Jeder hat nach seinen Fähigkeiten ein Recht auf Arbeit. Das Streikrecht wird anerkannt, wenn die Gewerkschaften60 den Jahre Streik Hessische erklären. Verfassung Die Aus- sperrung ist rechtswidrig. Jeder Missbrauch der wirtschaftlichen Freiheit - insbesondere zur monopolistischen Machtzusammenballung zu politischer Macht - ist untersagt. Vermögen, das die Gefahr solchen Missbrauchs wirtschaftlicher Freiheit in sich birgt, ist aufgrund gesetzlicher Bestimmungen in Gemeineigentum zu überführen. Die Frau und der Jugendliche haben für gleiche Tätigkeit undDer gleiche Leistung Anspruch auf gleichen Lohn. Mit Inkrafttreten dieser Verfassung werden in Gemeineigentum überführt: der Bergbau (Kohlen, Kali, Erze), die Betriebe der Eisen- und Stahlerzeugung,Auftrag die Betriebe der Energiewirtschaft und das an Schienen und Oberleitungen gebundene Verkehrswesen, vom Staate beaufsichtigt oder verwaltet: die Grossbanken und Versicherungs- unternehmen und diejenigen Betriebe, deren Sitz nicht in Hessenbleibt liegt. „Das Privateigentum ver- pflichtet gegenüber der Gemeinschaft. Sein1 Gebrauch darf dem Gemeinwohl nicht zuwiderlaufen. Seht diese Hüte von Besiegten! Und 1945. Der deutsche Faschismus ist besiegt. Zurück Nicht als man sie vom Kopf uns schlug zuletzt bleiben Trümmer und ungeheures Leid. Aus den War unsrer bittern Niederlage Stund. Konzentrationslagern kommen die Überlebenden. Sie war, als wir sie folgsam aufgesetzt. Oben: Dachau am Tag der Befreiung. Bertolt Brecht Lagerältester Oskar Müller (später Arbeitsminister in Hessen) spricht mit einem Offizier der US-Befreier. Am 14. April 1945 wird eine Zivilregierung eingesetzt. SPD und KPD sprechen über eine gemeinsa- me Partei. Sogar die CDU will den So- zialismus. 2 Verfassungsfragen sind mungen in Artikel 29, das Festschreiben einer das gan- ze Volk verbindenden Sozialversicherung in Artikel 35, Machtfragen die Sozialisierung der Eisen- und Stahlindustrie (u.a.) in Artikel 41 und viele weitere Bestimmungen.

Dennoch wurden die demokratischen und sozialen Er- Vor 60 Jahren, am 1. Dezember 1946, wurde die Verfas- rungenschaften der Hessischen Verfassung im wesent- sung des Landes Hessen durch Volksentscheid ange- lichen nicht verwirklicht. nommen. Heute ist es notwendiger denn je, ihre Grund- gedanken, die weitgehend in Vergessenheit geraten Schon mit der Verabschiedung des Grundgesetzes wur- sind, zu verbreiten und für sie einzutreten. den die Weichen gestellt für die spätere Restaurierung der alten Machtverhältnisse; nach dem Grundsatz „Bun- Damals, nach den Verbrechen des Faschismus, nach desrecht bricht Landesrecht“ blieb die Hessische Ver- dem Elend, das der 2. Weltkrieg in Europa hinterlassen fassung ein soziales und demokratisches Vermächtnis, hatte, herrschte parteienübergreifend der Wille zu ei- das im politischen Leben keine Rolle spielte. nem wirklichen Neubeginn. „Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg“ war die einhellige Meinung derer, die Unter Bruch der Abkommen der Alliierten, das ein daran gingen, ein demokratisches Deutschland aufzu- antifaschistisches, neutrales Deutschland vorsah, kehr- bauen und für Bund und Länder Verfassungen für eine ten in Westdeutschland die alten Nazis an die Schalthe- demokratische und soziale Gesellschaft zu erarbeiten. bel der Macht in Kabinett (Globke, Oberländer u.a.) und Auch die CDU bekannte sich in ihrem Ahlener Pro- Konzernen (Thyssen, Flick, IG-Farben u.a.) zurück. Unter gramm zum Sozialismus – mußte sich dazu bekennen, Bruch des Grundgesetzes und der Hessischen Verfas- weil sie, wie alle, die die alten Besitz- und Machtver- sung wurde die Wiederbewaffnung gegen den Willen hältnisse weiter etabliert sehen wollten, dem herr- einer breiten demokratischen Bewegung durchgesetzt. schenden Meinungskonsens und vor allem dem herr- Das war der Beginn einer Reihe von Verfassungsbrü- schenden Kräfteverhältnis Rechnung tragen mußten. chen in der BRD, die nur insofern nicht so benannt Deutschland sollte endgültig entmilitarisiert werden, wurden, weil vorher das Grundgesetz in großer Koaliti- faschistische Parteien und Organisationen nie mehr on von CDU/CSU/FDP/SPD, später auch mit den Grü- geduldet, die Großkonzerne zerschlagen und die Macht nen, geändert und den Wünschen des Großkapitals des Großkapitals, das Hitler an die Regierung gebracht angepaßt wurde. hatte, sollte beschnitten werden. Es folgten die Notstandsgesetze, Berufsverbote, Priva- Dazu wurden die Bestimmungen des Potsdamer Ab- tisierung von Bahn und Post, Aushöhlung des Asyl- kommens mit Artikel 139 Bestandteil des Grundgeset- rechts, Auslandseinsätze der Bundeswehr . . . zes der BRD, und diesem Sinne entsprechen zahlreiche Artikel der Hessische Verfassung, wie das Recht auf Nach der Niederlage der sozialistischen Staaten in Eu- Arbeit in Artikel 28, die arbeitsrechtlichen Bestim- ropa und dem Anschluß der DDR an die BRD hat sich der 3 Prozeß des Abbaus demokratischer und sozialer Rech- ben, jeden Gedanken an eine soziale Gesellschaft zu te beschleunigt. Das neue Weltmachtstreben Groß- verhindern; eine Alternative zur Herrschaft des real deutschlands kommt in der von Frankreich und von existierenden Kapitalismus soll nicht einmal erwogen Deutschland dominierten EU verstärkt zum Ausdruck. werden dürfen. Daher werden jene, die die Werte von Deutschlands Kriegseinsätze werden zahlreicher, die Grundgesetz und Hessischer Verfassung verteidigen Truppenkontingente stärker, die Mandate „robuster“. und bewahren wollen, vom „Verfassungsschutz“ be- spitzelt und als „Verfassungsfeinde“ diffamiert – von Die – auch in der Agenda 2010 verfaßte – Strategie jenen, die den Verfassungsbruch täglich schamlos prak- erfordert auch die Kompatibilität der Länderverfassun- tizieren. gen zur EU-Verfassung mit dem Vorrang der Kapitalin- teressen. Aufklärung ist dringend nötig. Widerstand ist geboten. Auch wenn das Kräfteverhältnis heute ein anderes und Seit Jahren wird im Landtag über eine Reform der der Kapitalismus stark ist. Hessischen Verfassung diskutiert. Darüber besteht generell unter allen vier Landtagsparteien Einverneh- Es bleibt wichtig, an die Gründungsgedanken der Ver- men. In Wahrheit geht es um sehr viel mehr. fassung zu erinnern und ihre Aktualität in den öffentli- chen Debatten sichtbar machen. Ein Kernpunkt der Reform besteht in dem Bestreben, künftig Verfassungsänderungen, die bisher nur durch Auch Verfassungsfragen sind Machtfragen. Kämpfen einen Volksentscheid möglich sind, vom Landtag mit wir für unsere demokratischen und sozialen Rechte, für einer Zweidrittelmehrheit beschließen zu können. Und den Erhalt der Hessischen Verfassung! es geht um wesentliche garantierte Errungenschaften, wie sie eingangs genannt wurden, die nicht mehr mit der „Verfassungswirklichkeit“ übereinstimmen und Michael Beltz „entsorgt“ werden sollen. Bezirksvorsitzender der DKP Hessen

Die Hessische Verfassung entsprach dem Empfinden und dem Wollen der Menschen in der damaligen Zeit; sie wollten Frieden und die Einschränkung der Macht der großen Konzerne zugunsten von gesellschaftlichem Eigentum.

Von solchem Zeitgeist ist heute leider nichts mehr übrig. Allein die Erinnerung daran ist den Herrschen- den hinderlich bei ihrem brutalstmöglichen Sozialab- bau und ihren neuen deutschen Kriegen, für die das Völkerrecht ausgehebelt wurde. Heute ist es ihr Bestre- 4 So begann es 28. April 1946 Kreistagswahlen 26. Mai 1946 Wahlen in größeren Städten. März/April 1945 Befreiung Hessens durch Ergebnisse der Wahlen (28. 4. und amerikanische Truppen. 26. 5.): 14. April 1945 Einsetzung einer Zivilregierung 43,2% SPD, 36,9% CDU, unter dem Sozialdemokraten 9,3 % KPD, 7,3% LDP, Ludwig Bergsträsser in Darmstadt 3,3% Sonstige. für die frühere Provinz Starken burg. 30. Juni 1946 Wahl eines verfassunggebenden Ausschusses in Groß-Hessen. 27. Aug. 1945 Örtliche Parteien werden genehmigt. Ergebnisse: 44,3% SPD 37,3% CDU, 9,7% KPD, 8,1% LDP 19. Sept. 1945 Bildung des Landes Hessen durch eine Proklamation der 15. Juli 1946 Verfassungsausschuss amerikanischen Militärregierung. (29 Abgeordnete aus allen Parteien) wird gebildet. 16. Okt. 1945 Die erste deutsche Regierung wird für Groß-Hessen eingesetzt. 1. Dez. 1946 Landtagswahl Ministerpräsident ist SPD 42,7% 687.431 (38) Prof. Dr. Karl Geiler. CDU 30,9% 498.158 (28) 23. Nov. 1945 Landesorganisationen der SPD, KPD, CDU und LDP (Liberal Demo- KPD 10,7% 171.592 (10) kratische Partei) werden gebildet. LDP 15,7% 252.207 (14) Jan. 1946 Erste Wahlen (nur in Gemeinden unter 20.000 Einwohnern). Volksentscheid über die Verfassung 4. Febr. 1946 Auf Anweisung der Militärregie- Ja-Stimmen 76,8% 1.161.773 rung wird eine „Vorbereitende Verfassungskommission“ Nein-Stimmen 23,2% 351.275 gebildet. Die Kommission tagt Volksentscheid über die Aufnahme des Artikels 41 erstmals am 12.3.1946. Sie setzt sich aus Vertretern aller Parteien Ja-Stimmen 72,0 % 1.085.151 zusammen. Neinstimmen 28,0 % 422.194

5 1.085.151 hessische Bürgerinnen Gleichzeitig bestimmte Absatz 2 des Artikels 41, daß Großbanken und Versicherungsunternehmen vom und Bürger wollten Staat beaufsichtigt oder verwaltet werden. „Gemeineigentum“ bei den Von diesem gesamten Verfassungsartikel wurde in der Folgezeit nicht ein einziger Buchstabe verwirklicht. hessischen Großbetrieben Heute sind diejenigen, deren wirtschaftliches Eigen- tum in Gemeineigentum überführt werden sollte, rei- Am 1. Dezember 1946 wurde in Hessen über den Arti- cher und mächtiger denn je zuvor. Wer reich ist, ist kel 41 der Hessischen Verfassung abgestimmt. Um was einflußreich. Die Konzerne machen Politik, sie kaufen ging es dabei? Die Väter der Hessischen Verfassung, Sozialdemokraten, Kommunis- ten und sozial eingestellte christliche Po- litiker, gingen damals von den Lehren der jüngsten Geschichte aus. Sie besagten: Man darf es nicht noch einmal zulassen, daß wirtschaftliche Macht zu politischen Zwecken mißbraucht wird. Die Großin- dustrie und die Großbanken, also die Großkapitalisten, sollten nicht noch einmal die Möglichkeit erhalten, einen neuen Hitler an die Macht zu bringen oder solche Parteien und Gruppen fi- nanziell zu fördern, die bereit wären, für die Bewahrung der Privilegien ei- ner kleinen Schicht die demokrati- schen Rechte der Bevölkerungsmehr- heit zu beseitigen.

