SCHAU LUST NIEDERLÄNDISCHE ZEICHENKUNST DES 18. JAHRHUNDERTS Annett Sandfort SCHAU LUST Annett Sandfort SCHAU LUST

NIEDERLÄNDISCHE ZEICHENKUNST DES 18. JAHRHUNDERTS

Sandstein Verlag DAS PROJEKT WURDE ERMÖGLICHT DURCH

STIFTUNG GABRIELE BUSCH-HAUCK INHALT

7 VORWORT

9 DANK

11 NIEDERLÄNDISCHE ZEICHNUNGEN DES 18. JAHRHUNDERTS AUS DER GRAPHISCHEN SAMMLUNG DES STÄDEL MUSEUMS

21 KATALOG

23 KLASSIZISMUS UND BAROCK IM 18. JAHRHUNDERT Kat. Nr. 1 – 24

81 TOPOGRAFIEN Kat. Nr. 25 – 37

117 BLUMEN, FRÜCHTE UND TIERE Kat. Nr. 38 – 51

155 GENRE, THEATER UND DIE KUNST DES GOLDENEN ZEITALTERS Kat. Nr. 52 – 64

191 LANDSCHAFT IN DER ZWEITEN HÄLFTE DES 18. JAHRHUNDERTS Kat. Nr. 65 – 81

235 WASSERZEICHEN

251 LITERATURVERZEICHNIS

261 KÜNSTLERVERZEICHNIS

262 IMPRESSUM

264 ABBILDUNGSNACHWEIS

VORWORT

Die niederländische Kunst des 18. Jahrhunderts verbinden wir heute nicht mit bekannten Meisterwerken und berühmten Künstlernamen wie die des 17. Jahrhunderts, der Epoche Rembrandts. Dabei erlebte sie in ihrer Zeit eine reiche Blüte und wurde, auch außerhalb der Niederlande, aufmerksam beobachtet und gesammelt. In späterer Zeit ließ das Inte­resse an ihr nach, und die entsprechenden Bestände gerieten in den Hintergrund der Samm­ lungen. Das traf auch auf die Graphische Sammlung des Städel Museums zu, dem bei seiner Gründung ein besonders umfangreicher und bedeutender Bestand an nieder­ ländischen Zeichnungen des 18. Jahrhunderts mitgegeben worden war. Der Stifter des Museums, Johann Friedrich Städel (1728–1816), und der mit Städel eng befreundete erste Stiftungsvorstand Johann Georg Grambs (1756–1817) hatten diese Kunst mit solcher Hingabe gesammelt, dass das Frankfurter Konvolut mit annähernd 600 Werken heute zu den umfangreichsten außerhalb Belgiens und der Niederlande gehört. Nach Städel und Grambs wurde er nur noch geringfügig ergänzt, und so stammen die Werke, die hier vorgestellt werden, fast ausschließlich aus dem Gründungsbestand des Städel Museums. Dabei konnte der vorliegende Katalog bereits von den Forschungsergeb­ nissen des Vorgängerprojekts profitieren, das der Rekonstruktion der nur partiell dokumen­ tierten Zeichnungssammlung von Johann Friedrich Städel gewidmet war. Galten bis vor kurzem die niederländischen Zeichnungen des 18. Jahrhunderts vor allem als repräsentativ für den Geschmack von Johann Georg Grambs, so hat sich nun erwiesen, dass beide, Städel wie Grambs, in Hinblick auf diese Werke einen ähnlichen bürgerlichen und vom Denken der Aufklärung geprägten Geschmack teilten. Die damit verbundene Sichtweise können wir, mit den Werken, nun wiederentdecken. Hier suchten die Betrachter der Zeit in der Zeichnung weniger die unmittelbare Wider­ spiegelung des künstlerischen Einfalls, auch wenn diese Qualität des Mediums Sammlern wie Städel und Grambs durchaus ebenso geläufig war. Bei den niederländischen Zeich­ nungen des 18. Jahrhunderts ging es vielmehr oft um eine »Bildung durch Bilder«, verbunden mit einer sinnlichen Freude am visuellen Erlebnis. Die vielfach bildmäßig aus­ geführten, oft auch farbigen Blätter bedienten die »Schaulust« der Zeit, indem sie etwa bemerkenswerte Orte schildern oder auf die Kunstgeschichte des niederländischen 17. Jahrhunderts zurückverweisen. Über das Dokumentierende und Anschauliche hinaus aber zeigen sie in der meisterlichen Beherrschung der zeichnerischen Mittel, etwa beim Umgang mit Licht, ein kenntnisreiches und reflektiertes Vorgehen, das das Dargestellte künstlerisch durchdringt. Es handelt sich dabei um jene »Dialektik von Anschauung und Reflexion«, die bereits im Jahr 2000 im Ausstellungskatalog der Graphischen Sammlung Nach dem Leben und aus der Phantasie als ein grundlegendes Kennzeichen der niederländischen Kunst formuliert wurde. An diese Ausstellung, die mit einer Auswahl von Werken des 15. bis 18. Jahrhunderts den Bestand der niederländischen Zeichnungen in der Graphischen Sammlung des Städel Muse­ ums erstmalig im Überblick erschloss, knüpft das aktuelle Projekt an, indem es die Werke des 18. Jahrhunderts gesondert und ausführlich untersucht. Auch hier liegt das Konzept des Auswahlbestandskatalogs zugrunde, das anhand exemplarischer Werke des Bestands die wissenschaftliche Tiefe für die Fachwelt mit einer ebenso aufschlussreichen wie opulenten Präsentation für alle Museumsbesucher verbinden kann. Ausstellung und Katalog wurden ermöglicht durch die Frankfurter Stiftung Gabriele Busch-Hauck, die sich seit Langem für die wissenschaftliche Erschließung der umfang­ reichen und hoch bedeutenden Bestände der Graphischen Sammlung des Städel Museums √ Kat. Nr. 52, Detail engagiert und bereits vor zwei Jahrzehnten den oben erwähnten ersten Auswahlbestands­

7 katalog der niederländischen Zeichnungen gefördert hat. Seitdem sind mit ihrer Hilfe, neben anderen Projekten, nicht weniger als sechs weitere Bestandskataloge zu Teilbereichen der Zeichnungssammlung verwirklicht worden. Die wissenschaftliche Erforschung der Sammlungen ist eine Grundlage der Museums­ arbeit. Nur durch sie wird gewährleistet, dass die Vermittlung der Kunstwerke an die All­ gemeinheit auf dem höchstmöglichen Wissensstand geschieht. Daher muss unser größter Dank der Stiftung Gabriele Busch-Hauck und ihren Vorständen Maria Busch, Clemens Busch und Dorothea Müller gelten, die mit großem, auch persönlichem Interesse an den Projekten und aus tiefer Verbundenheit mit dem Städel Museum ein im besten Sinn bürgerschaftli­ ches Engagement wahrnehmen. Wie bei allen Projekten des Städel Museums haben zahlreiche Kolleginnen und Kollegen am Zustandekommen von Katalog und Ausstellung mitgewirkt. Zu danken ist den Mitar­ beiterinnen und Mitarbeitern der Graphischen Sammlung, der Papierrestaurierung, des Ausstellungsdienstes, des Katalogmanagements, der Bibliothek, der Haustechnik, der Aus­ stellungsgrafik, der Bildung und Vermittlung, des Marketings, der Grafik, der Presse, des Engagements­ (Sponsoring und Fundraising), der Verwaltung, der EDV, der Veranstaltungen, des Museumsshops und des Direktionsbüros für ihren engagierten und höchst professio­ nellen Einsatz. Der Sandstein Verlag betreute zum wiederholten Mal zuverlässig und part­ nerschaftlich die Realisierung des Katalogs. Für die gelungene und zweckmäßige Katalog­ gestaltung sei Michaela Klaus sowie im Städel Museum Martin Kaufmann, für das umsich­ tige Lektorat Sina Volk gedankt. Für die ansprechende Umsetzung der Ausstellungsgrafik zeichnete Studio Tonique verantwortlich, für die sensiblen englischen Übersetzungen in der Ausstellung Judith Rosenthal. Besonders zu danken ist Ruth Schmutzler, Leiterin der Papierrestaurierung im Städel Museum, und ihren Mitarbeiterinnen Eva Aebersold, Anna Motz, Brigitte Halder-Kaplan und Sabine Protze, die die besprochenen und ausgestellten Werke technisch untersucht, Zeichenmittel, Papierarten und Wasserzeichen bestimmt sowie die notwendigen konserva­ torischen und restauratorischen Maßnahmen durchgeführt haben. Auch Jan Bielau, der Sammlungsverwalter der Graphischen Sammlung, hat das Projekt auf vielfältige Weise unterstützt. Dank gebührt ferner den beiden wissenschaftlichen Leitern der Graphischen Sammlung des Städel Museums, Regina Freyberger und Martin Sonnabend; Letzterer hat Ausstellung und Katalog vonseiten des Städel Museums verantwortlich und in enger kolle­ gialer Abstimmung mit der wissenschaftlichen Projektleiterin Annett Sandfort begleitet. Ihr schließlich gilt der größte Dank. Sie hat eine prachtvolle Ausstellung gestaltet und einen instruktiven Katalog vorgelegt, die uns einen alten Bestand der Sammlung neu sehen lassen und einen Einblick in die reiche Kunst des Jahrhunderts der Aufklärung bieten.

Philipp Demandt Direktor

8 DANK

Ohne die Hilfe zahlreicher Kolleginnen und Kollegen hätte der vorliegende Ausstellungs- und Bestandskatalog nicht entstehen können. Mein besonderer Dank für guten Rat und nützliche Auskünfte geht an Andreas Allspach, Frankfurt am Main; Ronni Baer, Princeton; Holm Bevers, Berlin; Deen Boogerd, Lisse; Mieke Breij, Utrecht; Alexander de Bruin, ­; An van Camp, Oxford; Christopher Coles, London; Carly Collier, Windsor; Charles Dumas, Den Haag; Bert Gerlagh, Amsterdam; Mechthild Haas, Darmstadt; Stefaan Hautekeete, Brüssel; Thorsten Heese, Osnabrück; Irene Jacobs, Rotterdam; Joachim Jacoby, Düsseldorf; Roland de Jong, Zwolle; Thomas Ketelsen, Weimar; Pim Kievit, Amsterdam; David Klemm, Hamburg; Friso Lammertse, Rotterdam; Gerald Mayr, Frankfurt am Main; Christien Melzer, Weimar; Norbert Middelkoop, Amsterdam; Ewoud Mijnlieff, Den Haag; Lucie Němečková, Prag; Sander Paarlberg, Dordrecht; Michiel C. Plomp, Haarlem; Marleen Ram, Haarlem; Astrid Reuter, Karlsruhe; Robert-Jan te Rijdt, Amsterdam; Gregory Rubin­ stein, London; Robert Schillemans, Amsterdam; Laurens Schoemaker, Den Haag; Friede­ mann Schrenk, Frankfurt am Main; Gary Schwartz, Maarssen; Marja Stijkel, Amsterdam; Andreas Stolzenburg, Hamburg; Claudia Valter, Nürnberg; Jeroen Vandommele, Den Haag; Anton Wegman, Amsterdam.

Annett Sandfort

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NIEDERLÄNDISCHE ZEICHNUNGEN DES 18. JAHRHUNDERTS AUS DER GRAPHISCHEN SAMMLUNG DES STÄDEL MUSEUMS

Die Graphische Sammlung des Städel Museums bewahrt mit annähernd 600 Blättern einen ungewöhnlich großen Bestand an niederländischen Zeichnungen des 18. Jahrhunderts.1 Eine erste Auswahl aus diesem zuvor gänzlich unbeachteten Bereich der Sammlung wurde im Jahr 2000 in Annette Strechs Ausstellungs- und Bestandskatalog Nach dem Leben und aus der Phantasie veröffentlicht, dort im Rahmen der ersten wissenschaftlich-kritischen Ausein­ andersetzung mit den niederländischen Altmeisterzeichnungen vom 15. bis zum 18. Jahr­ hundert im Städel Museum insgesamt.2 An diese Arbeit wird hier angeknüpft und zugleich wird der Blick konzentriert, indem die Zeichnungen des 18. Jahrhunderts zum alleinigen Thema gemacht sind. Auch hierbei musste aus der großen Anzahl eine Auswahl getroffen werden; 81 ausführlich besprochene Werke veranschaulichen exemplarisch die Struktur der Sammlung in Hinblick auf die vertretenen Künstler, das inhaltliche Spektrum und die künstlerische Qualität.3 Nach ersten verstreuten wissenschaftlichen Publikationen4 bildete der von Roger Mandle verfasste Katalog zur Ausstellung Dutch Masterpieces from the Eighteenth Century, die in den Jahren 1971 und 1972 in Minneapolis, Toledo und Philadelphia gezeigt wurde, den Auftakt zur neueren Forschungsgeschichte zu den niederländischen Zeichnungen des 18. Jahrhun­ derts.5 Mandles Katalog behandelte Gemälde und Zeichnungen und lieferte einen ersten wissenschaftlichen Überblick über die Thematik insgesamt. Eingeleitet wurde der Katalog durch einen Essay von J. W. Niemeijer, von 1974 bis 1990 Direktor des Rijksprentenkabinets in Amsterdam. Niemeijer und zahlreiche andere Autoren publizierten in den folgenden Jahren eine Vielzahl von Einzelbeiträgen auf diesem Gebiet. Dies mündete 1990/91 in eine grundlegende Ausstellung über die Aquarellzeichnungen des 18. Jahrhunderts aus dem Amsterdamer Rijksprentenkabinet.6 Seitdem haben, neben verschiedenen anderen Forschern, insbesondere Charles Dumas und Robert-Jan te Rijdt in Aufsätzen und Mono­grafien die Forschung zu einzelnen Künstlern, die teilweise zuvor wenig bekannt waren, vorangetrie­ ben.7 Für die Bearbeitung der Bestände des Städel Museums waren auch die Ausstellungs­ kataloge On country roads and fields. The depiction of the 18th- and 19th- century landscape von 1997 und Netherlandish art in the Rijksmuseum 1700–1800 aus dem Jahr 2006 von großer Bedeutung.8 Weitere grundlegende Literatur sind die seit den 1970er Jahren erschienenen Veröffentlichungen von Paul Knolle zu Zeichenakademien und -gesellschaften in den Nie­ derlanden,9 der von Leslie Schwartz verfasste Bestands­katalog der Zeichnungen niederlän­ discher Künstler, die zwischen 1740 und 1800 geboren wurden, im in Haarlem10 und die Forschungen von Michiel Plomp zu niederländischen Sammlern von Zeichnungen im 18. Jahrhundert.11 Unter den wenigen deutschen Publikationen zur The­ matik war der Bestandskatalog der niederländischen Zeichnungen der Hamburger Kunst­ halle von Annemarie Stefes hilfreich.12 In jüngster Zeit, im Jahr 2019, richtete das Konin­ klijke Musea voor Schone Kunsten van België in Brüssel eine wichtige Ausstellung mit einer Auswahl von Blättern aus seinem reichen Bestand von niederländischen Zeichnungen des 18. Jahrhunderts aus.13

Der Bestand im Städel Museum

Seinen Ursprung hat der Bestand der niederländischen Zeichnungen des 18. Jahrhunderts im Städel Museum in der Vorgeschichte und den Anfängen der Institution. Der Frankfurter Kaufmann und Bankier Johann Friedrich Städel (1728–1816) stiftete mit seinem Testa­ √ Kat. Nr. 70, Detail ment, dem »Stiftungsbrief« von 1815, eine öffentliche, allen zugängliche Kunstsammlung,

11 die zugleich der Ausbildung von Künstlern dienen sollte. Seiner Stiftung hinterließ er, neben Geldvermögen und Immobilie, eine umfangreiche Sammlung von Gemälden, Zeichnungen und Druckgrafiken.14 Zu diesem Ursprungsbestand kam kurze Zeit später die ebenso struk­ turierte, also Gemälde, Zeichnungen und Druckgrafiken umfassende Sammlung von Johann Georg Grambs (1756–1817) hinzu. Grambs, ein Frankfurter Jurist, war über Jahre eng mit Städel befreundet und wurde von diesem im Stiftungsbrief zu einem der ersten Vorstände (Administratoren) der Stiftung ernannt.15 Nur wenige Monate nach Städels Tod und kurz bevor Grambs selbst verstarb, erwarb die Stiftung dessen Sammlung. Sowohl Städel als auch Grambs hatten kunstgeschichtlich breit gesammelt und alle Schulen und Epochen berücksichtigt. Gleichwohl gab es persönliche Vorlieben, und dazu zählten bei beiden Sammlern auch die niederländischen Zeichnungen des 18. Jahrhunderts. Sie spiegeln damit ein spezifisch zeitgenössisches Interesse wider, einen bürgerlichen Geschmack, der Städel und Grambs mit den Sammlern und Auftraggebern in den Niederlanden, für die viele dieser Kunstwerke geschaffen wurden, verband. Der weitaus größte Teil der hier behandel­ ten Blätter stammt daher – das zeigen auch die Provenienzangaben in den Katalognummern – aus dem Gründungsbestand des Städel Museums, aus den Sammlungen von Städel und Grambs. Nur eine geringe Anzahl von Zeichnungen wurde in diesem Bereich später hinzu­ erworben. Man kann daran einen Wandel in der Bewertung dieser Kunst ablesen, der seit dem frühen 19. Jahrhundert zu beobachten ist. In den 1820er Jahren ließen die Stiftungsvor­ stände des Städelschen Kunstinstituts die Gemälde, Zeichnungen und Druckgrafiken der Sammlung schriftlich in auf Französisch verfassten Katalogen festhalten. Der Catalogue des desseins, das Verzeichnis der Zeichnungen (das im Weiteren als »Catalogue 1825« zitiert wird), führt die beiden Sammlungen Städel und Grambs getrennt auf. Während Letztere dabei vollständig erfasst wurde, sind im Fall Städels von etwa 4 600 Zeichnungen nur unge­ fähr 1 900 ausgewählt, bei denen es sich um die Blätter handelte, die man zu diesem Zeit­ punkt als museumswürdig erachtete. Dies entsprach einer Direktive, die Johann Friedrich Städel den Administratoren im Stiftungsbrief aufgegeben hatte; sie sollten nämlich die private Sammlung des Stifters von allen »schlechtern und mittelmäßigen« Werken befreien und diese veräußern, um mit den so gewonnenen Mitteln bessere Kunstwerke zu erwer­ ben.16 Bei der Auswahl, die der Administrator Theodor Friedrich Arnold Kestner (1779– 1847) und der Inspektor der Sammlungen Carl Friedrich Wendelstadt (1786–1840) um 1825 trafen, wurden die niederländischen Zeichnungen des 18. Jahrhunderts nur zum Teil berücksichtigt. Dadurch entstand der Eindruck, dass der umfangreiche Bestand dieser Epoche vor allem aus der Sammlung Grambs stammte, seinem Geschmack entsprach und nicht dem von Städel.17 Erst jüngste Forschungen haben dieses Bild zurechtgerückt.18 Auch wenn über die Hälfte der heute im Städel Museum bewahrten niederländischen Zeichnun­ gen des 18. Jahrhunderts auf Johann Georg Grambs zurückgeht, lässt sich festhalten, dass Johann Friedrich Städel diese Kunst ebenso hoch schätzte und in bedeutendem Umfang sammelte.19 Woran lag es nun, dass diese Zeichnungen in den 1820er Jahren offenbar weniger geschätzt waren? In den Augen der Romantiker des frühen 19. Jahrhunderts ging es, in der Tradition des Disegno-­Gedankens der Renaissance, im Medium der Zeichnung vor allem um deren schöpferisches Potenzial. In der Zeichnung, die sich im Feder-, Kreide- oder Pinselstrich auf dem Papier ganz unmittelbar äußert, entwickelt der Künstler seine Ideen, er notiert sie, er reflektiert sie und er arbeitet sie auf ein Ziel hin aus. Dem aufmerk­ samen Betrachter erschließt sich der Einfall, der Gedankengang des Künstlers, er kann dessen »Genie« nachvollziehen. Solche das Schöpferische vorweisende Werke gibt es auch unter den niederländischen Zeichnungen des 18. Jahrhunderts (vgl. etwa Kat. Nr. 9, 13, 14), aber in der Regel findet sich dort eine andere Funktion. Viele der Blätter bedienten, bild­mäßig vollendet, vor allem die Schaulust der aufgeklärten Bürger dieser Zeit und ihr Bedürfnis nach Austausch und Information.

