2017-08-29 12-14-30 --- Projekt: transcript.anzeigen / Dokument: FAX ID 0270470364476556|(S. 1- 2) VOR3953.p 470364476564 Aus:

Anika Oettler (Hg.) Das Berliner Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen Entstehung, Verortung, Wirkung

September 2017, 182 Seiten, kart., 29,99 €, ISBN 978-3-8376-3953-7

Weltweit wächst die Zahl von Gedenkstätten und Denkmälern stetig. An ihre Errich- tung sind eine Vielzahl von Erwartungen geknüpft: Sie sollen öffentliche Räume für Trauernde schaffen, die Würde von Opfern wiederherstellen und zugleich Orte der gesellschaftlichen Begegnung und historischen Aufklärung sein. Die Beiträge des Bandes stellen das 2008 in eingeweihte Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen in den Mittelpunkt: Von wem wird es wie wahrgenommen? Für wen ist es ein Ort der Selbstvergewisserung, für wen ein Stein des Anstoßes? Wie wirkt es in das urbane Umfeld hinein? Die Beiträger_innen verfolgen diese Fragen und geben erstmals empirische Antworten.

Anika Oettler (Prof. Dr.), geb. 1971, ist Professorin für Gesellschaftliche Entwicklung und vergleichende Sozialstrukturanalyse an der Philipps-Universität Marburg. Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen Transitional Justice und kollektive Erinnerung.

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Inhalt

Einleitung Anika Oettler

Ein Denkmal in Berlin | 9 Das Denkmal und die (bundes-)deutsche Geschichte der Aufarbeitung des Nationalsozialismus | 14 Was nützt ein Denkmal? | 17 Eine methodische Annäherung | 20 Wer erinnert für wen? | 26 Zum Aufbau des Bandes | 27 Der rekonstruktive Charakter von kollektiver Erinnerung | 29 Literatur | 30

Die Konflikte. Debatten vor und nach der Erbauung des Denkmals Lisa Schäder | Johanna Zschornack

Einleitung | 35 Die Vorgeschichte | 38 Von einer schwulen Initiative zum Bundestagsbeschluss | 40 Die parlamentarische Grundsteinlegung | 50

„Der Block ist schwul.“ Kunst und die Frage der Repräsentation | 54 Die Debatte um die Ausblendung lesbischer Opfer | 57 Einweihung und (politische) Nutzung | 61 Das Denkmal heute: Weiterhin Stolperstein oder bloßes Stadtmobiliar? | 72 Literatur | 74

Die Wirkung. Wie sich Besucher*innen über das Denkmal äußern Miriam Bach | Maria Hartmann | Annika Sterr

Einleitung | 81 Das „Denk-Mal“ lesen: Vom individuellen Zugang zur unmittelbaren Reaktion | 85 Analytische Verbindungen zwischen Denkmalästhetik und -inhalt | 94 Gede(a)nken zwischen Vergangenheit und Gegenwart | 98 Von Provokation und Normalisierung, Homophobie und Toleranz | 104 Das Denkmal als Bühne: Selbstinszenierung einer Gesellschaft oder Manifestation politischer Kämpfe? | 111 „Und man hat dieses ziemlich versteckt“ – Über Sichtbarmachung und Sichtbarkeit | 114 „Ich finde, die hatten mehr verdient“ – Soziale Annahmen über Denkmäler | 116 Das Denkmal als Auslöser für die Verhandlung sozialer Diskurse | 121 Fazit | 123 Literatur | 127

Der Raum. Konzeption, Wahrnehmung und Aneignung des Denkmals Lennart Garbes | John Preuss

Einleitung: Von Denkmälern und Räumen | 129 Sozialer Raum als dreigeteiltes Ganzes – Die Theorie Lefebvres | 130 Wahrnehmung. Räumliche Praxis des Denkmals | 134 Konzeption. Raumrepräsentationen des Denkmals | 141 Erleben. Repräsentationsräume des Denkmals | 149 Was bleibt vom Raum des Denkmals? | 156 Literatur | 158

Denkmalwirkungsforschung und die Frage der Perspektive Anika Oettler

Einleitung | 163 Zur Motivation | 165 Zur Positionalität | 166 Subjektivität im Forschungsalltag | 168 Zum theoretischen Vorverständnis | 170 Fazit: Was nützt ein Denkmal? | 175 Literatur | 177

Autor*innen | 179

Einleitung

ANIKA OETTLER

EIN DENKMAL IN BERLIN

Seit dem 27. Mai 2008 ist das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen, für das sich seit 1992 eine zivilgesellschaft- liche Initiative eingesetzt hatte, am Rande des Berliner Tiergartens zu sehen. Das von den Künstlern Ingar Dragset und Michael Elmgreen entworfene Denkmal steht auf der anderen Straßenseite des 2005 ein- geweihten Denkmals für die ermordeten Juden Europas. Die „2.712te Stele“ (Baunetz, 2.5.2006)1 ist in ihrer Formgebung direkt an die von Peter Eisenman entworfene Stelenlandschaft angelehnt. Auch Dragset und Elmgreen haben eine hellgraue Betonstele entworfen, die gleich- wohl wuchtiger ist und zugleich leicht kippt. Ein Guckfenster ermög- licht den Blick auf ein Video, das zwei sich im Park küssende Männer zeigt. Das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homose- xuellen ist Teil einer Erinnerungslandschaft, die nach dem Fall der

1 http://www.baunetz.de/architekten/wiewiorra_hopp_schwark_architekten_ baunetz_1355319.html (30.01.2017).