Deshalb erarbeitete man den Artikel 41 der Hessi- Politiker, sie nehmen Einfluß auf Parteien und beein- schen Verfassung, der vorsah, folgende Schlüsselindus- flussen politische Entscheidungen. Erneut wird wirt- trien in Gemeineigentum zu überführen: schaftliche Macht für politische Zwecke mißbraucht. Leute, die ihre Privilegien-Herrschaft als Demokratie 1. Bergbau (Kohlen, Kali, Erze), bezeichnen, haben die Restaurierung ihrer Herrschaft 2. Betriebe der Eisen- und Stahlerzeugung, einzig und allein einem diktatorischen Bruch demokra- 3. Betriebe der Energiewirtschaft, tischer Spielregeln zu verdanken. 4. das an Schienen oder Oberleitungen gebundene Für den Artikel 41 stimmte am 1. Dezember 1946 eine Verkehrswesen. eindeutige Mehrheit, 72% Prozent der hessischen Wäh- 6 ler, nämlich 1.085.151. Dagegen stimmten 422.194. War schon diese gesonderte Abstimmung über einen Artikel der Verfassung auf Befehl der amerikanischen Besatzungsmacht zustande gekommen, weil diese sich erhoffte, daß, wenn schon keine Mehrheit gegen die gesamte Hessische Verfassung, so doch wenigstens eine gegen den „Sozialisierungsartikel“ möglich sei, so begann nach der Volksabstimmung die Dollar-Demo- kratie der US-Besatzungsmacht noch tollere Kapriolen zu schlagen. Die Amerikaner erteilten den Befehl, daß der Artikel 41 nicht zu verwirklichen sei. Sie erteilten weiter den Befehl, daß die KPD-Minister aus der Regierung zu ent- lassen seien, obwohl die KPD bei den gerade stattge- fundenen Wahlen drei Sitze hinzugewonnen hatte und mit der SPD (38 Sitze) eine absolute Mehrheit von 48 Mandaten bei insgesamt 90 Landtagsabgeordneten hätte herstellen können. Statt dessen ging die SPD auf Befehl der Amerikaner mit der CDU in eine Koalitionsregierung, und damit war auch im politisch-parlamentarischen Raum der Anfang der dann folgenden Restaurationsperiode gegeben. Sozialdemokratischer Wirtschaftsminister - und mithin verantwortlich für die Verwirklichung des Artikel 41 - wurde ausgerechnet ein Herr Koch, der bis Kriegsende Prokurist des Flick-Konzerns war. Und Buderus in Wetzlar gehörte zu den Betrieben, die in Gemeineigentum überführt werden sollten. Und Buderus gehörte zum Flick-Konzern... Noch Fragen? Aus: „Die Stadtfarbe ist rot!“ Broschüre der DKP-Mörfelden vom Juni 1976

Frankfurt ein Trümmerhaufen Kundgebung auf dem Römerberg am 28. Februar 1948 7 Kommunisten und Sozialdemokraten wollten die Aktionseinheit.

Ein gemeinsames Flugblatt vom 3. September 1945.

8 Eröffnung des ersten Hessischen Landtags, am 19. Dezember 1946. Am Rednerpult Militärgouverneur Colonel Newman. Hinter ihm im Präsidium Emil Carlebach. 9 10 Vorarbeiten Emil Carlebach Zur Vorbereitung zur Schaffung einer Verfassung wurde ein Ausschuss gebildet, zu dem zwölf Teilnehmer je Emil Carlebach schrieb Partei von diesen benannt wurden. Teilnehmer des vor 20 Jahren „Beratenden Landesausschusses“ (26. Februar - 14. Juli nachfolgenden Text 1946) waren unter anderen die Antifaschisten Walter über die Entstehung der Fisch und Eleonore Wolf. Weitere Personen am Prozess Hessischen Verfassung. der Entstehung der Hessischen Verfassung u.a.: Dr. Va- lentin Heckert. Als Ministerialdirektor an der Ausarbei- Carlebach (1914-2001) entstammte einer über tung des Entwurfes zur neuen Verfassung beteiligt. Er etliche Generationen in Deutschland wirkenden befasste sich unter anderem mit der Demokratisierung Rabbinerfamilie. Sein Vater war allerdings zu die- der Polizei. Oskar Müller, Arbeitsminister der 1. Hessi- ser Zeit der einzige nicht religiöse Sproß der schen Regierung. Emil Carlebach, Herausgeber der Carlebach-Familie in Frankfurt. 1931 trat er dem „Frankfurter Rundschau“. Kommunistischen Jugendverband Deutschlands In der „Verfassungsgebenden Landesversammlung“, (KJVD) bei. Anfang 1934 wurde Emil Carlebach 15. Juli bis 30. November 1946, (96 Mitglieder) waren wegen der Verbreitung antifaschistischer Ge- vertreten: SPD (43), CDU (38), KPD (8), LDP (7). werkschaftszeitungen zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. 1937 wurde er in das KZ Dachau ver- 31. Juli 1945. US-General McClure mit den Lizenzträ- schleppt und 1938 in Buchenwald inhaftiert. Dort gern der „Frankfurter Rundschau“. war er in der illegalen Widerstandsorganisation Von links: Rudert, Rodemann, Knothe, Grossmann, Gerst, tätig. Nach der Selbstbefreiung des Lagers wähl- Etzkorn, Carlebach. ten die hessischen Buchenwalder ihn zu ihrem Sprecher, später war er Vizepräsident des Inter- nationalen Buchenwald-Komitees.

Nach 1945 war er erst Frankfurter Stadtverordne- ter (KPD), dann hessischer Landtagsabgeordne- ter (KPD). Außerdem Mitbegründer und Lizenzträger der „Frankfurter Rundschau“, wurde jedoch 1947 von der US-Militärbehörde abgelöst. Er war Mitbe- gründer der „Vereinigung der Verfolgten des Na- ziregimes“ (VVN) und bis zu seinem Tode Mitglied der DKP.

11 60 Jahre Hessische Verfassung „Mit Inkrafttreten dieser Verfassung werden in Gemein- eigentum überführt: der Bergbau (Kohlen, Kali, Erze), 1. Dezember 1946 die Betriebe der Eisen- und Stahlerzeugung, die Betrie- 1. Dezember 2006 be der Energiewirtschaft und das an Schienen und Oberleitungen gebundene Verkehrswesen,vom Staa- te beaufsichtigt oder verwaltet: die Großbanken und DIES STEHT IN UNSERER VERFASSUNG: Versicherungsunternehmen und diejenigen in Ziffer l genannten Betriebe, deren Sitz nicht in Hessen liegt.“ Keine Arbeitslosigkeit (Artikel 41) „Jeder hat nach seinen Fähigkeiten ein Recht auf Ar- beit“ (Artikel 28) „Das Privateigentum verpflichtet gegenüber der Ge- meinschaft. Sein Gebrauch darf dem Gemeinwohl nicht Gleicher Lohn zuwiderlaufen.“ (Artikel 45) „Die Frau und der Jugendliche haben für gleiche Tätig- keit und gleiche Leistung Anspruch auf gleichen Lohn“ Friedensgebot (Artikel 33) „Hessen bekennt sich zu Frieden, Freiheit und Völker- verständigung. Der Krieg ist geächtet. Volle paritätische Mitbestimmung Jede Handlung, die mit der Absicht vorgenommen „Die Betriebsvertretungen sind dazu berufen, im Be- wird, einen Krieg vorzubereiten, ist verfassungswid- nehmen mit den Gewerkschaften gleichberechtigt mit rig.“ (Artikel 69) den Unternehmern in sozialen, personellen und wirt- schaftlichen Fragen des Betriebes mitzubestimmen.“ „Nach Maßgabe besonderer Gesetze ist der Großgrund- (Artikel 37) besitz, der nach geschichtlicher Erfahrung die Gefahr politischen Machtmißbrauchs oder der Begünstigung Aussperrung verboten militaristischer Bestrebungen in sich birgt, im Rahmen „Das Streikrecht wird anerkannt, wenn die Gewerk- einer Bodenreform einzuziehen.“ (Artikel 42) schaften den Streik erklären. Die Aussperrung ist rechts- widrig.“ (Artikel 29) Berufsverbote verfassungswidrig „Jedermann hat das Recht, seine Meinung frei und Schluß mit Monopoldiktaten öffentlich zu äußern. Dieses Recht darf auch durch ein ,Jeder Mißbrauch der wirtschaftlichen Freiheit - Dienstverhältnis nicht beschränkt werden, und nie- insbesondere zur monopolistischen Machtzusammen- mand darf ein Nachteil widerfahren, wenn er es aus- ballung zu politischer Macht - ist untersagt. Vermögen, übt.“ (Artikel 1) das die Gefahr solchen Mißbrauchs wirtschaftlicher Freiheit in sich birgt, ist aufgrund gesetzlicher Bestim- „Jedermann ist die Möglichkeit zu sichern, in den Land- mungen in Gemeineigentum zu überführen.“ tag gewählt zu werden und sein Mandat ungehindert (Artikel 39) und ohne Nachteil auszuüben.“ (Artikel 76) 12 „Jeder, ohne Unterschied der Herkunft, der Rasse, des der Landtag den begehrten Gesetzentwurf unverän- religiösen Bekenntnisses und des Geschlechts hat Zu- dert übernimmt.“ (Artikel 124) gang zu öffentlichen Ämtern, wenn er die nötige Eig- nung und Befähigung besitzt.“ (Artikel 134) Keine Rechte für Faschisten „Die verfassungsmäßigen Freiheiten und Rechte kön- Pflicht zum Widerstand nen nicht den Bestimmungen entgegen gehalten wer- „Widerstand gegen verfassungswidrig ausgeübte öf- den, die ergangen sind oder vor dem 1. Januar 1949 fentliche Gewalt ist Jedermanns Recht und Pflicht.“ noch ergehen werden, um den Nationalsozialismus (Artikel 147) und den Militarismus zu überwinden und das von ihm verschuldete Unrecht wieder gut zumachen.“ „Keinerlei Verfassungsänderung darf die demokrati- (Artikel 158) schen Grundgedanken der Verfassung und die repub- likanisch-parlamentarische Staatsform antasten. ... Trotzdem verkündete Gesetze sind nicht zu befolgen.“ (Artikel 150) Eine Verfassung die bald sabotiert wurde