12 Die Niederlande im 18. Jahrhundert

Die Republik der Vereinigten Niederlande des 18. Jahrhunderts unterschied sich politisch und ökonomisch von der des 17. Jahrhunderts. Aus dem Freiheitskampf gegen die spanischen katholischen Landesherren war im späten 16. Jahrhundert eine von Bürgern getragene Repu­ blik entstanden, die sich militärisch zu behaupten wusste und nicht zuletzt durch ihre welt­ weiten Kolonien eine mächtige ökonomische Kraft entfaltete. Das Goldene Zeitalter der niederländischen Republik war in all seinen Facetten vom Stolz auf das eigene, erkämpfte Land geprägt und äußerte sich dabei in einer reichen und eigenständigen Kunstproduktion, die für uns heute durch Namen wie Rembrandt oder Vermeer gekennzeichnet ist. Schon im 17. Jahrhundert führten Einfluss und Reichtum der Vereinigten Niederlande zu Zwistigkei­ ten mit konkurrierenden Großmächten; in der Folge kriegerischer Auseinandersetzungen mit England, Frankreich und anderen Mächten in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, schließlich vor allem durch den für die Niederlande wirtschaftlich verlustreichen Spani­ schen Erbfolgekrieg (1702–1713), sank die Republik zum Status einer europäischen Mittel­ macht ab.20 Die niederländische Politik war in der Folge auf eine Wahrung des Vorhandenen ausgerichtet und vermied im 18. Jahrhundert, soweit es möglich war, an den Konflikten in Europa teilzunehmen.21 Innenpolitisch gab es eine latente Spannung zwischen der Republik und den von ihr eingesetzten »Statthaltern«, die zu absolutistischen Interessen tendierten. Von 1702 bis 1747 blieb das Amt des Statthalters unbesetzt (zweite statthalterlose Zeit nach der von 1650 bis 1672). Erst unter militärischer Bedrohung berief man 1747 Wilhelm IV. von Oranien-Nassau (1711–1751), nach dessen Amtszeit die Statthalterschaft erblich wurde. Im letzten Viertel des Jahrhunderts kam es, auch unter dem Eindruck aufgeklärten Gedanken­ guts und des amerikanischen Unabhängigkeitskriegs, zu innenpolitischen Spannungen zwi­ schen dem Statthalter Wilhelm V. (1748–1806) und einer republikanischen »patriotischen« Bewegung (siehe Kat. Nr. 81). Am Ende des Jahrhunderts, in der Folge der Französischen Revolution von Frankreich besetzt, wurden die Vereinigten Niederlande zunächst zur »Batavischen Republik« und zu Beginn des 19. Jahrhunderts zum Königreich Holland erklärt, erst unter napoleonischer Kontrolle, dann, nach dem Wiener Kongress, mit den Oraniern als Monarchen. Auch wenn die politische und wirtschaftliche Bedeutung der Niederlande im 18. Jahr­ hundert nicht mehr der des Goldenen Zeitalters entsprach und Amsterdam von London als führender Handelsmetropole abgelöst wurde, waren Staat und Gesellschaft wohlhabend, und Amsterdam blieb bis 1770 der bedeutendste Kunsthandelsplatz in Europa, bevor es von Paris hinsichtlich der jährlich stattfindenden Auktionen überholt wurde.22 Eine begüterte Bürgerschicht, die die Grundlagen ihres Reichtums im vorangegangenen Jahrhundert erwor­ ben hatte, sammelte Kunstwerke und vergab Aufträge an bildende Künstler. Eine führende Position in der europäischen Kunstproduktion allerdings nahm man nicht mehr ein; diesen Rang hatte Frankreich schon in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts übernommen, nach der absolutistischen Gründung der Académie royale in Paris im Jahr 1648. Der französische Einfluss prägte schon vor 1700 die niederländische Kunst. Der noch dem 17. Jahrhundert angehörende, aus Lüttich stammende, jedoch in Amsterdam arbei­ tende Maler Gerard de Lairesse (1640 –1711) wurde zum führenden Vertreter eines an der französischen Akademie orientierten Klassizismus und beeinflusste mit seinen kunsttheo­ retischen Gedanken, die einige Jahre vor seinem Tod publiziert wurden, auch das frühe 18. Jahrhundert.23 Andere internationale Anregungen gesellten sich hinzu. Der wohl bekann­ teste Dekorationsmaler der Zeit, Jacob de Wit (Kat. Nr. 13, 14, 15, 16–18), verband die flämi­ sche Tradition von Rubens und van Dyck mit italienischen Vorbildern zu einem »holländi­ schen Rokoko«. Zeichnungen, die solchen nicht genuin niederländischen, sondern interna­ tionalen Tendenzen folgen, sind im ersten Kapitel dieses Katalogs zusammengefasst. Bezeichnend ist, dass sich kein einheitliches Bild ergibt, sondern eine Mischung aus ver­ schiedenen Einflüssen und Traditionen. Auch der wichtige Erwerbszweig der Buchillustra­ tion, mit Amsterdam als Zentrum, wird dort angesprochen, der seine Kundschaft nicht nur im Land selbst, sondern auch weit jenseits der niederländischen Grenzen fand.

13 ® Parallel zu diesen Phänomenen entwickelte sich im zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts auf Abb. 1 Simon Fokke, Eine Gesellschaft des Teeken-­ den Gebieten von Zeichenkunst und Buchillustration eine Hinwendung zum eigenen Land, Collegie in einer Haarlemer Treckschute­ , 1760, Pinsel in Grau und schwarze Kreide, 147 × 200 mm, die an alte niederländische Traditionen anknüpfte und diese mit einer empirisch registrie­ ­Sammlung Atlas Splitgerber, Stadsarchief Amsterdam renden Sachlichkeit verband. Zeichnungen sehenswerter und bedeutungsvoller Orte in den Niederlanden, »Topografien«, vergewisserten sich auf eine neue Art der Heimat und ihrer Geschichte.24 Grundlage solcher Darstellungen war das Zeichnen an Ort und Stelle, die genaue Aufnahme der Gegebenheiten, deren Ergebnis dann für druckgrafische Illustratio­ nen oder autonome Zeichnungen bearbeitet wurde. Topografische Zeichner, darunter auch der führende Künstler auf diesem Gebiet, (Kat. Nr. 25, 26, 27, 28), unternah­ men ausführliche und gesellige Reisen in verschiedenste Landstriche der Niederlande; wie eine solche Reise mit einer sogenannten Treckschute – einem von Land aus gezogenen Reiseboot (vgl. Kat. Nr. 52) – aussehen konnte, zeigt eine 1760 datierte Zeichnung von Simon Fokke (Abb. 1; zu Fokke vgl. Kat. Nr. 20–21). Pronk reiste nicht nur mit anderen topografischen Zeichnern. Wir haben Kenntnis von einer Reise, die er mit seinem Auftraggeber Andries Schoemaker (1660 –1735) unternahm, einem Sammler, der das erarbeitete Bildmaterial zu einem persönlichen, umfangreichen Atlas niederländischer Sehenswürdigkeiten zusammenstellte.25 Solche bürgerlichen Privatsamm­ ler, von denen es etliche gab, waren die grundlegende Klientel für die Zeichner dieses Jahr­ hunderts, eine andere waren die Verleger, die Bildmaterial für Publikationen benötigten. Der Wissensdurst der Zeit erstreckte sich auf vielfältige Gebiete. Nicht nur Atlanten der heimatlichen Sehenswürdigkeiten wurden angelegt, es gab auch Kunst- und Naturalien­ sammlungen verschiedenster Ausrichtungen. Zeichnungen von Flora und Fauna waren wegen ihres künstlerischen Charakters ebenso gefragt wie als instruktive, lehrreiche Abbil­ dungen. Außerdem reflektierten sie, wie die Szenen des Alltagslebens, niederländische Traditionen des 17. Jahrhunderts. Im weiteren Verlauf des Jahrhunderts spielte der Rück­ blick auf das Goldene Zeitalter, offenbar Ausdruck eines neu erwachenden Nationalgefühls, eine immer größere Rolle. Exemplarisch zeigt das die Gattung der Nachzeichnungen (nate- keningen), die insbesondere niederländische Gemälde des 17. Jahrhunderts wiederholten, sie als Kopien für ein interessiertes Publikum zugänglich machten, die Vorlagen zugleich aber auch als kunstvolle Pinselzeichnungen in verkleinertem Format auf eine subtile Weise im Geschmack der Zeit künstlerisch interpretierten.26 Solche Blätter, oft Meisterwerke in der Beherrschung zeichnerischer Techniken, fanden im 19. Jahrhundert keinen Anklang mehr. In einer ganzen Reihe von Fällen wurden sie im Städel Museum nicht als originale Zeich­ nungen, sondern als Reproduktionsgrafiken inventarisiert (vgl. Kat. Nr. 49–50, 51). Niederländische Zeichenkunst des 18. Jahrhunderts hieß nicht nur Rückblick auf die eigene Geschichte. Zeichnungen konnten sich auch mit der Gegenwart beschäftigen, etwa in den satirischen Schilderungen eines der originellsten niederländischen Künstler des 18. Jahrhunderts, (Kat. Nr. 52, 53), oder in Szenen aus beliebten Theater­ stücken, wie etwa dem Blatt von Jacobus Buys (Kat. Nr. 55). Der Bestand der niederländischen Zeichnungen des 18. Jahrhunderts im Städel Museum enthält, abgesehen von einigen Nachzeichnungen von Werken des 17. Jahrhunderts, so gut wie keine Porträts und nur wenige Aktstudien (»Akademien«), obwohl beide Gattungen in dieser Epoche durchaus eine Rolle spielten. Offenbar stießen sie bei Städel und Grambs nicht auf Interesse. Anders war es mit der Landschaft; dieses Thema kommt, in unter­ schiedlichen Ausprägungen, immer wieder vor und reflektiert sowohl eine in der niederlän­ dischen Kunst seit alters tiefverwurzelte Thematik als auch eine persönliche Vorliebe der Frankfurter Sammler. Die Landschaften der zweiten Jahrhunderthälfte finden, wie schon die früheren Topografien, zur niederländischen Heimat ebenso zurück wie zur Landschafts­ kunst des Goldenen Zeitalters. Ihr Reiz konnte sich so auf mehreren Ebenen entfalten, in der Vergewisserung der Schönheit des eigenen Landes, im Reflektieren der großen heimi­ schen Kunstgeschichte und der diese auszeichnenden Malerei des Lichts, aber auch, und das wird den Sammlern in Frankfurt nicht verborgen gewesen sein, in der meisterhaften Beherrschung der verschiedenen zeichnerischen Techniken.

14 Zeichnung in den Niederlanden des 18. Jahrhunderts

Die Handzeichnung erlangte im 18. Jahrhundert in der bildenden Kunst der Niederlande einen besonderen Stellenwert. Dies hat verschiedene Ursachen; eine davon ist die Dekora­ tionsmode der Zeit. Zu Beginn des Jahrhunderts suchten wohlhabende Bürger, Patrizier und Kaufleute, ihren eleganten Lebensstil nach französischem Vorbild zu gestalten, indem sie ihre Stadt- und Landhäuser mit wandfüllenden Malereien ausstatten ließen (Abb. 2).27 Besonders gefragt unter solchen kamerschilderingen oder behangsel waren die barocken Wand- und Deckengemälde mit mythologischen Themen von Jacob de Wit, die klassischen Ideallandschaften von Isaac de Moucheron oder auch Blumenkompositionen von Jan van Huysum und Tierstücke in idealisierten Parklandschaften von Aert Schouman. Um die Mitte des Jahrhunderts stieg die Anzahl der auf behangsel spezialisierten Werkstätten, in denen eine große Zahl der Landschaftszeichner der zweiten Hälfte des Jahrhunderts ausge­ bildet wurden und arbeiteten, deutlich an.28 Als die großformatigen Wanddekorationen im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts aus der Mode kamen, verlegten sich viele der entspre­ chend spezialisierten Künstler auf das Anfertigen von Zeichnungen für Auftraggeber oder für den freien Markt.

15 Abb. 2 Gemalte Wand- und Deckendekorationen von Isaac de Moucheron und Jacob de Wit in einem Haus in der Herengracht 168, Amsterdam, 1734, aus: Loos 1997, S. 39

Die Dekorationsform der behangsel brachte auf der einen Seite kleinformatige Zeichnungen als Entwürfe oder Muster hervor, die das Interesse von Sammlern fanden. Auf der anderen Seite machte es der wandfüllende Schmuck schwierig, sich in den eigenen Räumen mit Tafelge­ mälden zu umgeben. Auch dies beförderte das Sammeln von Zeichnungen, die in den Biblio­ theken der wohlhabenden Bürger in Kunstbüchern oder Alben verwahrt wurden und damit dem Kunst- ebenso wie dem Wissens- und Bildungsbedürfnis dienen konnten. Zeichnungen waren handhabbar und im Vergleich zu Gemälden preiswert. Sie ließen sich nach unter­ schiedlichen, persönlichen Gesichtspunkten sammeln und boten die Möglichkeit zu geselli­ gem Austausch. In Zeichengesellschaften diente das gemeinsame Betrachten, in Form von sogenannten Kunstbeschouwingen, der Ausbildung; Sammler konnten die Zeichnungen, die sie besaßen, aber auch im Familien- oder Freundeskreis betrachten und diskutieren (Abb. 3). Die Kultur des Gesprächs über Bilder, an dem andere Sammler ebenso wie Künstler, Kunstgelehrte oder auch Kunsthändler teilnehmen konnten, fand auch vor Druckgrafiken statt, doch boten die Zeichnungen exklusivere Möglichkeiten der Motive und zudem ein anderes ästhetisches Erlebnis, das spezifisch zeichnerisch sein konnte, sich mitunter aber auch dem von Gemälden annäherte. Zeichnungen für Illustrationen wiederum konnten mit den ausgeführten Druckgrafiken verglichen und die Inhalte der jeweiligen Publikationen dabei diskutiert werden. Für bildende Künstler war der Austausch vor Kunstwerken zudem deswegen wichtig, weil es keine öffentlichen Museen gab, in welchen man sich mit bilden­ der Kunst und Kunstgeschichte auseinandersetzen konnte. Auch die Vorliebe für Pendants dürfte eine Rolle beim Austausch gespielt haben. Thematisch verwandte Zeichnungen zweier verschiedener oder eines einzelnen Künstlers wurden von Sammlern zu Paaren ­kombiniert oder bereits vom Künstler als Paare konzipiert – auch, um einen Anreiz für die Käufer zu bieten, mehrere Kunstwerke zu erwerben. In aller Regel ließen sich die so zusam­

16 mengestellten Zeichnungen aber ebenso einzeln betrachten. Es mag dabei hier und da der ursprüngliche dekorative Aspekt eine Rolle gespielt haben, etwa wenn solche Blätter – was nur selten vorkam – in Bezug zueinander an die Wand gehängt wurden, aber mehr noch dürfte der Reiz der Pendants bei den Zeichnungen in der Einladung zum vergleichenden Sehen gelegen haben (Kat. Nr. 10–11, 58–59, 66–67, 68–69, 70–71). Aus solchem geselligen Austausch, der sich um Zeichnungen bildete, ergaben sich, wie sich leicht vorstellen lässt, mitunter Aufträge an Zeichner oder Käufe bei Kunsthändlern. Insbesondere in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entstanden bedeutende und umfangreiche Zeichnungssammlungen, von Liebhabern ebenso wie von Kunsthändlern und Künstlern.29 Zu den Liebhabern gehörten etwa Gerrit Braamcamp (1699–1771), Jan Gilde­ meester (1744–1799) und Cornelis Ploos van Amstel (1726–1798).30 Aus der Sammlung Ploos van Amstel, die im März 1800 in Amsterdam versteigert wurde, erwarben sowohl Städel als auch Grambs in Frankfurt durch die Vermittlung von Kunsthändlern eine größere Gruppe von Zeichnungen aus unterschiedlichen Schulen und Epochen, dabei auch aus dem niederländischen 18. Jahrhundert. Cornelis Ploos van Amstel war eine beispielhafte und bedeutende Persönlichkeit des niederländischen Kunstlebens im 18. Jahrhundert. Die materielle Grundlage seiner Existenz bildete ein Holzhandel; er betätigte sich darüber hinaus nicht nur als Sammler, sondern auch selbst als Zeichner (Kat. Nr. 22) sowie als Kunstgelehrter und engagierte sich bei der Gründung von Zeichenakademien und Zeichengesellschaften in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Eine erste Zeichenakademie der Niederlande, die Confrerie Pictura in Den Haag, hatte sich schon im 17. Jahrhundert von der handwerklich organisierten Lukasgilde abgespalten, um die künstlerische Produktion auf ein praktisch wie theoretisch reflektiertes Niveau zu heben.31 Um 1700 traf sich auch in Amsterdam unter der Initiative von Gerard de Lairesse eine Gruppe von Künstlern, um – der akademischen Künstlerausbildung nach französi­ schem Vorbild folgend – nach dem nackten Modell zu zeichnen.32 Diese Zusammenkünfte fanden nach dem Tod von de Lairesse im Jahr 1711 jedoch bald nicht mehr statt. 1718 gilt schließlich als Gründungsjahr der Amsterdamer Zeichenakademie (Amsterdamse Tekenaca- demie), in die ein Jahr später auch der aus Frankreich stammende Bernard Picart (Kat. Nr. 3, 4–7) eintrat, der dort maßgeblich für die Einrichtung eines geregelten Zeichenunterrichts verantwortlich war.33

Abb. 3 Aert Schouman, Zusammenkunft der Mitglieder der Sint-Lucas-Bruderschaft in Dordrecht, 1736, Feder und Bleistift, 150 × 220 mm, Regionaal Archief Dordrecht, Inv. Nr. 551-36550

17 Diese Amsterdamer Tekenacademie wurde 1765 grundlegend reformiert (seitdem Amsterdamse Stadstekenacademie), es wurden Wettbewerbe im Zeichnen nach Modellen ausgeschrieben sowie kunsttheoretische und kunsthistorische Vorträge in das Programm aufgenommen (Abb. 4). In den Jahren danach organisierten sich in zahlreichen städtischen Zen­tren der Niederlande ähnliche Zeichenakademien und -gesellschaften (1772 in Haarlem, 1773 in Rotterdam, 1774 in Dordrecht, 1780 in Den Haag, und andere mehr). Es waren Grün­dungen aus dem Geist der Aufklärung; das wird besonders deutlich bei der wissenschaftlichen Gesellschaft Felix Meritis, die 1777 in Amsterdam entstand und die eine Abteilung für Zeichenkunst – mit Jacob Cats (Kat. Nr. 66–67, 68–69) als erstem Direktor – ebenso umfasste wie weitere etwa für Handel, Literatur oder Musik.34 Auch das öffentliche Museum, eigentlich ein Phänomen des 19. Jahrhunderts, begann in diesem Umfeld, Form anzunehmen. 1778 wurde das von dem Tuchfabrikanten Pieter Teyler (1702–1778) testamentarisch gestiftete Teylers Museum in Haarlem gegründet, anfangs als wissenschaftliche Gesellschaft, und es ist durchaus wahrscheinlich, dass das Beispiel dieser Gründung Einfluss auf Johann Friedrich Städels Frankfurter Stiftung hatte.35 In den Niederlanden gingen die Zeichenakademien nicht wie in Frankreich auf staat­ liche, sondern auf private Initiativen zurück. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts waren die neu entstehenden Zeichengesellschaften genossenschaftlich organisiert, sie standen in enger Verbindung mit den städtischen Selbstverwaltungen und boten ihren Unterricht nicht nur den professionellen Künstlern an, sondern auch den Amateuren.36

