut- 4.4 Widersprüche gegen Entscheidungen schen Beziehungen im Zeitraum 1949 bis 1989 ist anhand des BStU zahlreicher einzelner Themenkomplexe möglich. Hierzu wurden in der Vergangenheit bereits sehr viele For- Dem BStU ist es ein Anliegen, bei der Verwendung der schungs- und Medienanträge gestellt. Im Berichtszeitraum Stasi-Unterlagen sowohl Privatpersonen, öffentliche und stand insbesondere die Rolle des MfS beim Freikauf von nicht-öffentliche Stellen als auch Forscher und Medien- – 69 – vertreter, die sich an die Behörde wenden, über die gelten- In sieben Fällen hob der BStU aufgrund der eingelegten den Rechtsgrundlagen umfassend zu informieren, um so Widersprüche die Ausgangsbescheide vollständig auf. Rechtsstreitigkeiten möglichst zu vermeiden. Gemessen Dazu kam es insbesondere, wenn die Widerspruchsführer an der Gesamtzahl der bearbeiteten Anträge und Ersuchen ihre Anträge erst im Widerspruchsverfahren entsprechend ist die Zahl der bei der Behörde eingehenden Widersprü- den gesetzlichen Vorgaben glaubhaft gemacht oder erforder- che weiterhin ausgesprochen niedrig. Im Berichtszeitraum liche Begründungen nachgereicht hatten. Ein Widerspruch wurde in insgesamt 65 Fällen Widerspruch gegen einen wurde durch den Widerspruchsführer zurückgenommen. In Bescheid des BStU eingelegt (zum Vergleich: im vorigen den übrigen 57 Fällen wurden die Widersprüche zurück- Berichtszeitraum 58). Der Schwerpunkt der Wider- gewiesen, weil die Prüfung ergab, dass die Entscheidun- spruchsverfahren lag im Berichtszeitraum wiederum ein- gen der Behörde rechtmäßig ergangen waren. deutig im Bereich der privaten Akteneinsicht. Inhaltlich richteten sich 37 Widersprüche gegen die Ab- 4.5 Rechtsstreitigkeiten zum Stasi- lehnung von Anträgen naher Angehöriger auf Aktenein- Unterlagen-Gesetz sicht in Unterlagen zu verstorbenen oder vermissten Per- Im Berichtszeitraum sind beim Bundesbeauftragten vier- sonen gemäß § 15 StUG. Diese Vorschrift ist eine zehn Klagen bzw. Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz Ausnahme zu dem im StUG geltenden Grundsatz, dass je- eingegangen, die sich auf die Verwendung von Unterla- der Einzelne nur Einsicht in die vom Staatssicherheits- gen des Staatssicherheitsdienstes beziehen. Im Gegensatz dienst zu seiner Person gesammelten Informationen erhält. zu früheren Jahren, in denen insbesondere Herausgaben Durch die bei der Achten Novellierung eingefügte Neure- an Forschung und Medien Gegenstand von Rechtsstrei- gelung des § 15 StUG wurde jedoch nahen Angehörigen tigkeiten waren, beziehen sich derzeit sämtliche Verfah- der Zugang zu den Unterlagen Vermisster oder Verstorbe- ren auf den Zugang zu den Unterlagen durch Privatperso- ner erleichtert (siehe Abschnitt 1.1). Nach Inkrafttreten nen. Zehn Klagen richten sich gegen einen zuvor dieser Neuregelung richteten sich ab Januar 2012 19 Wi- ergangenen Widerspruchsbescheid der Behörde; in den dersprüche gegen eine Ablehnung des Zugangs zu Unter- übrigen Fällen wurde direkt Klage erhoben. lagen durch den BStU. In neun Fällen gehörten die Antrag- steller nicht zum antragsberechtigten Personenkreis. Insgesamt neun beim Bundesbeauftragten geführte Ver- waltungsstreitverfahren zu Rechtsfragen des Stasi-Unter- Zu zwei Widersprüchen kam es, weil die Behörde An- lagen-Gesetzes wurden im Berichtszeitraum durch eine träge auf Entschlüsselung von Decknamen inoffizieller gerichtliche Entscheidung abgeschlossen. In vier dieser Mitarbeiter aufgrund fehlender Unterlagen des Staatssi- Verfahren wurde von Klägerseite ein Antrag auf Zulas- cherheitsdienstes abgelehnt hat. Nach dem StUG können sung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht Berlin- die Klarnamen von Personen, die Informationen über ei- Brandenburg gestellt. Dieser wurde in zwei Fällen zu- nen Betroffenen gesammelt oder verwertet haben, nur rückgewiesen, in den beiden anderen Verfahren steht eine dann bekannt gegeben werden, wenn sie sich aus den Un- Entscheidung noch aus. terlagen eindeutig entnehmen lassen. In zwei weiteren Fällen gründete die Ablehnung der Bekanntgabe von Eines der Verfahren, in dem der Antrag auf Zulassung der Klarnamen darauf, dass die Anträge aufgrund der archivi- Berufung zurückgewiesen und damit das Urteil des Ver- schen Kategorisierung der zur Person des Antragstellers waltungsgerichts rechtskräftig geworden ist, hatte die aufgefundenen Unterlagen unzulässig waren. Das Gesetz Reichweite des Rechts eines Betroffenen auf Deckna- sieht ein Recht auf Decknamenentschlüsselung nur für menentschlüsselung zum Gegenstand. Der Kläger hatte Betroffene, nicht aber für ehemalige Mitarbeiter des geltend gemacht, ein bestimmter IM sei auf ihn angesetzt Staatssicherheitsdienstes vor. gewesen, weshalb ihm der Klarname dieser Person auch auf Verdacht bekanntzugeben sei. In seinem Urteil hat Darüber hinaus wandten sich in diesem Berichtszeitraum sich das Verwaltungsgericht Berlin der Rechtsauffassung 14 Bürgerinnen und Bürger mit einem Widerspruch ge- des Bundesbeauftragten angeschlossen, wonach es gemäß gen die vorgenommene Einstufung der zu ihnen aufge- § 13 Absatz 5 StUG aus den MfS-Unterlagen ersichtlich fundenen Unterlagen als IM-Unterlagen sowie gegen die sein muss, dass der betreffende IM tatsächlich Informa- damit verbundene Kostenerhebung. In derartigen Fällen tionen über den Betroffenen gesammelt hat. Ansonsten erläutert der BStU vor Erlass eines kostenpflichtigen Wi- sind, wie in dem hier zu entscheidenden Fall, die Voraus- derspruchsbescheides ausführlich die Sach- und Rechts- setzungen für eine Bekanntgabe des Klarnamens nicht ge- lage. Dabei wird auf die hier maßgebliche archivische geben. Betrachtung der Unterlagen und die dazu bestehende ge- festigte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Berlin Zwei der abgeschlossenen Verfahren wurden wegen hingewiesen. Klage- bzw. Antragsrücknahme durch Beschluss einge- stellt. Diese Rechtsstreitigkeiten hatten den Aktenzugang Bei der Bearbeitung von Ersuchen öffentlicher und nicht- naher Angehöriger zu den Unterlagen Vermisster oder öffentlicher Stellen kam es im Berichtszeitraum zu keinen Verstorbener zum Gegenstand. Dabei ging es in beiden Widersprüchen. Bei Forschungs- und Medienanträgen Verfahren um die Anforderungen an die Glaubhaftma- sind im Berichtszeitraum neun Widerspruchsverfahren ge- chung eines der in § 15 Absatz 1 StUG (alte Fassung) ge- führt worden, wobei die zugrunde liegenden Forschungs- nannten Antragszwecke. In einem Fall hatte die Klägerin und Medienanträge in sieben Fällen wegen fehlender Zu- bei der Antragstellung überhaupt keine Angaben zum gangsvoraussetzungen abzulehnen waren. Zweck ihres Antrags auf Zugang zu den Unterlagen ihres – 70 – verstorbenen Vaters gemacht, sodass dieser zunächst als Kopie. Eine Kopienherausgabe kann nach der Rechtspre- unzulässig abgelehnt wurde. Im Laufe des Rechtsstreits chung nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen, wenn machte die Klägerin nähere Ausführungen zum Schicksal im Hinblick auf den jeweiligen konkreten Inhalt der Be- ihres Vaters und machte geltend, ihr Antrag diene der Fa- richtsakte nachvollziehbar dargelegt wird, dass – etwa zur milienforschung. Dieser Zweck ist als „sonstiges berech- Rechtsverteidigung in einem anderen Verfahren – die tigtes Interesse“ im Sinne des novellierten § 15 Absatz 1 bloße Einsichtnahme nicht ausreicht, sondern der volle Satz 2 StUG anerkannt, sodass der Antrag nach neuer Text bestimmter Unterlagen in Fotokopie benötigt wird. Rechtslage als zulässiger Wiederholungsantrag bearbeitet Vor diesem Hintergrund einigten sich die Beteiligten vor- wird. Die Klage wurde daraufhin zurückgenommen. In liegend auf die Herausgabe ausgewählter Berichte in Ko- dem anderen Fall erfolgte die Klagerücknahme nach Er- pie, nachdem der Kläger ein entsprechendes rechtliches läuterung der rechtlichen Voraussetzungen der Antrag- Interesse dargelegt hatte. In seiner Kostenentscheidung stellung. bestätigte das Verwaltungsgericht Berlin die Rechtsauf- fassung des BStU, wonach in derartigen Fällen nur ausge- Ein weiterer, ähnlich gelagerter Rechtsstreit konnte durch wählte Berichte nach konkreter Begründung eines rechtli- übereinstimmende Erledigungserklärungen der Beteilig- chen Interesses in anonymisierter Form herausgegeben ten beendet werden. In diesem Verfahren hatte der Kläger werden dürfen, nicht jedoch pauschal die gesamte Be- bei der Antragstellung lediglich ein allgemeines Interesse richtsakte in Kopie. Dies würde dem Schutzgedanken des an möglicherweise zu seiner verstorbenen Mutter vorhan- StUG widersprechen, das den Opferschutz in den Vorder- denen MfS-Unterlagen geltend gemacht, was als Antrags- grund stellt und aus diesem Grund das Zugangsrecht ehe- zweck auch nach neuer Rechtslage nicht ausreichend ist. maliger inoffizieller Mitarbeiter zu den von ihnen gelie- Nachdem der Kläger im Verfahren ergänzende Gesichts- ferten Berichten beschränkt hat. punkte vorgetragen hatte, konnte der Antrag als zulässi- ger Wiederholungsantrag in Bearbeitung genommen wer- Die Reichweite des Aktenzugangsrechts inoffizieller Mit- den. arbeiter des MfS nach § 16 StUG war Gegenstand eines weiteren Rechtsstreits. Der Kläger begehrte die unge- Von den im Berichtszeitraum abgeschlossenen Rechts- schwärzte Zugänglichmachung bestimmter Passagen der streitigkeiten hatten zwei Verfahren den Umgang mit IM- zu ihm angelegten Unterlagen sowie die Entschlüsselung Unterlagen zum Gegenstand. eines in der IM-Personalakte genannten Decknamens. In einem Fall wandte sich der Kläger gegen die aufgrund Das Verwaltungsgericht bestätigte in seinem Urteil die der Aktenlage vorgenommene Einstufung als inoffizieller Rechtsauffassung des BStU, dass Angaben zu Betroffe- Mitarbeiter des Arbeitsgebietes 1 der Kriminalpolizei der nen und Dritten nach dem StUG grundsätzlich geschützt Volkspolizei (K 1) und beantragte die Ausstellung einer und daher im Rahmen der persönlichen Akteneinsicht Bescheinigung, dass er nicht inoffiziell mit dem MfS zu- stets zu anonymisieren sind. Auch bestehe ein Recht auf sammengearbeitet habe. Im Rechtsstreit machte er gel- Decknamenentschlüsselung nur für Betroffene, nicht aber tend, dass er sich zu keinem Zeitpunkt schriftlich gegen- für inoffizielle Mitarbeiter. Insofern kann sich ein IM über dem MfS zu einer Zusammenarbeit verpflichtet nicht darauf berufen, das MfS habe im Zuge der Zusam- habe. Die Klage wurde vom Verwaltungsgericht Berlin menarbeit auch zu seiner Person Informationen gesam- als unbegründet abgewiesen, da die Einstufung als inoffi- melt; dies kann einen Status als „Betroffener“ nicht be- zieller Mitarbeiter der zum Kläger vorliegenden Akten- gründen. Der Kläger hat einen Antrag auf Zulassung der lage entspreche. Nach ständiger Rechtsprechung ist in der Berufung gegen das Urteil gestellt. tatsächlichen Berichtstätigkeit eine konkludente Bereiter- In einem weiteren Rechtsstreit war die Würdigung der klärung zur Informationslieferung an den Staatssicher- Aktenlage zu einem Gesellschaftlichen Mitarbeiter für Si- heitsdienst bzw. das Arbeitsgebiet 1 der Kriminalpolizei cherheit (GMS) streitig. Der Kläger hatte im Rahmen der zu sehen. Eine solche Berichtstätigkeit sei in den überlie- Tätigkeit bei den Kampfgruppen seines Betriebes eine ferten Unterlagen dokumentiert. Der Kläger hat beim formelhafte, als „Berufung“ bezeichnete Erklärung unter- Oberverwaltungsgericht einen Antrag auf Zulassung der zeichnet, mit der er sich zur Unterstützung der Organe für Berufung gegen das Urteil gestellt, über den noch nicht Staatssicherheit im Rahmen einer „aktiven, vertraulichen entschieden ist. und von gegenseitiger Verantwortung getragenen Zusam- In einem anderen Verfahren klagte ein früherer inoffiziel- menarbeit“ bereiterklärte. Zu inoffiziellen Informations- ler Mitarbeiter des MfS auf Herausgabe sämtlicher von lieferungen kam es jedoch nach Aktenlage nicht. Das ihm gelieferter IM-Berichte in Kopie. Er machte geltend, Verwaltungsgericht Berlin bestätigte in seinem Urteil die dass entsprechende Unterlagen zu seiner Person im Rah- Rechtsauffassung, dass auch die Werbung als Gesell- men eines Medienantrages herausgegeben worden seien. schaftlicher Mitarbeiter für Sicherheit eine solche zur in- Daher benötige er, über eine ausführliche Auskunft sowie offiziellen Zusammenarbeit ist. Die intendierte Zusam- eine Einsichtnahme in die Unterlagen hinaus, die gesamte menarbeit ging im vorliegenden Fall über den Bereich des Offiziellen hinaus. In diesem Zusammenhang betonte das IM-Akte in Kopie, um sich gegen die Berichterstattung Gericht den Grundsatz der archivischen Betrachtung der zur Wehr setzen zu können. Das StUG sieht in § 16 Ab- überlieferten Unterlagen und zog ergänzend auch die ein- satz 4 und 5 – bei Glaubhaftmachung eines entsprechen- schlägigen IM-Richtlinien des MfS heran. den rechtlichen Interesses – die Auskunftserteilung bzw. Einsichtnahme eines IM in die von ihm erstellten Be- Im Berichtszeitraum wurden außerdem zwei Verfahren richte vor, nicht jedoch die Herausgabe dieser Berichte in geführt, in denen die Kläger jeweils Auskunft zu anderen – 71 –

Personen aus den möglicherweise zu diesen vorhandenen deutung dieser Arbeit ist kaum zu überschätzen – insbe- MfS-Akten begehrten. Vor dem Hintergrund, dass das sondere, wenn man einschlägigen Befragungen zum poli- StUG ein Recht von Privatpersonen, andere Personen auf tischen Bewusstsein der (jungen) Deutschen Glauben eine mögliche Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst zu schenkt. „überprüfen“, nicht vorsieht, wurden die Klagen durch Gerichtsbescheid bzw. durch Urteil abgewiesen. Einer der Gleichzeitig verstehen die Mitarbeiter ihre Arbeit als Kläger beantragte die Zulassung der Berufung beim Grundlagenforschung, die eine Servicefunktion für die Oberverwaltungsgericht, die abgelehnt wurde. Forschung insgesamt besitzt. Der unmittelbare Zugang zu noch nicht erschlossenen Akten verpflichtet die Mitarbeite- Im Berichtszeitraum wurde gegen den Bundesbeauftrag- rinnen und Mitarbeiter des BStU, in ihren Arbeiten solche ten außerdem eine zivilrechtliche Schadensersatzklage „Schneisen des Wissens“ zu schlagen, die für nachfolgende wegen Amtspflichtverletzung erhoben. Der Kläger rügte Forscher gangbare und weiterführende Wege eröffnen. eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts, weil der Diesem Zweck dienen zunächst die Nachschlagewerke Bundesbeauftragte ihn betreffende personenbezogene wie das Handbuch „Anatomie der Staatssicherheit“ und Unterlagen als solche zu einem Begünstigten im Sinne das MfS-Lexikon. Gerade letzteres zeigte dadurch, dass es des § 6 Absatz 6 StUG an Medienantragsteller herausge- nach Jahresfrist bereits in einer 2., verbesserten Auflage geben hatte. Der Kläger war vor der Herausgabe der Un- realisiert werden konnte, dass derartige Publikationen sich terlagen nicht benachrichtigt worden. Die Herausgabe guten Zuspruchs und breiter Anerkennung erfreuen. Aber war vom Verwaltungsgericht Berlin für rechtswidrig er- auch die Publikation von Quellen des MfS und die auf den klärt worden, weil ein Begünstigtenstatus des Klägers reichhaltigen Archivbeständen basierenden Monografien aufgrund der Aktenlage nicht zweifelsfrei feststehe (siehe markieren zumeist den Beginn der Arbeit auf bestimmten Zehnter Tätigkeitsbericht, S. 71). Im zivilrechtlichen Forschungsfeldern. Schadensersatzverfahren machte der Kläger geltend, sein Persönlichkeitsrecht sei bereits durch die Herausgabe der So wird auch das Anfang 2013 fertiggestellte Gutachten Unterlagen an die Medienantragsteller berührt, auf deren zur Einflussnahme des Ministeriums für Staatssicherheit Grundlage diese zu seiner Person berichtet hätten. Der auf die Mitglieder des Deutschen Bundestages 1949 bis Bundesbeauftragte betonte demgegenüber die Eigenver- 1989 neben der Erhellung vieler Sachverhalte und Klar- antwortlichkeit der Medien, die bei der Berichterstattung stellung von Mutmaßungen eine Reihe von Fragen auf- ihrerseits gegen die presserechtlichen Grundsätze der werfen, die von der Forschung künftig zu bearbeiten sein Verdachtsberichterstattung verstoßen hatten. Dem An- werden. spruch wurde in erster Instanz vom Landgericht Berlin stattgegeben. Der Bundesbeauftragte hat gegen das Urteil Die Forscherinnen und Forscher sehen sich bei der Fülle Berufung eingelegt und sich in zweiter Instanz mit dem von wichtigen Forschungsfragen mit Bezug auf den Kläger auf einen Vergleich verständigt. Staatssicherheitsdienst und auf die Repressionsgeschichte der DDR und den ehemaligen „Ostblock“ als Teil der 5 Forschung und Publikationen Scientific Community. Sie stehen im Wettbewerb mit an- deren Wissenschaftlern und wollen insbesondere in der 1993 hat der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen Kooperation mit externen Kolleginnen und Kollegen das (BStU) eine Abteilung Bildung und Forschung (BF) ein- Themengebiet weiterentwickeln. Gerade der Austausch gerichtet, um die im Stasi-Unterlagen-Gesetz (StUG) de- mit verwandten Institutionen eröffnet vielfache Wege, dem finierte Aufgabe, die Öffentlichkeit über Struktur, Metho- gesetzlichen Auftrag zu entsprechen und in größerem Um- den und Wirkungsweise des Staatssicherheitsdienstes der fang der Öffentlichkeit und der Wissenschaft Arbeitser- ehemaligen DDR zu unterrichten, erfüllen zu können. Da- gebnisse vorlegen zu können. Enge Wissenschaftskon- mals mussten noch die wesentlich größeren Zugangsres- takte und Kooperationen bestehen zum Institut für triktionen der wissenschaftlichen Aktennutzung für ex- Zeitgeschichte München-Berlin (IfZ), zum Zentrum für terne Forscherinnen und Forscher ausgeglichen werden, Zeithistorische Forschung (ZZF) und zum Militärge- die durch Gesetzesnovellierungen deutlich abgemildert schichtlichen Forschungsamt, beide in Potsdam. Gemein- wurden (siehe Zehnter Tätigkeitsbericht, S. 14f.). same Projekte verbinden mit der Robert-Havemann-Ge- Die Forscherinnen und Forscher des BStU setzen sich in sellschaft, der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, ihren sorgfältig recherchierten Arbeiten mit einem Spe- der Friedrich-Schiller-Universität Jena, der Evangelischen zialaspekt, der Wirkungsweise des Staatssicherheitsdiens- Akademie in Thüringen sowie den Landesbeauftragen für tes der DDR und seinen Strukturen, auseinander. Mit der die Stasi-Unterlagen. Weiter intensiviert hat sich auch der Konzentration darauf, die Diktatur und die Machterhal- wissenschaftliche Austausch mit den Partnerbehörden in tung in ihren unterschiedlichen Facetten zu beschreiben den mittelosteuropäischen Staaten, mit denen die Behörde und damit den Unrechtscharakter des SED-Regimes klar im Jahr 2008 ein Netzwerkabkommen zur Zusammenar- darzulegen, nehmen sie eine Rolle in der politischen Bil- beit abgeschlossen hat, das im Bereich der gemeinsamen dung wahr, die über das genuine Aufarbeitungsthema Ausstellungserarbeitung sowie bei der Durchführung ei- hinausgeht. Im Fokus steht letztendlich, den Diktaturcha- ner ganzen Reihe von Workshops Früchte trägt (siehe Ab- rakter der DDR klar herauszuarbeiten und damit den fun- schnitt 5.5). Besonders produktiv hat sich in dieser Hin- damentalen Unterschied zwischen Demokratie und Dikta- sicht das Verhältnis zwischen dem polnischen Institut des tur anhand der Machenschaften der Staatssicherheit Nationalen Gedenkens (IPN) und dem BStU entwickelt. sichtbar herauszustellen. Die gesellschaftspolitische Be- Auch die Verbindungen zu den Universitäten sind eng, – 72 –

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Forschungsabtei- Das MfS-Lexikon wurde vom WBG mit initiiert. Einzelne lung lehren an der Humboldt-Universität zu Berlin, der Projekte wurden abgelehnt. Von 2008 bis 2012 sind Leibniz-Universität Hannover, der Philipps-Universität 15 Projekte zum Abschluss bzw. zur Publikation gekom- Marburg und der Süddänischen Universität Odense. Zwei men. Aus Sicht des WBG wurden in den letzten Jahren Ef- Forschungsprojekte entstehen als Dissertationen an den fizienz und Output der Forschungsabteilung beachtlich ge- Universitäten Hannover bzw. Potsdam. steigert, nicht zuletzt, weil der kooperative Geist in der Abteilung befördert worden sei. Neben der Arbeit an den Einzelprojekten stand für den Forschungsbereich die strategische Frage nach weiteren Folgende Punkte sind aus Sicht des WBG für die For- Akzenten und Perspektiven der Forschung im Mittelpunkt. schungsabteilung beim BStU besonders hervorzuheben: Die Diskussionen mit dem Wissenschaftlichen Beratungs- 1. Die Unverwechselbarkeit und Notwendigkeit der Stasi- gremium und die Möglichkeit, durch Forschungsmittel bezogenen Forschung mitsamt der publizistischen Hilfs- des Bundesministeriums für Bildung und Forschung be- leistungen für die Forschung außerhalb, also solche Leis- fristet Projekte zu realisieren, haben diese Diskussion in- tungen der BStU-Forschung, die andere nicht erfüllen tensiviert. Sie mündete in die Forschungsperspektivkonfe- könnten. 2. Die Kooperation des BStU mit anderen For- renz, die im Abschnitt 5.5.1 dieses Tätigkeitsberichts schungseinrichtungen, die zur DDR allgemein sowie zum beschrieben ist. Staatssicherheitsdienst im Besonderen forschen. Dieses Verhältnis sei nicht als Rivalität, sondern als gegenseitige Die im Zehnten Tätigkeitsbericht im Mittelpunkt stehen- Bereicherung der verschiedenen Forschungseinrichtun- den Aktivitäten zum 20. Jahrestag der Friedlichen Revo- gen zu beschreiben. Hervorgehoben wurde, dass es sich lution von 1989/90 haben mit der Publikation zweier au- bei der Forschung des BStU nicht um eine privilegierte ßergewöhnlicher Tagungsbände ihren Niederschlag auch Forschung handele, die die Möglichkeiten anderer For- im neuen Berichtszeitraum erfahren (siehe Abschnitte scher beschneide. 3. Eine Internationalisierung und Subti- 5.3.1.2 und 5.3.1.3). Der wichtigste Gedenktag im Jahr lisierung der Forschung sei gelungen. Internationalisie- 2011 war der 50. Jahrestag des Baus der Berliner Mauer. rung in dem Sinne, dass die Forschung international Mehrere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brachten sich anschlussfähig geworden sei, u. a. durch das Projekt zum bei den Veranstaltungen und Tagungen aus diesem Anlass KSZE-Prozess; Subtilisierung als Verschiebung der Per- ein und sind als Autoren an neuen Veröffentlichungen be- spektive weg von der Organisations- zur Alltags- und So- teiligt. Der Band der ZAIG-Berichte (siehe Abschnitt zialgeschichte (Beispiel sei die Fallstudie zur Region Hal- 5.2.5) zum Jahr 1961 erschien ebenfalls im Jahr 2011. Er berstadt). konnte mit neuen Dokumenten zur Beteiligung des MfS an der Grenzsicherung aufwarten und wurde in einer gro- Das neu zusammengesetzte Wissenschaftliche Beratungs- ßen Veranstaltung am 23. Juni 2011 in der Gedenkstätte gremium, das am 28. Juni 2012 vom Deutschen Bundes- Berliner Mauer vorgestellt. Damit dokumentierte auch tag gewählt worden war, hat seine erste Sitzung am dieser Gedenktag, dass der BStU zu aktuellen Diskussio- 21. Januar 2013 (zur Zusammensetzung siehe Anhang 8). nen wichtige Beiträge beizusteuern in der Lage ist. Das semesterbegleitende wissenschaftliche Kolloquium 5.2 Forschungsprogramm führte der BStU auch in den Jahren 2011 und 2012 fort. 5.2.1 Widerstand im Alltag – Alltag Von den insgesamt 14 Veranstaltungen stellten die Mitar- des Widerstands beiterinnen und Mitarbeiter der Behörde in sieben ihre Ar- beitsergebnisse vor und zur Diskussion. In den anderen Das umfangreiche Projekt „Widerstand im Alltag – All- sieben Kolloquien stellten externe Wissenschaftler wie tag des Widerstands“ konnte im Berichtszeitraum abge- Prof. Manfred Wilke (IfZ) oder Dr. Renate Hürtgen (ZZF) schlossen werden. Es analysiert die Entwicklung von Op- ihre Forschungen vor, die ebenfalls zumindest durch die position und Widerstand in all ihren Erscheinungsformen Nutzung von MfS-Unterlagen einen Bezug zum For- und die Konzeptionen des MfS für deren Bekämpfung schungsfeld des BStU aufwiesen. Eine Aufstellung der und Unterdrückung am Beispiel des Ostseebezirks Ros- einzelnen Veranstaltungen ist in Anhang 9 enthalten. tock. In der gesamten DDR-Geschichte stellten sich im- mer wieder Menschen in verschiedenen Formen gegen den SED-Staat. Nicht selten waren die Biografien der 5.1 Arbeit des Wissenschaftlichen Handelnden von Brüchen geprägt. Oftmals haben sie sich Beratungsgremiums im Laufe der Jahre zudem gegenüber dem Regime unter- Im Herbst 2012 endete die Amtszeit des ersten Wissen- schiedlich verhalten. Auch die Folgen, mit denen sich die, schaftlichen Beratungsgremiums (WBG). Aus diesem An- die aufbegehrten, konfrontiert sahen, fielen von Fall zu lass zogen die Vorsitzenden des Gremiums für die Arbeit Fall und selbst bei vergleichbaren „Delikten“ unter- der Abteilung Bildung und Forschung des BStU nach fünf schiedlich aus und variierten im Laufe der vier Jahr- Jahren eine insgesamt positive Bilanz, sowohl die For- zehnte. Bei der Verfolgung politischer Straftaten folgte schungsprojekte als auch die Publikationen betreffend. das MfS dem ihm eigenen System „operativer Erwägun- Das Gremium hat in insgesamt 16 Sitzungen seit 2008 je- gen“ und den von der SED ausgegebenen personen- wie des Projekt ausführlich diskutiert. Es hat dezidierte Emp- zeitabhängigen innenpolitischen Maximen. Auch wenn es fehlungen gegeben, bei manchen wichtigen Projekten wie in Berlin oder dem Süden zumeist mehr Widerstand als der ZAIG-Edition wurden dadurch die Arbeitsprozesse im Norden der DDR gab, so lassen sich doch auch hier beschleunigt und eine raschere Veröffentlichung erreicht. viele beachtliche Aktionen nachweisen. Das umfangrei- – 73 – che Manuskript wird in der wissenschaftlichen Buchreihe und der Konsultation von Zeitzeugen eine mehrseitige Be- des BStU publiziert werden. leuchtung ermöglicht. Mit der Buchpublikation „Konfliktfall Kosmos“ konnte Ein in Zusammenarbeit mit der Robert-Havemann-Gesell- ein schon länger zurückliegendes Forschungsprojekt ver- schaft Berlin entstandener Sammelband vereint Studien zu öffentlicht werden. Darin geht es um die politische Ge- verschiedenen Phasen der Biografie des bedeutenden schichte einer Gruppe junger Leute, die wegen ihres wis- DDR-Dissidenten. Das Spektrum der Beiträge umfasst senschaftlichen Interesses für Weltraumtechnik in das Havemanns Widerstand gegen den Nationalsozialismus, Visier der Staatssicherheit geriet und Opfer von deren seine herausgehobene Stellung bei der Etablierung des „Zersetzungsmaßnahmen“ wurde. SED-Regimes als Wissenschaftsfunktionär und als gehei- mer Mitarbeiter des MfS ebenso wie verschiedene As- 5.2.2 Zusammenarbeit des MfS mit den pekte seiner oppositionellen Tätigkeit. Aufschlussreiche Sicherheitsdiensten des Ostblocks zur Erkenntnisse über die Organisation seiner Beobachtung Verhinderung von Flucht und durch das MfS ergaben sich aus neu erschlossenem Akten- Opposition/Westarbeit des MfS material des BStU. Im Anhang werden neue Dokumente und eine Ergänzung der 2007 erschienenen Bibliografie In diesem Projektbereich wird zum einen das Wirken des der Schriften von und über Havemann veröffentlicht. Aus MfS bei der Verhinderung von Fluchten aus der DDR und dem Projekt entstanden Vorträge und Bildungsveranstal- zur Absicherung ihrer Grenzen sowie die konkrete Zu- tungen 2011 in Grünheide und 2012 in Diepholz sowie sammenarbeit mit anderen Geheimpolizeien der Staaten Quellenpublikationen und kleine Aufsätze. des Warschauer Paktes bei der Unterbindung der Flucht von DDR-Bürgern untersucht. Ein zweiter Schwerpunkt Forschungen zur Westarbeit des MfS besteht in der Analyse der Vorgehensweise des MfS bei der Bekämpfung grenzüberschreitender Verbindungen Das detaillierte Kapitel zum MfS-Handbuch über die zwischen Oppositionellen der DDR und anderer Ost- Hauptverwaltung Aufklärung (HV A) von Helmut blockstaaten sowie der Unterbindung und Unterwande- Müller-Enbergs konnte im Berichtszeitraum abgeschlos- rung ihrer Unterstützung aus dem westlichen Ausland. sen werden. Es gibt einen erschöpfenden Einblick in die Diesen Themen widmen sich mehrere laufende Einzel- Strukturen und Arbeitsbereiche der DDR-Spionage und projekte: ermöglicht die genaue Zuordnung einzelner Aktivitäten zu den konkreten Abteilungen und Referaten, was durch die schlechte Überlieferung der HV A-Akten erheblich Dokumentation der Anweisungen zur Verschleierung schwieriger ist als für andere Diensteinheiten des MfS. von Gewaltakten an der Berliner Mauer Fortgesetzt werden die Arbeiten an einer Gesamtge- 2011 veröffentlichte Dokumente belegen, wie das Minis- schichte der HV A. terium für Staatssicherheit bereits wenige Monate nach der Sperrung der Grenze zu West-Berlin versuchte, Fluchten 5.2.3 Zusammenarbeit osteuropäischer über die neu errichtete Mauer zu verhindern. In der von Staatssicherheitsdienste Cornelia Jabs herausgegebenen Dokumentation wird zu- gleich der Prozess nachvollzogen, wie das MfS koordinie- Im Berichtszeitraum wurde die Recherche und Material- rend und überwachend dafür sorgte, dass alle an der erfassung zu dem Großprojekt „Das MfS und der KSZE- Grenzschließung und -kontrolle beteiligten Institutionen Prozess. Der Kampf der osteuropäischen Geheimdienste der DDR dazu beitrugen, das System der Staatsgrenze un- gegen Modernisierung und Globalisierung“ abgeschlos- durchdringlich zu machen (Deutschland Archiv online: sen. Eine Monografie für den Zeitraum von 1973 bis 50 Jahre Mauerbau II, auf der Website www.bpb.de). Eine 1989 ist in Vorbereitung. über diese Veröffentlichung hinausgehende Dokumenta- Ziel der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit tion der diesbezüglichen MfS-Anordnungen und Befehle in Europa (KSZE) war es, Konfrontationen abzubauen und wird zudem als Online-Edition vorbereitet. Brücken zwischen Ost- und Westeuropa zu schlagen. Wie die Entwicklung nach der Öffnung des Eisernen Vorhangs DDR-Opposition und westdeutsche gezeigt hat, entsprach das einem tiefen Bedürfnis weiter Unterstützer im Blick des MfS Teile der Bevölkerung im ehemals sowjetischen Machtbe- reich. Mittelfristig hat die KSZE dazu beigetragen, die Die Planungen und Aktionen des MfS, die Verbindungen kommunistische Herrschaft zu untergraben und letztlich zwischen bürgerschaftlichen Organisationen der Bundes- zu überwinden. Selbstverständlich ist das den Geheimpo- republik Deutschland einerseits und Oppositionellen in lizeien dieser Staaten nicht verborgen geblieben. Im Zen- der DDR wie auch in anderen osteuropäischen Staaten an- trum des Forschungsvorhabens stehen folgende Fragen: dererseits einzuschränken, werden von Bernd Florath in Welchen Einfluss hatte das MfS auf die Positionen der einer Studie über das „Sozialistische Osteuropakomitee“ DDR in der KSZE? Gab es einen ostdeutschen Sonderweg in West-Berlin und Hamburg untersucht. Hierbei soll die bezüglich der KSZE und der Menschenrechte innerhalb Differenz zwischen den Planungen und Absichten des des östlichen Bündnisses? Wie bekämpfte das MfS die MfS einerseits und seinen realen Einwirkungsmöglichkei- Auswirkungen der KSZE hinsichtlich der Menschenrechte ten andererseits im Detail verdeutlicht werden, die auf- in der DDR? In welchen Bereichen arbeitete das MfS mit grund einer partiell guten archivischen Überlieferungslage den anderen osteuropäischen Geheimdiensten zusammen, – 74 – um die durch die KSZE generierten menschenrechtlichen Zum methodisch und thematisch verwandten Projekt Impulse einzudämmen, und wie eng war diese Zusammen- „MfS und ‚Ausreiser‘ in den 1970er- und 1980er-Jahren. arbeit? Eine mikrohistorische Studie zum Kreis Halberstadt“ des Zentrums für Zeithistorische Forschung Potsdam beste- Zwischenergebnisse der Arbeit haben sich in Beiträgen hen Kooperationsbeziehungen. bei Veranstaltungen des BStU in Berlin und Dresden so- wie auf internationalen Konferenzen in Kopenhagen, In Zusammenarbeit mit dem Historischen Institut der Prag und Brüssel und in Aufsätzen zum Beispiel über Friedrich-Schiller-Universität Jena und ebenfalls mit einem „Die Supermächte und die Konferenz über Sicherheit und regionalen, mikrohistorischen Ansatz wird der staatliche Zusammenarbeit in Europa“ sowie „Die Wiener KSZE- Umgang mit der alternativ-dissidentischen Popularkultur Folgekonferenz und der Handlungsspielraum des DDR- der 80er-Jahre exemplarisch anhand der Bezirksstadt Gera Sicherheitsapparates 1989“ niedergeschlagen. erforscht: In dem Projekt „Bühne der Dissidenz und Dra- maturgie der Repression – Kulturkampf in der Provinz der Ein Nebenprodukt des KSZE-Projekts ist die Erstellung späten DDR“ konzentriert sich der BStU-Beitrag auf die einer Internet-Publikation von Grundsatzdokumenten spezifische Rolle des MfS. Die entsprechende Verlags-Pu- über die Zusammenarbeit des MfS mit dem KGB auf der blikation ist in Vorbereitung. Website des BStU (siehe Rubrik Wissen/MfS-Doku- Im Projektbereich „Staatssicherheit in den Bereichen mente). Die Sammlung entstand im Zusammenhang eines Wirtschaft und Umwelt“, der aus zwei Dissertationsvor- Vorhabens des History and Public Policy Project des haben besteht, wird seit 2012 die Rolle des MfS in Wirt- Woodrow Wilson Center in Washington. Eine Veröffentli- schaft und Umwelt am Beispiel der Chemiekombinate chung von Auszügen der Dokumente in englischer Über- des Bezirks Halle (Bitterfeld, Buna, Leuna) in der setzung ist im Herbst 2012 auf dessen Website erfolgt. Honecker-Ära untersucht. Es geht dabei zunächst um die Dank zusätzlicher Forschungsmittel des Bundes erforscht Rekonstruktion der konkreten Rolle der Geheimpolizei seit Ende 2011 ein wissenschaftlicher Mitarbeiter eine bei den in der ökonomischen Sphäre auftretenden Proble- wichtige Komponente der Zusammenarbeit der osteuro- men und Konflikten, insbesondere auch um die Reich- päischen Staatsicherheitsdienste, nämlich die Operativ- weite etwaiger Einflussnahmen der Staatssicherheit auf gruppen, die die jeweiligen Geheimdienste wechselseitig ökonomische und betriebliche Entscheidungen. Außer- in den meisten osteuropäischen Staaten unterhielten. Titel dem wird die Rolle des MfS im Hinblick auf die Ressour- des Forschungsprojekts ist „Kooperation und Kontrolle. cen- und Umweltproblematik in der DDR betrachtet, vor Zielvorgaben, Funktionsweisen und Alltagspraxis der allem dessen Wahrnehmung der Umweltbelastungen und MfS-Operativgruppen in der Kooperation der Geheimpo- deren Auswirkungen auf die Bevölkerungsstimmung so- lizeien“. Zunächst wird eine Überblicksdarstellung zur wie die Aktivitäten zur Unterbindung öffentlichkeitswirk- Struktur und zur Geschichte der MfS-Operativgruppen samer Kritik. verfasst. Darauf aufbauend entsteht eine Fallstudie zur Ein Dissertationsprojekt widmet sich primär den wirt- Zusammenarbeit des MfS mit einem anderen Staatssi- schaftshistorischen Fragestellungen, während das andere cherheitsdienst des ehemaligen Warschauer Pakts. einen Schwerpunkt bei den ökologischen Aspekten setzt. Im Hinblick auf Forschungsgegenstände, Fragestellungen 5.2.4 Herrschaft und Gesellschaft und Quellenauswertung sind beide Projekte eng miteinan- in der DDR-Provinz der verknüpft worden, um entsprechende Synergien nutz- bar zu machen. Das Forschungsprojekt untersucht im abgegrenzten Rah- men des Landkreises Halberstadt die regionalen Struktu- 5.2.5 Die DDR im Blick der Stasi. Die geheimen ren von Herrschaft und Gesellschaft in ihrer Langzeitent- Berichte an die SED-Führung. Edition wicklung. Im Zentrum der Untersuchungen steht das und Analyse der Stimmungs- und Wirken der lokalen Kreisdienststelle des Staatssicher- Lageberichte der Zentralen Auswer- heitsdienstes. tungs- und Informationsgruppe (ZAIG) des MfS 1953 bis 1989 Das Projekt zielt auf die umfassende Rekonstruktion der konkreten Herrschaftsausübung im DDR-Alltag. Hierzu Die Edition der geheimen Berichte, die die Zentrale Aus- wurden die Akten der Kreisdienststelle Halberstadt und wertungs- und Informationsgruppe (ZAIG) des Ministe- der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Magdeburg riums für Staatssicherheit zur Information der Partei- und sowie die einschlägigen Bestände der SED, der Volkspo- Staatsführung der DDR seit dem Juni-Aufstand 1953 bis lizei und des Rates des Kreises gesichtet und in wesentli- zum Dezember 1989 verfasst hat (unter dem Titel „Die chen Teilen ausgewertet. Teilergebnisse wurden bereits in DDR im Blick der Stasi. Die geheimen Berichte an die mehreren Vorträgen und Aufsätzen vorgestellt. Aufgrund SED-Führung“) wurde im Berichtszeitraum fortgesetzt. der Lage des Kreises Halberstadt an der innerdeutschen In den Bänden werden alle Inlandsberichte ediert und in Grenze sind in dieser Region die politischen und gesell- einer ausführlichen Einleitung erste Auswertungsergeb- schaftlichen Auswirkungen des DDR-Grenzregimes als nisse sowie Forschungen zum Informations- und Be- auch der verbesserten deutsch-deutschen Kontaktmög- richtswesen des Staatssicherheitsdienstes präsentiert. Die lichkeiten nach 1972 („Kleiner Grenzverkehr“) zu studie- Berichte zeichnen ein Bild, welches in der Langzeitpers- ren. Das Gesamtergebnis des Projekts soll in monografi- pektive deutlich macht, wie MfS und Staats- und Partei- scher Form veröffentlicht werden. führung die allgemeine Lage in der DDR einschätzten, – 75 – welche Schwierigkeiten und „Bedrohungen“ sie für den Die Eigenpublikationen des BStU werden zusätzlich zu Aufbau und die Festigung ihrer Herrschaft sahen und den Printausgaben als barrierefreie PDF-Dateien kosten- welche Konsequenzen daraus gezogen wurden. Die Be- los online zur Verfügung gestellt. Durch den Internetauf- richte sagen darüber hinaus auch etwas über das Verhält- tritt der Behörde sowie ein regelmäßig aktualisiertes „Ge- nis von MfS und Staatsführung sowie den Einfluss des samtverzeichnis der Veröffentlichungen“ werden die MfS auf die Meinungsbildung der höchsten politischen Publikationen beworben und mithilfe eines eigenen Pu- Führungsschicht in der DDR aus. Die Bände werden in blikationsverkaufs – auch über den Buchhandel – einer Form einer Auswahledition (Buch) und einer Komplett- breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. edition auf CD-ROM publiziert. Ein Jahr nach der Buch- publikation stehen die Daten dann kostenlos im Internet Im Folgenden werden die im Berichtszeitraum erschiene- unter www.ddr-im-blick.de online zur Verfügung. Unter- nen Veröffentlichungen vorgestellt. Eine Übersicht über legt mit einer Datenbank, die komfortable Auswertungs- die Gesamtheit der Publikationen des BStU befindet sich möglichkeiten bietet, ist dann eine Recherche auch über im Anhang 10. die Jahrgänge hinweg möglich. Die Jahrgänge 1976, 1988 und 1961 sind bereits im Internet zugänglich. 5.3.1 Monografien und Sammelbände

5.2.6 Rechtsanwälte in der Ära Honecker 5.3.1.1 Das MfS-Lexikon. Begriffe, Personen und Strukturen der Staatssicherheit Dieses Projekt thematisiert den Einfluss des MfS auf die der DDR Rechtsanwälte in der späten DDR, insbesondere im Be- reich politischer Prozesse. Es wird untersucht, wie dicht Mit dem MfS-Lexikon liegt seit dem Frühjahr 2011 ein die Kontrolle der Anwälte war, inwieweit das MfS schon kompaktes Nachschlagewerk zum Ministerium für bei der Auswahl der Juristen Einfluss nahm, wie es in das Staatssicherheit der DDR vor, in dem die Nutzer auf ak- Geschehen in den Kollegien der Rechtsanwälte eingriff tuellem Forschungsstand knapp und präzise alle wichti- und inwieweit es einzelne Anwälte geheimpolizeilich gen Informationen zum Thema finden. Behandelt werden „bearbeitete“ oder nutzte. Der MfS-Einfluss wird mit Strukturen, Arbeitsweisen und Methoden des MfS, ent- dem Einwirken von Staat sowie Partei und der Selbstver- scheidende Schlüsselbegriffe wie auch die wichtigsten waltungsorgane der Rechtsanwälte abgeglichen, um die Akteure. Dabei wird zugleich das politische Umfeld the- Relevanz des geheimpolizeilichen Agierens abschätzen matisiert und der Einfluss der Geheimpolizei auf ver- zu können. schiedene Lebensbereiche der DDR dargestellt. Das Lexi- kon erschließt den Gegenstand in allgemeinverständlicher Die politische Justiz gehörte nicht nur zum Sicherungsbe- Weise und veranschaulicht die Praktiken des MfS durch reich der Geheimpolizei. Das MfS fungierte bei „staatssi- zahlreiche Abbildungen, Statistiken, Organigramme und cherheitsgefährdenden“ Delikten als Untersuchungsorgan Dokumente. und führte die Ermittlungen vor dem Strafprozess durch. Bis heute ist umstritten, inwieweit das MfS Ermittlungen Das Lexikon wurde als kompaktes Hilfsmittel sehr gut und Prozessverlauf determinierte. Auch diese Fragestel- angenommen – so gut, dass bereits nach einem Jahr eine lung soll das Projekt weiter zu beantworten helfen. zweite, erweiterte Auflage erscheinen konnte. Die etwa 50 zusätzlichen Einträge gehen vielfach auf Anregungen Erstmals wurden daher am Beispiel des Jahres 1984 alle von kritischen Nutzern zurück. Die Mehrzahl sind jedoch Prozesse, die das MfS in Berlin initiiert hatte, mit quanti- Biografien von Leitern der Bezirksverwaltungen des tativen Methoden untersucht. Im Vordergrund stand die MfS. Damit trägt das Lexikon in verstärktem Maß der Frage, welche Akteure das Geschehen bestimmten und Tatsache Rechnung, dass das Ministerium für Staatssi- welche Rolle die Verteidiger in solchen Verfahren spiel- cherheit auch einen starken regionalen Charakter besaß. ten. Erste Ergebnisse wurden in einer Fachzeitschrift do- kumentiert. 5.3.1.2 Das Revolutionsjahr 1989 Ergänzend zum Projekt wird seit 2011 ein rechtshistori- sches Kolloquium durchgeführt, in dem sich ausgewählte Der von Bernd Florath herausgegebene Sammelband ver- externe und interne Wissenschaftler über aktuelle For- eint Beiträge der internationalen Tagung, die der BStU im schungsarbeiten bezüglich Strafjustiz und Haft unter Be- Rahmen des Geschichtsforums im Mai 2009 in der Berli- teiligung des MfS austauschen. ner Humboldt-Universität veranstaltete. Die Beiträge be- handeln die Unterschiedlichkeit und die Verflechtung der 5.3 Publikationen Freiheitsrevolutionen von 1989/1991 in der Ukraine, Po- len, der DDR, Ungarn, Rumänien, der ČSSR und Bulga- Die Manuskripte der Forschungsabteilung werden im rien. Sie berühren so unterschiedliche Themenfelder wie Sachgebiet Publikationen von der Manuskriptbearbeitung den Beitrag der verschiedenen Kirchen zur Revolution, über Satz und Layout bis hin zur Drucklegung als Ver- die Runden Tische, den Machtzerfall der kommunisti- lags- oder Eigenveröffentlichung begleitet. Diese behör- schen Parteien und ihrer Geheimdienste und verschiedene deneigene redaktionelle Schnittstelle ermöglicht die Qua- Zweige der oppositionellen Bewegungen. In einem ein- litätssicherung im Haus sowie die Durchführung von leitenden Beitrag diskutiert die ungarische Philosophin Kooperationsprojekten und die Realisierung von Buch- Ágnes Heller die Stellung der Revolutionen im Kontext handelsausgaben. der europäischen und Weltgeschichte. – 76 –

