Boten aus Stein

Alte Kirchen im Werdenfelser Land, am Staffelsee und im Ammergau

Mit Texten von Herbert Meider und Fotografien von Franz Stoltefaut

Medien-Verlag Schubert Der Landkreis Garmisch-Partenkirchen, das Werden- felser Land, ist zum einen berühmt für seine einzigartige Landschaft. Zwischen dem tiefsten Punkt bei Großweil (604 m) und dem höchsten auf der (2 963 m) zeigt sich eine einmalige Vielfalt von Wasserflächen und Hochgebirge, Wald-, Natur- und Kulturlandschaft, die auch zahlreiche Künstler inspiriert hat. Ebenso bekannt ist unser Gebiet zum anderen für sei- ne Kunst-und Geschichtsdenkmäler. Die bedeutendsten Werke wurden im Bereich sakraler Kunst, im Bau, der inneren Ausschmückung von Kirchen und Kapellen ge- schaffen. Die Großzahl der Markt- und Dorfkirchen wurde im 18. Jahrhundert erbaut. Sie zeugen von einem beeindruckend hohen künstlerischen Niveau des dama- ligen Handwerks. Es ist daher nur zu begrüßen, dass in dem vorliegen- den Buch Kirchen aus dem Werdenfelser Land, ihre Bau- geschichte, ihr Inneres und Äußeres sowie auch deren Kirchenpatrone vorgestellt werden. Ich wünsche dem Werk und seinen Autoren viel Zu- spruch und Erfolg.

Dr. Helmut Fischer Landrat

ISBN 3-929229-87-0 © Copyright 2001 by Medien-Verlag Schubert, Hamburg Alle Rechte, auch des auszugsweisen Nachdrucks und der fotomechanischen Wiedergabe, vorbehalten. Satz und Layout: Medien-Verlag Schubert/Thomas Börnchen Druck: C. H. Wäser GmbH + Co KG Printed in Germany INHALTSVERZEICHNIS

Im Werdenfelser Land Sankt Peter und Paul 5 Von gotischer Strenge zu barocker Pracht Sankt Sebastian Krün 11 Liebenswertes Dokument seiner Zeit Sankt Jakob 16 Gotik und Barock vereint Sankt Anna Wamberg 23 Barockjuwel in den Vorbergen der Wettersteinwand Alte Kirche Sankt Martin Garmisch 29 Gotische Fresken und eine barocke Pietà Neue Pfarrkirche Sankt Martin Garmisch 35 Spätbarocker Glanz und kühne Rokokoformen Mariä Himmelfahrt Partenkirchen 41 Aus Schutt und Asche erstanden Sankt Anton Partenkirchen 47 „Wenn du suchest Wunderzeichen” Sankt Andreas 53 Prächtige Herberge für einen Apostel

Am Staffelsee Sankt Nikolaus Murnau 58 Monumental und ländlich zugleich Sankt Michael Seehausen 65 Spätrokokoraum mit festlicher Atmosphäre Sankt Agatha 71 Ein Heiligenleben in Bildern

Im Ammergau Mariä Himmelfahrt 77 Das Gelübde des Königs Sankt Peter und Paul 83 Farbfülle und Rokokozartheit Sankt Nikolaus 89 Harmonie der Formen Kleine Stilkunde 93 Register 95 4 IM WERDENFELSER LAND Sankt Peter und Paul Mittenwald