18 √ Amateurkünstler, die nicht von ihren Zeichnungen und Gemälden leben mussten, sind Abb. 4 Reinier Vinkeles, Die Amsterdamer durchaus kennzeichnend für die Epoche, und ihre Werke erreichten oft hohe Qualität. Zeichenakademie, 1768, Kupferstich und Radierung (Zustand vor der Schrift), 310 × 392 mm, Aber das Zeichnen sollte noch darüber hinaus zur allgemeinen Geschmacks- und Charak­ Graphische Sammlung, Städel Museum, Frankfurt terbildung beitragen. Cornelis Ploos van Amstel und Jacobus Buys (Kat. Nr. 55, 56), beide am Main, Inv. Nr. 67876 zu diesem Zeitpunkt Direktoren der Amsterdamer Stadstekenacademie, gründeten 1773 eine Schule für Zeichenkunst, Leerschool der Tekenkunst, die sich ausdrücklich nicht an professionelle Künstler richtete, sondern an ein allgemeines bürgerliches Publikum, dessen Kenntnisse und Tugend durch das Erlernen und Ausüben des Zeichnens entwi­ ckelt werden sollten.37 In den Vorträgen über bildende Kunst, die Cornelis Ploos van Amstel an der Stadsteken­ academie hielt, betonte er seit den 1780er Jahren zunehmend die Vorbildhaftigkeit der niederländischen Kunst des Goldenen Zeitalters und zielte damit nicht nur auf allgemeine Bildung, sondern auch auf ein neues niederländisches Nationalbewusstsein.38 Ploos besaß in seiner Sammlung über 200 Nachzeichnungen nach Gemälden des niederländischen 17. Jahrhunderts, die er wohl überwiegend selbst bei Künstlern in Auftrag gegeben hatte, allen voran bei Aert Schouman (Kat. Nr. 47).39 Dies verweist zum einen auf die Funktion solcher Zeichnungen als verhältnismäßig kostengünstige Alternativen zu Kopien in Öl, aber ebenso auf das lebendige Netzwerk von Sammlern, Künstlern und Kunsthändlern, in dem sich Ploos bewegte. Stieß er bei einem anderen Sammler auf ein Gemälde von Bedeu­ tung, so konnte er bei entsprechenden Spezialisten eine gezeichnete Kopie bestellen, die er dann wiederum in dem Kreis, der sich bei ihm traf, präsentieren und diskutieren und über die er in einem seiner Vorträge sprechen konnte. So sind die niederländischen Zeichnungen des 18. Jahrhunderts, oft großformatig, häufig bildmäßig und farbig ausgeführt, das Medium der Wahl und die Zeugnisse einer Kultur der Aufklärung, in der sich Wissensdurst und sinnliche Freude am Betrachten mit geselligem Austausch und einem Streben nach Verbesserung des Einzelnen wie der Gesell­ schaft als ganzer verband.

| 1 | Es scheint sich dabei um den umfangreichsten Bestand 2020, S. 42. | 17 | Vgl. Frankfurt 2000, S. 11: »[...]Grambs topografischer Publikationen in den Niederlanden vgl. außerhalb der Niederlande und Belgiens zu handeln. Die erweist sich weit mehr als Städel als ein typischer Vertreter Den Haag 1984, S. 14–16, Klapwijk 1997 sowie Korthals bedeutendsten und damit als Referenz dienenden Sammlun- der bürgerlichen Sammler im Frankfurt des 18. Jahrhunderts. Altes 2015, S. 222 f. | 25 | Vgl. Otten 1995. Als Atlanten gen niederländischer Zeichnungen des 18. Jahrhunderts Charakteristisch ist hier die ausgeprägte Vorliebe für hollän- bezeichnete man gebundene Alben, in denen topografische befinden sich in den Koninklijke Musea voor Schone Kunsten dische Meister des 17. sowie für deren Nachfolger des Ansichten, Zeichnungen und Druckgrafiken, gesammelt van België in Brüssel, im Rijksmuseum in Amsterdam und 18. Jahrhunderts […]. Holländische Künstler des 18. Jahrhun- wurden und die in fast keiner niederländischen Sammlung im Teylers Museum in Haarlem. | 2 | Frankfurt 2000. | 3 | Der derts sind stärker vertreten als in der Sammlung von Städel der Zeit fehlten, vgl. Den Haag 1984, S. 12. Falls die Zeich­ Gesamtbestand der Zeichnungen des Städel Museums, also […].«. | 18 | Vgl. Frankfurt 2020, S. 248. | 19 | Von den nungen nicht eingeklebt, sondern zwischen die Seiten der auch der niederländischen Zeichnungen des 18. Jahrhun- knapp 600 niederländischen Zeichnungen des 18. Jahrhun- Atlanten eingelegt wurden, war es möglich, sie heraus­ derts, ist auf der Homepage des Städel Museums unter derts, die sich heute im Bestand des Städel Museums befin- zunehmen, etwa um Inschriften auf den Rückseiten zu lesen. »Digitale Sammlung« abrufbar: URL: https://sammlung. den, haben etwa 360 die Provenienz Grambs und etwa 200 | 26 | Vgl. Haarlem 1987. | 27 | Zur Mode gemalter Wand­ staedelmuseum.de/de. | 4 | Etwa Staring 1958 sowie Rotter- die Provenienz Städel. | 20 | Vgl. North 2006b, S. 89. Zur dekorationen vgl. Bosma 1985 und Loos 1997. | 28 | Vgl. dam 1946. | 5 | Minneapolis/Toledo/Philadelphia 1971/72. Geschichte der Republik der Vereinigten Niederlande vgl. Loos 1997, S. 40. | 29 | Zu Zeichnungssammlungen in den | 6 | Paris/Amsterdam 1990/91. Die Ausstellung wurde von ferner Israel 1995 und Zandvliet 2006. | 21 | Vgl. North Niederlanden im 18. Jahrhunderts vgl. die Forschungen von Oktober bis Dezember 1990 zuerst im Institut Néerlandais 2006 b, S. 88. | 22 | Vgl. Bok 2002, S. 47–53 sowie North Michiel Plomp: Haarlem/Paris 2001/02 a und Haarlem/Paris in Paris gezeigt. | 7 | Siehe Literaturverzeichnis. | 8 | Amster- 2006b, S 97 f. | 23 | Gerard de Lairesse, Grondlegginge der 2001/02 b. | 30 | Vgl. Knolle 2019, S. 21 f. | 31 | Weitere frühe dam 1997/98; Amsterdam 2006. | 9 | Knolle 1979; Knolle Teeken-konst, Zynde een korte en zeekere weg om door Zeichenakademien entstanden 1696 in Utrecht und 1694 1983, Knolle 1984; Knolle 1986/87; Knolle 1986/87; middel van de Geometrie of Meetkunde, de Teeken-konst bzw. 1697 in Leiden, vgl. Knolle 2019, S. 20. | 32 | Zur Grün- Knolle 2019. | 10 | Schwartz 2004. | 11 | Haarlem/Paris volkomen te leeren, Amsterdam 1702; Gerard de Lairesse, dung von Zeichenakademien in den Niederlanden im Allge- 2001/02 a und Haarlem/Paris 2001/02 b. | 12 | Stefes 2011. Groot Schilderboek, waar in de Schilderkonst in al haar meinen vgl. Knolle 1984 und zur Einrichtung der Amster­ | 13 | Mit Beiträgen von Robert-Jan te Rijdt, Charles Dumas, deelen grondig werd onderweezen, ook door redeneringen damer Stadstekenacademie im Besonderen vgl. Knolle 1979. Albert Elen, Paul Knolle und anderen, vgl. Brüssel/Enschede/ en prentverbeeldingen verklaard; met voorbeelden uit | 33 | Vgl. Knolle 1979, S. 2 f. | 34 | Vgl. Knolle 1983. Paris 2019. | 14 | Hierzu Meyer 2013. Die Zeichnungssamm- de beste konststukken der oude en nieuwe puikschilderen | 35 | Vgl. Frankfurt 2020, S. 12. | 36 | Vgl. Knolle 2019, lung von Johann Friedrich Städel wurde vor Kurzem aus­ bevestigd: en derzelver wel- en misstand aangeweezen, S. 20 f. | 37 | Vgl. Knolle 1979, S. 10. | 38 | Vgl. Knolle 1979, führlich erforscht, vgl. Frankfurt 2020. | 15 | Zu Johann 2 Bde, Haarlem 1740 (erste Auflage 1707). | 24 | Zur S. 24 f. und Koolhaas-Grosfeld 1997, S. 69. | 39 | Vgl. Lauren- Georg Grambs vgl. Meyer 2013, S. 148 f. | 16 | Vgl. Frankfurt Geschichte der Gattung der Topografien und historisch-­ tius/Niemeijer/Ploos van Amstel 1985, S. 19.

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KATALOG

Zur Benutzung

Die abgekürzten Literaturangaben sind im Literaturverzeichnis aufgelöst.

Die Abmessungen der Zeichnungen sind in Millimetern angegeben, Höhe vor Breite.

Wasserzeichen sind, sofern eine Dokumentation möglich war, im Anhang abgebildet. Die Wiedergabe der Wasserzeichen erfolgt, sofern nicht anders angegeben, von der Recto-­ Seite und orientiert sich an der Ausrichtung der Zeichnungen.

Bei den Provenienzen der im Katalog besprochenen Zeichnungen verweist die Angabe »Catalogue 1825« auf ein erstes, um die Mitte der 1820er Jahre in französischer Sprache angelegtes Verzeichnis der Zeichnungen des Städel Museums, den Catalogue des desseins (heute aufbewahrt in der Graphischen Sammlung des Städel Museums). Dort sind die Zeichnungssammlungen von Johann Friedrich Städel und Johann Georg Grambs, die 1816 und 1817 Eigentum des Städel Museums wurden, getrennt voneinander aufgeführt. Daher kann der Catalogue 1825 als Nachweis der jeweiligen Provenienz dienen.

Bei der Provenienz von Zeichnungen aus der Sammlung von Johann Friedrich Städel ist zu beachten, dass diese im Catalogue 1825 nicht vollständig dokumentiert sind. Die Her­ kunft eines größeren Teils der Zeichnungen, die aus seiner Sammlung ins Städel Museum gelangt sind, kann heute nur anhand verschiedener Indizien bestimmt werden, beziehungs­ weise dadurch, dass andere Provenienzen für das jeweilige Blatt ausgeschlossen werden. In diesen Fällen ist die Angabe der Herkunft aus der Sammlung Städel durch den Ver­ merk »sammlungsgeschichtlich erschlossen« ergänzt (vgl. Frankfurt 2020, S. 294–306).

√ Kat. Nr. 53, Detail

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KLASSIZISMUS UND BAROCK IM 18. JAHRHUNDERT

Die Zeichnungen in diesem Kapitel zeigen die große technische Bandbreite des Mediums und seine vielfältigen Funktionen in den Niederlanden des 18. Jahrhunderts. Neben Studienblät­ tern und entwerfenden Zeichnungen, etwa Figuren- und Kompositionsstudien, sowie aus­ geführten Vorzeichnungen für großformatige Wand- und Deckendekorationen oder klein­ formatige Buchillustrationen sind auch autonome Zeichnungen vertreten. Schon in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts hatte man in den Niederlanden begon­ nen, sich künstlerisch an internationalen Tendenzen zu orientieren, insbesondere an einem von Frankreich ausgehenden höfischen Klassizismus. Die mythologischen Szenen des Lei­ dener Feinmalers spiegeln diesen Geschmack wider (Kat. Nr. 1, 2). Auch die klassisch-arkadischen und italianisierenden Landschaften etwa von Jan van Huysum (Kat. Nr. 9), Abraham Rademaker (Kat. Nr. 10–11) oder Isaac de Moucheron (Kat. Nr. 12) nehmen die Kunst des vorherigen Jahrhunderts auf. Ein wichtiger Vermittler des französischen Einflusses wurde Bernard Picart (Kat. Nr. 3, 4–7), der sich 1710 in Amsterdam niederließ und maßgeblich an der Organisation der 1718 errichteten Amsterdamer Zeichenakademie (Amsterdamse Tekenacademie) beteiligt war, die durch seine Initiative einen geregelten Zeichenunterricht nach dem Vorbild der Pariser Académie royale bot. Auch die aufkommende Mode flächendeckender Wanddekorationen, sogenannter kamer­ behangsels, in den Häusern begüterter Bürger ging auf Frankreich zurück. Sie spiegelte das Bedürfnis städtischer Eliten nach Repräsentation und einem eleganten Lebensstil. Führend bei dieser Ausstattungsmalerei wurden Isaac de Moucheron mit klassischen Landschaften (Kat. Nr. 12) und insbesondere der vielbeschäftigte Jacob de Wit, der flämische und italie­ nische Vorbilder zu einem heiteren, dem Rokoko verpflichteten illusionistischen Spiel ver­ band (Kat. Nr. 13, 14, 15, 16–18). Seine zahlreichen und von ihm selbst sorgfältig aufbewahr­ ten Vorzeichnungen und Studien wurden im Lauf des Jahrhunderts zu begehrten Sammel­ objekten, und auch die Mode der behangsel, die an den Wänden keinen Platz für Tafelge­ mälde ließ, förderte das allgemeine Interesse an Zeichnungen, die platzsparend und dennoch leicht zugänglich in Kunstbüchern bzw. Alben gesammelt werden konnten. Für das Bildungs­ bedürfnis, das hier zum Ausdruck kommt, spielten die beliebten Buchillustrationen eine doppelte Rolle, als bildliche Ergänzung der Lektüre ebenso wie als geistvolle Zeugnisse der Zeichenkunst. Spätere Einzelbeispiele klassizistischer Tendenzen sind eine heute eher süßlich wir­ kende mythologische Szene von Arnout Rentinck (Kat. Nr. 23) und eine betont klassische Komposition mit den Frauen am Grab Christi von Jean Grandjean (Kat. Nr. 24), der 1779 nach über 50 Jahren als erster niederländischer Künstler wieder nach Italien reiste, um sich dort zum Historienmaler auszubilden. Eher in einer realistisch-barocken Tradition steht das Ehepaarbildnis des 100-jährigen Jacob van Hoorn mit seiner jungen Frau von Jacob Folkema (Kat. Nr. 19), eine der wenigen Porträtzeichnungen des niederländischen 18. Jahr­ hunderts in der Sammlung des Städel Museums.

√ Kat. Nr. 14, Detail

23 WILLEM VAN MIERIS (Leiden 1662–1747 Leiden)

Maler und Zeichner insbesondere von Genreszenen und Historienstücken, auch als Kupfer­ stecher tätig; wird von seinem Vater ausgebildet, dem Leidener Feinmaler Frans van Mieris (1635–1681); nach dessen Tod übernimmt er die Werkstatt und wird 1683 Mitglied der Lukasgilde, 1694 gehört er zu den Gründern der Leidener Zeichenakademie (Leidse teken­ academie), deren Direktor er 1702 wird; seine lange und produktive Karriere verdankt er auch wohlhabenden Mäzenen, etwa Pieter de la Court van der Voort (1664–1739) aus Leiden oder Petronella Oortmans (1624–1707) aus Amsterdam.

LITERATUR Van Gool 1750/51, I, S. 191–203 | Minneapolis/Toledo/Philadelphia 1971/72, S. 61 ff. | Fock 1983 | Elen-Clifford Kocq van Breugel 1985 | Broos 1992 | Elen-Clifford Kocq van Breugel 1992 | Elen 1995 a | Elen 1995 b | Aono 2006 | Aono 2007 | Elen 2011 | Ekkart 2012 | Elen 2012

1 Aeneas rettet Anchises aus dem brennenden Troja, 1687

Pinsel in Grau und Schwarz, auf geripptem Der Leidener Feinmaler Willem van Mieris Kreusa, die Tochter des Priamus, des sechs­ Büttenpapier; allseitige Einfassungslinie mit der hat neben Gemälden auch ein großes zeich­ ten und letzten Königs von Troja. Ihr wird Feder in Braun; 178 × 280 mm; auf den Höhen leicht berieben, 12 mm parallel zur oberen nerisches Œuvre hinterlassen, das aus Vor­ die Flucht nicht gelingen, sie bleibt zurück Blatt­­kante Linie in schwarzem Stift, teilweise studien in Kreide auf blauem Papier (Kat. und fällt den Griechen in die Hände. ausradiert, teilweise retuschiert, am linken Nr. 2) und teils monochromen, teils kostbar Aeneas begibt sich, um sich vor den Grie­ Blatt­rand 55 mm v. u. Verletzung der Papier­ oberfläche, 15 mm darüber kleiner Riss (beides farbig gefassten autonomen Zeichnungen chen zu retten, zu »einem altehrwürdigen 1 hinterlegt), am rechten Blattrand 50 mm v. u. besteht. Nachdem van Mieris zu Beginn vor Tempel der Ceres« (Aeneis, 2. Buch, 713– kleiner Riss (hinterlegt), diverse Knicke und allem Porträts angefertigt hatte, verlegte 714) vor der Stadt, den van Mieris rechts im Druckstellen; auf dem Verso mittig am rechten er sich um die Mitte der 1680er Jahre insbe­ Vordergrund angedeutet hat. Hinter dem Blattrand Rest einer älteren Montierung, an 2 dieser Stelle Papieroberfläche teilweise abgeschält sondere auf Historiendarstellungen. Zu offenen Stadttor steht die Stadt Troja in Wasserzeichen nicht vorhanden einer Gruppe stilistisch und thematisch Flammen; auf einem der Festungstürme Signiert und datiert rechts neben der Säule verwandter, monochrom ausgeführter und auf dem hohen Turm in der Mitte sind mit dem Pinsel in Schwarz »W. Van / Mieris- / Ano 1687« Zeichnungen mit Themen aus der Mytho­ mit wenigen Strichen kämpfende Soldaten Auf dem Verso bezeichnet mittig am unteren logie gehört auch das Frankfurter Blatt. Es angedeutet. Von diesen abgesehen, konzen­ o Blattrand mit dem Bleistift »N 7«; unten links zeigt eine Szene aus Vergils Aeneis, ist aber triert sich die Zeichnung auf die einzelnen Stempel des Städelschen Kunstinstituts (L. 2356) nicht Bestandteil einer Illustrationsfolge zu Figuren des Vordergrunds. Inv. Nr. 3239 diesem Thema. Die anderen Zeichnungen In den dunklen, tiefschwarzen Berei­ stammen aus weiteren literarischen Quel­ chen vorn, etwa in der Baumgruppe links PROVENIENZ len, wie etwa den Metamorphosen des Ovid.3 und der angeschnittenen Tempelarchitektur ( Wahrscheinlich Beudeker Lebensdaten unbe- rechts, brachte van Mieris die Farbe mit kannt), Versteigerung Beudeker: Jan Cloppen- Zu sehen ist der Held Aeneas, der mit burg, Hendrik de Leth, Amsterdam, 27. Juli 1751 seiner Familie aus dem brennenden Troja dem Pinsel sehr dicht und konzentriert auf (Lugt 763), Nr. 91 (fl. 17.-, mit Nr. 92, Inv. flieht. Die über Jahre belagerte Stadt, einge­ das Papier, während er sie zum Hintergrund Nr. 3240); Dr. Johann Georg Grambs (1756 – nommen durch die List des Odysseus, das hin zunehmend verdünnte. Die Architektur 1817), Frankfurt am Main; 1817 erworben für das Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main Trojanische Pferd, wird von den Griechen im Hintergrund führte er mit schwarzem (Catalogue 1825) zerstört. Im Vordergrund entfernt sich Stift aus, den er lediglich mit Wasser über­ Aeneas, der seinen alten Vater Anchises auf ging, wodurch er ein zartes Hellgrau erzielte, LITERATUR den Schultern trägt, von der brennenden das die räumliche Wirkung der Komposi­ Stift und Feder 1927, Nr. 96 | Frankfurt 2000, Kat. Nr. 84 | vgl. auch Elen 1995 a, S. 8 Stadt; rechts neben ihm läuft sein Sohn tion verstärkt. Die starken Hell-Dunkel-Kon­ Julus. Etwas zurück folgt Aeneas’ Frau traste, mit denen die Zeich­nung auch an