Das Volk regiert Diese Verfassung wurde am 1. Dezember 1946 mit 76,8 „Das Volk handelt nach den Bestimmungen dieser Ver- Prozent der Stimmen beim Volksentscheid in Kraft fassung unmittelbar durch Volksabstimmung (Volks- gesetzt - und vom nächsten Tage an bereits sabotiert. wahl, Volksbegehren und Volksentscheid), mittelbar Der Artikel 41 (Grundindustrie in Gemeineigentum) durch die Beschlüsse der verfassungsmäßig bestellten war der amerikanischen Militärregierung ein besonde- Organe“ (Artikel 71) rer Dorn im Auge. Über ihn mußte gesondert abge- stimmt werden. Ergebnis: 75 Prozent Ja-Stimmen - und „Die Gesetzgebung wird ausgeübt Sabotage der Durchführung. a) durch das Volk im Wege des Volksentscheids, b) durch den Landtag.“ (Artikel 116) Gegen diese Verfassung stellte sich öffentlich nur die LDP (heute FDP). Die Verfassung wurde unterstützt von „Die Gesetzentwürfe werden von der Landesregierung, SPD, KPD und CDU. Heute würde es die CDU „Volks- aus der Mitte des Landtags oder durch Volksbegehren front“ nennen und verteufeln. eingebracht.“ (Artikel 117) Im Dezember 1946 verkündete die erste Hessische „Ein Volksentscheid ist herbeizuführen, wenn ein Fünf- Landesregierung das Inkrafttreten der Verfassung. Un- tel der Stimmberechtigten das Begehren nach Vorle- ter dieser regierungsamtlichen Bekanntgabe stehen gung eines Gesetzentwurfs stellt... Das dem Volksbe- die Namen der Minister: Zinn (SPD) Zinnkann (SPD) gehren zugrunde liegende Gesetz ist von der Regie- Häring (SPD), Binder (SPD) Oskar Müller (KPD) Hilpert rung unter Darlegung ihres Standpunktes dem Landtag (CDU). Auch hier die drei Verfassungsparteien gemein- zu unterbreiten. Der Volksentscheid unterbleibt, wenn sam. 13 Wie kam es zu diesem Zusammenwirken, zu diesem 3. Säuberung der Polizei von nazistischen Elemen- Verfassungstext, der auf westdeutschem Boden ein- ten, Errichtung einer Verteidigungstruppe auf der malig ist? Grundlage der Miliz gegen Saboteure, Werwölfe und dergl. Kern- und Drehpunkt der Entwicklung war das gemein- same Auftreten der beiden Arbeiterparteien, der Kom- 4. Einstellung jeder Tätigkeit für Hitler. Verhinderung munistischen Partei Deutschlands und der Sozialde- jeder weiteren Zerstörung Deutschlands, Verhin- mokratischen Partei Deutschlands in Hessen. derung jeder Arbeit, jedes Transports, jeder Nach- richtenübermittlung, jeden Kampfes für die Reste des Dritten Reiches durch die Volksausschüsse und ihre Organe. CDU und Volksfront 1945/46 5. Verhaftung und Überwachung aller nazistischen In der Verfassungsberatenden Landesversammlung Elemente, ihre Überstellung an Volksgerichte. Hessens, die am 30. Juni 1946 gewählt worden war, 6. Beschlagnahme aller Nazivermögen und Nazibe- hatten die beiden Arbeiterparteien (42 SPD und 7 KPD) triebe. eine klare Mehrheit gegenüber 35 CDU-Abgeordne- ten und 6 LDP-Abgeordneten. Die CDU hatte damals 7. Schaffung einer neuen demokratischen Ordnung noch einen einflußreichen linken Flügel, zu dem u.a. gegen die Nazis. der Betriebsrat Fleckenstein von den Hoechster Farb- 8. Organisation eines Reichsausschusses der Antina- werken, Frau Elise Epstein, deren Mann die Faschisten zisten, Bildung einer republikanischen Volksregie- in Auschwitz vergast hatten, und der Landes- Vorsitzen- rung. de Dr. gehörte, der im KZ Buchenwald im Deutschen Volksfrontkomitee den christlichen Wi- 9. Wiederaufnahme der Arbeit in Stadt und Land, derstand repräsentierte. Zusammen mit den Sozialde- ausschließlich zur Versorgung des deutschen Vol- mokraten und Ernst Thape sowie dem kes unter menschenwürdigen Bedingungen. Bal- Kommunisten Walter Wolf erarbeitete dieses „Volks- diger Wiedereintritt Deutschlands in die Weltwirt- frontkomitee“ das folgende Sofortprogramm für die schaft, unverzügliche Aufnahme enger ökonomi- Überwindung des Faschismus und den demokratischen scher Beziehungen zur Sowjetunion als des natür- Wiederaufbau: lichen Wirtschaftspartners auf dem europäischen Festlande. 1. Sofortige Bildung antifaschistischer Volksausschüs- se in Stadt und Land. 10. Bildung von antifaschistischen Einheitsgewerk- schaften. 2. Übernahme der öffentlichen Gewalt durch die Volksausschüsse im Einvernehmen mit den 11. Herausgabe neuer Zeitungen, Zeitschriften, Aus- Besatzungsbehörden. nutzung des Nachrichtendienstes des Rundfunks 14 Der erste erneut verhaftet und in das Konzentrationslager Dachau gesperrt. In Dachau bewährte er sich als Arbeitsminister Lagerältester. nach dem Krieg Im Oktober 1945 setzten die Amerikaner ihn als Minister für Arbeit und Wohlfahrt unter Minister- war Kommunist präsident Geiler ein. Er wurde 1947 abgelöst. Müller konzentrierte sich wieder auf die Parteiar- beit. Er wurde 1948 Landesvorsitzender der KPD, Oskar Müller jedoch 1949 wieder abgesetzt, weil er angeblich 1896-1970 bei der Agenten-Bekämpfung nicht scharf genug gewesen sei. Er blieb aber Mitarbeiter des Partei- vorstandes der KPD. Von 1949-1953 gehörte Müller dem Deutschen Soldat, Bankangestellter, Kommunist, Widerstands- an. Er wurde 1953 für kurze Zeit verhaf- kämpfer, Häftling, Lagerältester, Arbeitsminister, tet. Seither arbeitete er als einer der Präsidenten Bundestagsabgeordneter. und als Generalsekretär der Vereinigung der Ver- folgten des Naziregimes (VVN) in Frankfurt a. M. Oskar Müller wurde am 25. Juni 1896 in Wohlau/ Wenn von Faschismus und den ersten zögernden Schlesien geboren. Der Vater war Landwirt. Der Schritten eines Neubeginnens die Rede ist, muß junge Müller besuchte das Gymnasium. Er kam in man auch an einen der profiliertesten Männer der den Krieg, wurde Offizier. Seine Kameraden wähl- ersten Stunde, an Oskar Müller, erinnern. ten ihn 1918 in den Soldatenrat. Oskar Müller trat Die Erfahrungen an der Front machten aus dem 1922 der KPD bei. Zwei Jahre später wurde er haupt- jungen Oberleutnant einen revolutionären Kämp- amtlicher Sekretär der Bezirksleitung Hessen der fer gegen den deutschen Militarismus und führten KPD mit Zuständigkeit für die Gewerkschaftslei- ihn in die Reihen der KPD. tung. Gleichzeitig wurde er in den preußischen Zuchthaus und KZ konnten ihn nicht brechen. Als Landtag gewählt, dem er bis 1933 angehörte. Lagerältester des KZ Dachau - eine Funktion, die das Ab 1928 arbeitete Müller mehrere Jahre als Orga- große Vertrauen der in- und ausländischen Häftlin- nisationsleiter der KPD in Hessen. Nach der Macht- ge ihm gegenüber zum Ausdruck brachte -, erlebte übernahme wurde er zu drei Jahren Zuchthaus ver- er die Befreiung im Jahr 1945. Das internationale urteilt und weiter bis 1939 im Konzentrationslager Häftlingskomitee erklärte damals in einer Dank- Sachsenhausen festgehalten. adresse: „Wenn in den letzten kritischen Tagen des Vom Juni 1939 bis zum August 1944 konnte er in der SS-Regimes alle Kameraden der ernsten Situation Offenbacher Lederindustrie als Angestellter unter- entkommen konnten, so ist das zu einem sehr gro- kommen. Im Rahmen der Aktion „Gitter“ wurde er ßen Teil das Werk Oskar Müllers gewesen.“

15 und aller Bildungseinrichtungen zur Aufklärung während der gesamten Beratung vor der Alternative: des deutschen Volkes über die Verbrechen des entweder mit den beiden Arbeiterparteien zu stim- Nazismus, über die wirkliche Lage Deutschlands men oder überstimmt und an die Wand gedrückt zu sowie zur Schaffung einer demokratischen öffent- werden. In dieser Situation stellte sich der rechte Flü- lichen Meinung. gel auf hinhaltenden Widerstand und Teilkompromis- se ein, mit der Absicht, später zu sabotieren, was er Die Direktoren der IG Farben und anderer Konzerne - selbst mitbeschlossen hatte. Dies allerdings war nur die inzwischen die Herrschaft in der CDU/CSU erkauft möglich, wenn die Linksmehrheit aufgespalten und haben - saßen damals als Kriegsverbrecher hinter Git- die SPD zum Mitmachen gebracht werden konnte. tern. Hitleroffiziere wie Dregger und Co. hielten sich wohlweislich zurück. So wurde die Politik der LDP und Regierungssturz und Regierungsneubildung - des rechten Flügels der CDU wesentlich durch mittlere erster Erfolg der Arbeitereinheit Unternehmer bestimmt, denen ein starker Flügel ent- gegenstand, der einen christlichen Sozialismus wollte Die erste von den Amerikanern eingesetzte Landesre- (wie ihn die Ost-CDU vertrat) und dessen „Frankfurter gierung Hessens amtierte keine Woche lang. Die Mili- Leitsätze“ vom Jahre 1945 stark von sozialen und anti- tärregierung hatte zum Ministerpräsidenten den Hei- kapitalistischen Gedanken geprägt waren. Die CDU in delberger Professor Dr. Karl Geiler ernannt, der fast der Verfassungsgebenden Landesversammlung stand ausnahmslos sogenannte Fachleute“, meist Konserva- tive und Reaktionäre, zu Ministern ernannte; mit einem Sozialdemokraten als Alibi gegenüber der Arbeiter- schaft. Entsprechend den Beschlüssen des Aktionsausschus- ses SPD/KPD entschlossen sich daraufhin die beiden Arbeiterparteien zu einem gemeinsamen öffentlichen Vorstoß. Willi Knothe, Landesvorsitzender der SPD, und Walter Fisch, Landesvorsitzender der KPD, verfaßten gemeinsam einen „Offenen Brief“ an Ministerpräsiden- ten Geiler, in dem sie ihn vor die Alternative stellten, entweder sein Kabinett umzubilden und den beiden Arbeiterparteien den gebührenden Anteil in der Lan- desregierung zu sichern, oder aber gegen den Wider- stand und den Boykott von SPD und KPD (und damit auch der Gewerkschaften) zu regieren. In der Nacht vom 25. zum 26. Oktober 1945 wurde dieser „Offene Brief“ dem Ministerpräsidenten in Wies- baden zugestellt; gleichzeitig umging Emil Carlebach (KPD), Mitglied des Aktionsausschusses SPD/KPD, in 16 Aus: „Frankfurter Rundschau“, 26. Oktober 1945

17 seiner Eigenschaft als Lizenzträger der Frankfurter Rund- Diktat der Besatzung unterworfen gewesen. Das ent- schau“ die amerikanischen Zensurbestimmungen, schlossene gemeinsame Auftreten der beiden Arbei- wartete in der Druckerei das Weggehen der US-Presse- terparteien und ihr Erfolg im Oktober 1945 in Hessen offiziere ab und setzte ohne deren Wissen den „Offenen beweist, daß vieles möglich war Ein Jahr später, bei der Brief“ auf die Titelseite der Ausgabe vom 26. Oktober. Diskussion um das Schicksal der Grundindustrie (Arti- Entsprechend der damaligen Auflage war damit gesi- kel 41 der Verfassung) wollten die Amerikaner eine chert, daß die Stellungnahme der beiden Arbeiterpar- Streichung dieser Bestimmungen aus der Verfassung teien am Morgen des 26. Oktober in 500.000 hessi- erzwingen. Diese Forderung scheiterte am Widerstand schen Haushalten schwarz auf weiß vorlag. auch der SPD-Abgeordneten.