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Berliner Mauer grundlegend um- und neugestaltet wurde. Zwischen den neu errichteten Bauten des Hauptbahnhofs, Bundeskanzleramts und Potsdamer Platzes spannt sich ein unübersichtlicher Bogen, der von offiziellen Erinnerungsorten (Gebäude, Denkmäler, Straßennamen, Informationstafeln) und kommerziellen historischen Reminiszenzen (Souvenirläden, Straßenperformances, „Trabi-Verleih“) durchwoben ist. Die Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung verweist da- rauf, dass im Großen fast 100 „Mahnmale“ und „Kunst- denkmale“ zu sehen seien.2 Darunter finden sich Tierskulpturen ebenso wie historische Figuren (Denkmäler für Goethe, Haydn/ Mozart/ Beethoven, die Amazone zu Pferde, König Friedrich Wilhelm II, Richard Wagner, die 96 ermordeten und verschleppten Reichstagsab- geordneten und „den Krieger, der sich von seiner Familie verabschie- det, in den Krieg zieht, kämpft und zurück kehrt“). Das 2012 eröffnete Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma sowie der 2014 eröffnete Gedenk- und Informationsort für die Opfer der nationalsozialistischen »Euthanasie«-Morde sind weitere Manifes- tationen nationaler Erinnerungspolitik. Die dichte Matrix dieser offizi- ellen und nicht-offiziellen Erinnerungspunkte innerhalb des Stadtvier- tels stellt ebenso eine Einzigartigkeit dar, wie der Umstand, dass die Gegend zwischen Spreebogen und Sony-Center zugleich politisches Zentrum des Landes und magischer Anziehungspunkt des Städtetou- rismus ist. Dies bedeutet auch, dass viele dieser Erinnerungspunkte von Tourist*innen eher zufällig entdeckt und beiläufig betrachtet werden.

2 http://www.stadtentwicklung.berlin.de/berlin_tipps/grosser_tiergarten/de/ sehenswertes/index.shtml (30.01.2017).

EINLEITUNG | 11

Das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen

Foto: Moritz Meißner

*** Das Denkmal und die Umgebung

LENNART GARBES UND JOHN PREUSS

Das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen be- findet sich im Bezirk Berlin-Mitte am östlichen Rand des Großen Tiergartens. Der östliche Teil des Berliner Tiergartens wird vom Bundeskanzler*- innenamt, dem Reichstagsgebäude, dem Potsdamer Platz und der Berliner Philharmonie eingerahmt. An seinem Rand begrenzt die vierspurige Ebert- straße, vorbeiführend am Brandenburger Tor und dem Denkmal für die er- mordeten Juden Europas, die Parkanlage. Das Denkmal für die im National- sozialismus verfolgten Homosexuellen steht an einem kleinen, circa 40 Me- ter langen Schotterweg, der die vierreihige Lindenpromenade an der westli- chen Straßenseite der Ebertstraße mit dem östlichsten Rundweg innerhalb des Tiergartens verbindet. An der rechten Seite des Eingangs zum Verbin-

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dungsweg, etwas über dem Boden und umgeben von wegbegrenzenden Büschen befindet sich eine Informationstafel aus Metall. Eine weitere längli- che Informationstafel, die auf das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen hinweist und auf der eine kurze Geschichte der Verfolgung skizziert wird, steht auf der Lindenpromenade etwas südlich des Eingangs des Schotterwegs. Gegenüber der Einmündung des Verbin- dungsweges, an dem sich das Denkmal befindet, auf der anderen Seite der Ebertstraße, endet die süd-westliche Ecke des Stelenfeldes des Denkmals für die ermordeten Juden Europas. Die beiden Straßenseiten sind über eine Fußgänger*innenampel miteinander verbunden. Von der Ebertstraße aus betrachtet, führt der Verbindungsweg zum Denkmal durch eine kleine Lichtung. Der helle Schotterweg ist zunächst beidseitig durch Büsche eingegrenzt, öffnet sich aber nach dem ersten Drit- tel an beiden Seiten zu den kleinen, baumfreien Rasenflächen, welche die Lichtung ausmachen. Hinter dem Denkmal mündet der Verbindungsweg in den östlichsten Rundweg des Tiergartens, der Richtung Norden zu einem Goethe-Denkmal und dann zum Brandenburger Tor und gen Süden in den süd-östlichen Teil des Parks weiterführt. Die Weggabelung wird abgesteckt durch zwei Baumgruppen, die vor der Einmündung in den Tiergartenrund- weg stehen. Zusätzlich ist dort eine Karte angebracht, auf der neben dem Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen auch an- dere Denkmäler und Sehenswürdigkeiten im östlichen Teil des Tiergartens verzeichnet sind. Hinter dem Denkmal kürzt ein Trampelpfad die Weggabe- lung in Richtung Süden ab und führt direkt vom Denkmal in Richtung des südlichen Tiergartenrundwegs. Ebenso versteckt integriert sich ein Schein- werfermast in das Waldstück, das die Lichtung im Süden begrenzt, von dem aus das Denkmal bei Nacht angeleuchtet wird. Vom Rundweg im Tiergarten kommend fällt der Blick zuerst auf die Rückseite oder die rückwärtige Flanke des Denkmals sowie auf die Karte des östlichen Tiergartens. Zumindest bei vollem Bewuchs reicht der Blick vom Tiergartenrundweg aus zwar bis zur Lindenpromenade und zur Ebertstraße, das Stelenfeld des Denkmals für die ermordeten Juden Europas ist aber eher zu erahnen als direkt zu sehen.

***

EINLEITUNG | 13

Wer also nimmt das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolg- ten Homosexuellen überhaupt wahr? Wie wird es erlebt? Wie wird es dechiffriert? Diese Fragen sind nicht nur aus wissenschaftlicher Sicht interessant, sondern auch aus der Perspektive derer, die sich für die Er- richtung von Denkmälern einsetzen: „Finden Sie was raus über die Wirkung von Denkmälern, ich bin begierig drauf“ (Albert Eckert, In- terview). Im Juni 2015 sind wir – Miriam Bach, Jan Niklas Dittmar, Lennart Garbes, Maria Hartmann, Mira Hellmich, Andrea Paola Mola- no Araque, Magdalena Peña Fredes, Olan Scott Pinto, John Preuss, Li- sa Schäder, Annika Sterr, Vanessa Zohm, Johanna Zschornack und ich – diesen Fragen in Berlin nachgegangen und präsentieren mit diesem Band nun die ersten Ergebnisse. Wir bedanken uns bei Bettina Wallon und Kolja Koch für die prak- tische Unterstützung bei der Realisierung unseres Vorhabens und das unermüdliches Lektorieren des Manuskripts sowie bei Dr. Ulrike Krause und Dipl.-Soz. Eva Georg für ihr hilfreiches Feedback zu unse- ren Beiträgen. Ein besonderer Dank geht an Moritz Meißner, dessen Fotoaufnahmen den hier vorliegenden Band bereichern. Auf den folgenden Seiten wird zunächst kurz skizziert, wie sich das Denkmal in den breiteren Kontext der vergangenheitspolitischen und wissenschaftlichen Debatten um die Aufarbeitung des NS-Regimes einschreibt. Danach wird knapp dargestellt, vor welchen methodischen Herausforderungen die Denkmalswirkungsforschung steht. In unserem Projekt kamen die Erhebungsinstrumente der Expert*inneninterviews, verdeckten Beobachtung, „Expressinterviews“ und performativen In- tervention zum Einsatz, um ein möglichst vollständiges und facetten- reiches Bild der Wirkung des Denkmals in alltäglichen und ritualisier- ten Kontexten zeichnen zu können.3 Wie sich diese Herangehensweise