Von gotischer Strenge zu barocker Pracht

ber die gotische Bald schon setzten Wall- nach Entwürfen Schmuzers zukommt, das Auge wird Vorgängerkirche fahrten zum „Wunderkruzi- fertig. Als zweite Künstler- vom schlank in die Höhe Üvon Sankt Peter fix” ein. Es kamen Pilger persönlichkeit beim Bau des ragenden Kirchturm mit und Paul ist wenig überlie- aus nah und fern. Das klei- Mittenwalder Gotteshauses seinen Außenfresken wie fert. Sie besaß einen Sattel- ne Heiligtum nannte man ist der Augsburger Akade- von einem Magneten ange- turm, der im Norden er- „Krezukapelle” und die miedirektor Mathäus Gün- zogen. Bruchlos fügt sich richtet war. An seiner Au- Darstellung des Gekreuzig- ther zu nennen. Er schuf die das wohlproportionierte ßenseite hing ein großes ten bis auf den heutigen Tag Innen- und Außenfresken Kirchenschiff an. Mit den Kruzifix. Es ist mit dem Jahr „Herrgott unterm Turm”. von Sankt Peter und Paul. harmonisch aufeinander ab- 1500 datiert und stellt eine Mit dem Bau der Pfarr- Mittenwalds Sakralbau gestimmten Farben Rot, Seltenheit dar, denn das von kirche Sankt Peter und Paul, wird wohl zu Recht als eine Rosa, Grün und Ocker ist einer Krone gezierte Haupt wie wir sie heute kennen, der schönsten Dorfkirchen das Kirchenäußere ein „Sig- des Gekreuzigten ist mit wurde anno 1734 begon- Oberbayerns bezeichnet. nal des Schönheitssinnes” Haaren versehen. Als das nen. 1749 war das Werk Wie ein Schiff, das gemäch- der Mittenwalder Bürger. Gotteshaus den Flammen vollendet und wurde am 20. lich die Wellen teilt, erhebt Beim Betreten der Pfarrkir- zum Opfer fiel, blieb das Juni desselben Jahres konse- sich das Gotteshaus über den che Sankt Peter und Paul Kreuz mit dem Korpus un- kriert. Geigenbauort. Gleichgültig, empfängt den Besucher die versehrt. Als Baumeister fungier- aus welcher Himmelsrich- heitere Pracht des Barock Nach dem Brand wurde ten zwei der bekanntesten tung man auf Mittenwald und Rokoko. Josef Schmu- der gotische Turm abgetra- Künstler ihrer Zeit. Josef gen und die Errichtung ei- Schmuzer aus Wessobrunn nes Ossoariums, eines Bein- fügte dem Chor der spät- hauses, erwogen. Doch die gotischen Vorgängerkirche Mittenwalder entschlossen ein quadratisches Langhaus sich zum Bau einer Kapel- an. Den herrlichen Kirch- le, die das aus den Flammen turm mit seiner fantasie- gerettete gotische Kreuz be- vollen Haube stellte 1746 herbergen sollte. Dies ge- der aus Telfs stammende schah im Jahre 1727. Maurermeister „Krueg”

S.4: Ein Prachtstück in Farbe und Form: Der Kirchturm von Sankt Peter und Paul wurde zum Wahr- Heitere Pracht des Barock und des zeichen Mittenwalds. Patrozini- Rokoko: das Innere der Mitten- um am 29. Juni. walder Pfarrkirche.

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Sankt Sebastian Krün

Liebenswertes Dokument seiner Zeit

m 23. August des täglichen Ruin, und Ainfahl bel an der Straßenseite und Jahres 1755 richte- androhet ...” Die Bauge- verzierte ihn mit Fresken. A ten die „Unterthä- nehmigung traf 1757 ein. Das Innere wurde 1761 nigst Demüthigsten Martin Die Krüner Bürger hat- herrlich ausgestattet. Der Khriner und Johann Khri- ten für den Neubau ihrer Name des Freskenmalers ist ner, und samentliche Ge- Kirche ein Vorbild: die Mit- wie der des Baumeisters mainde zu Khrün” einen tenwalder Pfarrkirche, die nicht bekannt. Brief an die „Hochfürstliche 1749 fertiggestellt worden Das Innere von Sankt Hochgeistliche Regierung war. Doch deren Baumeis- Sebastian erfuhr bis heute in ”, vertreten durch ter, Josef Schmuzer, war keine wesentlichen Verän- Johann Theodor, Bischof nicht mehr am Leben und derungen. Der Chorraum von Freising, Regensburg so fanden die Bewohner wurde der Liturgiereform und Lüttich, in dem sie um Krüns wohl einen Schüler gemäß umgestaltet. Um die Erlaubnis zum Bau einer des großen Meisters. Dies mehr Raum für den Gottes- größeren Kirche bitten: „Es beweisen die Flachkuppeln dienst zu gewinnen, baute ist unser Kürchlein, oder vil- und die abgerundeten E- man die hölzerne Stiege zur mehr Capellen zu Khrün cken im Innern des Krüner Kanzel ab und beseitigte das Mitterwalder Pfarr der- Gotteshauses, die große Chorgestühl auf der rechten mahlen in so baufähligen Ähnlichkeit mit den Wer- Seite, das für die königlichen Standt, daß selbes bei dem ken Schmuzers aufweisen. Jagdgäste bestimmt war und 1760 wurde mit dem Bau im Volksmund „der Gaffen- begonnen. Bei allem Inter- stuhl” hieß. esse für Sankt Peter und Paul Der breit und behäbig in Mittenwald hatten die wirkende Kirchturm misst Krüner für ihren Kirchen- 30 Meter. Er zeigt unten Breit und behäbig präsentiert sich der 30 Meter hohe Kirchturm bau eigene Vorstellungen. eine viereckige Gestalt und von Sankt Sebastian. Das Gottes- Anstelle eines bemalten verjüngt sich nach oben zu haus wurde am 29. September Kirchturmes wie im Gei- einem Achteck. Gekrönt 1791 geweiht und seiner Bestim- mung übergeben. Patrozinium am genbauort baute man einen wird der Turm von einer 20. Januar. originell geschweiften Gie- prachtvollen, markanten