Noch am selben Tag flog Geilers Landesregierung auf. Die Hoffnungen der Militärregierung, mit Hilfe der Pro- Die Amerikaner, die nach Besatzungsrecht die Mög- paganda von LDP und Industrie- und Handelskammern lichkeit gehabt hätten, gegen die beiden Landesvorsit- bei einer gesonderten Abstimmung den Artikel 41 zenden und gegen den von ihnen eingesetzten Lizenz- untergehen zu lassen, scheiterte am Votum der Bevöl- träger der Rundschau vorzugehen, unterließen dies kerung: 72 Prozent für Artikel 41. wohlweislich: sie konnten sich den Skandal nicht erlau- ben, gegen SPD, KPD und die erste demokratische Erst die Sprengung des Bündnisses SPD/KPD und der Zeitung der US-Zone gleichzeitig vorzugehen. Übergang der SPD-Führung zur Koalition mit der CDU half den Gegnern der Verfassung zum Erfolg. So verhielt sich die Militärregierung völlig passiv ge- genüber der Tatsache, daß eine Regierung gestürzt Der Wille zur Einheit wurde, die der US-Militärgouverneur von Hessen, Oberst James R. Newman, gerade erst feierlich eingesetzt Wie in Berlin und Leipzig, in Hamburg, in München, in hatte. Geiler mußte seine Minister entlassen und eine Dresden und Braunschweig und in hunderten anderen neue Regierung bilden, in der die SPD mit 4 Ministern Orten aller vier Besatzungszonen bildeten sich auch in und die KPD mit Arbeitsminister Oskar Müller gemein- Frankfurt und Hanau, Offenbach, Wetzlar und anderen sam ebenso die Mehrheit bildeten, wie in der Verfas- Regionen sofort nach dem Sturz des Faschismus spon- sungsberatenden Landesversammlung. tan Einheitsausschüsse SPD/KPD. Der Wille zur Einheit stand überall im Vordergrund - die furchtbare Nieder- Außerdem stellte die Kommunistische Partei Deutsch- lage 1933 als Ergebnis der Spaltung und des Gegen- lands noch die stellvertretenden Minister in den Res- einander war im Bewußtsein der Kommunisten und der sorts Wirtschaft und Inneres, sowie eine Anzahl höherer meisten Sozialdemokraten. Ministerialbeamter, vor allem im Schulwesen. Noch bevor die Amerikaner die Bildung demokrati- scher Parteien und Gewerkschaften erlaubten, traten, Dieser Vorgang zeigt, wie falsch die oft benutzte Zweck- wenn auch illegal, die künftigen Landesvorstände von behauptung ist, die Deutschen seien nach der Nieder- SPD und KPD Hessen im Sommer 1945 zusammen. lage des Faschismus „ohnmächtig und willenlos“ dem Willi Richter, der spätere Bundesvorsitzende des DGB, 18 stellte für den Aktionsausschuß der beiden Parteien das ehemalige Gebäude der Akademie der Arbeit im Leo Bauer Zimmerweg in Frankfurt zur Verfügung, das ihm treu- 18.12.1912 - 18.9.1972 händerisch übergeben worden war. Die Sitzungspro- tokolle des Aktionsausschusses sind eindeutig: Zuerst Mitglied der SPD, dann der SAP (Sozialistische Arbei- „Von den Genossen Ulrich, Menzer und Haentschler ter-Partei). Trat 1932 zur KPD (alle SPD) wird zum Ausdruck gebracht, daß in ihren über. Ende 1933 emigrierte er Reihen der Wille zur Einheit und die Hoffnung vorhan- mit anderen deutschen Kom- den sei, die Einheit der Arbeiterklasse im jetzigen Zeit- munisten nach Paris und kämpfte von dort aus punkt bereits herstellen zu können.“ gegen das NS-Regime. Zeitweise arbeitete er als Sekretär des Hochkommissars des Völkerbundes Der Beschluß über die Aktionseinheit vom 3. Septem- für deutsche Flüchtlinge und kümmerte sich um ber ’45 belegt die Übereinstimmung beider Parteifüh- die Emigranten aus Deutschland. Nach dem Mün- rungen, die ab 28. September ’45 dann auch ausdrück- chener Abkommen organisierte er im Auftrag des lich als „Landesparteivorstand der SPD, Bezirksvorstand Völkerbundes die Abreise von NS-Gegnern aus der KPD“ unterzeichnen. Prag. Nachdem er 1940 in die Schweiz geflohen war, kehrte Bauer 1945 zurück, wo er in das Sekre- Schon bevor die beiden Parteiführungen im Hinblick tariat der KPD Hessen sowie in den Landtag ge- auf die Haltung der Militärregierung sich ausdrücklich wählt wurde. Dort übernahm er den Vorsitz der als Führungsorgane bezeichneten, ließen sie in ihren KPD-Fraktion. Daneben gab er die KPD-Zeitschrift gemeinsamen Beschlüssen über den Charakter ihrer „Wissen und Tat“ heraus. Auf einer Dienstreise Aktivität keinen Zweifel. Am 17. Juli 1945 schon be- nach Berlin im Jahre 1947 verunglückte er schwer schließt der Ausschuß: „Die Distriktorganisationen und blieb nach seiner Genesung in der DDR. beider Parteien werden verpflichtet, die Beschlüsse Am 23.8.1950 wurde er als Chefredakteur des des Aktionsausschusses durchzuführen und zwar mit „Deutschlandssenders“ entlassen und zusammen Hilfe von Einheitsorganen, die überall in den Distrikten mit anderen SED-Funktionären aus der Partei aus- zu schaffen sind.“ An die Beschlüsse des Aktionsaus- geschlossen und verhaftet. Den ersten Teil seiner schusses und deren Durchführung fühlten sich „beide Haft verbrachte er in einem Ostberliner Gefängnis Parteien gebunden“, wie es im gleichen Protokoll heißt. (2 Jahre, 3 Monate) und wurde später vor einem sowjetischen Militärtribunal zum Tode verurteilt, In der Sitzung vom 3. September, bei der es zu dem dann aber zu 25 Jahren Arbeitslager begnadigt Beschluß über das Aktionsprogramm kam, erklärte der und nach Sibirien geschickt. Das Urteil wurde spä- SPD-Vorsitzende Willi Knothe: „Demokratie bedeutet ter aufgehoben. Er konnte 1955 in die BRD zurück- keine Freiheit für die Feinde der Demokratie und wird kehren, hier gehörte er später zum Beraterkreis als einzige Möglichkeit für die Arbeiterklasse erkannt, von . sich organisatorisch zu einigen und damit auch die 19 Voraussetzungen zu schaffen, für den erfolgreichen Kampf für den Sozialismus.... Die Zusammenar- beit zur Bewältigung der heute dringlichen Probleme bedeutet den bewußten Weg auch zur or- ganisatorischen Einheit.“

Am selben Tag schrieb Knothe einen Grundsatzartikel, der am 4. September 1945 in der Frank- furter Rundschau veröffentlicht wurde und in dem er formulier- te: „Es bedarf eigentlich keiner neuen Darstellungen, um immer wieder zu begründen, daß wir aufs engste verbunden sind, daß wir zusammen stehen und zu- sammen arbeiten. ...Wir arbei- ten zusammen. Was uns eint ist stärker als was uns trennt.“ Am 28. August 1945 genehmig- te die Militärregierung die Bil- dung demokratischer Parteien, allerdings nur auf Kreisebene.

Bei den Kundgebungen am 18. September 1945 anläßlich der legalen Gründung der Organisa- tionen begrüßte jeweils ein Re- präsentant der SPD die KPD- Kundgebung und umgekehrt ein kommunistischer Vertreter der SPD-Kundgebung.

Wenig später kam es zu dem gemeinsamen „Offenen Brief“, 20 der den Einfluß der Arbeiterpar- teien in der Landesregierung si- cherte. „Vorausgegangen war eine Diskussion im Aktionsaus- schuß am 22. September, in der die KPD den Vorschlag machte: „eine Liste für die personelle Besetzung der Regierung aufzu- stellen, in der von beiden Partei- en die gleichen Vorschläge ge- macht werden.“ Die Mitglieder des SPD-Vorstandes dagegen wollten zunächst die Ernennung eines Ministerpräsidenten ab- warten, damit dann die ,,Parteien getrennt dem Präsidenten ihre Vorstellung unterbreiten“ könn- ten. Die Meinung der KPD, „daß es notwendig ist, den Amerikanern beizubringen, daß sie das Ge- wicht der politischen Parteien einzuschätzen wissen, und durch ein gemeinsames Auftreten der Arbeiterschaft einen Block zu bilden“ wurde zunächst nicht akzeptiert. Ausdrücklich versi- cherte jedoch der Parteisekretär der SPD, Ulrich: „Die Sozialdemo- kraten stehen zur Einheitspartei.“ Schäfer (SPD) ergänzte, er spre- che nochmals, im Sinne der gro- ßen Einheitspartei, von dem fes- ten Entschluß der SPD zur Zusam- menarbeit.“ Nachdem sich bei der Bildung der ersten Landesregierung Gei- 21 ler gezeigt hatte, wie wenig Erfolg das getrennte Auf- treten beider Parteien hatte, setzte sich dann doch der kommunistische Vorschlag durch, gemeinsam aufzu- treten. Der Erfolg des „Offenen Briefes“ spricht für sich selbst. In der Landeshauptstadt Wiesbaden wurde schon im Juni 1945 der Einheitsausschuß SPD/KPD gebildet. Treibende Kräfte waren der SPD-Genosse Maass und der Kommunist Paul Krüger. Das Ergebnis der ersten Ausschußsitzung am 30. Juni faßte Maass mit den Wor- ten zusammen: „Nur eine gemeinsame Zusammenar- beit kann in Frage kommen.“ Am 16. Juli beschloß der Einheitsausschuß (die Partei- en waren noch nicht legal), ein gemeinsames Rund- schreiben mit dem Titel: „Die Einheit“ herauszugeben. Ab August wurde im Ausschuß über die Bildung einer einheitlichen Jugendorganisation, einer einheitlichen Sportorganisation und der von beiden Arbeiterpartei- en und den Gewerkschaften getragenen Arbeiterwohl- fahrt diskutiert. Am 3. Oktober 1945 gab der Ausschuß ein von den führenden Funktionären beider Parteien unterzeich- netes Flugblatt heraus, in dem nunmehr auch öffent- lich die Übereinstimmung im Willen zur Herstellung einer Einheitspartei zum Ausdruck kam. Am 10. Dezember wurde beschlossen, eine gemeinsa- me Funktionärsversammlung von SPD und KPD Wies- baden einzuberufen. Dieser einstimmig angenomme- ne Vorschlag stammte von dem SPD-Genossen Barth. Die gemeinsame Funktionärsversammlung fand am 22. Dezember statt und fand ihr besonderes Gepräge dadurch, daß jede Partei durch einen ihrer Minister als Sprecher auftrat: Die SPD durch Innenminister Vene- dey, die KPD durch Arbeitsminister Oskar Müller. Den Kernpunkt der Aussage Venedeys gab die Frank- furter Rundschau am 28. Dezember 1945 wieder „Der 22 geschichtliche Augenblick, die Einheit der Arbeiter- schaft herzustellen, sei gekommen. Würden wir ihn Werner Hilpert verpassen, dann wären die Folgen unabsehbar. Wer 17.1.1897 - 25.2.1957 von Verantwortungsbewußtsein getragen sei, müsse über die Parteischranken hinwegschauen und könne nur in der politischen Einheit der Arbeiterschaft das Hilpert war von 1932 bis 1933 Unterpfand für die folgerichtige Entwicklung zum Sozi- Landesvorsitzender der Zen- alismus in Deutschland sehen. Demokratie dürfe nicht trumspartei in Sachsen. Auf- wieder heißen: Herrschaft einer kleinen Minderheit grund seiner Gegnerschaft über die große Mehrheit des Volkes, sondern Herr- zum Hitler-Regime wurde er schaft des Volkes gegen die volksfeindlichen Tenden- 1939 von der Gestapo festgenommen und ins Kon- zen der Reaktion, des Faschismus und Militarismus.“ zentrationslager Buchenwald gebracht und blieb dort bis zur Befreiung am 11. April 1945. Hilpert gehörte als einer von fünf Deutschen dem am Tag Die einstimmig angenommene Entschließung der der Befreiung gebildeten internationalen Lager- gemeinsamen Funktionärsversammlung lautet: komitee an. Zu seinen engsten Freunden im Kon- zentrationslager zählte Eugen Kogon. 1. Alle Fragen des politischen, wirtschaftlichen, sozia- Der als erster aus dem Lager entlassene Kogon len und kulturellen Lebens werden gemeinschaft- empfahl dem amerikanischen Kommandanten von lich in dem Einheitsausschuß der beiden Parteien Weimar neben Hermann Brill auch Werner Hilpert behandelt. Die dort gefaßten Beschlüsse sind nach als einen für die Übernahme einer politischen Einverständnis mit den Vorständen für beide Partei- Funktion geeigneten Deutschen. en bindend. Er wurde zwar am 30. Juni 1946 in die Verfassungs- gebende Landesversammlung gewählt, legte aber 2. Zur Behandlung der praktischen Fragen des Wieder- sein Mandat schon vor dem eigentlichen Beginn aufbaues sowie zur Klärung ideologischer Fragen der Beratungen am 5. August nieder. finden regelmäßige gemeinschaftliche Funktionärs- Nach 1945 gehörte er zu den Mitbegründern der versammlungen der beiden Parteien statt. CDU in Hessen und wurde deren Landesvorsitzen- der. Vom 1. November 1945 bis 5. Januar 1947 war 3. Der Wahlkampf zu den Gemeindewahlen wird im er stv. Ministerpräsident des Landes Hessen. Er war Geiste absoluter Loyalität geführt. Überall, wo die von 1946 bis 1947 Minister für Wirtschaft und Gefahr besteht, daß die Mindeststimmenzahl laut Verkehr und vom 6. Januar 1947 bis 1950 Minister Wahlordnung nicht erreicht wird, einigen sich die der Finanzen. Parteien über die gemeinsame Stimmabgabe. Dem Deutschen Bundestag gehörte er in der ers- ten Legislaturperiode bis zu seiner Mandatsnie- 4. Die gemeinsame Funktionärskonferenz richtet an derlegung am 10. Oktober 1949 an. die Landesleitungen der beiden Parteien das Ersu- 23 chen, im Sinne dieser Beschlüsse die Zusammenar- „Die Einheit der deutschen Arbeiterklasse ist eine Not- beit zu vertiefen, offene und versteckte Saboteure wendigkeit Sie wird von den Parteitagen in ganz der Einheitsfront auszumerzen und raschestens dafür Deutschland beschlossen werden. Bis dahin bleiben zu sorgen, daß durch die Schaffung der politisch- die beiden Parteien selbständig.“ organisatorischen Einheit der Arbeiterschaft der Weg für eine friedliche demokratische und sozialistische In dieser Resolution wird eine „kameradschaftliche Entwicklung des deutschen Volkes freigemacht Zusammenarbeit“ proklamiert, die den „Zusammen- wird.“ schluß geistig vorbereiten“ solle. Dem solle eine „Stu- dienkommission“ aus je vier Vertretern beider Partei- Es wurde weiterhin beschlossen, zum 11. Februar 1946 en dienen. die beiden Landesvorsitzenden, Willi Knothe und Wal- Diese Studienkommission wurde nie gebildet. Vor- ter Fisch, nach Wiesbaden einzuladen. Aber nunmehr schlägen der KPD gegenüber erklärten die SPD-Funk- schaltete sich die Gegenseite ein: Noch vor diesem tionäre, sie müßten „Disziplin wahren“. Der konsequen- Termin erschien Dr. aus Hannover in teste Sprecher für die Zusammenarbeit, der Genosse Wiesbaden, um die Einheitsbestrebungen zu zerschla- Maass, wurde kaltgestellt. gen. Zu der Versammlung mit den beiden Landesvor- sitzenden im Februar kam es nicht mehr. Der Weg der SPD nach rechts