3 An dieser Stelle möchten wir uns bei allen Interviewpartner*innen für die uns zur Verfügung gestellte Zeit und ihr Engagement bedanken. Ein be- sonderer Dank geht an die von uns interviewten Expert*innen: Jörg Steinert (LSVD Berlin-Brandenburg), Albert Eckert (Initiative HomoMo- nument), Jens Dobler (ehemaliger Leiter des Archivs und der Bibliothek

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in den einzelnen Beiträgen dieses Bandes widerspiegelt, wird am Ende dieses einleitenden Teils erläutert.

DAS DENKMAL UND DIE (BUNDES-)DEUTSCHE GESCHICHTE DER AUFARBEITUNG DES NATIONALSOZIALISMUS

Als der deutsche Bundestag im Juli 2003 beschloss, ein Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen zu errichten, ge- schah dies 58 Jahre nach dem Ende der nationalsozialistischen Gewalt- herrschaft. In diesen 58 Jahren gab es größere und kleinere, längere und kürzere, stärkere und sanftere erinnerungspolitische Wellen und Gegenwellen. Nach Frei (2009) folgte auf die Säuberungspolitik der Alliierten die Phase der „Vergangenheitspolitik“ (1950er bis Mitte der 1960er Jahre), mit der die Amnestierung und Integration der Anhän- ger*innen des Nationalsozialismus einherging. Der Auschwitz Prozess markiert nach Frei den Beginn einer langen Phase der „Vergangen- heitsbewältigung“, die bis in die 1980er Jahre dauerte und schließlich von einer Phase der „Vergangenheitsbewahrung“ abgelöst wurde, in der die Konturen der Schuld zunehmend verwischten und vor allem auch die Geschichte von Vertreibung, Flucht und Bombenkrieg öffent- lich erinnert wurde und wird. In diese letzte Phase, in der auch eine zu- nehmende „Konkurrenz der Opfer“ (Chaumont 2004) diskutiert wurde, fiel das intensive Bemühen um die Erbauung eines Denkmals für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen.

des Schwulen Museums Berlin), Alexander Vogt (Bundesvorsitzender des Verbandes der Lesben und Schwulen in der Union - LSU), Anja Kofbinger/ Thomas Birk (Queerpolitische Sprecher*innen der Berliner Fraktion Bünd- nis 90/Die Grünen), Sebastian Ahlefeld (LGBTI-politischer Ansprechpart- ner der FDP Berlin) und Henrike Herrmann (Bildungsreferentin der Stif- tung Denkmal für die ermordeten Juden Europas).

EINLEITUNG | 15

Die Geschichte der (Nicht-)Aufarbeitung der gegen Homosexuelle verübten Gewalt liegt quer zu den oben angedeuteten Phasen der bun- desdeutschen politischen Geschichte der Aufarbeitung. Die Opfergrup- pe der Homosexuellen wurde in den historiographischen Auseinander- setzungen und den Bemühungen um eine strafrechtliche Schuldzuwei- sung und Entschädigung der Opfer nicht vergessen, sondern, ganz im Gegenteil, weiter kriminalisiert und verfolgt. Markante Eckpunkte der Gesetzgebung waren die Ausschließung homosexueller Opfer im Bun- desentschädigungsgesetz für die Opfer des Nationalsozialismus sowie die Nichtaufhebung des § 175 nach 1945, die Reform des § 175 [DDR 1950, BRD 1969, 1973] und die späte Aufhebung des § 175 StGB (1994). Es ist symptomatisch, dass das 2007 von Torben Fischer und Matthias N. Lorenz herausgegebene „Lexikon der ‚Vergangenheitsbe- wältigung‘ in Deutschland. Debatten- und Diskursgeschichte des Nati- onalsozialismus nach 1945“ keinen Eintrag zur öffentlichen Auseinan- dersetzung mit der Verfolgung von nicht-heterosexuellen Menschen während der NS-Zeit enthält. Dieses Thema wurde bis dato in media- len, politischen und wissenschaftlichen Diskursräumen lediglich am Rande behandelt. Erste Bemühungen zu einer wissenschaftlichen Aufarbeitung der Geschichte der Verfolgung von (männlichen) Homosexuellen wurden in den 1970er Jahren vor dem Hintergrund der erstarkenden Schwulen- bewegung unternommen. Zu den ersten Veröffentlichungen zählen der autobiographische Bericht von Heinz Heger („Die Männer mit dem ro- sa Winkel“, 1972) und der 1977 von Rüdiger Lautmann, Winfried Grikschat und Egbert Schmidt verfasste Aufsatz „Der rosa Winkel in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern“. Inzwischen ist zwar das wissenschaftliche Augenmerk deutlich gestiegen (vgl. Grau 1993, zur Nieden 2005, Plant 1991, Bastian 2000, Spurlin 2009), doch ist die historiographische Aufarbeitung weiterhin lückenhaft. Einen aktuellen Überblick zum Forschungsstand bieten Günter Grau (2011) und Mi- chael Schwartz (2014). Die Geschichte des lesbischen Lebens während der NS-Herrschaft ist weitgehend unerforscht: Claudia Schoppmann