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Sankt Jakob Wallgau

Gotik und Barock vereint

er vom Wal- Turmes einen Dachreiter. beiten abgeschlossen wer- chensee nach Davon blieben der kleine den, nach mehrmaligen Pro- W Wallgau fährt, gotische Chor mit seinem testschreiben des couragier- dem eröffnet sich am Orts- Netzrippengewölbe, das ten Pfarrers Anton Haid an eingang ein prächtiger Blick. Maßwerk des Chorschei- den bischöflichen Pfleger Vor dem Auge des Betrach- telfensters und das Sakra- nach Garmisch, an das Dom- ters bauen sich die Gebirgs- mentshäuschen erhalten. kapitel in Freising und an züge des Karwendel und Das Kirchlein reichte in sei- den Bischof selbst. Mit der auf. Im Vorder- ner Längsausrichtung bis et- Anschaffung eines Kreuz- grund, als Mittelpunkt des was über die Mitte des heu- weges im Jahre 1735 wurde alten Ortskerns, erhebt sich tigen Längsschiffs. dann die Neuausstattung der Kirchturm von Sankt Ja- Der erste Kirchturm in abgeschlossen. kob mit seiner typischen ba- Wallgau wurde 1680 errich- Wallgaus Kirche erfuhr rocken Zwiebelhaube. Doch tet, er war im unteren Teil im 19. und 20. Jahrhundert der Schein trügt, denn Wall- quadratisch, ging in ein diverse Aus- und Umbau- gaus Kirche ist viel älter als Achteck über und erhielt ten, wobei 1891 die Erwei- man beim ersten Betrachten eine Zwiebelhaube. In den terung des Gemeinderau- annehmen möchte. folgenden drei Jahren baute mes um 5,20 Meter nach Schon 1295 bekundet man an der Nordseite eine Westen erfolgte; ebenso er- ein Dokument den Bau ei- kleine Sakristei und im Sü- richtete man eine neugoti- ner ersten Kirche im Ort den entstand ein Toten- sche Empore aus Holz. unterm Krepelschrofen, von häuschen. Da der alte Chor- Doch 1904 wurde die deren Aussehen nichts be- altar „zerfallen” war, wurde Regotisierung des Innen- kannt ist. Im letzten Viertel 1683 ein neuer aufgestellt, raumes rückgängig gemacht des 15. Jahrhunderts errich- ebenso neue Glocken be- teten die Wallgauer eine stellt. Schon 44 Jahre später Saalkirche mit steingewölb- wurde wieder „ ... ein neu- tem Choranbau. Das kleine er Thurm aufgemaurth vnd Gotteshaus beherbergte ei- beim Gottshaus ainige en- Geht bis in das letzte Viertel des nen gotischen Choraltar, es derungen vnd Reperationes 15. Jahrhunderts zurück: die dem Pilgerheiligen Jakobus geweihte war mit Schindeln gedeckt vorgenommen ...”. Doch Pfarrkirche von Wallgau. Patro- und besaß an Stelle eines erst 1730 konnten die Ar- zinium am 25. Juli.