5.3.1.3 Opposition und SED in der tik verstärkt bemerkbar: Viele DDR-Bürger stellten unter Friedlichen Revolution Berufung auf die KSZE-Schlussakte oder die Charta der UNO Ausreiseanträge. Problematisch war nach wie vor Auch dieser Sammelband hat spezifische Aspekte der die Versorgung mit Konsumgütern. Die Erhöhung der Friedlichen Revolution zum Inhalt und auch er ist Ergeb- Weltmarktpreise für Rohkaffee löste im Sommer eine re- nis einer Tagung. Wie die Tagung im November 2008 ge- gelrechte „Kaffee-Krise“ aus: Die Bevölkerung machte meinsam mit dem Berliner Landesbeauftragten für die ihrem Unmut über die Einführung von minderwertigem Stasi-Unterlagen und der Kommission für Geschichte des Ersatzkaffee Luft. Die Staatssicherheit registrierte diese Parlamentarismus und der politischen Parteien veranstal- kleineren und größeren Verwerfungen sehr genau und be- tet wurde, wurde auch der Band gemeinsam herausgege- richtete der SED-Führung regelmäßig darüber. Die in ben. Der Fokus lag auf der Organisationsgeschichte der dem Band versammelten Dokumente bieten daher einen alten und neuen politischen Kräfte, die wie ein Brennglas aufschlussreichen Einblick in Herrschaft und Gesellschaft die Entwicklung dieser stürmischen Phase bündelt. Der der DDR im Jahr 1977. besondere Wert der Publikation liegt aber darin, und das hat auch die Kritik hervorgehoben, dass sie auch die um- fangreichen Diskussionen der Tagung wiedergibt. Sie 5.3.1.5 Desertionen im geteilten Berlin führte in einzigartiger Weise den Blick von Fachhistori- Ausgangspunkt der wissenschaftlichen Arbeit ist der kern mit dem der Akteure und Zeitzeugen zusammen und „Sprung in die Freiheit“, jenes Foto, das den fliehenden bietet so eine gelungene Bilanz der Ereignisse. Conrad Schumann zeigt und zu einer „Ikone des Mauer- baus“ wurde. Der junge Bereitschaftspolizist war der 5.3.1.4 Die DDR im Blick der Stasi. Die erste Deserteur im geteilten Berlin. Martin Stief nahm geheimen Berichte an die dieses Bild zum Anlass, nach den Hintergründen von De- SED-Führung: 1961 und 1977 sertionen aus den Reihen der Grenzsicherungseinheiten Im Oktober 2009 startete die Reihe des BStU „Die DDR im Jahr des Mauerbaus zu fragen. im Blick der Stasi. Die geheimen Berichte an die SED- Insgesamt flohen im Jahr 1961 aus den bewaffneten Kräf- Führung“ (siehe Abschnitt 5.2.5). Im Berichtszeitraum ten der DDR landesweit über 600 junge Männer über die erschienen die Bände 1961 und 1977. Grenze in den Westen. Während bei der Nationalen Aus Anlass des 50. Jahrestags des Baus der Berliner Volksarmee und der Volkspolizei die Fluchtzahlen nach Mauer am 13. August 1961 erschien der Jahrgang 1961, der Grenzabriegelung schlagartig zurückgingen, stiegen bearbeitet von Daniela Münkel. Die Stasi berichtete in sie bei den direkt an der Berliner Grenze eingesetzten diesem Jahr hauptsächlich über Ereignisse, die mit dem Einheiten, darunter denen der Bereitschaftspolizei, dras- Mauerbau in Zusammenhang standen. Im Vorfeld des tisch an: Hatten sich vor dem 13. August lediglich 18 Be- 13. August informierte sie die SED-Führung über Fälle reitschaftspolizisten unerlaubt abgesetzt, flohen danach von Republikflucht, „Grenzgänger“, Austritte von Bauern bis zum Jahresende 165. aus den Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaf- Vorrangig gestützt auf die Überlieferungen des MfS in ten, Arbeitsniederlegungen in der Industrie, oppositio- den Aktenbeständen des BStU, berichtet der Autor von nelle Verhaltensweisen, Missstimmungen in der Bevölke- den Versuchen der Staatssicherheit, Fahnenfluchten mög- rung sowie Versorgungs- und Produktionsprobleme aller lichst schon im Vorfeld zu verhindern. Damit eröffnet er Art. Neben allgemeinen Stimmungs- und Lageberichten einen Blick auf einen Kernbereich der SED-Herrschaft: aus allen Teilen der DDR stehen Einzelereignisse wie die die angestrebte totale Überwachung des Grenzregimes. ersten Todesschüsse an der gesperrten Berliner Grenze und spektakuläre Fluchtfälle. Es wird ein Bild gezeichnet, Die Publikation „Desertionen im geteilten Berlin“ ent- das die gesamten Problemfelder der DDR unmittelbar vor stand 2011 als Abschlussarbeit des Masterstudiums an und nach dem Mauerbau dokumentiert und den immer der Leibniz Universität Hannover. Der Autor absolvierte größer werdenden „Zuständigkeitsanspruch“ der Staatssi- zuvor ein Praktikum im Forschungsbereich des BStU, in cherheit erkennen lässt. Besonders hervorzuheben ist, dessen Rahmen er auf das Thema aufmerksam wurde. dass in dem Band bisher unbekannte Dokumente zum Mauerbau veröffentlicht wurden, die den Kenntnisstand über die Rolle der Staatssicherheit um wesentliche De- 5.3.1.6 Die Untersuchungshaftanstalt der Staats- tails erweitern. sicherheit in Rostock. Ermittlungs- verfahren, Zelleninformatoren und Haft- Im Herbst 2012 erschien der Band 1977, bearbeitet von bedingungen in der Ära Honecker Henrik Bispinck. In den Dokumenten des Jahres 1977 geht es u. a. um die Stimmung in der Bevölkerung, um Um die Verurteilung von Regimegegnern zu ermöglichen, Konflikte mit Schriftstellern und Intellektuellen sowie um veranlasste das MfS Untersuchungshäftlinge, über Mitge- Probleme in der Wirtschaft. Das Jahr 1977 war stark be- fangene zu berichten. Diese sogenannten Zelleninformato- stimmt vom repressiven kulturpolitischen Kurs der SED ren waren gleichsam inoffizielle Mitarbeiter in einer Un- im Anschluss an die Ausbürgerung von Wolf Biermann. tersuchungshaftanstalt. Was motivierte sie zum Verrat an Zahlreiche Künstler, darunter so prominente Namen wie ihren Leidensgefährten? Wurden sie zur Spitzeltätigkeit Manfred Krug oder Sarah Kirsch, verließen die DDR. Zu- nicht eher gezwungen – und wie schnell „fielen“ sie „um“? gleich machten sich die – aus Sicht der Parteiführung – Die Studie von Jenny Schekahn und Tobias Wunschik be- negativen innenpolitischen Folgen der Entspannungspoli- antwortet diese Fragen auf der empirischen Grundlage ei- – 77 – ner bisher nicht ausgewerteten Kartei des Staatssicher- Im Berichtszeitraum erschienen die folgenden MfS- heitsdienstes in der Außenstelle Rostock. Handbuchbeiträge als Druckexemplare sowie als kosten- lose PDF-Dateien: Dass die Geheimpolizei ihren Zelleninformatoren erst Strafrabatt versprach, später aber kaum gewährte, machte diese zu „betrogenen Betrügern“ – die noch dazu beson- 5.3.2.1 Hauptverwaltung A (HV A). Aufgaben – ders häufig selbst bespitzelt wurden. Die Staatssicherheit Strukturen – Quellen verpflichtete in ihrem Wissensdurst mehr Zuträger als für Im Zentrum der Teillieferung zur Hauptverwaltung A die Ermittlungen nötig gewesen wären, und fragte etwa (HV A) steht die Rekonstruktion von Aufgaben, Struktu- auch nach den Westkontakten der Mitgefangenen. Die ren und Quellen sowie die informationsbeschaffende Tä- Analyse der Zelleninformatoren wird eingebettet in die tigkeit dieser vor allem in der Bundesrepublik und West- erste wissenschaftliche Darstellung der MfS-Untersu- Berlin nachrichtendienstlich arbeitenden Diensteinheit. chungshaftanstalt Rostock und der hier herrschenden Der Blick fällt dabei auf die Zentrale in Berlin wie auch Haftbedingungen. Erstmals wurden exakte Zahlen sowie auf die Bezirksverwaltungen des MfS. Dieses Kapitel des die Delikte der hier inhaftierten Bürger in der Ära MfS-Handbuchs ist ein erstes Nachschlagewerk und kann Honecker ermittelt. die Grundlage für darüber hinausgehende Forschungen bilden. Die Akten und Karteien der HV A sind weitge- 5.3.1.7 Konfliktfall „KOSMOS“. Die hend im Zeitraum von Dezember 1989 bis Juni 1990 ver- politische Geschichte einer nichtet worden. Vom Archiv der HV A ist – mit wenigen Jugendarbeitsgruppe in der DDR Ausnahmen – nichts überliefert. Die von Helmut Müller- Enbergs vorgelegte Rekonstruktion erfolgt wesentlich auf Der 2012 im Böhlau Verlag erschienene Band von Basis fragmentierter Daten, die sich in archivierten Ak- Reinhard Buthmann über eine Gruppe raumfahrtbegeister- ten, auf elektronischen Datenträgern und in verfilmten ter Jugendlicher erzählt eine Geschichte zwischen Anpas- Karteien auffinden lassen. Sie sind um Angaben aus der sung, Widerständigkeit und Eigensinn, die tief hinter die Literatur sowie um Informationen aus Interviews ergänzt. Kulissen der Machtausübung der SED führt. Die Grün- dungsversuche der Gruppe unter dem Dach der Deutschen 5.3.2.2 Hauptabteilung VIII: Beobachtung, Astronautischen Gesellschaft gehen auf das Jahr der ersten Ermittlung, Durchsuchung, Festnahme bemannten Mondlandung 1969 durch die USA zurück. 1971 gegründet, wurde sie ein Fall für den Staatssicher- Abgeschlossen wurden die Arbeiten am Handbuchbeitrag heitsdienst. Der brach das Postgeheimnis, zapfte Telefon- zur Hauptabteilung VIII. Die Autorin Angela Schmole leitungen an, „zersetzte“ sie 1975/76 und etablierte zur analysiert Struktur und Wirkungsweise der für Beobach- Täuschung der Fachöffentlichkeit eine Ein-Mann-Jugend- tung, Ermittlung, Durchsuchung und Festnahmen zustän- gruppe innerhalb der Internationalen Astronautischen digen MfS-Abteilung, ihre personelle Zusammensetzung Föderation. Die Auflösung der regional gegliederten Ju- und Aktivität innerhalb der DDR und der Bundesrepu- gendarbeitsgruppe KOSMOS (JAGK) mit über 100 Mit- blik. Der Beitrag belegt die arbeitsteilige Vorgehensweise gliedern zeitigte einschneidende Änderungen in Statut und des MfS ebenso wie das hohe Maß an Kooperation zwi- Regime der Astronautischen Gesellschaft, die dann mehr schen den verschiedenen MfS-Abteilungen und anderen und mehr zu einer SED-treuen Institution wurde. staatlichen Instanzen der DDR. Diese Verflechtung be- trifft nicht nur die Arbeit des MfS in der DDR, sondern Der Band erzählt eine bewegende Geschichte über Tech- auch in der Bundesrepublik, die keineswegs ausschließ- nikbegeisterung, staatliche und wissenschaftspolitische lich von Mitarbeitern der HV A umgesetzt wurde. Neben Behinderungen, Begehrlichkeiten von Geheimdiensten, der faktisch nicht an Gesetze gebundenen Arbeitsweise in Gewissenskonflikte, Flucht und Ausstieg und problemati- der DDR belegt das Handbuchkapitel zugleich die hohe siert den inoffiziellen Mitarbeiter des MfS. Der darge- Aggressivität und die Missachtung der Souveränität und stellte Mikrokosmos wirft Licht auf die kausale Verwo- der rechtsstaatlichen Verhältnisse in der Bundesrepublik. benheit der Ereignisse um die JAGK vor dem Hintergrund des Kalten Krieges, des Sputnik-Schocks und des Apollo- 5.3.2.3 Die Diensteinheiten des MfS 1950–1989. Triumphes. Eine organisatorische Übersicht

5.3.2 Handbuch Das von Roland Wiedmann erarbeitete Kompendium bie- tet eine Übersicht über rund 200 Diensteinheiten des MfS Das MfS-Handbuch „Anatomie der Staatssicherheit“ be- von den Hauptverwaltungen über die Hauptabteilungen steht aus Teillieferungen, die sukzessive erscheinen und und Abteilungen bis hin zu zentralen Arbeitsgruppen oder sich mit der Struktur und Arbeitsweise des MfS am Bei- Sekretariaten. Als Nachschlagewerk innerhalb des MfS- spiel einzelner Diensteinheiten und bestimmter Schwer- Handbuchs „Anatomie der Staatssicherheit“ angelegt, lie- punktthemen befassen. Darin wird einem wissenschaftli- fert es in kompakter Form Informationen zu den Aufga- chen Fachpublikum und der interessierten Öffentlichkeit ben, zur Entwicklung, zur Struktur, den Leitern und dem ein umfangreiches Grundwissen zum MfS zur Verfügung Personalbestand der jeweiligen Diensteinheit sowie eine gestellt. Inzwischen liegen 27 Bände vor, eine Teilliefe- Auflistung der wichtigsten einschlägigen dienstlichen Be- rung (zur Hauptabteilung IX – Untersuchungsorgan) steht stimmungen. Ergänzend zur „Organisationsstruktur des noch aus. Ministeriums für Staatssicherheit 1989“ von Roland – 78 –

Wiedmann (1. Auflage 1995), lassen sich mit dieser Zu- 5.5 Wissenschaftliche Tagungen sammenstellung Aufgaben und Zuständigkeiten innerhalb 5.5.1 Staatssicherheit, Herrschaft der Staatssicherheit über die Jahrzehnte ihrer Existenz hin- und Gesellschaft. weg verfolgen, vom Stichwort „Abteilung I (Informa- Forschungsperspektivenkonferenz tion)“ bis „Zentraler Operativstab“. Organigramme zu den Anleitungsbereichen des MfS (einschließlich der HV A) Am 30. Oktober 2012 lud der BStU Zeithistoriker aus sowie eine CD-ROM mit einer PDF-Datei der Teilliefe- dem In- und Ausland zu einer Forschungsperspektiven- rung, die eine komfortable Volltextsuche ermöglicht, er- konferenz nach Berlin ein. Ziel war es, 20 Jahre nach der gänzen den Band. Gründung der Abteilung BF eine Bilanz der wissen- schaftlichen Auseinandersetzung mit der Geschichte des 5.3.3 MfS-Dokumente online Ministeriums für Staatssicherheit zu ziehen und Perspek- tiven für weitere Forschungen zu entwickeln. In der ers- Um dem Bedarf der Öffentlichkeit an leicht zugänglichen ten Sektion der vom Wissenschaftlichen Beratungsgre- Basisinformationen zum MfS Rechnung zu tragen, veröf- mium der Behörde initiierten Konferenz wurde der fentlicht der Bundesbeauftragte unter dem Titel „MfS- Forschungsstand zum MfS aus der Binnen- wie aus der Dokumente online“ zentrale Quellen zur Arbeit der Außenperspektive bilanziert und in den Kontext der all- Staatssicherheit auf seiner Homepage. Das Portal soll gemeinen DDR-Forschung eingeordnet. Anschließend sukzessive erweitert werden. Es handelt sich dabei teils skizzierten die Projektleiter der Abteilung BF Perspekti- um Dokumente, die bereits gedruckt vorliegen, teils um ven für die künftige Forschung auf folgenden Themenfel- Materialien, die erstmals der Öffentlichkeit präsentiert dern: das MfS in gesellschaftshistorischer Perspektive, werden. Ihre Publikation in elektronischer Form soll der das MfS als Herrschaftsfaktor, die Zusammenarbeit der Wissenschaft und allen Interessierten Zugriff auf die osteuropäischen Staatssicherheitsdienste und das MfS in grundlegenden Regelungen des Staatssicherheitsdienstes der deutsch-deutschen Systemkonfrontation. Flankiert bieten. Das Portal umfasst unter anderem: ein „Verzeich- wurden die Vorträge jeweils von Kommentaren von au- nis edierter Dokumente“, das weit über 1 000 im Rahmen ßerhalb der Behörde tätigen DDR-Forschern, die zu leb- von Publikationen des BStU bereits veröffentlichte Un- hafter Diskussion anregten. Eine Podiumsdiskussion mit terlagen samt Quellennachweis auflistet; die „Grundsatz- namhaften Wissenschaftlern schloss die Konferenz ab. dokumente“ mit einer Auswahl normativer Quellen, die Trotz eines kontroversen Austauschs von Argumenten Auskunft über die wichtigsten Festlegungen und Rege- kristallisierten sich am Ende der Tagung zahlreiche Ge- lungen im Bereich des Ministeriums für Staatssicherheit meinsamkeiten heraus. So war Konsens, dass das MfS als der DDR in den fast 40 Jahren seiner Existenz geben; die integraler Bestandteil des DDR-Herrschaftssystems un- Dokumentation „Zentrale Dokumente zur Zusammenar- tersucht werden muss. Auch sollten gesellschaftshistori- beit der osteuropäischen Geheimdienste“, die Verträge sche Fragestellungen stärker als bisher in den Blick der über die Zusammenarbeit von KGB und MfS enthält so- MfS-Forschung rücken. Viel Zustimmung gab es zudem wie Aufzeichnungen zu Treffen zwischen den Spitzen für das Vorhaben, den Staatssicherheitsdienst künftig ver- beider Geheimpolizeien. So stehen zum Beispiel unter stärkt im Kontext der osteuropäischen Geheimpolizeien dem Stichwort „MfS und KGB“ in über 30 zentralen und einerseits und innerhalb der deutsch-deutschen System- umfangreichen Dokumenten mehrere Hundert Seiten auseinandersetzung andererseits zu analysieren. MfS-Unterlagen als PDF-Download zur Verfügung, die erstmals einen Ansatz bieten, die weitgehende Unzugäng- 5.5.2 Die Diktatur in der Provinz – lichkeit der KGB-Akten in Russland für westliche For- Nahaufnahmen der SED-Herrschaft scher wettzumachen. Vom 17. bis 19. Februar 2011 fand in Neudietendorf bei 5.4 Bundestagsgutachten Erfurt in Kooperation mit der Evangelischen Akademie Thüringen eine Tagung mit dem Titel „Die Diktatur in der Mit Schreiben vom 28. Oktober 2010 beauftragte der Prä- Provinz – Nahaufnahmen der SED-Herrschaft“ statt, bei sident des Deutschen Bundestages die damalige Bundes- der diskutiert wurde, wie die Diktatur im Alltag und beauftragte, nach § 37 Absatz 3 StUG ein Gutachten zu fernab der Machtzentren funktionierte. Thematisiert wur- erstellen, das die Einflussnahme des MfS auf die Mitglie- den regionale Herrschaftsstrukturen, Mechanismen von der des Deutschen Bundestages in den Jahren 1949 bis Anpassung und Mitläufertum sowie abweichendes Ver- 1989 dokumentieren soll. An diesem Gutachten wurde im halten jenseits expliziter politischer Opposition (Kultur, gesamten Berichtszeitraum gearbeitet, es wird Anfang Jugend, Ausreise). Dabei stellten verschiedene regional-, 2013 fertiggestellt. Das Gutachten dokumentiert und in- lokal- oder mikrohistorisch angelegte Forschungsprojekte terpretiert die relevanten MfS-Unterlagen zu Ausmaß, ihre Ergebnisse vor. Als ein weiterer Schwerpunkt wurde Methoden und Intensität der versuchten Informationsge- die Vermittlung von Ergebnissen der DDR-Forschung in winnung und im Einzelfall Beeinflussung des Deutschen Schule, politischer Bildung und Medien betrachtet und Bundestags durch das MfS. Es wird diesbezüglich offene debattiert. Fragen klären, zugleich aber einen Beitrag für die Parla- mentarismusforschung leisten sowie eine Reihe von 5.5.3 Nach dem Mauerbau neuen Fragen aufwerfen, die die Forschung insgesamt zu intensiver weiterer Beschäftigung mit dem Thema anre- Vom 28. bis zum 30. September 2011 veranstaltete der gen wird. BStU in Zusammenarbeit mit dem Institut für Zeitge- – 79 – schichte München-Berlin eine wissenschaftliche Tagung auch von der interessierten Öffentlichkeit gut angenom- zum Thema „Nach dem Mauerbau. Geteilte Entwicklun- men. gen – bleibende Verbindungen“. Anlässlich des 50. Jah- restages des Mauerbaus lenkte die Tagung den Blick auf Der Bestand konnte im Berichtszeitraum durch gezielte die Auswirkungen der Grenzschließung. In 14 Beiträgen Erwerbung, Tausch und Geschenke um über 1 300 Medien stellten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus erweitert werden. Die Bibliothek bezieht laufend rund 150 Zeitschriften sowie 14 Tages- und Wochenzeitungen dem In- und Ausland Ergebnisse ihrer Forschungen zu und Nachrichtenmagazine. Darüber hinaus verfügt sie politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Entwick- über einen Archivbestand von über 200 deutschsprachigen lungen im geteilten Deutschland vor. Die fünf Sektionen Zeitschriften. Zu den Serviceleistungen gehört die Aus- der Tagung befassten sich mit der SED-Herrschaft unter wertung und Erfassung der laufend gehaltenen Zeitschrif- den Bedingungen der geschlossenen Grenze, mit gesell- ten zu Sammelschwerpunkten. Die Neuerwerbungen der schaftlichen Veränderungen in Ost und West, deutsch- Bibliothek werden zweimonatlich, eine Bibliografie zum deutschen Verbindungen und Kontakten, Grenzüber- Staatssicherheitsdienst der DDR jährlich aktualisiert und schreitungen in Film, Fernsehen und bildender Kunst so- auf der Homepage des BStU veröffentlicht. wie mit dem Blick des Auslands auf den Mauerbau. Die Bibliothek des BStU ist Mitglied im Deutschen Bib- 5.5.4 Historische Denunziationsforschung liotheksverband e. V., dort in der Arbeitsgemeinschaft der Spezialbibliotheken e. V., und wurde im Berichtszeitraum Im Rahmen des 2012 neu aufgenommenen Projekts „De- zusätzlich Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der Parla- nunziation – Alltag und Verrat in der DDR“ fand am ments- und Behördenbibliotheken. 14. November 2012 im Bildungszentrum des BStU ein Workshop für Nachwuchswissenschaftler mit dem Titel 6 Bildungs-, Presse- und „Historische Denunziationsforschung: Methoden, Längs- Öffentlichkeitsarbeit schnitte, Vergleichsperspektiven“ statt. Acht Referenten stellten ihre neuesten, teilweise epochen- und regionen- Mit einem vielfältigen Angebot informiert der Bundesbe- übergreifenden Forschungsansätze zur Diskussion und auftragte für die Stasi-Unterlagen (BStU) die Öffentlich- konnten dabei neue Perspektiven für den Umgang mit keit über Struktur, Tätigkeit und Wirkungsweise der dem Gegenstand bezüglich der Zeitgeschichte und spe- Staatssicherheit. Vermittelt werden grundlegende Kennt- ziell der DDR-Zeit liefern. nisse über den Staatssicherheitsdienst, seine Funktion in der SED-Diktatur, seine Ziele und Methoden. Aber auch die Auswirkungen seiner Tätigkeit auf das Leben der Men- 5.5.5 Workshop IPN schen finden eingehende Aufmerksamkeit. In zahlreichen Veranstaltungen, Ausstellungen, Fortbildungen für Lehr- In Zusammenarbeit mit dem polnischen Institut des Na- kräfte und Schülerprojekten gibt der BStU wichtige Im- tionalen Gedenkens (IPN) organisierte die Behörde ein pulse zur Auseinandersetzung mit den Mechanismen der Arbeitstreffen mit Sachverständigen der Schwesterbe- SED-Diktatur. Unterstützt wird dieses vielfältige Angebot hörde im Europäischen Netzwerk am 27. November 2012, durch die eigene Öffentlichkeitsarbeit. um eine mögliche Digitalisierung und Online-Veröffentli- chung von Dokumenten über die multilaterale Zusam- 6.1 Informations- und Dokumentations- menarbeit der Staatssicherheitsdienste des ehemaligen zentren, Gedenkstätten, Ausstellungen sowjetischen Blocksystems zu diskutieren. Ziel des Ar- beitstreffens war zu klären, welche Überlieferungen über Die Ausstellungen des BStU sind integraler Bestandteil multilaterale Zusammenarbeit in den verschiedenen Ar- seiner politischen Bildungsarbeit. Neben den Daueraus- chiven erhalten sind und wie sie gemeinsam oder mög- stellungen in den Informations- und Dokumentationszen- lichst gleichzeitig digitalisiert und veröffentlicht werden tren der Außenstellen und dem Bildungszentrum in Berlin könnten. Nach dem Treffen wurde ein entsprechender sowie der Wanderausstellung des BStU „Feind ist, wer Vorschlag an die Leiter der Partnerinstitute im Europäi- anders denkt“ gibt es eine Vielzahl von Wechselausstel- schen Netzwerk gemacht. lungen, die zur Aufklärung über die Staatssicherheit und zur Beschäftigung mit der Stasi-Thematik beitragen. 5.6 Bibliothek 6.1.1 Bildungszentren in Berlin in der Die wissenschaftliche Spezialbibliothek des BStU sam- Magdalenenstraße und in der melt Veröffentlichungen insbesondere zum Ministerium Zimmerstraße für Staatssicherheit und anderen Geheimdiensten, zu mo- dernen Diktaturen, zu Kommunismus und Totalitarismus, Im Bereich der Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit spielt zur Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und zur DDR, inzwischen das Stasi-Museum im sogenannten Haus 1 auf zur Deutschlandpolitik und den innerdeutschen Bezie- dem Areal der ehemaligen Stasi-Zentrale in Berlin-Lich- hungen, zu Entwicklungen in Ost- und Mittelosteuropa tenberg eine wichtige Rolle. Dies ist den im Berichtszeit- sowie Biografien und biografische Nachschlagewerke. raum erfolgten Fortschritten zu verdanken, diesen authen- tischen Ort verstärkt und in Kooperation mit dem Verein Die Bibliothek bedient vorrangig die Anforderungen der Antistalinistische Aktion e. V. (ASTAK) für diesen Zweck Beschäftigten des BStU, darüber hinaus wird sie aber nutzen zu können. – 80 –

6.1.1.1 „Haus 1“ auf dem Gelände der der Ausstellung sein. Zudem ist die doppelte Symbolhaf- ehemaligen MfS-Zentrale tigkeit des Geländes zu beachten und zu vermitteln. Die ehemalige Stasi-Zentrale ist Sinnbild des repressiven Am 11. Januar 2012 wurde das sogenannte Haus 1, der Machtapparats in der SED-Diktatur, und zugleich steht ehemalige Dienstsitz des Ministers für Staatssicherheit sie − mit Blick auf den 15. Januar 1990 und die Nutzung (MfS) in Berlin-Lichtenberg, wiedereröffnet. Das denk- durch die Behörde des BStU − für die friedliche Überwin- malgeschützte Gebäude war mit Mitteln des Bundes aus dung der SED-Diktatur. dem Konjunkturprogramm II grundsaniert worden und hatte rund anderthalb Jahre seine Türen für die Besucher Bei der europaweiten Ausschreibung der Gestaltung und schließen müssen. Mit der Wiedereröffnung des Hauses Produktion der Ausstellung wurden BStU und ASTAK durch Kulturstaatsminister Neumann wurde ein wichtiger vom Beschaffungsamt des Bundesministeriums des In- Schritt zur Umsetzung der Gedenkstättenkonzeption des nern unterstützt. Aus den Angeboten wählten sie im No- Bundes vollzogen. vember 2012 gemeinsam den Beitrag der Ausstellungs- firma W22 zum Sieger-Entwurf. Damit war der Dort hatten Bundesregierung und Bundestag im Jahre Startschuss für die Umsetzung des Konzepts in die kon- 2008 die Zielsetzung definiert, „Haus 1“ zu einem Bil- krete Ausstellungsform erfolgt. Die Eröffnung der neuen dungs- und Dokumentationszentrum auszubauen; demge- Dauerausstellung ist für das Jahr 2014 geplant. mäß übernimmt der BStU die Verantwortung für die Erar- beitung einer neuen Dauerausstellung, in die Konzeption Was jetzt stattfinde, so der Bundesbeauftragte bei der der Ausstellung wird der Aufarbeitungsverein ASTAK Wiedereröffnung von „Haus 1“ am 11. Januar 2012, sei einbezogen. Im Berichtszeitraum ist es gelungen, diesem das, was sich der Deutsche Bundestag gewünscht habe: Anliegen gerecht zu werden. Diese Zielvorgabe müsse nun mit Leben gefüllt werden und aus dem Nebeneinander von Staat und bürgerschaftli- Dabei ging es darum, gemäß der Gedenkstättenkonzep- cher Initiative ein Miteinander werden. Mit der neuen tion des Bundes eine integrierte Lösung für den Ort zu Dauerausstellung wird ein entscheidender Schritt in diese schaffen: ein Angebot, das nicht in unverbundene Einzel- Richtung getan sein. teile zerfällt und ein kohärentes Erscheinungsbild ge- währleistet. Der BStU und die ASTAK (die finanziell Bis zu ihrer Eröffnung präsentiert der BStU im Stasi-Mu- vom Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen Berlin seum die Interims-Ausstellung „Feind ist, wer anders und der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Dikta- denkt“. Sie bietet einen konzentrierten Überblick über die tur unterstützt wird) unterzeichneten im Juni 2011 eine Tätigkeit und Funktion der Staatssicherheit im SED- Kooperationsvereinbarung zur gemeinsamen Erarbeitung Staat. Anhand ausgewählter Text- und Bilddokumente so- der neuen Dauerausstellung und richteten eine gemein- wie überlieferter Stasi-Objekte zeigt die Ausstellung, mit same Arbeitsgruppe ein. Im Berichtszeitraum wurden welchen Methoden die Stasi Andersdenkende verfolgte durch die Leistungsbeschreibung und die Vergabe eines und unterdrückte und welche Folgen das für die betroffe- Gestaltungskonzepts die Grundlagen für die Ausstellung nen Menschen hatte. Im Jahr 2012 hatte „Haus 1“ insge- geschaffen. samt rund 93 000 Besucher, während es 2011 ca. 70 500 waren. Die künftige Ausstellung über „Staatssicherheit in der SED-Diktatur“ wird demzufolge über die Struktur des 6.1.1.2 Bildungszentrum in der Zimmerstraße SED-Machtapparats und das Zusammenspiel der ver- schiedenen Machtorgane hinaus die Auswirkungen auf Am 15. Januar 2011 − auf den Tag genau 21 Jahre nach den Lebensalltag der DDR-Bevölkerung kennzeichnen. der Besetzung der Stasi-Zentrale durch Bürgerinnen und Die konkreten Folgen für die Betroffenen sollen dem heu- Bürger − wurde im BStU-Bildungszentrum in Berlin (in tigen Betrachter vor Augen geführt werden, die Zwänge der Zimmerstraße in Mitte) die neue Dauerausstellung und auch die Handlungs- und Entscheidungsspielräume „STASI. Die Ausstellung zur DDR-Staatssicherheit“ er- des Einzelnen hervortreten. Erst auf diesem biografisch öffnet. Es sprachen der damalige Bundespräsident Christian veranschaulichten Wege wird das System der Angst sicht- Wulff und die damalige Bundesbeauftragte Marianne bar, auf das die SED-Diktatur und insbesondere ihr Birthler. Der Bundespräsident unterstrich den Wert der Staatssicherheitsdienst aufbauten, und das den Alltag der Ausstellung mit der Aussage, jeder Einzelne habe ein DDR mit seinen keineswegs immer scharfen Grenzen Recht darauf, dass nicht vergessen und aus der Diktatur- zwischen Anpassung, Sich-Arrangieren, Mitläufertum, geschichte für die Zukunft gelernt werde, um so die er- Tatverantwortung, Eigensinn und Widerstand zutiefst rungene Demokratie zu verteidigen. prägte. Die neue Ausstellung bietet in konzentrierter und über- Für die gestalterische Umsetzung des Konzepts gilt, so die sichtlich strukturierter Form eine Einführung in die Ge- übereinstimmende Sicht der Kooperationspartner, dass die schichte und Wirkung des Staatssicherheitsdienstes. Die Ausstellung den historischen Ort nicht überformt, dass sie Besucherinnen und Besucher erfahren, welche Funktion nicht gegen den Ort, sondern vielmehr mit ihm arbeitet. das MfS für das Regime der SED hatte, wie es den Alltag Der überlieferte Geschichtsort ist gleichsam das Kernex- in der DDR zu steuern und zu manipulieren versuchte, ponat der Ausstellung: Die sogenannte Mielke-Etage − das wie es ihre Feinde bespitzelte und „bearbeitete“ und dabei Arbeitszimmer des Ministers für Staatssicherheit und die bis in das Privatleben eindrang. Die Auswirkungen der angrenzenden Büroräume − wird integraler Bestandteil geheimpolizeilichen Aktionen auf das Leben der Bevöl- – 81 – kerung werden am Beispiel von Biografien konkretisiert. Bei der Langen Nacht der Museen ist das Bildungszen- In einem Vorraum zur Ausstellung vermittelt ein origina- trum kontinuierlich vertreten. Im Januar 2011 präsentierte ler Karteipaternoster aus der MfS-Bezirksverwaltung Gabriele Stötzer, in den 80er-Jahren von der Staatssicher- Dresden die überbordende Sammelwut des Staatssicher- heit inhaftiert, ihr Programm „Zügel los“. Sie verbindet heitsdienstes. Die Ausstellungsetage des Bildungszen- Kunstfilme und literarische Texte zu einer einzigartigen trums umfasst rund 240 qm. Hierzu zählt auch das Ein- Performance. Während der Langen Nacht der Museen im gangsfoyer, in dem Bildprojektionen den Besucherinnen August 2011 trug Ekkehard Maaß in seinem Programm und Besuchern einen visuellen Eindruck von den Ereig- „Die guten finsteren Zeiten“ ernste und heitere Geschich- nissen 1989/90 geben. Aber auch an die Vorgeschichte ten aus seinem Leben sowie deutsche und russische Lie- des Ausstellungshauses in der Zimmerstraße 90 − die Na- der vor. Anhand seiner eigenen Stasi-Akte veranschau- tionalsozialisten nutzten es unter anderem als Sammella- lichte er die enge Zusammenarbeit von MfS und KGB bei ger für jüdische Zwangsarbeiter während der sogenannten der Verfolgung Andersdenkender. Im Januar 2012 lasen Fabrik-Aktion im Februar 1943 − wird mit einem „Fens- Anne Hahn und Frank Willmann aus dem Buch „Der ter in die Geschichte“ erinnert. weiße Strich“, einer Publikation zur gleichnamigen Aus- stellung. Mit ihren Erzählungen und Fotos boten sie Ein- Die Haupttexte der Ausstellung sind in Deutsch und Eng- blick in die politische Subkultur der 80er-Jahre in Ost und lisch. Kostenlos stehen den Besuchern Textbroschüren in West. Während der Langen Nacht im August 2012 waren deutscher, englischer, französischer, spanischer und italie- zwei Referentinnen zu Gast, die sich auf unterschiedliche nischer Sprache zur Verfügung. Begleitend zur Daueraus- Weise mit der politischen Inhaftierung von Frauen in der stellung stehen ein Katalog und kostenlose Audiogeräte DDR beschäftigen: Die Schauspielerin Reinhild Solf las bereit. Die Audioführungen eröffnen mit Sachinformatio- aus ihrem Roman „Schattenfrauen“. Im Mittelpunkt des nen, Zeitzeugen-Interviews und atmosphärischen Eindrü- Buches stehen die fiktiven traumatischen Erinnerungen cken in Hörspielqualität einen Weg durch die Ausstellung. von Frauen an ihre Stasi-Haft. Anschließend berichtete Die in Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch und Pol- die Journalistin und Moderatorin Edda Schönherz von ih- nisch angebotenen Hörführungen werden insbesondere ren persönlichen Erfahrungen im DDR-Frauengefängnis von den zahlreichen ausländischen Gästen sehr rege ge- Hoheneck und ihrem Engagement für die Erinnerung an nutzt. Entwickelt wurde auch eine deutschsprachige Füh- das Schicksal politisch Inhaftierter in der DDR. rung, die sich speziell an Jugendliche richtet. Seit August 2011, als sich der Bau der Berliner Mauer 6.1.2 Unterrichtung der Öffentlichkeit in den zum 50. Mal jährte, ist im Foyer die Sonderausstellung Außenstellen, Informations- und „Täuschen und Vertuschen. Die Stasi und die Mauerto- Dokumentationszentren sowie ten“ eingerichtet. Die mit zahlreichen Originalobjekten Gedenkstätten versehene Ausstellung zeigt u. a., wie die Staatssicherheit Räumliche Kristallisationspunkte der Bildungs- und Öf- versuchte, Todesfälle an der Berliner Mauer mit erfunde- fentlichkeitsarbeit des BStU in den ostdeutschen Bundes- nen Geschichten zu verschleiern. ländern sind die Außenstellen, die „Dokumentations- und Gedenkstätte in der ehemaligen Untersuchungshaftanstalt Weiterhin stehen den Besuchern umfangreiche Vertie- des MfS“ in Rostock und die Gedenkstätte „Opfer politi- fungsangebote in einem separaten Studienraum im scher Gewaltherrschaft“ in Frankfurt (Oder) sowie die In- 1. Obergeschoss zur Verfügung. Sie können zu ausgewähl- formations- und Dokumentationszentren der Außenstel- ten Themen Aktenauszüge einsehen oder in einer kleinen len Frankfurt (Oder), Halle, Dresden und Erfurt (siehe Präsenzbibliothek recherchieren. An vier PC-Arbeitsplät- Anhang 14). zen besteht die Möglichkeit, insgesamt 47 historische Ton- dokumente und Filme aus den Archiven des BStU sowie im Auftrag des BStU erstellte Filme aufzurufen (Aufbruch 6.1.2.1 Ausstellungsangebote der Außenstellen im Herbst, 1994; Ein Volk unter Verdacht, 2009; Die Ak- In den Außenstellen bildeten den Schwerpunkt der Aus- ten sind offen, 2010). Wechselausstellungen ergänzen das stellungsarbeit die BStU-eigenen Ausstellungen wie umfangreiche Spektrum an Bildungsangeboten (siehe An- „Stasi Ohn(e)Macht“ (siehe Zehnter Tätigkeitsbericht, hang 15). S. 84), daneben wurden viele thematisch einschlägige Ausstellungen anderer Einrichtungen gezeigt (siehe An- Seit Eröffnung der Dauerausstellung im Bildungszentrum hang 13). wurden rund 170 000 Besucherinnen und Besucher ge- zählt (Dauerausstellung, Sonderausstellungen, Veranstal- Das umfangreichste Projekt war die im Jahre 2011 im tungen). Darunter waren 476 angemeldete Gruppen, die Willy-Brandt-Haus der SPD-Bundesgeschäftsstelle eröff- jeweils von einem Referenten des BStU begleitet und in- nete Wanderausstellung „ZOV Sportverräter – Spitzenath- haltlich eingeführt wurden. Die touristisch attraktive leten auf der Flucht“. Thema dieser Ausstellung des Zen- Lage des BStU-Bildungszentrums unweit des Checkpoint trums deutsche Sportgeschichte ist die Flucht ostdeutscher Charlie spiegelt auch die Besucherstruktur wider. Rund Spitzensportler in den Westen. In einer Installation treten 85 Prozent der Gäste sind Individualbesucher. Seit Juni 15 ehemalige DDR-Spitzensportlerinnen und -sportler 2011 hat das Bildungszentrum auch sonntags geöffnet, quasi in Kontakt mit den Besuchern: Per Knopfdruck kann was insbesondere bei Berlin-Touristen auf reges Echo die Besucherin oder der Besucher die Biografien der Por- trifft. trätierten abrufen. Mit Unterstützung der Bundesstiftung – 82 – zur Aufarbeitung der SED-Diktatur konnte der BStU diese „Ziel: Umerziehung – Zur Geschichte repressiver Heim- von der Künstlerin Laura Soria gestaltete Ausstellung an erziehung in der DDR“. mehreren Standorten präsentieren. Erste Station war Frankfurt (Oder), ein Ausschnitt der Ausstellung berei- Die Außenstelle Erfurt präsentierte im Berichtszeitraum cherte besonders die Aktionen der Außenstelle am Tag der eine Reihe von Kunstausstellungen mit Bezug zum offenen Tür am 3. März 2012. Staatssicherheitsdienst. Hierzu gehörte „Mauern überwin- den. Projekt Auskünfte – Einsichten“ von Katrin Hatten- Am 16. April 2012 folgte in Anwesenheit von Vertretern hauer, „Exil – Innere und äußere Emigration“ von Werner aus Politik, Wirtschaft und Kultur die Eröffnung in Neu- Schubert-Deister, „Psychogramme: Die Mauer – die Ohn- brandenburg, im Festsaal „Alte Gießerei“ der Webasto macht – die Klage“ von Gert Weber sowie „Einsamkei- AG, die als regionaler Kooperationspartner gewonnen ten. Malerei und Grafik in der Zeitenwende 1989/1990“ werden konnte. von Arnulf Ehrlich. Ausstellungen zu Themen wie „Bau- soldaten“, Deutsche Film AG (DEFA), Jugend in der In Leipzig erlebten zur Langen Nacht der Museen viele DDR und Friedliche Revolution oder die Dokumentation Gäste der Außenstelle die feierliche Eröffnung. Anschlie- zur Protestaktion „Der weiße Strich“ rundeten das Prä- ßend ging die Ausstellung anlässlich der Olympischen sentationsangebot der Außenstelle ab. Spiele in das Deutsche Historische Institut in London. Die Außenstelle Dresden präsentierte im August und Sep- Die Außenstelle Frankfurt (Oder) bot drei eigene Wander- tember 2012 diese Schau. Die Frankfurter Außenstelle ausstellungen zur Begleitung von Bürgerberatungs- und zeigte die komplette Ausstellung im Oktober 2012 in der Informationstagen wie auch zur Ausleihe an: „Postge- evangelischen Oberkirche St. Nikolai in Cottbus gemein- heimnis? Die Stasi und die Cottbuser Briefe“, „Die Arbeit sam mit der dortigen Kirchengemeinde. Ab dem Jahres- am Feind …“ sowie „Stasi Ohn(e)Macht“. Im Jahr 2011 ende 2012 wird sie in der Bildungs- und Gedenkstätte wurden diese unter anderem in Lauchhammer, Schwedt, Andreasstraße in Erfurt gezeigt. Brandenburg an der Havel und Wittenberge gezeigt und Auch die Wanderausstellung „Von Liebe und Zorn. Jung erreichten viele Hundert Besucher. Im Jahr 2012 waren die Sein in der Diktatur“ von Freiheit e. V. Erfurt, die beson- Ausstellungen in Luckau, Ludwigsfelde, Falkenberg und ders eindrucksvoll jugendliches Leben und seine Begren- Peitz zu sehen. Zusätzlich werden im Informations- und zungen in der DDR aufzeigt, wurde in einigen Außenstel- Dokumentationszentrum der Außenstelle und in der Ge- len präsentiert. So bereicherte sie in den Außenstellen denkstätte „Opfer politischer Gewaltherrschaft“ auch Dresden, Halle, Leipzig und Schwerin die politische Bil- Fremdausstellungen gezeigt: so die von der Brandenbur- dungsarbeit mit Schülern, fand aber auch bei Besucherin- ger Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der Folgen der nen und Besuchern unterschiedlichster Generationen gro- kommunistischen Diktatur, Ulrike Poppe, eröffnete Prä- ßen Anklang. In Halle erfuhr diese Wanderausstellung in sentation „28 Jahre getrennt. Das Grenzregime und seine lokalen Medien große Resonanz. Folgen für die Brandenburger“, die von der Bundesstif- tung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur geförderte Aus- Die Außenstelle Chemnitz zeigte regelmäßig in der Re- stellung „Umerziehungseinrichtungen im Erziehungssys- gion, begleitend zu Bürgerberatungen, ihre Ausstellungen. tem der DDR“ oder die Ausstellung der Heinrich-Böll- Im Jahr 2011, dem 50. Jahrestag des Mauerbaus, stießen Stiftung „Der dunkle Ort – Das Frauengefängnis Ho- insbesondere die Ausstellungen „Die Mauer. Eine Grenze heneck“. durch Deutschland“ und „Botschaftsflüchtlinge“ auf gro- ßes öffentliches Interesse. Die Ausstellungen in Rathäu- Die Außenstelle Gera setzte ihre gute Zusammenarbeit mit sern, Stadtverwaltungen, Bibliotheken und Museen er- dem Verein Grenzfahrten e. V. Nordhalben fort und gestal- reichten ein breites Publikum. Sehenswerte Exponate, wie tete die „Grenztage“ im Frühjahr 2011. Hier stellte sich der zum Beispiel selbstgefertigte Fluggeräte oder andere Verein Grenzfahrten e. V. vor; mittels Ausstellungen, Le- Hilfsmittel von Fluchtwilligen, erweiterten dabei die Ta- sungen und Filmvorführungen wurden die Besucherinnen felausstellungen. Die Teilnahme an der Chemnitzer Muse- und Besucher über das Thema deutsche Teilung infor- umsnacht im Mai jeden Jahres hat bereits Tradition. In den miert. Die Außenstelle Gera nutzte dieses Forum für die Jahren 2011 und 2012 konnten sich die Besucher in den öffentliche Präsentation des BStU und führte Beratungen Ausstellungen „Die Mauer. Eine Grenze durch Deutsch- zur Nutzung der Stasi-Unterlagen durch. Zudem präsen- land“, „Überwacht und abgeschottet“, „Mauer, Stachel- tierte sie ihre Ausstellung „Fluchtschicksale – Der gefähr- draht und Todesstreifen“ und „Stasi Ohn(e)Macht“ über liche Weg in den Westen“, die bei den Gästen auf großes das Wirken des Staatssicherheitsdienstes informieren. Interesse stieß. Die Außenstelle Dresden nutzt ihre Wanderausstellungen Unter dem Arbeitstitel „‚Aktion Lupe‘ – Die Auflösung vorrangig für die politische Bildungsarbeit an Schulen, so des ‚Westbüros‘ im VEB Carl Zeiss Jena 1953“ bereitet auch ihre neu erarbeitete Wanderausstellung „Kader- die Außenstelle Gera eine neue Wanderausstellung vor: schmiede Sport. Kinder- und Jugendsportschulen im Fo- 2013 jährt sich zum 60. Mal die Verhaftung und Verurtei- kus der Staatssicherheit“. Zu den Leihausstellungen, die lung von 15 leitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Dresden in der politischen Bildungsarbeit einsetzte, der Firma Carl Zeiss Jena. Der Vorwurf lautete Sabotage zählte die Ausstellung des Slowakischen Instituts Berlin und Spionage. Die Ausstellung geht der Frage nach, wel- „November 89“. Während der Dresdner Museumssom- chen Einfluss das MfS auf das Ermittlungsverfahren hatte mernacht 2012 zeigte die Außenstelle die Ausstellung und welche Ziele es verfolgte. – 83 –

