Hintergrund Syrien – Sonderausgabe Zur Ersten Runde Der Genf-III-Verhandlungen
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Newsletter Projekt »Lokale, regionale und internationale Dynamiken im Syrien- Konflikt« SWP Hintergrund Syrien – Sonderausgabe zur ersten Runde der Genf-III-Verhandlungen 22.02.2016 WissenschaftStiftung Politik und Petra Becker Genf- III – Auftakt und vorübergehende Aussetzung Am 29.01.2016 haben die Genf-III-Gespräche im Palais des Nations in Genf begonnen. Zu direkten Gesprächen zwischen der Opposition und dem Regime kam es nicht. Am 03.02. erklärte der UN-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, dass die Gespräche am 05.02. vorerst unterbrochen werden sollten, da noch mehr Vorarbeit zu leisten sei. Als Da- tum der Wiederaufnahme der Gespräche nannte er den 25.02.2016. http://carnegieendowment.org/syriaincrisis/?fa=62631&mkt_tok=3RkMMJWWfF9wsRons6T KZKXon- jHpfsX56eokWK6ylMI%2F0ER3fOvrPUfGjI4ARcBqI%2BSLDwEYGJlv6SgFSrnAMbBwzLgFWhI %3D http://www.unog.ch/unog/website/news_media.nsf/%28httpNewsByYear_en%29/56F55856D 462989AC1257F4E007DB923?OpenDocument http://www.unog.ch/unog/website/news_media.nsf/%28httpPages%29/8C2FDB8C1F0C90A1C 1257F4F002E2A44 Deutsches Institut für Internationale Politik Sicherheit und Vorlauf Die Genf-III-Gespräche gehen auf die Konferenz von Wien am 30.10.2015 zurück. Dort wur- de beschlossen, den 2012 beschlossenen politischen Übergang (Genf-I) entschlossener vo- ranzutreiben. Die auf dieser Konferenz anwesenden Staaten und internationalen Organisa- tionen, darunter alle Mitglieder des UN-Sicherheitsrates (Details im vierten Link) gaben sich daraufhin den Namen „International Syrian Support Group“ (ISSG). Diese traf am 14.11.2015 erneut zusammen und erklärte, Ziel sei es, Anfang Januar 2016 mit Friedens- verhandlungen zu beginnen. Daraufhin wurde am 09.12.2015 in Riad eine Konferenz der Opposition einberufen, auf der diese sich auf eine gemeinsame 16-köpfige Delegation und eine gemeinsame Linie einigen wollte, was auch gelang (s. dazu die Newsletter vom 11.11.2015, 17.12.2015 und 22.12.2015 (Links s.u.)) Grundlage ist außerdem die am 18.12.2015 vom UN-Sicherheitsrat verabschiedete Resolu- tion zu Syrien, die die Vereinten Nationen beauftragt, den politischen Prozess voranzu- bringen und alle Seiten darauf verpflichtet, Angriffe auf Zivilisten zu stoppen und huma- nitäre Hilfe zu ermöglichen. Eigentlich hatten die Gespräche am 25.01.2016 beginnen sollen. De Mistura hatte den Be- ginn aber auf den 29.01. verschoben, vor allem, weil er noch Zeit benötigte, die Opposition Dieser Newsletter ist eine Online-Veröffentlichung des Projektes »Lokale, regionale und internationale Dynamiken im Syrien-Konflikt«. Er durchläuft kein Gutachterverfahren Newsletter Projekt »Lokale, regionale und internationale Dynamiken im Syrien-Konflikt« zur Teilnahme zu bewegen. Verzögert wurde das durch den Druck Russlands, Gruppen bzw. Personen in die Oppositionsdelegation aufzunehmen, die nicht eigentlich zur Oppo- sition gezählt werden können, wie z.B. die kurdische PYD (syrischer Arm der PKK). Diese gilt der Opposition als zu regimenah, weil sie zum einen die kurdisch dominierten Gebiete Syriens de facto mit Duldung des Regimes selbst verwaltet und