16 17 Der Barockaltar des Annakirch- leins ist ein künstlerisches Klein- od. Er verrät das hohe handwerkli- che Niveau des einheimischen Schnitzers Andreas Onich.

24 Beschirmt von einem prächtigen Baldachin: Anna mit ihrer Toch- ter Maria und dem Jesuskind. Die Art der Darstellung wird „Anna Selbdritt” genannt und findet sich in manchen oberbayerischen Ba- rockkirchen.

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Neue Pfarrkirche Sankt Martin Garmisch

Spätbarocker Glanz und kühne Rokokoformen

m Frühjahr 1729 ent- des selben Jahres erklärte stein. Die Gemeinde stellte ern. Nach zwei Jahren wur- brannte in Garmisch sich der Freisinger Bischof Sand, Kalk, das gesamte den die Gerüste abgebro- I ein berüchtigter Streit. einverstanden, nicht ohne Bauholz sowie die Bruch- chen. Am 23. September Die Martinskirche war zu vorher einen zweitürmigen steine, die von der Burgrui- 1734 weihte der Bischof von klein geworden und sollte Bau mit der Begründung ne Werdenfels genommen Freising das neue Gottes- durch einen Neubau ersetzt abzulehnen, ein „abgelege- wurden. Die engagierten haus. Als für die Innenaus- werden. Die Bewohner des ner Ort” brauche keine Ka- Einwohner Garmischs sorg- stattung der Kirche erneut Ortsteils links der thedrale. Dennoch entstand ten für das kostenlose Bre- Geldmittel benötigt wur- wollten ihn an der Stelle der in den Jahren zwischen 1730 chen der Steine und für das den, spendeten die Garmi- alten Pfarrkirche haben. Die und 1734 ein stattlicher Heranfahren des Baumate- scher wieder hochherzig. Anrainer des rechten Loi- Barockbau, der wiederum rials. Viele Überstunden er- Bevor wir dem pracht- sachufers, die „Nikolaus- den Namen des heiligen möglichten es, dass bereits vollen Innenraum einen dörfler”, jedoch meinten, Martin erhielt. 1731 die Mauern zum Groß- Besuch abstatten, soll noch auf ihrer Seite solle das neue Im Juni 1730 war die teil erstellt waren. Schon ein ein Wort über den Kirchen- Gotteshaus stehen. Pfarrer Nikolauskapelle abgebro- Jahr später erhoben sich der patron gesagt werden. Der Marquard Schmid verstand chen worden und am 8. Juli Dachstuhl und der Turm bis heilige Martin wurde im es, einen nahezu einstimmi- des selben Jahres begann der zur Kuppel über den Mau- Jahr 316 oder 317 in Szom- gen Beschluss der Gemein- Wessobrunner Baumeister demitglieder herbeizufüh- Josef Schmuzer mit seiner ren. Der Neubau wurde für Arbeit. Am Festtag der Him- den Nikolausanger, anstelle melfahrt Mariens legte der der Nikolauskapelle ge- Probst von Rottenbuch, plant. Am 26. November Prälat Patritius, den Grund-

S.34: Aus Steinen der Burg Wer- Das Kircheninnere der neuen Mar- denfels erbaut: die Neue Pfarrkir- tinskirche prägt spätbarocker Glanz. che Sankt Martin. Der stattliche In der Fastenzeit werden die Altäre Barockbau entstand in den Jahren kaum geschmückt, dadurch kann zwischen 1730 und 1734. Patro- sich das Auge ganz auf Farben und zinium am 11.November. Formen konzentrieren.

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Mariä Himmelfahrt Partenkirchen