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bildete mit ihren Büchern (1991, 1998) lange Zeit eine Ausnahme von der Praxis der Ausblendung des Themas aus der Geschichtswissen- schaft. Zur Geschichte der (Nicht-)Aufarbeitung bzw. der fortgesetzten Diskriminierung von Homosexuellen in der (bundes-)deutschen Nach- kriegszeit liegen ebenfalls einige Studien vor. Zu nennen sind insbe- sondere die Arbeiten von Stümke (1998), Pretzel (2002), Schulz/ Sartorius (1994), Benz (1998), Whisnant (2012), Seifert (2003), von Wahl (2011) und Jensen (2002). Darüber hinaus wurden seit den 1970er Jahren regelmäßig Beiträge und Streitschriften in den Zeit- schriften der community (u.a. Rosa Flieder, Siegessäule, DAH-aktuell, UkZ) und in Sammelbänden (u.a. Salmen/Eckert 1989, Schwules Mu- seum/Akademie der Künste 1997) veröffentlicht. Während das wissenschaftliche Interesse an der politischen Ge- schichte der Verfolgung und Diskriminierung von Homosexuellen jahrzehntelang vor allem aus dem Kontext der Schwulen- (später LGBTI*)-Bewegung kam, hat sich inzwischen auch im Mainstream der kultur- und sozialwissenschaftlichen Erinnerungsforschung das Augenmerk auf vergessene, unzureichend berücksichtigte oder lange Zeit als unwürdig klassifizierte Opfergruppen zu richten begonnen. Hinter dieser Entwicklung steht nicht nur die spezifische bundesdeut- sche Generationenkonstellation des beginnenden 21. Jahrhunderts, sondern auch die Entwicklung eines theoretischen Feldes, das sich fast explosionsartig entwickelt hat. Innerhalb dieses Feldes haben sich Dis- kursstränge und Diskurspositionen beständig ausdifferenziert und da- bei wurden auch immer neue Gegenstandsbereiche (z.B. Ereignisse, Institutionen, soziale Gruppen) entdeckt. Auf der anderen Seite ge- wann ein Konzept immer mehr an Attraktivität und Deutungsmacht: ausgehend von einer Renaissance des Ansatzes von Maurice Halb- wachs entwickelte sich ab den 1990er Jahren ein Zweig der soziolo- gisch orientierten Gedächtnis- und Tradierungsforschung, der vor al- lem den rekonstruktiven und instrumentellen Charakter des kollektiven Gedächtnisses betonte (u.a. Assmann/Hölscher 1988, Schacter 1995, Assmann 1999, Welzer 2001, Erll/Nünning 2008, Assmann 2010, Jelin

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2012). Denkmäler stellen in diesem Verständnis „Gedächtnisorte“ dar; „ihre Botschaften sind steinerne Briefe, die einen bestimmten Erinne- rungsinhalt an die Nachwelt adressieren“ (Assmann 2010: 326). Diese Botschaften zu entschlüsseln und die Kontexte ihrer Entstehung und Wirkung zu beschreiben, ist eine Aufgabe, der sich in jüngster Zeit ei- nige Autor*innen angenommen haben (u.a. Reichel 1999, François/Schulze, 2005 und Niven/Paver 2010). James E. Young hatte in den 1990er Jahren mit einer Studie über die Texture of Memory (1997) großes Augenmerk auf sich gezogen, in der er die narrativen Spezifika von Holocaust Memorials in Deutschland, Polen, Israel und Nordamerika vor dem Hintergrund der jeweiligen Entstehungsbedin- gungen aufschlüsselte. Diese Denkmäler schreiben sich – und dies gilt insbesondere auch für Berlin-Mitte – in ein urbanes Umfeld ein, das sich beständig wandelt und neue Bedeutungsschichten erzeugt. Berlin ist, so Anne Huffschmid, ein „Palimpsest […], in der das Vergangene, das eigentlich nicht mehr Vorhandene, stets durchschimmerte. Nicht nur als präzises räumliches Abbild, eher als Schleier, der aus der Mi- schung aus materiellen Resten und Erinnerungssplittern unscharfe Bil- der erzeugt“ (2015: 11). Doch wer sieht und entschlüsselt diese Bilder?

WAS NÜTZT EIN DENKMAL?

Der facettenreiche Diskurs über Erinnerungspolitik und die Möglich- keiten und Grenzen von Transitional Justice ist von einer positiven Grundannahme hinsichtlich der Bedeutsamkeit von Denkmälern ge- prägt, so vermerkt das International Center of Transitional Justice (ICTJ):

„The various efforts to keep the memory of the victims alive through the crea- tion of museums, memorials, and other symbolic initiatives such as the renam-

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ing of public spaces, etc., has become an important part of transitional justice in most parts of the world.“4

Das Spektrum der Bedeutungen, die Denkmälern in der Forschungsli- teratur zugeschrieben werden, reicht von der Anerkennung der Opfer, Heilung und psychischer Verarbeitung (closing) bis hin zur Initiierung öffentlicher Debatten. Mehr noch, diskutiert wird ihr Beitrag zur inter- generationellen Weitergabe von Erinnerung, privater Trauer und der Konstruktion kollektiver Identitäten. Denkmäler scheinen weit mehr zu sein als materielle Artefakte. Buckley-Zistel und Schäfer (2014: 6) schreiben:

„Memorials have a performative function through which collective identities and social relations are being produced. They stimulate a discourse which shapes how the onlookers understand themselves as well as the atrocities por- trayed.“

Denkmäler sind folglich als materielle Artefakte zu verstehen, die so- wohl nach innen (introspektiv) als auch nach außen (diskursiv) wirken. Gleichwohl entfalten Denkmäler ihre Wirkung nicht unabhängig vom Willen der Betrachtenden, sich mit ihnen auseinanderzusetzen.

„Memorials acquire their meanings in conversations with visitors and their identities. Thus, memorial practices ultimately reflect not only past suffering but also present identities, claims and relationships to the past.“ (Wilke 2013: 156)

Während die Annahmen über die Wirksamkeit von Denkmälern außer- ordentlich weitreichend sind, ist wenig über ihre tatsächliche Wirk- samkeit bekannt. So betonen auch Buckley-Zistel und Schäfer (2014: 3), dass „representative, ,hard‘ data about the effects of such installa- tions on the communities concerned“ nicht vorhanden seien – „last but

4 https://www.ictj.org/about/transitional-justice (30.01.2017).