Die Außenstelle Halle widmete sich mit Leihausstellun- „KKW Stendal – Stasi bewacht Milliardengrab“. Die Prä- gen anderer Außenstellen dem Thema „Konspiration“. Im sentation war von März bis August 2011 im Gemeinde- Jahr 2011 zeigte sie die anschaulich mit Exponaten verse- haus der Evangelischen Kirchengemeinde Wittenberge, in hene Ausstellung „Verdeckt und getarnt – Technik und der Osterburger Kirche St. Nicolai und in der Mecklenbur- Methoden der geheimen Beobachtung“; im September ger Landeshauptstadt Schwerin zu sehen. Über 600 Besu- 2012 folgte die Ausstellung „Fluchtschicksale. Der Ge- cherinnen und Besucher informierten sich über das eins- fährliche Weg in den Westen“. Diese wurde mit regional- tige DDR-Großprojekt und die Versuche des MfS, eine bezogenen Fallbeispielen aus Halle sowie Zeitzeugenin- öffentliche Diskussion zum Thema Kernenergie zu unter- terviews ergänzt und mit einer öffentlichen Lesung zum drücken. Thema begleitet. Breiten Raum nahm 2012 das Thema „Jugend in der DDR“ ein, unter anderem dargestellt Die Ausstellung „Bereits Gras über der deutsch-deut- durch die schon erwähnte Ausstellung „Von Liebe und schen Grenze“ fand auch in Neubrandenburg große Auf- Zorn. Jung Sein in der Diktatur“. Von September bis De- merksamkeit, wo sie im Mai 2011 besichtigt werden zember 2012 zeigte die Außenstelle Halle im Stadtarchiv konnte. Insbesondere Schulklassen nutzten die angebote- Dessau ihre neu erarbeitete Ausstellung, die über Aufga- nen Führungen. Gezeigt wurde die Ausstellung in Koope- ben und Wirkungsweise der ehemaligen MfS-Kreis- ration der Außenstelle Neubrandenburg mit der Stadt. dienststellen Dessau und Roßlau informiert. Des Weiteren präsentierte die Außenstelle in Zusammen- arbeit mit der Landesbeauftragten für die Unterlagen des Mit der Sonderausstellung „Angst vor Solidarność“ erin- Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR für Meck- nerte die Leipziger Außenstelle an den 30. Jahrestag der lenburg-Vorpommern und der Johanniskirche in Neu- Verhängung des Kriegsrechts in Polen und zeigte die brandenburg die Ausstellung „Unerkannt durch Freun- Auswirkungen auf den Bezirk Leipzig. desland“, eine Dokumentation zu illegalen Reisen von DDR-Bürgern durch die Sowjetunion. Im Januar 2012 er- Ein Magnet vor allem für junge Leute war 2012 die neu öffnete die Außenstelle im gut besuchten Marktplatzcen- erarbeitete Ausstellung „Als der Südfriedhof mein Wohn- ter Neubrandenburg die BStU-Ausstellung „Gut ge- zimmer war“. Sie befasst sich mit der Grufti-Szene in der kauft – gern gekauft“. Sie informiert über die leidigen DDR und deren Überwachung durch die Staatssicherheit. V Auch szenische Lesungen zum Thema „Gruftis in der ersorgungsprobleme der DDR-Bevölkerung insbeson- DDR“ aus Stasi-Akten erfreuten sich großer Beliebtheit dere bei Konsumgütern und dokumentiert, wie die Stasi bei den Besucherinnen und Besuchern. Am Pfingstwo- diese Stimmungslagen akribisch beobachtete und über- chenende 2012 strömten nahezu 4 300 Gäste in die Au- wachte. Dieses Thema, das den Alltag vieler prägte, stieß ßenstelle Leipzig. Die Beteiligung der Außenstelle mit ei- bei den Besucherinnen und Besuchern auf großes Inte- ner Sonderausstellung und einem Veranstaltungstag am resse. Erfreuliche Resonanz fand auch die Plakatausstel- alljährlichen „Wave-Gotik-Treffen“ erwies sich als voller lung des Wilhelm Fraenger-Instituts „Freiheit und Zensur Erfolg. Nach dem Rundgang äußerten viele Gäste ihre – Filmschaffen in der DDR zwischen Anpassung und Op- Bestürzung über das Spitzelsystem und die Datensam- position“, die in Neubrandenburg und in der Region zu melwut des Staatssicherheitsdienstes. Zahlreiche Wave- sehen war. Im Rahmen ihrer schulbezogenen Bildungsar- Gotik-Anhänger waren aus den USA, Großbritannien, Ja- beit setzte die Außenstelle unter anderem die Plakataus- pan, den Niederlanden, Slowenien und anderen Ländern stellung der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED- angereist. Diktatur „Die heile Welt der Diktatur – Herrschaft und Alltag in der DDR“ ein. Im Oktober 2012 wurde in der Außenstelle Leipzig die Fotoausstellung „AnSprüche eines DDR-Jahrzehnts – Fo- Die Außenstelle Rostock nutzte die Dokumentations- und tografien im Widerspruch zum Losungsalltag“ gezeigt. Gedenkstätte (DuG) wieder für zahlreiche Sonderausstel- Der Leipziger Fotograf Sieghard Liebe stellte außerdem lungen. Hierzu zählten „Opposition und Widerstand in der das zugehörige Buch vor und sprach über die allgegen- DDR“ der Stiftung Ettersberg, „Workuta. Zur Geschichte wärtige Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit eines sowjetischen Lagers“ des Volksbundes Deutsche im DDR-Regime. Kriegsgräberfürsorge, „Die Mauer. Eine Grenze durch Deutschland“ der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der Die Außenstelle Magdeburg präsentierte im Berichtszeit- SED-Diktatur, „Gesichter der Friedlichen Revolution“ der raum regelmäßig Ausstellungen im eigenen Haus und Robert-Havemann-Gesellschaft sowie „Fluchtschicksale. – teils in Kooperation – in der Region. Die Ausstellungen Der gefährliche Weg in den Westen“ des BStU. sprachen in der Mehrheit regionale Fragen der MfS-Ge- schichte an, so auch die in Kooperation mit der Bundes- Seit 2011 wird die Ausstellung „Über die Ostsee in die stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur von August Freiheit“ in Kooperation mit dem gleichnamigen Verein bis Oktober 2011 gezeigte Präsentation „Bereits Gras von der Rostocker Außenstelle präsentiert. Diese Exposi- über der deutsch-deutschen Grenze“. Die Ausstellung, die tion wurde im November 2011, unterstützt vom Deut- anlässlich des 50. Jahrestages des Mauerbaus über das schen Honorarkonsulat und der Stadt Brest (Frankreich), frühere DDR-Grenzregime informierte, erreichte mit über im Rathaus von Brest gezeigt. 1 000 Gästen ein breites Publikum. Neben der Dauerausstellung „Licht aus am Demmler- Im Zusammenhang mit der aktuellen Debatte um Kern- platz“, die bereits 2010 eingeweiht wurde, zeigte die Au- energie gab es ein reges Interesse an der BStU-Ausstellung ßenstelle Schwerin verschiedene Sonderausstellungen. So – 84 – wurden 2011 unter anderem die Ausstellungen „Die die DuG als einen zentralen Ort der politisch-historischen Mauer. Eine Grenze durch Deutschland“ der Bundesstif- Bildungsarbeit im Norden Deutschlands weiterzuentwi- tung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, „Grenzinschrif- ckeln, auf und benennt insbesondere den Sanierungsbedarf ten“ des Innovations- und Gründerzentrums Altmarkkreis an wesentlichen Teilen des historischen Gebäudes. Der Salzwedel sowie „Eiserne Randerscheinungen“ von Heiko Staatsminister für Kultur und Medien, Bernd Neumann, si- Surek mit Skulpturen aus alten Grenzzaun-Materialien gnalisierte bei seinem Besuch in der DuG am 23. Juni 2011 präsentiert. Im Jahr 2012 bereicherten zum Beispiel Aus- seine Bereitschaft zur Unterstützung; der Bundestag be- stellungen wie „Gesichter der friedlichen Revolution“ der schloss bei den Haushaltsberatungen im November 2012, Robert-Havemann-Gesellschaft und „Mutige Frauen: Wi- Haushaltsmittel für die Sanierung des Gebäudes bereitzu- derständiges Verhalten in Zeiten von Diktaturen“ vom stellen. Mit der Darstellung neuer Inhalte in der DuG soll Förderverein Denkstätte Teehaus Trebbow das Ausstel- auch stärker gezeigt werden, dass die Stasi nicht nur in der lungsprogramm in Schwerin. DDR agierte, sondern auch in West- und Nordeuropa. Die Wanderausstellung „Grenzgebiet – Ereignisse an der In der Gedenkstätte „Opfer politischer Gewaltherrschaft“ innerdeutschen Grenze zwischen Rehna und Cumlosen, an in Frankfurt (Oder) präsentierte der BStU neben seiner Elbe und Schaalsee“ konnte im Kloster Zarrentin, im Mu- Dauerausstellung „Eingesperrt …Untersuchungshaft bei seum Alte Burg in Wittenberge, in der Volkshochschule der Staatssicherheit in Frankfurt (Oder)“ im Wechsel the- Bremerhaven und dem Grenzhus Schlagsdorf einer breiten menbezogene Sonderausstellungen. So wurde im Februar Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. An diesen Or- 2012 die Ausstellung „28 Jahre getrennt. Das Grenzre- ten organisierte die Außenstelle öffentliche Führungen gime und seine Folgen für die Brandenburger“ in der Ge- und Vortragsveranstaltungen. denkstätte gezeigt. Die Ausstellung der Landesbeauftrag- ten zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Die Außenstelle Suhl stellte dem Thüringischen Staats- Diktatur erinnert an tragische Schicksale und zeigt Ge- archiv Meiningen – ehemals Sitz der MfS-Bezirksver- schichten von Menschen, die im Zusammenhang mit dem waltung in Suhl – mehrfach ihre Ausstellung zur Stasi- Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961 stehen. Sie Untersuchungshaftanstalt zur Verfügung. So konnte die macht deutlich, in welchem Maße die Brandenburger unter Ausstellung am authentischen Geschichtsort für Veran- der Teilung litten, und dokumentiert dies mit Zeitzeugen- staltungen und Führungen genutzt werden. Des Weiteren Interviews, historischen Tondokumenten und Fotografien. bildete sie in der Volkshochschule Meiningen den Rah- Die Landesbeauftragte Ulrike Poppe eröffnete die Aus- men für Vorträge zur MfS-Kreisdienststelle Meiningen. stellung. „Der Mauerbau“, so Ulrike Poppe, „machte den Sozialismus zu seiner eigenen Karikatur“. 6.1.2.2 Informations- und Dokumentations- zentren sowie Gedenkstätten In der Frankfurter Gedenkstätte finden regelmäßig Vor- träge, Lesungen und Diskussionen statt. Zusätzlich zu den Die Informations- und Dokumentationszentren der BStU- eigentlichen Öffnungszeiten werden mitunter auch an Außenstellen sowie die vom BStU mit unterhaltenen Ge- Sonntagen Veranstaltungen angeboten. In der Gedenk- denkstätten in Rostock und Frankfurt (Oder) haben nach stätte befindet sich eine Schüler-Projektwerkstatt, die wie vor viele Besucherinnen und Besucher. Die Doku- durch eine Gedenkstättenlehrerin des Landes Branden- mentations- und Gedenkstätte (DuG) des BStU in der burg betreut wird. In eigens dafür eingerichteten Räumen ehemaligen Untersuchungshaftanstalt der Staatssicherheit können Schülerinnen und Schüler Forschungsvorhaben in Rostock zieht durch die Authentizität des Ortes und zur Unterdrückung und Verfolgung in den Diktaturen re- das Bildungsangebot des BStU jährlich etwa 11 000 Be- alisieren. sucher an, darunter viele internationale Touristen. Jähr- lich finden etwa 400 Führungen statt, darunter 200 für Am 20. Mai 2012 veranstaltete die Außenstelle Frankfurt Schülerinnen und Schüler, Auszubildende und Studentin- (Oder) – zusammen mit der Brandenburgischen Landes- nen und Studenten. Darüber hinaus ist die DuG ein Ort zentrale für politische Bildung – in der Gedenkstätte eine für Sonderausstellungen und öffentliche Veranstaltungen Lesung und Diskussion zur aktuellen Debatte um Ent- des BStU, insbesondere für Zeitzeugen-Abende, Vorträge schädigungsfonds für ehemalige DDR-Heimkinder. und Lesungen. Höhepunkte waren Veranstaltungen der Heidemarie Puls, die selbst Aufenthalte in DDR-Jugend- seit mehreren Jahren laufenden Zeitzeugen-Reihe „Unter- werkhöfen ertragen musste, las aus ihrem Buch „Schat- drückt – Zerbrochen – Widerstanden. Schicksale in Ost- tenkinder hinter Torgauer Mauern“. Autobiografisch deutschland 1945 – 1989“. An diesen Abenden wird je- schilderte sie ihre Erlebnisse in Kinder- und Durchgangs- weils das Schicksal eines früheren Häftlings, zumeist aus heimen sowie Jugendwerkhöfen der DDR, wo sie drasti- der MfS-Untersuchungshaft Rostock, in einer Verbindung schen physischen und psychischen Misshandlungen aus- aus Gespräch und Aktendokumentation vorgestellt. gesetzt war. Parallel zur Lesung war in der Gedenkstätte die Ausstellung „Umerziehungseinrichtungen im Erzie- Gemeinsam mit der Universität Rostock legte die Außen- hungssystem der DDR“, gefördert von der Bundesstif- stelle Rostock 2011 dem Ministerium für Bildung, Wis- tung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, zu sehen. senschaft, und Kultur des Landes Mecklenburg-Vorpom- mern ein Gesamtkonzept für die langfristige institutionelle Die Informations- und Dokumentationszentren in den und bauliche Sicherung der DuG zur weiteren Entschei- Außenstellen des BStU sind mit ihren vielfältigen Ange- dung vor. Es baut auf dem mit dem Land vereinbarten Ziel, boten sowohl für Individualbesucher wie auch für Besu- – 85 – chergruppen interessant. Besonders Archivführungen, der Bundesrepublik Deutschland in Schweden, und Pierre sogenannte Besuchertage, Tage der offenen Tür oder Ver- Schellekens, Leiter der Vertretung der EU-Kommission, anstaltungen wie regionale Museumsnächte ziehen zahl- konnte der Bundesbeauftragte rund 130 Gäste und zahl- reiche Besucher an. Zudem nutzen Institutionen aus den reiche Medienberichterstatter begrüßen. Eine Lehrkräfte- jeweiligen Regionen die Angebote der Außenstellen des fortbildung ergänzte die Ausstellung zielgerichtet. BStU und seiner Informations- und Dokumentationszen- tren regelmäßig, etwa Überbetriebliche Ausbildungszen- Viele Besucher brachten in Gesprächen zum Ausdruck, tren, Einrichtungen der Polizei und der Bundespolizei, wie viel sie durch die Ausstellung über die Geschichte der Schulen und Fachhochschulen oder Institutionen der Er- DDR und die Rolle der Staatssicherheit für die Aufrecht- wachsenenbildung. erhaltung der SED-Diktatur lernten. Gerade junge Men- schen kritisierten, dass eine Diktatur selbstverständliche 6.1.3 Wanderausstellung Freiheitsrechte verwehrte und solche Menschen, „die an- ders denken“, mit allen Mitteln verfolgte. Gleichzeitig Die Wanderausstellung „Feind ist, wer anders denkt“, die können sie es kaum verstehen, dass sich die meisten Men- 2008 die vorherige mit dem Titel „Staatssicherheit – Ga- schen dennoch dem System anpassten. rant der SED-Diktatur“ ablöste, wurde speziell für die al- ten Bundesländer konzipiert und erfreut sich dort eines 6.1.4 Weitere Ausstellungen großen Besucherinteresses. Sie wanderte im Berichtszeit- raum durch 13 westdeutsche Städte und wurde im Aus- 6.1.4.1 Solidarność, die DDR und die Stasi land in Stockholm und in präsentiert (siehe An- hang 12). „Lernt Polnisch“ − so lautet der Titel einer neuen Wander- ausstellung des BStU. Sie zeichnet nach, welches Echo die Nachdem in der Vergangenheit die Ausstellung vorrangig polnische Gewerkschaftsbewegung Solidarność 1980/81 in westdeutschen Großstädten präsentiert wurde, gastierte in der DDR hervorrief. Das Hauptaugenmerk gilt dabei sie nun zunehmend in mittleren und kleineren Städten. Das dem Vorgehen der Stasi. Aus Furcht, der Funke könne Besucherinteresse war für die örtlichen Verhältnisse aus- überspringen, beauftragte die SED ihren Staatssicherheits- gesprochen stark, was auch dem engagierten Wirken und dienst, die Haltung der DDR-Bevölkerung zu Solidarność der Öffentlichkeitsarbeit der jeweiligen Ausstellungspart- genau zu beobachten und „feindlich-negatives“ Verhalten ner wie z. B. Stadtverwaltungen oder Volkshochschulen zu verfolgen. Die Auswirkungen dieser Politik werden an- zu danken ist. In vielen Orten eröffnete der Bundesbeauf- hand der Biografien von vier Betroffenen konkretisiert. tragte die Ausstellung selbst. Darüber hinaus leistete die Stasi aktive „Amtshilfe“ und In den drei kleineren Städten Kaarst, Weil am Rhein und unterstützte die polnische Geheimpolizei bei der soge- Dorsten, die hier stellvertretend genannt seien, kamen über 100 Gäste zur Ausstellungseröffnung, in Kaarst sogar über nannten Radioabwehr, d. h. bei der Suche nach Unter- 170. An allen Ausstellungsstationen wurden zusätzlich grundsendern von Solidarność. Die Ausstellung zeigt ein- thematische Veranstaltungen und Weiterbildungen für drucksvolles Bildmaterial aus dem MfS-Archiv, so auch Lehrer angeboten, die auf starkes Interesse stießen. Beson- Fotos von Graffiti und Plakaten, auf denen zur Solidarität dere Aufmerksamkeit erhalten auch die zusätzlichen mit Solidarność aufgerufen wurde. Sie wird in deutscher Regionaltafeln, die der Bundesbeauftragte für die einzel- sowie in polnischer Sprache produziert. Für die polnischen nen Ausstellungsstationen anbietet. Hier erfahren die Be- Besucher steht zudem eine Begleitbroschüre mit den sucher, inwieweit der DDR-Staatssicherheitsdienst in ihrer Übersetzungen der deutschen Ausstellungsdokumente be- jeweiligen Heimatumgebung aktiv gewesen ist, wie er vor reit. Ort gehandelt und gewirkt hat. Durch solche ergänzenden Komponenten und durch die engagierte Unterstützung der 6.1.4.2 Internationale Wanderausstellung „Die örtlichen Partner hatten alle Ausstellungen eine eindrucks- kommunistischen Geheimpolizeien“ volle öffentliche Resonanz. Das „Europäische Netzwerk der für die Geheimpolizeiak- Ein Höhepunkt im Ausstellungskalender war die Präsen- ten zuständigen Behörden“ (siehe Abschnitt 7.1) erarbeitet tation der Wanderausstellung im Europahaus in Stockholm auf Initiative seiner beiden Mitglieder BStU und IPN (In- im Mai 2012. Wie inzwischen auch bei allen Stationen in stitut des Nationalen Gedenkens, Polen) eine Wanderaus- Deutschland, war die Ausstellung in der schwedischen stellung über die Funktion und Tätigkeit der Geheimpoli- Hauptstadt um spezifische regionale Elemente ergänzt. zeien in den ehemaligen Ostblockstaaten DDR, Polen, Die Ausstellung in Stockholm zeigte u. a. beispielhaft auf, Bulgarien, Rumänien, Tschechoslowakei und Ungarn. Die wie die Stasi in Schweden Auslandsspionage betrieb und wie sie schwedische Politiker und Staatsbürger bespit- Ausstellung informiert zum einen über die Gemeinsam- zelte. keiten und länderspezifischen Charakteristika der kommu- nistischen Sicherheitsdienste. Zum anderen macht sie die Neben dem eigentlichen Ausstellungsthema war ein brei- Auswirkungen der Stasi-Tätigkeit auf den Lebensalltag tes Publikum an der Frage interessiert, wie in Deutsch- der Bevölkerung in den einzelnen Ländern sichtbar. Sie ist land die SED-Diktatur aufgearbeitet wird. Zur Ausstel- als Wanderausstellung konzipiert und wird in englischer lungseröffnung mit Dr. Harald Kindermann, Botschafter Sprache verfasst. – 86 –

6.2 Bildungsarbeit für junge Menschen Vor allem der Protagonist des Films, Thomas Stellmann, und Multiplikatoren weckte mit den Erzählungen seiner gescheiterten Flucht das Interesse der Schüler. 6.2.1 Projekttage und andere Veranstaltungen mit Schülerinnen und Schülern Ein besonderes Projekt in diesem Themenkontext kam auf Initiative der Rostocker Außenstelle 2011 mit der Willy- Die Nachfragen von Schulen nach Schülerseminaren und Brandt-Schule in Schlutup (Schleswig-Holstein) und der Projekttagen sind im Berichtszeitraum auf einem konstant Regionalen Schule Dassow (Mecklenburg-Vorpommern) hohen Niveau geblieben. Die Mitarbeiterinnen und Mitar- zustande. Ein halbes Jahrhundert nach dem Mauerbau beiter des BStU legten ihr Augenmerk verstärkt auf die setzten sich die Schulen beiderseits der ehemaligen inner- Kompetenzentwicklung und bezogen die Jugendlichen deutschen Grenze mit dem einstigen Todesstreifen in ihrer noch aktiver in den Lernprozess ein. Außerdem wurden Nachbarschaft auseinander. Sie gingen auf Spurensuche, in den Projekten möglichst zielgruppengerechte Fallbei- befragten Einwohnerinnen und Einwohner und erarbeite- spiele von Jugendlichen mit regionalem Bezug in den ten daraus eine kleine Ausstellung, die in Dassow gezeigt Mittelpunkt gestellt, um eine stärkere Identifikation für wurde. die Schülerinnen und Schüler zu erzeugen. Der Kontakt mit Zeitzeugen − nicht zuletzt aus der jewei- Außenstellen ligen Region − bietet eine wichtige Bereicherung der Bil- dungsarbeit mit jungen Menschen. So führten Mitarbeite- Insgesamt wurden im Berichtszeitraum in den Außenstel- rinnen der Außenstelle Schwerin 2011 mit einer 9. Klasse len 647 Projekttage und Seminare mit 17 807 Teilneh- der Theodor-Körner-Schule in Picher (Kreis Ludwigslust- mern durchgeführt. Die Schülerinnen und Schüler vertief- Parchim) einen Projekttag zum Thema „Zwangskollekti- ten sich in Aktenauszüge und Arbeitsbögen, wobei die vierung in Picher“ durch. Die Schülerinnen und Schülern vom BStU entwickelten „Materialien für Schulen“ der fertigten nach einer intensiven Vorbereitung und der Be- Außenstellen eine besondere Rolle spielten. Die Jugendli- fragung eines Zeitzeugen Plakate an, die sie gemeinsam chen holten an authentischen Orten der MfS-Geschichte mit anderen Projektarbeiten in der Schule ausstellten. Informationen ein und tauschten sich mit Zeitzeugen aus. Hierbei bildete im Umfeld des 50. Jahrestags des Mauer- Von November 2011 bis Januar 2012 begleitete eine Mit- baus im Jahr 2011 die Beschäftigung mit der DDR-Staats- arbeiterin der Außenstelle Leipzig das Projekt „Israel im sicherheit und dem Mauerbau einen thematischen Rah- Blickfeld des MfS“ einer Projektarbeitsgruppe Klasse 7 men. bis 10 des Schiller-Gymnasiums Leipzig. Die Außenstelle Halle organisiert jährlich Veranstaltungen Nachdem sich die Projektarbeit mit Schulen aus dem Um- für die Schülerinnen und Schüler des halleschen Johann- land der Außenstellen seit Längerem auf einem guten Ni- Gottfried-Herder-Gymnasiums, die in dessen Aula statt- veau befindet, hat im Berichtszeitraum auch die Zahl der finden. Im Jahr 2011 führte der Regisseur Roman Grafe Projekttage mit Schulklassen aus den westdeutschen Bun- seinen Film „Eingeschlossen und abgeriegelt. Die Grenze desländern weiter zugenommen. Bei etlichen Schulen aus durch Deutschland“ vor und stellte sich anschließend dem den westdeutschen Bundesländern ist der Besuch beim Gespräch mit dem jungen Publikum. 2012 beeindruckte BStU bereits zum festen Bestandteil der Schuljahrespla- der Liedermacher Stefan Krawzcyk die Gymnasiasten, als nung geworden. So sind Schülerinnen und Schüler des er im Rahmen eines vielseitigen Programms auch seine Er- Münchener Adolf-Weber-Gymnasiums regelmäßig Gäste zählung „Mein bester Freund wohnt auf der anderen Seite“ in der Außenstelle Dresden. Eine ebenfalls schon zur Tra- vorstellte. Im Anschluss diskutierten die Schülerinnen und dition gewordene Schülerveranstaltung fand bereits zum Schüler intensiv mit dem Künstler. Ähnliche Veranstaltun- neunten Mal in der Außenstelle Leipzig statt: Schülerin- gen mit Stefan Krawzcyk wurden 2012 von der Außen- nen und Schüler der Rudolf-Hildebrand-Schule aus Mark- stelle Schwerin für das Gymnasium „Am Sonnenberg“ kleeberg und des Gymnasiums Odenkirchen aus Mön- Crivitz und von der Außenstelle Leipzig für das Rudolf- chengladbach trafen sich und untersuchten gemeinsam an Hildebrand-Gymnasium Markkleeberg organisiert und ge- Fallbeispielen den Einfluss der Staatssicherheit auf das staltet. In Leipzig füllten über 100 Teilnehmerinnen und Leben Jugendlicher in der DDR. Teilnehmer den Veranstaltungssaal. Die Außenstelle Suhl veranstaltete im Jahr 2012 das drei- Im Februar 2012 fand in der Außenstelle Leipzig für Schü- tägige Seminar: „Wissen wie es war – ‚erfahren‘ wie es lerinnen und Schüler des Reclam-Gymnasiums eine sehr war“ für Schulklassen aus Suhl (Thüringen) und Kronach bewegende Aufführung des Dokumentarfilms „Die Ver- (Bayern). Im Rahmen dieser Veranstaltung wurden den gessenen. Tod, wo andere Urlaub machen“ von Freya Schülerinnen und Schülern an authentischen Orten wie Klier und Andreas Kuno Richter (siehe Abschnitt 4.3.2) dem Deutsch-Deutschen Grenzmuseum Mödlareuth und mit anschließender Podiumsdiskussion statt. Die Regis- dem Grenzbahnhof Probstzella die Geschichte der inner- seure schildern darin dramatische Fluchtversuche von deutschen Teilung und deren Auswirkungen vermittelt. DDR-Bürgern über die bulgarische Grenze, die etliche mit Höhepunkt des Seminars war die Zugfahrt mit dem Bun- ihrem Leben oder mit Gefängnis bezahlten. Freya Klier desbeauftragten von Probstzella nach Ludwigsstadt. Auf sowie die beiden Zeitzeugen Gisela Kallenbach und der Fahrt berichtete Roland Jahn von seinem Leben in der Thomas Stellmann beantworteten danach viele Fragen der DDR, von seiner gewaltsamen Ausbürgerung und von außerordentlich interessierten Schülerinnen und Schüler. seiner Arbeit als Bundesbeauftragter. – 87 –

Immer häufiger sind Auszubildende aus anderen europäi- Bei der größten Fachmesse für Bildungswirtschaft in Eu- schen Staaten bei Schülerveranstaltungen des BStU anzu- ropa, der Didacta, war der BStU 2012 wieder mit einem treffen. So nahmen Gymnasiasten aus Dänemark im Juli Stand vertreten. Zu den Gästen zählten vor allem Leiter 2011 am Workshop „Leben im Überwachungsstaat“ in der von verschiedenen Bildungseinrichtungen, Lehrkräfte Außenstelle Gera teil. In einem Projekt der Außenstelle und Multiplikatoren. Erwähnenswert ist auch, dass auf Dresden arbeiteten deutsche und tschechische Schülerin- der Didacta der Grundstein für zukünftige gemeinsame nen und Schüler mit den Akten, die der jeweilige Geheim- Projekte, z. B. mit dem Kultusministerium des Landes dienst über einen inhaftierten tschechischen Staatsbürger Niedersachsen, gelegt worden ist. angelegt hatte. An ähnlichen Veranstaltungen in Leipzig und Suhl nahmen auch Austauschschülerinnen und -schü- 6.2.2 Weiterbildungen für Lehrkräfte ler aus Frankreich und den USA teil. und Multiplikatoren Nachdem sich die Anzahl der Fortbildungen für Lehr- Zentralstelle kräfte und Multiplikatoren in den Jahren 2009/10 mehr Der BStU führte in der Zentralstelle im Berichtszeitraum als verdoppelt hatte und damit die Kapazitäten des Fach- insgesamt 115 Projekttage und Seminare mit 6 454 Schü- bereichs überschritten waren, ist die Nachfrage im Be- lerinnen und Schülern durch, davon 62 Veranstaltungen richtszeitraum wieder leicht zurückgegangen. Zugenom- mit 5 032 Teilnehmern an Schulen in den alten Bundeslän- men haben Fortbildungsveranstaltungen für Lehrkräfte in dern. Das Land Hessen blieb auch weiterhin ein Schwer- den neuen Bundesländern. punkt in den alten Bundesländern, die intensive Zusam- Die Außenstellen führten im Berichtszeitraum 49 Fortbil- menarbeit mit der Hessischen Landeszentrale für dungen mit insgesamt 1 219 Teilnehmerinnen und Teil- politische Bildung konnte fortgesetzt werden. Im Berichts- nehmern durch. Etliche dieser Veranstaltungen wurden zeitraum wurden dort gemeinsam 28 Projekttage an Schu- mit Kooperationspartnern organisiert. Gemeinsam mit len in Wiesbaden, Frankfurt und dem nördlichen Hessen dem Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung realisiert. Daran nahmen insgesamt 2 009 Schülerinnen Sachsen-Anhalt veranstaltete die Außenstelle Magdeburg und Schüler teil. Zusätzlich wurden 50 Projekttage mit im November 2011 eine eintägige Lehrerfortbildung, an 1 352 Teilnehmern in Berlin durchgeführt. der sich auch die Universität Magdeburg beteiligte. Auch an vielen Gymnasien, Gesamtschulen und berufs- Die drei nördlichen Außenstellen Rostock, Neubranden- bildenden Schulen anderer alter Bundesländer, wie Nord- burg und Schwerin organisierten gemeinsam mit dem rhein-Westfalen, Niedersachsen oder Bayern, fanden Schul- Land Mecklenburg-Vorpommern im Februar 2011 eine projekttage statt. Im Berichtszeitraum gab es neben den Großveranstaltung für Lehrkräfte aus dem ganzen Bun- Projektwochen an hessischen Schulen u. a. Schülerpro- desland. Sie stand unter dem Titel „Es war doch nicht alles jekttage in Bamberg, Bergheim, Burgwedel, Celle, Ell- schlecht …Alltag und Herrschaft in der DDR“. In dieser wangen, Heide, Hürth, Lingen, Löhne, Löningen, Prien Fortbildung hielt auch die damalige Bundesbeauftragte und Würzburg. Marianne Birthler vor 160 Lehrerinnen und Lehrern einen Vortrag über das Wesen und die Methoden der Stasi. Ebenso nutzten Berliner Schulen wieder die Bildungsan- gebote des BStU, wie das Friedrich-Ebert-Gymnasium, In einigen Veranstaltungen bildeten sich deutsche und die Lily-Braun-Oberschule oder die Paul-Natorp-Ober- ausländische Lehrkräfte gemeinsam weiter. Jährlich im schule. Für die Schülerinnen und Schüler des Ebert-Gym- August findet in der DuG Rostock eine Lehrerfortbildung nasiums wurde im August 2011 eine Veranstaltung mit der besonderen Art statt. Einen Tag lang besuchen 20 aus- dem Liedermacher Stefan Krawczyk organisiert, die bei ländische Lehrerinnen und Lehrer während ihres von der den Jugendlichen und den Lehrkräften der Schule auf Goethe-Gesellschaft organisierten Studienaufenthalts die großes Interesse stieß. In der Paul-Natorp-Oberschule ist frühere Stasi-Haftanstalt. Da etliche Teilnehmer aus auto- es bereits seit 2008 Tradition, jährlich einen Schülerpro- ritär oder diktatorisch regierten Staaten wie Russland jekttag zur Thematik DDR und MfS durchzuführen. Dazu oder China kommen, ergeben sich regelmäßig hochinte- wurden stets auch Zeitzeugen eingeladen, so im Februar ressante Gespräche über das Wesen von Diktaturen und 2012 der Bundesbeauftragte Roland Jahn. die Unterschiede zu demokratisch verfassten Gemeinwe- sen. In Dresden fanden drei Projekte mit der Brücke/ Ein besonderes und erfolgreiches Angebot für Jugendliche Most-Stiftung zur Förderung der deutsch-tschechischen war zum vierten Mal seit 2009 die Veranstaltung „Auf den Verständigung und Zusammenarbeit statt. Eine Lehrer- Spuren der Stasi“. Während der Sommerferien konnten fortbildung im September 2011 hatte den Titel „Fortbil- sich Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren beim Berliner dung zu historischer Spurensuche und Zeitzeugen in der Jugendkulturservice für die Aktion des Super-Ferien-Pas- Bildungsarbeit“. Daran nahmen auch Lehrerinnen und ses anmelden. Eine Bustour führte die Teilnehmerinnen Lehrer sowie Studentinnen und Studenten der Universität und Teilnehmer von Berlin nach Potsdam in das ehemalige in Ústí nad Labem teil. Es wurde der Operative Vorgang Untersuchungsgefängnis des MfS in der Lindenstraße. Der eines Betroffenen ausgewertet, der sich dann dem Zeit- Zeitzeuge Hartmut Richter begleitete die Gruppe auf der zeugengespräch stellte. Tour zu den Stationen seiner spektakulären Flucht aus der DDR und zu dem Ort seiner späteren Inhaftierung in Pots- Die Außenstelle Rostock lädt in Kooperation mit der Uni- dam. versität Rostock seit 2010 regelmäßig zu Seminaren für – 88 –

Lehramtsstudierende ein. Kernthema ist dabei die Arbeit mern, eine an der deutschen Schule und eine am Goethe- mit Schülerinnen und Schülern an authentischen Orten Institut, ausgerichtet werden konnten. und in Gedenkstätten. Eine Zusammenarbeit über einen längeren Zeitraum ergab sich auch in der Außenstelle Die Anzahl der Studienseminare, die für ihre Lehramtsre- Dresden. Hier fertigten Lehramtsstudentinnen und -stu- ferendare die Angebote des BStU nutzen wollten, blieb in denten der Technischen Universität im Rahmen ihrer Stu- den vergangenen zwei Jahren konstant. So fanden im Be- dienaufgaben ein vollständiges Exkursionskonzept für richtszeitraum 16 Weiterbildungsveranstaltungen für Gymnasiasten zum Besuch der Stasi-Unterlagen-Behörde Lehramtsreferendare statt. Einzelne Studienseminare bie- an. Studentinnen und Studenten der Magdeburger Otto- ten die Weiterbildungen zur Behandlung des Themas von-Guericke-Universität und Lehramtsanwärter des Stu- „DDR und MfS im Unterricht“ inzwischen regelmäßig in dienseminars Goslar informierten sich in der Außenstelle ihren Programmen an. Magdeburg über die Nutzungsmöglichkeiten der MfS- Die Zusammenarbeit mit der Lehrkräfteausbildung an Überlieferung für den Unterricht. In Leipzig besuchten Universitäten soll weiter ausgebaut werden. Veranstaltun- im Berichtszeitraum Referendare vom Staatlichen Semi- gen an der Universität Osnabrück und der Humboldt-Uni- nar für Mittelschulen sowie Referendare vom Staatlichen versität Berlin oder Besuche von Studierenden der Uni- Seminar für Gymnasien aus Karlsruhe wiederholt die Au- versität Marburg zeigten, dass das Interesse und der ßenstelle zur Projektarbeit. Bedarf dafür groß sind. In einem von der Universität Mainz und dem BStU gemeinsam organisierten Blockse- In der Zentralstelle in Berlin erwuchsen aus dem Umzug minar erhielten junge Lehramtsstudierende die Gelegen- des Sachgebiets Bildungsarbeit für Schüler, Studierende heit, sich grundlegende Kenntnisse über die Staatssicher- und Lehrkräfte in das sogenannte Haus 1 in Berlin-Lich- heit anzueignen. Darauf aufbauend erarbeiteten sie tenberg neue Möglichkeiten und neue Aufgaben für die Unterrichtsmodelle. Nach einer Einführung war Gelegen- Bildungsarbeit. Der BStU hat dort mit einer modern aus- heit, intensiv mit Materialien des BStU zu arbeiten, ei- gestatteten neuen Projektwerkstatt gute Voraussetzungen gene Unterrichtsstunden zu gestalten und diese für für das Lernen am historischen Ort geschaffen. 10. Klassen simulativ abzuhalten. Die Zentralstelle veranstaltete Fortbildungsseminare vor- Die seit 2003 etablierten Tagesveranstaltungen für Rechts- rangig für Lehrkräfte aus Berlin, dem westlichen Bran- referendare des Berliner Kammergerichts zum Thema denburg und den alten Bundesländern. Die Weiterbil- „Politische Justiz in der DDR“ fanden weiterhin zwei Mal dungsseminare fanden sowohl beim BStU in Berlin als jährlich statt. Inhaltliche Schwerpunkte waren die Rolle auch an den jeweiligen Schulstandorten statt. Zur Weiter- des MfS als Ermittlungs- und Untersuchungsorgan, Fall- bildung nach Berlin kamen 31 Lehrergruppen mit beispiele für Rechtsbeugung und der menschenrechtswid- 833 Teilnehmern. Sechs Fortbildungen mit 94 Teilneh- rige Umgang mit Gegnern der SED-Diktatur sowie Fragen mern fanden in den neuen Bundesländern statt. der Aufarbeitung und der dafür notwendigen gesetzlichen Aufgrund der Einladungen von Schulleitungen und Lan- Grundlagen. desschulbehörden wurden im Berichtszeitraum 26 Fortbil- Auch im Berichtszeitraum wandten sich wieder verschie- dungsveranstaltungen mit insgesamt 484 Teilnehmerinnen dene Einheiten der Bundeswehr mit Fortbildungswün- und Teilnehmern in den alten Bundesländern organisiert. schen an die Zentralstelle und die Außenstellen des BStU. Bemerkenswert war dabei, dass mehrere Schulen am Ort Dabei stand vor allem der Einfluss der Stasi auf die Na- kooperierten, um neben der Weiterbildung auch den Erfah- tionale Volksarmee (NVA) im Mittelpunkt sowie in der rungsaustausch der Lehrenden untereinander gezielt zu Außenstelle Rostock das Grenzregime an und auf der fördern. Ostsee sowie die zahlreichen Fluchtversuche über das In Kooperation mit der Beauftragten des Landes Bran- Meer. In dieser Außenstelle finden seit 2010 auch regel- denburg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunisti- mäßig Seminare für die Polizeihochschule Hamburg statt. schen Diktatur und der Gedenkstättenlehrerin der Doku- Im Rahmen eines Ethik-Seminars informierten sich rund mentationsstelle Brandenburg-Görden, Projektwerkstatt 30 Anwärter für den gehobenen Polizeidienst über die „“, veranstaltete der BStU im Novem- „DDR-Geheimpolizei als Garant einer Diktatur. Das Ver- ber 2011 in der Justizvollzugsanstalt Brandenburg eine hältnis von Stasi und Volkspolizei in der DDR“. gut besuchte Lehrkräfteweiterbildung zum Thema „Zeit- zeugenarbeit im Unterricht“. Besonders beeindruckte 6.2.3 Betreuung von Facharbeiten Shanghai Drenger, der als junger Punk wegen politischer Delikte hier für über zwei Jahre inhaftiert war und jetzt Die individuelle Betreuung von Facharbeiten, Jahresarbei- erstmals wieder die Haftanstalt betrat. ten, besonderen Lernleistungen und Seminarfacharbeiten, vornehmlich in den Fächern Geschichte, Politische Bil- Lehrerfortbildungen an den Stationen der Wanderausstel- dung und Sozialkunde, nimmt in der Zentralstelle und den lung des BStU haben eine lange Tradition und werden Außenstellen des BStU einen wichtigen Platz ein. Die von den Lehrerinnen und Lehrern der jeweiligen Orte in Zentralstelle betreut dabei fast ausschließlich Schülerin- der Regel gern wahrgenommen. Auf besonders großes In- nen und Schüler aus den alten Bundesländern, welche an teresse stieß das Angebot in den Städten Neumünster, einem meist selbst gewählten Thema anhand von Akten- Weil am Rhein und Springe sowie in Stockholm, wo auszügen, Sekundärliteratur oder Zeitzeugeninterviews gleich zwei Veranstaltungen mit insgesamt 40 Teilneh- arbeiten. Die Ergebnisse werden in den Schulen als schrift- – 89 – liche Ausarbeitung eingereicht oder als Referat präsen- aus diesem Anlass gründlich überarbeitet und neu gestal- tiert. Weil diese Jugendlichen meist keine Möglichkeit ha- tet. Die Quelle 4 mit dem Stasi-Lehrfilm „Revisor“ gab es ben, dafür extra nach Berlin oder zu einer Außenstelle zu bisher nur als DVD, sie wurde aber aufgrund der Nach- reisen, erfolgt die Betreuung in der Regel telefonisch und frage nun ebenfalls in gedruckter Form hergestellt. per Mail. Insgesamt wurden von der Zentralstelle 18 Schü- Die bewährte Form der Schülerprojekttage zum Thema lerprojektarbeiten betreut. Außerdem wurden acht Studen- „DDR und Staatssicherheit“ mithilfe der „Quellen für die tinnen und Studenten bei der Anfertigung ihrer Examens- Schule“ wurde mit dem Ziel erweitert, Lehrerinnen und arbeiten fachlich beraten. Lehrern die Erarbeitung des Themas anhand der Quellen In den Außenstellen wurden darüber hinaus auch 31 For- im regulären Unterricht zu ermöglichen. Dazu entwi- schungsanträge von Schulen aus der Region bearbeitet, ckelte der BStU neue Arbeitsbögen, die nicht mehr die bei denen die Schülerinnen und Schüler in vorbereitete Lektüre eines ganzen Quellenheftes voraussetzen, son- Stasi-Akten Einsicht nehmen konnten. Dafür mussten die dern die Auseinandersetzung mit ausgewählten Doku- Jugendlichen mehrmals in die Außenstellen kommen. Die menten in den Quellen gestatten. Gezielte Fragen, thema- Betreuung solcher Anträge erstreckt sich in der Regel tisch pro Kleingruppe gegliedert und mit genauer Angabe über 18 Monate. der jeweils zu untersuchenden Dokumente, ermöglichen jetzt punktgenaue Einblicke in kürzerer Zeit. Eine Anlei- Ein Forschungsantrag zum Thema „Alltag in der DDR tung für die Lehrkräfte ist beigefügt, in der erklärt wird, und der Mauerbau in der Region um Fürstenwalde“ wie sie die Arbeit mit den Quellen in den Unterricht inte- wurde vom Oberstufenzentrum Palmnicken, Berufliches grieren können. Das Angebot wurde für den Download Gymnasium, in Kooperation mit dem Katholischen Gym- im Internet (siehe Menüpunkt Unterrichtsmaterialien auf nasium Bernhardinum Fürstenwalde in der Außenstelle der BStU-Homepage) und für die Klassenstufen 9 und 10 Frankfurt (Oder) gestellt. Während einer Exkursion in die konzipiert. Außenstelle erhielten die Schülerinnen und Schüler und Auszubildenden Einblick in die Tätigkeit der Staatssi- Der BStU kann die Durchführung von Seminaren und cherheit in der Region und in die Grundlagen der Archiv- Fortbildungsveranstaltungen für Lernende und Lehrkräfte arbeit. Im Rahmen anschließender Akteneinsichten wer- aus Gründen der Personalkapazität nicht ausweiten. Da- teten die Jugendlichen rund 4 000 Dokumentenseiten aus. her entwickelt die Behörde neben ihrer Arbeit mit Multi- Dabei erlangten sie umfangreiche Kenntnisse über die plikatoren auch praxisorientierte Angebote über das Inter- Repressionen des SED-Regimes, erfuhren aber auch, wie net. Diese erreichen einen großen Kreis interessierter couragiert sich Jugendliche gegen Einschränkungen ihrer Lehrkräfte und geben ihnen gesicherte Informationen an Freiheit in der DDR wehrten. Besonders nachhaltig war die Hand. So wurden alle „Materialien für den Unter- für die Lernenden das Abhören einer im Jahr 1961 aufge- richt“ der Außenstellen als Downloads ins Internet ge- zeichneten Gerichtsverhandlung gegen Jugendliche, die stellt. Die Webseite des BStU wird künftig noch stärkere gegen den Bau der Mauer protestiert hatten und dafür ver- Bedeutung für die Verbreitung der Bildungsangebote er- halten. Die Materialien des BStU für die historisch-politi- urteilt wurden. sche Bildungsarbeit sind im Anhang 11 aufgeführt. Die aus 15 Schülerinnen und Schülern der Klassenstufen 10 und 11 bestehende Arbeitsgemeinschaft „Geschichte“ 6.2.5 Kooperationspartner am Goldberg-Gymnasium Sindelfingen hatte sich in ei- nem Forschungsprojekt mit den Stasi-Akten über die Im Juli 2012 kamen die Leiter der Außenstellen Halle Städtepartnerschaft Sindelfingen – Torgau befasst. Die und Magdeburg zu einem ersten Gespräch mit Vertretern Arbeit am Projekt dauerte fast zwei Jahre und wurde vor- des Niedersächsischen Kultusministeriums zusammen. rangig von der Außenstelle Leipzig unterstützt. Die Gym- Erörtert wurden praxisorientierte Möglichkeiten, das Kul- nasiasten beschäftigten sich in diesem Zeitraum mit über tusministerium bei der schulischen Beschäftigung mit 800 Kopien aus Stasi-Akten, die ihrer Schule zur Verfü- dem Thema „DDR-Staatssicherheit“ zu unterstützen. gung gestellt worden waren (siehe Abschnitt 4.3.6). Als Im Jahr 2010 vereinbarten das Bildungsministerium Ergebnis entstand eine interessante Serie aus 14 Artikeln, Mecklenburg-Vorpommern und die drei nördlichen Au- die seit April 2012 in den Lokalzeitungen von Sindelfin- ßenstellen des BStU, die Kooperation bei der Aufarbei- gen und Torgau veröffentlicht wurde. Die Artikel sind auf tung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes im Schul- der Bildungs-Webseite des BStU zu lesen. unterricht, bei Schülerprojekten und bei der Aus- und Fortbildung von Lehrkräften zu verstärken. Die bisherige 6.2.4 Materialien Zusammenarbeit basierte auf der Gemeinsamen Erklä- rung zwischen dem BStU und dem Bildungsministerium Die vom BStU seit 2003 herausgegebene Broschüren- aus dem Jahr 2009. Ein bedeutendes Ergebnis dieser Zu- reihe „Quellen für die Schule“ ist zu einem in vielen sammenarbeit war die Lehrerkonferenz im Februar 2011, Schulen gern genutzten Arbeitsmaterial geworden. Das an der 160 Lehrerinnen und Lehrer aus ganz Mecklen- zeigen sowohl die ausnahmslos positiven Meldungen von burg-Vorpommern teilnahmen. Das Potenzial der Koope- Geschichts- und Politiklehrkräften aus der gesamten Re- ration gilt es auch in Zukunft auszuschöpfen. publik als auch die gleichbleibend hohen Bestellzahlen. So mussten die Quellen 1 bis 3 im Berichtszeitraum zum Eine für die Bildungsarbeit des BStU förderliche Zusam- vierten Mal neu aufgelegt werden, die neueren Quellen- menarbeit hat sich in den Außenstellen Rostock und Gera hefte 5 und 6 zum zweiten Mal. Alle Broschüren wurden entwickelt. Die staatlichen Schulämter Rudolstadt/Ilm- – 90 –