Aus Schutt und Asche erstanden

n Partenkirchen muss Diese Kirche, im gotischen chen der Wessobrunner anschüler Bartholomäo Let- schon in früheren Jah- Stil erbaut, besaß drei Altäre. Baumeister und Stukkator terini schuf. 1803 konnte das I ren eine Kirche gestan- 1672 war für die Katho- Josef Schmuzer. Kunstwerk in den Aufbau den haben. Nur so lässt sich liken Partenkirchens ein Glanzstück der barocken des neu erworbenen Hoch- der Ortsname erklären, der wichtiges Jahr. Das „Bene- Ausstattung war das Hoch- altares eingefügt werden. sich aus dem lateinischen fizium” wurde zur Pfarrei altarbild von der Himmel- Doch in der Nacht vom 5. „Partanum” über „Barthin- erhoben, die Originalur- fahrt Mariens, das der Tizi- auf den 6. Dezember 1865 kirche” zu „Partchirchen” kunde befindet sich im und schließlich Partenkir- Pfarrarchiv. chen entwickelt hat. Im 17. Jahrhundert wur- Die älteste freisingische de die Kirche bis auf den go- Matrikel aus dem Jahr 1315 tischen Turm abgerissen spricht von einem „Benefi- und in barocker Pracht wie- ziumskirchlein zu Ehren des der aufgebaut. Dies erfolgte Heiligen Geistes” und gibt in der Amtszeit des kunst- somit den ersten schriftli- sinnigen Pfarrers Dr. Mat- chen Nachweis vom Beste- thias Samweber, dem der hen eines Gotteshauses in Ort ebenso die Erweiterung Partenkirchen. Dreißig Jah- der Wallfahrtskirche Sankt re später erwähnt eine Ur- Anton über Partenkirchen kunde die „Konsekration verdankt. Wie schon in Gar- von Unser Lieben Frau misch, wirkte auch in der Choraltar zu Partenkhirch”. Pfarrkirche von Partenkir-

S.40: Mariä Himmelfahrt präsen- In der Nacht vom 5. auf den 6. tiert sich als breiter behäbiger Kir- Dezember 1865 aus den Flammen chenbau, der von einem neugotischen gerettet: das Hochaltarbild der al- Turm mit einem eleganten, schlan- ten Pfarrkirche. In einer großarti- ken Spitzhelm überragt wird. Pa- gen Komposition schuf der Tizi- trozinium am 15. August. anschüler Bartholomäo Letterini die Szene von der Aufnahme Ma- riens in den Himmel.

41 Die Seitenaltäre werden dem Wamberger Bildhauer Andreas Onich zu- Auf diesem Emblem ist eine zwischen Dornenranken stehende Vase mit geschrieben. Das linke Altarblatt stellt den Tod des heiligen Josef dar. einer Lilie zu sehen, die von Bienen umschwirrt wird. Die Lilie ist das Symbol der von Gott geschützten Tugend der Reinheit, die der Heilige eifrig pflegte.

Scheitelhöhe 11,70 Meter ders Antonius von Padua betrug. Trotzdem verlieh er verfasst hatte: dem Raum eine unerwarte- Wer Wunder sucht und Zeichen te Weite und Höhe, eine will Herrlichkeit, die den Besu- Bei Sankt Antoni findt’ er viel. cher unmittelbar einfängt. Der Tod, der Irrtum, Angst und Wer den Blick zum Ge- Not, mälde erhebt, wird sogleich Der Teufel selbst mit seiner Rott vom Zentrum angezogen: Weicht ab von dannen gar ge- Aus dem offenen Himmel schwind schwebt dem heiligen An- Wo er Antoni Fürbitt’ findt’! tonius das Christuskind entgegen. Das Kind thront auf der blauen Weltkugel, dem Sinnbild vollkomme- nen Glücks. Mit offenen Armen nimmt Antonius die Hilfe des Jesuskindes für die Not Leidenden Menschen entgegen. Zwischen den Säulen bringen Engel den Verfolgten Hilfe. Das Thema des Freskos lautet: „Sankt Antonius, der große Fürsprecher in allen Die Pietà wurde aus der brennen- den Partenkirchener Pfarrkirche ge- Nöten”. Dem Werk liegt rettet und nach Sankt Anton ge- ein Hymnus zugrunde, den bracht. Im Zusammenhang mit der der Franziskaner Julian von geglückten Innenrenovierung, die 1999 beendet war, erhielt auch die- Speyer 1249 zu Ehren sei- ses Kunstwerk wieder seine ur- nes verstorbenen Mitbru- sprünglich barocke Fassung.

50 Ein Engel streut Rosen auf die Leidenden, ein Symbol der Liebe Gottes: Auch hier beeindruckt die „dynamische Bewegtheit der Personen”, die Holzers Fresko auszeichnet.