24 Schabkunstblätter erinnert,4 sollen das – für den Verkauf an Sammler bestimmt.6 ist, vgl. Elen 1995 a, S. 6 f. | 6 | Willem van Mieris, Pyramus dramatische Licht der brennenden Stadt Neben diesen zwei Blättern besitzt das Städel und Thisbe, um 1679, Pinsel in Grau und Schwarz, auf geripp- tem Büttenpapier, 188 × 231 mm, Graphische Sammlung, bei Nacht veranschaulichen. Gleichwohl Museum zwei gezeichnete Landschaften mit Städel Museum, Frankfurt am Main, Inv. Nr. 3240. Die Kunst- scheint es eine zweite Lichtquelle zu geben, mythologischen Szenen sowie ein Gemälde, halle Karlsruhe ist im Besitz einer gleich großen, farbig die die Figuren von vorn beleuchtet. das eine Genreszene mit einer Quacksalbe­ ausgeführten Gemäldefassung dieser Komposition (Willem 7 van Mieris, Thisbe gibt sich an der Leiche des Pyramus den Die gezierten Haltungen der Flüch­ rin zeigt. Alle genannten Werke wurden mit Tod, 1679, Öl auf Eichenholz, 18,3 × 23 cm, Inv. Nr. 274). In tenden wirken wie ein Rückgriff auf den der Sammlung des Städel-­Administrators welchem Zusammenhang die Werke stehen und ob auch von Manierismus des späten 16. Jahrhunderts, Johann Georg Grambs 1817 für das Städel­ der hier besprochenen Zeichnung eine Gemäldefassung existierte, ist nicht bekannt. | 7 | Willem van Mieris, Merkur der hier den klassizistischen Geschmack sche Kunstinstitut erworben. und Argus, Inv. Nr. 845; Landschaft mit Apoll und Daphne, in den Niederlanden des späten 17. Jahrhun­ Inv. Nr. 13673 (Kat. Nr. 2); Eine alte Frau mit einem Uringlas, derts stilisierend übersteigert.5 Inv. Nr. 653. Van Mieris hat die Zeichnung am rech­ | 1 | Vgl. Elen-Clifford Kocq van Breugel 1985, S. 147. ten Blattrand signiert und datiert. Sie war | 2 | Vgl. Elen 1995 a, S. 8. | 3 | Vgl. ebd. | 4 | Vgl. Frankfurt – wie die in derselben Technik ausgeführte, 2000, Kat. Nr. 84. | 5 | Der Rückgriff auf den Manierismus des 16. Jahrhunderts kommt zum Beispiel in einer anderen aber etwas kleinere Zeichnung Pyramus und Kreidezeichnung van Mieris’ zum Ausdruck, für die als Vorbild Thisbe in der Sammlung des Städel Museums ein Kupferstich von Hendrick Goltzius nachgewiesen worden

25 WILLEM VAN MIERIS (Leiden 1662–1747 Leiden)

Kurzbiografie siehe Kat. Nr. 1

2 Landschaft mit Apoll und Daphne, um 1690 –1710

Schwarze und weiße Kreide, auf dunkelblauem, Ovid beschrieb in den Metamorphosen, wie Vorbild für sie nennen lässt. Willem van gerippten Büttenpapier; doppelte allseitige die Nymphe Daphne, die Tochter des Fluss­ Mieris ist selbst nie in Italien gewesen, Einfassungslinie (innen mit dem Bleigriffel, außen mit schwarzer Kreide); 227 × 276 mm; gottes Peneios, vor der glühenden Liebe zeichnete aber nach Werken des flämischen winzige Metalleinschlüsse mit oxidierten Apolls flieht. Beide hatte je ein Pfeil des Bildhauers Francis van Bossuit (1635–1692), Höfen, kleines Loch 41 mm v. u., 12 mm v. r.; zuvor von Apoll verspotteten Amor getrof­ der in Rom antike und zeitgenössische auf dem Verso mittig am oberen Blattrand Rest einer älteren Montierung fen. Der eine Pfeil – golden und glänzend Skulpturen studiert hatte und zwischen Wasserzeichen nicht vorhanden – entzündete die Liebe des Gottes, der etwa 1680 und 1692 in Amsterdam tätig war.2 Auf dem Verso unten links Stempel der Samm- andere – stumpf und mit Blei beschwert – Die Figur der nur mit einem Tuch lung Rudolf Philipp Goldschmidt (1839 –1914), Berlin (L. 2926) vertrieb die Liebe der Nymphe. Bedrängt bekleideten Nymphe hat der Künstler in von Apoll fleht Daphne in höchster Not ihren einem Studienblatt entwickelt, das sich Inv. Nr. 13673 Vater an, sie in einen Lorbeerbaum zu ver­ heute im Museum Boijmans Van Beuningen 3 PROVENIENZ wandeln, damit sie den Zudringlichkeiten in Rotterdam befindet. Van Mieris bereitete Vielleicht Frans van Mieris d. J. (1689 –1763), des Gottes entkommen könne (Ovid, Meta- alle seine Gemälde, aber auch die autono­ Leiden; Versteigerung Leiden, 10. Mai 1764;1 morphosen, 1. Buch, 452–552). men Zeichnungen auf Papier oder Perga­ Rudolf Philipp Goldschmidt (1839 –1914), Inmitten einer Waldlandschaft steigt ment, sorgsam mittels Figuren- und Kom­ Berlin; erworben 1917 für das Städelsche 4 Kunstinstitut, Frankfurt am Main anmutig eine junge, beinahe nackte Frau positionsstudien vor. Das Rotterdamer aus einem Fluss. Sie blickt über ihre linke Studienblatt führte er ebenfalls mit schwar­ LITERATUR Schulter, den Arm in abwehrender Haltung zer und weißer Kreide auf blauem Papier Elen-Clifford Kocq van Breugel 1985, S. 160 von sich gestreckt. Halb verdeckt von einer aus und übertrug die Frauenfigur mit nur großblättrigen Wasserpflanze rechts watet geringfügigen Änderungen in die Frankfur­ ein Jüngling mit flehender Geste durch das ter Komposition. Wasser auf sie zu. Sein Lorbeerkranz, der Willem van Mieris nutzte für Studien­ Bogen am nahe gelegenen Ufer sowie der blätter wie auch für autonome Zeichnungen am Baum hängende Köcher weisen ihn als häufig blaues Papier.5 Dieses bot ihm einen Apoll aus. Mittelton, auf welchem er mit schwarzer Die Nymphe entspricht mit ihrer makel­ Kreide die Komposition festhalten und mit losen, marmorglatten Haut, der grazilen weißer Kreide Lichthöhungen setzen konnte. Haltung und ihrem erhabenen Ausdruck Auf diese Weise erhält der weibliche Körper einem klassizistischen, an der Antike orien­ im Frankfurter Blatt Volumen und Fülle. tierten Schönheitsideal, das die niederlän­ Der Landschaft verlieh van Mieris durch dische Historienmalerei vom späteren stufenweise Aufhellung räumliche Tiefen­ 17. Jahrhundert bis weit in das 18. Jahrhun­ wirkung, bis hin zu einem hellen Licht­ dert hinein prägte. Die an der französischen punkt am Horizont. Akademie und ihren Regeln ausgerichtete Eine wohl spätere Variante der Frank­ klassizistische Ausbildung in der bildenden furter Zeichnung wird im British Museum Kunst um 1700 empfahl Künstlern das in London aufbewahrt (Abb.). Van Mieris Studium antiker Skulpturen, um ein Gefühl hat darin die Komposition leicht abgewan­ für Proportionen und Anmut zu entwickeln. delt und seitenverkehrt ausgeführt. Solchen Studien ist die Figur der Nymphe Die Nymphe ist nun in den Mittelgrund verpflichtet, auch wenn sich kein konkretes gerückt und die Komposition wirkt insge­

26 samt ausgereifter und stimmiger. Im Unter­ Kunst des 17. Jahr­hunderts anschließenden | 1 | Laut Passepartoutnotiz, vgl. Anm. 8. Der Versteigerungs- schied zum Frankfurter Blatt ist die Londo­ Genre­gemälde, etwa in der Nachfolge von katalog der Zeichnungen aus dem Besitz von Frans van Mieris d. J. ließ sich bisher nicht nachweisen. | 2 | Vgl. Elen-Clifford ner Zeichnung signiert und stellt damit mit Gerrit Dou (1613–1675) oder seinem Vater Kocq van Breugel 1992 und Aono 2007/08, S. 243 f. | 3 | Willem großer Wahrscheinlichkeit ein autonomes Frans van Mieris d. Ä. (1635–1681), bekannt. van Mieris, Fliehende Nymphe in einer Landschaft, um 1690– Kunstwerk dar.6 Es ist nicht auszuschließen, Über den motivischen Rück­griff auf die 1710, Schwarze Kreide, weiß gehöht, auf blauem Papier, 250 × 205 mm, Museum Boijmans Van Beuningen, Rotterdam, dass das nicht signierte Frankfurter Blatt Kunst des Goldenen Zeitalters hinaus Inv. Nr. WvM 8 (PK) | 4 | Zur Arbeitsweise des Künstlers vgl. als Vorlage für eine heute nicht mehr erhal­ wählte der Künstler für seine Genre­stücke Elen-Clifford Kocq van Breugel 1992 und Elen 1995 a, S. 4 ff. tene Gemäldefassung des Motivs diente.7 dieselben eleganten und klassi­zistischen­ | 5 | Im Lauf des 17. Jahrhunderts spezialisierte sich eine Reihe 9 niederländischer Papiermacher entlang des nordholländischen Die sorgfältige Ausführung unterstreicht Figuren­typen wie für die Historienbilder. Flusses Zaan auf die Herstellung von blauem Papier, das aus jedoch auch den autonomen Wert dieser Der Malstil van Mieris’ blieb über die blauen Lumpen oder auch mithilfe von beispielsweise mit Zeichnung. Jahrzehnte seiner künstlerischen Tätigkeit Indigo eingefärbtem Papierbrei hergestellt werden konnte, Einen möglichen Hinweis auf die Funk­ nahezu unverändert. Auch der Zeichenstil vgl. dazu Brückle 1993, S. 21 ff.; zu den Papiermühlen in der Provinz Nordholland vgl. Voorn 1960. | 6 | Von der Forschung 10 tion der Frankfurter Zeichnung könnte eine änderte sich nach 1710 kaum. Das Rotter­ wurde fälschlicherweise davon ausgegangen, dass das Londo- alte Passepartoutnotiz geben. Ihr zufolge damer Studienblatt der nackten Nymphe ner Blatt nicht signiert ist und deshalb in Betracht gezogen, wurde das Blatt am 10. Mai 1764 bei einer wird von der Forschung in die Jahre zwi­ dass sowohl die Frankfurter als auch die Londoner Zeichnung Kompositionsstudien für ein nicht mehr bekanntes Gemälde Versteigerung des Nachlasses des Sohnes schen 1690 und 1710 datiert, sodass das darstellen, vgl. Elen-Clifford Kocq van Breugel 1985, S. 160. von Willem van Mieris, des ebenfalls als Frankfurter Blatt ebenso in dieser Zeit­ | 7 | Zu den Zeichnungen des Künstlers und ihrem Verhältnis Maler und Zeichner tätigen Frans van Mieris spanne entstanden sein dürfte.11 zu den Gemälden vgl. Elen-Clifford Kocq van Breugel 1985. | 8 | Das Passepartout stammt wahrscheinlich aus dem 8 d. J. (1689 –1763), verkauft. Die Tat­sache, Die Zeichnung von Willem van Mieris 19. Jahrhundert. Die in unbekannter Handschrift ausgeführte dass das Frankfurter Blatt bis zu dessen ist ein seltenes Beispiel für eine niederlän­ Notiz darauf (»n 207 uit Franz van Mieris / Verkoping te Tod im Besitz des Sohnes war, legt nahe, dische Zeichnung des 18. Jahrhunderts, die Leyden d. 10 May 1764 / door Willem van Mieris«) scheint von einem älteren Passepartout übertragen worden zu sein. dass die Komposition, vielleicht als Motiv­ nicht aus der Gründungssammlung des | 9 | Zum Verhältnis von Genre- und Historienstücken des vorrat, beim Vater verblieben war und an den Städel Museums stammt. Sie wurde 1917 Künstlers vgl. Aono 2006 und Aono 2007/08. | 10 | Vgl. Sohn weitergegeben wurde. Neben mytho­ aus der Sammlung Rudolf Philipp Gold­ Broos 1992, S. 93. | 11 | Die Datierung wurde der Website des Museums Boijmans Van Beuningen entnommen, vgl. URL: logischen und religiösen Motiven war Willem schmidt (1839 –1914) für das Städelsche www.boijmans.nl/collectie/kunstwerken/114097/vluchtende- van Mieris insbesondere für seine an die Kunstinstitut erworben. nimf-in-een-landschap (letzter Zugriff am 18. 4. 2019).

Abb. Willem van Mieris, Eine badende Nymphe, von Apollo verfolgt in einer Waldland- schaft mit einem Fluss, Schwarze Kreide, weiß gehöht, auf blauem Papier, 245 × 319 mm, Department of prints and drawings, British Museum, London, Inv. Nr. 1895,0408.2

28 BERNARD PICART (Paris 1673–1733 Amsterdam)

Zeichner und Kupferstecher von Titelblättern, Buchillustrationen und Vignetten, auch als Verleger tätig; lernt zunächst bei seinem Vater, dem graveur du roi Étienne Picart (1632– 1721), mit 16 Jahren wird er Mitglied der Pariser Académie royale de peinture et de sculpture, erhält Unterricht von den berühmten Kupferstechern Benôit Audran d. Ä. (1661–1721) und Sébastien Le Clerc (1637–1714); nach einem ersten Aufenthalt 1697/98 emigriert er 1710 mit seinem Vater in die Niederlande, zunächst nach Den Haag, bald nach Amsterdam, wo er bis zu seinem Tod bleibt; Lehrer u. a. von Jacob Folkema (Kat. Nr. 19); 1734 veröffentlicht die Witwe des Künstlers ein Werkverzeichnis.1

LITERATUR Van Eijnden/Van der Willigen 1816–1840, I, S. 276–280 | Tatenhove 1985 | Bartelings 2002, S. 48–51 | Bartelings 2010 | Korthals Altes 2010, S. 187 | Sasse van Ysselt 2014 | Brüssel/Enschede/Paris 2019, Kat. Nr. 15 und 16

3 Akademiestudie: Sitzender Akt mit einem Schwert, 1722

Rötel mit zwei verschiedenen Färbungen, auf Bis heute wird der in Paris geborene Ber­ dem Pariser Akademiemodell beteiligt und geripptem Büttenpapier; allseitige Einfassungsli- nard Picart in den Graphischen Sammlun­ blieb bis zu seinem Tod 1733 der richtungs­ nie in Rötel; 366 × 516 mm; entlang des oberen Blattrands Quetschfalten im Papiervlies, zu den gen internationaler Museen einmal als weisende Künstler der 1718 gegründeten Blatträndern hin verschmutzt, in der oberen französischer, einmal als niederländischer Amsterdamer Zeichenakademie (Amster- linken Ecke Flecken, brauner Rostfleck im Künstler behandelt. Im Catalogue 1825 damse Tekenacademie).4 Bereich des rechten Oberschenkels; auf dem Verso Rötelspuren des Städelschen Kunstinstituts wurde der Schon im ausgehenden 17. Jahrhundert Wasserzeichen nicht vorhanden Künstler unter der École Flamande verzeich­ hatte sich, unter der Anleitung des Malers Signiert und datiert auf dem Block links in Rötel net. Obgleich Picart seine Ausbildung an und bedeutenden Kunsttheoretikers Gerard »B. Picart / f 1722« und entlang der unteren Blattkante in Rötel »Don–é a Monsr DeVinter./ der 1648 gegründeten Académie in Paris de Lairesse (1640 –1711), eine Gruppe von pour Le sovenir demoiy, parmoy B. P. ce 28 mars erhielt und erst im Alter von 37 Jahren in Künstlern zusammengefunden, um nach 1725 a Amst:«, bezeichnet in der unteren linken die Niederlande kam, entwickelte er sich dem nackten, männlichen Modell zu zeich­ Ecke mit dem Bleistift »4R« und entlang der unteren Blattkante rechts mit dem Bleistift »18 p erst in Amsterdam, einem Zentrum der nen. Da de Lairesse allerdings 1689 erblin­ 7 – 13 p 3« Buchproduktion und des Buchhandels, zu dete, ist nicht klar, inwieweit diese Übungs­ Auf dem Verso bezeichnet in der unteren linken einem der bedeutendsten entwerfenden praxis fortgesetzt wurde.5 Das Modellzeich­ Ecke in Grafit »B. 0006/ FAE.«, rechts daneben »N: 147« und leicht schräg rechts darüber »f«, Zeichner und Kupferstecher von Buchillus­ nen diente dem Erlernen des korrekten am unteren Blattrand mittig in Grafit »Lit. P.«; in trationen (Kat. Nr. 4–7). In dem von Johann Erfassens von Proportionen und Anatomie, der unteren linken Ecke Stempel des Städelschen Friedrich Städel erworbenen Frankfurter aber auch einer wirkungsvollen Verteilung Kunstinstituts (L. 2356) Studienblatt tritt Bernard Picart nicht als von Licht und Schatten. Als in der zweiten Inv. Nr. 2843 Druckgrafiker, sondern als Zeichner in Hälfte des 18. Jahrhunderts die Ausbildung Erscheinung.2 an der 1768 als Amsterdamse Stadstekenaca- PROVENIENZ In den Niederlanden war die künstleri­ demie neu organisierten Amsterdamer Zei­ Johann Friedrich Städel (1728 –1816), sche Ausbildung, anders als in Frankreich, chenakademie durch regelmäßige theoreti­ Frankfurt am Main; erworben 1816 als Stiftung für das Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am nicht zentral organisiert; die Gründung von sche Vorträge ergänzt wurde, würdigte man Main (Catalogue 1825) Zeichenschulen oblag privaten Initiativen.3 Picart rückblickend als den Künstler, der Bernard Picart war in seiner neuen Heimat nach 1720 das in Vergessenheit geratene LITERATUR Frankfurt 2020, S. 244 (Abb. 127) Amsterdam maßgeblich an der Etablierung Zeichnen nach dem nackten Modell wieder­ eines geregelten Zeichenunterrichts nach belebt habe.6

29 Obwohl berichtet wird, dass sich die Teil­ dem Geschmack von Johann Friedrich nehmer anfangs gegenseitig Modell saßen, Städel und Johann Georg Grambs entspro­ erweckt die Frankfurter Zeichnung den chen zu haben, denn in der Sammlung des Eindruck, dass Picart hier ein professionel­ Städel Museums gibt es – neben einem les, bezahltes Modell festgehalten hat. weiteren Beispiel von Picart – nur sehr Solche Zeichnungen, auch einfach »Akade­ wenige klassische »Akademien«. Eine mien« genannt, konnten nicht nur in Kom­ Besonderheit der Frankfurter Zeichnung positionen verwendet werden, sie wurden ist, dass Picart die Studie nicht nur mit ebenso als eigenständige Kunstwerke seiner Signatur und dem Jahr der Entste­ geschätzt. hung des Blattes versehen, sondern auch In Picarts großformatiger Rötelstudie ist eine persönliche Widmung hinzugefügt hat. ein sitzender Akt von der Seite wiederge­ Diese Widmung lässt darauf schließen, dass geben, der seinen Oberkörper nach vorn der Künstler sein 1722 datiertes Studien­ gewendet hat. Das Modell hat den Blick blatt zunächst in seinem Besitz behielt und dabei nach unten gerichtet und sitzt auf es drei Jahre später an einen Freund oder einer Art Sockel, über welchen ein Tuch Kunstliebhaber verschenkte und der Zeich­ drapiert ist. Der rechte Arm ist auf einem nung damit autonomen Wert beimaß. Um höher gelegenen Steinblock abgestützt. Der wen es sich bei dem beschenkten »Monsr linke Arm verläuft vor dem Körper, die DeVinter« handelt, konnte bisher nicht Hand greift die Klinge oder Scheide eines bestimmt werden. Schwertes. Postamente, wie Sockel oder Konsolen, aber auch Kissen, Stöcke und Hängevorrichtungen konnten dem Modell | 1 | Impostures Innocentes […] gravées […] par Bernard helfen, über einen langen Zeitraum in der­ Picart, dessinateur et graveur: avec son éloge historique, et le catalogue de des ouvrages, Amsterdam, Chez la veuve de selben Pose zu verharren. Häufig gab es Bernard Picart, Sur le Cingel, à l’ Étoile, 1734. | 2 | Für eine Requisiten, wie hier etwa das Schwert. Den Übersicht der Werke Picarts in der Sammlung des Städel Hintergrund des Frankfurter Blattes ließ Museums siehe Kat. Nr. 4–7, Anm. 10. | 3 | Zur Entstehung von Zeichenakademien in den Niederlanden im 18. Jahrhundert Picart unbearbeitet, das Hauptaugenmerk siehe oben, S. 17 ff. | 4 | Picart selbst schloss sich der Amster- des Zeichners lag ganz auf der kunstvoll damer Gruppe erst 1719 an, vgl. Brüssel/Enschede/Paris 2019, eingedrehten Körperhaltung. Kennzeich­ Kat. Nr. 15. Zur Geschichte der Amsterdamer Zeichenakade- mie vgl. Knolle 1979. | 5 | Vgl. Brüssel/Enschede/Paris 2019, nend für die Zeichentechnik Picarts sind Kat. Nr. 15 sowie Knolle 1979, S. 2. Bis in das frühe 19. Jahr- hierbei die sensibel ausgeführten, mehrfach hundert hinein zeichnete man an den europäischen Akade- nachgezeichneten Konturlinien der Aktfigur mien beinahe ausschließlich nach männlichen Modellen. Picart und andere Künstler hielten offenbar in privatem und die sorgfältig nach Helligkeitswerten Rahmen auch weibliche Akte fest, wie etwa eine Zeichnung in abgestuften Schattenpartien. Brüssel zeigt: Bernard Picart, Sitzender weiblicher Akt, Rote Studien nach dem nackten männlichen Kreide, auf Papier, 303/304 × 359/361 mm, Sammlung De Grez, Königliche Museen der Schönen Künste, Brüssel, Inv. Modell entstanden zu Beginn des Jahrhun­ Nr. 4060/1868, vgl. Brüssel/Enschede/Paris 2019, Kat. Nr. 15. derts in großer Zahl. Sie scheinen aber nicht | 6 | Vgl. Bartelings 2010, S. 35, vgl. ferner Knolle 1979, S. 3.