dabei mit syrischem Militär und Geheimdiensten kooperiert. Außerdem musste sie sich in der zweiten Jahreshälfte 2015 vorwerfen lassen, Kämpfe gegen ISIS dazu genutzt zu haben, einen Teil der arabi- schen Bevölkerung aus kurdischen Gebieten und Nachbarregionen gewaltsam zu vertrei- ben, um ihre Einflusssphäre zu erweitern. Hindernisse im Vorfeld der Konferenz Auch im Nachgang zur Konferenz von Riad, auf der eine gemeinsame Verhandlungskom- mission und von dieser wiederum eine Verhandlungsdelegation gewählt worden war, hör- ten die Versuche Russlands nicht auf, die PYD und andere regime- und russlandnahe Per- sonen in die Delegation zu zwingen. Neben dem PYD-Vorsitzenden war dies u.a. der Vize- Premier der Assad-Regierung Qadri Jamil, der Ende 2013 in Moskau geblieben war, nach- dem das syrische Regime ihn seines Amtes enthoben hatte. Der Grund dafür soll ein unau- torisiertes Treffen Jamils mit US-Botschafter Ford in Genf im Vorlauf der Genf-II-Gespräche gewesen sein. Noch Mitte Januar versuchte Moskau, die Opposition mit der Drohung einer dritten Dele- gation zu erpressen. Entweder solle die Opposition die PYD in ihre Delegation aufnehmen oder aber Moskau werde eine dritte Delegation nach Genf schicken, die außer aus PYD aus anderen „säkularen“ Kräften bestehen solle. Nach einem Artikel der überregionalen Tages- zeitung Al-Hayat bestand diese „russische Liste“ aus 15 Namen: Saleh Muslim, Vorsitzender der PYD Asya Abdalla, Co-Vorsitzende der PYD Kahlid Issa, Vertreter der PYD in Europa Haitham Manaa, Vorsitzender des Syrischen Demokratischen Rates (Der Rat besteht hauptsächlich aus der PYD und wurde nach der Riad-Konferenz im Dezember als politischer Arm der „Syrian Democratic Forces“ gegründet, einem Militärverband, der mit russischer und amerikanischer Unterstüt- zung von den syrischen Kurdengebieten aus gegen ISIS kämpft und dessen stärkste Kraft der militärische Arm der PYD, die YPG ist. Außerdem kämpfen in ihr einige christliche Milizen und wenige arabisch-sunnitische Milizen auf Stammesbasis. Haitham Manaa war zur Gründungskonferenz der Oppositionskommission nach Riad eingeladen worden, hatte die Einladung aber ausgeschlagen.) Majid Habbo Qadri Jamil, Vorsitzender der Volksfront für Befreiung und Wandel (s.o.) Mazen Maghribiyeh Samir Al-Aita, Vorsitzender des syrischen Demokratischen Forums Amina Wausau Rim Turkmani Abbas Habib Randa Kassis Nemrod Suleiman Fateh Jamous Salim Kheirbek Seite 2 Newsletter Projekt »Lokale, regionale und internationale Dynamiken im Syrien-Konflikt« (letztere unter dem Label “Inlandsopposition”; Bis 2015 galt als „Inlandsopposition“ vor allem das Nationale Koor- dinationskomitee (NCC) unter Hassan Abdelazim und die Gruppe „Building the Syrian State“ unter Louayy Hussein. Beide Gruppen sind in der Riad-Kommission vertreten.) Inwieweit dies mit den von Russland vorgeschlagenen Kandidaten abgestimmt war, bleibt offen. Jedenfalls lehnte Samir Aita es ab, mit einer Teilnahme in Genf in Konkurrenz zur Riad-Delegation zu treten, ebenso der ehemalige Sprecher des syrischen Außenministeri- ums Jihad Makdessi, dessen Name im Zusammenhang mit der Russland-Liste genannt worden war. Russischer Widerstand gegen Teilnahme von Rebellengruppen Außerdem hatte Russland Vorbehalte