Aus dem offenen Himmel schwebt dem heili- Antonius nimmt mit offenen Armen die Hilfe „Geniale Körperlichkeit der Figuren”: Die gen Antonius das Christuskind entgegen. De- des Jesuskinds für die Not Leidenden Menschen machtvolle Gestalt dieses Handelsmannes ist tail aus dem Deckenfresko im Langhaus von entgegen: Detail aus dem großen Deckenfresko. eine unter den vielen Hilfe suchenden des Hol- Johann Evangelist Holzer. zergemäldes, die sich mit ihren Anliegen an Antonius wenden.

51 Den Kirchenbesucher empfängt ein weiter Zentralraum, der eine herrliche Ausstattung aufweist. ren frei. In die muschelför- ihrem glänzenden Weiß ches Spalier. Links neben Rosenkranzkönigin. Beach- mige Chorapsis fügt sich der und Gold stellen sie einen der Kanzel steht der dem tung verdient auch der An- glanzvolle Aufbau des Hoch- trefflichen Kontrast dar zu heiligen Franz Xaver ge- toniusaltar mit einem Ge- altars, ein Geschenk des dem in festlichem Rot- weihte Altar mit einem mälde, das mit 1701 datiert Klosters Ettal. Das Altarbild, Gold-Schwarz gehaltene- Meisterwerk des Franz Xa- ist und vom berühmten Cos- mit dem Jahr 1771 datiert, nen Hauptaltar. ver Schmädl aus Weilheim. mas Damian Asam stammt. malte der zwischen und Über kunstvollem Der Bildhauer schuf hier Der Künstler, 1686 gebo- Lech tätige Johann Baptist Schnitzwerk erhebt sich in eine „in der Ausgewogen- ren, muss somit das Bild mit Baader. Es zeigt den heiligen einem Rokokoschrein das heit ihrer Komposition voll- 15 Jahren gemalt haben! Nikolaus vor Christus knie- Gnadenbild der Schmerz- endet schöne Anna-Selb- end, darunter Szenen aus haften Muttergottes. Es gilt dritt-Gruppe”. der Nikolauslegende. Da- „seit unfürdenklichen Zei- Besonders wertvoll ist rüber breitet Gottvater sei- ten” als hochverehrtes, wun- der frühbarocke Rosen- ne schützende Hand aus, dertätiges Kleinod, das als kranzaltar aus Wessobrunn, S.61: Der glanzvolle Hochaltar in Engel und Putti umschwe- „Schützerin Murnaus” be- der um 1770 überarbeitet der muschelförmigen Chorapsis ist ben ihn. Das Hochaltarbild zeichnet wird. und vergrößert wurde. Das ein Geschenk des Klosters Ettal. Das Altarblatt von 1771 zeigt den wird von den Heiligen Ul- Die acht Altäre zu bei- aus späterer Zeit stammen- heiligen Nikolaus, wie er vor rich und Benno flankiert. In den Seiten bilden ein festli- de Altarblatt zeigt Maria als Christus kniet.

