Trierer Zeitschrift 2008/09

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Trierer Zeitschrift 2008/09 Der „wahre“ Standort des Rheineck-GrabdenkmalsWinfried in Weberder Trierer LiebfrauenkircheDer „wahre“ Standort des 395 Rheineck-Grabdenkmals in der Trierer Liebfrauenkirche Mit der Restaurierung und Wiederaufstellung des nähere Angabe wird das Aquarell Lotharys in den Rheineck-Grabdenkmals im Rheinischen Landes- Kunstdenkmälern der Rheinprovinz in das Jahr museum Trier erschien in der Schriftenreihe des 1793 datiert, überliefert aber mit Sicherheit den Museums auch eine inhaltsreiche und ausführli- Zustand der Kirche nach einer umfangreichen che Publikation zu diesem in den Jahren 1530/31 Renovierung der Kirche, die zwischen 1771 und errichteten bemerkenswerten Grabmonument 1778 durchgeführt worden ist5. Bemerkenswer- des Trierer Domkustos und späteren Domdechan- terweise steht hier das Rheineck-Monument im ten Christoph von Rheineck1. P. Seewaldt hat in südlichen Joch des Südquerhauses, also an einem seinem Beitrag detailliert die wechselvolle Ge- anderen Standort. Daraus vermutete man ver- schichte dieses Denkmals, zu dem auch ein 1532 ständlicherweise, das Denkmal müsse „folglich geweihter Grabaltar gehörte, geschildert und die vor 1793 in den südlichen Kreuzarm der Kirche verwirrenden Nachrichten über den ehemaligen versetzt worden sein“6. Man hielt es für möglich, Aufstellungsort in der Liebfrauenkirche analy- dass die Versetzung des Rheineck-Denkmals an- siert2. Über den Aufstellungsort des Grabdenk- lässlich der Erneuerung des Fußboden 1777 ge- mals berichten die Jesuiten Christoph Brouwer schehen ist, als man nach dem Zeugnis der Gesta und Jacob Masen im 17. Jahrhundert und schrei- Trevirorum „die Grabsteine in der Kirche aufgeho- ben, das Monument sei zur Rechten der Liebfrau- ben und den Boden derselben durchaus neu geplattet“ enkirche, im südlichen Teil (monumentum … ad dextram templi B. Virginis, parte australi), gelegen3. Aufgrund einer flüchtigen Grundriss-Skizze der Liebfrauenkirche auf der Innenseite des hinteren 1 Das Grabdenkmal des Christoph von Rheineck. Hrsg. von Buchdeckels eines spätmittelalterlichen Toten- P. Seewaldt. Ein Trierer Monument der Frührenaissance im Zentrum memorialer Stiftungspolitik. Schriftenreihe des gebetbuches (Officium defunctorum) [ Abb. 1 ] lokali- Rheinischen Landesmuseums Trier 19 (Trier 2000). sierte man begreiflicherweise diese Angabe mit 2 P. Seewaldt, Die Geschichte des Grabdenkmals. In: Das Grab- jenem Standort im Joch vor den Kapellen der bei- denkmal des Christoph von Rheineck (Anm. 1) 9-27. 3 den südwestlichen Konchen4. Die wohl Anfang Chr. Brouwer/J. Masen, Metropolis ecclesiae Trevericae. Ed. Chr. v. Stramberg I (Koblenz 1855) 152-153. des 18. Jahrhunderts verfertigte Skizze lässt in 4 Bistumsarchiv Trier, 95,575. – A. Schmitz, Das Innere und diesem Joch, dessen quadratische Grundfläche die Umgebung der Liebfrauenkirche vor 200 Jahren. Trieri- von zwei Säulen, dem südwestlichen Vierungs- sches Archiv 14, 1909, 74-89. – Seewaldt (Anm. 2) 11-12. pfeiler und dem Wanddienst zwischen den bei- 5 H. Bunjes u. a., Die kirchlichen Denkmäler der Stadt Trier. Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz XIII 3 (Düsseldorf den Konchen an den vier Ecken markiert wird, 1938) 172-173. – Seewaldt (Anm. 2) 13. eindeutig das Grabmonument erkennen, das 6 Seewaldt (Anm. 2) 13. – So auch: M. Maisel, Sepulchrum zudem mit der Beischrift S[anctum] Sep[ulcrum] domini. Studien zur Ikonographie und Funktion großplas- Christi bezeichnet ist. Schwierigkeiten bereitete tischer Grablegungsgruppen am Mittelrhein und im Rhein- land. Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinschen Kir- indessen ein heute verschollenes Aquarell des chengeschichte 99 (Mainz 2002) 192-198. aus Mainz stammenden Malers J. Lothary mit der 7 Gesta Trevirorum. Hrsg. von J. H. Wyttenbach/M. F. J. Müller Innenansicht der Liebfrauenkirche [ Abb. 2 ]. Ohne III (Trier 1839) 295. Trierer Zeitschrift 71/72 · 2008/09 · 395-399 396 Winfried Weber 2 Trier, Liebfrauenkirche. Innenansicht von Westen, 1793. es müsste dafür einen schwerwiegenden Grund gegeben haben, zumal man dadurch auch das Grab seines Grabdenkmals beraubt hatte9. Als Grund für die Umsetzung wurde angenommen, der Platz der „ursprünglichen“ Aufstellung im Joch vor den beiden südwestlichen Kapellen sei äußerst knapp bemessen gewesen, so dass hier kein Durchgang für die Kirchenbesucher ver- blieb; auch für die Altarmensa und das Grab des Christoph von Rheineck, das vor dem Altar ge- legen habe, sei kein Platz vorhanden gewesen10. A. Schmitz hatte 1909 gar gemeint, der „Stand- ort des hl. Grabes anno 1531“, das er als „erra- 1 Bistumsarchiv Trier, Grundriss-Skizze der Liebfrauenkirche tisches Monument“ bezeichnete, sei aufgrund auf der Innenseite des Einbanddeckels eines Totengebetbuchs. der Nachricht bei Brouwer/Masen (ad dextram … parte australi) „derselbe wie der gegenwärtige“, das heißt im südlichen Querhaus, denn damals habe7. Die Formulierung im Originalmanuskript war die Grablegungsgruppe – ihrer Bogenarchi- des Longuicher Pfarrers Franz Tobias Müller über tektur beraubt – an der Südwand des südlichen 11 „die Kirchen und kirchlichen Genossenschaften Querhauses aufgestellt . Demnach müsse das der Stadt Trier vor der Säkularisation“, dass man Rheineck-Denkmal vor 1793, der Anfertigung des „wiederum … damals einen, hinten rechter Seite und vor der damaligen Sakristeie ganz frei stehenden, mit einer besondern steinern Umfassung und darauf gestelltem 8 Das Manuskript des Franz Tobias Müller wird aufbewahrt eisernen Gegitter versehenen Begräbniß Christi Altar, im Bistumsarchiv Trier (95, 342, S. 33). Die Bearbeitung des Manuskriptes durch den Domkapitular Chr. Lager wählt teil- fortgerücket“ habe, schien die Versetzung als „tat- weise andere Formulierungen: so heißt es dort nicht „wie- 8 sächlich vollzogen“ zu bestätigen . Ausgehend derum … fortgerücket“, sondern: „Auch hat man damals ei- von dieser Quellenlage musste man also im 18. nen … Begräbnis-Christi-Altar weggerückt“: Chr. Lager, Die Jahrhundert einen Abbau und eine Versetzung Kirchen und klösterlichen Genossenschaften Triers vor der Säkularisation nach den Aufzeichnungen von Fr. Tob. Müller des Rheineck-Denkmals annehmen, auch wenn und anderen Quellen bearbeitet (Trier [1920]) 19. – Vgl. auch den bisherigen Bearbeitern die damit verbunde- Seewaldt (Anm. 2) 14. nen Fragen durchaus bewusst waren: So fällt die 9 Seewaldt (Anm. 2) 17. Vorstellung, man habe diesen doch aufwendig ge- 10 