30

BERNARD PICART (Paris 1673–1733 Amsterdam)

Kurzbiografie siehe Kat. Nr. 3

Vier Fabelillustrationen

4 Die Katze und die Fledermaus, 1718

5 Die Götter Ägyptens, 1718

6 Amor und der Tod, 1718

7 Die Freunde, die zu sehr einer Meinung sind, 1718

Kat. Nr. 4 Schon bei seinem ersten Aufenthalt in den Der Entwurf, den Bernard Picart für Feder in Schwarz und Pinsel in Grau, über Spuren Niederlanden um 1697/98 hatte Bernard die Fabel Die Katze und die Fledermaus von Grafit, auf geripptem Büttenpapier, gegrif- felt, ganzflächig alt montiert; allseitige Einfas- Picart für Buchverleger gearbeitet. In (Kat. Nr. 4) ausführte, wurde offenbar sungslinie mit der Feder in Schwarz (obere und Frankreich war er bis dahin vorrangig als vom Auftraggeber abgelehnt und im Buch rechte Kante breiter, linke und untere Kante Reproduktionsstecher tätig gewesen.1 Als durch eine Illustration von Gillot ersetzt.5 schmaler, randbeschnitten); 77 × 97 mm; untere linke Ecke leicht berieben; auf dem Verso oben sich der Künstler 1710 endgültig in Amster­ Im Vordergrund der komplexen Kompo­ rechts Papieroberfläche teilweise abgeschält dam niederließ, wurde er in kurzer Zeit zu sition Picarts steht die Katze, die eine aufgrund einer älteren Montierung einem der bedeutendsten entwerfenden Fledermaus mit ihren Tatzen am Boden Wasserzeichen nicht vorhanden Signiert und datiert in der unteren rechten Ecke Zeichner von Buchillustrationen, die er zum festhält und zu überlegen scheint, ob sie mit der Feder in Grau »B. PICART . FECIT 1718.« Teil selbst in Druckgrafiken übertrug, die diese nun fressen oder von ihr ablassen soll. Auf dem Verso in der unteren linken Ecke Stem- aber auch von Werkstattmitarbeitern oder Im Mittel- und Hintergrund erscheint die pel des Städelschen Kunstinstituts (L. 2356) mit Kollegen gestochen wurden.2 1718, als Vorgeschichte, an die sie sich, aufblickend, der dazugehörigen Inventarnummer in Bleistift »3152« Picart die Frankfurter Blätter anfertigte, zu erinnern scheint. Sie hatte einen Vogel war er bereits ein gefragter und selbstbe­ aus einem Käfig gefressen, woraufhin der Inv. Nr. 3152 wusster Künstler, der auch in seiner Heimat­ Besitzer befahl, sie totzuschlagen. Auf der stadt Paris durch Agenten vertreten wurde, Flucht vor ihren Häschern schwört die die für ihn vor Ort mit Auftraggebern ver­ Katze aus Angst um ihr Leben den Göttern, Kat. Nr. 5 3 Feder in Schwarz und Pinsel in Grau, über Spuren handelten. sie werde niemals wieder einen Vogel fres­ von Grafit, auf geripptem Büttenpapier, gegrif- Die vier Kompositionen sind für die sen, wenn sie diesmal verschont bliebe. Sie felt, ganzflächig alt montiert; allseitige Einfas- 1719 in Paris erschienenen Fables Nouvelles entkommt, als sie aber zwei Tage später sungslinie mit der Feder in Schwarz (obere und rechte Kante breiter, linke und untere Kante des französischen Schriftstellers Antoine eine Fledermaus vor sich hat, ist ihr Appetit schmaler, randbeschnitten); 75 × 95 mm; im Houdar de La Motte (1672–1731) entstan­ mächtiger als ihr Schwur. Sie rechtfertigt Bereich der rechten und unteren Blattkante den.4 Bei den Fables Nouvelles handelt es sich ihre Entscheidung, die Fledermaus zu ver­ Farbschicht leicht berieben; auf dem Verso um einen Band mit 100 in Reimform ver­ speisen, damit, dass diese mehr Maus als Oberfläche teilweise abgeschält aufgrund einer älteren Montierung fassten Fabeln, die jeweils von einer Illus­ Vogel sei: »[…] als Vogel will ich nichts von Wasserzeichen nicht vorhanden tration begleitet werden. Picart steuerte dir: aber als Maus fress ich dich.« Wie in Signiert und datiert am unteren Bildrand mittig nur diese vier Illustrationen bei (von denen dem Entwurf von Bernard Picart steht auch mit der Feder in Grau »B. Picart . f. 1718« Auf dem Verso in der unteren linken Ecke Stem- drei verwendet wurden), andere wurden in der Druckgrafik Gillots die Katze mit pel des Städelschen Kunstinstituts (L. 2356) mit von bekannten französischen Meistern der Fledermaus im Zentrum der Darstel­ der dazugehörigen Inventarnummer in Bleistift geschaffen, vor allem von Claude Gillot lung. Der Hintergrund ist jedoch wesentlich »3153« (1673–1722) und Charles-Antoine Coypel einfacher gestaltet. Dort lehnt ein Mann Inv. Nr. 3153 (1694–1752). an einer Hauswand. Er deutet auf das

32 Kat. Nr. 4, Originalgröße

Kat. Nr. 5, Originalgröße Kat. Nr. 6 Geschehen im Vordergrund und spricht zu und damit räumliche Tiefe schaffen sowie Feder in Schwarz und Pinsel in Grau, über einer aus dem Fenster blickenden Frau. die Verteilung von Licht und Schatten fest­ Spuren von Grafit, auf geripptem Büttenpapier, gegriffelt, ganzflächig alt montiert; allseitige In der Fabel Die Götter Ägyptens (Kat. legen. Auf allen Zeichnungen sind deutliche Einfassungslinie mit der Feder in Schwarz Nr. 5) hält eine Katze den Menschen ihren Griffelspuren zu erkennen, die der Übertra­ (obere und rechte Kante breiter, linke und Wankelmut vor.6 Diese hatten an einem Tag gung dienten. Picart übertrug die Entwürfe untere Kante schmaler, randbeschnitten); 76 × 96 mm; am linken Rand mittig leicht die Katze zu ihrer Gottheit erhoben und ihr beinahe unverändert in seine Druckgrafi­ berieben; auf dem Verso oben rechts Papier­ zu Ehren eine Ratte geopfert. Am anderen ken. Lediglich in Die Götter Ägyptens nahm oberfläche teilweise abgeschält aufgrund einer Tag nun wird die Ratte verehrt, und es soll er einige kleine Änderungen vor. Die Hal­ älteren Montierung die Katze geopfert werden. In der Kompo­ tung des Mannes mit der Axt wurde modifi­ Wasserzeichen nicht vorhanden Signiert und datiert in der unteren linken Ecke sition Picarts bewegen sich Frauen und ziert und der Jüngling mit dem Blasinstru­ mit der Feder in Grau »B. PICART . FECIT . Männer in antikisch anmutenden Gewän­ ment am rechten Bildrand ist in der Druck­ 1718.« dern auf eine Opferstelle am rechten Bild­ grafik einem Kind gewichen, das leicht in Auf dem Verso in der unteren linken Ecke Stempel des Städelschen Kunstinstituts (L. rand zu. Angeführt werden sie von zwei den Mit­telgrund gerückt wurde. Im Vorder­ 2356) mit der dazugehörigen Inventarnummer Kindern, die eine mit Blumengirlanden grund ergänzte Picart außerdem zwei Vasen. in Bleistift »3155« geschmückte Katze zum Altar führen. Die Für seine kleinen, aber überaus wir­ Inv. Nr. 3155 Einwände der Katze bleiben ungehört, die kungs­vollen Illustrationen griff Picart, Axt ist schon erhoben, um sie der Ratte wenn es sich anbot, auf Kompositionen darzubringen. der klassischen Historienmalerei zurück. Kat. Nr. 7 Feder in Schwarz und Pinsel in Grau, über Im Vordergrund der Komposition Amor So ist etwa der Entwurf Die Götter Ägyptens Spuren von Grafit, auf geripptem Büttenpapier, und der Tod (Kat. Nr. 6) erscheint der Tod erkennbar an Raffaels berühmter, vielfach gegriffelt, ganzflächig alt montiert; allseitige als Skelett mit Fledermausflügeln und Amor kopierter Komposition Das Opfer zu Lystra Einfassungslinie mit der Feder in Schwarz 7 (obere und rechte Kante breiter, linke und als Jüngling mit Engelsflügeln. Nach einer für die Tapisserien der Sixtinischen Kapelle untere Kante schmaler, randbeschnitten); Pause auf der gemeinsamen Reise verstauen orientiert. 77 × 98 mm; einige blaue Pigmentpünktchen beide nicht nur die eigenen, sondern auch Bernard Picart führte französisch-­ mittig; auf dem Verso oben rechts Papierober- fläche teilweise abgeschält aufgrund einer Pfeile des anderen in ihren Köchern. Der klassizistische Eleganz und Verfeinerung älteren Montierung Himmelsvater Jupiter – in den Wolken in die niederländische Buchillustration Wasserzeichen nicht vorhanden thronend – lässt die Störung der Ordnung ein. Diese Stilmerkmale verbinden sich in Signiert und datiert in der unteren rechten Ecke mit der Feder in Grau »B. PICART F: geschehen. Im Mittel- und Hintergrund den Frank­furter Entwürfen mit einer für 1718« der Komposition werden die Folgen der die Niederlande typischen anschaulichen, Auf dem Verso in der unteren linken Ecke Verwechslung deutlich; aus der Luft schie­ direkten Erzählweise.9 ( Stempel des Städelschen Kunstinstituts L. ßen Amor und der Tod ihre Pfeile auf die Johann Friedrich Städel, auf dessen 2356) mit der dazugehörigen Inventarnummer in Bleistift »3154« Menschen, woraufhin sich etwa ein alter Sammlung die vier Illustrationen Picarts Mann in eine junge Frau verliebt oder junge zurückgehen, besaß von den danach aus­ Inv. Nr. 3154 Liebende aus dem Leben gerissen werden. geführten Druckgrafiken nur den Stich zu 10 PROVENIENZ Die Fabel Die Freunde, die zu sehr einer Amor und der Tod. Johann Friedrich Städel (1728 –1816), Meinung sind (Kat. Nr. 7) rühmt die Einzig­ Frankfurt am Main; erworben 1816 als Stiftung artigkeit der Menschen und ihrer unter­ an das Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am 8 Main (Catalogue 1825) schiedlichen Meinungen. Picart entwarf | 1 | Vgl. Bartelings 2002, S. 41. | 2 | Vgl. Bartelings 2010, zu dem Text eine Szene innerhalb eines S. 39. | 3 | Vgl. ebd., S. 49. | 4 | Der Auftrag findet sich im LITERATUR Catalogue des 1734 von der Witwe des Künstlers veröffent- Tempels; durch offene Rundbögen blickt . Frankfurt 2000, Kat. Nr. 85 a – d lichten Werkverzeichnisses Impostures innocentes Catalo- man auf eine klassizistische Parkanlage gue, S. 3: »4 Fables pour le Livre de La Mothe-Houdar 1718 à mit einem Schloss. Vier im Streit liegende 1719«, vgl. Frankfurt 2000, Kat. Nr. 85, Anm. 3. | 5 | Le Chat et la Chauve-Souris, Buch 1, Fabel VIII, S. 24–27. | 6 | Les Freunde sind gekommen, um den Gott Dieux d’Egipte, Buch 1, Fabel XVIII, S. 58 f. | 7 | L’Amour & la Apoll um gleichen Geschmack und gleichen Mort, Buch 3, Fabel XIX, S. 199–203. | 8 | Les Amis trop Geist zu bitten. Sie erhalten beides und d’accord, Buch 4, Fabel XV, S. 258–260. | 9 | Vgl. auch beginnen, sich so miteinander zu lang­ Frankfurt 2000, S. 197. | 10 | Bernard Picart, Amor und der Tod, 1719, Kupferstich, 105 × 127 mm (Blatt) / 84 × 104 mm weilen, dass sie die Freundschaft beenden (Platte), Graphische Sammlung, Städel Museum, Inv. und sich neue Bekanntschaften suchen. Nr. 8557. Insgesamt befanden sich elf Zeichnungen des Über einer Vorzeichnung in Grafit legte Künstlers in den Sammlungen von Johann Friedrich Städel (7) und Johann Georg Grambs (4). Nach Verkäufen in den Picart in den Frankfurter Entwürfen mit 1860er Jahren sind heute noch neun Blätter in der Sammlung der Feder die Komposition fest und verteilte des Städel Museums vorhanden (Kat. Nr. 3; Kniender männ­ mit dem Pinsel unterschiedliche Grauwerte, licher Akt, Inv. Nr. 2844; Amoretten halten ein Tuch, Inv. Nr. 3149; Abudantia hält das Medaillon eines mit Lorbeer die von tieferen Tönen im Vordergrund bekrönten Mannes, Inv. Nr. 3150; Ein Römer wirft Papier­ zu hellen Tönen im Hintergrund reichen rollen ins Feuer, Inv. Nr. 3151; Kat. Nr. 4–7).

34 Kat. Nr. 6, Originalgröße

Kat. Nr. 7, Originalgröße THEODOOR WILKENS (Amsterdam um 1690–1748 Amsterdam)

Zeichner von italienischen Veduten und italianisierenden Landschaften; lebt etwa zwischen 1710 und 1717 in Rom, in der dort ansässigen Gruppe niederländischer und flämischer Künstler erhält er den Namen »Goede Wil«; spätestens 1719 ist er zurück in Amsterdam, um 1724 hält er sich in London auf;1 seine Kunstsammlung wird am 17. Juni 1748 versteigert.

LITERATUR Houbraken 1718–1721, III, S. 48 ff. | Thieme-Becker, XXIV, S. 3 f. | Zwollo 1973, S. 77–89

8 Blick auf eine italienische Stadt, 1729

Feder und Pinsel in Sepiabraun, auf geripptem Über die Ausbildung und das Leben des Zeichnung stammt aus dem Jahr 1715, die Büttenpapier; allseitige Einfassungslinie mit Zeichners Theodoor Wilkens ist nur wenig späteste von 1744. Es mag sein, dass er, wie dem Pinsel in Dunkelbraun; 131 × 220 mm; obere linke Ecke wellig, oben links im Himmel bekannt. Wir wissen, dass der Künstler im manch andere künstlerisch tätige Zeitge­ ausgebrochener Metalleinschluss, Loch Alter von etwa 35 Jahren nach Rom ging nossen, ein Liebhaber-Künstler war, der von hinterlegt, ein weiterer oxidierter Metallein- und sich dort mehrere Jahre aufhielt. In der seinen Werken nicht leben musste. schluss mit braunem Hof 20 mm darunter, linke obere Ecke kleinere Stockflecken; auf dem Gruppe der niederländischen und flämi­ Das Frankfurter Blatt ist auf das Jahr Verso entlang der rechten Blattkante Kleb- schen Künstler in Rom, den sogenannten 1729 datiert. Zu diesem Zeitpunkt war Wil­ stoffreste und blaues Papier einer älteren »Bentvueghels«, erhielt er den Namen kens schon seit mehreren Jahren zurück in Montierung 4 Wasserzeichen: unten links Fragment »Goede Wil«, was man mit »Guter Wil« Amsterdam. Ob die Darstellung einen (Wappen, zweimal schräg geteilt?) als Anspielung auf seinen Nachnamen topografisch bestimmbaren Ort meint oder Signiert und datiert in der unteren rechten wohl ebenso übersetzen kann wie mit ob der Künstler Elemente seiner in Italien Ecke »T:W:1729« »Guter Wille«.2 Von der Forschung ist ver­ ausgeführten Skizzen zu einer Phanta­ Auf dem Verso in der unteren linken Ecke Stempel des Städelschen Kunstinstituts mutet worden, dass Wilkens von den sielandschaft komponierte, lässt sich bis­ (L. 2356) Druckgrafiken italianisierender Künstler lang nicht sagen. des späten 17. Jahrhunderts zu dieser Reise Von einem leicht erhöhten Blickpunkt Inv. Nr. 3893 angeregt worden war, zum Beispiel von aus sieht man auf ein Gelände vor einem PROVENIENZ denen Albert Meyeringhs (1645–1714) und Stadttor, links erblickt man die Rückseiten Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), Johannes Glaubers (1646–1726).3 von wohl auf der Stadtmauer errichteten Frankfurt am Main; 1817 erworben für das Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main Im 16. und 17. Jahrhundert war Italien Häusern, rechts drängt sich ein Ortsteil um (Catalogue 1825) zu einem Sehnsuchtsort für viele niederlän­ einen (Kirch-?) Turm auf einem Felsen. dische Künstler geworden. Sie nahmen die Im Vordergrund waschen Frauen an einem LITERATUR keine Veröffentlichung bekannt geworden beschwerliche Reise auf sich, um vor Ort Brunnen neben einer Baumgruppe Wäsche. die Kunst der Antike und der Renaissance, Ganz vorn rechts scheinen zwei Öffnungen vor allem aber die italienische Landschaft in unterirdische Räume zu führen. zu studieren. Ein Künstler wie zum Beispiel Eine Notiz zum dargestellten Ort, wie Isaac de Moucheron (Kat. Nr. 12) verarbei­ sie der Künstler auf anderen Zeichnungen tete diese Erfahrung später in Amsterdam hinzugefügt hat, fehlt auf dem Frankfurter zu dekorativen Landschaftsgemälden für Blatt. In Italien zeichnete Wilkens auch Häuser wohlhabender Bürger. außerhalb Roms, wie etwa die Ansicht von Im Gegensatz dazu haben sich Gemälde Ronciglione zeigt (Abb.). Diese Zeichnung – oder auch Druckgrafiken – von der Hand aus den Koninklijke Musea voor Schone Theodoor Wilkens’ nicht erhalten; er ist nur Kunsten van België in Brüssel führte Wil­ als Zeichner fassbar. Seine früheste datierte kens mit der Feder in einem hellen, warmen