60 61 64 AM STAFFELSEE

Sankt Michael Seehausen

Spätrokokoraum mit festlicher Atmosphäre

uf Wörth, der gr- 400 n. Chr. zurück. Die frü- fältigen Widerstand den Matthäus Gießl. Anfang ößten Insel des Staf- heste Bischofskirche mag in Neubau in seinem Heimat- April 1774 konnte mit der Afelsees, befand sich den Ungarstürmen unterge- ort durch, seine Söhne führ- Arbeit begonnen werden. wahrscheinlich die älteste gangen sein, das Bistum ten das Werk nach demTod Schon im Herbst war alles christliche Kultstätte der wurde aufgehoben und es des Vaters zu Ende. Für den unter Dach und der Turm Gegend. Merkwürdiger- existierte anschließend noch Neubau verwendete man zur Hälfte fertig. Über die weise war hier bis 1743 die ein Eigenkloster des Bi- auch Teile der alten Kirche. Fertigstellung berichtete der Pfarrei Staffelsee, obwohl schofs von . Die Der Winter 1773 war mild, Chronist: „Im Jahr 1776 war Sankt Nikolaus in Murnau im Kern noch romanische das Eis des Staffelsees brü- nebst der Kirche und dem schon 1134 urkundlich er- Pfarrkirche zum heiligen chig und so konnten die Thurm auch die Mauer des wähnt ist. Zur Kirche Sankt Michael wurde 1774/75 de- Bauleute alles Brauchbare Kirchhofes, der Pfarrhof, das Michael auf der Insel ge- moliert und etwa 60 Jahre unter großen Mühen mit Meßner- und Schulhaus, langte man einst über eine später völlig abgebrochen. Flößen und Schiffen nach sammt allen Zugehörigen, Brücke. Wilhelm Asam be- Als Erstes wuchs zur Zeit Seehausen herüberholen. alles von Grund auf neu in richtet: „Über diese Brücke der Demolierung des Insel- Den Entwurf zu dem se- vollkommenen Stande. Nur machte ehedem der kleine gotteshauses in Seehausen henswerten Kirchenbau lie- der Pfarrer konnte erst im Erdenbürger seine erste eine neue Pfarrkirche, wie- ferte der Münchener Stadt- Jahre 1777 den 17ten No- Reise zur Taufe ... auf ihr der unter dem Patronat des maurermeister Leonhard vember den Staffelsee ver- wandelte der Priester in Erzengels Michael. Zu ver- finsterer Nacht, wenn es am danken hat die Staffelsee- Ufer zum Sterben kam ...” gemeinde dies dem einhei- Sankt Michael war sogar mischen Matthäus Rieger. Bischofskirche, das Bistum Der in Augsburg zu Geld „stafensis” geht bis in die und Ansehen gekommene vorbajuwarische Zeit um Seehauser setzte gegen viel-

S.64: Im April des Jahres 1774 Klare Formen, verhaltener Schmuck wurde mit dem Bau der Pfarrkir- und schöne Altäre empfangen den che Sankt Michael begonnen. Die Besucher im Innern von Sankt Einweihungsfeier fand am 21. Juli Michael. Manche Einrichtungsge- 1782 in Anwesenheit der Kurfürs- genstände stammen aus der alten tin Maria Anna statt. Patrozini- Kirche auf der Insel Wörth. um am 29. September

65 70 AM STAFFELSEE

Sankt Agatha Uffing

Ein Heiligenleben in Bildern

uf der Straße von Pfarrherr namentlich ge- später, ein einziges Exem- Murnau nach See- nannt: Heinrich der Meix- plar eines Gebetszettels ist A hausen erreicht man ner. erhalten geblieben. Es zeigt am Nordufer des Staffelsees Die Edlen von Taferts- die Heilige in der Gloriole den freundlichen kleinen Ort hofen bauten 1480 ein neues des Himmels, darunter liegt Uffing. Von einer kleinen An- Gotteshaus, das der Augs- der Ort Uffing mit seinen höhe grüßt schon von weitem burger Weihbischof Ulrich Kirchen Sankt Agatha und die Pfarrkirche Sankt Agatha drei Jahre später konsekrier- Sankt Gregor. Die Um- mit ihrem zwiebelbekrönten te. Die Kirche wurde der schrift zu Seiten der Patro- Turm, dessen Unterbau der heiligen Agatha geweiht nin lautet: „Sancta Agatha Gotik entstammt, um in hal- und gehörte zum Kloster Virgo et Martyr Patrona Uf- ber Höhe in ein barockes Ok- Benediktbeuren, dessen fingana.” Schon 1650 wur- togon überzugehen. Äbte das Pfarrbesetzungs- de das Gotteshaus wegen des Schon 808 n.Chr. könnte recht ausübten. Andrangs der Wallfahrer ver- in Uffing eine Kirche gestan- Ende des 14. Jahrhun- größert und 1686 schreibt den haben, die dem heiligen derts wird Uffing zu einem Pfarrer Höck an den Kur- Martin geweiht war. 400 Jahre beliebten Wallfahrtsort, da fürsten: „Der alte Altar ist später muss hier eine Pfarrkir- auf die Fürsprache der Kir- nichts mehr, als ein wurm- che in Funktion gewesen sein, chenpatronin schon viele stichiger Kasten.” Der cou- denn der Sakralbau wurde in Gebetserhörungen gescha- ragierte Herr muss bald dar- einem Dokument über die hen. Doch als Pfarrer Höck auf die Erlaubnis erhalten Pfarrkirchen des Dekanates 1686 einen Bericht über haben, drei neue Altäre in Pähl aufgeführt. Jedenfalls wird mehr als 200 Mirakel an den Auftrag zu geben. Die An- im Jahre 1313 ein Uffinger Augsburger Bischof leitet, fertigung derselben besor- findet man sie dort nicht gen die Brüder Balthasar „genugsam autorisiert”, und und Ambros Zwink. Mittelpunkt des Ortes Uffing: die das Bistum empfiehlt, „zur In den Jahren zwischen Pfarrkirche Sankt Agatha. Das Got- Mehrung der Andacht das 1770 und 1787 veränderte teshaus geht bis in die Gotik zurück Uffinger Gnadenbild in Sankt Agatha ihr Gesicht und erhielt sein heutiges Aussehen in den Jahren 1770 bis 1787. Patrozi- Kupfer stechen zu lassen”. und erhielt das heutige Aus- nium am 5. Februar. Dies geschieht gut 50 Jahre sehen im Stil des Spätroko-