M. Groß-Morgen/P. Seewaldt, Heiliges Grab, Altar und Schranken. Ein Rekonstruktionsversuch der Memorialanla- stalteten Aufbau mitsamt der Grablegungsgrup- ge. In: Das Grabdenkmal des Christoph von Rheineck (Anm. pe abgebaut, um ihn nur wenige Schritte weiter 1) 32; 34 Abb. 6. in gleicher Form wiederaufzubauen, schwer, und 11 Seewaldt (Anm. 2) 17-18; 27 Abb. 19. Der „wahre“ Standort des Rheineck-Grabdenkmals in der Trierer Liebfrauenkirche 397 bis vor einigen Jahren der Taufstein aufgestellt war13. Das Fundament hatte einen älteren Unter- bau, der zu jenem Taufstein gehören muss, der bereits in der Grundriss-Skizze aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts vermerkt und mit der Bei- schrift Taufkapell bezeichnet ist14. Für die Frage nach dem Standort des Rheineck-Grabdenkmals war nun der Befund in dem Joch vor den süd- westlichen Kapellen wichtig. Auch hier fand sich die Sandsteinschrottschicht, unterbrochen von einigen Grabgruben. Fundamentgruben oder Fundamentreste, die man für den Aufbau des Rheineck-Grabdenkmals fordern muss, sind nicht vorhanden. Auch auf den Fundamentmauern der 3 Trier, Liebfrauenkirche. Freilegung der Sandsteinschrott- Außenwände, der Säulen und des südwestlichen schicht nach Aufnahme des Plattenbodens. Grabungsfoto 2007. Vierungspfeilers fanden sich keine Hinweise ei- ner etwaigen Aufmauerung. Könnte man noch annehmen, dass die Grablegungsgruppe nur auf dem Plattenbelag gesessen hätte, so ist eine „fun- Lothary-Gemäldes, bereits zweimal versetzt wor- damentlose“ Aufstellung des 33 Tonnen schwe- den sein!12 So war also Klarheit in dieser Frage aus ren Bogendenkmals nicht möglich15. Demnach den vorliegenden Quellen nicht zu gewinnen! lassen die Befundergebnisse nur den Schluss zu, Als im Sommer des Jahres 2007 im Zuge der dass in diesem Joch das Rheineck-Denkmal nie anstehenden Innenrenovierung der Liebfrau- gestanden haben kann. Daraus folgt, dass sich enkirche der in den 1950er Jahren gelegte Fuß- der Zeichner der Grundriss-Skizze Anfang des 18. boden entfernt wurde, begann das Bischöfliche Jahrhunderts beim Eintrag des Rheineck-Grab- Dom- und Diözesanmuseum mit bauhistorisch- denkmals geirrt haben muss! archäologischen Untersuchungen. Als Grabungs- Sicherheit in der Frage der Aufstellung des Rhein- flächen wurden die westliche Konche und das eck-Denkmals konnte nur eine Untersuchung vor den beiden südwestlichen Kapellen liegende des Befundes im südlichen Querhaus erbringen. Joch ausgewählt, als auch jene Fläche, auf der die Gelegenheit dazu erbrachte die Fortführung der Grundriss-Skizze das Rheineck-Grabmal lokali- Bauarbeiten in der Liebfrauenkirche im Frühjahr siert. Wenn sich dort der „ursprüngliche“ Stand- 2008. Nach Entfernung des Plattenbodens wurde ort des Rheineck-Denkmals befunden hat, dann auch im südlichen Querhaus die Sandsteinschrott- müssten sich dort auch entsprechende Funda- schicht aufgedeckt, auch hier immer wieder un- mente nachweisen lassen. Nach dem Abtrag des terbrochen durch Grabgruben, Kanalschächte Fußbodens und seines Unterbaues konnte auf der und zwei Grabungsschächte der 1950 vorgenom- gesamten Grabungsfläche eine 5-10 cm starke menen archäologischen Untersuchungen. Be- Planierung aus gelbgrünlichem
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