EINLEITUNG | 19

not least because of the various conceptual and methodological chal- lenges by which such a project is accompanied“ (ebd.). Warum ist es so schwer, eine solide empirische Grundlage zu schaffen, um die Wir- kung von Denkmälern zu erfassen? Es steht zu vermuten, dass dies unmittelbar auf die Eigenschaften des komplexen kommunikativen Prozesses des Kodierens/Dekodierens von Bedeutung zurückzuführen ist, wie sie von Stuart Hall in den 1970er Jahren beschrieben wurden. Wenn sie ein Denkmal schaffen, übersetzen Künstler*innen und Architekt*innen die Vielfalt der von ihnen wahrgenommenen Erfahrungen, Aspekte und Perspektiven in die Sprache der Ästhetik. Damit verweist ein Denkmal als Zeichen auf ei- ne Vielfalt möglicher Bedeutungen, die nicht „objektiv“ vorhanden sind, sondern sich erst durch die Besucher*innen erschließen. Der Pro- zess des Kodierens von Bedeutung ist zudem keinesfalls freischwe- bend, sondern selbst durch spezifische diskursive Voreinstellungen, soziale Positionen und infrastrukturelle und technische Gegebenheiten gerahmt. Und dann? Benötigen Denkmäler Besucher*innen, um ihren Sinn entfalten zu können? Was geschieht, wenn ein Denkmal kaum oder keine Besucher*innen anzieht? Stuart Hall hat grundsätzlich darauf aufmerksam gemacht, „[if] the meaning is not articulated in practice, it has no effect“ (Hall 2006: 164). Während die Bedeutung eines Denk- mals ohne Besucher*innen verpufft, bringt die Anwesenheit von Besu- cher*innen jene Asymmetrie hervor, die entsteht, wenn ein heteroge- nes Feld von Rezipient*innen auf der Basis je eigener Wissensrahmen die möglichen Inhalte einer Nachricht dekodiert. Die Aneignung des Sinns eines Denkmals kann so Bedeutungen hervorbringen, die von der Intention der Künstler*innen abweichen, indem etwa Bedeutungsebe- nen ausgeklammert oder auch eine radikale Neuinterpretation vorge- nommen wird. „He/she detotalizes the message in the preferred code in order to retotalize the message within some alternative framework of reference.“ (Hall 2006: 172-173) Die Rezipient*innen dekodieren ein Denkmal folglich gemäß ihrer eigenen Weltanschauung.

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Das Denkmal. Einblicke.

Foto: Moritz Meißner

EINE METHODISCHE ANNÄHERUNG

Um empirisch zu erheben, was Besucher*innen aus der Begegnung mit einem Denkmal mitnehmen, bedarf es methodischer Phantasie. Im Ge- gensatz zur Besucherforschung in Museen, Ausstellungen und Ge- denkstätten steht der Versuch, die Wirkung von Denkmälern auf Besu- cher*innen zu erfassen, vor dem Problem, dass das Besucherverhalten ein anderes ist. Während Besucher*innen von Museen, Ausstellungen und Gedenkstätten in der Regel Zeit einplanen, die nicht nur den ei- gentlichen Besuch, sondern ggf. auch die Parkplatzsuche, das Stöbern in Museumsshops und den Besuch eines Museumscafés einschließt, ist der Zugang zu einem Denkmal zumeist ein anderer. Denkmäler werden intensiv oder flüchtig, zufällig oder geplant betrachtet. Der Besuch ei- nes Denkmals kann im Kontext einer Gedenkveranstaltung ebenso

EINLEITUNG | 21

stattfinden wie im Rahmen einer Stadtbesichtigung. Er kann sich auch zufällig ergeben. Verschiedene soziale Gruppen stehen in Verbindung mit einem Denkmal und einige von ihnen sind mit den traditionellen Methoden der empirischen Sozialforschung nur schwer zu erreichen. Unabhängig vom konkreten Denkmalbesuch gehören Mitglieder der politischen Eli- ten, zivilgesellschaftlich organisierte Opfer sowie nicht organisierte Opfer zu den sozialen Gruppen, die ein Denkmal fordern oder ableh- nen, nutzen oder ignorieren können. Im räumlichen Umfeld des Denk- mals finden sich Besucher*innen (mit Besuchsabsicht), zufällige Besu- cher*innen sowie Passant*innen, die das Denkmal besuchen könnten, es aber nicht tun. Bei der Erhebung der Wirkung des Denkmals für die im National- sozialismus verfolgten Homosexuellen auf die sich vermutlich über- wiegend als heterosexuell identifizierenden, vermutlich überwiegend touristischen Besucher*innen bestehen methodische Schwierigkeiten, deren Überwindung in diesem Band ausgelotet werden soll. Ausgangs- punkt ist die Überlegung, dass traditionelle Ansätze der Museumsbe- fragung hier nicht greifen. Bert Pampel (2007) hat mit seiner Arbeit „,Mit eigenen Augen sehen, wozu der Mensch fähig ist‘. Zur Wirkung von Gedenkstätten auf ihre Besucher“ nicht nur die Ergebnisse eigener Besucherbefragungen präsentiert, sondern auch einen Überblick über mehr als 30 Besucherbefragungen geliefert (86ff., 408-413). In der Un- tersuchung von Gedenkstättenwirkungen wurden bisher sowohl stan- dardisierte Verfahren als auch qualitative Interviews und Methoden der teilnehmenden und nicht-teilnehmenden Beobachtung angewandt. Als methodisches Hauptproblem ist dabei die soziale Erwünschtheit von Aussagen anzusehen – ein Problem, das sich im Fall des Denkmals für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen aufgrund der verbreiteten Homophobie und der gleichzeitigen öffentlichen De- Tabuisierung von Homosexualität in besonderer Weise stellt. Christian Gudehus (2006) hat in seiner Untersuchung von Gedenk- stätten einen besonderen Wert auf die Vermittlungssituation (und die Interpretationen durch die Guides) gelegt. Obwohl das Denkmal für die

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im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen bisweilen von ge- führten Gruppen aufgesucht wird oder Workshops stattfinden, ist das Fehlen einer Vermittlung der Regelfall. Vor dem Hintergrund, dass die „gekippte“ Stele zunächst wie eine Fortsetzung des Eisenmanschen Stelenfeldes wirkt und eine in ihrer Ästhetik und Platzierung eher se- mi-offizielle Informationstafel über ihren Zweck informiert, liegt die Vermutung nahe, dass die Konfrontation mit dem Video im Innern der Stele für die meisten Besucher*innen unvermittelt erfolgt. Das An- schauen des Videos ist aufgrund der Konstruktion des Denkmals ein privater Akt, denn das Gesicht der Betrachtenden ist von den Umste- henden nicht oder nur kaum zu sehen. Erste Beobachtungen im Rah- men eines Pretests hatten gezeigt, dass die Reaktionen auf das Video von tiefer Betroffenheit bis hin zum eiligen Wegziehen der Kinder rei- chen. Vor dem doppelten Hintergrund dieser unterschiedlichen, oft auch ablehnenden Reaktionen und der Problematik der sozial er- wünschten Antworten erschien es sinnvoll, einen Methodenmix zur Anwendung zu bringen.