Kreis, Jena/Stadtroda und Gera/Schmölln erklärten sich gruppen. An Bürger, die durch eigene biografische Be- bereit, für einen befristeten Zeitraum vier Lehrkräfte zum züge oder auch generell an Aufarbeitung interessiert sind, BStU abzuordnen. Ebenso ordnete das staatliche Schulamt aber auch an Multiplikatoren der politischen Bildungsar- Rostock eine Lehrerin für zwei Tage pro Woche ab, die als beit, Journalisten und Wissenschaftler sowie jüngere Unterstützungslehrerin in der Dokumentations- und Ge- Menschen, die die SED-Diktatur nicht selbst erlebt ha- denkstätte tätig ist. Ziel war es, zusammen mit den Außen- ben. Angeboten wurden die verschiedensten Formate, stellen Bildungsangebote zum Thema Staatssicherheits- u. a. Ausstellungen, Podiumsdiskussionen, Zeitzeugenge- dienst zu entwickeln und diese in die Schulen zu bringen. spräche, Filmabende, Lesungen, „Tage der offenen Tür“. Darin liegt eine große Chance, den Schulen regionalspezi- fische und unterrichtspraktische Materialien zur Verfü- Etliche Veranstaltungen im Berichtszeitraum widmeten gung zu stellen und Lehrkräfte zu qualifizieren. Eine ähn- sich den vielfältigen Erfahrungen im Umgang mit den liche Zusammenarbeit startete im Januar 2012 auch Stasi-Akten vor dem Hintergrund, dass Akteneinsichten zwischen der Außenstelle Neubrandenburg und dem Staat- nunmehr seit 20 Jahren möglich sind. Mit zahlreichen re- lichen Schulamt Neubrandenburg. Die Ergebnisse dieser gionalen Veranstaltungen und Beratungsangeboten be- Kooperationen lassen − ungeachtet einiger Unterschiede − wies die Behörde ihre Bürgernähe und trug dabei dem erkennen, welche Möglichkeiten in der Konzentration von nach wie vor hohen Interesse an der Akteneinsicht Rech- Kompetenzen liegen. nung. Die 2003 in der „trilateralen Arbeitsgemeinschaft“ begon- Insgesamt wurden 2011 und 2012 mehr als 78 000 Besu- nene Zusammenarbeit zwischen dem BStU, der Bundes- cherinnen und Besucher bei den Veranstaltungen des stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur (Stiftung) und Bundesbeauftragten in Berlin und den zwölf Außenstel- der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) hat sich len in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, im Berichtszeitraum weiter vertieft. So koordinierten der Sachsen-Anhalt und Thüringen gezählt. BStU und die bpb ihre Internetpräsentationen, welche zum 60. Jahrestag des Volksaufstandes vom 17. Juni 1953 ver- 6.3.1 Veranstaltungen der Zentralstelle öffentlicht werden. Außerdem wurde der Unterrichtsfilm des BStU „Ein Volk unter Verdacht“ in die Angebotspa- Das Highlight der Veranstaltungen des BStU in Berlin war lette der bpb aufgenommen. BStU und Stiftung entwickel- der Bürgertag am 14. Januar 2012, zu dem fast 6 000 Be- ten und veröffentlichten gemeinsam einen Bildungsweg- sucherinnen und Besucher auf das Gelände des ehemali- weiser, der den Schulen als Orientierung zur Vorbereitung gen Ministeriums für Staatssicherheit in Berlin-Lichten- von Unterricht und Projekttagen über den 17. Juni 1953 berg kamen. „Wissen wie es war“ – unter dem Motto stand dienen kann. Auf der Didacta gestalteten die drei Institu- dieser Tag und erinnerte so an die ersten Akteneinsichten tionen eine gemeinsame Gesprächsrunde zu Fragen der für Bürger auf Grundlage des Stasi-Unterlagen-Gesetzes politischen Bildungsarbeit. (StUG) im Januar 1992. Das Motto folgte dem Schwer- punktthema des Jahres „20 Jahre Einsicht in die Stasi-Ak- Schließlich seien noch zwei Kooperationen erwähnt, die ten“, das in den Gesprächsrunden aus dem Blickwinkel inzwischen in der Außenstelle Rostock eine gute Tradi- verschiedener Nutzer diskutiert wurde: für die persönliche tion haben. So findet jährlich im August in Rostock ein Aufarbeitung; um Wiedergutmachung für erlittenes Un- vom Baltic Youth Office und dem Rostocker Offenen Ka- recht zu erlangen; für die Zwecke von Medien und For- nal (rok-tv) organisiertes „Ostseejugend-Mediencamp“ schung und schließlich für die Ersuchen von öffentlichen statt, in dem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen Stellen, um ihre Beschäftigten auf Stasi-Verstrickungen zu Tag lang als praktische Übung einen Filmbeitrag über die überprüfen. Verantwortliche und Betroffene aus diesen ehemalige Stasi-Untersuchungshaftanstalt erarbeiten, in- Nutzergruppen diskutierten, wie sie für ihre Ziele die klusive davor geschalteter Führung für den inhaltlichen Stasi-Unterlagen verwenden konnten und welchen Beitrag Einstieg. Seit 2011 gibt es überdies eine Kooperation mit die Behörde dafür leistete. Ein Höhepunkt des Tages war dem Verein Prora-Zentrum e. V., der es sich zur Aufgabe die erste gemeinsame öffentliche Diskussion der ehemali- gemacht hat, in Prora auf Rügen mit Schülerinnen und gen Bundesbeauftragten Joachim Gauck und Marianne Schülern nicht nur zur NS-Vergangenheit dieses histori- Birthler und des amtierenden Bundesbeauftragten Roland schen Ortes zu arbeiten, sondern auch dessen Geschichte Jahn. zwischen 1945 und 1989 zu thematisieren. Die Außen- stelle Rostock lieferte dafür Zuarbeiten und Fallbeispiele Viele Gäste besichtigten am Bürgertag auch „Haus 1“, den zu den Themen „Flucht über die Ostsee und die Stasi“ ehemaligen Dienstsitz des Stasi-Ministers Erich Mielke. und „DDR-Bausoldaten im Stasi-Visier“. Das Gebäude war nach seiner Sanierung aus Mitteln des Konjunkturprogramms II ab diesem Tag wieder für die Öf- 6.3 Veranstaltungen fentlichkeit zugänglich (siehe Abschnitt 6.1.1.1). Großer Andrang herrschte zudem im Archiv der Stasi-Unterlagen- Mit gut 800 Veranstaltungen informierte der Bundesbe- Behörde, das ganztägig für Besucher begehbar war. Abge- auftragte für die Stasi-Unterlagen die Öffentlichkeit über rundet wurde der Bürgertag durch Führungen über das Ge- Strukturen, Methoden und Wirkungsweise der DDR- lände der ehemaligen Stasi-Zentrale, die Präsentation von Staatssicherheit, aber auch über die Tätigkeitsfelder und audiovisuellen Stasi-Dokumenten und der Rekonstruktion Dienstleistungen der Behörde, wie die Arbeit in den Ar- zerrissener Stasi-Unterlagen, einen „Markt der Möglich- chiven und den Service rund um die Akteneinsicht. Die keiten“ von Berliner Aufarbeitungsinstitutionen und eine Veranstaltungen richteten sich an unterschiedliche Ziel- Bürgerberatung zur Akteneinsicht. – 91 –

Am 9. Juni 2012 fand in Potsdam in der Gedenkstätte Impulse für eine gesamteuropäische Auseinandersetzung „Lindenstraße 54/55 für die Opfer politischer Gewalt im mit den Hinterlassenschaften anderer Diktaturen des 20. Jahrhundert“ ein Bürgertag unter dem gleichen Motto 20. Jahrhunderts liefern. Eingeladen waren Referenten statt. Kooperationspartner waren hier die Gedenkstätte aus Bulgarien, Deutschland, Lettland, der Republik Mol- Lindenstraße sowie die Beauftragte des Landes Branden- dau, Polen, Rumänien, Russland, Serbien, der Ukraine burg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen und Ungarn, aber auch Griechenland und Spanien. Diktatur. Hunderte von Besucherinnen und Besuchern bekamen ein vielfältiges Informations- und Diskussions- „Der Traum ist aus …“ war der Titel einer Gedenkveran- programm in der ehemaligen Stasi-Haftanstalt Potsdam staltung mit mehreren Schulklassen am 12. April 2011 geboten: So berichteten ehemals Verfolgte über ihre zum 30. Todestag des Jenaer Oppositionellen Matthias Akteneinsicht, und die Fraktionsspitzen des Brandenbur- Domaschk, der in der Stasi-Untersuchungshaft in Gera ger Landtags diskutierten, wie es mit der Aufarbeitung ums Leben kam. An sein Leben und seinen viel zu frühen der SED-Diktatur in Brandenburg weitergehen soll. Tod erinnerten seine Freunde und Roland Jahn. Um Waffendienstverweigerer, sogenannte Insgesamt organisierte die Berliner Zentralstelle in den Bausoldaten, ging es in der Diskussion „‚Feindlich nega- Jahren 2011 und 2012 36 Veranstaltungen in Berlin und tive Kräfte?‘ – Bausoldaten in der DDR“. Sie standen un- Potsdam, oft in Kooperation mit anderen Aufarbeitungs- ter besonderer Beobachtung der Staatssicherheit, Totalver- institutionen wie der Robert-Havemann-Gesellschaft, der weigerer des Militärdienstes wurden zu hohen Haftstrafen Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und verurteilt. Drei ehemalige Bausoldaten, darunter der Vor- dem Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen Berlin. sitzende der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED- Dazu werden im Folgenden einige Beispiele vorgestellt. Diktatur, Rainer Eppelmann, und ein Totalverweigerer sprachen über ihre damaligen Erlebnisse vor einem großen Anlässlich des 50. Jahrestags des Baus der Berliner Publikum mit zahlreichen weiteren Zeitzeugen. Versöh- Mauer wurde der Band zum Jahrgang 1961 der ZAIG- nung war 22 Jahre nach der Friedlichen Revolution am Edition des BStU „Die DDR im Blick der Stasi“ der Öf- 7. Oktober 2011 in der Berliner Gethsemanekirche ein fentlichkeit präsentiert. In einer Open-Air-Veranstaltung emotional diskutiertes Thema. Prof. Dr. Thomas Hoppe, auf dem Gelände der Gedenkstätte Berliner Mauer disku- Helmut-Schmidt-Universität Hamburg, Friederike von tierten am 23. Juni 2011 die Zeitzeugen Klaus Schütz, Kirchbach, Pröpstin der Evangelischen Kirche Berlin- Referent des damaligen Bürgermeisters Willy Brandt und Brandenburg-schlesische Oberlausitz, und der Bundesbe- späterer Bürgermeister von Berlin, Eva-Maria Hagen, auftragte Roland Jahn versuchten unter dem Titel „Verge- Schauspielerin und Musikerin, sowie der Bundesbeauf- ben, vergessen und vorbei“ der Frage nachzugehen: Kann tragte Roland Jahn und die Herausgeberin der Edition, es zwischen Tätern und Opfern nach einer Diktatur zur Prof. Dr. Daniela Münkel. Eingeleitet wurde die Diskus- Aussöhnung kommen? Was schafft wirklich Befriedung, sion vor über 180 Gästen auf dem Mauerstreifen von Aufklärung oder der oft bemühte Schlussstrich? Prof. Dr. Klaus-Dietmar Henke. Im November 2011 erinnerte die Veranstaltung „Wolf 2011 bildete die internationale Aufarbeitung der Stasi-Ver- Biermann 1976 – Die Ausbürgerung und ihre Folgen“ an gangenheit einen thematischen Schwerpunkt. Gemeinsam das Konzert in Köln vor 35 Jahren, das die SED zum mit dem Slowakischen Institut und dem Tschechischen Vorwand nahm, Biermann auszubürgern. In der großen Zentrum und unter der Schirmherrschaft der Botschafter Kooperationsveranstaltung in den Räumen der Heinrich- der Tschechischen und der Slowakischen Republik in Böll-Stiftung reflektierten Zeitzeugen, welche Auswir- Deutschland fand in Berlin die Reihe „Fokus DDR – kungen diese Maßnahme in Ost und West hatte. Höhe- ČSSR. Alltag und Geheimpolizei in zwei kommunisti- punkte waren ein Gespräch zwischen Ilko-Sascha schen Diktaturen“ statt. Zehn Veranstaltungen widmeten Kowalczuk (Abteilung BF des BStU) und Wolf Biermann sich zwischen März und November 2011 der DDR-Staats- sowie die Aufführung des Fernsehmitschnitts des Kon- sicherheit und ihrem „Bruderorgan“, der tschechoslowaki- zerts. schen Staatssicherheit. Untersucht wurden Fragen der Zu- sammenarbeit beider Geheimpolizeien, Gemeinsamkeiten Im Januar 2012 wurde in Zusammenarbeit mit der Robert- und Unterschiede, aber auch der unterschiedliche Umgang Havemann-Gesellschaft vor über 400 Zuschauern im Ber- der Deutschen, Tschechen und Slowaken mit dem Erbe ih- liner Kino Babylon der Dokumentarfilm „Vaterlandsver- rer Geheimpolizeien. räter“ über den Schriftsteller Paul Gratzik vorgeführt. Die anschließende Podiumsdiskussion über seine inoffizielle Mit der internationalen Konferenz „Einsicht durch Ein- Tätigkeit für die Stasi, über Aufklärung, Versöhnung und sicht? Die Akten der kommunistischen Geheimpolizeien unterschiedliche Sichten auf die DDR rief heftige Reaktio- und die Aufarbeitung der Vergangenheit“ gelang am nen im Publikum hervor. Auf der Bühne saßen die Regis- 14. und 15. September 2011 in der Vertretung der Euro- seurin Annekatrin Hendel, Paul Gratzik, der Bundesbeauf- päischen Kommission in Berlin ein Blick über Mitteleu- tragte für die Stasi-Unterlagen Roland Jahn und der Leiter ropa hinaus. Kooperationspartner des BStU waren die der Heinrich-Böll-Stiftung in Warschau und Zeitzeuge Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde e. V. und die Wolfgang . Südosteuropa-Gesellschaft. Die Konferenz fragte danach, welche Relevanz der Umgang mit den Hinterlassenschaf- Im Umfeld der Fußball-Europameisterschaften fand im ten der Geheimpolizeien in den osteuropäischen Gesell- Juni 2012 die Veranstaltung „Stasi am Ball – DDR-Fuß- schaften hat und ob die Diskussionen im Osten Europas ball und Staatssicherheit“ in Kooperation mit dem Deut- – 92 – schen Fußball-Bund statt. Spieler, Fans, Zeitzeugen und dem Archiv der Stasi-Unterlagen-Behörde und dem Bun- Historiker diskutierten mit dem Bundesbeauftragten über desarchiv. Bislang wurde die Collage in Berlin, Dresden, die Beeinflussung von Spielerkarrieren, Spielertransfers, Erfurt und Halle aufgeführt. Auslandsspielen und über Kontrollen der Sportler durch die Stasi. Der Leseabend „Literaturinventur: Staatssicherheit“ gas- tierte in Berlin, Leipzig, Meerane, Greifswald, Erfurt und Anlässlich der 25 Jahre zurückliegenden Razzia in der Neubrandenburg. Mit Lesungen und Vorträgen wird dar- Umwelt-Bibliothek gestaltete der BStU im November gestellt, ob und in welcher Form die Stasi Thema in der 2012 mit der Robert-Havemann-Gesellschaft einen Spa- neuen deutschen Literatur ist und mit welchen Erzähl- ziergang zu authentischen Orten im Kiez Prenzlauer Berg mustern und Stilmitteln sich Autorinnen und Autoren und erreichte damit zahlreiche junge und teils aus der diesem Stoff nähern. Vorgestellt werden Romane von Nachbarschaft stammende Menschen. Viele verfolgten Uwe Johnson, Christa Wolf, Günter Grass und Wolfgang anschließend die Gespräche in der Zionskirche mit ehe- Hilbig, aber auch von jüngeren Autoren wie Thomas maligen Mitgliedern der Umwelt-Bibliothek und der Kir- Brussig, Rayk Wieland und Antje Ravic-Strubel. chenleitung über die Ereignisse von 1987. Vier Außenstellen zeigten 2012 die vom Deutschen Zen- Die Reihe „Filme im Bildungszentrum“ zeigte im Jahr trum für Sportgeschichte konzipierte und mithilfe der 2011 „Jeder schweigt von etwas anderem“, einen Doku- Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und mentarfilm über die Auseinandersetzung dreier Familien der Deutschen Klassenlotterie finanzierte Ausstellung von politischen Häftlingen mit den generationsübergrei- „ZOV Sportverräter“ (siehe Abschnitt 6.1.2.1). Zu jeder fenden Folgen der DDR-Vergangenheit, „Gesicht zur Eröffnung fanden gut besuchte Zeitzeugenabende statt, in Wand“ über das Schicksal von fünf inhaftierten DDR-Bür- denen ehemalige Sportler über ihre Erfahrungen im gern, den preisgekrönten Film „Feindberührung“ (siehe DDR-Sport, ihre Flucht und ihre fortdauernde Verfolgung Abschnitt 4.3.9 sowie Zehnter Tätigkeitsbericht, S. 63) so- im Westen berichteten. wie eine Retrospektive des Filmemachers Thomas Heise. Viele der Veranstaltungen der Außenstellen fanden in Zu- Die Filmreihe „STASI doku SCHICKSAL“ thematisierte sammenarbeit mit lokalen, regionalen und überregionalen 2012 die Einzelschicksale von Menschen, die, weil sie Partnern statt. Dazu gehören die Landesbeauftragten für sich nicht der Norm fügten, von der Stasi verfolgt wur- die Stasi-Unterlagen, die Landeszentralen für politische den. „Keine verlorene Zeit“ zeigte eine Gruppe junger Bildung, die Stiftungen der Parteien sowie Volkshoch- Leipziger, die ins Blickfeld des MfS gerieten. Der Kurz- schulen, Städte- oder Gemeindeverwaltungen, Kirchen- film mit dem Titel „Radfahrer“ porträtiert den systemkri- gemeinden und Aufarbeitungsinitiativen. tischen Fotografen Harald Hauswald. „Der schwule Ne- ger Nobi“ erzählt die Geschichte von Andreas Göbel, der In Sachsen beteiligten sich die drei Außenstellen Chem- 1961 in der DDR-Provinz als Kind eines afrikanischen nitz, Leipzig und Dresden gemeinsam am „Tag der Sach- Vaters und einer deutschen Mutter geboren wurde. Als sen“ in Kamenz (2011) bzw. in Freiberg (2012). Ebenfalls junger Mann kam er ins Visier der Staatssicherheit, nach- gemeinsam und in erstmaliger Kooperation mit dem DDR- dem er die Zusammenarbeit mit der Geheimpolizei ver- Museum „Zeitreise“ (Radebeul) organisierten die drei Au- weigert hatte. ßenstellen und die sächsische Landeszentrale für politi- sche Bildung im März 2012 eine Fachkonferenz für Päda- 6.3.2 Veranstaltungen der Außenstellen gogen, Mittler politischer Bildung und Journalisten unter dem Titel „Früher war alles besser. Unser historisches Be- Auch die Außenstellen konzipierten im Jahr 2012 wusstsein zwischen Aufklärung und Verklärung“. schwerpunktmäßig Veranstaltungen zum Thema „20 Jahre Einsicht in die Stasi-Akten“. Mit vielen Zeit- Höhepunkt der Veranstaltungen der Außenstelle Leipzig zeugen – auch aus den jeweiligen Regionen – und zu lo- war in Erinnerung an die Friedliche Revolution 1989 die kalen oder regionalen Themen reflektierten sie die Nut- alljährliche Beteiligung am Leipziger Lichtfest am 9. Ok- zung der Akten und den Nutzen für die Gesellschaft. tober. Im Jahr 2011 war dies verbunden mit der Veranstal- tung „Die Kirchen und ihr ‚politisches Mandat‘“ vier Zahlreiche Außenstellen präsentierten im Berichtszeit- Tage zuvor. Diese spannte einen weiten Bogen von der raum zwei Veranstaltungsformate, die in den kommenden Entstehung der Solidarność im Jahre 1980 zu den Aktivi- Jahren in weiteren Orten gezeigt werden sollen. „Wo sind täten der Kirchen während der Friedlichen Revolution wir bloß hingekommen? Die letzten Monate der DDR- 1989 und ihrer Beobachtung durch die Stasi. Zum Tage Staatssicherheit im Originalton“ ist eine Collage aus ori- selbst öffnete die Außenstelle zur „Nacht der offenen ginalen Tonaufzeichnungen der Staatssicherheit aus dem Tür“ und informierte mit Ausstellungen, der Filmvorfüh- Jahr 1989. Sie enthält Mitschnitte von Telefonaten zwi- rung „Panzer gegen Polen. Honeckers Geheimplan gegen schen Stasi-Dienststellen und Informanten, Berichte über Solidarność“ sowie szenischen Lesungen aus Stasi-Akten Demonstrationen sowie Meldungen über Ein- und Aus- zum Thema Solidarność über die historische Zeit. Am reisezahlen. Insbesondere die Aufzeichnungen der Ge- 9. Oktober 2012, zum 23. Jahrestag der bedeutendsten spräche von Stasi-Bediensteten untereinander zeugen von Montagsdemonstration in Leipzig, fand ein Zeitzeugen- zunehmender Ratlosigkeit und Frustration angesichts des gespräch mit Roland Jahn und Siegbert Schefke statt, der nahenden Endes von SED-Staat und Staatssicherheit. Be- die Demonstration heimlich gefilmt hatte. Zur Veranstal- bildert ist das Feature auf der Kinoleinwand mit Fotos aus tung mit dem Titel „OV ‚Satan‘. Die Montags-Demos im – 93 –

West-Fernsehen“ – benannt nach dem zu Schefke ange- zer“ aufgeführt. Das Theaterstück setzt sich mit dem Le- legten Operativen Vorgang – waren drei Schulklassen aus ben in der DDR, der Stasi und der Ausreiseproblematik der Region eingeladen. aus heutiger Sicht auseinander. Es war aus einer Reihe von Informationsveranstaltungen der Außenstelle am Im April 2012 berichteten nach einem Vortrag von Martin Schulzentrum entstanden. Im Jahre 2012 hat sich die Au- Albrecht, der seine Masterarbeit über die Untersuchungs- ßenstelle beim Gedenken an die Erstürmung der Stasi-Be- haftanstalt der Leipziger Bezirksverwaltung für Staatssi- zirksverwaltung mit einer Bürgerberatung präsentiert und cherheit geschrieben hat (siehe Abschnitt 4.3.3), ehemalige das Abschlusspodium „Stasi am Ende. Die friedliche Untersuchungshäftlinge als Zeitzeugen. Die gemeinsame Besetzung und Auflösung der Dresdner Stasi-Zentrale Museumsnacht Leipzig/Halle 2012 (zur gemeinsamen 1989“ mitgestaltet. Museumsnacht 2011 siehe Außenstelle Halle) stand unter dem Motto „Nachtaktiv“, das die Außenstelle mit der Die 25-jährige Städtepartnerschaft zwischen Meißen und neuen Ausstellung „Als der Südfriedhof mein Wohnzim- Fellbach war der Anlass für zwei begleitende Veranstal- mer war“ begleitete. Besonders junge Leute interessierten tungen der Außenstelle im Raum Stuttgart zu den BStU- sich für die Ausstellung über die Grufti-Szene in der DDR Ausstellungen „Zwischen Aufbegehren und Anpassen. und deren Überwachung durch das MfS. Insgesamt kamen Jugend in der DDR“ und „Stasi Ohn(e)Macht“. in der Museumsnacht 1 200 Besucher in die Außenstelle. Seit 2003 beteiligt sich die Außenstelle Dresden an der Die Außenstelle Chemnitz hatte mit ihren Veranstaltun- Dresdner Museumssommernacht, die jährlich Mitte Juli gen vier thematische Schwerpunkte im Blick: regionale stattfindet. 2011 informierte die Außenstelle zum Thema Bezüge zum 50. Jahrestag des Mauerbaus sowie 20 Jahre unangepasste Jugendliche in der DDR, 2012 drehte sich Akteneinsicht in der Region Chemnitz, zudem das MfS- der Abend um das Thema Heimkinder in der DDR. Im Gefängnis Karl-Marx-Stadt mitsamt dem dortigen Gefan- März 2012 war die Außenstelle erstmals bei der Muse- genenfreikauf sowie den Uranbergbau der Sowjetisch- umsnacht im angrenzenden Radebeul vertreten und sie Deutschen-Aktiengesellschaft (SDAG) Wismut. Da die beteiligte sich am Internationalen Museumstag. Außenstelle die Überlieferung der „MfS-Objektverwal- tung Wismut“ verwahrt, ergibt sich für das Thema ein be- In Thüringen luden die Außenstellen in Erfurt, Gera und sonders guter Aktenzugang. So konnte die Außenstelle Suhl zum Schwerpunktthema „20 Jahre Einsicht in die 2011 gemeinsam mit dem Ch. Links Verlag sowie Her- Stasi-Akten“ lokale und regionale Zeitzeugen ein, um ausgebern und Autoren exklusiv eine Studie zum Uran- über ihre Erfahrungen im Umgang mit der Einsicht in die bergbau der SDAG Wismut im historischen Gebäude der Stasi-Akten zu berichten. ehemaligen SDAG präsentieren, die auf großes regiona- les und Medienecho stieß. Weitere Veranstaltungen zum Ein Höhepunkt der Veranstaltungen der Außenstelle Er- Beispiel in Kooperation mit dem Bergbaumuseum Oels- furt war 2011 die Aufführung des Dokumentarfilms „Feind- nitz vertieften das Thema in der Region. berührung“ (siehe Abschnitt 4.3.9 und Zehnter Tätig- keitsbericht, S. 63). Das Gespräch mit Regisseurin Heike Die Stasi-Haftanstalt auf dem Chemnitzer Kaßberg, letzte Bachelier und den beiden Protagonisten, einem ehemali- Station des Häftlingsfreikaufs aus der DDR, sorgte für gro- gen IM und einem von ihm bespitzelten Mann, war ein ßes Interesse – nicht zuletzt, weil der Bundesbeauftragte spannungsgeladenes Ereignis im vollbesetzten Kinosaal. anregte, der historischen Bedeutung des Ortes durch die Die heikle Diskussion mit einem inoffiziellen Mitarbeiter Umwandlung in eine Gedenkstätte gerecht zu werden. Auch der ARD-Fernsehfilm „Es ist nicht vorbei“ über das über sein Wirken angesichts des Menschen, den er verra- Schicksal der politischen Gefangenen im DDR-Gefängnis ten hat, war eine eindrückliche Geschichtsstunde und für Hoheneck trug zu einer erhöhten Aufmerksamkeit für das manche der Anwesenden im Saal nicht einfach zu erle- Thema Kaßberg bei, dem die Außenstelle mit Veranstal- ben. tungen zu Haftarbeitslagern und deutsch-deutschem Häft- 2012 wurde mit der Aufführung der Filme „Die Architek- lingsfreikauf nachkam. ten“, „Radfahrer“ und der O-Ton-Collage „Wo sind wir 50 Jahre Mauerbau bzw. 20 Jahre Einsicht in die Stasi- bloß hingekommen“ das erfolgreiche Film-Format fortge- Akten bildeten den thematischen Schwerpunkt der Au- setzt. Hinzu kamen Liederabende, Lesungen und Zeitzeu- ßenstelle bei der Chemnitzer Museumsnacht 2011 bzw. gengespräche zum Thema Heimerziehung, Unangepasst- 2012. Darüber hinaus konnte die Außenstelle die Veran- sein und Opposition in der DDR. staltungsreihe „Neue Forschungen zur SED-Herrschaft und MfS-Geschichte“ in Zusammenarbeit mit einer örtli- Die Außenstelle Gera entwickelte 2011/12 in enger Part- chen Buchhandlung etablieren. nerschaft mit dem Verein „Gedenkstätte Amthordurch- gang“, der die ehemalige Stasi-Untersuchungshaftanstalt In Dresden wird alljährlich gemeinsam mit der Gedenk- als Gedenkstätte betreut, eine Reihe von Veranstaltungen. stätte Bautzner Straße mit einem Tag der offenen Tür der So diskutierte der Vorsitzende des Wissenschaftlichen Besetzung der Dresdner Stasi-Bezirksverwaltung am Beratungsgremiums des BStU, Prof. Dr. Hans-Joachim 5. Dezember 1989 gedacht. 2011 wurde neben den obliga- Veen, am historischen Ort über „Aufarbeitung als Thema torischen Führungen durch das Hafthaus das Theaterstück der Vergangenheit oder Zukunft?“, und der Schriftsteller „Noch mal Glück gehabt …?!“ von Schülern der Klassen- und Zeitzeuge Harald Beer las aus seinen Veröffentli- stufe 13 des Beruflichen Schulzentrums „Ernst Lößnit- chungen zur politischen Haft in Sachsenhausen. – 94 –

2011 und 2012 beteiligte sich Gera an der städtischen darunter zunehmend Studenten, interessierte sich für die Museumsnacht. Besonderes Highlight der Lesungen im monatlichen Angebote. Veranstaltungsprogramm war im April 2011 ein Abend mit dem ehemaligen Bundesbeauftragten Joachim Gauck, Zum Auftakt des Jahres am 26. Januar 2012 fand in Halle der aus seiner Biografie las. Für die Region von besonde- im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Wissen wie es war“ rem Interesse war ein in Kooperation mit der Thüringer eine Podiumsdiskussion im Stadthaus Halle statt. Im Ge- Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen gestalteter spräch mit dem Bundesbeauftragten reflektierten Zeitzeu- Abend über die Staatssicherheit in Greiz. gen ihre frühen Erfahrungen mit und bei der Einsicht in die über sie vom MfS angelegten Akten. Prof. Peter Boh- Mit zwei Veranstaltungen zum Thema „20 Jahre Einsicht ley, der als einer der ersten „seine“ Akte einsehen konnte, in die Stasi-Akten“ konnten Zeitzeugen und Forscher im Wasja Götze, Maler und Liedermacher aus Halle, und Oktober 2012 eine Fülle an Details und Erinnerungen zur Martina Schmitt, dienstälteste Mitarbeiterin der Außen- Erstürmung der Geraer Bezirksverwaltung austauschen. stelle Halle, saßen auf dem Podium. Die sich anschlie- Besonders die Verdienste von Jürgen Fuchs um die ßende rege Beteiligung am Saalgespräch zeigte das große Analyse der Arbeitsweise des MfS sowie die weitere Nut- Interesse an der Aufarbeitung. zung der Akten wurden hervorgehoben. Die Zeitzeugen Am 3. März 2012 beteiligte sich die Außenstelle Halle Andreas Schmidt, Roland Geipel, Dr. Manfred Eckstein mit einer Ausstellung zu in Stasi-Unterlagen dokumen- und die Witwe des Bürgerrechtlers Jürgen Fuchs, Lilo tierten Unglücken, Arbeitsunfällen, Bränden und ähnli- Fuchs, sorgten für tiefe Einblicke in eine bewegende Zeit. chen Vorfällen erstmals am nationalen „Tag der Archive“, der unter dem Motto „Feuer, Wasser, Krieg und andere Im Herbst 2012 schließlich diskutierte der Bundesbeauf- Katastrophen“ stand. Der Umgang der Stasi mit solchen tragte in Greiz mit fast 200 überwiegend jugendlichen Ereignissen und die auf Verschleierung angelegte „Infor- Zuhörern über das Leben in der DDR „Zwischen Anpas- mationspolitik“ gegenüber der Bevölkerung waren we- sung und Widerspruch“. sentliche Bestandteile der Ausstellung und einer dazuge- Mit Podiumsdiskussionen unter den Titeln „50 Jahre Mau- hörigen Veranstaltung. erbau. Von der Zonengrenze zur Grenze zweier Militärblö- Zum Ende der Amtszeit Marianne Birthlers gestaltete die cke“ und „Gehen oder Bleiben – gemeinsame Wurzeln – Außenstelle Magdeburg gemeinsam mit dem Kultursen- geteilte Erinnerungen“ erinnerte die Außenstelle Suhl der MDR-Figaro im Februar 2011 die Podiumsdiskussion 2011 an die Schließung der innerdeutschen Grenze. Veran- „Die Akten sind offen!“ Unter diesem Titel stand am staltungen zu diversen Themen verdeutlichten darüber hi- 3. Oktober 2011 auch der dortige „Tag der offenen Tür“, naus das Ausmaß der Überwachung aller Lebensbereiche bei dem neben dem gleichnamigen kurzen Film des BStU durch die Geheimpolizei. Als Beispiele seien genannt die über Geschichte und Arbeit der Behörde Archivführun- Filmvorführungen „Feindberührung“ (siehe oben) und gen und die Ausstellung „Bereits Gras über der deutsch- „Sportsfreund Lötzsch“, ein Film über die Lebensge- deutschen Grenze?“ geboten wurden. schichte eines der talentiertesten Radsportler der DDR, dessen sportliches Vorwärtskommen verhindert wurde, Zum bundesweiten „Tag der Archive“ am 3. März 2012 weil er sich weigerte, in die SED einzutreten. Seine Kritik öffnete die Außenstelle ihre Türen unter dem Motto „‚… am politischen System der DDR kostete ihn die Karriere. unter Ausnahmegenehmigung‘ – Stasi-Informationen Weitere Veranstaltungsangebote der Außenstelle waren zum Zustand der regionalen Wirtschaft in den 80er-Jah- eine Lesung von Heidemarie Puls aus ihrem Buch „Schat- ren“ und präsentierte dazu neben ihrer Ausstellung „Die tenkinder hinter Torgauer Mauern“ und Vorträge zum Firma im Betrieb – Stasi in der Volkswirtschaft“ Fotodo- Thema „Zielgruppe Ärzteschaft – Mediziner als inoffizi- kumente und Geheimunterlagen des MfS zu Firmen in elle Mitarbeiter der Staatssicherheit“. der Region. In Sachsen-Anhalt beteiligten sich die Außenstellen In Mecklenburg-Vorpommern boten die Außenstellen Halle und Magdeburg wie jedes Jahr mit einem Informa- Neubrandenburg, Schwerin und Rostock diverse Veran- tionsstand am Sachsen-Anhalt-Tag. staltungen zum Wirken der Stasi in der Region an und be- teiligten sich gemeinsam am Mecklenburg-Vorpommern- Bereits zum dritten Mal fand am 7. Mai 2011 die gemein- Tag 2012 in Stralsund. same Museumsnacht der Städte Halle und Leipzig statt In Verbindung mit der Thematik „50 Jahre Mauerbau“ (zur gemeinsamen Museumsnacht 2012 vgl. Außenstelle öffnete im Mai 2011 die Außenstelle Neubrandenburg Leipzig). Das Motto lautete „Heimliche Liebe“. Die Au- ganztägig ihre Türen. In Vorträgen und Ausstellungen ßenstelle wählte zusätzlich das Thema „Konspiration“ wurde u. a. über Fluchtversuche über die Ostsee und die und eröffnete zur Museumsnacht die Ausstellung „Ver- Methoden der Stasi, diese zu verhindern, berichtet. Im deckt und getarnt – Mittel und Methoden der geheimen Juni 2011 fand eine Lesung mit dem ehemaligen Bundes- Beobachtung“. Ergänzt wurde das Programm durch Vor- beauftragten Joachim Gauck statt. träge und eine „Lange Filmnacht in der Stasi-Garage“ mit Schulungsfilmen des MfS und Filmen zur Arbeit des Im März 2012 veranstaltete die Außenstelle ihren „Tag der BStU. Neben Vorträgen und Lesungen bot das Veranstal- offenen Tür“ unter dem Thema „Wissen wie es war“. Ne- tungsprogramm in Halle auch Dokumentar- und Spiel- ben Vorträgen und Ausstellungen fanden Podiumsdiskus- filme zum Thema Staatssicherheit. Ein breites Publikum, sionen und Zeitzeugengespräche zu den 20-jährigen Er- – 95 – fahrungen rund um die Akteneinsicht statt. Dr. Christian pommern in Schwerin. An einem Infostand konnten sich Halbrock, wissenschaftlicher Mitarbeiter des BStU, stellte die Besucher auf neuentwickelten Fahnen einen Über- Passagen aus dem Manuskript seiner Studie „Ein System blick über die Arbeit der Behörde verschaffen und erfah- geht baden: Widerstand und Opposition im Norden der ren, wo sich in der Stadt Schwerin konspirative Wohnun- DDR“ vor. Beendet wurde der „Tag der offenen Tür“ mit gen der Stasi befanden. der Podiumsdiskussion „Wissen wie es wirklich war“. Im Land Brandenburg war die Außenstelle Frankfurt Marita Pagels-Heineking (Landesbeauftragte für die Stasi- (Oder) mit einer Vielzahl von Veranstaltungen aktiv. Vor Unterlagen Mecklenburg-Vorpommern), Ulrike Poppe allem die regionalen und lokalen Bürgerberatungen mit In- (Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der Folgen der kom- formationen über das Wirken der Stasi in der Region sind munistischen Diktatur Brandenburg) und Ulrich von Saß ein Publikumserfolg und Beleg für das anhaltende Inte- (Teilnehmer bei der Besetzung der Bezirksverwaltung resse an der Beschäftigung mit dem Thema. Im Jahre 2011 Neubrandenburg) berichteten aus ihren Erinnerungen und kamen etwa 3 000 Bürger zu Beratungstagen in Städte wie auch über ihre eigene Akteneinsicht. Bernau, Lauchhammer, Wittenberge, Brandenburg an der Über das Jahr verteilt wurde parallel zur Ausstellung Havel, Eisenhüttenstadt, Massen oder Schwedt. 2012 nah- „Freiheit und Zensur“ mit Filmvorführungen und Vorträ- men 2 500 Bürger u. a. in Falkenberg, Luckau, Peitz, Lud- gen das Thema „SED und Stasi als Regisseure im DDR- wigsfelde, Senftenberg (gemeinsam mit der LAkD), Wrie- Filmwesen“ thematisiert. zen und Beeskow die Beratungsangebote vor Ort an – allein 350 in Falkenberg oder 250 in Luckau. Mit einer Veranstaltung am 1. Februar 2012 in der Petri- kirche leistete die Außenstelle Rostock ihren Beitrag zu Die Zusammenarbeit mit der Landesbeauftragten zur Auf- der Reihe „Wissen wie es war“. arbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur (LAkD) hat sich weiter intensiviert, zum Beispiel durch Neben übergreifenden Themen wie „Politische Justiz in gemeinsame Veranstaltungen beim Brandenburgtag am 1. der DDR und die Stasi“, „Opposition und Widerstand in und 2. September 2012 in Lübbenau. der DDR und die Stasi“ oder „Jugend im Visier des MfS“ bot die Außenstelle in mittleren und kleineren Städten re- Im Juni 2011 feierte die Außenstelle ihr 20-jähriges Beste- gional und lokal bedeutsame Themen an. Beispiele dafür hen mit Berichten von Zeitzeugen über die Besetzung der waren im Berichtszeitraum folgende Veranstaltungen: Stasi-Dienststellen und die eigene Akteneinsicht sowie ei- „Eigentor. Der F.C. Hansa Rostock und die Stasi“, „Ein- ner ganztägigen Möglichkeit, das Archiv zu besichtigen, gesperrt! Die Stasi und die Reaktionen auf den Mauer- das in Frankfurt nicht nur die Bestände der Frankfurter Be- bau“, „Geheimpolizei zwischen Dock und Helling. Die zirksverwaltung der Stasi beherbergt, sondern auch die aus Stasi und die Werften in der DDR“, „Ostseeflüchtlinge im Cottbus. Auch zu den traditionellen jährlichen Tagen der Stasi-Visier“, „LPG, VEG und ‚individuelle Hauswirt- offenen Tür waren die Podiumsdiskussionen und Archiv- schaft‘. Zur Überwachung der Landwirtschaft durch die führungen sowie Ausstellungen gut besucht. 2011 bildete Stasi“. die Diskussion zum Tod der damals 18-jährigen Marie- netta Jirkowsky, die 1980 bei einem Fluchtversuch an der Für öffentliche Veranstaltungen der Außenstelle wurde Grenze erschossen wurde, einen Höhepunkt. 2012 ging es oft die heute in der ehemaligen MfS-Haftanstalt ansässige um das Thema „Stasi und Sport“, das durch Zeitzeugen Dokumentations- und Gedenkstätte (DuG) in der Rosto- eindrucksvoll begleitet wurde. cker Innenstadt genutzt. Allerdings konnte sich die Au- ßenstelle aufgrund baulicher Einschränkungen nicht an Weitere Höhepunkte des Veranstaltungskalenders der Au- Großveranstaltungen wie den jährlichen Internationalen ßenstelle Frankfurt (Oder) waren im November 2011 eine Museumstagen, den Tagen des offenen Denkmals oder Diskussion zum Thema „Dableiben oder weggehen“ in den Rostocker Museumsnächten beteiligen. Weiterge- der gut besuchten Oberkirche Cottbus. Der Bundesbeauf- führt werden konnten kleinere Veranstaltungen in der tragte diskutierte mit Zeitzeugen über die bis heute um- DuG wie z. B. die bereits im siebten Jahr stattfindende strittene Frage, ob man die DDR von innen her hätte ver- Zeitzeugenreihe „Unterdrückt – Zerbrochen – Widerstan- ändern müssen oder nur habe gehen können. Und im Juni den. Schicksale in Ostdeutschland 1945 – 1989“. 2012 erinnerte auch die Außenstelle Frankfurt, wieder in der Oberkirche Cottbus, an „20 Jahre Einsicht in die Sta- Die Außenstelle Schwerin startete 2011 die Vortragsreihe siakten“. Mit dem Film „Gesicht zur Wand“ über die „20 Jahre Stasi-Unterlagen-Behörde“. Von Februar bis Langzeitfolgen von Haft und Stasiverfolgung sowie Le- Oktober wurden monatlich Vorträge angeboten, die die sungen von Schülern, die sich mit Stasiakten beschäftigt verschiedenen Arbeitsbereiche der Behörde sowie For- hatten, wurde greifbar, wie aktuell die Vergangenheit schungsergebnisse des BStU vorstellten. Die Resonanz auch heute noch ist. auf die Reihe war so positiv, dass sie im Jahr 2012 in lo- ser Folge fortgesetzt wurde: Am 28. Januar 2012, dem 6.4 Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Tag der ersten Akteneinsicht in der Außenstelle Schwerin vor 20 Jahren, fand ein sehr gut besuchtes Podiumsge- 6.4.1 Pressearbeit spräch mit den zwei Zeitzeugen Heiko Lietz und Ulrich Aufgaben und Tätigkeit der Stasi-Unterlagen-Behörde Schacht in der Stadtbibliothek statt. fanden im Berichtszeitraum ein stetiges mediales Inte- Am 10. Juni 2012 beteiligte sich die Außenstelle erstmals resse. Dominierende Themen der Berichterstattungen in am Tag der offenen Tür des Landtags Mecklenburg-Vor- Presse, Funk und Fernsehen waren neben der Amtsüber- – 96 – gabe von Marianne Birthler an Roland Jahn die Novellie- lässen entsprechend u. a. mit Pressemitteilungen, Presse- rung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes, das Schwerpunkt- gesprächen und -konferenzen, Interviews, auch in enger thema „20 Jahre Einsicht in die Stasi-Akten“, der Dialog Abstimmung mit Kooperationspartnern. Seit dem 4. Quar- mit jungen Menschen, die die DDR nicht mehr aus eige- tal 2012 versendet die Pressestelle einen Newsletter an alle nem Erleben kennen, und die Bedeutung authentischer Nutzer, die weitere Nachrichten aus allen Bereichen der historischer Orte für die Aufarbeitung. Behörde sowie aktuelle Veranstaltungshinweise erhalten möchten. Im Rahmen des Jahresprogramms „20 Jahre Einsicht in die Stasi-Akten“ fanden in Berlin und an den Standorten der Resümierend lässt sich festhalten, dass das Interesse der Außenstellen zahlreiche, medial stark beachtete Veranstal- Medien an der Arbeit der Stasi-Unterlagen-Behörde nicht tungen statt. In Berlin stachen vor allem der Bürgertag in nur ungebrochen groß, sondern auch facettenreich ist. Die der ehemaligen Stasi-Zentrale am 14. Januar 2012 und die Zukunft der Aufarbeitung und die in diesem Zusammen- offizielle Wiedereröffnung von „Haus 1“ wenige Tage zu- hang gesetzten Impulse der Stasi-Unterlagen-Behörde vor heraus. Für den Bürgertag konnten die „Bild“-Zeitung waren zunehmend gefragte Themen. und der rbb als Medienpartner gewonnen werden, die die Veranstaltung aufwändig und umfassend begleiteten und auf diese Weise auch maßgebliche Multiplikatoren für Besuchsprogramme für Journalistinnen eine breitenwirksame Darstellung der 20-jährigen Tätig- und Journalisten keit der Behörde waren. Die Angebote des BStU richten sich an Nachwuchsjourna- Ein gesteigertes Interesse der Medien haben auch Begeg- listen, vor allem Volontäre und Studierende der Publizis- nungen und Diskussionsrunden des Bundesbeauftragten tik/Journalistik, die sich einen Überblick über die Entste- mit Schülern in Ost- und Westdeutschland hervorgerufen. hung der Behörde, ihre Tätigkeitsfelder und Aktivitäten Ebenso rückten authentische Orte ins Blickfeld der Jour- verschaffen möchten. Im Berichtszeitraum besuchten im nalisten: Neben der Wiedereröffnung von „Haus 1“ waren Rahmen des Programms sechs Gruppen der „Axel Sprin- offizielle Besuche des Bundesbeauftragten von Gedenk- ger Akademie“ mit jeweils 25 Teilnehmern die Behörde stätten für regionale wie bundesweite Medien immer wie- sowie eine Gruppe des Journalistik-Aufbaustudiums der der Anlass, das Thema aufzunehmen und zu reflektieren. Universität Mainz. Auch die Besuche ausländischer Gäste, darunter viele aus arabischen Ländern, im Berliner Archiv als einem au- 6.4.2 Öffentlichkeitsarbeit thentischen Ort hatten ein breites Medienecho. Im Berichtszeitraum wurde der Internetauftritt der Be- Das Projekt der virtuellen Rekonstruktion zerrissener hörde einem umfangreichen Relaunch unterzogen. Für die MfS-Unterlagen stieß bei den Medien – auch des populä- Pflege der Webseiten nutzt der BStU das einheitliche Con- ren Wissenschaftsjournalismus – weiterhin auf starkes In- tent-Management-System für die Bundesverwaltung aus teresse. Etliche Beiträge, Artikel und Sendungen wurden der E-Government-Initiative BundOnline: den Govern- zum Thema produziert. Über die seit 2008 tourende Wan- ment Site Builder (GSB). derausstellung „Feind ist, wer anders denkt“ wurde an den Ausstellungsorten in Deutschland und im Ausland Bei der Umstellung auf die neue Version des GSB wurden umfangreich berichtet. Veranstaltungen und Publikatio- Startseite, Navigation und Struktur des Webauftritts den nen der Behörde zu spezifischen Themen wie etwa „Fuß- aktuellen Standards moderner Internetauftritte angepasst. ball und die Stasi“ oder die „Westarbeit der Stasi“ lösten Ziel war es, schnelle und verständliche Einstiegspunkte mehrfach Wellen von Medienanfragen aus. in die breit gefächerte Arbeit der Behörde anzubieten In der ausländischen Presse fand die Arbeit der Stasi-Un- und durch Vereinfachungen und Umstrukturierungen den terlagen-Behörde vor allem in den skandinavischen Län- Nutzwert der Seite für die unterschiedlichen Zielgruppen dern, in England und in Osteuropa ihren Widerhall. Wäh- zu verbessern. Gleichzeitig wurde die Internetseite optisch rend sich die Medien der nordischen Länder hauptsächlich überarbeitet, um die Inhalte ansprechender und moderner mit den Rosenholz-Dateien und Spionagefällen beschäf- präsentieren zu können. Neue Funktionalitäten wie bei- tigten, zielte das Interesse der osteuropäischen Pressever- spielsweise die Einbindung von Filmen oder Tondoku- treter insbesondere auf Fragen rund um die Archivierung menten aus dem Archivbestand des BStU geben Einblick und Öffnung der Unterlagen. Im November 2012 sorgte in die audiovisuellen Hinterlassenschaften der Stasi. schließlich die Präsentation der Ergebnisse einer von IKEA Deutschland in Auftrag gegebenen Untersuchung Auch wurden die Inhalte der Website neu akzentuiert und zum Einsatz von politischen Häftlingen bei der Möbelpro- erweitert. Aus dem reichen Reservoir des Archivs werden duktion in der DDR für ein gewaltiges Medienecho. Der seit 2011 fortlaufend Quellen, insbesondere zu aktuellen Bundesbeauftragte begleitete die Diskussion durch seine Anlässen und zu Jahrestagen historischer Ereignisse wie Forderung nach Transparenz und Aufklärung. zum Beispiel zum Transitabkommen, dem Schauprozess gegen den Verleger Walter Janka oder dem Olympia-At- Die Veranstaltungen der Behörde in Berlin und den Au- tentat in München, von der Pressestelle ausgewertet und ßenstellen, Ausstellungen, Neuerscheinungen, Auftritte in Artikeln publiziert – gedacht auch als Anreiz, weiter in des Bundesbeauftragten und diverse Themenschwer- die vielfältigen Themen und Archivmöglichkeiten einzu- punkte wurden von der Pressestelle beworben – den An- steigen. – 97 –

