Diethart Kerbs Deutsche Fotografen Im Spanischen Bürgerkrieg

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Diethart Kerbs Deutsche Fotografen Im Spanischen Bürgerkrieg Umschlagabbildung: Timm Starl, Fotografie 40er Jahre Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Fotografie & Geschichte: Timm Stad zum 60. Ge­ burtstag/Dieter Mayer-Gürr (Hg.). - Marburg: Jonas, 2000 ISBN 3-89445-264-1 © Jonas Verlag für Kunst und Literatur GmbH Weidenhäuser Str. 88 D-35037 Marburg Druck Alpdruck Marburg ISBN 3-89445-264-1 Dieter Mayer-Gürr (Hg.) FOTO GESCHICHTE Timm Starl zum 60. Geburtstag Jonas Verlag Inhalt Vorwort ....................................... 7 Katharina Sykora Fotografinnen zwischen Experiment und Professionalität. Berufsbiografien in den 20er Jahren . ............ 9 Ute Wracklage Der Fotograf Friedrich Pranz Bauer in den 20er und 30er Jahren Vom Kunstfotografen zum SS-Dokumentaristen . 30 Monika Faber Heinrich Schwarz. Die Entdeckung der Naturwissenschaften und technischen Apparate durch die Kunstgeschichtsschreibung . 51 Diethart Kerbs Deutsche Fotografen im Spanischen Bürgerkrieg. Fragen, Recherchen, Überlegungen . ......... 58 Nicola Bille Die sowjetischen Fotoretuschen der 30er Jahre als politische Demozide. Einige Ausführungen zu den historischen und politischen Hintergründen der Bildmanipulation im Stalinismus . 68 Miriam Y. Arani Schwestern im Bild. Fotografien von berufstätigen Frauen während des Dritten Reichs ........................ 103 Ludger Derenthai "Finden Sedat so schön?"- Porträtfotografien Konrad Adenauers 144 Jan Brüning Die ewige Suche nach dem guten Bild. Fotolehr- und Fachliteratur des 20. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum ..................... 158 5 Diethart Kerbs Deutsche Fotografen im Spanischen Bürgerkrieg Fragen, Recherchen, Überlegungen* I. nen Mutterlandes begonnen hatte, war längst zu einem internationalen Konflikt ausge­ Der Spanische Bürgerkrieg war zugleich ein wachsen- vor allem durch die massiven Hil­ deutscher Bürgerkrieg, denn auf beiden Sei­ feleistungen der faschistischen Regierungen ten kämpften Deutsche: Flüchtlinge aus Na­ von Italien und Deutschland für die meutern­ zi-Deutschland hatten sich freiwillig zu den den Offiziere und durch die Unterstützung anarchistischen Milizen oder zu den Interna­ der Sowjetunion für die Spanische Republik. tionalen Brigaden gemeldet, die die Spani­ Die Weltpresse nahm regen Anteil am Fort­ sche Republik gegen den Militärputsch des gang des Geschehens; in der Öffentlichkeit · selbsternannten spanischen "Führers" Fran­ auch der nicht beteiligten Länder, vor allem cisco Franeo zu verteidigen halfen. Die Hit­ in Frankreich, England, Holland, Skandina­ ler-Regierung hatte auf Bitten Francos nicht vien und in den USA wurde der Krieg in Spa­ nur Flugzeuge, Panzer und Munition nach nien leidenschaftlich diskutiert. Auch in der Spanien geschickt, sondern dazu über 20.000 Presse des NS-Staates wurde relativ breit Soldaten: die Legion Condor. Diese Hilfs­ über die Ereignisse in Spanien berichtet- zu­ truppe war, weil Deutschland das internatio­ nächst freilich ohne die "Legion Condor" zu nale Nichteinmischungs-Abkommen mit un­ erwähnen. terzeichnet hatte, 1936 heimlich und in Zivil Der Spanische Bürgerkrieg war der erste auf Touristendampfern nach Spanien ge­ moderne Krieg, der nicht nur von Berichter­ bracht worden, 1939 wurde sie dann bei der stattern der kriegführenden Armeen, sondern siegreichen Rückkehr offen und mit militäri• auch von den Journalisten und Fotojournali­ schem Schaugepränge in Harnburg und Ber­ sten aus nicht beteiligten Ländern ausführlich lin empfangen. dokumentiert wurde. Er fällt in eine Epoche Auf beiden Seiten hatten in diesem Krieg der Pressegeschichte, in der weltweit große auch deutsche Journalisten und Fotografen illustrierte Wochenzeitungen wie LIFE, PIC­ gearbeitet. Was als Aufstand einer kleinen TURE POST, VU und REGARDS gegründet Gruppe von reaktionären Kolonialoffizieren wurden oder einen neueil Aufschwung nah­ gegen die rechtmäßige Regierung des eige- men. Der Krieg wurde besonders auch in der 58 illustrierten Presse der neutralen Länder, wie Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reiches Frankreich, England, USA, dargestellt und und hat dementsprechend auch den hitler­ diskutiert, dabei wurden die Fotos nicht we­ schen Leihsoldaten ihre Dienstzeit bei der niger zum Argument wie die Texte. Film und "Legion Condor" auf die Altersversorgung Wochenschau dienten ebenso wie die Foto­ anstandslos angerechnet, so war dem demo­ grafie der Information und Meinungsbildung, kratischen Nachkriegsstaat die freundschaft­ Agitation und Propaganda über diesen Krieg. liche Hilfe der nazideutschen Diktatur für die Politisch erfahrenen Betrachtern der Welt­ franeospanische Diktatur doch eher peinlich. lage mußte klar sein, daß hier auf spanischem Die alte Freundschaft ließ sich zwar für neue Boden der erste Versuch