***

Auf der lnformationstafel am Rande der Lindenpromenade (Ebertstr.) steht auf Deutsch und Englisch: „Im nationalsozialistischen Deutschland fand eine Homosexuellen- Verfolgung ohnegleichen in der Geschichte statt. 1935 ordneten die Natio- nalsozialisten die umfassende Kriminalisierung männlicher Homosexualität an. Dazu wurden die im § 175 des Strafgesetzbuches vorgesehenen Be- stimmungen gegen homosexuelles Verhalten erheblich verschärft und aus- geweitet. Bereits ein Kuss unter Männern konnte nun zu Verfolgung führen. § 175 bedeutete Gefängnis oder Zuchthaus. Es gab über 50.000 Verurtei- lungen. Teilweise konnten die NS-Behörden die Kastration Verurteilter er- zwingen. Mehrere tausend Schwule wurden wegen ihrer Homosexualität in Konzentrationslager verschleppt. Ein großer Teil von ihnen überlebte die Lager nicht. Sie starben aufgrund von Hunger, Krankheiten und Misshand- lungen oder wurden Opfer gezielter Mordaktionen.

EINLEITUNG | 23

Die Nationalsozialisten haben die Lebenswelten von Schwulen und Lesben zerschlagen. Weibliche Homosexualität wurde – außer im annektierten Ös- terreich – nicht strafrechtlich verfolgt. Sie galt den Nationalsozialisten als weniger bedrohlich. Gerieten lesbische Frauen dennoch in Konflikt mit dem Regime, waren auch sie Repressionen ausgesetzt. Schwule und Lesben lebten in der NS-Zeit eingeschüchtert und unter stetem Zwang zur Tarnung.“ Lange Zeit blieben die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus aus der Gedenkkultur ausgeschlossen – in der Bundesrepublik wie in der DDR. Hier wie dort wurden Schwule lange Zeit weiter strafrechtlich verfolgt. In der Bundesrepublik Deutschland galt der § 175 unverändert bis 1969 fort. Aus seiner Geschichte heraus hat Deutschland eine besondere Verantwortung, Menschenrechtsverletzungen gegenüber Schwulen und Lesben entschieden entgegenzutreten. In vielen Teilen dieser Welt werden Menschen wegen ih- rer sexuellen Identität heute noch verfolgt, ist homosexuelle Liebe strafbar und kann ein Kuss Gefahr bedeuten.

Mit diesem Denkmal will die Bundesrepublik Deutschland die verfolgten und ermordeten Opfer ehren, die Erinnerung an das Unrecht wach halten und ein beständiges Zeichen gegen Intoleranz, Feindseligkeit und Ausgrenzung gegenüber Schwulen und Lesben setzen.

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Die Überlegung, dass viele der oft zufälligen Besucher*innen kaum bereit sein dürften, an einer längeren Befragung teilzunehmen, führte uns dazu, „Expressinterviews“ zu konzipieren: kurze Interviews auf der Basis eines Leitfadens, der nicht mehr als drei Fragen enthielt und darauf abzielte, nach ersten und spontanen Reaktionen auf das Denk- mal zu fragen. Diese Idee sollte sich als gewinnbringend herausstellen, denn auf diese Weise gelang es, (fast) alle Besucher*innen, die wir in jeweils konkreten Zeitfenstern befragten, zu einer Verbalisierung ihrer Reaktion zu bringen. Wir fragten nach dem ersten Eindruck vom Denkmal und nach Begriffen, die Besucher*innen mit dem Denkmal assoziierten. Außerdem wollten wir wissen, ob die Besucher*innen et-

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was mit nach Hause nehmen und welchen Eindruck sie vom Film hat- ten. In der Praxis entwickelten sich viele Gespräche, die oftmals in ei- ner Sprache (englisch) geführt wurden, die weder für die Interviewe- r*innen noch für die Besucher*innen die Muttersprache war, sehr un- terschiedlich. Einige Interviews waren sehr kurz, andere länger, einige verliefen eng am Leitfaden, andere nicht. Vom 25. bis 27 Juni 2015 führten wir 95 Expressinterviews am Denkmal durch.

Das Denkmal. Sommer.

Foto: Moritz Meißner

Zusätzlich erschien es uns wichtig, das wahrnehmbare Verhalten der Besucher*innen zu dokumentieren. Es wurde zeitgleich mit den Ex- pressinterviews eine verdeckte Beobachtung durchgeführt, die zum Ziel hatte, zu dokumentieren, von wo die Besucher*innen (alleine oder in Gruppen) kamen, ob sie die Informationstafel lasen, ob sie am Denkmal fotografierten, redeten, lachten – und wie lange sie das Denkmal und das Video im Innern der Stele betrachteten. Aufgrund der Unübersichtlichkeit des Geländes teilten wir uns in mehrere Teams auf, die sich über Handzeichen verständigten, um etwa darüber zu in-