Seit Ende 2012 wird die englischsprachige Fassung des am Ufer“ (siehe Abschnitt 4.3.8). Im Nachgang zur ersten Webauftritts vorbereitet, deren Überarbeitung aufgrund erfolgreichen Aufführung des Hörspiels am Alexander- des Relaunchs der Webseite notwendig ist. So kann künf- platz im Mai 2011 nutzten Hunderte von Besuchern die tig auch international das Interesse an Informationen über Möglichkeit, sich im Bildungszentrum des BStU die not- die Arbeit der Behörde besser bedient werden. wendige Mobilfunktechnik auszuleihen und dann auf die (Klang-)Spurensuche in der Stadt zu gehen. Mithilfe die- Ein Schwerpunkt bleibt die Entwicklung einer Mediathek. ser GPS-Telefone (die über Satellitentechnik die aktuelle Ton- und Videodokumente sowie Fotos und Beispielakten Position bestimmen) wurden Protokolle der Observation befinden sich bereits thematisch sortiert in den jeweiligen von Demonstranten und Passanten am Ort ihrer Auf- Navigationsebenen. Die im Aufbau befindliche Mediathek nahme in Berlin-Mitte hörbar gemacht. Dem gegenüber soll die Dokumente bündeln und die Homepage chronolo- gestellt sind in der mobilen Klanginstallation die gespro- gisch wie thematisch durchsuchbar machen. Sie soll vor chenen Erlebnisprotokolle der damals Observierten. In allem eine jüngere Zielgruppe ansprechen, die z. B. für dem als Hörspiel gestalteten Stadtrundgang konfrontieren Hausarbeiten und Schulprojekte Originaldokumente die Hörspielautoren so Besucherinnen und Besucher an sucht. Viele Schulen unterrichten heute auf Whiteboards authentischen Orten mit der Geschichte der DDR. Der mit Internetanschluss. Die Dokumente und Filme des BStU stellte dafür zahlreiche Tondokumente aus dem BStU könnten so künftig direkt vor der Klasse präsentiert Stasi-Archiv zur Verfügung. werden. Derzeit online zu finden sind auch mehrere kurze Filme, in Bundesweit war die Behörde bei den zentralen Feierlich- denen die wesentlichen Arbeitsbereiche der Behörde prä- keiten zum Tag der Deutschen Einheit in (2011) und sentiert werden. „Vergangenheit erfahren“ zeigt in 16 Mi- München (2012) jeweils mit einem Informationsstand ver- nuten am Beispiel eines Antragstellers auf private Akten- treten. Dazu wurde eigens für den jeweiligen Veranstal- einsicht die Arbeit in den Archiven der Stasi-Unterlagen- tungsort eine kleine Ausstellung über das Wirken der Behörde. Zu sehen ist, welche Arbeitsschritte nötig sind, Staatssicherheit mit regionalen Bezügen entwickelt. Gro- bis die Akten letztlich zur Verfügung gestellt werden kön- ßer Andrang herrschte an den Informationsständen des nen. Eine englische Version ist für ausländische Nutzer on- BStU aber auch bei Landesfesten, so beispielsweise 2012 line. In das Pilotprojekt der virtuellen Rekonstruktion beim Mecklenburg-Vorpommern-Tag, dem Brandenburg- führt der 15-minütige Film „Virtuelle Rekonstruktion zer- Tag und dem Sachsen-Anhalt-Tag, oder dem 33. Evangeli- rissener Unterlagen“ ein. schen Kirchentag in Dresden 2011. Neben umfangreichem Informationsmaterial waren besonders die Beratungsan- Bei den Printprodukten der Behörde wurden die Flyer mit gebote zum Thema Akteneinsicht stark nachgefragt. Grundinformationen zu einzelnen Bereichen des BStU zum großen Teil dem neuen Corporate Design der Bundes- Einen maßgeblichen Aspekt der Öffentlichkeitsarbeit regierung angepasst und inhaltlich aktualisiert. Darüber stellt auch das Angebot dar, durch die Archive des BStU hinaus wurden neue Werbematerialien entwickelt, bei- zu führen. Sowohl das Archiv der Zentralstelle in Berlin spielsweise eine kompakte Broschüre in deutscher und als auch die Archive der Außenstellen erfreuen sich an- englischer Sprache, die leicht verständlich die zentralen haltend hoher Besucherzahlen. Im Jahr 2011 waren allein Aufgaben und Dienstleistungen der Behörde darstellt. im Archiv der Zentralstelle insgesamt 277 Gruppen mit Ebenso wurden gemeinsam mit der ASTAK Werbemate- rund 3 300 Besucherinnen und Besuchern. 2012 waren es rialien für das Stasi-Museum in deutscher und englischer 361 Gruppen mit rund 3 600 Personen zu Gast. Neben Sprache entwickelt. Seit Anfang 2012 betreiben der BStU diesen Führungen für angemeldete Gruppen finden in den und die ASTAK gemeinsam das „Haus 1“ in der ehemali- Archiven in der Regel an einem Abend im Monat Füh- gen Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit, in dem rungen für interessierte Einzelbesucher statt. sich das Stasi-Museum befindet (siehe Abschnitt 6.1.1.1). Auch das Interesse aus dem Ausland an Archivbesuchen Für die zwölf Außenstellen des BStU wurden ebenfalls ist weiterhin hoch. Gruppen aus über 20 Ländern besuch- neue Werbematerialien wie Banner und Informations- ten das ehemalige Stasi-Archiv in Berlin. Bemerkenswert Flyer produziert, die die Arbeit und die Dienstleistungs- ist der Zuwachs aus Ägypten, Libyen und Tunesien, wo angebote der Behörde in den Regionen darstellen. Insge- – bedingt durch den „Arabischen Frühling“ – nun eben- samt wurden im Berichtszeitraum rund 550 Veranstaltun- falls nach rechtsstaatlichen Wegen im Umgang mit den gen der Behörde mit spezifischen Werbematerialien Hinterlassenschaften der alten Geheimpolizei gesucht öffentlichkeitswirksam begleitet. wird (siehe Kapitel 7). Am Haupteingang des zentralen Verwaltungsgebäudes Das Archiv der Zentralstelle in Berlin bietet neben den des BStU in Berlin wurden an den Fensterfronten im Erd- monatlichen Archivführungen zwischen April und Okto- geschoss von innen beleuchtete Motive rund um das ber öffentliche Geländeführungen an. Interessierte kön- Thema Stasi-Aufarbeitung angebracht. Abends werden nen sich einen Eindruck über einen Stadtraum in Berlin- hier zudem Filmausschnitte aus den Archiv-Beständen Lichtenberg verschaffen, der zwischen 1950 und 1990 gezeigt. durch die MfS-Zentrale geprägt wurde. Im Sommer 2011 unterstützte der BStU die Klanginstalla- In den Archiven der Außenstellen wurden im Jahr 2011 tion „50 Aktenkilometer. Ein begehbares Stasi-Hörspiel“ 10 886 und im Jahr 2012 11 876 Gäste verzeichnet. Meh- der Theatergruppe Rimini Protokoll des Theaters „Hebbel rere Außenstellen beteiligten sich am „Tag der Archive“ – 98 – oder an lokalen Veranstaltungen wie Museumsnächten. Documental de la Memoria Histórica angestoßenen Ini- Der BStU hat 2012 auch am bundesweiten „Tag der Ar- tiative (siehe Zehnter Tätigkeitsbericht, S. 98), welche die chive“ teilgenommen, der diesmal unter dem Motto Vernetzung mit anderen Dokumentationszentren und Ar- „Feuer, Wasser, Krieg und andere Katastrophen“ stand. chiven anstrebt, gibt es nur bescheidene Fortschritte. Ein Neben dem Archiv der Zentralstelle in Berlin beteiligten leitender Mitarbeiter der Behörde war in Spanien, um sich die Außenstellen in Erfurt, Frankfurt (Oder), Halle, sich vor Ort mit dem gegenwärtigen Stand der Aufarbei- Leipzig, Rostock, Magdeburg und Schwerin an diesem tung zu befassen. Archivtag. Die andere Initiative, die vom tschechischen Institut für das Studium totalitärer Regime (USTR) maßgeblich ge- 7 Internationalisierung der Aufarbeitung förderte Plattform des Europäischen Gedenkens und Neben der erfolgreich fortgesetzten Arbeit im „Europäi- Gewissens („Platform of European Memory and Con- schen Netzwerk der für die Geheimpolizeiakten zuständi- science“), wurde inzwischen aus der Taufe gehoben. Bei gen Behörden“ (siehe Abschnitt 7.1) zeichnete sich im beiden Initiativen war der BStU eingeladen, Expertise Berichtszeitraum ein neuer Schwerpunkt der internationa- und Vorschläge einzubringen. len Arbeit ab. Von Beginn an wurde das Plattform-Vorhaben durch das Viele demokratische Kräfte, die in Ländern des Nahen EU-Parlament wohlwollend begleitet und unterstützt, Ostens den „Arabischen Frühling“ erzwungen haben, set- u. a. mit einer Resolution vom 2. April 2009. Die darin zen sich nun damit auseinander, wie sie das Wirken der enthaltenen Aussagen zum europäischen Gedenken und Repressionsorgane und früheren Eliten aufarbeiten kön- zum Totalitarismus wurden vom EU-Ministerrat in der nen. Ihnen stellen sich ähnliche Fragen wie der Bürgerbe- Sitzung des General Affairs and External Relations Coun- wegung in der Friedlichen Revolution in der DDR, und cil auf der Ebene der EU-Außenminister am 15. Juni sie wollen von den damaligen Erfahrungen und von der 2009 bekräftigt. Die Dokumente besagen, dass beste- heutigen Arbeit der Stasi-Unterlagen-Behörde (BStU) hende nationale Einrichtungen unterstützt werden und zu- und ihrer gesetzlichen Grundlage lernen. Meist über deut- sammenarbeiten sollen. Es wird darin zur Gründung eines sche oder internationale Organisationen vermittelt, die im europäischen Dokumentationszentrums für die Opfer al- Nahen Osten tätig sind, wurde deshalb seit März 2011 die ler totalitären Regime aufgerufen. In einem Bericht an Behörde diesbezüglich um Rat gefragt. Dabei ist die Si- den EU-Rat und das EU-Parlament vom 22. Oktober tuation dort bekanntlich noch instabil und im Ausgang of- 2010 hatte die EU-Kommission das Vorhaben wie folgt fen, Teile der repressiven Machtapparate sind noch aktiv. dargestellt: Es solle eine bedeutende europäische Initia- In Ägypten beispielsweise sollte der Geheimpolizeichef tive entstehen, die alle Akteure der Mitgliedstaaten den Dialog mit den Oppositionsgruppen führen. Im Ab- – staatliche Institutionen und Nichtregierungseinrichtun- schnitt 7.2.2 wird darauf näher eingegangen. gen sowie die verschiedensten Organisationen, die sich mit Forschung, Dokumentation, Erinnerung und Bildung Angefragt waren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des zum Thema der totalitären Diktaturen beschäftigen – zu- BStU anlässlich mehrerer Tagungen im Ausland als auch sammenbringt, um Erfahrungen auszutauschen. Diese Or- innerhalb der Behörde als Gesprächspartner für die Besu- ganisationen sollen sich darüber verständigen, wie kol- cher aus dem Ausland. Die thematische Spannbreite lektive Erinnerung auf verschiedenen Wegen befördert reichte von grundlegenden praktischen Fragen der Aufar- werden kann, um das Bewusstsein für totalitäre Diktatu- beitung einer Diktatur über archivfachliche Aspekte bis ren zu schärfen. hin zu juristischen Problemstellungen zum Umgang mit sensiblen Daten. Am 14. Oktober 2011 haben 21 Einrichtungen, darunter der BStU, aus 13 EU-Mitgliedstaaten in Prag das Grün- Als Vermittlungspartner für viele Kontakte agierten die dungsdokument der Plattform unterzeichnet. Anwesend politischen Stiftungen, die Goethe-Institute, die Deutsche waren der tschechische Ministerpräsident Petr Nečas, der Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), das Aus- Ministerpräsident Polens, Donald Tusk, der zu dieser Zeit wärtige Amt, die Gesellschaft für Internationale Zusam- als EU-Ratspräsident fungierte, sowie der Ministerpräsi- menarbeit (GIZ), die Robert Bosch Stiftung, die Europäi- dent Ungarns, Viktor Orbán. sche Akademie, das Max-Planck-Institut und andere mehr. Weiterhin waren leitende Mitarbeiter der Behörde, Das Ziel der Plattform ist thematisch sehr breit gefasst und wie in den Jahren zuvor, für Veranstaltungen des Auswär- geht schon deshalb weit über das Aufgabengebiet des tigen Amtes und der Robert Bosch Stiftung sowie der BStU hinaus. Neben der Behörde sind auch andere deut- DGAP angefragt, die halbtägig in der Behörde stattfin- sche Einrichtungen in der Plattform vertreten, die jedoch den: Diplomats Programme und Diplomatenkolleg. Di- insgesamt der Breite der Diktaturaufarbeitung in Deutsch- plomaten aus aller Welt sind zu Gast in Deutschland und land noch nicht entsprechen. nehmen an Terminen teil, die in öffentlich-privater Part- nerschaft ermöglicht werden, indem die Kompetenzen 7.1 Die Arbeit des Netzwerks von privaten Stiftungen und Einrichtungen des öffentli- chen Dienstes gebündelt werden. Nachdem die Geschäftsführung des Netzwerks Ende 2010 vom polnischen Institut des Nationalen Gedenkens (IPN) Im Zehnten Tätigkeitsbericht wurde über zwei transnatio- an den rumänischen Nationalen Rat für das Studium der nale Initiativen berichtet. Bei der vom spanischen Centro Archive der Securitate (CNSAS) übergegangen war, berei- – 99 – teten die beteiligten Behörden Zuarbeiten für eine dann am Das Netzwerktreffen in Sofia bestand aus einer internen 14. Juli 2011 in Bukarest eröffnete Ausstellung vor. An Tagung am 22. November und einer öffentlichen Konfe- prominentem Ort, dem ehemaligen in der Zeit Ceauşescus renz am 23. November 2011. In der internen Tagung sogenannten Haus des Volkes und heutigem Parlaments- wurden die Weichen für Vorhaben für das Jahr 2012 (Aus- palast, wurde die Ausstellung „Communist Secret Police stellungskonzeptionen, Handreichungen für die Öffent- Agencies and the Cold War Propaganda Warfare“ gezeigt. lichkeitsarbeit) gestellt; ferner wurden die Kriterien für die Die Zeitspanne reichte aus den späten 40er-Jahren bis in Aufnahme von Organisationen mit Beobachterstatus defi- die 80er-Jahre und umfasste thematisch alle sieben Mit- niert. Große Beachtung fanden die Fortschritte, welche die gliedstaaten des Netzwerks. Besondere Aufmerksamkeit Kommission COMDOS seit ihrer Gründung gemacht hat. lag auf bildlichen Darstellungen, aber auch Textdoku- So wurde den Mitgliedern des Netzwerks eine sehr mo- mente aus den Geheimpolizeiarchiven der Länder sowie derne Archivstätte für die Geheimpolizeidokumente in Zeitungsausschnitte und Magazine spielten eine Rolle. Ein Bankya präsentiert. Die internationale Konferenz am gesonderter Abschnitt wurde dem Rundfunk als Mittel zur 23. November stand unter dem Titel: International Terro- schnellen und einfachen Verbreitung von Informationen rism in the Documents of the Communist Secret Services. im ehemaligen Ostblock gewidmet. Beispielsweise wurde Der Direktor der Behörde, Hans Altendorf, sprach zum anhand von Dokumenten der rumänischen Securitate ver- Thema „State Treatment of left-wing terrorist groups in deutlicht, dass der Geheimdienst einen starken Einfluss West and East (1970 – 1989)“. von Radio Free Europe auf die Bevölkerung befürchtete. Zu erfahren war außerdem, welche Gegenmaßnahmen Ein Vorhaben, das aus dem bilateralen Abkommen mit vorbereitet wurden. Der BStU hatte zu diesem Ausstel- der bulgarischen Kommission herrührt, wurde im Be- lungsteil Material aus dem Bestand der Hauptabteilung III richtszeitraum intensiv vorangetrieben. In den Archiven des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) beigesteuert, Sofias wird nach Dokumenten gesucht, die zur Zusam- die sich mit der Funkaufklärung und mit aktiven Maßnah- menarbeit der bulgarischen Geheimpolizei DS und des men der Funkfahndung und Funk- sowie Radiostörung be- MfS Auskunft geben. fasste. Wenig bekannt ist beispielsweise die Unterstüt- Am 21. Februar 2012 wurde im Zusammenhang mit einem zungsaktion des MfS für die polnische Geheimpolizei bei Netzwerktreffen in Sofia ein Forum veranstaltet, in dem der Bekämpfung der Untergrund-Radiosendungen der die bulgarische Kommission COMDOS u. a. im Beisein Solidarnośĉ in verschiedenen polnischen Großstädten seit des bulgarischen Innenministers ihren eigenen Tätigkeits- April 1982. Ein zweites Dossier befasste sich mit Störmaß- bericht über die zu Ende gehende Amtszeit der Kommis- nahmen gegen westliche Sender, hier gegen „Radio 100/ sion vorstellte. Die slowakische Behörde unter der Leitung Glasnost“ und „Roter Stachel“, die beide aus West-Berlin von Dr. Ivan A. Petransky übernahm anschließend die sendeten. Amtsgeschäfte im Netzwerk. Auf der turnusmäßigen Netzwerk-Klausurtagung im Juli Ein wichtiges Zukunfts-Projekt des Netzwerks, die inter- 2011 in Bukarest wurde neben dem Projekt einer gemein- nationale Wanderausstellung, wurde während der Klau- samen internationalen Wanderausstellung aller Behörden surtagung am 20. September 2012 in Bratislava von BStU auch die Frage potenzieller Beitritte zum Netzwerk disku- und IPN vorgestellt. Beide großen Behörden hatten im tiert. Nach dem Statut müssen mehrere objektive Fakto- Laufe des Jahres eine Arbeitsgruppe aus eigenen Experten ren gegeben sein, die derzeit kein Kandidat erfüllt. Am ins Leben gerufen, die sich im April und Juli 2012 in Ber- 15. Juli 2011 wurde die Geschäftsführung im Netzwerk lin traf. Gegenstand der Ausstellung werden die Entste- an Bulgarien übergeben. hung und Entwicklung der geheimpolizeilichen Apparate, ihre Tätigkeitsfelder und ihre Methoden sein. Die charak- Am 30. November und 1. Dezember 2011 war die neue teristischen Hauptlinien des Täterapparats der kommu- Amtsleitung des polnischen IPN zu einem Besuch bei der nistischen Regime werden kenntlich gemacht. In ihrem Behördenleitung in Berlin. Dr. Łukasz Kamiński und Ausblick wird die Wanderausstellung auf das Ende der Re- Dr. Andrzej Zawinslowski trafen darüber hinaus die Ver- gime eingehen und die verschiedenen Wege des Umgangs treter der Leitung der Abteilung Bildung und Forschung mit der kommunistischen Vergangenheit bzw. ihrer Aufar- des BStU, um über einen Arbeitsplan zur internationalen beitung nachzeichnen. Jedes Netzwerkmitglied wird sein Wanderausstellung der Netzwerkbehörden zu sprechen. eigenes Dienstleistungsangebot darstellen können. Ein weiterer Gegenstand der Gespräche war die Vorstel- lung von laufenden und künftigen Forschungsprojekten der Die Versammlung beschloss auch den Beitritt des slowe- Abteilungen und Möglichkeiten des Zusammenlegens von nischen SCNR (Studienzentrum für nationale Aussöh- Vorhaben. Es wurde auch deutlich, dass die Betrachtung nung) in der Form eines Beobachterstatus’ zum Netzwerk. der Wirkmechanismen von Denunziation in der For- Das Studienzentrum sammelt alle relevanten Aufzeich- schungslandschaft beider Länder eine zunehmende Rolle nungen, dokumentiert Zeugenaussagen und Erinnerungen spielt. Interesse wurde ferner an der Untersuchung von von Zeitzeugen aus dem 20. Jahrhundert, hat einen Bil- Kontakten der oppositionellen Gruppen der DDR, ČSSR dungs- und Informationsauftrag und soll sich international und der Volksrepublik Polen geäußert, die von den Ge- entsprechend vernetzen. Der Aufbau einer Fachbibliothek heimpolizeien aller drei Staaten verfolgt wurden. Im Rah- und eines Aktenbestandes gehören ebenso wie der Aufbau men des Programms wurde gemeinsam mit dem Bot- einer Auskunftsabteilung für Bürgerinnen und Bürger zu schafter Polens, Dr. Marek Prawda, die Gedenkstätte dessen Aufgaben. Für die Vollmitgliedschaft im Netzwerk Berlin-Hohenschönhausen besucht. fehlt beim SCNR hauptsächlich der Zugriff auf die Unter- – 100 – lagen der früheren Geheimdienste und deren Verwendung An die Klausurtagung am 20. September 2012 der Netz- für Zwecke der Aufarbeitung. Im Beobachterstatus kann werkinstitutionen in Bratislava wurden zwei Veranstal- das SCNR nun an den Klausurtagungen und Konferenzen tungen angekoppelt. Anlässlich des zehnjährigen Beste- des Netzwerks teilnehmen, ist jedoch nicht stimmberech- hens des slowakischen Instituts des Nationalen tigt. Damit sollen die Initiativen in Slowenien zur Grün- Gedenkens (UPN) wurde eine Ausstellung eröffnet, die dung einer Einrichtung zur rechtsstaatlichen Öffnung und diese Dekade der Arbeit des UPN visuell dokumentiert Nutzung von Geheimpolizeiakten (sofern vorhanden) un- und die Behörde gleichsam eingebettet in die Netzwerk- terstützt werden. Es wurde ferner überlegt, weitere interes- struktur darstellt, indem jede Partnerbehörde mit einer ei- sierte Institutionen zu assoziieren. genen Dokumentationstafel vertreten war. Diese Beiträge wurden in Kooperation von allen Partnereinrichtungen Die Klausurtagung behandelte auch ein Thema, das für die zusammengetragen. Am 21. September 2012 folgte die rumänische Partnereinrichtung CNSAS von besonderer wissenschaftliche Konferenz der Netzwerkbehörden „Co- Brisanz war. Die Medien – auch in Deutschland – berich- ming to Terms with Totalitarian Past – from the Level of teten im Sommer 2012, dass in Rumänien ein Regierungs- Criminal Law, Aspects to the Scientific Research“. Für vorhaben existieren würde, nach dem mehrere staatliche den BStU sprach dessen Direktor. Einrichtungen wie der Verfassungsgerichtshof, eine Son- derabteilung der Staatsanwaltschaft gegen Korruption und Die neue Archivleitung des tschechischen Partnerinstitu- auch die für die Securitate-Archive zuständige Behörde tes stattete der Archivleitung des BStU am 31. Mai 2012 CNSAS sofort aufzulösen wären. Mit der Bitte um Aufklä- einen Besuch ab. Fragen der Überlieferung, Konservie- rung wandte sich der BStU schriftlich an den CNSAS-Vor- rung, technische Sicherheitssysteme und die Digitalisie- sitzenden, Dr. Dragoş Petrescu. Die gemeinsame Sorge der rung standen im Mittelpunkt des Fachgesprächs. Netzwerker um den Fortbestand des CNSAS, ausgedrückt Vertreter der polnischen und tschechischen Partnerar- durch diese Nachfrage in Bukarest, veranlasste den Minis- chive waren auf Einladung des Fraunhofer Instituts für terpräsidenten Rumäniens, Victor Ponta, sich mit einer of- Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik (IPK) im fiziellen Erklärung an den BStU zu wenden. Darin wurde November 2012 zu einem Initialtreffen mit dem Bundes- dargelegt, dass die Regierung die Arbeit des CNSAS, wie beauftragten beim EU-Projekt „Moderne Informations- auch der anderen Einrichtungen, die sich für Transparenz technologien für die Aufarbeitung von Gewaltregimen in und gegen Korruption einsetzten, respektiere. Es würde Europa“ in Berlin. Vertreter des IPK erläuterten, wie die keine Maßnahme gegen eine dieser Einrichtungen ergrif- Lesbarmachung von zerstörten Dokumenten realisiert fen werden. Das Schreiben wurde von den Konferenzteil- werden kann. nehmern mit Erleichterung zur Kenntnis genommen; der CNSAS-Vorsitzende stufte diese Initiative als eine wich- 7.2 Ausgewählte internationale Kontakte tige Hilfe ein. 7.2.1 Europa Auch das ungarische Historische Archiv der Staatssicher- heitsdienste (ABTL) hatte eine Zeit der Ungewissheit, als Das Sofioter Büro der Konrad-Adenauer-Stiftung lud zum durch einen Gesetzentwurf (Dezember 2010) und öffentli- 28. März 2011 zu einer Tagung mit dem Titel „Demokratie che Diskussionen die Zukunft der Institution gefährdet braucht Wahrheit – vom Umgang mit den Akten des ehe- war. Nach einem Gesetzentwurf des Justizministeriums maligen bulgarischen Staatssicherheitsdienstes“ ein. Ein sollten die bisherigen Regelungen zum Umgang mit den leitender Mitarbeiter des BStU gab dort in einem längeren ungarischen Stasi-Akten (und anderen aus der Zeit der Beitrag Einblicke in die deutsche Praxis. Der Direktor der Volksrepublik) revidiert werden. Es wurde angestrebt, den Netzwerkpartnereinrichtung COMDOS berichtete in An- Bürgern auf Antrag ihre eigene Originalakte auszuhändi- wesenheit des bulgarischen Innenministers über den Stand gen. Dies sollte auch die inzwischen eventuell vorliegen- der Aktenzusammenführung in ein neues Archiv. Zu die- den Berichte des ABTL zur Aktenlage umfassen. Dieses ser Zeit überprüfte COMDOS eine große Anzahl von Mit- Verfahren hätte die schrittweise Auflösung des Archivs arbeitern des diplomatischen Dienstes Bulgariens auf eine bedeutet. Der Leiter des ABTL, Dr. György Gyarmati, frühere Zusammenarbeit mit der Geheimpolizei, was wies auf den mit der ersatzlosen Herausgabe von Original- – wegen der vielen festgestellten Verstrickungen – in den unterlagen entstehenden unersetzlichen Verlust für die internationalen Medien beachtlichen Niederschlag fand. Forschung hin. Im November 2011 wurde das Netzwerk Die Behörde nahm an der öffentlichen Anhörung im Euro- von den ungarischen Kollegen informiert, dass die Regie- päischen Parlament zum Thema „What do young Euro- rung von dem Gesetzentwurf Abstand genommen habe. peans know about Totalitarianism“ am 29. März 2011 teil. Die Anhörung wurde von den Mitgliedern des Parlaments So konnte das ungarische Archiv ABTL im Oktober 2012 Laszlo Tökes, Sandra Kalniete und Milan Zver organisiert. auf sein 15-jähriges Bestehen zurückblicken. Dieses Er- Die Erarbeitung von Lehrbüchern und Curricula für die eignis wurde mit einer internationalen Konferenz verbun- junge Generation war ein wichtiges Thema der Veranstal- den, auf der auch ein Vertreter des BStU einen Fachbei- tung. trag hielt. Eine weitere Einladung des ungarischen ABTL kam einen Monat später für die Konferenz „Germans un- Für den 21. Juni 2011 hatte die Robert Bosch Stiftung Ver- der Observation in Cold War“, bei der ein Mitarbeiter des treter zivilgesellschaftlicher Organisationen, Journalisten BStU zur Überwachung der Rumäniendeutschen durch und Historiker von Partnereinrichtungen aus dem Balkan die Stasi sprach. in der Behörde angemeldet, die an einer Studienreise zum – 101 –

Thema „deutsche Erinnerungskulturen“ teilnahmen. Erin- Resonanz der Arbeit und die Beurteilung totalitärer Re- nerungsorte aus beiden Diktaturen und Gespräche mit gime im Rahmen der Arbeit der EU-Gremien bis hin zur Zeitzeugen und Experten standen auf der Agenda. Plattform des Europäischen Gedenkens und Gewissens. Die Parlamentarier interessierten sich auch sehr für die Vertreter der im Jahre 2012 im Beobachterstatus in das Tätigkeit des Netzwerks und die Erfahrungswerte in den Netzwerk aufgenommenen slowenischen Aufarbeitungs- früheren Ostblockländern über die Durchdringung der je- einrichtung SCNR besuchten unter der Leitung ihrer Di- weiligen Geheimpolizeien durch den KGB, ein Thema, rektorin, Andreja Valič, die Behördenleitung und das Ar- chiv am 13. September 2011. Sie informierte über den das in Litauen von hoher Brisanz ist. gegenwärtigen Stand der wissenschaftlichen Aufarbei- Auf Einladung der Deutschen Botschaft in Wien trug der tungsbemühungen in Slowenien und insbesondere die Ar- Bundesbeauftragte in der Botschaft vor geladenen Gästen beit des Instituts, das formal unabhängig ist und über das zum Thema „Die Stasi-Unterlagen der DDR: Aktenein- Budget des Justizministeriums finanziert wird. sicht und Umgang mit der kommunistischen Vergangen- Das Nationalarchiv Norwegens entsandte Mitarbeiterin- heit“ am 22. März 2012 vor. Weitere Gesprächspartner nen und Mitarbeiter zu einem archivfachlichen Erfah- kamen aus Österreich und Polen. Die besondere Rolle der rungsaustausch mit den Archivbeschäftigten beim BStU Demokratiebewegung in Polen für das Aufbrechen des am 15. September 2011. Ostblocks wurde gewürdigt. Das Duitsland Institut Amsterdam hatte den Bundesbeauf- Am 25. April 2012 nahm der Bundesbeauftragte auf Ein- tragten zum 20. September 2011 zu einer Podiumsdiskus- ladung des Goethe-Instituts an einer Podiumsdiskussion sion im Rahmen eines vom Außenministerium der Nieder- in Paris zum Thema: Société allemande – société fran- lande unterstützten Programms „65 Jahre Freiheit in çaise: différences et ressemblances teil. Das sehr interes- Europa“ eingeladen. Der Bundesbeauftragte berichtete in sante Podiumsgespräch drehte sich um Themen wie: Wie einem Podiums- und Publikumsgespräch von seinen per- können wir Demokratie vor dem historischen Hinter- sönlichen Erinnerungen an den Kampf um die Freiheit, grund von Diktaturmechanismen gestalten? Können wir seinem Leben in der DDR und über den Weg zum Rechts- Gerechtigkeit mit dem Rechtsstaat bringen? Braucht es staat. eine Behörde und ein Gesetz oder ist der Weg von Wahr- Bereits in früheren Tätigkeitsberichten wurde von den Be- heitskommissionen eine Alternative? Zur Sprache kam strebungen in Albanien berichtet, sich mit der Aufarbei- auch die Kulturpolitik Frankreichs und der DDR in den tung der Diktatur nach dem 2. Weltkrieg zu befassen 80er-Jahren, die im Französischen Kulturzentrum in Ost- (siehe Neunter Tätigkeitsbericht, S. 87). Die Konrad- Berlin gewissermaßen einen Ausdruck fand. Adenauer-Stiftung lud am 10. November 2011 eine Hochrangiger Besuch aus Schweden wurde am 16. Mai Delegation albanischer Experten für Lustration und Ver- 2012 vom Bundesbeauftragten im Berliner Archiv emp- gangenheitsbewältigung nach Berlin zum BStU ein. Dis- fangen. Neben einer Führung durch das Archiv und das kutiert wurde über ein Vorhaben, in Albanien eine ver- pflichtende Lustration für herausgehobene Funktionen des Stasi-Museum wurde mit dem Botschafter des König- öffentlichen Dienstes einzuführen. reichs Schweden, Staffan Carlsson, die zu diesem Zeit- punkt aktuelle Frage erörtert, wie und in welchem Umfang Der Botschafter des Königreichs der Niederlande in schwedische Firmen in die erzwungene Häftlingsarbeit Deutschland, Marnix Krop, ließ sich am 29. November der DDR verstrickt waren. Allgemein wurde über die Ein- 2011 bei einem Besuch des Berliner Archivs die Aufga- wirkung der Stasi auf die Länder Skandinaviens gespro- ben der Behörde erklären. Er zeigte sich sehr beeindruckt chen. Bald nach diesem Termin empfing der Bundesbeauf- und berichtete, dass er die Arbeit der Behörde seit der tragte auch den Botschafter des Königreichs Norwegen, Übernahme seiner Amtsgeschäfte in Berlin im Jahr 2009 Sven Erik Svedman, sowie eine Delegation norwegischer mit Interesse verfolge. Staatssekretäre aus allen Ministerien und dem Büro des Das bulgarische Außenministerium lud den BStU zu ei- Ministerpräsidenten im Archiv. nem internationalen Workshop im Dezember 2011 mit In Zusammenarbeit mit der Süddänischen Universität dem Titel „Transitional Justice“ ein. Ein Vertreter der Be- Odense waren 50 Geschichts- und Politik-Lehrer aus dä- hörde trug zum Abschnitt „Dealing with the Past“ aus nischen Internatsschulen im September 2012 zu einer Wei- deutscher Perspektive vor. Der Workshop richtete sich ins- terbildungs- und Informationsveranstaltung mit Schwer- besondere an Teilnehmer aus den Ländern des „Arabi- punkt „Einfluss der Stasi auf den DDR-Leistungssport“ zu schen Frühlings“ und diente dazu, die Erfahrungen der Gast. In Zusammenarbeit mit Dr. Jutta Braun von der Uni- Länder Zentral- und Osteuropas im Hinblick auf Gelunge- versität Potsdam, die als Referentin für dieses Spe- nes und Misslungenes bei der Diktaturaufarbeitung wei- zialthema zur Verfügung stand, gab es eine angeregte Dis- terzugeben. Es wurde für einen offenen Umgang mit dem kussion über staatlich sanktionierten Missbrauch von jeweiligen Erbe der Regime geworben. Medikamenten zur Leistungssteigerung und die Bedeu- Eine Parlamentariergruppe aus Litauen unter der Leitung tung des Leistungssports für die Anerkennung der DDR. des Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses besuchte Die Überwachung dieses Bereichs durch die Stasi und die zusammen mit dem Botschafter Litauens die Behörde. Fluchten von Sportlern in den Westen waren von heraus- Der Direktor beim BStU sprach über die gesellschaftliche gehobenem Interesse für die Gäste aus Dänemark. – 102 –

Eine besondere Dimension hatte ein Treffen des Bundes- erneut Nachwuchspolitiker und Aktivisten aus Ägypten beauftragten mit Menschenrechtsaktivisten und Mitglie- in der Behörde, unter ihnen Mitglieder der Kommission dern von Nichtregierungsorganisationen aus Weißruss- für Rehabilitierung. Die Gäste mutmaßten, dass die ge- land angesichts der dort anhaltenden starken Repression heimpolizeilichen Dimensionen in Ägypten denen in der gegen die Opposition. Mit großem Interesse verfolgten DDR nicht nachgestanden hätten und man beim Sturm die Gäste Ausführungen über die Zugänglichkeit zu In- auf die Gebäude nicht in die eigentlichen Geheimarchive formationen und die Möglichkeit für ehemalige politische vorgedrungen sei. Häftlinge, Opferrenten zu beziehen. Über die Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutsch- land bei der UNESCO in Paris erhielt der BStU eine Ein- 7.2.2 Nahost („Arabischer Frühling“) ladung für eine Rundtisch-Diskussion am 21. Juni 2011 Nichtregierungsorganisationen (NGOs) nahmen bald über den demokratischen Umbruch in der arabischen Welt. nach den Unruhen in Nahost Kontakt zur Behörde auf. Gefragt waren Informationen über den Umgang mit wich- Insbesondere aus Ägypten kamen Anfragen. Über die tigen Akten des SED-Regimes und den Nutzen der Aufar- Nichtregierungsorganisationen wurde ägyptischen Men- beitung für eine Zivilgesellschaft. Demokratie und Erneu- schenrechtsinitiativen als erste Handreichung englisch- erung in der arabischen Welt wurden unter Experten aus sprachiges Informationsmaterial übermittelt. Kuwait, Jordanien, Jemen, Ägypten, Tunesien, Marokko, Südafrika und Frankreich diskutiert. Auch das Auswärtige Amt nahm über einen Arbeitsstab „Transformationspartnerschaft“ Kontakt zum BStU auf. Großes Interesse an einer Veranstaltung in der Behörde Die Erfahrungen, die Deutschland und diese Behörde seit äußerte auch die Deutsche Gesellschaft für Internationale 1989 gemacht haben, sollten der ägyptischen Öffentlich- Zusammenarbeit mit einem Projekt für Journalisten aus keit und auch staatlichen Einrichtungen weitergegeben Asien und Nordafrika. Im Rahmen von „Freedom and werden. Schließlich kristallisierte sich heraus, dass ein er- Responsibility in the Media“ lud die Behörde zu einem fahrener Mitarbeiter des BStU vor Ort Multiplikatoren Hintergrundgespräch zum Seminar „Dealing with the und Aktivisten treffen sollte, um über die Nutzbarma- past“. Dabei wurde über das Für und Wider der Offenle- chung der Archive und die Erfahrungen aus der Zeit der gung von Stasi-Akten und über die Medienberichterstat- Friedlichen Revolution und des Umbruchs in Deutsch- tung diskutiert. land zu berichten. Die Konrad-Adenauer-Stiftung über- Hingegen ging es einer Gruppe ägyptischer Politiker aus nahm die Organisation in Kairo. Während der Gespräche dem jüngeren Parteienspektrum am 9. August 2011 eher vom 25. bis 28. März 2011 stand auch die Frage der Re- um die Frage der Vergangenheit von Eliten beim Umbau formierbarkeit der Sicherheitsbehörden immer wieder im der staatlichen Strukturen, die strafrechtliche Verfolgung Vordergrund. In den gestürmten Polizeizentralen fand und künftige politische Entscheidungen beim Umgang man große Mengen von geschreddertem Material, Verun- mit sensiblen Aktenbeständen. ordnungen und Verhörzellen. Ein öffentlicher Vortrag des Mitarbeiters des BStU wurde überwiegend von jungen Eine hochrangige Delegation aus dem Irak wurde der Be- Menschen besucht. Auch das Goethe-Institut Kairo führte hörde über das Auswärtige Amt vermittelt. Am 26. Sep- eine öffentliche Veranstaltung durch, in der über die tember 2011 traf sich die Behördenleitung mit dem Ersten Erfahrungen in den osteuropäischen Ländern mit der Stellvertretenden Präsidenten des Parlaments der Repu- Überlieferung von Dokumenten gesprochen wurde; der blik Irak sowie Fraktions- und Ausschussvorsitzenden. Deutsche Botschafter nahm an dem Gespräch teil. Der Das Gespräch wurde sehr offen geführt und schnitt ver- BStU-Vertreter hatte darüber hinaus Unterredungen mit schiedene Punkte innenpolitischer Brisanz für den Irak Reformpolitikern, jungen Aktivisten sowie dem Vizeprä- an. So wird vermutet, dass irakische Geheimdienstler bei sidenten des Verfassungsgerichts und dem Informations- der Stasi ausgebildet wurden oder zumindest gute Kon- direktor des Innenministeriums. Über den Besuch in takte bestanden. Großen Respekt zollten die Gäste dem Ägypten wurde auch in den deutschen Medien ausführ- Erreichten bei der Aufarbeitung in Deutschland. lich berichtet. Zu einer Kooperationstagung der Schweizer Institution Der Direktor empfing eine Gruppe von Aktivisten (Blog- Geneva Centre for the Democratic Control of Armed ger, Journalisten, Politikwissenschaftler, Mitglieder von Forces und Le Labó Démocratique (Tunis) war die Presse- Oppositionsparteien) aus Ägypten, Tunesien und dem Je- sprecherin des BStU am 12. und 13. November 2011 in men am 10. Mai 2011 im Berliner Bildungszentrum der Tunesien. Die Tagung hatte den Titel: The Archives of the Behörde. Die Gäste wurden von der Friedrich-Ebert-Stif- Secret Police: A Challenge for the Democratic Transition? tung betreut. Im Fokus standen Fragen des Machtkampfes In einem Redebeitrag vor ca. 200 Repräsentanten der tu- nach der Beseitigung von Diktaturen und wie mit den al- nesischen Zivilgesellschaft, Akademikern, Beamten aus ten Eliten umzugehen wäre, was hinsichtlich ausgedehn- verschiedenen Ministerien und Parteiaktivisten sprach sie ter Sicherheitsapparate zu großer Besorgnis führte. Au- zur Rolle der Geheimpolizeiarchive im demokratischen ßerdem wurde über die Kosten von Aufarbeitung Transformationsprozess einer Gesellschaft. An die Dis- diskutiert. Am Beispiel von Institutionen in Mittel-Süd- kussionen schlossen sich Workshops an, deren Teilnehmer osteuropa konnte dargestellt werden, dass Aufarbeitung Empfehlungen für die verfassunggebende Versammlung auch mit kleineren Einrichtungen möglich ist, wenn die erarbeiteten. Die Teilnahme der Behörde wurde mit der Aktenhoheit hergestellt ist. Bereits drei Tage später waren Deutschen Botschaft in Tunis koordiniert. – 103 –