gemacht wurde, die Geschäftsverbindungen nutzen, aber von Machtverhältnisse zwischen Sozialismus und ostentativer Herzlichkeit und offizieller Tra­ Demokratie auf der einen, Faschismus und ditionspflege wurde staatlicherseits doch Ab­ katholischer Reaktion auf der anderen Seite stand genommen, jedenfalls solange Franeo militärisch auszukämpfen, daß es sich somit lebte. Von einer Ehrung der deutschen Frei­ nicht um einen lokalen Konflikt, sondern um willigen, die der bedrohten Spanischen Repu­ einen Krieg von internationaler Bedeutung blik zur Hilfe geeilt waren, konnte erst recht handelte. Tatsächlich war dieser Krieg nicht nicht die Rede sein, denn bei diesen handelte nur für die deutsche Luftwaffe so etwas wie es sich ja in aller Regel um Antifaschisten, die Generalprobe für den Zweiten Weltkrieg. Anarchisten, Sozialisten, Kommunisten, also Aus all diesen Gründen - und nicht nur um Menschen, die in den Restaurationsjahren wegen der kaum überschaubaren Fülle des des westdeutschen Kapitalismus unter Ade­ immer noch erhaltenen (wenn auch weit in nauer, Erhard und Kiesinger keineswegs die Welt verstreuten) Bildmaterials - ist der anerkannt, sondern teilweise schon wieder Spanische Bürgerkrieg ein zentrales Kapitel verfolgt wurden. In dem Film "Unversöhnli• der Fotografiegeschichte des zwanzigsten che Erinnerungen" von Klaus Volkenbom Jahrhunderts. und anderen (Basis-Film-Verleih, Berlin), ist Im Unterschied zu der Beteiligung von die tiefe soziale und politische Spaltung des Dichtem und Schriftstellern am Spanischen historischen Bewußtseins im westlichen Bürgerkrieg- im wesentlichen auf republika­ Deutschland meisterhaft festgehalten und in nischer Seite - ist die Beteiligung der Foto­ bezug auf den Spanischen Bürgerkrieg mit grafen (besonders der deutschen) an diesem verblüffender Genauigkeit dokumentiert. Krieg noch sehr wenig erforscht. Der niedri­ 2. Die Geschichte der Fotografie (und zu­ ge Forschungsstand hat im wesentlichen fünf mal die der Pressefotografie) hat in der Bun­ Ursachen: desrepublik Deutschland - wie in den mei­ 1. In der Bundesrepublik ist die Tatsache, sten europäischen Ländern keine akademi­ daß dieser spanische zugleich auch ein deut­ schen Bezugsdisziplin und somit keine Zutei­ scher Bürgerkrieg war, bis heute weitgehend lungsinstanz für Berufschancen. Anders als verdrängt. Die historische Erforschung dieses die Literatur und die Bildende Kunst, denen Krieges und der deutschen Beteiligung an die an allen Universitäten mit mindestens ei­ ihm ist bislang das Werk einzelner engagier­ nem Institut vertretenen Wissenschaften Lite­ 1 ter Wissenschaftler geblieben , von einer raturgeschichte und Kunstgeschichte entspre­ breiten Entfaltung und großzügigen Unter­ chen, hat die Fotografie bisher nicht ihre Ent­ stützung der diesbezüglichen Forschung sprechung in einer akademischen Disziplin durch staatliche Instanzen kann keine Rede "Fotogeschichte" gefunden, di~ man studie­ sein. Das ist auch kaum verwunderlich. Ver­ ren, in der man Magister- und Doktorarbeiten stand sich die Bundesrepublik zwar als schreiben, Titel erwerben und um Stellen 59 konkurrieren kann.2 So kommt es, daß die Er­ als Beleg und Quelle für das genommen, was forschung der Fotografie und ihrer Geschich­ man politisch der Gegenwart verdeutlichen te bisher überwiegend von Autodidakten be­ will. Weder in den historischen Instituten der trieben wird, d. h. von Laien oder von Ab­ allermeisten Universitäten noch bei den Ma­ trünnigen, also von Wissenschaftlern, die ei­ chern der Wehrmachtsausstellung wurde die gentlich etwas anderes gelernt haben und für Zeitschrift "Fotogeschichte" gelesen, sonst anderes zuständig sind, sich nun aber (aus hätte es nicht geschehen können, daß zehn welchen Gründen auch immer) der Fotoge­ Jahre lang über die Fotos des PK-Fotografen schichte zugewandt haben. Gerhard Gronefeld von den Geiselerschie­ 3. In der DDR galt für die Fotogeschichts­ ßungen in Pancevo (Jugoslawien) diskutiert schreibung das gleiche. Was die politische wurde, ohne daß jemand gemerkt hätte, daß Geschichtsschreibung anbelangt, so bean­ bereits im Heft 13 dieser Zeitschrift im Jahre. spruchte der andere deutsche Staat zwar das 1984 ein ausführliches Interview mit dem Fo­ Erbe und Erinnerungspflege der deutschen tografen über genau diese Bilder veröffent• Interbrigadisten, dennoch war dort eine freie licht war. 3 Erforschung des Spanischen Bürgerkrieges Wie unter kapitalistischen Verhältnissen ebensowenig möglich wie bei anderen The­ nicht anders zu erwarten, setzt die intensive­ men der jüngeren Geschichte. In allen Län• re, öffentliche Beschäftigung mit histori­ dern des Ostblocks hatte sich die Geschichts­ schem fotografischem Quellenmaterial in der forschung den Zwängen, Prioritäten und Ta­ Regel erst dann ein, wenn damit Profilie­ bus der jeweils aktuellen Politik zu beugen, rungschancen verbunden sind, Aufmerksam­
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