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formieren, ob eine Person die Informationstafel gelesen hatte, bevor sie zum Denkmal ging. Insgesamt veränderten wir damit den umliegenden Raum erheblich, denn ankommende Besucher*innen sahen nicht nur eine Betonstele im Park, sondern etliche kleine Gruppen und Paare, die auf der Wiese oder unter einem Baum saßen oder stehend miteinander redeten. Mehrmals verstärkten wir den Eingriff in das Setting durch eine explizite performative Strategie. Wir ummantelten das Denkmal mit einer Performance, die darin bestand, dass drei Frauen mit einem an- gehefteten rosa Winkel schweigend und hintereinander gehend das Denkmal umrundeten. Während zwei Mitglieder unseres Teams in eine lautstarke kontroverse Diskussion über den Inhalt des Denkmals eintra- ten, richtete eine von uns als lateinamerikanische Touristin encodierte Frau die Frage an die Umstehenden, was denn los sei. Die anderen Teammitglieder beobachteten die Szene. Die Performance setzten wir an einem „normalen“ Tag ein und an dem Tag, als der Christopher Street Day (CSD) stattfand und die Blumenkränze der vormittäglichen Gedenkveranstaltung vor dem Denkmal lagen. Den Versuch, die Reaktionen der Besucher*innen und Pas- sant*innen anhand von Expressinterviews und verdeckter Beobachtung zu erfassen und mit der performativen Inszenierung zu provozieren, ergänzten wir durch eine Reihe von Expressinterviews, die wir auf dem CSD (27.6.2015), Dyke March (26.6.2015) und alternativen Kreuzber- ger CSD (27.6.2015) durchführten. Damit verband sich der Versuch, einen Eindruck davon zu gewinnen, ob Menschen, die sich schwul- lesbischen oder queerpolitischen Forderungen zumindest soweit ver- bunden fühlen, dass sie an einer der genannten Veranstaltungen teil- nahmen, das Denkmal kennen oder besucht haben. Diese Gruppe von Interviewten verweist auf die Besonderheit des erinnernden Kollektivs.

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WER ERINNERT FÜR WEN?

Die Opfergruppe, die sich um das Thema der Verfolgung von Homo- sexuellen bildet, zeichnet sich dadurch aus, dass sie erstens heterogen [und, zugespitzt, vielleicht nicht nur eine, sondern mehrere Gruppen] ist, zweitens höchst unterschiedlich von Verfolgung betroffen war und sich drittens nicht „biologisch“ konstituiert. Die sich heute möglicher- weise der Opfergruppe der Homosexuellen zuordnenden Personen sind nur in geringer Anzahl Nachkommen der während der NS-Herrschaft verfolgten Homosexuellen. Während sich die Nachkriegszeit zunächst durch das öffentliche Schweigen einer schwulen Opfergruppe, deren Angehörige unter fortgesetzter Kriminalisierung litten, auszeichnete, artikulierte sich das Wissen um Unterdrückung und Verfolgung erst in den 1970er/1980er Jahren politisch. Ob die dritte und vierte Generation von Schwulen sich mit den schwulen Opfern des Nationalsozialismus zu identifizieren sucht, ist eine offene Frage, die bereits in den 1990er Jahren von den Initiatoren des Denkmals gestellt wurde (vgl. Initiative HomoMonument 1999: 17-18). Eine grundlegende Ambivalenz ergibt sich ferner aus dem Umstand, „dass Homosexuelle sowohl Täter als auch Opfer sein konnten“ (Mosse 1999: 26), dass der Nationalsozia- lismus auch für Homosexuelle attraktiv sein konnte [und ist], und dass viele homosexuelle Angehörige der Kinder-, Enkel- und Urenkelgene- rationen aus Täterfamilien stammen. Die Gruppe derer, die einen le- bensweltlichen Bezug zum Denkmal herstellen könnten, besteht also einerseits aus den Überlebenden der nationalsozialistischen Verfolgung [und ihren Angehörigen und Nachkommen, wenn es welche gibt] und andererseits aus denen, die sich einer auch gegenwärtig stigmatisierten und diskriminierten, nicht biologisch bestimmten gesellschaftlichen Gruppe zugehörig fühlen. Vor dem Hintergrund der Diversität dieser Gruppe konnte die Befragung auf den Veranstaltungen anlässlich des Christopher Street Day nicht mehr als ein höchst selektives Schlaglicht auf öffentlich geäußerte Einstellungen werfen. Die Frage nach der Struktur der Opfergruppe und der Generatio- nenlage ist auch hinsichtlich der Entstehungsgeschichte des Denkmals

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relevant. In der öffentlichen Diskussion um die Einrichtung und Aus- gestaltung des Denkmals waren vorwiegend Ältere sichtbar, die die er- innerungs- und queerpolitischen Auseinandersetzungen der 1970er und 1980er Jahre aktiv miterlebt hatten, u.a. Maren Kroymann (*1949), Klaus Wowereit (*1953), Hella von Sinnen (*1959), Albert Eckert (*1960), Günter Dworek (*1960) und Volker Beck (*1960). Vor die- sem Hintergrund haben wir, um die Entstehungs- und politische Wir- kungsgeschichte des Denkmals genauer nachzeichnen zu können, Ex- pert*inneninterviews mit einigen Vertreter*innen dieser politisch akti- ven Generation sowie mit weiteren LGBTI-Aktivist*innen geführt.

ZUM AUFBAU DES BANDES

Die in diesem Band versammelten Analysen stützen sich auf einen um- fangreichen, kollektiv zusammengetragenen und produzierten Daten- korpus, der aus unterschiedlichen gegenständlichen und theoretischen Perspektiven interpretiert und um weitere Quellen ergänzt wurde. Ins- gesamt erhoffen wir damit, ein facettenreiches Bild der Bedeutung des Denkmals für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen präsentieren zu können. Im folgenden Kapitel zeichnen Lisa Schäder und Johanna Zschor- nack die politische Entstehungs- und Wirkungsgeschichte des Denk- mals nach. Sie machen deutlich, warum und in welchem Kontext die Initiative zur Errichtung eines Denkmals für die im Nationalsozialis- mus verfolgten Homosexuellen entstand und skizzieren die Kontrover- sen, die sich an der Art der Denkmalsgestaltung entzündeten. Die da- mit verbundene Frage der (Re-)produktion hegemonialer Diskurse und der Ausblendung von nicht-schwulen und nicht-weißen Betroffenhei- ten5 wird auch in den folgenden Kapiteln aufgegriffen.