Über die Friedrich-Ebert-Stiftung kontaktierten im Exil wurde mit großem Interesse diskutiert. Im Spiegel der dy- lebende iranische Journalisten und oppositionelle Akti- namischen Ereignisse in Tunesien hatte das Auswärtige visten, Frauenrechtskämpferinnen und Geistliche die Be- Amt zusätzlich zu einer Diplomatenfortbildung für tunesi- hörde. Am 23. November 2011 wurde über den Umgang sche Botschaftsangehörige geladen, bei der Mitarbeiter mit Geschichte, Diktatur und über die Arbeit des BStU aus verschiedenen Abteilungen der Behörde über Trans- gesprochen. formationsprozesse und Erkenntnisse aus dem deutschen Aufarbeitungsprozess sprachen. Ein leitender Mitarbeiter der Behörde war am 13. und 14. Dezember 2011 in Tunis, um auf einer von der Deut- Anfang August und im September waren Gruppen von schen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit in- Studenten und Journalisten aus Nordafrika/Nahost in der itiierten Konferenz „Transitional Justice: From a Civil Behörde, die über die GIZ bzw. über die DGAP betreut Initiative to a Political Commitment“ über die deutschen wurden. Im Rahmen von deren Sommerschulprogramm Erfahrungen zu berichten. standen die Umbrüche in der arabischen Welt im Vorder- grund. Darüber hinaus entsandte der Deutsche Bundestag Am 29. Februar 2012 weilte eine tunesische Besucher- Stipendiaten aus arabischen Staaten zum BStU. gruppe zu einem Gespräch mit Archivführung beim BStU. Darunter waren die Vorsitzende von Labó Démo- Die Ereignisse und der aktuelle innenpolitische Zustand in cratique, die den BStU bereits zu der November-Tagung Ägypten und Tunesien wurden im Rahmen einer vom 2011 nach Tunis eingeladen hatte, die stellvertretende Deutschlandfunk live übertragenen Podiumsveranstaltung Vorsitzende vom Centre de Tunis pour la justice transitio- Mitte Dezember 2012 diskutiert, bei der der Bundesbeauf- nelle, Juristen, Menschenrechtsaktivisten, Journalisten tragte mit dem Bundestagsabgeordneten und Blogger. Es wurden viele Vergleiche zwischen der und der ehemaligen Justizministerin Prof. Dr. Herta gefürchteten Geheimpolizei Tunesiens und der Stasi an- Däubler-Gmelin im Gespräch mit Botschaftern und Minis- gestellt. tern aus beiden Ländern war. Die Veranstaltung mit dem Thema: „Diktatur bewältigen – Wie gehen Ägypten und Innerhalb des Programms „Demokratie und die Rolle der Tunesien mit der Vergangenheit um?“ wurde von der Frau im Maghreb“ (über das Auswärtige Amt) war die Deutsch-Arabischen Gesellschaft in Berlin ausgerichtet Behörde in einen Programmpunkt eingebunden, bei dem und vom Auswärtigen Amt unterstützt. Aktivistinnen aus Marokko, Tunesien, Algerien und Mauretanien am 18. April 2012 zu Gast waren. Neben den klassischen Themen des BStU wurde über die Rolle 7.2.3 Weitere Länder der Frau in den „bewaffneten Organen“ sowie während Von wachsender Bedeutung ist der internationale Erfah- der Revolution wie auch über Frauenrechte in der moder- rungsaustausch im Bereich Transitional Justice, der unter nen Gesellschaft gesprochen. anderem in Programmen der GIZ thematisiert wird. Da- Die Stiftung Wissenschaft und Politik organisierte für bei werden gesellschaftliche Grundfragen der Aufarbei- eine größere Delegation aus Syrien ein Gespräch mit ei- tung auch unter juristischen Blickwinkeln diskutiert. Ein nem leitenden Mitarbeiter des Hauses zur Relevanz der leitender Mitarbeiter des Hauses war von der GIZ einge- Beweissicherung, zur Frage der Ahndung von Verbrechen laden, am internationalen Human Rights NGO-Forum in und zur Bedeutung des Opferschutzes im Zusammenhang Simbabwe teilzunehmen, welches im Oktober 2012 eine mit der Nutzung von Akten. Konferenz zum Kernthema Transitional Justice abhielt. Das Forum selbst besteht aus 19 nationalen NGOs aus Der Bundesbeauftragte empfing am 16. Mai 2012 eine Simbabwe. Zu der Konferenz waren neben dem Vertreter Gruppe aus Tunesien, die auf Einladung des Goethe-Insti- aus Deutschland mehrere Delegationen von Menschen- tuts Deutschland besuchte. Es handelte sich u. a. um Di- rechtsorganisationen aus Kenia, Liberia, den Philippinen, rektoren und Mitarbeiter tunesischer Kulturinstitute, die Ruanda, Uganda und Südafrika geladen. Über die Verlet- an der deutschen Aufarbeitungsstrategie im Allgemeinen zungen von Menschenrechten, Folter, Mord, Vertreibung und der Gedenkkultur im Besonderen interessiert waren. und Diktatur wurde intensiv und ergebnisorientiert disku- Zum gleichen Themenkomplex waren am 5. Juni 2012 tiert, wobei von den Sprechern der Delegationen neueste zwei Historiker und der Präsident einer auf dieses Gebiet Forschungsberichte und Dokumentationen zu diesen The- spezialisierten Stiftung aus Tunesien in der Behörde. men gezeigt wurden. Schon wenige Wochen später kam, vermittelt durch das GIZ-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter trafen sich zu ei- Max-Planck-Institut, eine Delegation von Mitgliedern der ner Veranstaltung in Potsdam mit Beschäftigten staatli- Tunesischen verfassunggebenden Versammlung zu einem cher Aufarbeitungseinrichtungen aus Deutschland, um Gespräch mit dem Bundesbeauftragten. Die Gruppe wurde das Thema Transitional Justice zu diskutieren. Ein leiten- durch den Vizepräsidenten dieses Gremiums geleitet. Ne- der Vertreter des BStU war bei dieser Tagung mit einem ben dem Bundesbeauftragten waren mehrere leitende Mit- Beitrag im „Network International Cooperation in Con- arbeiter der Behörde gebeten, zu ihren Tätigkeitsfeldern flicts and Disasters“ vertreten. Rede und Antwort zu stehen. Entsprechend der Aufgabe der verfassunggebenden Versammlung wurde auch über Chile verschiedene Modelle der Aufarbeitung und Lustration gesprochen. Die rechtlich unabhängige Stellung des Bun- Prof. Dr. Cath Collins von der University Diego Portales desbeauftragten für die Stasi-Unterlagen in Deutschland besuchte die Behörde im Januar 2011. In Sachen Men- – 104 – schenrechte unterwegs, ging es um die Aufarbeitungslage deren Mitwirkung in den sogenannten bewaffneten Orga- der Militärdiktatur in Chile. Viele Akten seien vernichtet nen der DDR. oder verschleppt worden, berichtete sie. Es werde über- legt, wie dieser Teil der jüngeren Geschichte den nächs- Forscher und Beamte des koreanischen Northeast-Asia- Policy Institutes wandten sich an Experten des BStU mit ten Generationen vermittelt werden könne. Es sei auch sehr konkreten und detaillierten Fragen, so zum Struktur- daran gedacht, frühere Folterzentren als Gedenkorte zu modell der Behörde, zur ablauforganisatorischen Umset- nutzen. Hoffnungsvoll stimme ein sich aufbauendes zung des gesetzlichen Auftrags und zur Zusammenarbeit Netzwerk in Lateinamerika, das sich gemeinsam mit die- mit anderen Behörden des Landes. Darüber hinaus inte- sen Epochen befasse. ressierte, welche Strafverfahren mithilfe der MfS-Akten Die Archivleiterin und eine Mitarbeiterin der Forschungs- aufgeklärt werden konnten. abteilung des Museo de la Memoria weilten am 24. und 25. Oktober 2011 auf Vermittlung der Heinrich-Böll-Stif- Japan tung zu mehreren Einzelgesprächen mit Vertretern aus Vom Institut für Sozialwissenschaft der Chukyo-Univer- den Abteilungen beim BStU. Das Museo wurde im Ja- stät trafen zwei Professoren für Politikgeschichte und nuar 2010 eingeweiht und arbeitet in den Bereichen Do- Verfassungsrecht sowie eine Dozentin für Archivwesen kumentation, Erziehung, Forschung, Ausstellungen und mit der Leitungsebene des Archivs des BStU zusammen. Öffentlichkeitsarbeit mit dem Ziel, die Zeit der Militär- Schwerpunkte des Gesprächs waren der Schutz der Perso- diktatur und der vom Staat begangenen Menschenrechts- naldaten und die Organisation von Personal und Archiv- verletzungen aufzuarbeiten. Anliegen der Gäste war es technik, angewandte Standards, Restaurierung und die insbesondere, praktische Erfahrungen in der Archivarbeit virtuelle Rekonstruktion zerrissener Unterlagen. auszutauschen. Die Direktorin der Gedenkstätte Parque por la Paz Villa Grimaldi in Santiago de Chile nahm an Kanada einer Konferenz in Berlin teil und nutzte die Gelegenheit, am 21. November ein Fachgespräch mit Archivexperten Ein persönliches Gespräch führte der Bundesbeauftragte der BStU zu führen. im Berliner Archiv mit dem kanadischen Minister für Öf- fentliche Sicherheit, Vic Toews, am 24. Juni 2011. Der Korea Minister hatte großes Interesse zu erfahren, wie der Um- gang mit den Stasi-Informationen in Deutschland recht- Aus der Republik Korea (umgangssprachlich Südkorea) lich gehandhabt wird und welche datenschutzrechtlichen waren mehrere Delegationen zu Gast. Über die Friedrich- Aspekte abgewogen werden müssen. Ebert-Stiftung waren im April 2011 Mitarbeiter aus dem dortigen Wiedervereinigungsministerium beim BStU. Mit Südafrika dieser Einrichtung gab es bereits in früheren Jahren einen Erfahrungsaustausch, da man die staatliche Teilung in Im Juni und Juli 2011 waren zwei Gruppen aus Südafrika Korea mit der deutschen vergleicht und Lehren Deutsch- bei BStU-Experten zu Besuch. Die Humboldt-Universität lands in nationale Prozesse einfließen lassen möchte. Das zu Berlin entsandte Jurastudenten im Rahmen ihres Sum- Thema der Geheimpolizei und der „bewaffneten Organe“ mer School Programms zu einer vertiefenden Gesprächs- runde mit einem Juristen des Hauses über die Anwendung spielt dabei eine herausgehobene Rolle. des StUG. Eine kleine Delegation aus dem Nationalarchiv Der Bundesbeauftragte empfing am 24. Juni 2011 eine Südafrikas war zu einem Gedankenaustausch bei der Ar- große Gruppe der koreanischen Wonkwang Universität in chivleitung zu Gast. Iksan und der Seoul Theological University (Professoren, Theologen, Studenten). Eine persönliche Schilderung der China, Taiwan Ereignisse vor und während der Friedlichen Revolution aus der Sicht eines Aktivisten und nun Vertreters einer Der Heinrich-Böll-Stiftung war es möglich, im Novem- ber 2011 eine Gruppe chinesischer Menschenrechtler staatlichen Aufarbeitungsbehörde zu erhalten, war Ziel nach Berlin einzuladen. Sie arbeiten in juristischen, aka- des Zusammentreffens. Dabei war den Gästen wichtig zu demischen und journalistischen Berufen, wobei sie sich hören, welche Bilanz man in Deutschland nach zwei De- mit der Menschenrechtsthematik befassen. Mit dem Bun- kaden zieht, was für Korea übertragbar wäre und welchen desbeauftragten gab es eine intensive Unterhaltung zur Einfluss DDR-Biografien im gemeinsamen Deutschland individuellen Verantwortung in der Diktatur und zum hatten und haben. Aber auch Fragen der Kirchen und Re- Themenkreis „Alltag in repressiven Systemen“ sowie ligionsausübung in der DDR waren von großem Inte- „Täter/Opfer-Gespräche“. resse. Eine Delegation der Taiwan Association for Truth and Eine außergewöhnliche Delegation des Center for Korean Reconciliation und der Nylon Cheng Liberty Foundation Woman & Politics setzte sich aus Frauen Südkoreas und war am 6. Dezembe 2012 zu einer Informationsveranstal- geflüchteten Nordkoreanerinnen zusammen, die auf Ein- tung im Archiv und Bildungszentrum, wobei hauptsäch- ladung der Hanns-Seidel-Stiftung unterwegs waren. Das lich ausstellungstechnische und pädagogische Annähe- Gespräch Anfang November 2011 fokussierte auf die rungen an das Thema Aufarbeitung von Terror in der politische Rolle der Frauen in der DDR und insbesondere eigenen Geschichte im Mittelpunkt standen. – 105 –

Anhang Seite Anhang 1 Organisationsplan ...... 106 Anhang 2 Anschriftenverzeichnis ...... 107 Anhang 3 Mitglieder des Beirats ...... 109 Anhang 4 Abteilung Archiv: „Zukunft in Einheit“. Für die unzertrennte Erhaltung, Pflege und Nutzung des MfS-Archivguts ...... 110 Anhang 5 Eingang und Erledigung von Anträgen und Ersuchen ...... 112 Anhang 6 Anträge zu vermissten oder verstorbenen nahen Angehörigen nach § 15 StUG ...... 114 Anhang 7 Anträge gemäß §§ 32 und 34 StUG – Antragseingänge, Themenkomplexe ...... 115 Anhang 8 Mitglieder des Wissenschaftlichen Beratungsgremiums . . . . . 118 Anhang 9 Veranstaltungen des wissenschaftlichen Kolloquiums der Abteilung Bildung und Forschung im Berichtszeitraum . . . . . 119 Anhang 10 Publikationsreihen ...... 120 Anhang 11 Materialien des BStU für die historisch-politische Bildungsarbeit ...... 127 Anhang 12 Wanderausstellung „Feind ist, wer anders denkt“ ...... 129 Anhang 13 Regionale Ausstellungen der Außenstellen ...... 130 Anhang 14 Das Bildungszentrum Berlin, die Informations- und Dokumentationszentren des BStU sowie Gedenkstätten . . . . . 133 Anhang 15 Sonderausstellungen im Bildungszentrum Berlin ...... 135 Anhang 16 Abkürzungsverzeichnis ...... 137 – 106 –

Anhang 1 Suhl Monika Aschenbach Bildungszentren Wissenschaftliche Forschungsprojekte Gesamtschwer- Dokumentations- und Fachbereich BF 3 Abteilung BF Bibliothek, Publikationen, Ausstellungen, historisch- Servicebereich BF 2 dendenvertretungen Personalvertretungen behindertenvertretung Jugend- und Auszubil- Staatssicherheitsdienstes Forschungsbereich BF 1 der Öffentlichkeit, Informations-, Verwaltungsangelegenheiten BF Dr. Helge Heidemeyer politische Bildung und Information Aufarbeitung der Tätigkeit des Wissenschaftliche Forschung und historisch-politische Bildungsarbeit zur Schwerin Corinna Kalkreuth Rostock Dr. Volker Höffer und Film und Film überprüfungen Referat AU 4 Referat AU 5 Referat AU 6 Neubrandenburg angelegenheiten sowie zu Holm-Henning Freier Anträge Einzelner auf Akten- einsicht, Ersuchen zu Renten- und der politischen Bildung sowie und der politischen Bildung sowie Sicherheits- und Zuverlässigkeits- von Presse, Rundfunk, Fernsehen von Presse, Rundfunk, Fernsehen Anträge für Zwecke der Forschung Anträge für Zwecke der Forschung Innenrevision Projektleitungsbüro Beratungsgremium Wissenschaftliches Datenschutzbeauftragte IT-Sicherheitsbeauftragte

Jörg Stoye Magdeburg Abteilung AU Joachim Förster Verwendung von Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes zu Ersuchen Referat AU 1 Referat AU 2 Referat AU 3 Referat AU G Leipzig Regina Schild tungen und Sport sowie zu einsicht, Ersuchen aus den Grundsatzangelegenheiten, Anträge Einzelner auf Akten- Anträge Einzelner auf Akten- Anträge Einzelner auf Akten- Dienst, Aufarbeitungseinrich- Bereichen Politik, öffentlicher gutmachung, Strafverfolgung, tendiensten, Einwohnerregister Ersuchen zu Rentenangelegen- und Verfahrensangelegenheiten Fachaufsicht und Controlling AU einsicht, Verwendung von Unter- Ordensangelegenheiten, Rechts- lagen für Rehabilitierung, Wieder- heiten, Sicherheits- und Zuverläs- einsicht, Bekanntgabe von Namen fragen und Ersuchen von Nachrich- sigkeitsüberprüfungen, Vermögens- Direktor Roland Jahn Hans Altendorf Außenstellen Halle Der Bundesbeauftragte Uta Leichsenring (i.V.) Gera Petra Schell

Karteien Beirat Referat AR 1 Referat AR 2 Referat AR 3 Referat AR 4 Referat AR 5 Referat AR 6 Referat AR 7 Fachaufsicht AR Kartensammlung Justitiariat Pressestelle Archivbestände Leitungsbüro Schriftguterschließung Schriftguterschließung, Schriftguterschließung, Birgit Salamon Kommunikation Abteilung AR Findhilfsmittel, PG mReko Erschließung und technische Magazine, Bestandserhaltung Grundsatzangelegenheiten und Bearbeitung audiovisueller Medien Rüdiger Sielaff Frankfurt (Oder) Erfurt Wolfgang Brunner (i.V.)

Dresden Konrad Felber Organisation beauftragte aufgaben und Fortbildung Referat ZV 1 Referat ZV 4 Referat ZV 5 Referat ZV 6 Referat ZV 3 Informations- und Dienst, Sicherheit Gleichstellungs- Haushalt, Beschaffung Abteilung ZV Telekommunikationstechnik Michael Zabel Facility Management, Innerer Zentral- und Verwaltungs- Personalangelegenheiten, Aus- Chemnitz Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik Organisationsplan Dezember 2012 Dr. Clemens Heitmann – 107 –

Anhang 2

Anschriftenverzeichnis

Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik

Anschriften/Telefon- und Faxnummern der Zentralstelle des BStU

Postanschrift: 10106 Berlin

Hausanschrift/Akteneinsichtsbereich/Lesesäle/Antragstellung:

Karl-Liebknecht-Str. 31/33 Telefon 030 2324-50 10178 Berlin Telefax 030 2324-7799 Telefon IVBB-Netz 030 18 665-0 Telefax IVBB-Netz 030 18 665-7799

Bürgerberatung:

Telefon 030 2324-7000 Telefon IVBB-Netz 030 18 665-7000

Persönliche Beratung mit vorheriger telefonischer Terminvereinbarung

E-Mail: [email protected] Internet-Adresse: http://www.bstu.de

Anschriften/Telefon- und Faxnummern der Außenstelle in Brandenburg

Frankfurt (Oder)

Fürstenwalder Poststraße 87 Telefon 0335 6068-0 15234 Frankfurt Telefax 0335 6068-2419 E-Mail [email protected]

Anschriften/Telefon- und Faxnummern der Außenstellen in Mecklenburg-Vorpommern Neubrandenburg

Neustrelitzer Straße 120 Telefon 0395 7774-0 17033 Neubrandenburg Telefax 0395 7774-1619 E-Mail [email protected]

Rostock

Hohen Tannen 11 Telefon 038208 826-0 18196 Waldeck-Dummerstorf Telefax 038208 826-1219 E-Mail [email protected]

Schwerin

19065 Görslow Telefon 03860 503-0 Telefax 03860 503-1419 E-Mail [email protected] – 108 – noch Anhang 2

Anschriften/Telefon- und Faxnummern der Außenstellen in Sachsen Chemnitz

Jagdschänkenstraße 52 Telefon 0371 8082-0 09117 Chemnitz Telefax 0371 8082-3719 E-Mail [email protected]

Leipzig

Dittrichring 24 Telefon 0341 2247-0 04109 Leipzig Telefax 0341 2247-3219 E-Mail [email protected]

Dresden

Riesaer Straße 7 Telefon 0351 2508-0 01129 Dresden Telefax 0351 2508-3419 E-Mail [email protected]

Anschriften/Telefon- und Faxnummern der Außenstellen in Sachsen-Anhalt Halle

Blücherstraße 2 Telefon 0345 6141-0 06122 Halle (Saale) Telefax 0345 6141-2719 E-Mail [email protected]

Magdeburg

Georg-Kaiser-Straße 4 Telefon 0391 6271-0 39116 Magdeburg Telefax 0391 6271-2219 E-Mail [email protected]

Anschriften/Telefon- und Faxnummern der Außenstellen in Thüringen Erfurt

Petersberg Haus 19 Telefon 0361 5519-0 99084 Erfurt Telefax 0361 5519-4719 E-Mail [email protected]

Gera

Hermann-Drechsler-Straße 1 Telefon 0365 5518-0 07548 Gera Telefax 0365 5518-4219 E-Mail [email protected]

Suhl

Weidbergstraße 34 Telefon 03681 456-0 98527 Suhl Telefax 03681 456-4519 E-Mail [email protected] – 109 –

Anhang 3

Mitglieder des Beirats Stand: Dezember 2012

Vom Deutschen Bundestag gewählte Mitglieder des Beirats: 1. Prof. Dr. Richard Schröder Vorsitzender 2. Ulrike Poppe erste stellvertretende Vorsitzende 3. Patrick Kurth, MdB 4. 5. Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Horst Möller 6. Beatrix Philipp, MdB 7. Prof. Dr. Manfred Wilke 8. Jörn Wunderlich, MdB

Von den Ländern benannte Mitglieder des Beirats: 9. Rainer Eppelmann Brandenburg zweiter stellvertretender Vorsitzender 10. Ludwig Große Thüringen 11. Dr. André Gursky Sachsen-Anhalt 12. Martin Gutzeit Berlin 13. Prof. Dr. Ulrike Höroldt Sachsen-Anhalt 14. Prof. Dr. Georg Machnik Thüringen 15. Jörn Mothes Mecklenburg-Vorpommern 16. Frank Richter Sachsen 17. Jürgen Schwarz Sachsen

Im Berichtszeitraum ergaben sich im Beirat folgende personelle Entwicklungen: Wolf-Dieter Beyer und Hansjörg Weigel, die den Freistaat Sachsen im Beirat vertreten hatten, schieden 2012 aus dem Gremium aus. Als Nachfolger wurden Frank Richter und Jürgen Schwarz vom Freistaat Sachsen für den Beirat be- nannt. Die Bestellung erfolgte im Juni 2012. Vom Deutschen Bundestag neu in den Beirat gewählt wurde im Oktober 2012 Patrick Kurth als Nachfolger von Christoph Waitz, dessen Amtszeit endete. Herr Kurth wurde im Dezember 2012 bestellt. Im Jahr 2011 wurden als Mitglieder des Beirats für weitere fünf Jahre Jörn Wunderlich, wiedergewählt vom Deutschen Bundestag, und Prof. Dr. Georg Machnik, wiederbenannt vom Landtag des Freistaates Thüringen, bestellt. Im Jahr 2012 wurde als Mitglied des Beirats für weitere fünf Jahre Prof. Dr. Ulrike Höroldt, wiederbenannt vom Landtag Sach- sen-Anhalt, bestellt. – 110 –

Anhang 4 die nur dem Namen nach den üblichen mittleren und unteren staatlichen Verwaltungseinheiten entspra- Abteilung Archiv: chen oder ähnelten. Es handelte sich dabei tatsächlich „Zukunft in Einheit.“ Für die unzertrennte um eine – auch im Staatsaufbau der DDR einmalige – Erhaltung, Pflege und Nutzung des MfS-Archivguts Parallelstruktur außerhalb aller üblichen mittleren und unteren DDR-Verwaltungseinheiten. 1. Die Entscheidung zur Zukunft der Verwaltung des MfS-Archivbestandes obliegt dem Gesetzgeber. 6. Dass die Aktenhinterlassenschaften nachgeordneter Dazu gibt es bisher keine Vorentscheidungen, auch Bereiche und Behörden aus anderen DDR-Ressorts nicht dahingehend, dass bestimmte Szenarien bereits unter dem Gesichtspunkt regional oder lokal abge- als „gesetzt“ gelten, die die Überführung und Zer- grenzter Zuständigkeiten in die Archivlandschaft der trennung des Bestandes auf das Bundesarchiv, die neuen Länder eingeflossen sind, entsprach der Be- SAPMO und sechs weitere Landesarchivverwaltun- reitschaft des Bundes, die föderale Kompetenzvertei- gen vorsehen. lung auch auf dem Gebiet der archivischen Verwah- rung von staatlichen DDR-Unterlagen grundsätzlich 2. Es entspricht dem Respekt vor dem Gesetzgeber, anzuerkennen. Freilich darf dieser Grundsatz – abge- sachkundige Vorschläge zur weiterhin fachgerechten, sehen davon, dass der Gesetzgeber abweichend hier- nachhaltigen und bürgerfreundlichen Verwaltung der von für die MfS-Überlieferung im Stasi-Unterlagen- MfS-Überlieferung zu unterbreiten. Ziel sollte sein, Gesetz eine einheitliche Bundesverwaltung vorge- den historisch gewachsenen Bestand vor Zersplitte- schrieben hat – nicht bereits mit konkreten Lösungen rung oder Dezimierung zu schützen, optimale Nut- verwechselt werden. zungsbedingungen zu sichern und den Aufbau unnö- tiger Nutzungshürden zu verhindern. 7. Alle Organisationseinheiten der Staatssicherheit wa- ren auch nach DDR-Maßstab ungewöhnlich stark auf 3. In der bisherigen Debatte wurden die grundlegenden die Zentrale des MfS ausgerichtet. Die Arbeit nach Rechtsfragen, die sich bei veränderten Zuständigkei- dem sogenannten Linienprinzip, also die vertikalen ten für den MfS-Bestand ergeben würden, nur ge- Arbeitszusammenhänge der jeweiligen „Fachlinien“ streift. Ausreichend detaillierte Vergleichsanalysen auf den unterschiedlichen territorialen Ebenen (z. B. zwischen den unterschiedlichen archiv- und zugangs- Hauptabteilung XX der Zentrale mit den Abteilungen rechtlichen Normen in StUG, BArchG und den Ar- XX der Bezirksverwaltungen), spiegelt sich zwangs- chivgesetzen der Länder gibt es nicht. Gleiches gilt läufig in der schriftlichen Hinterlassenschaft aus den für die umfassende Erörterung der den jeweiligen unterschiedlichen Herkunftsstellen aller Ebenen des Normen zugrunde liegenden Sachverhalte. § 2 Ab- MfS. Diese Hinterlassenschaft ist deshalb inhaltlich satz 1 StUG fordert die zentrale Erfassung, Verwal- wie registraturtechnisch auf engste Weise miteinan- tung, Verwahrung und Verwendung der Stasi-Unter- der verwoben. Das gilt sogar noch mit Blick auf die lagen durch eine öffentliche Stelle des Bundes. § 37 vom MfS in seinen Bezirksverwaltungen unterhalte- Absatz 2 StUG formuliert das Gebot der Verwaltung nen sogenannten Archive, die registratur- und infor- der Unterlagen nach einheitlichen Grundsätzen. mationslogistisch ebenfalls auf das Engste mit der Diese Vorschriften gehen inhaltlich bereits auf den MfS-Zentrale verbunden blieben. Einigungsvertrag zurück. Sie sind kein bloßes „For- melwerk“, das man ohne materielle Wirkungen belie- 8. Im Interesse einer nachhaltigen Lösung, die den be- big austauschen könnte. Vielmehr gab es triftige sonderen Erhaltungs- und Verwahrungsbedingungen Gründe dafür, dass sich der Gesetzgeber zur Einfüh- der MfS-Überlieferung dauerhaft gerecht wird, darf rung dieser Vorschriften entschlossen hat. der MfS-Bestand nicht – in einfacher Analogie zu an- deren DDR-Überlieferungen – im Nachgang „födera- 4. Die entscheidende Kernfrage wurde in der Debatte lisiert“ und schematisch zerteilt werden. Geschähe bislang weitgehend ausgeklammert: „Welche realen dies, würde ein zentralistisch gewachsener und ver- Auswirkungen ergeben sich bzw. welche Hand- walteter, in sich vielfach verwobener Überliefe- lungsbedarfe und Risiken bestehen neu bei verän- rungskörper nachträglich auseinandergerissen. derten und ggf. bei den Ländern vermehrten Zu- ständigkeiten für die Erschließung und Nutzbarkeit 9. Die aus dem Zusammenwirken des „Linien- und sowie Erhaltung und Pflege des MfS-Bestandes?“ Territorialprinzips“ im MfS resultierende komplexe Diese Frage kann aber nicht erst im Anschluss an zu- Verflechtung von Vorgängen mit regionalen und zen- erst festgelegte (abstrakte) „Leitentscheidungen“ er- tralen Bezügen macht auch weiterhin die Nutzerbe- örtert werden. Vielmehr müssen die wesentlichen treuung und Recherche aus einer Hand sinnvoll und Aspekte dieser Kernfrage bereits fachkundig beant- effizient. Würde der Bestand auf das Bundes- und die wortet sein, damit sachgerechte Entscheidungen zur Landesarchive aufgeteilt, so müsste dafür nicht nur Zukunft des MfS-Bestandes getroffen werden und ih- erst noch ein komplexer Rechercheverbund geschaf- ren Ausdruck in guter Gesetzgebung finden können. fen werden, sondern es müssten auch Möglichkeiten vorgesehen werden, aus verschiedenen Archiven 5. Die DDR-Staatssicherheit war in allen Phasen ihrer stammende Unterlagen etwa für die Akteneinsicht Existenz eine auch nach innen ungewöhnlich zentra- zusammenzufassen. Andernfalls könnten Antragstel- listisch strukturierte Institution. Sie verfügte in der ler künftig in Fällen, in denen heute eine Benut- gesamten DDR über spezielle Unterbau-Strukturen, zung und Betreuung beim BStU aus einer Hand – 111 –

noch Anhang 4

möglich ist, ein vergleichbares Ergebnis erst durch auf Dauer erhalten bleiben. Nachkassationen müss- mehrere Antragsverfahren und Einsichtnahmen an ten ausgeschlossen werden. verschiedenen Orten erzielen. Das wäre ein Rück- 13. Die sehr umfangreichen Überlieferungen würden zu schritt für die Benutzer. Unklar wäre bei einer Be- großen Herausforderungen für die ostdeutschen Lan- standszertrennung auch, wie eine einheitliche An- desarchivverwaltungen führen. Es stellt sich daher wendung der dann geltenden rechtlichen Normen die Frage, wie realistisch eine Aufteilung des Be- organisatorisch in voneinander unabhängigen Archi- standes auf die Länder in finanzpolitischer Hinsicht ven sichergestellt werden kann. ist, wenn gleichzeitig gewährleistet sein soll, dass 10. Das gelegentlich vertretene Argument, eine Zertren- die Unterlagen auch im übergebenen Umfang dau- nung des MfS-Bestandes würde die Erforschung der ernd erhalten und nutzbar bleiben. Durch die posi- Staatssicherheit „im Zusammenhang“ mit anderen tive Bewertungspraxis des BStU kämen auf die Län- (regionalen, lokalen) DDR-Beständen fördern, ist in der gewaltige Aktenmengen zu. mehrfacher Hinsicht nicht stichhaltig. Erstens ist 14. Die Stasi-Unterlagen sind der zentrale Repressions- auch heute schon eine kontextorientierte DDR-For- aktenbestand der DDR, in dem sich politische Verfol- schung ungehindert möglich: Das beweist schon die gung und Überwachung in der Diktatur am intensivs- nicht mehr überschaubare Zahl wissenschaftlicher ten spiegeln. Sie nehmen eine zentrale Rolle bei der Veröffentlichungen zur SED-Diktatur. Die Ein- materiellen und kulturellen Bewältigung der Dikta- schränkungen beim Zugang zu Stasi-Akten sind auf turfolgen ein. Ihre Erhaltung und Zugänglichkeit sind Restriktionen zurückzuführen, die verfassungsrecht- ein Vermächtnis der Friedlichen Revolution. Der licher Natur sind und der Überlieferungslage ge- MfS-Bestand entfaltet gerade in seiner Gesamtheit schuldet sind. An dieser Situation ändert sich (zu und Geschlossenheit eine politisch-symbolische Be- Recht) noch nichts, wenn Zuständigkeiten umverteilt deutung, die nicht nur in Deutschland wirkt, son- oder Akten umgelagert werden. Zweitens ist es für dern auch in andere ehemals kommunistische Staaten die Forschung keineswegs ungewöhnlich, wenn die Osteuropas sowie weltweit in Länder mit Diktaturer- für ein Vorhaben infrage kommenden Unterlagen fahrung ausstrahlt. Eine Zerstückelung des MfS-Be- nicht an einem Ort „beisammen“ liegen. So ist auf standes würde diese Bedeutung für das politische und die korrespondierenden DDR-Bestände aus Kreisar- historische Vermächtnis der Aktenrettung und Akten- chiven, Stadtarchiven, Kirchenarchiven, Parteiarchi- öffnung entscheidend mindern. ven, Betriebsarchiven, Universitätsarchiven usw. zu verweisen. In letzter Konsequenz ließe sich die Auf- 15. Richtig ist, dass bereits 1991 in den parlamentari- hebung des föderalen Archivprinzips fordern. Es ent- schen Beratungen zum Stasi-Unterlagen-Gesetz eine spricht also durchaus der Forschungsnormalität, ver- stärkere Berücksichtigung der Länderinteressen bei schiedene Archive zu nutzen. der Verwaltung des MfS-Bestandes gefordert und von einigen Ländern organisatorische Alternativen 11. Überlegungen zur Übernahme von Bestandteilen ei- zur Errichtung einer Bundesoberbehörde vorgeschla- ner Provenienz (hier: MfS) in einen regionalen Über- gen wurden. Richtig ist aber auch, dass es bei allen lieferungsverbund mit anderen Beständen sollten Meinungsverschiedenheiten zwischen Bund und dann zurücktreten, wenn deutlich wird, dass durch Ländern über die beste Organisationsform immer un- die Teilung eines einzelnen, unikalen Archivbestan- strittig war, den MfS-Bestand insgesamt unzertrennt des innere Zusammenhänge zerrissen würden, die zu bewahren, weil – so 1991 der Vertreter Sachsens den Informationswert der zergliederten Überliefe- im Bundesrat – „die Überführung der Archive in al- rung insgesamt schmälern, weil innere Informations- leinige Länderverwaltung nicht sinnvoll ist. Denn zusammenhänge entweder nicht mehr oder allenfalls die MfS-Archive waren hierarchisch aufgebaut, mit nachträglich mit erhöhtem Aufwand festgestellt wer- einer klaren zentralistischen Struktur. Die vom Volks- den können. Genau das aber wäre der Fall, würde der kammergesetz vorgesehene Auflösung in einzelne und MfS-Bestand zertrennt. voneinander mehr oder weniger unabhängige, selb- 12. Sicherzustellen wäre zudem, dass andere Archivträ- ständige Länderarchive würde diese nun einmal vor- ger die vom BStU bereits zuerkannte Archivwürdig- gegebene Struktur zerstören und die Nutzung er- keit der Unterlagen vollständig akzeptieren. Im Ar- schweren. Das wollen wir im Interesse der Sache chiv des BStU wird nach besonders sensiblen nicht.“1 Diese Auffassung ist heute noch genauso zu- Maßstäben und unter Billigung des Beirats deutlich treffend wie damals. Deshalb bleibt es auch in Zu- umfassender positiv bewertet, als dies im allgemei- kunft richtig, den MfS-Bestand unzerteilt zu pflegen, nen Archivbereich üblich ist. Aus diesem Grund wer- zu verwahren und zugänglich zu halten. den beispielsweise sämtliche Akten der Betroffenen Nach der Vorlage an den Beirat wurde der Text redaktio- (Opferakten) und die Akten der hauptamtlichen oder nell leicht angepasst (u. a. nummeriert). inoffiziellen Mitarbeiter der Staatssicherheit als ar- chivwürdig bewertet. Aus Sicht des BStU sollte sich daran auch zukünftig nichts mehr ändern, das heißt, 1 BR-Plenarprotokoll, 633. Sitzung (5. Juli 1991), S. 314A-B (Hervor- diese Akten sollten auch in Zukunft geschlossen und hebungen wie im Original). – 112 –

Anhang 5 27 730 14 861 12 869 98 220 gesamt 169 576 224 697 488 691 223 874 220 895 Eingänge 6 793 201 3 358 455 1 754 838 1 155 046 2 918 325 317 994 436 270 3 681 2 064 1 430 5 547 1 596 6 845 7 834 2012 17060 88231 112 268 112 210 959 542 518 4 421 1 715 1 501 6 482 1 543 6 524 9 532 2011 80 611 17 981 106 575 76 910 576 302 6 968 6 393 1 486 9 510 2 240 5 334 2010 22 409 87 514 10 606 120 919 t. gerinren verno7 Pers 0153 99 umes 19Jahr 99 umes 0153 Pers verno7 gerinren 175 893 373 8 678 3 087 1 930 1 037 2 368 6 792 2009 11 419 11 11 587 11 21641 137648 102658 868 1 011 2 872 2 2 805 2 1 101 1 1 704 1 3 839 3 59 636 59 36 840 36 41 690 41 37 744 37 18 152 18 293 018 293 188 887 188 2007/2008 917 6 648 2 352 1 435 2 642 3 071 s 10 640 12 361 64 133 23 896 ng ed ed 111 014 402 038 209 683 177 642 2005/2006 üsselu Stand: Dezember 2012 lhc rsuchen stnamenen E angn E 5 767 3 269 2 498 32 066 26 445 73 464 18 575 22 823 60 057 579 157 127 359 365 296 518 297 Eingang von Anträgen und Ersuchen Eingang von Anträgen und 1 176 685 2000 – 2004 nga d Deckun e der Ei 4 553 5 906 d wur d 70 274 10 459 65 417 82 210 171 481 328 218 615 497 192 527 4 444 050 2 430 888 1 561 700 1 674 485 1990 – 1999 gabe g s uaheren 3 3 dszählun

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tierung (Reha) 2 du ane ili erfol auf Aus tlicher Dienst b der g nur der b 200 Verwendungszweck bnis dere g sst Anträge sst a Er hlun ä m umf I Z Ersuchen Rehab Ersuchen Strafv Summe Anträge Presse, RundfunkFilm und Anträge Forschung und Medien gesamt Ersuchen Überprüfung gesamt Ersuchen Rentenangelegenheiten Bürgeranträge gesamt Anträge Forschung undpolitische Bildung Ersuchen Wiedergutmachung (WGM) Ersuchen Wiedergutmachung Ersuchen Sicherhe Sonstige Ersuchen (parlamentarische Mandatsträger, Ordensangelegenheitena.) u. gesamt Ersuchen Reha/WGM/StV Ersuchen öffen Zuverlässigkeitsüberprüfungen

1 2 3 – 113 –

noch Anhang 5 m2 u 200 bis299e 1rhar Jemme d Jemme 1rhar bis299e 200 u m2 - 26 112 13 572 12 540 97 686 gesamt Erledi 168 504 486 812 224 222 220 622 223 109 gungen gungen 1 153 533 6 699 180 3 355 682 1 754 818 2 830 574 310 914 214 488 7 777 3 765 5 650 1 898 1 402 1 671 8 040 2012 18025 78949 104026 201 942 513 582 e die Sud wurlungszähtand e die Sud 5 351 5 517 8 013 4 024 1 524 1 983 9 523 2011 19 099 79 158 107 794 78 931 260 666 7 300 7 075 9 768 5 047 1 597 2 433 2010 11 506 11 23 931 89 453 124 749 Besentrhefürchg du002 2re d 2re du002 Besentrhefürchg 203 532 798 2 179 1 025 1 823 2 008 2009 11 121 11 12697 26200 12657 15197 90626 133846 182 840 2 743 2 1 755 1 1 937 2 4 012 4 334 6 57 850 57 78 938 78 33 010 33 43 356 43 17 505 17 isrgebn Em Ing.lüsseluhcnamenents Em isrgebn 313 430 313 188 199 188 2007/2008 7 295 1 742 1 100 2 842 2 518 6 839 16 652 13 897 25 132 117 420 117 117 942 117 487 759 274 391 193 874 2005/2006 Stand: Dezember 2012 Stand: 3 561 2 801 6 362 91 044 39 935 82 044 29 713 64 032 15 156 26 953 450 587 635 376 652 130 1 375 912 2000 – 2004 Erledigung von Anträgen und Ersuchen Erledigung von d Deckngabe usuahereni Kopnsicht, usuahereni Deckngabe d 2 702 4 923 7 625 59 250 76 250 67 905 494 551 306 132 164 721 178 977 4 076111 2 279 722 1 544 200 1 482 632 1990 – 1999 2 - 2 2

emen i Eft, i .t rüfungen/Zuver (Reha) g (StV) 1 ger un berp ingen verr ingen gun sü arbeiteten Th arbeiteten

Ausk tierung eabg ili erfol tlicher Dienst der äge auf gun iledrE 447 447 iledrE Verwendungszweck g nur asst Antr asst ählun 4 Umf 2 Z Ersuchen Sicherheit Ersuchen Rehab Ersuchen Rentenangelegenheiten Ersuchen Strafv Anträge Forschung undpolitische Bildung Summe Anträge Presse, RundfunkFilm und Ersuchen Überprüfung gesamt Anträge Forschung und Medien gesamt Bürgeranträge gesamt Ersuchen öffen Ersuchen Wiedergutmachung (WGM) Ersuchen Wiedergutmachung gesamt Ersuchen Reha/WGM/StV Sonstige Ersuchen (parlamentarische Mandatsträger, Ordensangelegenheitena.) u. lässigkeitsüberprüfungen

1 2 – 114 –

Anhang 6

Anträge zu vermissten oder verstorbenen nahen Angehörigen nach § 15 StUG im Jahre 2012

davon nach § 15 StUG Monat Erstanträge gesamt Anzahl in Prozent Januar 7 937 628 7,9 Februar 7 482 642 8,6 März 6 280 580 9,2 April 5 171 515 10,0 Mai 4 722 464 9,8 Juni 4 465 468 10,5 Juli 3 843 449 11,7 August 3 753 495 13,2 September 3 158 322 10,2 Oktober 3 338 380 11,4 November 3 785 416 11,0 Dezember 1 837 222 12,1 Summe 55 771 5 581 10,0 – 115 –

Anhang 7 436 994 2012 542 959 2011 576 910 2010 893 1037 2009 567 851 2008 534 853 2007 3 bis 31. Dezember 2012 487 786 2006 §34 430 649 2005 405 654 2004 §32 711 584 2003 429 594 2002 Stand Dezember 2012 Stand 529 659 2001 551 651 2000 488 618 1999 476 584 1998 Eingänge von Anträgen gemäß §§ 32 und 34 St UG für den Zeitraum 199 34 32 und §§ Eingänge von Anträgen gemäß 480 577 1997 602 533 1996 881 587 1995 900 800 700 600 600 500 400 300 200 1100 1000 § 34 § 32 – 116 – noch Anhang 7

Struktur der Antragsteller Eingang von Anträgen im Berichtszeitraum

§ 32 StUG Eingang davon Anträge aus dem Ausland Universitäten/Hochschulen 581 150 Privatpersonen 620 70 Vereine,Verbände, Institutionen 95 10 Stiftungen 122 2 Kirchen und Glaubensgemeinschaften 12 2 Parteien/Organisationen 3 0 Museen 52 2 Landesbeauftragte 86 0 Aufarbeitungsinitiativen 5 0 Sonstige 377 25 gesamt 1 953 261

§ 34 StUG Eingang davon Anträge aus dem Ausland Tageszeitungen 311 14 Wochenmagazine 77 3 Freie Journalisten 85 9 Medien, öffentlich-rechtlich 299 10 Medien, privat 21 7 Produktionsgesellschaften 102 14 Wochenzeitungen 22 3 Agenturen 12 0 Sonstige 49 7 gesamt 978 67 – 117 –

noch Anhang 7

Eingänge gesamt nach Thema

Wissenschaft/ Geheimdienste/Terrorismus Wirtschaft 3% Kunst/Kultur/Medien 11% 14%