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Braunton aus. Während der Künstler dort Das Städel Museum ist im Besitz von insge­ den Eindruck von Licht und Schatten durch samt vier Zeichnungen des Künstlers, von dichter oder lockerer gesetzte Federlinien denen jeweils zwei von Johann Friedrich entstehen ließ, ist es im Frankfurter Blatt Städel und Johann Georg Grambs erworben hingegen die Pinselzeichnung, die durch worden sind.5 Zwei weitere, 1742 datierte das atmosphärische Zusammenspiel von Zeichnungen aus der Sammlung des Stifters lavierten Flächen und freigelassenem wurden 1863 verkauft. Papier den Eindruck einer friedvollen, ruhigen Landschaft im warmen italieni­ schen Sonnenlicht entstehen lässt. Diese | 1 | Auf der Rückseite einer Federzeichnung im Städel Museum (Italienische Villa an einem See, Inv. Nr. 3892) findet Art des lichthaltigen Zeichnens geht auf sich die handschriftliche Notiz des Künstlers »T: Wilkens – die weit zurückliegende Tradition der getekend te Londen / Ao 1724«. | 2 | Zu der informellen italienischen Landschaftszeichnungen Gemeinschaft der »Bentvueghels« vgl. Brown 2002. | 3 | Vgl. ( ) Zwollo 1973, S. 77. | 4 | Laut einer mit einer Ortsangabe Bartholomeus Breenberghs 1598–1657 versehenen und datierten Zeichnung hielt sich Wilkens 1717 und Cornelis van Poelenburchs (1594– noch in Rom auf. An Zwollo hat vorgeschlagen, dass der 1667) zurück, die in den 1620er Jahren Künstler jedoch spätestens 1719, vor dem Tod des Künstler- biografen , zurück in Amsterdam gewesen in Rom tätig waren. ­Wilkens’ Blick auf ist und dieser die Information zur Lebensbeschreibung eine italienische Stadt ist eine Zeichnung, Wilkens’ aus erster Hand vom Künstler selbst erhalten hat, vgl. die das niederländische Faible für die ebd., S. 78. | 5 | Johann Friedrich Städel erwarb Italienische Sonne Italiens und die ins Goldene Zei­t­ Villa an einem See, Inv. Nr. 3892 und Italienische Landschaft, Inv. Nr. 2205; aus der Sammlung von Johann Georg Grambs alter zurückreichende glanzvolle hollän­ stammt neben der hier besprochenen Zeichnung auch das dische Zeichenkunst aufleben lässt. Blatt Italienische Stadt mit Festungsmauern, Inv. Nr. 3894.

Abb. Theodoor Wilkens, Ansicht von Ronciglione, Feder in Braun, auf Papier, 299 × 428 mm, Koninklijke Musea voor Schone Kunsten van België, Collectie De Grez, Brüssel, Inv. Nr. 4060 / 4067

38 JAN VAN HUYSUM (Amsterdam 1682–1749 Amsterdam)

Zeichner und Maler von Blumen- und Früchtestillleben sowie arkadischen Landschaften; lernt bei seinem Vater Justus van Huysum (1659–1716) und unterstützt ihn bei der Produk­ tion dekorativer Gemälde; 1701 lässt er sich als selbstständiger Meister nieder und wird in den 1710er und 1720er Jahren zu einem der bestbezahlten Künstler in Europa; zu seinen Auftraggebern zählen u. a. Prinz Friedrich von Mecklenburg-Schwerin, Landgraf Wilhelm VIII. von Hessen-Kassel, der Kurfürst von Sachsen und der englische Staatsmann Sir Robert Walpole; in den späten 1730er Jahren geht die Produktion und, wie es heißt, die Qualität seiner Gemälde zurück, das letzte datierte Werk stammt aus dem Jahr 1745; hatte nur eine Schülerin, Margaretha Haverman (1690/1700 –1723/1733).

LITERATUR Van Gool 1750/51, II, S. 13–33 | London 1964 | Minneapolis/Toledo/Philadelphia 1971/72, S. 52 f. | Laurentius/ Niemeijer/Ploos van Amstel 1980, S. 168 f. | Paris/Amsterdam 1990/91, S. 70 | Delft/Houston 2006/07

9 Landschaft mit antiker Tempelarchitektur im Sturm, um 1721 Verso: Studien von blühenden Zweigen

Pinsel in Schwarz und Grau, schwarzer Stift, Prachtvolle Blumen- und Früchtestillle­ Pinseltechnik ausgeführte Frankfurter über Grafit, auf geripptem Büttenpapier, ben machten Jan van Huysum im frühen Zeichnung hingegen ist geprägt von Gewalt quadriert in Grafit und Rötel; allseitige Ein­ fassungslinie mit der Feder in Braun; 209 × 248 mm; 18. Jahrhundert zu einem der gefragtesten und Sturm. Heftiger Wind peitscht durch untere linke Ecke bestoßen, Einfassungslinie oben Maler in Europa (vgl. Kat. Nr. 39). Aber die Bäume, rechts im Vordergrund ragen rechts punktuell gedoppelt auch van Huysums heute weniger bekannte geborstene Stämme ins Bild. Dahinter hat Wasserzeichen: »IAN VAN III« Signiert in der unteren linken Ecke mit der Feder und in geringerem Umfang erhaltene der Künstler eine antik anmutende Grab­ in Braun »Jan van Huÿsúm« Gemälde und Zeichnungen arkadischer stätte wiedergegeben, im Hintergrund links Landschaften waren bei zeitgenössischen eine Tempelanlage mit einem eher mittel­ VERSO Sammlern gefragt. alterlich wirkenden Turm. In der Ferne Grafit; Farbe teilweise braun nach Verso durch­ geschlagen, am rechten Blattrand Mitte und Landschaften zu zeichnen oder zu erstreckt sich eine bergige Landschaft. in der oberen und unteren rechten Ecke Reste malen scheint für Jan van Huysum vor Der dramatischen Wetterlage entsprechend, einer Montierung auf blau meliertem Papier, allem eine Beschäftigung in den Winter­ scheinen im Vordergrund zwei Personen entlang der rechten Blattkante Reste einer älteren Montierung auf hellem Papier monaten gewesen zu sein, in denen ihm für bei einer körperlichen Auseinandersetzung Bezeichnet am unteren Blattrand links mit der Feder Blumen und Früchte keine Vorbilder aus dargestellt zu sein. in Braun »2-10«; in der unteren linken Ecke Stempel der Natur zur Verfügung standen.1 Er orien­ Im Teylers Museum in Haarlem wird des Städelschen Kunstinstituts (L. 2356) tierte sich nicht an holländischen Vorbil­ eine weiter entwickelte Fassung desselben 2 Inv. Nr. 3498 dern, sondern folgte der französischen Motivs aufbewahrt (Abb.). Die Zeichnung Tradition klassisch-arkadischer Landschaf­ ist größer als das Frankfurter Blatt, die Figu­ PROVENIENZ ten des 17. Jahrhunderts, wie sie von Nico­ ren sind um ein auf dem Rücken liegendes ( ) Johann Friedrich Städel 1728 –1816 , las Poussin (1594–1665) und Gaspard Kind und eine Frau links ergänzt, das Drama Frankfurt am Main; erworben 1816 als Stiftung an das Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main Dughet (1615–1675) geprägt worden war. des Sturms durch etliche Blitze gesteigert. (sammlungsgeschichtlich erschlossen) Entsprechend geben die meisten Land­ Die Forschung hat die Ikonografie als schaften Jan van Huysums friedvolle den alttestamentlichen Kampf Jacobs mit LITERATUR 3 Stift und Feder 1926, 45 | Delft/Houston 2006/07, Szenen arkadischer Ruhe in hellem italieni­ dem Engel interpretiert (1. Mose 32, 25). S. 293 (Abb. L8.1) schem Sonnenlicht wieder. Die in zügiger Allerdings bleibt dabei offen, wen die Frau

39 und das Kind in der Haarlemer Zeichnung Die Beliebtheit der Landschaftskompo­ darstellen. Außerdem scheint das Paar im sitionen Jan van Huysums im 18. Jahrhun­ Vordergrund aus einem Mann und einer dert spricht auch aus der Tatsache, dass Frau zu bestehen. Daher sollte die Deutung das Städel Museum neben den Zeichnungen der Szene vorläufig noch als ungeklärt auch ein Landschaftsgemälde des Künstlers betrachtet werden. besitzt, das ebenfalls aus der Sammlung Die Frankfurter Zeichnung ist in roter des Stifters Johann Friedrich Städel (1728– Kreide und Grafit quadriert. Es ist anzuneh­ 1816) stammt.5 men, dass van Huysum das Motiv mithilfe dieses Rasters in ein Gemälde oder eine größere Zeichnung übertragen hat oder | 1 | Delft/Houston 2006/07, S. 101. | 2 | Vgl. ebd., Kat. Nr. L8. | 3 | Vgl. ebd. | 4 | Auf der Rückseite der Zeichnung notierte übertragen wollte. Eine Gemäldefassung des er »hoog 10 ½ d / br 13 d / J Van Huysum fecit 1721 / geb. Motivs ist bislang nicht bekannt, so mag das Amsterdam 1682 / gestorven Amsterdam 1749«, vgl. Delft/ Frankfurter Blatt als Vorzeichnung für die Houston 2006/07, Kat. Nr. L8. | 5 | Jan van Huysum, Italieni- sche Landschaft, um 1709, Öl auf Leinwand, 41,8 × 52,3 cm, Version in Haarlem gedient haben. Städel Museum, Frankfurt am Main, Inv. Nr. 307; neben dem Die Zeichnung in Haarlem trägt auf der Gemälde befinden sich sieben gezeichnete Landschaftsdar- Rückseite eine Notiz des Amsterdamer stellungen des Künstlers in der Sammlung des Städel Muse- ums: Kat. Nr. 9; Landschaft mit Ruinen, Inv. Nr. 3499; Land- Kunstsammlers Cornelis Ploos van Amstel schaft mit Ruinen, Inv. Nr. 3500; Landschaft mit einem (1726–1798), die das Werk in das Jahr Wasserfall, Inv. Nr. 3501; Landschaft mit einem Triumphbo- 1721 datiert.4 Es liegt daher nahe, dass gen, Inv. Nr. 5711; Landschaft mit einer Stadt am Wasser, das Frankfurter Blatt auch um diese Zeit Inv. Nr. 5712; Landschaft mit einer italienischen Stadt, Inv. Nr. 6743. Eine weitere, im Catalogue 1825 Jan van Huysum entstanden ist. Die Signatur auf der Frank­ zugeschriebene Zeichnung (Landschaft mit Schafhirten, furter Zeichnung, die offenbar als Entwurf Inv. Nr. 5710) trägt in der unteren linken Ecke die Signatur diente, könnte darauf hindeuten, dass »MVHúijsúm« und wird von der Forschung Michiel van Huysum (1703–1777) zugeschrieben, vgl. URL: https://rkd.nl/ diese offene, entwerfende Skizze noch vom explore/images/210399 (letzter Zugriff am 6. 4. 2020). Künstler selbst an einen interessierten Sammler verkauft oder verschenkt wurde.

Abb. Jan van Huysum, Der Sturm, 1721, Feder in Schwarz, Pinsel in Grau und Braun, schwarze Kreide, über Bleistift, weiß gehöht, auf Papier, 267 × 331 mm, Teylers Museum, Haarlem, Inv. Nr. T 007

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ABRAHAM RADEMAKER (Lisse 1677–1735 Haarlem)

Zeichner, Radierer und Grafikhändler, möglicherweise auch Maler; fertigt vor allem topo­ grafische Zeichnungen an, die er selbst in das Medium der Druckgrafik überträgt, sowie Ideallandschaften in Deckfarben; Autodidakt; die Familie verlegt ihren Wohnsitz früh nach Amsterdam, dort entsteht der Großteil der Werke des Künstlers;1 ab 1725 erscheinen meh­ rere historisch-topografische Sammelwerke mit seinen Ansichten, darunter das zweiteilige Kabinet van Nederlandsche outheden en gezichten;2 1730 zieht er nach Haarlem, dort wird er 1732 in die Lukasgilde aufgenommen; Lehrer u. a. von Abraham de Haen (Kat. Nr. 29).

LITERATUR Van Gool 1750/51, I, S. 402–408 | Minneapolis/Toledo/Philadelphia 1971/72, S. 85 | Kaldenbach 1985 | Beelaerts van Blokland/Dumas 2006 | Boogerd 2014 a | Boogerd 2014 b | Dumas 2017

10 Landschaft mit antikem Torbogen

11 Antike Grabruinen in einer Flusslandschaft

Kat. Nr. 10 Das umfangreiche zeichnerische Werk Die Frankfurter Zeichnungen zeigen arka­ Gouache, Grafitstift, teilweise mit roter, grüner Abraham Rademakers wird von der For­ dische Ideallandschaften mit Überresten und brauner Lasur übergangen, auf weiß grundiertem, gerippten Büttenpapier; zwei schung in vier Gruppen eingeteilt: farbig antiker Bauwerke. Ihr gleiches Format, die allseitige Einfassungslinien mit dem Pinsel in gefasste Gouachen, monochrom mit der technische Ausführung und die Motivik Schwarz und Gold; 133 × 210 mm; in der Feder und dem Pinsel in Grau und Braun sprechen dafür, dass Johann Georg Grambs oberen linken Ecke Verwerfungen, Beschädi- 7 gung am linken Bildrand, von Verso mit einem ausgeführte Blätter, deutlich freiere Zeich­ die Blätter als Pendants erworben hat. In Papier hinterklebt, Bestoßung an der oberen nungen mit grober Lavierung und eine Kat. Nr. 10 wählte Rademaker ein antik Blattkante 60–70 mm v. l., an dieser Stelle Anzahl verbleibender Blätter in unter­ anmutendes, verfallenes Bauwerk mit meh­ Farbschicht aufgebrochen, weitere Farbaus- brüche senkrecht zur oberen Blattkante, schiedlichen Techniken, darunter auch reren Rundbögen als Hauptmotiv. Im Vor­ 3 kleines Loch im Bereich des Sockels des Zeichnungen in roter Kreide. dergrund sitzen Figuren in antikischen mittleren Pfeilers; auf dem Verso am rechten Die zwei Frankfurter Blätter gehören zur Gewändern an einem Gewässer. In Kat. Blattrand und in den Ecken Reste älterer 4 Montierungen Gruppe der Gouachen. Die Technik der Nr. 11 öffnet sich der Blick entlang eines Wasserzeichen: unten links Lilie, angeschnitten Gouache nutzte Rademaker hauptsächlich Flusslaufes in die Ferne zu einem schemen­ Signiert unten rechts mit der Feder in Weiß für Phantasiekompositionen mit Berg- und haft erkennbaren Obelisken. Die Uferseiten »A. Rademaker« Flusslandschaften, aber auch für idealisierte sind dicht von Grabmonumenten gesäumt, Auf dem Verso in der unteren linken Ecke Stempel des Städelschen Kunstinstituts Stadtansichten. Im Unterschied zu den viel rechts im Hintergrund erhebt sich ein Berg (L. 2356) zahlreicheren topografischen Zeichnungen inmitten der Landschaft. Auch in dieser des Künstlers, die in erster Linie als Vorla­ Zeichnung sind Figuren in antik anmuten­ Inv. Nr. 3094 gen für Druckgrafiken entstanden, fertigte den Gewändern miteinander ins Gespräch Rademaker die Gouachen als autonome, vertieft. Beide Darstellungen eint der kleinen Gemälden gleichende Werke für dunkle, in kräftigen Deckfarben ausge­ Kunstliebhaber.5 Er steht mit ihnen in der führte Vordergrund, von dem sich Mittel- niederländischen Tradition der »Kabinett­ und Hintergrund, in warmem Sonnenlicht, miniaturen«, etwa von Hans Bol (1534– deutlich abheben. In diesem hellen Licht 1593), Gerrit Battem (ca. 1636–1684) oder entsteht der Eindruck von träumerischen Dirk Dalens II (1675–1687).6 Ansichten einer versunkenen Vergangenheit.

42 Kat. Nr. 11 Zeichentechnisch erreichte der Künstler gelungen, die Frankfurter Zeichnungen Gouache, Grafitstift, teilweise mit blauer Lasur den gewünschten Effekt, indem er die chronologisch einzuordnen. Es scheint, übergangen, auf weiß grundiertem, gerippten Büttenpapier; zwei allseitige Einfassungslinien Gouachefarben im Vordergrund konzen­ als ob der Künstler eine früh festgelegte mit dem Pinsel in Schwarz und Gold; triert und unverdünnt einsetzte und sie Arbeitsweise bis zu seinem Tod beibehielt. 136 × 212 mm; Farbausbrüche parallel zu den zum Hintergrund hin mit Weiß ausmischte oberen zwei Dritteln der linken Blattkante, und mit Wasser verdünnte. Gouachefarbe weitere senkrecht zur oberen Blattkante; auf | 1 | Vgl. Brüssel/Enschede/Paris 2019, Kat. Nr. 11/12, S. 50. dem Verso entlang der rechten Blattkante erzielt – im Unterschied zur Malerei mit | 2 | In der Graphischen Sammlung des Städel Museums wird Reste älterer Montierungen, an dieser Stelle Ölfarben – einen matten Oberflächeneffekt. ein Exemplar der topografischen Publikation mit 300 Kupfer- Papier­oberfläche teilweise abgeschält Rademaker überzog Teile der dunkelsten stichen Abraham Rademakers aus der Bibliothek des Stifters Wasserzeichen nicht vorhanden Johann Friedrich Städel aufbewahrt: Kabinet van Nederland- Signiert unten links mit dem Pinsel in Weiß Bereiche des Vordergrunds mit einer farbigen sche outheden en gezichten, 2 Bde., hrsg. v. Willem Barents, »A. RADEMAKER« Lasur, womit er der Zeichnung nicht nur Amsterdam 1725, Sign. 4/22. | 3 | Vgl. Beelaerts van Blok- Auf dem Verso in der unteren linken Ecke Glanz, sondern auch eine tiefere Farbwirkung land/Dumas 2006, S. 16; vgl. ferner Brüssel/Enschede/Paris Stempel des Städelschen Kunstinstituts 2019, S. 50. | 4 | Kaldenbach ging noch von einer kleinen (L. 2356) verlieh. Beide Zeichnungen sind mit einer Gruppe von etwa 20 Gouachen aus, während Beelaert van doppelten Einfassungslinie in Schwarz und Blokland und Dumas etwa 130 Blätter nennen, vgl. dazu Inv. Nr. 3095 Gold umfasst, eine Rahmung, die bei Rade­ Kaldenbach 1985, S. 175, sowie Beelaert van Blokland/Dumas 2006, S. 83, Anm. 60. | 5 | Johan van Gool hob 1750 im PROVENIENZ makers Gouachen häufig zu finden ist. ersten Band seiner Künstlerbiografien hervor, dass Radema- Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), Abraham Rademaker ist im Unterschied ker es verstand, Zeichnungen in Wasserfarben so natürlich Frankfurt am Main; 1817 erworben für das zu anderen niederländischen Künstlern, und kräftig anzufertigen, dass diese aussahen, als seien sie in Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main wie etwa Isaac de Moucheron (Kat. Nr. 12), Öl gemacht. Weiter führte er aus, dass Zeichnungsliebhaber (Catalogue 1825) auch nach dem Tod des Künstlers noch bereit waren, hohe nicht selbst in Italien gewesen. Er orien­ Summen für diese Art der Zeichnungen des Künstlers zu LITERATUR tierte sich an Werken von Italianisanten, zahlen, vgl. Van Gool 1750/51, I, S. 404. | 6 | Vgl. Beelaerts Frankfurt 2000, Kat. 90 (und Abb.) niederländischen Künstlern, die sich lange van Blokland/Dumas 2006, S. 17. | 7 | Zur Popularität von Pendants im 18. Jahrhundert siehe oben, S. 16 f. | 8 | Vgl. in Italien, besonders in Rom, aufgehalten dazu etwa Zwollo 1973, London 2002 sowie Wien 2007/08. hatten.8 Rademaker besaß eine umfangrei­ | 9 | Allein die Zeichnungssammlung des Künstlers umfasste che Sammlung von Gemälden, Zeichnun­ etwa 4 500 Blätter. Das einzige erhaltene Exemplar des Auktionskatalogs dieser Sammlung wird in der Herzog August gen, Druckgrafiken und Büchern – darunter Bibliothek in Wolfenbüttel aufbewahrt, vgl. Dumas 2017, waren auch Werke von Italianisanten wie S. 100 f. | 10 | Nach Verkäufen in den 1860er Jahren befinden Johannes Glauber (1646–1726).9 sich heute noch sieben Zeichnungen des Künstlers in der Sammlung des Städel Museums. Davon wurden vier Blätter Die beiden von Johann Georg Grambs von Johann Georg Grambs erworben (Kat. Nr. 10–11; erworbenen Zeichnungen sind signiert, Niwdrods an de Volgt, Inv. Nr. 3096; St. Marienkirche zu jedoch nicht datiert.10 Da sich bei Radema­ Utrecht von Innen, Inv. Nr. 3098), drei Zeichnungen stammen aus der Sammlung von Johann Friedrich Städel (Stadttor mit kers Gouachen kaum eine stilistische Ent­ Fallgatter, Inv. Nr. 3097; Zwei Stadttore, Inv. Nr. 3099; Stadt- wicklung feststellen lässt, ist es bisher nicht ansicht am Fluss, Inv. Nr. 3100).