gegen die Teilnahme von islamistischen Rebellen- gruppen (Ahrar Al-Sham und Jaish Al-Islam), lenkte aber später ein, so dass wie geplant Mohammad Alloush, der Vertreter der Jaish Al-Islam, als Verhandlungsführer nach Genf reisen konnte. Allerdings traf er später ein als die Delegation und nahm am ersten Ge- spräch mit de Mistura am 01.02. noch nicht teil. Ahrar Al-Sham ist weiterhin in der Ver- handlungskommission vertreten, die die Delegation berät, hat aber keinen Repräsentanten in der Delegation selbst. https://www.swp- berlin.org/fileadmin/contents/products/sonstiges/Hintergrund_Syrien_20151111.pdf http://www.swp- berlin.org/fileadmin/contents/products/sonstiges/Hintergrund_Syrien_20151217.pdf http://www.swp- ber- lin.org/fileadmin/contents/products/sonstiges/20151222Hintergrund_Syrien_Sonderausgab e_Riad-Konferenz.pdf http://www.auswaertiges- amt.de/EN/Infoservice/Presse/Meldungen/2015/151114_Abschlussstatement_des_Syrien_Au %C3%9Fenministertreffens_Wien.html http://www.un.org/press/en/2015/sc12171.doc.htm http://www.swp- berlin.org/fileadmin/contents/products/sonstiges/20160128_Hintergrund_Syrien.pdf http://syrianobserver.com/EN/Commentary/30438 http://carnegieendowment.org/syriaincrisis/?fa=62631 http://bit.ly/24oDBO4 Oppositionsdelegation Der Versuch Russlands, die Oppositionsdelegation zu unterwandern, war nicht der einzige Grund dafür, dass die Teilnahme der Opposition an den Genf-Gesprächen ungewiss war. Teile der Opposition und große Teile der Revolutionsbewegung standen der Teilnahme kritisch gegenüber, da sie sahen, dass die Militäroffensive Russlands, die am 30.09.2015 begonnen hatte, darauf angelegt war, nicht etwas ISIS zu bekämpfen, sondern die Rebel- lengruppen auszulöschen oder zumindest so weit zu schwächen, dass man der Opposition in Genf eine russische Lösung würde aufzwingen können. Die in Riad tagende Kommission wusste daher, dass sie in jedem Fall viel zu verlieren hat- te: Wenn sie trotz des Widerstands ihrer Basis nach Genf ginge und dort keinerlei Fort- schritte erreichte, würde sie die Legitimation, die sie sich durch den Riad-Prozess erarbeitet Seite 3 Newsletter Projekt »Lokale, regionale und internationale Dynamiken im Syrien-Konflikt« hatte, wieder zunichtemachen. Ginge sie nicht, lief sie Gefahr, in Genf komplett übergan- gen zu werden – und damit auch die Forderungen ihrer Basis nach einem politischen Übergang ohne Assad (wie im Abschlusspapier von Riad vereinbart). Der Grund, dass die Opposition am Ende anreiste, lag darin, dass auch die USA großen Druck auf die Delegation ausübten. Nach Presseberichten soll Außenminister Kerry der Opposition damit gedroht haben, dieser die Unterstützung zu entziehen, wenn sie nicht nach Genf ginge. Der US-Syrien-Gesandte Michael Ratney musste Schadensbegrenzung betreiben und die Äußerungen von Kerry relativieren, um die Opposition bei der Stange zu halten. Für weiteren Unmut sorgte Staffan de Mistura Tage später mit der Äußerung, Genf werde auf jeden Fall stattfinden – und man werde ja dann sehen, wer komme – was von der Opposition als Drohung verstanden wurde, ohne Einbeziehung der Opposition Be- schlüsse zu fassen. Vorbedingungen der Opposition Die Hauptkritikpunkte derjenigen, die eine Teilnahme an Genf ablehnten,