Bildung/Familie/Jugend/ Sport/Medizin 9%

MfS 9% Religion 7%

Militär/Grenze/ Republikflucht Recht/Justiz/Polizei 7% 6%

Internationale Beziehungen Nationalsozialismus (NS) Politik/Parteien/ 5% 9% Organisationen 20% – 118 –

Anhang 8

Mitglieder des Wissenschaftlichen Beratungsgremiums Vom Bundestag 2007 benannte Mitglieder: Prof. Dr. Hans-Joachim Veen Vom Gremium zum Vorsitzenden gewählt. Politikwissenschaftler, seit 2002 Vorsitzender des Vorstands der Stiftung Ettersberg, Weimar Prof. Dr. Klaus-Dietmar Henke Vom Gremium zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Histo- riker, seit 1997 bis zur Emeritierung im Oktober 2012 Universitäts- professor an der Technischen Universität Dresden Dr. Historiker, seit 2000 Direktor der Gedenkstätte Berlin-Hohenschön- hausen Prof. Dr. Thomas Lindenberger Historiker, seit 2009 Leiter des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Europäische Geschichte und Öffentlichkeit, Wien Dr. Ulrich Mählert Politikwissenschaftler, seit 1999 Leiter des Arbeitsbereichs Wissen- schaft der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Ber- lin Prof. Dr. Angelika Menne-Haritz Historikerin, seit 2006 Vizepräsidentin des Bundesarchivs, Berlin Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Horst Möller Historiker, 1992 bis 2011 Direktor des Instituts für Zeitgeschichte München-Berlin, 1996 bis zu seiner Emeritierung 2011 Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität München Dr. Wilfriede Otto Historikerin, Berlin Prof. Dr. Alexander Vatlin Historiker, seit 2006 Professor für Neue und Neueste Geschichte an der Historischen Fakultät der Lomonossow-Universität, Moskau

Vom Deutschen Bundestag 2012 benannte Mitglieder (Konstituierung des Gremiums am 21. Januar 2013): Prof. Dr. Hans-Joachim Veen Vom Gremium zum Vorsitzenden gewählt. Politikwissenschaftler, seit 2002 Vorsitzender des Vorstands der Stiftung Ettersberg, Weimar Prof. Dr. Klaus-Dietmar Henke Vom Gremium zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Histo- riker, seit 1997 bis zur Emeritierung im Oktober 2012 Universitäts- professor an der Technischen Universität Dresden Dr. Michael Hollmann Historiker, seit 2011 Präsident des Bundesarchivs, Berlin Dr. Hubertus Knabe Historiker, seit 2000 Direktor der Gedenkstätte Berlin-Hohenschön- hausen Diplom-Betriebswirt, seit 2009 Mitglied des Deutschen Bundesta- ges Dr. Ulrich Mählert Politikwissenschaftler, seit 1999 Leiter des Arbeitsbereichs Wissen- schaft der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Ber- lin Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Horst Möller Historiker, 1992 bis 2011 Direktor des Instituts für Zeitgeschichte München-Berlin, 1996 bis zu seiner Emeritierung 2011 Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität München Prof. Dr. Klaus Schroeder Politikwissenschaftler, seit 1992 Leiter des Forschungsverbundes SED-Staat an der Freien Universität Berlin, Leiter der Arbeitsstelle Politik und Technik des Otto-Suhr-Institutes, Berlin Prof. Dr. Alexander Vatlin Historiker, seit 2006 Professor für Neue und Neueste Geschichte an der Historischen Fakultät der Lomonossow-Universität, Moskau – 119 –

Anhang 9

Veranstaltungen des wissenschaftlichen Kolloquiums der Abteilung Bildung und Forschung im Berichtszeitraum

Datum Referent(en) Thema 09.02.2011 Johannes Beleites Ungeklärte Verhältnisse – Das Ministerium für Staatssi- cherheit und die Strafprozessordnung der DDR 18.05.2011 Dr. Tobias Wunschik und Zelleninformatoren und Deliktstatistik in der MfS-Unter- Jenny Schekahn suchungshaftanstalt Rostock 1970 bis 1989 15.06.2011 Dr. Henrik Bispinck Oberschullehrer in Mecklenburg 1918 bis 1961. Eine bil- dungsbürgerliche Berufsgruppe im Systemwandel 06.07.2011 Prof. Dr. Manfred Wilke Der Weg zur Mauer. Stationen der Teilungsgeschichte 12.10.2011 Martin Stief Desertionen im geteilten Berlin. Bekämpfung von Fah- nenfluchten aus den Reihen der Bereitschaftspolizei im Jahr des Mauerbaus 23.11.2011 Enrico Rennebarth Kommunale „innerdeutsche Außenpolitik“ und das Ministerium für Staatssicherheit 18.01.2012 Christian Booß Die Verteidigung im politischen Prozess der 80er-Jahre. Zwischenbilanz einer quantitativen Auswertung 29.02.2012 Dr. Christian Halbrock Widerstand im Alltag – Alltag des Widerstandes: Verwei- gerung, Aufbegehren, Widerstand und Opposition im Norden der DDR. (Erfahrungsbericht, Ergebnisse und Re- sümee zum Projekt „Ostseebezirk Rostock“) 25.04.2012 Dr. des. Christian Domnitz U-Boote im Herrschaftsdiskurs. Narrative Europas und Verfall parteistaatlicher Legitimität in der DDR, Polen und der ČSSR 09.05.2012 Thomas Weißbach West-Ost-Migration. Buchpräsentation: Schwerer Weg. Übersiedlung aus der BRD und West-Berlin in die DDR 1961 bis 1989 04.07.2012 Dr. Renate Hürtgen Die Antragsteller auf Ausreise im Kreis Halberstadt 17.10.2012 Gunter Gerick M.A. „Wenn man eure Informationen liest, muss man zu der Meinung kommen, die Konterrevolution steht bevor.“ Das Verhältnis von SED und MfS im Bezirk Karl-Marx-Stadt. 31.10.2012 Dr. Bernd Schäfer Zur Zusammenarbeit des MfS mit Vietnam und Nord- korea 05.12.2012 Dr. Anita Krätzner Der Mauerbau und die Universitäten der DDR – 120 –

Anhang 10

Publikationsreihen politische Prozesse in der DDR 1953–1956, 359 S., Ber- lin 1998, 19,50 Euro, ISBN 3-86153-147-X Wissenschaftliche Reihe des Bundesbeauftragten – Analysen und Dokumente Band 12: Reinhard Buthmann: Kadersicherung im Kom- binat VEB Carl Zeiss Jena. Die Staatssicherheit und das Über den Buchhandel zu beziehen Scheitern des Mikroelektronikprogramms. Mit einem Erschienen im Ch. Links Verlag, Berlin (zahlreiche Titel Vorwort von Walter Süß, 256 S., Berlin 1997, 12,50 Euro, sind auch als digitale Bücher verfügbar unter www.links ISBN 3-86153-153-4 verlag.de) Band 13: Clemens Vollnhals: Der Fall Havemann. Ein Band 1: Klaus-Dietmar Henke und Roger Engelmann Lehrstück politischer Justiz, 312 S., 2., akt. Aufl., Berlin (Hg.): Aktenlage. Die Bedeutung der Unterlagen des 2000, 15,50 Euro, ISBN 3-86153-215-8 Staatssicherheitsdienstes für die Zeitgeschichtsforschung, Band 14: Sonja Süß: Politisch mißbraucht? Psychiatrie 244 S., 2. Aufl., Berlin 1996, 15,50 Euro, ISBN 3-86153- und Staatssicherheit in der DDR, 773 S., 3. Aufl., Berlin 098-8 2000, 29,50 Euro, ISBN 3-86153-173-9 Band 2: Karl Wilhelm Fricke: Akten-Einsicht. Rekon- Band 15: Walter Süß: Staatssicherheit am Ende. Warum struktion einer politischen Verfolgung. Mit einem Vor- es den Mächtigen nicht gelang, 1989 eine Revolution zu wort von Joachim Gauck, 264 S., 4., akt. Aufl., Berlin verhindern, 815 S., 2. Aufl., Berlin 1999, 29,50 Euro, 1997, 17,50 Euro, ISBN 3-86153-099-6 ISBN 3-86153-181-X Band 3: Helmut Müller-Enbergs (Hg.): Inoffizielle Mitar- Band 16: Roger Engelmann und Clemens Vollnhals beiter des Ministeriums für Staatssicherheit. Richtlinien (Hg.): Justiz im Dienste der Parteiherrschaft. Rechtspra- und Durchführungsbestimmungen, 544 S., 4., durchges. Aufl., Berlin 2010, 20,50 Euro, ISBN 3-86153-101-1 xis und Staatssicherheit in der DDR, 574 S., Berlin 1999, 24,50 Euro, ISBN 3-86153-184-4 Band 4: Matthias Braun: Drama um eine Komödie. Das Ensemble von SED und Staatssicherheit, FDJ und Kultur- Band 17: Thomas Auerbach: Einsatzkommandos an der ministerium gegen Heiner Müllers „Die Umsiedlerin oder unsichtbaren Front. Terror- und Sabotagevorbereitungen Das Leben auf dem Lande“ im Oktober 1961, 170 S., 2., des MfS gegen die Bundesrepublik Deutschland. Mit ei- durchges. Aufl., Berlin 1996, 12,00 Euro, ISBN 3-86153- nem Vorwort von , 192 S., 6. Aufl., Ber- 102-X lin 2012, 19,90 Euro, ISBN 3-86153-183-6 Band 5: Siegfried Suckut (Hg.): Wörterbuch der Staatssi- Band 18: Hubertus Knabe: West-Arbeit des MfS. Das Zu- cherheit. Definitionen zur „politisch-operativen Arbeit“, sammenspiel von „Aufklärung“ und „Abwehr“, 597 S., 472 S., 3., durchges. Aufl., Berlin 2001, 20,50 Euro, 2. Aufl., Berlin 1999, 24,50 Euro, ISBN 3-86153-182-8 ISBN 3-86153-111-9 Band 19: Wolfgang Buschfort: Parteien im Kalten Krieg. Band 6: Joachim Walther: Sicherungsbereich Literatur. Die Ostbüros von SPD, CDU und FDP, 260 S., Berlin Schriftsteller und Staatssicherheit in der Deutschen De- 2000, 15,50 Euro, ISBN 3-86153-226-3 mokratischen Republik, 888 S., Berlin 1996, 34,80 Euro, Band 20: Jens Gieseke: Die hauptamtlichen Mitarbeiter ISBN 3-86153-121-6 der Staatssicherheit. Personalstruktur und Lebenswelt Band 7: Clemens Vollnhals (Hg.): Die Kirchenpolitik von 1950–1989/90, 615 S., Berlin 2000, 24,50 Euro, ISBN SED und Staatssicherheit. Eine Zwischenbilanz, 464 S., 3-86153-227-1 2., durchges. Aufl., Berlin 1997, 24,50 Euro, ISBN 3-86153-122-4 Erschienen im Verlag Edition Temmen, Band 8: Siegfried Suckut und Walter Süß (Hg.): Staats- Band 21: Ehrhart Neubert und (Hg.): partei und Staatssicherheit. Zum Verhältnis von SED und Macht – Ohnmacht – Gegenmacht. Grundfragen zur poli- MfS, 351 S., Berlin 1997, 19,50 Euro, ISBN 3-896153- tischen Gegnerschaft in der DDR, 457 S., Bremen 2001, 131-3 24,90 Euro, ISBN 3-86108-792-8 Band 9: Silke Schumann: Parteierziehung in der Geheim- Band 22: Hans-Peter Löhn: Spitzbart, Bauch und Brille – polizei. Zur Rolle der SED im MfS der fünfziger Jahre, sind nicht des Volkes Wille! Der Volksaufstand am 218 S., Berlin 2000, 10,00 Euro, ISBN 3-86153-146-1 17. Juni 1953 in Halle an der Saale, 212 S., Bremen 2003, 10,90 Euro, ISBN 3-86108-373-6 Band 10: Helmut Müller-Enbergs (Hg.): Inoffizielle Mit- arbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit. Anleitun- Band 23: Georg Herbstritt und Helmut Müller-Enbergs gen für die Arbeit mit Agenten, Kundschaftern und (Hg.): Das Gesicht dem Westen zu … DDR-Spionage ge- Spionen in der Bundesrepublik Deutschland, 1 118 S., gen die Bundesrepublik Deutschland, 458 S., Bremen 2. Aufl., Berlin 1998, 34,80 Euro, ISBN 3-86153-145-3 2003, 22,90 Euro, ISBN 3-86108-388-4 Band 11: Karl Wilhelm Fricke und Roger Engelmann: Band 24: Karl Wilhelm Fricke und Roger Engelmann: „Konzentrierte Schläge“. Staatssicherheitsaktionen und Der „Tag X“ und die Staatssicherheit. 17. Juni 1953 – Re- – 121 –

noch Anhang 10 aktionen und Konsequenzen im DDR-Machtapparat, Band 2: Wolfgang Schollwer: „Gesamtdeutschland ist 347 S., Bremen 2003, 17,90 Euro, ISBN 3-86108-386-8 uns Verpflichtung“. Aufzeichnungen aus dem FDP-Ost- büro 1951–1957, 298 S., Bremen 2004, 5,00 Euro, ISBN Band 25: Bernd Eisenfeld, Ilko-Sascha Kowalczuk und 3-86108-043-5 Ehrhart Neubert: Die verdrängte Revolution. Der Platz des 17. Juni 1953 in der deutschen Geschichte, 847 S., zahlr. Abb., Bremen 2004, 29,90 Euro, ISBN 3-86108- Unterreihe: Biografische Quellen im Verlag Vandenhoeck 387-6 & Ruprecht, Göttingen Band 26: Matthias Braun: Die Literaturzeitschrift „Sinn Band 3: Dietmar Riemann: Laufzettel. Tagebuch einer und Form“. Ein ungeliebtes Aushängeschild der SED- Ausreise, 512 S., Göttingen 2005, 29,90 Euro, ISBN Kulturpolitik, 229 S., Bremen 2004, 11,90 Euro, ISBN 3-525-35800-8 3-86108-398-1 Die DDR im Blick der Stasi. Die geheimen Berichte an die SED-Führung Erschienen im Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen Über den Buchhandel zu beziehen Band 27: Roger Engelmann und Ilko-Sascha Kowalczuk Erschienen im Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, Göttin- (Hg.): Volkserhebung gegen den SED-Staat. Eine Be- gen standsaufnahme zum 17. Juni 1953, 478 S., Göttingen 2005, 32,90 Euro, ISBN 3-525-35004-X Siegfried Suckut (Hg.): Die DDR im Blick der Stasi 1976. Die geheimen Berichte an die SED-Führung, 320 S., mit Band 28: Henry Leide: NS-Verbrecher und Staatssicher- Datenbank auf CD-ROM, Göttingen 2009, 29,99 Euro, heit. Die geheime Vergangenheitspolitik der DDR, 448 ISBN 978-3-525-37300-2 S., 3. Aufl., Göttingen 2007, 29,90 Euro, ISBN 3-525- Frank Joestel (Bearb.): Die DDR im Blick der Stasi 1988. 35018-X Die geheimen Berichte an die SED-Führung, 320 S., mit Band 29: Georg Herbstritt: Bundesbürger im Dienst der Datenbank auf CD-ROM, Göttingen 2010, 29,99 Euro, DDR-Spionage. Eine analytische Studie, 459 S., Göttin- ISBN 978-3-525-37502-0 gen 2007, 29,90 Euro, ISBN 978-3-525-35021-8 Daniela Münkel (Bearb.): Die DDR im Blick der Stasi 1961. Band 30: Jens Gieseke (Hg.): Staatssicherheit und Gesell- Die geheimen Berichte an die SED-Führung, 320 S., mit schaft. Studien zum Herrschaftsalltag in der DDR, 383 S., Datenbank auf CD-ROM, Göttingen 2011, 29,99 Euro, Göttingen 2007, 27,90 Euro, ISBN 978-3-525-35083-6 ISBN 978-3-525-37503-7 Band 31: Matthias Braun: Kulturinsel und Machtinstru- Henrik Bispinck (Bearb.): Die DDR im Blick der Stasi 1977. ment. Die Akademie der Künste, die Partei und die Die geheimen Berichte an die SED-Führung, 320 S., mit Staatssicherheit, 446 S., Göttingen 2007, 31,90 Euro, Datenbank auf CD-ROM, Göttingen 2012, 29,99 Euro, ISBN 978-3-525-35049-2 ISBN 978-3-525-37501-3

Band 32: Roger Engelmann, Thomas Großbölting, Einzelveröffentlichungen Hermann Wentker: Kommunismus in der Krise. Die Ent- stalinisierung 1956 und die Folgen, 478 S., Göttingen Über den Buchhandel zu beziehen 2008, 34,90 Euro, ISBN 978-3-525-35052-2 Klaus-Dietmar Henke (Hg.): Wann bricht schon mal ein Band 33: Łukasz Kamiński, Krzysztof Persak und Jens Staat zusammen! Die Debatte über die Stasi-Akten auf Gieseke (Hg.): Handbuch der kommunistischen Geheim- dem 39. Historikertag 1992, München 1993 (vergriffen) dienste in Osteuropa 1944–1991, 583 S., Göttingen 2009, Arbeitsgebiet I der Kriminalpolizei. Aufgaben, Struktur 39,90 Euro, ISBN 978-3-525-35100-0 und Verhältnis zum MfS, 56 S., Berlin 1994 (vergriffen) Band 34: Bernd Florath (Hg.): Das Revolutionsjahr 1989. Clemens Vollnhals: Das Ministerium für Staatssicherheit. Die demokratische Revolution in Osteuropa als transna- Ein Instrument totalitärer Herrschaftsausübung, 24 S., tionale Zäsur. 251 S., Göttingen 2011, 19,95 Euro, ISBN Berlin 1995 (vergriffen) 978-3-525-35045-4 Bernd Eisenfeld und Roger Engelmann: 13. August 1961: Unterreihe: Biografische Quellen im Verlag Edition Mauerbau. Fluchtbewegung und Machtsicherung. Mit ei- Temmen, Bremen nem Vorwort von Marianne Birthler, 120 S., Berlin 2001, Schutzgebühr 5,00 Euro, ISBN 978-3-942130-87-5 Über den BStU zu beziehen Ilko-Sascha Kowalczuk: 17. Juni 1953. Volksaufstand in Band 1: Peter Eisenfeld: „… rausschmeißen …“. 20 Jahre der DDR. Ursachen – Abläufe – Folgen, 312 S., Audio- politische Gegnerschaft in der DDR, 504 S., zahlr. Abb., CD, Bremen 2003, Schutzgebühr 10,00 Euro, ISBN 978- Bremen 2002, 5,00 Euro, ISBN 3-86108-342-6 3-942130-86-8 – 122 – noch Anhang 10

Jens Gieseke: Der Mielke-Konzern. Die Geschichte der Günter Förster: Die Juristische Hochschule des Ministe- Stasi 1945–1990, 320 S., 3., erw. und akt. Aufl., München riums für Staatssicherheit, Teil III/6, 42 S., Berlin 1996, 2006, 24,90 Euro, ISBN 3-421-05952-7 Schutzgebühr 2,50 Euro, ISBN 978-3-942130-22-6 (ver- griffen) Helmut Müller-Enbergs unter Mitarbeit von Susanne Muhle: Inoffizielle Mitarbeiter des Ministeriums für Maria Haendcke-Hoppe-Arndt: Die Hauptabteilung Staatssicherheit. Teil 3: Statistiken, 1 024 S., Berlin 2008, XVIII: Volkswirtschaft, Teil III/10, 130 S., Berlin 1997, 39,30 Euro, ISBN 978-3-86153-441-9 Schutzgebühr 5,00 Euro, ISBN 978-3-942130-12-7 Ilko-Sascha Kowalczuk: Endspiel. Die Revolution von Hanna Labrenz-Weiß: Die Hauptabteilung II: Spionage- 1989 in der DDR, 602 S., München 2009, 24,90 Euro, abwehr, Teil III/7, 79 S., 2., durchges. Aufl., Berlin 2001, ISBN 978-3-406-58357-5 Schutzgebühr 5,00 Euro, ISBN 978-3-942130-05-9 (ver- Feind ist, wer anders denkt. Eine Ausstellung über die griffen) Staatssicherheit der DDR, 88 S., 3., akt. Aufl., Berlin Silke Schumann: Die Parteiorganisation der SED im 2011, Schutzgebühr 5,00 Euro, ISBN 978-3-942130-89-9 MfS, Teil III/20, 89 S., 3. Aufl., Berlin 2002, Schutzge- „The Dissenter is the Enemy“. An Exhibition on the State bühr 5,00 Euro, ISBN 978-3-942130-23-3 Security Service in the GDR, 88 S., 3rd updated edition, Jens Gieseke (Hg.): Wer war wer im Ministerium für Berlin 2011, Schutzgebühr 5,00 Euro, ISBN 978-3- Staatssicherheit. Kurzbiographien des MfS-Leitungsper- 942130-92-9 sonals 1950 bis 1989, Teil V/4, 84 S., Berlin 1998, „Stasi. Die Ausstellung zur DDR-Staatssicherheit.“ Kata- Schutzgebühr 5,00 Euro, ISBN 978-3-942130-30-1 log und Aufsätze, 221 S., Berlin 2011, Schutzgebühr 5,00 Reinhard Buthmann: Die Objektdienststellen des MfS, Euro, ISBN 978-3-942130-84-4 Teil II/3, 25 S., Berlin 1999, Schutzgebühr 2,50 Euro, Reinhard Buthmann: Konfliktfall Kosmos. Die politische ISBN 978-3-942130-24-0 Geschichte einer Jugendarbeitsgruppe in der DDR, 389 S., Hubertus Knabe: Die Rechtsstelle des MfS, Teil III/4, 21 S., Wien u. a. 2012, 39,90 Euro, ISBN 978-3-412-20742-7 Berlin 1999, Schutzgebühr 2,50 Euro, ISBN 978-3- Roger Engelmann, Bernd Florath, Helge Heidemeyer, 942130-21-9 Daniela Münkel, Arno Polzin, Walter Süß (Hg.): Das MfS-Lexikon. Begriffe, Personen und Strukturen der Reinhard Buthmann: Arbeitsgruppe Bereich Kommer- Staatssicherheit der DDR. 440 S., 2., durchges. und erw. zielle Koordinierung, Teil III/11, 67 S., 2. Aufl., Berlin Aufl., Berlin 2012, 19,95 Euro, ISBN 978-3-86153-681-9 2004, Schutzgebühr 5,00 Euro, ISBN 978-3-942130-18-9 Ilko-Sascha Kowalczuk: Die 101 wichtigsten Fragen – Roger Engelmann und Frank Joestel (Bearb.): Grundsatz- DDR, 159 S., München 2009, 9,95 Euro, ISBN 978-3- dokumente des MfS, Teil V/5, 508 S., Berlin 2004, 406-59232-4 Schutzgebühr 10,00 Euro, ISBN 978-3-942130-31-8 Johannes Beleites: Abteilung XIV: Haftvollzug, 65 S., MfS-Handbuch Berlin 2004, ISBN 978-3-942130-11-0 (vergriffen) Anatomie der Staatssicherheit – Geschichte, Stephan Wolf: Hauptabteilung I: NVA und Grenztruppen, Struktur, Methoden Teil III/13, 102 S., 2., durchges. Aufl., Berlin 2005, Über den Buchhandel bzw. den BStU zu beziehen Schutzgebühr 5,00 Euro, ISBN 978-3-942130-04-2 (ver- griffen) Roland Wiedmann (Bearb.): Die Organisationsstruktur des Ministeriums für Staatssicherheit 1989, Teil V/1, 403 S., Hanna Labrenz-Weiß: Abteilung M, Teil III/19, 48 S., Berlin 1995, Schutzgebühr 10,00 Euro, ISBN 978-3- Berlin 2005, Schutzgebühr 2,50 Euro, ISBN 978-3- 942130-27-1 (vergriffen) 942130-17-2 (vergriffen) Jens Gieseke: Die hauptamtlichen Mitarbeiter des Minis- Monika Tantzscher: Hauptabteilung VI: Grenzkontrollen, teriums für Staatssicherheit, Teil IV/1, 107 S., 2. Aufl., Reise- und Touristenverkehr, Teil III/14, 109 S., Berlin Berlin 1996, Schutzgebühr 5,00 Euro, ISBN 978-3- 2005, Schutzgebühr 5,00 Euro, ISBN 978-3-942130-07-3 942130-25-7 (vergriffen) Bernd Eisenfeld: Die Zentrale Koordinierungsgruppe. Angela Schmole: Abteilung 26: Telefonkontrolle, Abhör- Bekämpfung von Flucht und Übersiedlung, Teil III/17, maßnahmen und Videoüberwachung, Teil III/19, 66 S., 52 S., 2. Aufl., Berlin 1996, Schutzgebühr 5,00 Euro, 2. Aufl., Berlin 2009, Schutzgebühr 5,00 Euro, ISBN ISBN 978-3-942130-16-5 978-3-942130-19-6 Tobias Wunschik: Die Hauptabteilung XXII: „Terrorab- Thomas Auerbach, Matthias Braun, Bernd Eisenfeld, wehr“, Teil III/16, 56 S., 2. Aufl., Berlin 1995, Schutzge- Gesine von Prittwitz und Clemens Vollnhals: Hauptabtei- bühr 2,50 Euro, ISBN 978-3-942130-14-1 lung XX: Staatsapparat, Blockparteien, Kirchen, Kultur, – 123 –

noch Anhang 10

„politischer Untergrund“, 179 S., Berlin 2008, Schutzge- suchung, 128 S., 2. Aufl., Berlin 2004, Schutzgebühr bühr 5,00 Euro, ISBN 978-3-942130-13-4 5,00 Euro, ISBN 978-3-942130-38-7 Helmut Müller-Enbergs: Die inoffiziellen Mitarbeiter, MfS und Leistungssport. Ein Recherchebericht, 209 S., 53 S., Berlin 2008, Schutzgebühr 2,50 Euro, ISBN 978-3- Berlin 1994 (vergriffen) 942130-26-4 Die „Dokumente (Reihe A)“ werden fortgeführt in der Tobias Wunschik: Hauptabteilung VII: Ministerium des Reihe „BF informiert“. Innern, Deutsche Volkspolizei, 99 S., Berlin 2009, Schutzgebühr 5,00 Euro, ISBN 978-3-942130-08-0 Analysen und Berichte (Reihe B) Roger Engelmann und Frank Joestel: Die Zentrale Aus- Über den Buchhandel bzw. den BStU zu beziehen wertungs- und Informationsgruppe, 100 S., Berlin 2009, Schutzgebühr 5,00 Euro, ISBN 978-3-942130-20-2 Thomas Auerbach unter Mitarbeit von Wolf-Dieter Sailer: Vorbereitung auf den Tag X. Die geplanten Isolie- Walter Süß: Die Staatssicherheit im letzten Jahrzehnt der rungslager des MfS, 154 S., 3., durchges. Aufl., Berlin DDR. Geschichte der Staatssicherheit, 114 S., Berlin 2000 (vergriffen) 2009, Schutzgebühr 5,00 Euro, ISBN 978-3-942130-03-5 Bodo Wegmann und Monika Tantzscher: SOUD. Das ge- Andreas Schmidt: Hauptabteilung III: Funkaufklärung heimdienstliche Datennetz des östlichen Bündnissystems, und Funkabwehr, 238 S., mit Beilagekarte zum Stütz- 104 S., Berlin 1996, Schutzgebühr 5,00 Euro, ISBN 978- punktsystem der HA III, Berlin 2010, Schutzgebühr 3-942130-44-8 5,00 Euro, ISBN 978-3-942130-06-6 Walter Süß: Zu Wahrnehmung und Interpretation des Helmut Müller-Enbergs: Hauptverwaltung A (HV A). Rechtsextremismus in der DDR durch das MfS, 106 S., Aufgaben – Strukturen – Quellen, 356 S., Berlin 2011, 3. Aufl., Berlin 2000, Schutzgebühr 5,00 Euro, ISBN Schutzgebühr 5,00 Euro, ISBN 978-3-942130-15-8 978-3-942130-42-4 Angela Schmole: Hauptabteilung VIII: Beobachtung, Er- Monika Tantzscher: Die verlängerte Mauer. Die Zusam- mittlung, Durchsuchung, Festnahme, 136 S., Berlin 2011, menarbeit der Sicherheitsdienste der Warschauer-Pakt- Schutzgebühr 5,00 Euro, ISBN 978-3-942130-09-7 Staaten bei der Verhinderung von „Republikflucht“, 161 S., Roland Wiedmann: Die Diensteinheiten des MfS 2., durchges. Aufl., Berlin 2001, Schutzgebühr 5,00 Euro, 1950 – 1989: Eine organisatorische Übersicht, 540 S., mit ISBN 978-3-942130-45-5 CD-ROM, Berlin 2012, Schutzgebühr 12,00 Euro, ISBN Reinhard Buthmann: Hochtechnologien und Staatssicher- 978-3-942130-28-8 heit. Die strukturelle Verankerung des MfS in Wissen- Die bereits erschienenen Handbuch-Lieferungen sind on- schaft und Forschung der DDR, 311 S., 2., durchges. line verfügbar unter www.bstu.de. Dort findet sich auch Aufl., Berlin 2000, Schutzgebühr 5,00 Euro, ISBN 978-3- eine aktuelle Übersicht über das Gesamtwerk. 942130-46-2 (vergriffen)

Dokumente (Reihe A) Aus der Veranstaltungsreihe des Bundesbeauftragten: Über den Buchhandel bzw. den BStU zu beziehen Ausreisen oder dableiben? Regulierungsstrategien der Staatssicherheit (öffentliche Veranstaltung am 26. Okto- Günter Förster: Die Dissertationen an der „Juristischen ber 1995), 129 S., 2. Aufl., Berlin 1998, Schutzgebühr Hochschule“ des MfS. Eine annotierte Bibliographie, 143 S., 5,00 Euro, ISBN 978-3-942130-43-1 2. Aufl., Berlin 1997, Schutzgebühr 5,00 Euro, ISBN 978-3-942130-35-6 Bearbeiten – Zersetzen – Liquidieren; Die Inoffiziellen Mitarbeiter; Freiheit für meine Akte, Berlin 1993 (ver- Silke Schumann: Vernichten oder Offenlegen? Zur Ent- griffen) stehung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes. Dokumentation der öffentlichen Debatte 1990/1991, 349 S., 2. Aufl., Ber- Tobias Hollitzer: „Wir leben jedenfalls von Montag zu lin 1997, Schutzgebühr 5,00 Euro, ISBN 978-3-942130- Montag“. Zur Auflösung der Staatssicherheit in Leipzig. 36-3 Erste Erkenntnisse und Schlußfolgerungen, 321 S., 2., durchges. Aufl., Berlin 2000 (vergriffen) Günter Förster: Bibliographie der Diplomarbeiten und Abschlußarbeiten an der Hochschule des MfS, 577 S., Helmut Müller-Enbergs: Das Zusammenspiel von Staats- Berlin 1998, Schutzgebühr 10,00 Euro, ISBN 978-3- sicherheit und SED nach der Selbstverbrennung des Pfar- 942130-37-0 rers Oskar Brüsewitz aus Rippicha am 18. August 1976, Berlin 1993 (vergriffen) Frank Joestel (Hg.): Strafrechtliche Verfolgung politi- scher Gegner durch die Staatssicherheit im Jahre 1988. Monika Tantzscher: Maßnahme „Donau“ und Einsatz Der letzte Jahresbericht der MfS-Hauptabteilung Unter- „Genesung“. Die Niederschlagung des Prager Frühlings – 124 – noch Anhang 10

1968/69 im Spiegel der MfS-Akten, 145 S., 2. Aufl., Ber- Stephan Fingerle und Jens Gieseke: Partisanen des Kalten lin 1998 (vergriffen) Krieges. Die Untergrundtruppe der Nationalen Volksar- mee 1957 bis 1962 und ihre Übernahme durch die Staats- Verfolgung und die Folgen. Über den Umgang mit den sicherheit, 70 S., (14/1996), Schutzgebühr 2,50 Euro, Opfern (öffentliche Veranstaltung am 27. Oktober 1994), ISBN 978-3-942130-57-8 98 S., Berlin 1995 (vergriffen) Bibliographie zum Staatssicherheitsdienst der DDR, zu- Die „Analysen und Berichte (Reihe B)“ werden fortge- sammengestellt von Hildegard von Zastrow, 124 S., führt in der Reihe „BF informiert“. (15/1996), 2., erw. Aufl. (vergriffen)

BF informiert Clemens Vollnhals: Die kirchenpolitische Abteilung des Ministeriums für Staatssicherheit, 43 S., (16/1997), 2. Aufl., Über den Buchhandel bzw. den BStU zu beziehen Berlin 1997, Schutzgebühr 2,50 Euro, ISBN 978-3- 942130-58-5 Walter Süß (Edition): Erich Mielke und KGB-Vize Leonid Schebarschin über den drohenden Untergang des Walter Süß: Das Verhältnis von SED und Staatssicherheit. Sozialistischen Lagers. Mitschrift eines Streitgesprächs Eine Skizze seiner Entwicklung, 36 S., (17/1997), 2. Aufl., am 7. April 1989, 41 S., (1/1993) (vergriffen) Berlin 1998, Schutzgebühr 2,50 Euro, ISBN 978-3- 942130-59-2 Joachim Walther und Gesine von Prittwitz: Staatssicher- heit und Schriftsteller. Bericht zum Forschungsprojekt, Tobias Wunschik: Die maoistische KPD/ML und die Zer- 30 S., (2/1993) (vergriffen) schlagung ihrer „Sektion DDR“ durch das MfS, 45 S., (18/1997), 2. Aufl., Berlin 1998, Schutzgebühr 2,50 Euro, Helmut Müller-Enbergs: IM-Statistik 1985–1989, 64 S., ISBN 978-3-942130-60-8 (3/1993), ISBN 978-3-942130-50-9 (vergriffen) Holger Horsch: „Hat nicht wenigstens die Stasi die Stim- Jens Gieseke: Die Hauptamtlichen 1962. Zur Personal- mung im Lande gekannt?“ MfS und SED im Bezirk Karl- struktur des Ministeriums für Staatssicherheit, 63 S., Marx-Stadt. (Die Entmachtung der Staatssicherheit in den (3/1994), ISBN 978-3-942130-51-6 (vergriffen) Regionen, Teil 3), 59 S., (19/1997), 2. Aufl., Berlin 1998, Jürgen Fuchs: Unter Nutzung der Angst. Die „leise Form“ Schutzgebühr 2,50 Euro, ISBN 978-3-942130-61-5 des Terrors – Zersetzungsmaßnahmen des MfS, 40 S., Volker Höffer: „Der Gegner hat Kraft“. MfS und SED im (2/1994) (vergriffen) Bezirk Rostock. (Die Entmachtung der Staatssicherheit in Roger Engelmann: Zu Struktur, Charakter und Bedeutung den Regionen, Teil 4), 63 S., (20/1997), Schutzgebühr der Unterlagen des Ministeriums für Staatssicherheit, 63 S., 2,50 Euro, ISBN 978-3-942130-62-2 (3/1994), Schutzgebühr 2,50 Euro, ISBN 978-3-942130- Jens Gieseke: Das Ministerium für Staatssicherheit 52-3 1950 – 1989/90. Ein kurzer historischer Abriß, 56 S., Walter Süß: Entmachtung und Verfall der Staatssicherheit. (21/1998) (vergriffen) Ein Kapitel aus dem Spätherbst 1989, 75 S., (5/1994), Eberhard Stein: „Sorgt dafür, daß sie die Mehrheit nicht Schutzgebühr 2,50 Euro, ISBN 978-3-942130-53-0 hinter sich kriegen“. MfS und SED im Bezirk Erfurt. (Die Jens Gieseke: Doktoren der Tschekistik. Die Promoven- Entmachtung der Staatssicherheit in den Regionen, Teil 5), den der „Juristischen Hochschule“ des MfS, 29 S., (6/1994), 57 S., (22/1999), Schutzgebühr 2,50 Euro, ISBN 978-3- ISBN 978-3-942130-54-7 942130-63-9 Andrzej Paczkowski: Terror und Überwachung. Die Roger Engelmann und Silke Schumann: Kurs auf die ent- Funktion des Sicherheitsdienstes im kommunistischen wickelte Diktatur. , die Entmachtung System in Polen von 1944–1956, 37 S., (23/1999), Ernst Wollwebers und die Neuausrichtung des Staatssi- Schutzgebühr 2,50 Euro, ISBN 978-3-942130-64-6 cherheitsdienstes 1956/57, 81 S., (1/1995), Schutzgebühr 5,00 Euro, ISBN 978-3-942130-55-4 Joachim Lampe: Juristische Aufarbeitung von Westspio- nage, 35 S., (24/1999), 3., durchges. Aufl., Berlin 2002, Andreas Niemann und Walter Süß: „Gegen das Volk kann Schutzgebühr 2,50 Euro, ISBN 978-3-942130-65-3 nichts mehr entschieden werden“. MfS und SED im Be- zirk Neubrandenburg 1989. (Die Entmachtung der Staats- Gudrun Weber: Stille Post. Neue Wege der Westarbeit in sicherheit in den Regionen, Teil 1), 71 S., (12/1996), der Vertriebsorganisation des Ministeriums für Staats- 2. Aufl., Berlin 1997, Schutzgebühr 2,50 Euro, ISBN sicherheit in den sechziger Jahren, 65 S., (25/2005), 978-3-942130-56-1 Schutzgebühr 2,50 Euro, ISBN 978-3-942130-66-0 Hans-Peter Löhn: „Unsere Nerven lagen allmählich Arno Polzin: Der Wandel Robert Havemanns vom Inoffi- blank“. MfS und SED im Bezirk Halle. (Die Entmach- ziellen Mitarbeiter zum Dissidenten im Spiegel der MfS- tung der Staatssicherheit in den Regionen, Teil 2), 66 S., Akten, 59 S., (26/2005), 2., überarb. Aufl., Berlin 2006, (13/1996), 2. Aufl., Berlin 1997 (vergriffen) Schutzgebühr 2,50 Euro, ISBN 978-3-942130-67-7 – 125 –

noch Anhang 10

Joachim Granzow: Die Löwengrube. Als Arzt in DDR- Landesbeauftragte für Mecklenburg-Vorpommern Haftanstalten Mitte der fünfziger Jahre. Ein Erlebnisbe- für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes richt, 215 S., 2. Aufl., Berlin 2006, Schutzgebühr der ehemaligen DDR/BStU: 5,00 Euro, ISBN 978-3-942130-70-7 Johannes Beleites: Schwerin, Demmlerplatz. Die Unter- Regina Teske: Staatssicherheit auf dem Dorfe. Zur Über- suchungshaftanstalt des Ministeriums für Staatssicher- wachung der ländlichen Gesellschaft vor der Vollkollekti- heit, 239 S., Schwerin 2001, Schutzgebühr 5,00 Euro, vierung 1952 bis 1958, 109 S., (27/2006), ISBN 978-3- ISBN 978-3-933255-12-9 942130-68-4 (vergriffen) Helmut Müller-Enbergs: „Rosenholz“. Eine Quellenkri- Robert-Havemann-Gesellschaft e. V./BStU: tik, 234 S., (28/2007), Schutzgebühr 5,00 Euro, ISBN 978-3-942130-69-1 (vergriffen) Werner Theuer und Arno Polzin unter Mitarbeit von Bernd Florath: Aktenlandschaft Havemann. Nachlass und Wilhelm Mensing: SED-Hilfe für West-Genossen. Die Archivbestände zu Robert Havemann in der Robert-Ha- Arbeit der Abteilung Verkehr beim Zentralkomitee der vemann-Gesellschaft und bei der Bundesbeauftragten für SED im Spiegel der Überlieferung des Ministeriums für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemali- Staatssicherheit der DDR (1946 – 1976), 320 S., (29/2010), gen Deutschen Demokratischen Republik, 576 S., Berlin Schutzgebühr 5,00 Euro, ISBN 978-3-942130-71-4 2008, 25,00 Euro, ISBN 978-3-938857-07-6 Martin Stief: Desertionen im geteilten Berlin. Bekämp- fung von Fahnenfluchten aus den Reihen der Bereit- Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur/BStU: schaftspolizei im Jahr des Mauerbaus, 98 S., (30/2011), Schutzgebühr 2,50 Euro, ISBN 978-3-942130-73-8 Christian Halbrock: „Stasi-Stadt“ – Die MfS-Zentrale in Berlin-Lichtenberg. Ein historischer Rundgang um das Jenny Schekahn und Tobias Wunschik: Die Untersu- ehemalige Hauptquartier des DDR-Staatssicherheits- chungshaftanstalt der Staatssicherheit in Rostock. Ermitt- dienstes. Mit einem Vorwort von Marianne Birthler, 75 S., lungsverfahren, Zelleninformatoren und Haftbedingungen Berlin 2009, 12,90 Euro, ISBN 978-3-86153-520-1 in der Ära Honecker, 158 S., (31/2012), Schutzgebühr 5,00 Euro, ISBN 978-3-942130-74-5 Christian Halbrock: Mielkes Revier. Stadtraum und All- tag rund um die MfS-Zentrale in Berlin-Lichtenberg, Kooperationsprojekte 256 S., mit zahlreichen bisher unveröffentlichten Fotos und Karten, Berlin 2010, 19,80 Euro, ISBN 978-3-86732- Über den Buchhandel bzw. den BStU zu beziehen 073-3 Akademie für politische Bildung Tutzing/BStU: Siegfried Suckut und Jürgen Weber (Hg.): Stasi-Akten Kommission für Geschichte des Parlamentarismus zwischen Politik und Zeitgeschichte. Eine Zwischenbi- und der politischen Parteien/Der Berliner Landes- lanz, 338 S., München 2003, 19,80 Euro, ISBN 978-3- beauftragte für die Stasi-Unterlagen/BStU 7892-8135-8 Martin Gutzeit, Helge Heidemeyer und Bettina Tüffers (Hg.): „Opposition und SED in der Friedlichen Revolu- Militärgeschichtliches Forschungsamt Potsdam/BStU: tion. Organisationsgeschichte der alten und neuen politi- Torsten Diedrich und Ilko-Sascha Kowalczuk: Staats- schen Gruppen 1989/90“, Dokumentation einer Tagung gründung auf Raten?, 435 S., Berlin 2005, 29,90 Euro, am 25. und 26. November 2008 in Berlin, 263 S., Düssel- ISBN 3-86153-380-4 dorf 2010, 29,80 Euro, ISBN 978-3-7700-5304-9

Torsten Diedrich und Walter Süß (Hg.): Militär und Archivwissenschaftliche Veröffentlichungen Staatssicherheit im Sicherheitskonzept der Warschauer- Pakt-Staaten, 372 S., Berlin 2010, 34,90 Euro, ISBN Archiv zur DDR-Staatssicherheit 3-86153-610-9 Wissenschaftliche Reihe des Bundesbeauftragten Bundeszentrale für politische Bildung/BStU: im LIT Verlag, Münster Jens Gieseke unter Mitarbeit von Doris Hubert: Die DDR- Band 1: Dagmar Unverhau: Das „NS-Archiv“ des Minis- Staatssicherheit, Schild und Schwert der Partei, 120 S., Bonn teriums für Staatssicherheit. Stationen einer Entwicklung, 2001, Schutzgebühr 2,00 Euro 258 S., 2., durchges. Aufl., Münster 2004, 19,90 Euro, ISBN 3-8258-3512-X Jens Gieseke (with Doris Hubert): The GDR State Secu- rity. Shield and Sword of the Party, translated by Mary Band 2: Dagmar Unverhau (Hg.): Das Stasi-Unterlagen- Carlene Forszt, 120 S., Berlin 2004, Schutzgebühr Gesetz im Lichte von Datenschutz und Archivgesetzge- 2,00 Euro, Versand von Einzelexemplaren ins Ausland bung, 312 S., 2., durchges. Aufl., Münster 2003, kostenlos 20,90 Euro, ISBN 3-8258-3924-9 – 126 – noch Anhang 10

Band 3: Dagmar Unverhau (Hg.) unter Mitarbeit von Band 10: Abteilung Archivbestände der BStU (Hg.): Vor- Roland Lucht: Lustration, Aktenöffnung, demokratischer läufiges Findbuch Sekretariate der Stellvertreter des Umbruch in Polen, Tschechien, der Slowakei und Un- Ministers Neiber, Mittig und Schwanitz im Ministerium garn, 408 S., 2. Aufl., Münster 2005, 19,90 Euro, ISBN für Staatssicherheit der DDR. Bearbeitet von Elisabeth 3-8258-4515-X Larssen und Jana Florczak, 400 S., Münster 2008, 19,90 Euro, ISBN 978-3-8258-1106-8 Band 4: Abteilung Archivbestände der BStU (Hg.): Find- buch zum „Archivbestand 2: Allgemeine Sachablage“ des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR, bearb. von Kostenlos erhältliche Behördenpublikationen Joachim Franke u. a., 328 S., Münster 2001, 12,90 Euro, ISBN 3-8258-5543-0 Über den BStU zu beziehen Band 5: Dagmar Unverhau (Hg.): Kartenverfälschung als Zweiter, Dritter, Vierter, Fünfter, Sechster, Siebenter, Folge übergroßer Geheimhaltung? Eine Annäherung an Achter, Neunter und Zehnter Tätigkeitsbericht des Bun- das Thema Einflußnahme der Staatssicherheit auf das desbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheits- Kartenwesen der DDR, 304 S., 3., durchges. Aufl., Müns- dienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Re- ter 2006, 19,90 Euro, ISBN 3-8258-5964-9 publik Band 6: Dagmar Unverhau (Hg.): Hatte „Janus“ eine Gesetz über die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes Chance? Das Ende der DDR und die Sicherung einer Zu- der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik kunft der Vergangenheit, 448 S., Münster 2003, (Stasi-Unterlagen-Gesetz – StUG) 19,90 Euro, ISBN 3-8258-7120-7 Act regarding the Records of the State Security Service of Band 7: Dagmar Unverhau (Hg.): State Security and the former German Democratic Republic (Stasi Records Mapping in the GDR. Map Falsification as a Conse- Act) quence of Excessive Secrecy? Lectures to the Conference of the BStU from 8th-9th March 2001 in Berlin, 304 S., Abkürzungsverzeichnis: Häufig verwendete Abkürzun- Berlin 2006, 29,90 Euro, ISBN 3-8258-9039-2 gen und Begriffe des Ministeriums für Staatssicherheit, 130 S., 10., erg. und korr. Aufl., Berlin 2012 Band 8: Dagmar Unverhau (Hg.): Vorläufiges Findbuch zur Abteilung X: „Internationale Verbindungen“ des Zehn Jahre Stasi-Unterlagen-Gesetz – Zehn Jahre Aufar- Ministeriums für Staatssicherheit der DDR, bearb. von beitung, 73 S., Berlin 2002 Marko Pollack und Doreen Bombitzki, 335 S., Münster 2005, 19,90 Euro, ISBN 3-8258-9018-x Entscheidungen gegen das Schweigen. 15 Jahre Einsicht in die Stasi-Unterlagen, Berlin 2007 (vergriffen) Band 9: Dagmar Unverhau (Hg.): Geheimhaltung und Staatssicherheit. Zur Kartographie des Kalten Krieges, Das „Europäische Netzwerk der für die Geheimpolizeiak- 600 S., Münster 2009, 29,90 Euro, Teilband 1: Beiträge ten zuständigen Behörden“ – Ein Reader zu ihren gesetz- und Anlagen, Teilband 2: Abbildungen, ISBN 978-3-643- lichen Grundlagen, Strukturen und Aufgaben, 88 S., Ber- 10070-2 lin, 2010 (vergriffen) – 127 –