43 Kat. Nr. 10 Kat. Nr. 11 ISAAC DE MOUCHERON (Amsterdam 1667–1744 Amsterdam)

Zeichner, Maler und Radierer von topografischen Ansichten sowie arkadischen und klassi­ zistischen Phantasie- und Parklandschaften, fertigt auch Entwürfe für Gärten und Häuser­ fassaden; reist 1694/95 über Bologna nach Rom und kehrt zwei Jahre später nach Amsterdam zurück; dort wird er neben Jacob de Wit (Kat. Nr. 13, 14, 15, 16–18) zu einem gefragten Maler großformatiger Wanddekorationen; pflegt Freundschaften mit bedeutenden Kunstsamm­ lern, wie Sybrand Feitama (1694–1758) und Cornelis Ploos van Amstel (Kat. Nr. 22); im Auftrag von Sammlern ergänzt und »vollendet« er Zeichnungen anderer Künstler.1

LITERATUR Van Gool 1750/51, I, S. 362–367 | Minneapolis/Toledo/Philadelphia 1971/72, S. 66 f. | Zwollo 1973, S. 39–56 | Broos 1989 | Paris/Amsterdam 1990/91, S. 102 | Loos/Jansen/Kloek 1995 | Wedde 1996 | Koolhaas-Grosfeld 1997 | Steland 2002

12 Arkadische Landschaft mit Palastarchitektur, um 1730 –1740

Wasserfarben und Feder in Grau und Braun, Isaac de Moucheron, Sohn des Malers Fre­ In den 1720er und 1730er Jahren wurde über schwarzem Stift, auf geripptem Büttenpa- derik de Moucheron (1633–1686), folgte de Moucheron neben Jacob de Wit zu pier; 292 × 212 mm; leichter Tintenfraß im Hellbraun, in den oberen beiden Ecken gelbe dem Vorbild des Vaters in stilistischer wie einem der gefragtesten Dekorationsmaler Flecken (Klebstoffreste von Verso durchgeschla- motivischer Hinsicht und gilt als einer der in Amsterdam und anderen Landesteilen. gen), parallel zum linken Blattrand Knick mit Hauptakteure einer klassizistisch orientier­ Die großformatigen Wanddekorationen des Farbverlust, obere rechte Ecke leicht bestoßen, linke Blattkante und untere linke Ecke berieben ten Kunst italienischer und französischer Künstlers sind bis auf wenige Ausnahmen mit Farbverlust, untere rechte Ecke Knick mit Prägung in den Niederlanden. Aufgewach­ verloren, sodass Isaac de Moucheron heute Farbverlust; auf dem Verso in der Mitte gelb- sen mit der Kunst seines Vaters und beein­ vor allem als Zeichner in Erscheinung tritt. brauner Klebstoffrest einer älteren Montierung, flusst durch die Werke italianisierender Nach der Natur entstandene, topografi­ an der linken Kante mit dünnem Seidenpapierfalz montiert auf historischer Montierung Landschaftskünstler des ausgehenden sche Studienblätter, wie er sie ausschließ­ Wasserzeichen: nicht feststellbar aufgrund eines 17. Jahrhunderts, wie Abraham Genoels lich in Italien angefertigt hatte, sind in der alten Klebstoffrests (1640 –1723), Johannes Glauber (1646– Sammlung des Städel Museums nicht ver­ In der unteren linken Ecke Stempel W. Mayor (L. 2799) 1726) oder Albert Meyeringh (1645–1714), treten. Sie dienten dem Künstler als Grund­ Auf dem Verso in der unteren linken Ecke Präge- reiste de Moucheron im Alter von etwa 27 lage für arkadische Phantasielandschaften stempel Cornelis Ploos van Amstel (L. 2034), Jahren über Bologna nach Rom. Er erhielt auf Papier, die er in seinem Atelier zu darunter in Bleistift »96760« (durchgestrichen), bezeichnet mit dem Bleistift »I. de Moucheron von der dortigen Gemeinschaft niederländi­ gesuchten Sammlerzeichnungen ausführte. f«, darunter Stempel des Städelschen Kunstinsti- scher und flämischer Künstler, den »Bent­ Die hier besprochene Zeichnung gehört tuts (L. 2356) vueghels«, den Beinamen »Ordonnantie« zu einer Gruppe von Kompositionen, die (lat. ordinare – ordnen), in Anspielung auf schon zeitgenössisch als »Parklandschaf­ Inv. Nr. 6899 sein kompositorisches Talent und seine ten« (hofgezichten) bezeichnet wurden, in PROVENIENZ große Sorgfalt bei der Ausführung seiner denen der Künstler Versatzstücke aus Antike Cornelis Ploos van Amstel (1726 –1798), Kunstwerke.2 Man weiß, dass Isaac de und Renaissance, manchmal auch reale ­Amsterdam; W. Mayor (gest. 1874), London; ­Moucheron in Rom die Gemälde Gaspard Ansichten, zu einer erdachten Landschaft für das Städelsche Kunstinstitut erworben am 3 6. Dezember 1888 auf einer Versteigerung bei Dughets (1615–1675) studiert hat, darüber zusammenfügte. F. A. C. Prestel, Frankfurt am Main hinaus ist der Einfluss der Landschafts­ Auf der linken Seite der Frankfurter kunst von Claude Lorrain (1604–1682) Komposition ist im Mittelgrund eine vom LITERATUR Wedde 1996, S. 375 f., W90 | Frankfurt 2000, und Nicolas Poussin (1594–1665) unver­ Blattrand angeschnittene monumentale Kat. Nr. 89 kennbar. Palastarchitektur wiedergegeben. Rechts

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öffnet sich der Blick auf eine weite Land­ zuschließen ist, dass das Frankfurter Blatt, schaft mit ländlicher italienischer Architek­ das aufgrund der sorgfältigen Ausführung tur und reicher Vegetation am Fuß eines gewiss für den Verkauf an einen Sammler Berges. Im Schatten des monumentalen bestimmt war, auf die Zeichnung in Osna­ Baumes links im Vordergrund hat de Mou­ brück zurückgehen könnte, die dann als cheron antik anmutende Architekturfrag­ Prototyp zu verstehen wäre. mente, darunter einen vom Blattrand ange­ Ein späterer Besitzer des Frankfurter schnittenen kurzen Obelisken und eine Blattes hat es auf einen festen Karton mon­ möglicherweise von diesem herabgestürzte tiert und mit rahmenden Einfassungslinien Vase wiedergegeben. Ein antikisch geklei­ versehen, die das Blatt gemäldeartig wirken deter Mann sitzt mit dem Rücken zum lassen. Der Farbverlauf der Rahmung von Betrachter auf einem Steinblock und scheint Blau zu Grau ist subtil auf die Farbwirkung mit weisender Geste zu einer Frau zu spre­ der Zeichnung abgestimmt. chen, die ein Kind bei sich hat. Weitere Die Zeichnung Arkadische Landschaft mit Staffagefiguren sind im Gespräch darge­ Palastarchitektur wurde im späten 19. Jahr­ stellt oder wandeln in anmutiger Haltung hundert auf einer Versteigerung angekauft durch die Parkanlage, die ein Fluss durch­ und ist damit die einzige der 14 Zeichnun­ zieht. gen des Künstlers im Bestand des Städel De Moucheron folgte seiner in schwar­ Museums, die nicht mit den Sammlungen zem Stift ausgeführten Vorzeichnung prä­ von Johann Friedrich Städel oder Johann zise mit der Feder und legte in grauer und Georg Grambs erworben wurde.7 brauner Tinte die Komposition der Zeich­ nung fest. Mit Wasserfarben verlieh er der Zeichnung das für seine Arbeiten typische | 1 | Das »Fertigstellen« (kolorieren, korrigieren oder mit Staffage versehen) von Zeichnungen des 17. Jahrhunderts, blaugrüne Kolorit. Nur punktuell setzte er aber auch von Zeitgenossen, war im 18. Jahrhundert nicht kräftigere Lokalfarben ein, wie bei den ungewöhnlich, vgl. Broos 1989 und Dumas 2011, S. 455 und roten Tuniken der Figuren im Vordergrund. Anm. 17. | 2 | Zu der informellen Gemeinschaft der »Bent­ vueghels« vgl. Brown 2002. | 3 | Vgl. Wedde 1996, S. 53 ff. Die Forschung datiert die Zeichnung aus | 4 | Vgl. Wedde 1996, S. 375 f., W90. | 5 | Isaac de Mouche- 4 stilistischen Gründen in die 1730er Jahre. ron, Italienische Landschaft mit einem Palast, Feder und Isaac de Moucheron wiederholte die Kom­ Pinsel in Grau und Braun, 305 × 225 mm, Osnabrück, Städti- position in einer Zeichnung aus derselben sches Museum, vgl. Wedde 1996, S. 282, D131, ohne Abb. | 6 | Zur Funktion der Zeichnung bei Isaac de Moucheron vgl. 5 Zeit. Diese zweite Fassung, heute im Städti­ Wedde 1996, S. 68 ff. | 7 | Sieben Blätter stammen aus dem schen Museum von Osnabrück, ist etwas Besitz von Johann Georg Grambs (Parkansicht, Inv. Nr. 3205; größer als das Frankfurter Blatt und nicht Antiker Seehafen, Inv. Nr. 3206; Antikes Portal, Inv. Nr. 3207; Panneau, Inv. Nr. 3208; Panneau, Inv. Nr. 3209; Antike Trüm- farbig gefasst. Solche Wiederholungen mer an einem Fluss, Inv. Nr. 3215; Terrasse am Meer, Inv. scheint der Künstler, dessen Nachlass fast Nr. 3216), sechs aus der Sammlung von Johann Friedrich 500 eigene Zeichnungen umfasste, als Städel (Wasserfall, Inv. Nr. 3204; Panneau, Inv. Nr. 3210; Panneau, Inv. Nr. 3211; Wasserkunst in einem Park, Inv. Nr. 3212; ­Vorlagen- und Präsentationsmaterial für Aussicht auf einen Fluss, Inv. Nr. 3213; Gartenanlage mit Kunden verwendet zu haben.6 Nicht aus­ Taxushecke und einem Haus, Inv. Nr. 3214).

48 JACOB DE WIT (Amsterdam 1695–1754 Amsterdam)

Maler und Zeichner von religiösen, mythologischen und allegorischen Motiven, oft als groß­ formatige Wand- und Deckengemälde; lernt in jungen Jahren bei dem Historienmaler Albert van Spiers (1666–1718) in Amsterdam, anschließend wird er nach Antwerpen geschickt, dort studiert er an der Akademie und wird zwei Jahre bei dem Historienmaler Jacob van Hal (1672–1750) ausgebildet, zeichnet nach Gemälden von Rubens und van Dyck; um 1715/16 Rückkehr nach Amsterdam, dort große Nachfrage nach seinen Decken- und Wanddekorati­ onen, für die er manchmal mit Isaac de Moucheron (Kat. Nr. 12) zusammenarbeitet; 1747 veröffentlicht er ein theoretisches Handbuch über das Zeichnen des menschlichen Körpers; am Ende seines Lebens besitzt er eine sehr große Kunstsammlung von Gemälden, Zeich­ nungen und Abgüssen, die nach seinem Tod 1755 in einer Auktion versteigert wird.

LITERATUR Van Gool 1750/51, II, S. 218–238 | Van Eijnden/Van der Willigen 1816–1840, II, S. 43–50; Anhang, S.162–164 | Staring 1958 | Minneapolis/Toledo/Philadelphia 1971/72, S. 113 ff. | Mandle 1975 | Amsterdam 1986 | Paris/Amsterdam 1990/91, S. 154–159 | Te Rijdt 1995 | Amsterdam/Weert 1995/96 | Amsterdam 2000 | Te Rijdt 2001 a | Shoaf Turner 2014 | Folmer-von Oven 2017

13 Jupiter und Mnemosyne, um 1720

Feder in Dunkelbraun und Pinsel in Braun, Grau In Antwerpen hatte Jacob de Wit die Kunst 1719 erhielt Jacob de Wit seinen ersten Auf­ und Blau über Rötel, auf geripptem Büttenpa- von Peter Paul Rubens (1577–1640) und trag aus Den Haag, der damaligen Haupt- pier; um das Bildfeld herum allseitige Einfas- sungslinien mit der Feder in Schwarz (oben Anthonis van Dyck (1599 –1641) studiert und Regierungsstadt der Niederlande. Der und unten vier, links und rechts drei Linien) und die Historienmalerei erlernt. Ein in der wohlhabende Patrizier Cornelis van Schuy­ und dem Pinsel in Schwarz über einer Rötellinie Stadt ansässiger Onkel ermöglichte ihm lenburch (1683–1763) bestellte bei dem (um das Bildfeld und erweitert um das Text- feld, am unteren Rand möglicherweise Kontakte zu wohlhabenden religiösen und Künstler für seinen Stadtpalast ein Decken­ beschnitten), unterhalb des Textfeldes weitere weltlichen Auftraggebern sowie Zutritt zu gemälde, eine Kamindekoration und drei Federlinie in Schwarz;1 190 × 142 mm; Ropeline bedeutenden Kunstsammlungen. Als de Wit Supraporten mit Liebesabenteuern des parallel zur oberen Blattkante, kleines Loch / 60 mm v. o., 15 mm v. r. (alt hinterlegt), Ver- um 1715 16 in seine Geburtsstadt Amster­ griechischen Göttervaters Jupiter; Jupiter werfung mittig am rechten Blattrand, Oberflä- dam zurückkehrte, wurde er mit seinem am und Callisto, Jupiter und Antiope sowie Jupi- che an dieser Stelle leicht berieben; auf dem internationalen Barock orientierten Stil ter und Mnemosyne.3 Verso am rechten Blattrand Papieroberfläche innerhalb weniger Jahre zum gefragtesten Das Frankfurter Blatt zeigt einen Hirten teilweise abgeschält und Reste alter Montie- rungsfälzchen Dekorationsmaler der vermögenden mit Hirtenstab und zwei Schafen, der sich Wasserzeichen: am linken Blattrand mittig Amsterdamer Gesellschaft.2 Schnell spezia­ zu einer halb entblößten Frauenfigur hinun­ Fragment, nicht identifizierbar lisierte er sich insbesondere auf Deckenge­ terbeugt, welche am Fuß eines Baumes Signiert unterhalb des Bildfeldes mit der Feder in Schwarz »JdWit invt & F.«, darunter mälde (Kat. Nr. 17, 18), schuf aber auch sitzt. Sie wendet sich dem Hirten zu und bezeichnet in Rötel »Jupiter bij Mnosinem in großformatige Wandgemälde (Kat. Nr. 15), scheint – eher wenig nachdrücklich – ihre een / […]« (beschnitten) Supraporten (Kat. Nr. 16) und Kaminstücke rechte Brust verdecken zu wollen. Über Auf dem Verso bezeichnet mit der Feder in Schwarz »voor t […] d Heer Cornelis van mit religiösen, mythologischen und allego­ ihnen schwebt ein Adler, der die darge­ Schuylenburgch in de ha […]« (»ha« in einer rischen Motiven. Seine in Grisailletechnik stellte Szene als mythologische Darstellung anderen Tinte); in der unteren linken Ecke ausgeführten Gruppen nackter Putten, in und den Hirten als den antiken Gott Jupiter Stempel des Städelschen Kunstinstituts (L. 2356) mit »6« oder »9« überstempelt, Anspielung auf seinem Nachnamen auch ausweist. Er nähert sich in dieser Verklei­ darunter Stempel des Städelschen Kunstinsti- »witjes« genannt, machten den Künstler vor dung Mnemosyne, der Göttin der Erinne­ tuts (L. 2356) allem wegen ihrer dreidimensionalen, Relief rung, wie Jacob de Wit es auch unterhalb

Inv. Nr. 2022 vortäuschenden Wirkung über die Grenzen der Darstellung in roter Kreide notiert hat der Niederlande hinaus bekannt. (Ovid, Metamorphosen, 6. Buch, 114).4

49 PROVENIENZ Als Resultat der neun Tage andauernden Im ausgeführten Gemälde erscheinen die Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), Frankfurt am Main; 1817 erworben für das Vereinigung wird Mnemosyne die neun Figuren und der über ihnen dargestellte Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main Musen gebären. Adler wegen des geschwungenen Rahmen­ (Catalogue 1825) Es handelt sich bei der Frankfurter abschlusses wieder näher beieinander. De

LITERATUR Zeichnung mit großer Wahrscheinlichkeit Wit hat zudem verschiedene Änderungen Staring 1958, S. 81 | Frankfurt 2000, Kat. Nr. 87 um jenen überarbeiteten Entwurf für das an den Figuren vorgenommen, wodurch der Gemälde Jupiter und Mnemosyne (Abb. 1), weibliche Akt die Komposition noch stärker den der Künstler seinem Auftraggeber van dominiert als in der Zeichnung.7 Schuylenburch in einem erhaltenen Brief Heute befinden sich 54 Zeichnungen vom 25. Juni 1720 zusandte. Darin verweist Jacob de Wits im Bestand der Graphischen er auf frühere Entwürfe, Gegendrucke von Sammlung, die zum Teil auch rückseitig Zeichnungen in roter Kreide, in deren Besitz bezeichnet sind. Sie stammen überwiegend van Schuylenburch noch sei.5 Ein originaler, aus der Sammlung von Johann Friedrich früherer Entwurf befindet sich ebenfalls im Städel und Johann Georg Grambs. Besitz des Städel Museums (Abb. 2). Dort versuchte sich de Wit noch an einer ovalen | 1 | Zu dem System verschiedener Einfassungslinien bei Bildform. In der späteren Entwurfszeich­ Jacob de Wit vgl. Te Rijdt 2001 a. | 2 | Zur Mode gemalter nung arbeitete der Künstler die Charakteri­ Wanddekorationen im 18. Jahrhundert siehe oben, S. 15 f. sierung Jupiters als Hirten und den Moment | 3 | Vgl. Van Egteren 2017 a. Zur Geschichte des Gebäudes am Lange Vijverberg 8, in dem sich heute die Deutsche der Annäherung überzeugender heraus. Botschaft befindet, vgl. Walter 2017. | 4 | Die falsche Schreib- De Wit begann die Zeichnung Jupiter weise der Göttin sowie andere Passagen des Briefes deuten und Mnemosyne mit einer zügig zu Papier darauf hin, dass der noch junge Künstler zum Entstehungs- zeitpunkt der Zeichnung noch keine tieferen Kenntnisse gebrachten Rötelskizze. Anschließend arbei­ antiker Mythologie besaß, vgl. Staring 1958, S. 81. | 5 | So tete er mit dem Pinsel und verschieden konnte der Künstler selbst die Originale behalten. Durch die abgetönter Lavierung Licht und Schatten Gegendrucke, die sich von Rötelzeichnungen leicht nehmen heraus und fügte zum Abschluss mit der ließen, erhielt der Besteller ein spiegelbildliches Duplikat. In einem weiteren erhaltenen Brief aus dem Vorjahr hatte de Feder einige locker gesetzte Umrisslinien Wit seinen Auftraggeber gebeten, die von ihm besonders hinzu. Durch das lebendige Wechselspiel niedrig angesetzte Summe niemandem zu verraten, um die übereinander liegender Zeichenmittel erhält Preise für kommende Aufträge nicht zu senken. Zu den beiden erhaltenen Briefen de Wits an seinen Auftraggeber das Blatt einen effektvoll malerischen Ein­ Abb. 1 Jacob de Wit, Jupiter und Mnemosyne, van Schuylenburch vgl. Staring 1958, S. 80 f. | 6 | In diesem 1720, Huis Schuylenburch, Den Haag druck, der eine solche Zeichnung über ihre Kontext erwähnenswert ist außerdem das komplexe System eigentliche Funktion hinaus zu einem reiz­ der Einfassungslinien, das für Zeichnungen des Künstlers zu einem besonderen Kennzeichen geworden ist, siehe dazu vollen Sammelobjekt für zeitgenössische Anm. 1. | 7 | De Wit griff das Bildmotiv einige Jahre später oder spätere Kunstliebhaber machen erneut auf. Das für das Landhaus der Familie Suermond konnte. Dem trägt auch die Signatur des entstandene Gemälde wird heute mit seinem Gegenstück Jupiter als Diana bei Callisto im Rijksmuseum in Amsterdam Künstlers links unterhalb der Darstellung aufbewahrt. Zu den Gemälden vgl. Te Rijdt 1997 und Amster- Rechnung.6 dam 2006, Kat. Nr. 38A und 38B.