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Mariä Himmelfahrt Ettal

Das Gelübde des Königs

as Ettaler Marien- rer Lieben Frauen Schie- löbnisses” entwickelte sich münster wirkte dung” ein Kloster gründe, der Kloster- und Ortsname Dauf mich schon in so werde er von allen Nö- Ettal. Den dritten histori- in meiner Kindheit faszinie- ten befreit und, vom römi- schen Hintergrund der Le- rend. Ich lernte es auf den schen Volk zum Kaiser ge- gende kann jeder Kirchen- jährlichen Bittgängen von krönt, in allen Ehren aus besucher mit eigenen Au- Partenkirchen aus kennen. Rom in die bayerische Hei- gen sehen: Die Marmorsta- Gewöhnt an unsere neu- mat zurückkehren. Ludwig tue der „Frau Stifterin von gotische Pfarrkirche begeis- folgte dem Mönch und er- Ettal” steht noch heute auf terte mich besonders die hielt aus dessen Händen ein dem Hochaltar der Kirche. große Kuppel, die Wilhelm „Marienbild aus weißem Sie ist eine italienische Ar- Hausenstein in seinen „Be- Stein” mit dem Befehl, der beit von Giovanni Pisano sinnlichen Wanderfahrten” Statue „für immer” einen oder, einer anderen Theo- als „Glockenblume des Pa- Platz im Mittelpunkt der rie folgend, das Werk von radieses” tituliert hat. Kirche zu geben. Ludwig Tino da Camaiano. Die Legende erzählt, Lud- kehrte als Kaiser in seine Kurz nach der Grund- wig der Bayer, von schweren deutsche Heimat zurück. steinlegung wurde ein Stift Sorgen niedergedrückt, habe Mitten im Wald des heuti- für Ritter, ihre Frauen und Maria sein Leid geklagt. Ein gen Dorfes Ettal sank sein für Witwen eingerichtet, eisgrauer alter Mönche er- Pferd vor einer Tanne drei- 1332 legte man die Ordens- schien und prophezeite dem mal in die Knie zum Zei- regeln fest. Zu dieser Zeit König, wenn er zu „Am- chen: Hier sollen Kloster waren die Stiftsgebäude pherang” zu Ehren „Unse- und Kirche gebaut werden. bereits vollendet und 1370 Geschichtliche Tatsache wurden Kloster und Kirche ist, dass der König am 17. geweiht. Aber schon 1347, Januar 1328 im Lateran zu bald nach dem Tod Kaiser Rom zum Kaiser gekrönt Ludwigs, ging das Ritterstift „Glockenblume des Paradieses” nannte man die Kuppel des Etta- wurde. Außerdem erfolgte am ein. Es wurde von Benedik- ler Marienmünsters. Josef Schmu- 28. April 1330 die Grund- tinern übernommen, die es zer baute die Kirche nach Plänen steinlegung für Kirche und später zu einem Höhepunkt des Münchner Hofbaumeister En- rico Zuccalli. Patrozinium am 15. Kloster „ze Unser Frawen bayerischer Klosterkultur August. e-tal”, aus dem „Tal des Ge- führten. In der Barockzeit

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