5 Weiß ist das Ergebnis der sozialen Konstruktion einer Menschengruppe auf der Basis von »Hautfarbe« und anderen Merkmalen. Mit Weißsein ist eine

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Im dritten Kapitel des vorliegenden Bandes stellen Miriam Bach, Maria Hartmann und Annika Sterr das breite Feld der Reaktionen auf das Denkmal vor. Die Vorgehensweise der Autorinnen ist stark induk- tiv gesteuert, denn es geht ihnen darum, aus dem Material und der in- tersubjektiven Verständigung über konkrete Äußerungen heraus domi- nante Themenkomplexe und Spannungsfelder zu identifizieren. Wie lassen sich Dutzende von verbalen (und nonverbalen) Reaktionen so strukturieren und verdichten, dass das Feld des Gesagten angemessen abgebildet wird? Mehr als in anderen Kapiteln dieses Bandes geht es auch darum, die Interviewten selbst zur Sprache kommen zu lassen. Das vierte Kapitel ist hingegen durch einen theoriegeleiteten An- spruch geprägt. Lennart Garbes und John Preuss untersuchen die Be- deutung des Denkmals aus einer räumlichen Perspektive und greifen dabei auf Henri Lefebvre zurück. In ihrer Lesart der Lefebvre’schen Theorie lassen sich drei analytische Kategorien des sozialen Raumes, die auf den wahrgenommenen, konzipierten und erlebten Raum ver- weisen, für eine Analyse des Denkmals nutzbar machen. Ihre Analyse verknüpft Einsichten aus der verdeckten Beobachtung und Expressbe- fragung mit den Einschätzungen der interviewten Aktivist*innen sowie schriftlichen Quellen. Ist damit alles gesagt? Wir halten es grundsätzlich mit Glaser und Strauss (1998: 50): „Das publizierte Wort ist also nicht das letzte, son- dern markiert nur eine Pause in einem nie enden wollenden Prozess der Theoriegenerierung“. Mit dem fünften Kapitel unternehmen wir den Versuch, diesen Prozess fortzuführen. Wer die Grundidee einer refle- xiven Sozialforschung ernst nimmt, nicht nur über, sondern mit den Forschungssubjekten zu forschen, dürfte eigentlich nicht umhin kom- men, die Ergebnisse der eigenen Analyse zur Disposition zu stellen. Vor diesem Hintergrund stellt das fünfte Kapitel den Versuch dar, den Forschungsprozess zu reflektieren und theoretische Zugänge und poli- tische Perspektiven auszuhandeln. In der Debatte über die Relevanz

– zumeist unsichtbare – privilegierte Position in rassistischen gesellschaft- lichen Verhältnissen verbunden.

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diskursiver Aus- und Einschlüsse trat im Forschungsprozess eine Un- einigkeit zutage, die vielleicht auch als Generationenkonflikt zu werten ist. Auch durch die Sichtbarmachung dieser Differenzen wollen wir zu einer Debatte über Denkmalkultur beitragen.

DER REKONSTRUKTIVE CHARAKTER VON KOLLEKTIVER ERINNERUNG

Die Beiträge dieses Bandes rekurrieren auf das sozialkonstruktivisti- sche Grundverständnis von Erinnerung, das in den Schriften von Mau- rice Halbwachs klar umrissen wurde. Erinnerung wird von Halbwachs als ein sozial vermittelter Prozess gefasst, der drei wesentliche Merk- male aufweist. Erinnern vollzieht sich erstens in kommunikativen Kon- texten, innerhalb derer Vergangenheit rekonstruiert wird und für die ein emotionales Moment konstitutiv ist. Kollektive Erinnerung ist da- mit zweitens fluktuierend, wechselhaft und an das Interesse an der Auswahl und Formung einer kollektiven Geschichte gebunden. „Re- produzieren [von Vergangenheit] ist aber nicht Wiederfinden, es be- deutet vielmehr rekonstruieren“ (Halbwachs 1985: 136). Aus dem Fundus des Vergangenen aktualisiert eine Gruppe die Elemente, die dem erinnernden Bedürfnis derselben entsprechen. Damit ist Erinnern drittens instrumentell. In der Erinnerung wird die Vergangenheit zu ei- nem Bild geformt, das den gegenwärtigen Interessen erinnernder Kol- lektive und Individuen entspricht und damit auch zum identitätsstiften- den Narrativ werden kann. In diesem Prozess haben kulturelle Artefak- te wie Denkmäler eine wichtige Funktion als Erinnerungsstütze und materielle Verdichtung eines Sinnes, der immer verhandelbar bleibt. Die hier kurz skizzierten Merkmale des kollektiven Gedächtnisses zeigen sich in der Entstehungs- und Wirkungsgeschichte des Denkmals für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen auf fast pla- kative Weise. Es war von Beginn an als ein nach außen gerichtetes Ve- hikel zur öffentlichen Auseinandersetzung mit der vergangenen und gegenwärtigen Diskriminierung und Stigmatisierung von Homosexuel-

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len konzipiert (vgl. Heinrich-Böll-Stiftung 1999). Diese Ebene des Ge- denkens wurde künstlerisch mit dem Video im Innern der Stele umge- setzt, das kein historisches Filmmaterial zeigt, sondern einen gegen- wärtigen Kuss. Nach der Auswahl des künstlerischen Entwurfes bra- chen innerhalb „der“ schwul-lesbischen community Auseinanderset- zungen aus, die z.T. als eine Fortsetzung von Auseinandersetzungen der 1970er/1980er Jahre zu charakterisieren sind (vgl. Jensen 2002). Die EMMA lancierte eine Kampagne gegen den „frauenfreien Ent- wurf“ der Künstler Elmgreen und Dragset. Die in der Folge von Prota- gonist*innen des öffentlichen schwul-lesbischen Lebens zum Teil er- bittert geführte Debatte fand ihren Niederschlag in einer auf die Schil- derung eines „bizarren“ Streits (Aly 2010) fokussierten medialen Be- richterstattung. Der Verlauf dieses Streits zeigt einerseits, wie sich eine soziale Gruppe über die Aktualisierung von Vergangenheit nicht nur konstituiert, sondern auch zugleich in Frage stellt und rekonstituiert (vgl. auch Schwartz 2015). Andererseits wird der Streit von anderen Erinnerungsgemeinschaften herangezogen, um diskursive Abgrenzun- gen zu ziehen. Damit ist der Prozess der Rekonstruktion von Vergan- genheit ein umkämpfter Prozess, der in die kollektive Gegenwart und Zukunft hineinreicht.

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