Dennoch fügten sich die Wiesbadener Sozialdemokra- Die Tätigkeit des Aktionsausschusses SPD/KPD in Hes- ten nicht ohne Widerstand. Am 11. Januar veröffent- sen wurde nie formell aufgekündigt. Aber nach dem lichte Maass im Wiesbadener Kurier einen Artikel „Die Eingreifen Dr. Schumachers erschienen die SPD-Ge- Stellung der SPD“, in dem er schrieb: „Die Einheit des nossen nicht mehr zu Sitzungen, reagierten auch nicht schaffenden Volkes in Stadt und Land bleibt unter allen auf Einladungen. Auf einem anderen Gebiet dagegen Umständen die unumgängliche Voraussetzung und entwickelt sich eine neue Form der Zusammenarbeit: beste Vorbereitung der Reichseinheit.“ Dies war eine eindeutige Spitze gegen Schumacher, der die Spaltung Am 30. Juni 1946 wurde die Verfassungsberatende u.a. mit der Behauptung betrieb, zunächst müsse es Landesversammlung gewählt, die binnen drei Mona- wieder ein einheitliches deutsches Reich geben, bevor ten einen Verfassungsentwurf vorlegen sollte. Die Links- über die Einheit der Arbeiterklasse, ja sogar bevor über mehrheit in diesem Vorparlament (42 plus 7 Abgeord- die Einheit der SPD in den Westzonen mit der SPD der nete der Arbeiterparteien gegen 35 plus 6 der CDU und Ostzone gesprochen werden könne. LDP) wurde auf Initiative der KPD-Fraktion zu einem ausschlaggebenden Faktor bei der Erarbeitung des Am 10. Februar 1946 faßte eine SPD-Funktionärskonfe- Verfassungstextes. SPD-Landesvorstand und SPD-Frak- renz in Wiesbaden einen Beschluß, der den Willen zur tion agierten stark unter dem Einfluß von Resolutionen Einheit mit dem Widerstand Schumachers in einer aus Betrieben und Gewerkschaften und den Forderun- Kompromißformel verbinden sollte: gen der SPD-Fraktion. So erklärte Willi Knothe in der 24 ersten Lesung des Verfassungsentwurfes am 5. August ten Flügel der CDU angehörende Abgeordnete Groß- 1946: kopf formulierte die Taktik seiner Fraktion rückblickend mit unverhohlener Freude: „Die Demokratie muß innerhalb des Wirtschaftsge- schehens ebenfalls den Sieg davontragen. Es müssen „Das Bestreben der CDU-Mehrheit ging dahin, auf je- deshalb nach unserer Auffassung in der neuen Verfas- den Fall zu einem Kompromiß mit der SPD zu kommen: sung alle Voraussetzungen geschaffen werden, daß sich Der linke Flügel, weil er Sozialisierungen nicht grund- die Wirtschaftsmächte nicht mehr reaktionär entfalten sätzlich ablehnend gegenüberstand, der rechte Flügel können gegen die politische Demokratie und gegen aus taktischen Gründen, weil so eine SPD/KPD-Koaliti- den demokratischen Staat. ...Wir wollen die Wirtschaft, on verhindert werden konnte, die nicht ohne weiteres die nur eine sozialistische sein kann und die die Aufga- rückgängig zu machende - in der Verfassung verankerte be hat, dem Wohlstand aller zu dienen, für den Frieden - grundlegende Weichenstellungen in der Wirtschafts- intensivieren, und nach dem Bedarf planmäßig lenken. politik zur Folge gehabt haben könnte, weil die Gefahr ...Wir Sozialdemokraten sind der Meinung, daß der un- bestand, daß die SPD - auf die KPD angewiesen - sich geheure materielle Notstand, in dem sich Deutschland noch weiter nach links entwickeln würde, weil in den befindet, nicht zuläßt, daß innerhalb der Wirtschaft Kompromißverhandlungen die Sozialisierungsvorstel- noch nach dem Profitmotiv gehandelt wird. Es kommt lungen ‚entschärft‘ werden könnten.“ nicht darauf an, was einzelne Großunternehmer oder Gesellschafter an Gewinn oder Dividenden verteilen Dieses Heraustrennen der SPD aus der Linksmehrheit können, sondern darauf, daß die Tendenz der Gesamt- gelang der CDU denn auch in Zusammenarbeit mit der wirtschaft diesem Notstand Rechnung trägt. Auch sind Militärregierung und gestützt auf den rechten Flügel wir Sozialdemokraten weiter der Auffassung, daß die der SPD-Fraktion. Durch Vermittlung des „Politischen Schlüsselindustrien wie die des Bergbaus, der Eisen- Beraters“ des Militärgouverneurs trafen sich insgeheim und Stahlerzeugung, der Energiewirtschaft, der Groß- am 30. September 1946 während der 2. Lesung der banken, der Kreditinstitute usw. aus der privatwirt- Verfassung die CDU-Abgeordneten Köhler, Kanka und schaftlichen Machtsphäre losgelöst werden müssen Stieler mit den SPD-Abgeordneten Bergsträsser, Cas- und in das Gemeinwohl zu überführen sind.“ pary und Stock. Bis dahin war jeder Artikel des Verfas- sungsentwurfs von Beauftragten der SPD und KPD ge- Noch am 29. Oktober 1946, wenige Wochen vor dem meinsam ausgearbeitet und dann gemeinsam den Volksentscheid gelobte Knothe: „Wir werden unsere beiden anderen Parteien vorgelegt worden, wobei die ganze politische Kraft dafür einsetzen, daß die Verfas- CDU oftmals zustimmte, teils unter dem Druck ihres sung des Landes Hessen nicht ein Stück Papier bleibt, linken Flügels, teils um nicht als einflußlose Minderheit sondern daß diese Verfassung in unserem Geiste Leben ausgeschaltet zu sein. Nun, am 30. September wurden erhält, daß sie durchgeführt wird im Geiste demokrati- die KPD-Abgeordneten nicht nur ausgeschaltet, son- scher sozialistischer Realität.“ Zwischen diesen beiden dern das Treffen zwischen den Vertretern von SPD und Erklärungen liegen jedoch Wochen heftigen Ringens CDU wurde von ihnen geheimgehalten und anschlie- um den konkreten Inhalt der Verfassung. Der dem rech- ßend zunächst sogar abgeleugnet. 25 Der insgeheim erzielte Kompromiß beinhaltete vor Betrieben in Gemeineigentum dem Grundsatz nach allem folgende Veränderungen gegenüber dem Text fest abzugrenzen. Dies ist geschehen durch die Einfüh- der 2. Lesung des Verfassungsentwurfs: rung des Begriffs des ‚Mißbrauchs der wirtschaftlichen Freiheit in Artikel 39.“ die chemische Industrie wurde aus der Liste der in Gemeineigentum zu überführenden Industrien (Ar- tikel 41) gestrichen; Am selben 30. September, da die SPD-Fraktion auf dieser Basis ihr Geheimabkommen mit der CDU unter die Nennung der Unternehmer und Unternehmer- Bruch der bisherigen Zusammenarbeit mit der KPD verbände im Zusammenhang mit „Mißbrauch der vereinbarte, schrieb der Landesvorsitzende der KPD wirtschaftlichen Freiheit insbesondere zu monopo- Hessen, Walter Fisch, zur Information an die Kommu- listischer Machtzusammenballung“ (Artikel 39) nisten in Baden-Württemberg, die ebenfalls in Verfas- wurde gestrichen; sungsberatungen standen, über den bisher ausgear- beiteten Verfassungsentwurf: die Festlegung auf eine einheitliche Sozialversiche- rung für Arbeiter, Angestellte und Beamte (Artikel „Dieser Entwurf ist im wesentlichen das Produkt einer 35) wurde gestrichen; engen Zusammenarbeit der SPD- und KPD-Fraktion, die äußerlich u.a. darin zum Ausdruck kam, daß zuletzt die Festlegung auf ein einheitliches Schulwesen wiederholt gemeinsame Fraktionssitzungen stattfan- wurde gestrichen; Religionsschulen und Privatschu- den, und daß in allen entscheidenden Punkten oder in len sollten wieder zugelassen sein; die Kirche wurde solchen, in denen Meinungsverschiedenheiten zu er- als dem Staat gleichberechtigt in einem eigenen warten waren, eine vorherige Verständigung erfolgte. Verfassungsabschnitt (IV, Artikel 48 - 54) mit beson- Man kann sagen, daß in einer Reihe von wichtigen deren Rechten ausgestattet. Fragen die SPD sich unserer Initiative angeschlossen hat. Es war auf Grund dieser engen Zusammenarbeit Als in der SPD-Fraktion scharfe Kritik an dieser Rechts- der Linksmehrheit im Ausschuß wiederholt möglich, schwenkung der SPD-Unterhändler laut wurde, erklär- die CDU zu Rückzügen zu veranlassen. In vielen Punk- te Bergsträsser offen: ten kam es zu einer einheitlichen Stellungnahme aller vier Parteien, in zahlreichen entscheidenden Fragen „Für uns war das Entscheidende, daß wir von vornherein aber wurde der beschlossene Text durch Kampf- die Absicht gehabt hatten, wenn es gehe, mit der CDU abstimmung(en) erzielt, in denen die linke Mehrheit die Verfassung zu machen.“ sich durchsetzte. Der vorliegende Text ist also zu einem In der CDU-Fraktion wurde offen gesagt: „Die Forderun- großen Teil der Text der linken Mehrheit. Dies trifft gen der SPD und KPD würden eine so gut wie vorausset- insbesondere zu für den Abschnitt III (soziale und wirt- zungslose Sozialisierung aller mehr oder weniger gro- schaftliche Rechte und Pflichten) ...“ ßen Betriebe bedeutet haben. Es kam also zunächst Wie die SPD-Mitglieder hinters Licht geführt wurden, darauf an, die Voraussetzungen für die Überführung von dafür ist bezeichnend, was ihr Abgeordneter Bergsträs- 26 Anfangsdaten