Anhang 11

Materialien des BStU für die historisch-politische – BStU (Hg.): Arbeits- und Informationsmappe „Ange- Bildungsarbeit bote für Schulen“ der Außenstelle Gera für Lehrer. Reihe „Quellen für die Schule“ Spezielle Materialien für Lehrer, Ausstellungs- und Seminarangebote der Außenstelle sowie Aktenbei- – BStU (Hg.): Jugendliche Inoffizielle Mitarbeiter (IM): spiele. Mit methodisch-didaktischen Hinweisen für IM „Shenja“. Auszug aus einer Akte des MfS mit Ar- die Unterrichtsgestaltung und die Lernzielerreichung. beitsbögen. 4., korrigierte Auflage, Berlin 2012 (Quel- Gera 2007. Die Mappe ist kostenfrei über die Außen- len für die Schule 1). Abgabe kostenfrei. stelle zu beziehen. – BStU (Hg.): Flucht aus der DDR: „Versuchter Grenz- – BStU (Hg.): Arbeits- und Informationsmappe „Ange- durchbruch zweier Schüler“. Auszug aus einer Akte bote und Materialien für Schulen“ der Außenstelle des MfS mit Arbeitsbögen. 4., korrigierte Auflage, Dresden für Lehrer. Berlin 2012 (Quellen für die Schule 2). Abgabe kos- tenfrei. Spezielle Materialien für Lehrer mit umfangreichen Informationen zur Struktur und zur Arbeitsweise des – BStU (Hg.): „DDR – eingesperrt“: Jugendliche im MfS, den Seminarangeboten der Außenstelle sowie Stasi-Visier am Beispiel des Operativen Vorgangs (OV) Aktenauszügen. Mit methodisch-didaktischen Hin- „Signal“. Auszug aus einer Akte des MfS mit Arbeits- weisen für die Unterrichtsgestaltung und die Lern- bögen. 4., korrigierte Auflage, Berlin 2012 (Quellen zielerreichung. Dresden 2008. Die Mappe ist kosten- für die Schule 3). Abgabe kostenfrei. frei über die Außenstelle zu beziehen. – BStU (Hg.): „Revisor“: Überwachung, Verfolgung – BStU (Hg.): Arbeits- und Informationsmappe „Ange- und Inhaftierung eines Mannes durch das Ministerium bote und Materialien für Schulen“ der Außenstelle Er- für Staatssicherheit (MfS). Auszug aus einer Akte des furt für Lehrer. MfS mit Arbeitsbögen. Berlin 2012 (Quellen für die Schule 4). Abgabe kostenfrei. Spezielle Materialien für Lehrer mit Informationen und ausgewählten Dokumenten zur MfS-Arbeits- – BStU (Hg.): Schülerprotest 1961: Wie die Stasi gegen weise, Ausstellungs- und Seminarangeboten der Au- eine Abiturklasse der Erweiterten Oberschule in An- ßenstelle sowie Aktenauszügen. Mit methodisch- klam vorging. Auszug aus einer Akte des MfS mit Ar- didaktischen Hinweisen für die Unterrichtsgestaltung beitsbögen. 2., korrigierte Auflage, Berlin 2012 (Quel- und die Lernzielerreichung. Erfurt 2008. Die Mappe len für die Schule 5). Abgabe kostenfrei. ist kostenfrei über die Außenstelle zu beziehen. – BStU (Hg.): Von der Schule verwiesen: Schülerprotest – BStU (Hg.): Arbeits- und Informationsmappe „Mate- an der Berliner Carl-von-Ossietzky-Schule 1988. Aus- rialien für Lehrkräfte – Region Potsdam“. zug aus einer Akte des MfS mit Arbeitsbögen. 2., kor- rigierte Auflage, Berlin 2012 (Quellen für die Spezielle Materialien aus der Region Potsdam mit In- Schule 6). Abgabe kostenfrei. formationen, Aktenauszügen und ausgewählten Doku- menten zur MfS-Arbeitsweise. Mit methodisch-didak- tischen Hinweisen für die Unterrichtsgestaltung und Arbeits- und Informationsmappen der Außenstellen die Lernzielerreichung. Berlin 2010. Die Mappe wird – Petra Saar, Marion Wagner: Stasi-Stücke. Szenische kostenfrei abgegeben. Umsetzungen von Fällen aus MfS-Akten zum Lesen und Nachspielen für Schüler. Erfurt 2004. Schutzge- Materialien auf CD und DVD bühr 2,00 Euro. – BStU (Hg.): „Revisor“: Überwachung, Verfolgung, – BStU (Hg.): Arbeits- und Informationsmappe „Ange- Inhaftierung durch das MfS. Ein Fallbeispiel für den bote und Materialien für Schulen“ der Außenstelle Unterricht. Film-DVD mit einem original Lehrfilm Frankfurt (Oder) für Lehrer. des MfS und Bildungs-DVD mit didaktischen Hinwei- sen und einem Aktenauszug. Berlin 2007 (Ergänzung Spezielle Materialien für Lehrer mit Informationen zur zur Quelle 4 „Revisor“). Schutzgebühr 4,00 Euro. MfS-Arbeitsweise, Ausstellungs- und Seminarange- boten der Außenstelle sowie Fallbeispielen mit Bei- – BStU (Hg.): Ein Volk unter Verdacht: Die Staatssi- spieldokumenten aus dem Raum Frankfurt (Oder). Mit cherheit der DDR. Ein Unterrichtsfilm für Schülerin- Aktenauszügen und methodisch-didaktischen Hinwei- nen und Schüler aller Schultypen ab Klassenstufe 9, sen für die Unterrichtsgestaltung und Lernzielerrei- Länge: 40 min. Die DVD enthält zusätzlich Materia- chung. Frankfurt (Oder) 2005. Die Mappe ist kosten- lien zur Vor- und Nachbereitung des Themas im Un- frei über die Außenstelle zu beziehen. terricht. Berlin 2010. Schutzgebühr 5,00 Euro. – 128 – noch Anhang 11

Materialien für die Bildungsarbeit, herausgegeben Die Materialien sind – soweit nicht anders vom BStU gemeinsam mit Kooperationspartnern: angegeben – erhältlich über: Christoph Hamann, Axel Janowitz: Feindliche Jugend? BStU – Abteilung Bildung und Forschung, BF 3, Sachge- Verfolgung und Disziplinierung Jugendlicher durch das biet Bildungsarbeit für Schüler, Studierende und Lehr- Ministerium für Staatssicherheit. Unterrichtseinheiten zu kräfte ausgewählten Fällen. Im Auftrag des BStU und des Lan- Postanschrift: 10106 Berlin desinstituts für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM). 3., korrigierte Auflage. Berlin 2010. Abgabe E-Mail: [email protected] kostenfrei. – 129 –

Anhang 12

Wanderausstellung „Feind ist, wer anders denkt“

Ort Zeitraum Besucher Brüssel (B) 31.01. – 04.02.2011 1 022 Neumünster 10.02. – 02.03.2011 2 677 Münster 07.04. – 25.04.2011 1 095 Kaarst 11.05. – 25.05.2011 1 684 Gelnhausen 01.06. – 24.06.2011 1 437 Kassel 10.08. – 02.09.2011 1 985 Graz (A) 12.10. – 28.10.2011 1 375 Düren 10.11. – 23.11.2011 1 192 Zweibrücken 08.12. – 21.12.2011 847 Weil am Rhein 18.01. – 01.02.2012 1 643 Hofheim am Taunus 10.02. – 04.03.2012 1 024 Stockholm (S) 19.04. – 04.05.2012 1 547 Springe 31.05. – 16.06.2012 1 609 Tübingen 13.09. – 04.10.2012 1 347 Dorsten 07.11. – 01.12.2012 1 627 22 111 Gesamtzahl aller Besucherinnen und Besucher der beiden Wanderausstellungen des BStU „Feind ist, wer an- ders denkt“ und „Staatssicherheit – Garant der SED-Diktatur“: 437 521 in 122 Orten

Vorträge im Begleitprogramm der Wanderausstellung „Feind ist, wer anders denkt“ – Die Akten sind offen – Endspiel – Die Revolution von 1989 in der DDR – Die Funkaufklärung des MfS – „Nur Wolken ungehindert ziehen / von Ost- nach West-Berlin“ – Die Stasi hatte nicht nur Papier – Staatssicherheit in NRW und Münster – Die elektronischen Datenbanken der Spionageabteilung der Staatssicherheit – Das Stasi-Unterlagen-Gesetz und der Umgang mit den Akten – XV/4313/83 „WIELAND“ Wer verbirgt sich dahinter? – „Diktatur aufarbeiten. Demokratie gestalten“. Deutsche Erfahrungen im Umgang mit der Vergangenheit – Wie die Staatssicherheit der DDR die Bürger überwachte – Die inoffiziellen Mitarbeiter – Hauptwaffe im Kampf gegen die Feinde der DDR – Die Biermann-Ausbürgerung und ihre Folgen – Das Jahr 1977 im Blick der Stasi – 130 –

Anhang 13

Regionale Ausstellungen der Außenstellen Außenstelle Erfurt (in Klammern: Jahr und Ort/Orte der Präsentation) Die heile Welt der Diktatur. Herrschaft und Alltag in der DDR (2012: Erfurt, Schweinfurt) Außenstelle Chemnitz Freiheit und Zensur. Filmschaffen in der DDR zwischen Stasi Ohn(e)Macht – Die Auflösung der DDR-Geheim- Anpassung und Opposition (2012: Erfurt) polizei (2011/2012: Chemnitz) Stasi Ohn(e)Macht – Die Auflösung der DDR-Geheim- Jugendopposition in der DDR (2012: Chemnitz) polizei (2012: Erfurt) Die Mauer. Eine Grenze durch Deutschland (2011: Anna- Offene Briefe. Postkontrolle (2012: Erfurt) berg-Buchholz; 2012: Lichtenstein; 2011/2012 Chemnitz) Der weiße Strich. Vorgeschichte und Folgen einer Kunst- Die Botschaftsflüchtlinge auf ihrer Fahrt von Prag nach aktion an der Berliner Mauer (2012: Erfurt) Hof (2011: Plauen, Werdau, Chemnitz; 2012: Markneu- MfS und Schule (2012: Heppenheim, Teistungen, Klet- kirchen) tenberg, Erfurt, Kirchhain, Neubrandenburg) Zivilcourage. 40 Jahre SED-Diktatur – 40 Jahre Bürger- Die Mauer. Eine Grenze durch Deutschland (2012: Min- mut und Widerstand (2011: Plauen; 2012: Zwickau) den, Bad Münstereifel, Monschau) Alles im Griff. Die spezifischen Maßnahmen des MfS ge- gen Andersdenkende (2012: Salzungen, Flöha, Bad Els- Außenstelle Frankfurt (Oder) ter) Die Arbeit am Feind. Der Bürger im Visier der Stasi Bürger im Visier. Wie das MfS Bürger zu Feinden er- (2011: Brandenburg, Massen; 2012: Wriezen, Beeskow, klärte (2012: Salzungen) Neuruppin, Schönewalde, Nauen, Pritzwalk) Auf Biegen und Brechen. Geschlossener Jugendwerkhof Postgeheimnis? Die Stasi und die Cottbuser Briefe (2011: Torgau (2011: Meerane) Lauchhammer, Schwedt; 2012: Luckau, Magdeburg, Lud- wigsfelde, Neuruppin, Schönewalde, Nauen, Pritzwalk) Ziel: Umerziehung – Geschlossener Jugendwerkhof Tor- gau (2012: Chemnitz-Klaffenbach) Stasi Ohn(e)Macht – Die Auflösung der DDR-Geheim- polizei (2011: Lauchhammer, Wittenberge, Massen; 2012: Außenstelle Dresden Falkenberg, Peitz, Nauen, Pritzwalk) Stasi Ohn(e)Macht – Die Auflösung der DDR-Geheim- Eingesperrt. Untersuchungshaft bei der Staatssicherheit in polizei (2011: Hof; 2012: Radebeul, Fellbach, Würzburg, Frankfurt (Oder) (2012: Cottbus) Königsbrunn, Bad Schandau, Nossen, Meißen, Kamenz) Außenstelle Gera Doppeltes Spiel – Fußball im Visier der Staatssicherheit (2011: Dresden; 2012: Königsbrunn) Fluchtschicksale – Der gefährliche Weg in den Westen (2011: Rostock, Chemnitz, Ribnitz-Damgarten, Bad Dür- Zwischen Aufbegehren und Anpassen – Jugend in der renberg, Garbsen/Hannover; 2012: Magdeburg, Hof, DDR (2011: Magdeburg, Gardelegen, Potsdam, Helm- Halle) stedt, Waiblingen; 2012: Radebeul, Radeberg, Königs- brunn) Leben im Überwachungsstaat (2012: Teistungen) Kaderschmiede Sport – Kinder- und Jugendsportschulen Überwacht und abgeschottet – Der Uranbergbau im Vi- im Fokus der Staatssicherheit (2011: Altenberg, Dresden; sier der Stasi (2011: Chemnitz, Perleberg, Freiberg; 2012: 2012: Radebeul, Ebersbach, Meißen, Eichsfeld) Freiberg) Gut gekauft – gern gekauft. Handel und Versorgung im Stasi Ohn(e)Macht – Die Auflösung der DDR-Geheim- Blickfeld des Staatssicherheitsdienstes (2011: Dresden) polizei (2011: Nürnberg; 2012: Zeulenroda-Triebes, Saal- feld, Neustadt/Orla, Altenburg, Schkölen) Freiheit und Zensur. Filmschaffen in der DDR zwischen Anpassung und Opposition (2011: Dresden) Stasi – Schattenarmee einer Diktatur (2011: Gera; 2012: Gera) DemokratieVersprühen (2011: Dresden) Herbst 1989 – Die friedliche Revolution und das Ende Außenstelle Halle der Staatssicherheit (2012: Königsbrunn) Verdeckt und getarnt – Techniken und Methoden der ge- Erinnerungen wach halten! Der 17. Juni 1953 in Niesky heimen Beobachtung (2011: Halle) (2012: Radebeul) Viele Grüße von Andreas, wann kann der Teppich gelie- Ziel: Umerziehung – Zur Geschichte repressiver Heim- fert werden? Konspirative Wohnungen im ehemaligen erziehung (2012: Dresden) Bezirk Halle (2011: Halle) – 131 –

noch Anhang 13

Die Mauer. Eine Grenze durch Deutschland (2011: Halle) Außenstelle Magdeburg Freiheit und Zensur. Filmschaffen in der DDR zwischen Kernkraftwerk Stendal (2011: Schwerin, Wittenberge, Anpassung und Opposition (2011: Halle) Osterburg) DemokratieVersprühen (2011: Halle) Wir sind überall. Die Stasi im ehemaligen Bezirk Magde- burg (2012: Magdeburg) Ein Denkmal für Freiheit und Einheit (2012: Halle) Die Firma im Betrieb – Stasi in der Volkswirtschaft in der Wir sind ein Volk (2012: Halle) Region Magdeburg (2012: Magdeburg) Ermittlungen des Staatssicherheitsdienstes zu Katastro- phen in Halle und Umgebung (2012: Halle) Stasi Ohn(e)Macht – Die Auflösung der DDR-Geheim- polizei (2012: Magdeburg) Stasi Ohn(e)Macht – Die Auflösung der DDR-Geheim- polizei (2011/2012: Halle) Spiele der Macht – Sport im Focus der Magdeburger Stasi (2012: Magdeburg) Überwachung – Die Staatssicherheit im Raum Dessau- Roßlau (2012: Dessau) Außenstelle Neubrandenburg

Außenstelle Leipzig Die heile Welt der Diktatur. Herrschaft und Alltag in der DDR (2011: Waren, Malchow, Prenzlau) Freiheit für meine Akte (2011/2012: Leipzig, Borsdorf, Bad Düben) Bereits Gras über der deutsch-deutschen Grenze (2011: Neubrandenburg) Konspirative Fototechnik und Operative Beobachtung (2011/2012: Leipzig) Gut gekauft – gern gekauft. Handel und Versorgung im Blickfeld des Staatssicherheitsdienstes (2012: Neubran- Grenzdurchbrüche (2011/2012: Leipzig) denburg) Angst vor Solidarność (2011/2012: Leipzig) Freiheit und Zensur. Filmschaffen in der DDR zwischen Grau in Grau. Die Umweltsituation im Bezirk Leipzig – Anpassung und Opposition (2012: Neubrandenburg, die Stasi und der „Grüne Feind“ (2012: Leipzig) Demmin) Stasi Ohn(e)Macht – Die Auflösung der DDR-Geheim- Unerkannt durch Freundesland (2011: Neubrandenburg) polizei (2011: Leipzig, Werdau) Zwangsaussiedlung (2011: Neubrandenburg) Die Botschaftsflüchtlinge auf ihrer Fahrt von Prag nach Jugendopposition in der DDR (2012: Neubrandenburg) Hof (2011: Leipzig) Taktische Methoden und operative Legenden – Die Ope- Außenstelle Rostock rative Personenmaskierung (OPM) und Beobachtungsme- thoden der Stasi (2011: Leipzig) Workuta. Zur Geschichte eines sowjetischen Lagers (2011: Rostock) Die heile Welt der Diktatur. Herrschaft und Alltag in der DDR (2011: Leipzig) Die Mauer. Eine Grenze durch Deutschland (2011: Ros- tock) Leipzig im Herbst '89 (2011: Leipzig) Gesichter der Friedlichen Revolution (2012: Rostock) Die Mauer. Eine Grenze durch Deutschland (2011: Leip- zig) Der gefährliche Schmied. Die Auseinandersetzung zwi- schen Friedensbewegung und DDR-Staat (2012: Ros- Geschichte von jenseits des eisernen Vorhangs. Die Dik- tock) tatur und Widerstand in Polen, Ungarn, Tschechien, Ru- mänien und der DDR 1945-1989 (2011: Leipzig) Die heile Welt der Diktatur. Herrschaft und Alltag in der DDR (2012: Rostock) Feuer, Wasser, Krieg und andere Katastrophen (2012: Leipzig) Das Frauengefängnis Hoheneck. 25 Porträts ehemaliger politischer Häftlinge (2012: Rostock, Ostseebad Baabe) Als der Südfriedhof mein Wohnzimmer war – Gruftis im Visier der Stasi (2012: Leipzig) Der Kalte Krieg. Kurze Geschichte einer geteilten Welt (2012: Rostock) EXIT. Reise ohne Rückkehr? Eine Ausstellung zur Aus- wanderung aus der DDR (2012: Leipzig) Über die Ostsee in die Freiheit. Maritime Fluchten aus der DDR (2011: Brest) AnSprüche eines DDR-Jahrzehnts. Fotografien im Wider- spruch zum Losungsalltag (2012: Leipzig) Stasi im Ostseeraum (2012: Wedel) – 132 – noch Anhang 13

Außenstelle Schwerin Freiheit und Zensur. Filmschaffen in der DDR zwischen Anpassung und Opposition (2012: Görslow, Hitzacker Licht aus am Demmlerplatz – Jugend in der DDR und (Elbe)) MfS (2011: Crivitz; 2012: Ludwigslust) Grenzgebiet – Ereignisse an der innerdeutschen Grenze 20 Jahre Aufbruch 1989 – Tage der Erinnerung im zwischen Rehna und Cumlosen, an Elbe und Schaalsee Schweriner Dom (2011: Görslow; 2012: Schwerin, (2011: Zarrentin, Wittenberge, Bremerhaven; 2012: Görslow) Schlagsdorf) Gesichter der Friedlichen Revolution – Fotografien von Stasi Ohn(e)Macht – Die Auflösung der DDR-Geheim- Dirk Vogel (2012: Görslow) polizei (2011: Alt Jabel, Zarrentin, Görslow; 2012: Görslow, Ludwigslust) Mutige Frauen. Widerständiges Verhalten in Zeiten von Diktaturen (2012: Görslow) Die Mauer. Eine Grenze durch Deutschland (2011: Görslow) Jugendopposition in der DDR (2012: Görslow, Crivitz) Grenzinschriften – Texte über Fluchten und Vertreibun- gen, Wiederfinden und Neuanfänge an der innerdeut- Außenstelle Suhl schen Grenze (2011: Görslow) Die Untersuchungshaftanstalt der Bezirksverwaltung für Die heile Welt der Diktatur. Herrschaft und Alltag in der Staatssicherheit Suhl (2011: Suhl; 2012: Meiningen, DDR (2011: Görslow, 2012: Ludwigslust, Alt Jabel) Suhl) – 133 –

Anhang 14

Das Bildungszentrum Berlin, die Informations- und Telefon 0335 6802712 Dokumentationszentren des BStU sowie 0335 6068-2411 (BStU) Gedenkstätten 0335 401560 (Museum Viadrina) Telefax 0335 6068-2419 (BStU) Stasi-Museum E-Mail [email protected] Ruschestraße 103, „Haus 1“ [email protected] 10365 Berlin Informations- und Dokumentationszentrum Gemeinsam betrieben vom BStU und ASTAK e. V. Frankfurt (Oder) geöffnet Montag bis Freitag von 11:00 bis 18:00 Uhr, Fürstenwalder Poststraße 87 Samstag, Sonntag und Feiertage von 14:00 bis 18:00 Uhr 15234 Frankfurt (Oder) Eintritt 5 Euro, ermäßigt 4 Euro, Schüler 3 Euro geöffnet täglich von 9:00 bis 17:00 Uhr Telefon 030 553-6854 Telefax 030 553-6853 Telefon 0335 6068-2510 E-Mail [email protected] Telefax 0335 6068-2419 Internet www.stasimuseum.de E-Mail [email protected]

Bildungszentrum Berlin Informations- und Dokumentationszentrum Halle Zimmerstraße 90 (am ehemaligen Checkpoint Charlie) Blücherstraße 2 10117 Berlin 06122 Halle (Saale) geöffnet Montag bis Sonntag von 10:00 bis 18:00 Uhr geöffnet Montag, Mittwoch und Donnerstag von 8:00 bis 17:00 Uhr, Dienstag von 8:00 bis 18:00 Uhr, Freitag von Telefon 030 2324-7951 8:00 bis 14:00 Uhr Telefax 030 2324-7959

E-Mail [email protected] Telefon 0345 6141-2711 Telefax 0345 6141-2719 E-Mail [email protected] Informations- und Dokumentationszentrum Dresden Riesaer Straße 7, Seiteneingang C Dokumentations- und Gedenkstätte in der ehemaligen 01129 Dresden Untersuchungshaftanstalt der Staatssicherheit in Rostock geöffnet Montag bis Donnerstag von 8:00 bis 17:00 Uhr, Freitag von 8:00 bis 14:00 Uhr, Samstag nach Vereinba- Hermannstraße 34 b (Zugang über Augustenstraße/Grü- rung ner Weg) 18055 Rostock Telefon 0351 2508-0 Telefax 0351 2508-3419 geöffnet (März – Oktober) Dienstag bis Freitag von 10:00 E-Mail [email protected] bis 18:00 Uhr, Samstag von 10:00 bis 17:00 Uhr geöffnet (November – Februar) Dienstag bis Freitag von Informations- und Dokumentationszentrum Erfurt 9:00 bis 17:00 Uhr, Samstag von 10:00 bis 17:00 Uhr Petersberg Haus 19 An Sonn- und Feiertagen geschlossen. Öffentliche Füh- 99084 Erfurt rungen (auch in englischer Sprache) Mittwoch und Sams- geöffnet täglich von 9:00 bis 18:00 Uhr tag 14:00 Uhr Telefon 0381 498-5651/52 Telefon 0361 5519-4711 Telefax 0361 5519-4719 Fax 0381 498-5650 E-Mail [email protected] E-Mail [email protected]

Informationspunkt und Bürgerberatung Potsdam Gedenk- und Dokumentationsstätte „Opfer politischer Gewaltherrschaft“ in Frankfurt (Oder) in der Gedenkstätte Lindenstraße 54/55 für die Opfer politischer Gewalt im 20. Jahrhundert Collegienstraße 10 15230 Frankfurt (Oder) Lindenstraße 54 14467 Potsdam geöffnet Dienstag und Donnerstag von 10:00 bis 17:00 Uhr, Mittwoch und Freitag für Besuchergruppen nach geöffnet (Informationspunkt) Dienstag bis Sonntag von Voranmeldung 10:00 bis 18:00 Uhr – 134 – noch Anhang 14 geöffnet (Bürgerberatung) jeden 2. und 4. Dienstag im Bis auf das Stasi-Museum in Berlin ist der Besuch al- Monat von 10:00 bis 18:00 Uhr ler genannten Einrichtungen des BStU kostenfrei. Für Gruppenführungen werden Voranmeldungen erbeten. Telefon 0331 2011420 Telefax 0331 2011063 – 135 –

Anhang 15

Sonderausstellungen im Bildungszentrum Berlin sphäre der Bürger wurden systematisch verletzt. Die Ausstellung wurde vom BStU erstellt. 5. Oktober 2010 bis 19. Februar 2011 Künstler in Gefangenschaft – Gefangene, 7. Juli 2011 bis 17. September 2011 die zu Künstlern wurden Der Weg zur Freiheit. DDR-Bürger in Prag 1989. Die Kunst in der DDR sollte auf Geheiß der SED Teil der Fotografien von Blanka Lamrová „sozialistischen Nationalkultur“ sein. Eine Mischung aus Die Schwarzweißaufnahmen der tschechischen Fotografin Versorgung, Privilegien, Gängelung und Kontrolle sorgte Blanka Lamrová (geb. 1949) zeigen die Situation der dafür, dass viele Künstler sich anpassten oder sich wenigs- DDR-Flüchtlinge in der bundesdeutschen Botschaft in tens politisch unauffällig verhielten. Solch Wohlverhalten Prag im September 1989. Die Bilder schildern die schwie- vorausgesetzt, hatten ausgebildete Künstler in der DDR rigen Umstände und die dramatische Lage der DDR-Bür- ein gesichertes Einkommen. Diejenigen jedoch, die sich ger in der völlig überfüllten Botschaft. Auf ihrem tägli- nicht anpassen wollten, wurden aus dem staatlich gelenk- chen Weg zur Arbeit beobachtete Blanka Lamrová seit ten Kunstbetrieb ausgeschlossen. Ihnen wurde das Arbei- dem frühen Sommer 1989 das Geschehen um das Lobko- ten erschwert oder sogar unmöglich gemacht, sie wurden witz-Palais, den Sitz der Botschaft der Bundesrepublik überwacht und kriminalisiert. Die Ausstellung dokumen- Deutschland in Prag. Mitte August entstanden dann ihre tierte einige dieser Schicksale und zeigte ausgewählte ersten Aufnahmen, aus großem Abstand und heimlich Kunstwerke. Die Idee zur Ausstellung ist dem Menschen- gemacht, da die deutsche Botschaft unter strenger Be- rechtszentrum Cottbus e. V. und der Kuratorin Anna obachtung von Polizei und Geheimdienst stand. Es war Schädlich zu verdanken. Zur Ausstellung erschien ein Ka- kein professionelles Interesse, sondern die persönliche talog. Anteilnahme an dem Schicksal der Menschen, die die Fo- tografin zu den ersten Aufnahmen bewegte. Erst nach wei- 3. März 2011 bis 30. Juni 2011 teren zwei Wochen traute sie sich, die Situation direkt vor der Botschaft zu fotografieren. Das Grußwort zur Ausstel- Prag durch das Objektiv der Geheimpolizei lung des Tschechischen Zentrums Berlin hielt Dr. Rudolf Die tschechoslowakische Staatssicherheit StB observierte Jindrák, Botschafter der Tschechischen Republik in der bis 1989 als „feindlich“ eingestufte Bürgerrechtler, Un- Bundesrepublik Deutschland. terzeichner der Charta 77 oder Kirchenvertreter. Auch Ausländer gerieten in das Visier der Geheimpolizei, viele Seit dem 6. August 2011 wurden gleich am Flughafen oder am Bahnhof von Poli- Täuschen und Vertuschen. Die Stasi zeispitzeln erwartet. In den mitunter leicht verwackelten und die Mauertoten und aus ungewöhnlichen Blickwinkeln aufgenommenen Fotos sind die Bespitzelten in ihrem Alltag zu sehen – auf Die DDR-Staatsicherheit verschleierte die Todesfälle an der Straße, beim Einkaufen oder zusammen mit Freun- der Berliner Mauer so weit wie möglich. Sterbeurkunden den. Die Observierungsfotos sind nicht nur Zeugnis der wurden gefälscht, Fehlinformationen verbreitet, mancher Überwachung, sondern dokumentieren ungeschönt auch Leichnam verschwand oder wurde namenlos bestattet. Die die Atmosphäre im Prag der 70er- und 80er-Jahre. Eine Leidtragenden waren vor allem die Angehörigen der Mau- Ausstellung des Instituts für das Studium totalitärer Re- eropfer. Die Ungewissheit über die Todesumstände warf gime und des Archivs der Staatsorgane, Prag. Zur Aus- einen langen Schatten auf ihr Leben. Die Ausstellung zeigt stellung erschien ein Katalog. unter anderem auch persönliche Gegenstände der Mauer- toten, die die Staatssicherheit einbehielt. Die Ausstellung Die Ausstellung wurde ergänzt durch ein Modul, das vom des BStU entstand anlässlich des 50. Jahrestages des Baus BStU erstellt wurde: „Maßnahme F“. Fotografie als Me- der Berliner Mauer. thode der Staatssicherheit. 27. September 2011 bis 18. Dezember 2011 3. März 2011 bis 30. Juni 2011 Blick nach „drüben“. Installation „Maßnahme F“. Fotografie als Methode der Künstlerin Andrea Thema der DDR-Staatssicherheit Die deutsch-deutsche Grenze am Rande ihrer fränkischen Im Kampf gegen den „Feind“ und gegen „kriminelle Ma- Heimat, die mit Stacheldraht, Zaun und Minen die Men- chenschaften“ war dem DDR-Staatssicherheitsdienst je- schen voneinander trennte, bewegt Andrea Thema bis des Mittel recht, beispielsweise Arbeitsplatzdurchsuchun- heute. In Objekten und Installationen nähert sie sich mit gen, Telefon- und Raumüberwachungen, die Beobachtung ungewöhnlichen Materialien dem Sujet an: eine harte mit Videotechnik oder der Einsatz inoffizieller Mitarbeiter Grenze, immer an der gleichen Stelle und doch mit feinem (IM). Als „Maßnahme F“ bezeichnete das MfS den Ein- Spiel in den Farben und Strukturen. „Es ist mein Blick satz von Fototechnik, wobei es sowohl offen als auch ver- nach drüben“, sagt Andrea Thema. Zur Eröffnung der deckt vorging. Das Persönlichkeitsrecht und die Privat- Ausstellung hielt Dr. h. c. Susanne Kastner, Vizepräsiden- – 136 – noch Anhang 15 tin des Deutschen Bundestages a. D. und Vorsitzende des den in dieser Ausstellung präsentiert. Die Ausstellung Verteidigungsausschusses, die Laudatio. wurde gefördert vom Bundesministerium für Familie, Se- nioren, Frauen und Jugend, der Bundesstiftung zur Aufar- 17. November 2011 bis 31. Januar 2012 beitung der SED-Diktatur und der Freudenberg Stiftung. Der weiße Strich. Vorgeschichte und Folgen einer Kunstaktion an der Berliner Mauer 7. Juni 2012 bis 31. August 2012

Ein endlos langer weißer Strich auf der Vorderlandmauer Fußball für die Stasi. Der Berliner Richtung West-Berlin erzürnte die Machthaber in Ost- Fußball-Club Dynamo Berlin. Die Ausstellung dokumentiert erstmalig die spek- Der Berliner Fußball-Club Dynamo – kurz BFC Dy- takuläre Geschichte einer Kunstaktion an der Berliner namo – war einer der erfolgreichsten Fußballvereine der Mauer im Jahr 1986, die für einen der Beteiligten auf DDR-Oberliga. Zehnmal in Folge war er von 1979 bis tragische Weise in der Stasi-Sonderhaftanstalt Bautzen II 1988 Fußballmeister der DDR. Trotz dieser Erfolge war endete. Fotografien, Dokumente, Fernsehberichte und In- der BFC in der DDR nicht sehr beliebt. Als Teil der terviews erzählen von der Vorgeschichte der Kunstaktion Sportvereinigung Dynamo, die unter der Ägide des und deren Folgen. Zur Eröffnung der Wanderausstellung Ministers für Staatssicherheit Erich Mielke stand, galt der in Berlin sprachen der Bundesbeauftragte Roland Jahn Verein als Stasi-Club. Die Ausstellung dokumentiert die und Dr. Axel Klausmeier, Direktor der Stiftung Berliner ideologische Funktion des BFC. Sie zeichnet den Einfluss Mauer. Die Ausstellung ist ein Kooperationsprojekt der der Staatssicherheit auf den Verein nach und macht sicht- Gedenkstätte Bautzen, der Gedenkstätte Berliner Mauer bar, wie der BFC und seine Fans überwacht und kontrol- und der Stiftung Sächsische Gedenkstätten, gefördert von liert wurden. Hörstationen mit Zeitzeugeninterviews bo- der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. ten eine lebendige Rückschau. Die Ausstellung wurde vom BStU erstellt. Zur Ausstellung erschien ein Katalog. 16. Februar 2012 bis 23. März 2012 Grüße aus der DDR oder Der Alltag in einem 6. September 2012 bis 2. November 2012 verschwundenen Staat. Fotografien von Die Gedanken sind frei. Bilder von Uwe Fehrmann Siegfried Wittenburg 1984 floh der Künstler Uwe Fehrmann in die streng be- Wie erlebten die Menschen den Alltag in der SED-Dikta- wachte Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in tur? Die Fotoausstellung von Siegfried Wittenburg vermit- Prag, weil er die geistige Enge in der DDR nicht mehr er- telt eine Vorstellung davon, mit welchen ganz alltäglichen trug. Nach Verhandlungen zwischen Bonn und Ost-Berlin Umständen die Menschen zurechtkommen mussten. Mit erhielt Fehrmann eine Zusicherung auf Ausreise, war al- fotografischem Gespür für subtile Situationen lichtete er lerdings gezwungen, zunächst in die DDR zurückzukeh- den Alltag ab – und forderte damit die Staatssicherheit he- ren. 1985 konnte er schließlich in die Bundesrepublik raus. Das Ausstellungsprojekt von Siegfried Wittenburg ausreisen. In seinem Bilderzyklus „Die Gedanken sind wurde 2007 von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der frei“ setzt sich Fehrmann vor dem Hintergrund seiner Er- SED-Diktatur gefördert. lebnisse mit der jüngsten deutschen Geschichte auseinan- der. Er thematisiert Überwachung und Unterdrückung in 3. April 2012 bis 1. Juni 2012 der DDR, aber auch die Überwindung der Unfreiheit so- „Das hat’s bei uns nicht gegeben!“ wie den Umgang mit der Vergangenheit. Antisemitismus in der DDR 9. November 2012 bis 16. März 2013 Bis heute hält sich der Mythos, in der DDR hätte es kei- nen Antisemitismus gegeben. Obwohl auch der Osten Berliner Mauer: Fotos verboten. Die heimlichen Deutschlands einst Teil des nationalsozialistischen Täter- Aufnahmen von Detlef Matthes in Ost-Berlin landes war, erklärte die DDR ihre Bevölkerung zu einem Volk von Antifaschisten. Zudem fanden in den Familien Die Berliner Mauer war für ihn das Ende seiner Lebens- und Gemeinden kaum Auseinandersetzungen mit der Ver- welt, sie machte den Westen unerreichbar: Immer wieder gangenheit statt. So blieb der Bodensatz des Antisemitis- fotografierte Detlef Matthes heimlich die Grenze. 1987 mus unangetastet. entdeckte die Stasi die Fotos und hielt Matthes mehrere Wochen im Stasi-Gefängnis Berlin-Hohenschönhausen In acht ostdeutschen Städten haben Jugendliche mit der fest. Matthes konnte später in den Westen ausreisen. Erst- Unterstützung von Historikern und Pädagogen Fragen ge- mals wurden die Fotos von Detlef Matthes der Öffentlich- stellt und Fakten recherchiert: Was wurde in der Regio- keit in einer Ausstellung zugänglich gemacht. Die Auf- nalzeitung über Israel geschrieben? Wo befindet sich der nahmen vermitteln die Atmosphäre der Stadt Berlin auf jüdische Friedhof und wo sind nach 1950 seine Grab- der Ostseite der Mauer, und sie erzählen etwas über die steine geblieben? Und wie wurde öffentlich an die Opfer Sehnsucht eines Jugendlichen nach Freiheit. Zur Ausstel- des Nationalsozialismus erinnert? Ihre Ergebnisse wur- lung erschien ein Katalog. – 137 –

Anhang 16 Abkürzungsverzeichnis

A ABTL Állambiztonsági Szolgálatok Történeti Levéltára – Historisches Archiv der Staatssicherheitsdienste (Un- garns) AG Aktiengesellschaft AMAG Aktenausgabe Magazin (IT-Verfahren beim BStU) AR Abteilung Archivbestände beim BStU ARD Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland ARTE Association Relative à la Télévision Européenne; Fernsehsender in deutsch-französischer Kooperation ASTAK Antistalinistische Aktion Berlin-Normannenstraße e. V. AU Abteilung Verwendung von Unterlagen beim BStU

B BArchG Bundesarchivgesetz BASYS 2 Archivverwaltungssystem (IT-System) des Bundesarchivs BBC British Broadcasting Corporation; britischer Radio- und Fernsehsender BDSG Bundesdatenschutzgesetz BEM Betriebliches Eingliederungsmanagement BF Abteilung Bildung und Forschung beim BStU BfDI Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit BKM Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien bpb Bundeszentrale für politische Bildung BR Bundesrat BSI Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik BStU Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen De- mokratischen Republik BV Bezirksverwaltung (des MfS)

C CD Compact Disk (Speicher für digitale Daten) CD-ROM Compact Disc Read-Only Memory (Speicher für digitale Daten) CDU/CSU gemeinsame Fraktion der Parteien Christlich Demokratische Union Deutschlands und Christlich-Soziale Union in Bayern e. V. im Deutschen Bundestag CNSAS Consiliul Naţional pentru Studierea Arhivelor Securităţii – Nationaler Rat für das Studium der Archive der Securitate (Rumänien) COMDOS Kommission zur Deklassifizierung der Dokumente und Offenlegung der Beziehungen bulgarischer Bür- ger zum früheren Staatssicherheits- und Nachrichtendienst der Bulgarischen Volksarmee; auch: Kostadi- nov-Kommission (Republik Bulgarien) ČSSR Tschechoslowakische Sozialistische Republik (1948 – 1993)

D DDR Deutsche Demokratische Republik (1949 – 1990) DOSA Dokumentensammlung – 138 – noch Anhang 16

DOSB Deutscher Olympischer Sportbund DGAP Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik DuG Dokumentations- und Gedenkstätte in der ehemaligen Untersuchungshaftanstalt des MfS in Rostock DVD Digital Versatile Disk (digitales Speichermedium)

E eArchiv elektronisches Archiv (IT-Verfahren des BStU) EDV elektronische Datenverarbeitung EPR Elektronisches Personenregister (IT-Verfahren des BStU) EU Europäische Union e. V. eingetragener Verein

F F ... Formblatt .… (des MfS), z. B. bei Karteien F 16 Zentrale Personenkartei/Klarnamenkartei (des MfS) F 22 Vorgangskartei (des MfS) F 77 Decknamenkartei (des MfS) F 78 Straßenkartei (des MfS) F. C. Fußball-Club FDGB Freier Deutscher Gewerkschaftsbund (Dachverband der Einzelgewerkschaften in der DDR) FDJ Freie Deutsche Jungend (Jugendverband der DDR) FDP Freie Demokratische Partei

G GIZ Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung GSB Government Site Builder (zentrale Content Management Lösung für die Webangebote der Bundesverwal- tung) GSSD Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland

H HA Hauptabteilung (MfS) HHG Häftlingshilfegesetz HHO Datenbank HV A/HIM/OibE (IT-Verfahren der BStU) HIM hauptamtlicher inoffizieller Mitarbeiter (MfS) HM/WR Datenbank hauptamtliche Mitarbeiter/Mitarbeiter Wachregiment (IT-Verfahren der BStU)

I ICA Internationaler Archivrat IFG Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz) IfZ Institut für Zeitgeschichte München-Berlin IM inoffizieller Mitarbeiter (MfS) – 139 –

noch Anhang 16

IPK Fraunhofer Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPN Instytut Pamięci Narodowej – Institut des Nationalen Gedenkens (Republik Polen) IT Informationstechnik

K K 1 Arbeitsgebiet 1 der Kriminalpolizei KD Kreisdienststelle (MfS) KGB Komitet Gossudarstwennoi Besopasnosti – Komitee für Staatssicherheit (Geheimdienst der ehemaligen Sowjetunion, 1954 – 1991) KKW Kernkraftwerk KSZE Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa kw-Vermerk Haushaltsvermerk im Stellenplan, der vorsieht, dass Planstellen oder andere Stellen künftig wegfallen (Stellen mit kw-Vermerk können nicht nachbesetzt werden) KZ Konzentrationslager

L LAkD Die Beauftragte des Landes Brandenburg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur lfd. M. laufende(r) Meter

M MdB Mitglied des Deutschen Bundestages MdI Ministerium des Innern (DDR) MDR MfS Ministerium für Staatssicherheit (DDR)

N NDR Norddeutscher Rundfunk NGO Nichtregierungsorganisation NRW Nordrhein-Westfalen NS Nationalsozialismus NSDAP Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (1920 – 1945)

O OibE Offizier im besonderen Einsatz (MfS) OPK Operative Personenkontrolle (MfS) OV Operativer Vorgang (MfS)

P PDF Portable Document Format; plattformübergreifendes Dateiformat für Dokumente

R RAF Rote Armee Fraktion rbb Rundfunk Berlin-Brandenburg – 140 – noch Anhang 16

S SAE Sachaktenerschließung (IT-Verfahren des BStU) SAPMO Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv SBZ Sowjetische Besatzungszone SCNR Study Centre for National Reconciliation – Studienzentrum für nationale Aussöhnung (Slowenien) SDAG Sowjetisch-Deutsche Aktiengesellschaft SED Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (DDR) SIRA System der Informationsrecherche der HV A (Datenbank der HV A) SMT Sowjetisches Militärtribunal SPD Sozialdemokratische Partei Deutschlands SS Schutzstaffel der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) StrRehaG Gesetz über die Rehabilitierung und Entschädigung von Opfern rechtsstaatswidriger Strafverfolgungs- maßnahmen im Beitrittsgebiet (Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz) StUG Gesetz über die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Re- publik (Stasi-Unterlagen-Gesetz)

T TU Technische Universität

U UNESCO United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization – Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation UNO United Nations Organization (deutsch: Organisation der Vereinten Nationen) UOKG Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft ỨPN Ústav pamäti národa – Institut des Nationalen Gedenkens (Slowakische Republik) ỨSTR Ústav pro Studium Totalítnich Reźimú – Institut für das Studium totalitärer Regime (Tschechische Repu- blik)

V VEB Volkseigener Betrieb (DDR) VEG Volkseigenes Gut (DDR) VS Verschlusssache

W WBG Wissenschaftliches Beratungsgremium des BStU WDR Westdeutscher Rundfunk

Z ZER Zentrales Einwohnerregister (DDR) ZOV Zentraler Operativer Vorgang (MfS) ZZF Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam – 141 –

noch Anhang 16

Erläuterungen zu den im Text genannten Diensteinheiten des MfS Abt. Abteilung Abt. II Spionageabwehr (in den BV; entspricht im MfS: HA II) Abt. III Funkaufklärung, Funkabwehr (in den BV; entspricht im MfS: HA III) Abt. VI Passkontrolle, Tourismus, Interhotel, Zollabwehr (in den BV; entspricht im MfS: HA VI) Abt. VII Inneres/Deutsche Volkspolizei (in den BV; entspricht im MfS: HA VII) Abt. VIII Beobachtung, Ermittlung (in den BV; entspricht im MfS: HA VIII) Abt. XII Zentrale Auskunft/Speicher (im MfS) bzw. Auskunft/Speicher (in den BV) Abt. XIV Untersuchungshaft, Strafvollzug (in den BV und im MfS) Abt. XV Aufklärung (in den BV; entspricht im MfS: HV A) Abt. XX Staat, Kirche, Sport, Kultur, Opposition (in den BV; entspricht im MfS: HA XX) Abt. 26 Telefonüberwachung (in den BV und im MfS) Abt. OT Operative Technik Abt. M Postkontrolle (in den BV und im MfS) Abt. N Nachrichten AG XVII Besucherbüro Westberlin AKG Auswertungs- und Kontrollgruppe (in den BV und im MfS) BKG Bezirkskoordinierungsgruppe (DDR) HA Hauptabteilung HA I Abwehrarbeit in der Nationalen Volksarmee und den Grenztruppen HA II Spionageabwehr HA III Funkaufklärung, Funkabwehr HA VI Passkontrolle, Tourismus, Interhotel HA VII Abwehr im Ministerium des Innern/Deutsche Volkspolizei HA VIII Beobachtung, Ermittlung HA IX Untersuchungsorgan HA IX/11 Aufklärung von Nazi- und Kriegsverbrechen HA XVIII Sicherung der Volkswirtschaft HA XIX Verkehr, Post- und Nachrichtenwesen HA XX Staatsapparat, Kultur, Kirche, Untergrund HA XXII Terrorabwehr HA KuSch Hauptabteilung Kader und Schulung HV A Hauptverwaltung Aufklärung WSE Wach- und Sicherheitseinheit ZAIG Zentrale Auswertungs- und Informationsgruppe