April 1945: Einsetzung von Ludwig Bergsträsser zum ersten Regierungspräsidenten in Darmstadt 8. Mai 1945: Bedingungslose Kapitulation Deutschlands August 1945: Zulassung von Parteien 19. September 1945: Proklamation Groß-Hessens durch General Eisenhower 12. Oktober 1945: Einsetzung von Karl Geiler zum ersten Ministerpräsidenten ab 20. Januar 1946: Erste Kommunalwahlen Februar 1946: Bildung eines paritätisch besetzten Beratenden Landesausschusses 30. Juni 1946: Wahl der Verfassungberatenden Landesversammlung 1. Dezember 1946: Abstimmung über die Verfassung und Wahl des ersten Hessischen Landtages 4. Dezember 1946: Umbenennung des Landes von Groß-Hessen in Hessen 27 ser - einer der Unterhändler bei der Kompromißver- nisse gemacht, die ja von der KPD sehr stark kritisiert handlung mit der CDU am 30. September - am 14. werden. Das erste dieser Zugeständnisse ist: der Aus- Oktober 1946 vor Vertrauensleuten der SPD im LOK- druck in Bezug auf die Sozialversicherung hieß ursprüng- Werk Darmstadt sagte: lich: ‚Auf der Grundlage der Selbstverwaltung der Ver- sicherten wird ein einheitlicher Versicherungsträger „Inzwischen waren einzelne Herren der CDU aus dem gebildet, dessen Organe von den Versicherten in allge- Verfassungsausschuß der CDU gekommen und hatten meiner und gleicher Wahl bestimmt werden. Das Nä- gefragt, ob wir uns nicht doch an ihren Verhandlungs- here bestimmt das Gesetz. ‘Dieser ‚einheitliche Versi- tisch setzen wollten.... Montags hatten wir uns dann cherungsträger‘ ist nun in der letzten Formulierung zusammengesetzt und vier Stunden verhandelt. In die- weggefallen. sen vier Stunden wurde dann die Abmachung getrof- fen, von der Sie dann in der Zeitung gelesen haben.... In der Frage der Sozialisierung haben wir folgendes Etwas ist sehr schnell durchgesetzt worden, und ich getan: Wir haben durchgesetzt die Sofortsozialisierung bitte die wenigen Frauen, die hier anwesend sind, das in einer Form, wie sie noch niemals in einer deutschen den übrigen sehr deutlich zu sagen: die volle Gleichbe- Verfassung enthalten war; nämlich, daß mit dem In- rechtigung der Frau und zwar zunächst die volle Gleich- krafttreten dieser Verfassung nicht erst Gesetze ge- berechtigung im öffentlichen Leben. Da besteht ein schaffen werden, um bestimmte Betriebsarten zu sozi- wesentlicher Unterschied gegenüber der Verfassung alisieren, sondern, daß sie schon mit dem Inkrafttreten von Weimar, denn in der Weimarer Verfassung war sozialisiert werden. ... festgelegt: ‚Die Frau steht im öffentlichen Leben dem Manne grundsätzlich gleich‘. ‚Grundsätzlich‘ bedeutet Herausgenommen wurde - das ist ein Zugeständnis nun in der Sprache der Rechtskundigen nicht, daß sie von uns an die CDU - die chemische Großindustrie, unbedingt gleichsteht, sondern daß man Ausnahmen wobei IG Farben nicht mitzählen, denn die werden ja machen kann, und so ist die Gleichberechtigung der von den Amerikanern verwaltet. ... Frau im öffentlichen Leben in der ganzen Zeit der Wei- marer Verfassung nicht durchgeführt worden. Doch Nun ist dann in der Landesversammlung ein Antrag jetzt muß sie durchgeführt werden.... gestellt worden auf die Sozialisierung von Merck (Die- Dann ist auch im wirtschaftlichen Teil etwas durchge- ser Antrag beruhte auf einem Beschluß der Betriebsrä- setzt worden - auch das bitte ich in die breite Öffent- te von Merck und wurde von der KPD eingebracht.)... lichkeit zu tragen - und zwar, daß die Frau bei gleicher Dem haben wir nicht zugestimmt. ... Solange wir diesen Leistung gleichen Lohn bekommt: das bedeutet, daß Kompromiß mit der CDU haben, daß die chemische Tarifverträge wie sie seither bestanden haben, wobei Großindustrie aus der Sofortsozialisierung draußen eine Frau als Buchhalterin trotz gleicher Leistung 10 bleibt, können wir natürlich die Sofortsozialisierung Prozent weniger bekam als ein Mann, aufgehoben der chemischen Industrie nicht auf einem anderen werden. ... Weg beschließen. Das wäre eine Beschwindelung der Der zweite strittige Teil: unsere Zugeständnisse im CDU. Wir können das nicht machen.... Dann wurde noch wirtschaftlichen Teil. Hier haben wir einige Zugeständ- eine Änderung in einem anderen Artikel durchgeführt. 28 Die frühere Formulierung hieß, daß jeder Mißbrauch bei dem Volksentscheid siegen würden.... Die CDU der wirtschaftlichen Freiheit, insbesondere zum Aus- befürchtete, daß im nächsten Landtag eine sozialisti- bau monopolistischer Machtzusammenballung und sche Mehrheit kommen könnte, die dann die CDU der Erlangung politischer Macht untersagt sei. Ur- vollständig aus der Regierung rausdrückt.“ sprünglich stand da: ‚Seitens einzelner Unternehmer Es kam dann tatsächlich im nächsten Landtag wieder zu oder Unternehmungen‘. Dies ist weggefallen. ... Das ist einer sozialistischen Mehrheit. Die nach rechts abge- auch deshalb geschehen, weil die CDU sagte: „Warum wanderte SPD-Führung aber ging den Weg jenes „Kom- nennt man dabei Unternehmer, die Gewerkschaften promisses“ weiter, bildete mit der CDU die Große oder sonst jemand könnten ja so etwas vielleicht auch Koalition und drückte die von 7 auf 10 angewachsene machen. ’Wir haben uns damit einverstanden erklärt, KPD-Fraktion aus der Regierung hinaus. Knothes feier- die Unternehmer zu streichen.... liche Ankündigung wurde von ihm selbst Lügen ge- straft: die Verfassung blieb - bis heute - ein Stück Papier. Unser letztes Zugeständnis war das: es wurde festge- In dem gleichzeitig mit dem Volksentscheid am 1. legt, daß der Schulunterricht in allen Schulen grund- Dezember 1946 gewählten 1. Hessischen Landtag stan- sätzlich frei ist (Mittelschule, Höhere Schule). Der CDU den 38 Sozialdemokraten und 10 Kommunisten 28 haben wir aber das Zugeständnis gemacht, daß die CDU-Abgeordneten und 14 Liberal-Demokraten ge- Lernmittel zwar an der Grundschule, Mittel- und Höhe- genüber; erneut eine klare Linksmehrheit. ren Schule frei sind, nicht aber an den Hochschulen: wenn jemand nicht begütert ist, als Student, kann man Aber die SPD ließ sich dazu herbei, mit der CDU eine ihm - was in der Verfassung vorgeschrieben ist - mit Regierung zu bilden, die aus 4 Sozialdemokraten und besonderen Beihilfen einen Ausgleich schaffen.“ aus vier CDU-Ministern bestand. Und als sozialdemo- Alles, was Bergsträsser den gutgläubigen Vertrauens- kratischen Wirtschaftsminister holte man aus Nieder- leuten der SPD erzählte war unwahr. Weder gab es die sachsen, wo Dr. Schumacher amtierte, einen Mann, der versprochene Gleichberechtigung der Frau noch die bis zum 8. Mai 1945 Prokurist und damit gesetzlicher „Sofortsozialisierung“. Wohl aber retteten er und seine Vertreter des reichsten Mannes Deutschlands, Fried- Freunde die Unternehmerverbände, die chemische rich Flick, gewesen war. Dieser Mann, Dr. Harald Koch, Großindustrie und die Interessenten an einer aufge- sollte nun die Überführung der Großindustrie (darunter spalteten Sozialversicherung vor den Festlegungen, des Flick-Betriebes Buderus!) in Gemeindeeigentum die noch Ende August 1946 im Entwurf des Verfassungs- realisieren. Die Hoffnungen der SPD-Arbeiter und der textes festgeschrieben waren. Dabei war sich Berg- Gewerkschaften wurden bitter enttäuscht. strässer völlig im klaren darüber, worum es politisch ging. Wörtlich: Am 14. April 1947 veröffentlichten daraufhin Mitglie- der und Funktionäre der SPD den folgenden offenen „Warum hat die CDU diesen Kompromiß gemacht? Brief an den Landesvorstand: Natürlich auch, weil sie ihren Vorteil finden will. Sie „Werte Genossen! hatte eine gewisse Bange davor, daß die KPD und die Wir Unterzeichneten erklären hiermit unseren Austritt SPD allein diese Verfassung machen und dann vielleicht aus der Sozialdemokratischen Partei, da wir es als So- 29 zialisten mit unserem Gewissen, mit unserer Auffas- Partei eindringlichst davor warnte, eine soziale Re- sung über die Grundsätze des wissenschaftlichen Sozi- formpartei zu werden. Die Partei hat diese Warnung in alismus nicht länger vereinbaren können, einer Partei den Wind geschlagen! Das Urteil aber hat die Geschich- anzugehören, die weder demokratisch noch sozialis- te gesprochen! tisch ist, und deren Politik wir für verderblich halten. Spaltung der deutschen Arbeiterbewegung, 1918 die Seit etwa 4 Jahrzehnten wird die Politik der Sozialde- Revolution verloren, Wiederaufleben der Reaktion, Sieg mokratischen Partei von einer geistigen Auffassung des Faschismus, 6 Jahre Hitlerkrieg und am Ende ein bestimmt, die sich von den lebendigen Grundsätzen zerschlagenes und zum Bettler der Welt gewordenes des wissenschaftlichen Sozialismus immer weiter ent- Deutschland. Die Niederringung des faschistischen fernt hat. Es war August Bebel gewesen, der mit aller Deutschland durch die Heere der Vereinten Nationen Entschiedenheit gegen das lähmende und jede Bewe- war verbunden mit dem Zusammenbruch der bürger- gung tötende Gift des Revisionismus kämpfte und die lich-kapitalistischen Gesellschaft in Deutschland. Auf den Trümmern dieser alten, untergegangenen Welt muß ein wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und politi- scher Neubau errichtet werden. Nach dem völligen Versagen der herrschenden Klassen, die ausschließlich die geschichtliche Fehlentwicklung unseres Volkes bestimmten – auch nach 1918, weil damals eine zag- hafte, vor entscheidenden Maßnahmen zurückschre- ckende Führung der SPD den Schutz der Republik den kaiserlichen Generalen und dem Feldmarschall von Hindenburg anvertraute - kann nur die deutsche Arbei- terbewegung Träger eines wahrhaft demokratischen und sozialistischen Neuaufbaus sein. Wenn aber nach 1918 die Arbeiterschaft getrennt geschlagen wurde, so bedarf es wenig Einsicht, um zu erkennen, daß sie nur vereint unter Führung einer zielbewußten und ent- schlossenen sozialistischen Partei ihren geschichtli- chen Auftrag erfüllen und unser Volk aus den Ruinen zu neuem Leben führen kann. Es ist die historische Schuld der derzeitigen sozialde- mokratischen Parteiführung, sich dieser nüchternen Erkenntnis verschlossen zu haben. Statt die Einheit der deutschen Arbeiterklasse zu schaffen, stellt sie sich ihr unter Mißachtung jeder inneren Parteidemokratie mit den Mitteln des geistigen Terrors in den Weg, hindert somit die deutschen Arbeiter an der Erfüllung ihrer 30 geschichtlichen Aufgabe und ist auf dem besten Weg, rieren und Herrn Großpächter Lorbe von der CDU zum die letzte Lebenschance unseres Volkes zu verspielen. Ernährungsminister zu bestellen? Wer schreibt den Statt sich freimütig auch zu ihren Fehlern nach 1918 zu sieben Mitgliedern der SPD-Fraktion des Hessischen bekennen und die so teuer bezahlten geschichtlichen Landtags vor, durch Stimmenthaltung das von der KPD Lehren zu beachten, hält die SPD-Führung ihre Politik eingebrachte Betriebsrätegesetz zu Fall zu bringen in der Vergangenheit für unantastbar und wiederholt und damit die Demokratisierung der Wirtschaft zu ver- die Politik der Halbheiten, des ständigen Nachgebens schleppen? und der prinzipienlosen Kompromißpolitik, die in je- dem denkenden Arbeiter unwillkürlich die Erinnerung Nein, es ist der Politik der SPD-Führung zuzuschreiben, an die Wahl Hindenburgs, der Zustimmung zu Panzer- wenn die Reaktion von Tag zu Tag mehr Boden gewinnt. kreuzern, der widerstandslosen Beseitigung der „preu- Wir haben als verantwortungsvolle Sozialisten gegen ßischen Machtposition Braun-Severing“ durch einen die Fortsetzung dieser von der Geschichte bereits ver- Leutnant und 3 Mann usw. wachruft. Die verhängnisvol- urteilten Politik gekämpft und sind für die Einheit der len Auswirkungen dieser Politik sind indessen offen- deutschen Arbeiterbewegung eingetreten. Wir haben kundig geworden. So stellt die SPD-Führung selbst fest, uns dabei nur von der berechtigten Sorge um eine daß sie die reaktionäre und rückläufige Entwicklung Wiederholung der demütigenden Ereignisse nach 1918 „seit Monaten mit wachsender Besorgnis beobachtet“. leiten lassen und von dem Willen, den seit mehr als 8 Seit wann ist es denn Aufgabe einer politischen Partei, Jahrzehnten von deutschen Arbeitern mit soviel Hin- dazu noch der zahlenmäßig stärksten im Westen, die gabe, Idealismus und Opfern geführten Kampf um Entwicklung nur zu beobachten anstatt zu gestalten? Es wahre Demokratie und Sozialismus zu Ende zu führen. ist höchst gefährlich, nur zu „beobachten“, zumal in Noch niemals in der Geschichte der Sozialdemokratie einer geschichtlich so bewegten Zeit, und es ist ebenso wurden Beschlüsse wie jene von Enkheim, Hannover billig wie gefährlich, nach der These „Totaler Sieg be- und Offenbach gefaßt, wo man in undemokratischer deutet totale Verantwortung“ die Schuld anderen zuzu- Unduldsamkeit die Ächtung der Anhänger des sozialis- weisen. tischen Einheitsgedankens aussprach und sie ohne Wir sind beispielsweise mit der SPD-Führung durchaus Verfahren als außerhalb der Partei stehend erklärte. der Ansicht, daß die Frage der Ernährung in den Händen Satzungswidrig und gegen jede demokratische Grund- eines sozialistischen Ministers besser aufgehoben regel verstoßend, verleugnet die SPD-Führung damit wäre, als bei einem Ernährungsminister der CDU. Wenn auch die im SPD-Mitteilungsblatt vom 17.1.1947 veröf- die SPD-Führung nun die Ernährungsminister der CDU fentlichten Parteigrundsätze, wonach Minderheiten ein für die mehr als gespannte Ernährungslage, für die anerkanntes Recht auf Kritik und praktische Betätigung ungleichmäßige Behandlung der Länder in der ameri- innerhalb der Partei haben und die Chance besitzen, in kanischen Zone verantwortlich machen will, so fragen der Partei zur Mehrheit zu werden. Die Unterzeichne- wir: ten, zum Teil seit vielen Jahrzehnten in der Sozialdemo- Wer hat denn der SPD vorgeschrieben, die auf durchaus kratie und in der Arbeiterbewegung stehend, haben demokratischem Wege erzielte Linksmehrheit in Hes- darauf nur eine Antwort: den Austritt aus der Partei. sen zu zerschlagen, einen klaren Volksauftrag zu igno- Unser Ringen um die Einheit der deutschen Arbeiter- 31 klasse wird deswegen keine Unterbrechung erfahren, Gottfried Bassler, Bezirksvorsitzender Gewerkschaft und wir rufen Euch in dieser Stunde zu: Glaubt nicht das Druck und Papier, Darmstadt Märchen von der Zwangsvereinigung im Osten. Wir Heinrich Pfeffer, Schichtmeister, Wölfersheim haben uns mit eigenen Augen überzeugt. Vernunft, Einsicht, Verantwortungsbewußtsein, die gemeinsa- me Not und das gemeinsame Ziel der Demokratie und des Sozialismus haben zur Einheit geführt. Die Sozialis- Die Haltung der KPD tische Einheitspartei mit 2 Millionen Mitgliedern ver- körpert jene große Tradition, die mit den Namen Karl Trotz der Kastrierung wesentlicher Verfassungsbestim- Marx, Friedrich Engels, August Bebel, Karl Liebknecht mungen entschied sich die KPD für die Unterstützung und Rosa Luxemburg für immer in die Geschichte ein- des endgültigen Textes, da er noch immer für ganz gegangen ist. Westdeutschland vorbildlich war. Den Kommunisten Wir wissen, daß die sozialdemokratischen Arbeiter die ging und geht es darum, durch außerparlamentari- Überwindung der Spaltung von ganzem Herzen erseh- schen Kampf die verbliebenen fortschrittlichen Ver- nen. Wir fordern sie deshalb auf, Schluß zu machen mit fassungsartikel in die Tat umzusetzen und die Sabotage dem der Reaktion dienenden Bruderstreit und vertrau- dieser Bestimmungen durch Regierung und Verwal- en darauf, daß sie sich in großer Stunde nicht klein tung zu überwinden. Die grundsätzliche Haltung der zeigen. KPD Hessen formulierte die Landesleitung der KPD in „Proletarier aller Länder vereinigt Euch“ haben wir auf einer Broschüre: „Im Dienste des Volkes. Bericht über unsere Fahnen geschrieben. Wir gehen auf diesem die Tätigkeit der Vertreter der KPD im Verfassungsaus- Weg voran, indem wir herstellen: die Einheit der deut- schuß Groß-Hessen. Um eine fortschrittliche Verfas- schen Arbeiterklasse. sung.“, die 1946 in Frankfurt veröffentlicht wurde. Darin Es lebe die Demokratie! heißt es: Es lebe der Sieg des Sozialismus! Karl Hauser, Ingenieur, Kronberg i.T. „Wir bemühten uns vom ersten Tage an, zu einer engen Zusammenarbeit mit der SPD zu kommen, und bereits Paul Kohlhöfer, Schriftsteller, Trais-Münzenberg die Diskussion zu Beginn der Tätigkeit des Verfassungs- Wilhelm Dieterle, Mechaniker, Frankfurt a.M. ausschusses zeigte, daß auch die SPD bereit sein müs- Otto Lichtinger, Geschäftsführer, Frankfurt a.M. se, mit uns zusammenzugehen, wenn sie Wert darauf Leonhard Daum, Lehrer, Brensbach legte, ihre entscheidenden Forderungen durchzuset- Jakob Kern, Darmstadt zen. Die Angriffe der CDU und LDP begannen gleich am Wilhelm Fester, Verw.-Insp. aD., Schlitz ersten Tag, waren massiv, und es bedurfte der geeinten Ernst Knevels, Schlosser, Münzenberg Kraft der beiden Arbeiterparteien, um sie abzuschla- Ludwig Obst, Wirtschaftsprüfer, Frankfurt a.M. gen. Am 13. August 1946 schrieben wir folgenden Brief Heinrich Leschhorn, Schlosser, Wölfersheim an die Fraktion der SPD in der Verfassungsgebenden Rudolf Hänsch, Ingenieur, Frankfurt a.M. Versammlung Groß-Hessen: „Lieber Genosse Knothe! Maria Hohmann, Hausfrau, Frankfurt a.M. Bereits die ersten Diskussionen im Verfassungsaus- 32 schuß haben ergeben, wie schlecht es ist, daß beide Fraktionen der Arbeiterparteien sich nicht vorher über Georg Buch bestimmte Grundsätze verständigt haben. Ich erinne- 24. 9. 1903 - 5. 8.1995 re nur an die Diskussion über die Frage des Sozialismus als Staatsform für Hessen und auch über die Diskussion Georg Buch (SPD) gehörte der des passiven Wahlalters. Dabei darf nie vergessen Verfassungberatenden Lan- werden, daß bisher eigentlich nur nebensächliche Fra- desversammlung in Hessen gen diskutiert wurden. Aus den bisherigen Diskussio- an. nen geht eindeutig hervor, daß dagegen die CDU und Buch besuchte von 1909 bis die LDP sich in bestimmten Punkten geeinigt haben 1917 die Volkschule. Anschließend absolvier- und eine einheitliche Linie vertreten werden. te er von 1917 bis 1921 eine Lehre als Schrift- setzer. Aus diesem Grunde beantragen wir erneut, daß zwi- 1920 trat er dem Arbeiter-Jugend-Bund bei, schen den Vertretern der Fraktion der SPD im Verfas- 1921 der SPD. 1928 wurde er Propagandaleiter sungsausschuß und unserer Vertretung eine gemein- des Unterbezirks Wiesbaden der SPD. same Aussprache stattfindet. ... Wie in Frankfurt, sind 1933 wurde er Stadtverordneter und Vorsit- wir auch in der Verfassungsgebenden Versammlung zender der SPD in Wiesbaden. Vom 14. Sep- bereit, die Verantwortung mitzutragen. Das setzt aber tember bis zum 28. September 1933 befand er gemeinsame Besprechungen und gemeinsame Be- sich in Schutzhaft. schlüsse voraus. Aus diesem Grunde bitten wir Euch zu Zwischen 1941 und 1945 befand er sich wegen beschließen, daß noch heute eine gemeinsame Aus- Vorbereitung zum Hochverrat in verschiede- sprache von Vertretern der beiden Fraktionen stattfin- nen Gefängnissen in Untersuchungs- und Straf- det,“ haft und war in den Konzentrationslagern SS- Sonderlager Hinzert und Sachsenhausen inter- Im Anschluß daran kam es zu gemeinsamen Ausspra- niert. chen zwischen der SPD und der KPD. Wir müssen mit Er war bis zuletzt Präsidiumsmitglied des Sach- Freude feststellen, daß die Zusammenarbeit von Tag zu senhausen-Komitees für die Bundesrepublik Tag besser wurde, daß es möglich war, daß ein Genosse Deutschland. von uns in der Fraktion der SPD sprach, genauso wie ein Buch war von 1946 bis 1950 und von 1954 bis Genosse der SPD in unserer Fraktion. 1974 Mitglied des Hessischen Landtags. Von 1959 bis 1960 übte er das Amt des Vorsitzen- Diese gemeinsame Haltung verstärkte sich immer mehr den und von 1960 bis 1966 das des stellv. Vor- in der Tätigkeit des Verfassungsausschusses und das sitzenden der SPD-Fraktion aus. Resultat war ganz zweifellos für die Arbeiterschaft und Von 1966 bis 1974 war er Präsident des Hessi- für das gesamte schaffende Volk sehr positiv. Dabei schen Landtags. zeigten wir uns ohne weiteres bereit, unter der Bedin- gung, daß zwischen SPD und KPD ein einheitliches 33 Vorgehen gesichert ist, uns auch an Verhandlungen mit verhindern, war sie auch bereit, eine Reihe entschei- den beiden bürgerlichen Parteien zu beteiligen, um zu dender Forderungen aufzugeben. versuchen, eine Verfassung zustande zu bringen, die von so viel wie möglich Parteien dem Volke zur Annah- Wer die Tage des Abschlusses des Kompromisses mit- me empfohlen wird. Wenn diese Versuche scheiterten, erlebte, konnte sehen, welches schlechte Gewissen so tragen dafür einzig und allein die bürgerlichen Par- die SPD dabei hatte und wie die CDU ob des Sieges über teien die Verantwortung. Die LDP war nicht bereit, die SPD strahlte. Der Hintergedanke bei dem Kompro- Konzessionen zu machen. Die CDU schwankte hin und miß war zweifellos, die Kommunisten zu isolieren. her und unterlag vor der 2. Lesung schließlich dem reaktionären Flügel innerhalb ihrer Partei. Für die CDU Die Folgen des Kompromisses zwischen SPD und CDU: war die Arbeit für die Verfassung ein Handelsgeschäft, In den wesentlichsten Forderungen hat die SPD der das selbstverständlich von unserer Seite nicht mitge- CDU nachgegeben. macht werden konnte. Endlich muß auch an dieser Der Kompromiß betrifft alle drei Kapitel die im Verfas- Stelle wiederholt festgestellt werden, daß es fast un- sungsausschuß umstritten waren: möglich war, mit der CDU zu einer allgemein verbind- lichen Abmachung zu kommen, denn so oft erlebten wir, daß die CDU ein Ja zwei Tage später in ein Nein a) Soziale und wirtschaftspolitische Rechte und umwandelte, und es waren Vertreter der SPD, die damals Pflichten erklärten, es sei fast unmöglich, mit der CDU zu einer Einigung zu kommen, da diese bewiesen habe, daß sie 1. In diesem Kapitel hat die SPD zugestimmt, daß die nicht vertragsfähig sei. einheitliche Sozialversicherung aufgegeben wird und daß nur gesagt wird, eine Sozialversicherung sei sinnvoll aufzubauen. Wieso kam es trotzdem zum plötzlichen Kompro- 2. Das Streikrecht wird nur noch anerkannt, wenn die miß zwischen der SPD und der CDU? Gewerkschaften den Streik erklären. Dies bedeu- tet, daß die einzige Waffe der Arbeiterschaft einge- Die vorhergehenden Ausführungen scheinen im abso- engt worden ist. luten Widerspruch zu stehen zu der Tatsache, daß es 3. Während im Verfassungsausschuß eindeutig ge- doch noch zu einer Einigung zwischen SPD und CDU sagt worden ist, daß der Mißbrauch der wirtschaft- gekommen ist. Der Kompromiß kam ohne Zweifel auf- lichen Freiheit nur von Seiten der Unternehmer grund einer Einflußnahme der Militärregierung zustan- kommen kann und deshalb der Mißbrauch der de. Für die CDU, die immer hin und her schwankte, wirtschaftlichen Freiheit durch die Unternehmer bedeutete dieser Kompromiß nicht viel, da sie ge- oder ihren Vereinigungen und die Bildung solcher wohnt ist, in der Politik ein Geschäft zu sehen. Die SPD Vereinigungen untersagt ist, hat die SPD zuge- erklärte sich zu diesem Kompromiß bereit, da es ihrer stimmt, daß nur noch allgemein vom Mißbrauch Führerschaft doch etwas zu unheimlich erschien, allein der wirtschaftlichen Freiheit gesprochen wird, d.h., mit der KPD in den Wahlkampf zu gehen. Um dies zu die SPD stimmt der Erklärung der CDU zu, daß auch 34 die Arbeiterschaft Mißbrauch mit der wirtschaftli- 3. Die SPD stimmte zu, daß die Kirche dem Staat chen Freiheit treiben kann. gleichgestellt wird. 4. In dem Artikel, der von Sofort-Überführung in Ge- meineigentum handelt, wird aufgrund des Kom- 4. Sie stimmte zu, daß der Grundsatz der Gemein- promisses die chemische Großindustrie heraus- schaftsschule dadurch aufgegeben wird, daß ge- genommen. Das war vom ersten Tag an eine Forde- sagt wird „in der Regel“ Gemeinschaftsschule, d.h. rung der CDU, der jetzt die SPD zustimmte. es kann auch andere Schulen geben.

Gerade bei dieser Forderung wurde klar, wie weit man 5. Die SPD mußte zustimmen, daß in jenen Gebieten, kommt, wenn man sich einmal zu prinzipienlosen Kom- in denen es vor 1933 Konfessionsschulen gab, die- promissen bereit erklärt. Als wir nach der Ablehnung se wieder hergestellt werden können, wenn die der Aufnahme der chemischen Großindustrie in das Eltern es wünschen. Das bedeutet, daß im ganzen Kapitel „der in Gemeineigentum zu überführenden Regierungsbezirk Kassel und in Frankfurt am Main Betriebe“ den Antrag stellten, das Parlament möge wieder Konfessionsschulen kommen werden. Das beschließen, der chemische Großbetrieb Merck, Darm- bedeutet weiter, daß den Kirchen auf die Erziehung stadt, sei in Gemeineigentum zu überführen, unter den der Kinder ein entscheidender Einfluß eingeräumt gleichen Bedingungen, wie sie einige Wochen vorher wird. Das bedeutet drittens, daß die SPD zuge- von der SPD festgelegt worden waren, für die Überfüh- stimmt hat, daß eine wesentliche Forderung der rung der IG Farben-Werke in Gemeineigentum (der Demokratie, nämlich die gemeinsame Erziehung Antrag war im Parlament einstimmig angenommen aller Kinder ohne Unterschied der Rasse, sozialen worden), stimmten mit der CDU und der LDP die Abge- Stellung und des Geschlechts aufgegeben wurde ordneten Knothe, Bergsträsser, Metzger, Stock und und daß hier wieder den alten Kastenschulen ein Caspary von der SPD gegen unseren Antrag und brach- Platz eingeräumt wird, jenen Schulen, die viel dazu ten ihn so zur Ablehnung. beigetragen haben, daß der größte Teil der deut- schen Jugend in der Zeit der Weimarer Republik antidemokratisch und nazistisch erzogen wurde. b) Staat, Kirche und Schule 6. Die SPD stimmte zu, daß die Lernmittelfreiheit an den Universitäten aufgehoben wird. Damit wird In diesem Kapitel hat sie SPD die größten Konzessionen Kindern aus Arbeiterkreisen der Besuch der Uni- gemacht. versität erschwert. 1. Sie stimmte zu, daß bereits in der Überschrift die Kirchen besonders erwähnt wurden. 7. Die SPD stimmte zu, daß bei der Ernennung von 2. Sie stimmte zu, daß jene Artikel aus dem gemein- Professoren an der Universität für die theologi- samen Entwurf der SPD und KPD gestrichen wur- schen Fakultäten die Kirche vorher gehört werde. den, die den Mißbrauch der Kirche zur Beeinflus- sung des politischen Lebens untersagten und straf- 8. Die SPD stimmte endlich zu, daß Privatschulen bar machten. wieder zugelassen werden. 35 c) Staatsaufbau a) Eine absolute Gleichstellung der Frau mit dem Man- ne. Auch hier mußte die SPD einige Konzessionen machen. b) Eine Sonderstellung des Ministerpräsidenten, wie In den Übergangsbestimmungen der Verfassung wur- sie vorgesehen war, ist fallengelassen worden. de u.a. mit Zustimmung der SPD ein Artikel aufgenom- men, der besagt, daß die Frage der Schaffung einer 2. c) Das Volksbegehren und der Volksentscheid sind in Kammer auf verfassungsmäßigem Wege nichts im die Verfassung aufgenommen worden. Wege stehe. d) Der Landtag kann nur vom Landtag selbst aufgelöst werden, nicht aber vom Ministerpräsidenten oder Das sind die Ergebnisses des Kompromisses. Sie sollten der Regierung. noch weitergehen. Dies konnte aber durch uns verhin- dert werden. Man wollte nämlich in der Verfassung e) Die Verfassung kann mit absoluter Mehrheit im verankern, daß die kommende deutsche Nationalver- Parlament und einfacher Mehrheit des Volkes ab- sammlung nicht unbedingt vom ganzen deutschen geändert werden. Volk gewählt werden müsse. f) Die künftige Reichseinheit ist in nichts durch die neue Verfassung gefährdet...... Eine weitere Forderung, die verlangte, daß die Stimm- berechtigten, die das 23. Lebensjahr vollendet haben, Schlußfolgerungen wählbar sind, wurde abgelehnt. Vor der Abstimmung des Verfassungsentwurfs in der 2. Darüber hinaus wurde trotz des Kompromisses das Lesung hat die KPD folgende Erklärung abgegeben, die Mitbestimmungsrecht der Betriebsräte aufrechterhal- von der erweiterten Landesleitung der KPD Groß-Hes- ten. Die Sofort-Überführung in Gemeineigentum ist sen gutgeheißen wurde: geblieben, ebenso wie die Forderung einer Bodenre- Wir haben, ehe wir uns endgültig entscheiden, ob wir form. dem Volke die Annahme oder die Ablehnung der Verfas- sung empfehlen, nüchtern zu prüfen: Hat die Verfas- Die negativen Seiten haben wir bereits oben aufge- sung trotz der Kompromißvorschläge der SPD und CDU, zeigt. Unsere endgültige Stellungnahme werden wir die wir jedenfalls bis zum letzten bekämpfen werden, erst nach der dritten Lesung bekanntgeben. noch einen fortschrittlichen Charakter oder nicht? Wir haben uns weiter zu fragen, ob trotz des Kompro- Nur zwei Lehren können wir jetzt schon aus der Tätig- misses doch noch wesentliche Forderungen von uns in keit der Verfassungsgebenden Versammlung ziehen. der Verfassung verankert bleiben oder nicht? Zwei Lehren, die für die künftige Entwicklung der De- Von sonstigen Forderungen, die wir noch stellten, wur- mokratie in Deutschland von entscheidender Bedeu- den angenommen: tung sind. 36 a) Da, wo ein einheitliches Zusammengehen der bei- den Arbeiterparteien zustande kommt, ist ein Sieg der Forderungen der Arbeiterschaft und des schaf- fenden Volkes gesichert. Die Lehren b) Geht eine der beiden Arbeiterparteien auch nur einen kleinen Schritt ab von einer gemeinsamen Haltung, beginnt der Moment, an dem aus kleinen aus der Konzessionen große Kompromisse werden, die nicht mehr den Interessen der Arbeiterschaft ent- sprechen. Geschichte

Nach ernsthafter Abwägung der positiven und negati- ven Momente beschloß die KPD-Hessen, die Verfas- ziehen. sung anzunehmen; sie forderte auf, beim Volksent- scheid mit „Ja“ zu stimmen.

Heute - angesichts von Massenarbeitslosigkeit, Wahn- sinnsrüstung - gilt es erst recht, für die Realisierung der Verfassungs-Bestimmungen zu kämpfen. Die Hessische Verfassung verwirklichen!

37 Verkaufspreis: 3 Euro

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Druck: DKP Hessen Druckerei Drach GmbH Hansteinstraße 4 Alsbach/Sandwiese 60311 Frankfurt Telefon 069-5975673 38 Das sind die Städte, wo wir unser Heil! Den Weltzerstörern einst entgegenröhrten. Und unsrer Städte sind auch nur ein Teil Von all den Städten, welche wir zerstörten.

Bertolt Brecht, Kriegsfibel

39 Tradition bewahren heißt nicht, Asche aufheben, sondern eine Flamme am Brennen zu halten!

Jean Jaurès

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