Abb. 2 Jacob de Wit, Jupiter und Mnemosyne, um 1719/20, Rötel über Feder und Pinsel in Braun und Grau, auf geripptem Büttenpapier, 175 × 123 mm, Graphische Sammlung, Städel Museum, Frankfurt am Main, Inv. Nr. 2023

50 Originalgröße JACOB DE WIT (Amsterdam 1695–1754 Amsterdam)

Kurzbiografie siehe Kat. Nr. 13

14 Engelsturz (?), um 1732 (?) Verso: Kopf- und Figurenstudien für eine Verkündigung

Feder in Dunkelbraun, Pinsel in Grau, Braun Das Blatt aus der Sammlung von Johann Papiers erzeugte de Wit ein dynamisches und Ocker, Korrekturen in Bleiweiß, auf Georg Grambs lässt den Dekorationsmaler Wechselspiel von Licht und Schatten, das in geripptem Büttenpapier; drei allseitige Ein­ fassungslinien mit der Feder in Schwarz; Jacob de Wit als erfindenden Zeichner sicht­ einer diagonal von links oben nach rechts 157 × 199 mm; Bleiweißoxidation, in der oberen bar werden. Mit kraftvollen und zügig unten führenden Achse von Hell nach linken Ecke zwei diagonale, parallel verlaufende gesetzten Federstrichen brachte er die Kom­ Dunkel verläuft. Knickfalten, in der linken oberen und unteren Ecke Einstichlöcher, leichte, unregelmäßige position zu Papier. Körper in unterschied­ Nur zwei Figuren hat der Künstler in Verwerfungen entlang der oberen Blattkante, lichen Haltungen wirbeln ineinander ver­ ihrer ganzen Körperlichkeit erfasst. Die oben links alter brauner Fleck (verwischt), knäult wild durcheinander. Die meisten der linke der beiden stürzt mit einem spektaku­ untere rechte Ecke berieben dargestellten Gestalten hat der Künstler lären Rückwärtssalto nach unten, die rechte Wasserzeichen nicht vorhanden Signiert in der unteren linken Ecke mit der in abgekürzter Form wiedergegeben; durch scheint nach oben zu streben. Beide werden Feder in Schwarz »JdWit« angedeutete Köpfe, Flügel und einzelne von einer Gestalt am oberen Blattrand mit Gliedmaßen sind sie lediglich zu erahnen. einer Lanze in einer Abwärtsbewegung VERSO (Darstellung gegenüber dem Recto um 90° gedreht) Mittels flächiger Pinsellavierungen in Grau-, abgewehrt. Am unteren Bildrand drängen Feder in Dunkelbraun; teilweise Tinte von Braun- und Ockertönen und dem bewuss­ weitere Figuren nach oben. Recto durchgeschlagen, Werkstattspuren ten Einsatz des unbearbeitet gelassenen Was genau de Wit in der Frankfurter (braune Tintenklekse), entlang der unteren und rechten Blattkante Reste älterer Montie- Zeichnung dargestellt hat, lässt sich nicht rungen; in der oberen linken Ecke Stempel des mit Gewissheit festlegen; eine ausgeführte Städelschen Kunstinstituts (L. 2356) mit »6« Gemäldefassung des Bildmotivs ist nicht oder »9« überstempelt, darunter Stempel des Städelschen Kunstinstituts (L. 2356) bekannt. Es könnte sich bei der Komposi­ tion um einen Engelsturz handeln, das Inv. Nr. 2005 heißt, entweder um die Vertreibung Luzifers

PROVENIENZ aus dem Himmel oder um den in der Apoka­ Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), lypse beschriebenen Kampf des Erzengels Frankfurt am Main; 1817 erworben für das Michael gegen den Drachen und dessen Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main (Catalogue 1825) Helfer (Off 12, )7 . Ein Drache ist im Frank­ furter Blatt aber nicht zu erkennen. Eine LITERATUR weitere mögliche Lesart der Szene wäre der keine Veröffentlichung bekannt geworden Höllensturz der Verdammten im Zusam­ menhang mit dem Jüngsten Gericht. In diesem Fall würde es sich um einen Aus­ schnitt aus einer größeren Komposition handeln, in der dann auch Christus als Weltenrichter dargestellt wäre. Die Fülle an Figuren und die komplizier­ ten Körperhaltungen rücken das Blatt in die Nachfolge von Michelangelos Jüngstem Kat. Nr. 14, verso

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Gericht in der Sixtinischen Kapelle und von chen Zeit entstanden wie die Amsterdamer mehreren Kompositionen Rubens’, wie etwa Zeichnung. Auch die Komposition zum dem Höllensturz der Verdammten oder dem Engelsturz mag, wie die Studie auf der Kleinen Jüngsten Gericht, die sich heute in Rückseite, um 1732 angefertigt worden sein, der Alten Pinakothek in München befinden.1 dies lässt sich jedoch nicht mit Sicherheit Das Frankfurter Blatt ist nicht datiert, feststellen. jedoch kann die Zeichnung auf der Rück­ Ob ein nach dieser Komposition ent­ seite des Blattes möglicherweise einen standenes Gemälde ausgeführt wurde und ­Hinweis auf den Entstehungszeitpunkt der verloren ist oder ob der Entwurf nie umge­ Vorderseite geben (Abb.). Das Verso zeigt setzt wurde, wissen wir nicht. De Wit machte eine frühe Studie für die Figur des Erzengels mit seiner Signatur jedoch deutlich, dass Gabriel in einer Verkündigungsdarstellung, er die Zeichnung auch als autonomes Kunst­ die de Wit 1732 als Altargemälde für die werk verstand. Mozes en Aäronkerk in Amsterdam ausge­ führt hat.2 In dieser Studie suchte de Wit | 1 | Peter Paul Rubens, Der Höllensturz der Verdammten, um nach einer passenden Körperhaltung für 1621, Öl auf Eichenholz, 286 × 224 cm, Alte Pinakothek, den Erzengel und brachte weitere Motive, München, Inv. Nr. 320 und Peter Paul Rubens, Das kleine wie einen Entwurf für die sitzende Maria, Jüngste Gericht, um 1621/22, Öl auf Eichenholz, lose zu Papier. Im Museum Ons’ Lieve Heer 184,4 × 120,4 cm, Alte Pinakothek, München, Inv. Nr. 611. | 2 | Jacob de Wit, Verkündigung, 1732, 368,5 × 201 cm, op Solder in Amsterdam befindet sich eine Mozes en Aäronkerk, Amsterdam, vgl. Amsterdam/Weert etwas weiter entwickelte, 1732 datierte 1995/96, Kat. Nr. 25 (Abb. XVI). Zu diesem Auftrag vgl. Vorstudie für dieses Gemälde. Sie zeigt Amsterdam/Weert 1995/96, S. 134 f. | 3 | Jacob de Wit, Entwurf für eine Verkündigung, 1732, Feder über Bleistift, auf den Erzengel bereits bekleidet, mit Flügeln Papier, 265 × 180 mm, Museum Ons’ Lieve Heer op Solder, ausgestattet und eingebunden in eine lose Amsterdam, Inv. Nr. AK 0-5, vgl. Amsterdam/Weert 1995/96, Kompositionsstudie.3 Mit hoher Wahr­ Kat. Nr. 26 (Abb. 96). Die Zeichnung befindet sich seit 1976 als Dauerleihgabe im Rijksprentenkabinet, Rijksmuseum, scheinlichkeit ist die Studie auf der Rück­ Amsterdam, Inv. Nr. RP-T-BR-111, vgl. Schillemans 2019, seite des Frankfurter Blattes etwa zur glei­ S. 38–41 (Abb. 26).

54 JACOB DE WIT (Amsterdam 1695–1754 Amsterdam)

Kurzbiografie siehe Kat. Nr. 13

15 Figurenstudie: Moses, um 1736/37

Schwarze und weiße Kreide, Pinsel in Braun, Viele der gemalten Dekorationen Jacob de erhaltenen Kompositionsstudien ermögli­ auf blau meliertem, geripptem Büttenpapier; Wits fielen schon im späten 18. Jahrhundert chen es, seine Suche nach der angemesse­ allseitige Einfassungslinie mit der Feder in Braun; 436 × 285 mm; Papier fleckig vergilbt; dem Wandel des Geschmacks zum Opfer; nen Umsetzung des seltenen Bildthemas auf dem Verso Reste verschiedener älterer sie sind im Rahmen von Renovierungen nachzuvollziehen.3 Es folgte ein aufwendi­ Montierungen entlang der rechten Blattkante, zerstört worden oder wurden – sofern sie ger Vorbereitungsprozess, in dem de Wit mittig am linken und rechten Blattrand sowie in den Ecken, Papieroberfläche teilweise als eigenständige Gemälde transportabel auch zahlreiche Detailstudien für einzelne abgespalten waren – im Kunsthandel verkauft.1 Eines Köpfe, Hände und Figuren anfertigte.4 Die Wasserzeichen nicht vorhanden der wenigen Wandgemälde des Künstlers, Frankfurter Zeichnung stellt ein solches Signiert in der unteren linken Ecke mit der Feder in Braun »JdWit« die sich bis heute an ihrem originalen Studienblatt für die Hauptfigur des Gemäl­ Auf dem Verso bezeichnet mit der Feder in Standort erhalten haben, ist die fünf mal des dar, den Propheten Moses. Dies notierte Braun »J.b de Wit f / ‘t Beeld van Moses zijnde zwölf Meter messende Komposition Moses der Künstler selbst mit der Feder auf der / het Model tot […] geen in t fray schildery op wählt die siebzig Ältesten de Raadkamer opt Stadhuis te Amsterdam . De Wit führte sie Rückseite des Blattes. geschilderd is / h 17 d / b 11 d«; in der unteren zwischen Januar 1736 und Juli 1737 im Mit konzentriertem Ausdruck und weit linken Ecke Stempel des Städelschen Kunstins- Auftrag der Amsterdamer Bürgermeister für geöffneten Armen wendet Moses seinen tituts (L. 2356) den Raadzaal des Rathauses, dem heutigen Blick nach links; das linke Bein steht fest 2 Inv. Nr. 2011 Paleis op de Dam, aus. vor dem rechten auf der Erde. Er trägt ein Die Themenwahl entsprach der Funk­ langes Gewand mit einem Umhang, der PROVENIENZ tion des Raumes: Moses wurden von Gott locker über seinem rechten Arm liegt. Letz­ Johann Friedrich Städel (1728 –1816), ­Frankfurt am Main; erworben 1816 als Stiftung die 70 Ältesten als Berater zur Seite gestellt terer scheint nach hinten, der linke eher an das Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am (4. Mose, 11), so wie die vier Bürgermeister nach vorn zu weisen. De Wit zeichnete auf Main (sammlungsgeschichtlich erschlossen) der Stadt Amsterdam Unterstützung durch ein blau meliertes Papier aus wohl nieder­ LITERATUR 36 Stadträte erhielten, die sie bei wichtigen ländischer Fertigung, das er häufig für Figu­ Staring 1958, S. 126 | Frankfurt 2000, Regierungsbeschlüssen berieten. renstudien und Porträts in Kreide nutzte.5 Kat. Nr. 88 Noch bevor de Wit der offizielle Auftrag Mit der schwarzen Kreide erarbeitete er die am 24. Januar 1736 erteilt worden war, Figur und das Gewand und setzte dann mit begann er, Studien anzufertigen. Die acht der weißen Kreide Lichthöhungen.

Abb. 1 Jacob de Wit, Moses wählt die siebzig Ältesten, 1736/37, Öl auf Holz, 32 × 73 cm, Rijksmuseum, Amsterdam, Inv. Nr. SK-A-1783

55 Anschließend überging er die Zeichnung renstudien unverändert in die Gemäldefas­ mit dem Pinsel in Braun, um zusätzliche sung übernahm, unterscheidet sich der Schatten festzulegen und zum Teil auch, Prophet in der Frankfurter Zeichnung von um Einzelformen zu korrigieren. Dies den anderen erhaltenen Studien und auch wird besonders deutlich an der Form des vom endgültigen Wandgemälde. Die nach Umhangs rechts neben der Figur. heutigem Kenntnisstand letzte Komposi­ Die Frankfurter Studie scheint nicht tions­studie in Öl, die im Amsterdamer Rijks­ nach dem lebenden Modell entstanden zu museum aufbewahrt wird, kommt der Frank­ sein; darauf weisen gewisse anatomische furter Zeichnung in Bezug auf die Körper­ Unstimmigkeiten hin, wie die in die Länge haltung Mose am nächsten; darin wendet gezogenen Oberschenkel. Dennoch über­ der Prophet seinen Kopf jedoch zum Betrach­ zeugt die Figur des Moses durch ihre raum­ ter (Abb. 1). In der Gemäldefassung verän­ greifende und dominante Haltung. In der derte de Wit die Pose und das Gewand, ins­ Literatur wurde die Zeichnung auch als die besondere den Umhang, des Propheten im Vergleich zum ausgeführten Gemälde (Abb. 2). gelungenere Lösung für die Figur des Pro­ pheten bezeichnet.6 | 1 | Vgl. Folmer-von Oven 2017, S. 84. | 2 | Zur Entstehungs- Die Figur des Moses scheint de Wit vor geschichte des Gemäldes vgl. Staring 1958, S. 115–132, und Amsterdam 1986, S. 35–49. | 3 | Vgl. Amsterdam 1986, eine besondere Herausforderung gestellt zu S. 38–43. | 4 | Vgl. ebd., S. 44–46. | 5 | Vgl. Bleyerfeld/ haben. Während er die meisten seiner Figu­ Veldmann 2018, S.19. | 6 | Vgl. Staring 1958, S. 126.

Abb. 2 Jacob de Wit, Moses wählt die siebzig Ältesten, 1737, Öl auf Leinwand, 594 × 1371 cm, Paleis op de Dam, Amsterdam, Detail

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JACOB DE WIT (Amsterdam 1695–1754 Amsterdam)

Kurzbiografie siehe Kat. Nr. 13

16 Entwurf für ein Doppeltürstück: Fünf Putten bei einer Opferstelle, 1723 Verso: Studie einer männlichen Figur mit Stock und einem schwebenden­ Putto

17 Deckenentwurf: Flora und Zephyr, um 1725

18 Deckenentwurf: Flora und Putten, 1726 Verso: Studie mit Putten

Kat. Nr. 16 Jacob de Wit war ein sehr produktiver zem Stift aufgeführte Vorzeichnung mit Feder in Braun, Pinsel in Wasserfarben, über Zeichner, wovon seine in vielen Sammlun­ dem Pinsel in teils kräftigen Wasserfarben, schwarzem Stift, auf geripptem Büttenpapier; drei allseitige Einfassungslinien mit der Feder gen und in großem Umfang erhaltenen legte mit der Feder in Grau oder Braun in Schwarz über einer allseitigen Einfassungs­ Entwürfe Zeugnis ablegen. Nymphen, Konturen fest und setzte mit ihr Akzente. linie mit der Feder in Braun; 126 × 259 mm antike Gottheiten und Putten inmitten Die schnelle, lockere Zeichenweise des (rechts unten in Höhe des Beschriftungsfeldes beschnitten); rechts leichte braune Flecken bewegter Wolkengebilde gehörten zu den Künstlers lässt Korrekturen der Vorzeich­ von verso nach vorn durchgeschlagen, Partikel beliebtesten Motiven, die wohlhabende nung erkennen, das Über- und Nebenein­ nicht aufgelösten Bindemittels im Bereich des Auftraggeber bei dem Künstler bestellten. ander der verschiedenen Zeichenmittel Schildes De Wit arbeitete in einem internatio­ verleiht den Entwürfen einen malerisch-­ Wasserzeichen: an der unteren Blattkante Wap­pen von Amsterdam, von Löwen flan­ nalen, dekorativen Stil, der sich einerseits virtuosen Charakter und konnte sie über kiert, auf einem Plateau, darüber Krone, aus seinen Kenntnissen des Antwerpener ihre eigentliche Funktion hinaus zu belieb­ angeschnitten Barock, andererseits auch aus italienischen ten Sammelobjekten machen. Die so dezent Signiert unten links mit der Feder in Graubraun »JdWit invt & f.«, unterhalb des Bildfeldes Einflüssen speiste. De Wit selbst ist nicht wie meisterhaft ausgeführten Wolkenge­ bezeichnet mit der Feder in Braun »voor d in Italien oder Frankreich gewesen, erhielt bilde verleihen den Kompositionen des Heer pietter pels in sijne Edl sij kaemer 1723« seine erste Ausbildung jedoch von dem Künstlers zusätzlich Bewegung und Atmo­ VERSO (Darstellung gegenüber dem Recto heute in Vergessenheit geratenen Historien­ sphäre. um 90° gedreht) maler Albert van Spiers (1666–1718), der In der Zeichnung Kat. Nr. 16 sind fünf Schwarzer Stift (Bleigriffel?); kleinere Farb- bei dem einflussreichen Künstler und Kunst­ Putten – umgeben von Wolken – um eine spritzer (Werkstattspuren), entlang der oberen Blattkante, mittig am linken Blattrand theoretiker Gerard de Lairesse (1641–1711) mit Blumen verzierte, steinerne Feuerstätte sowie in den Ecken Reste älterer Montierungen in der Lehre gewesen war und Italien bereist gruppiert. Ein Putto links wendet sich mit Bezeichnet mit schwarzem Stift (Bleigriffel?) hatte. Wir wissen außerdem, dass de Wit einem Schild in seinen Händen der Feuer­ entlang der rechten Blattkante unten »hL […] EE n° 8. 150-150-«; unten rechts Stempel des nach dem Venezianer Giovanni Antonio stelle zu; er trägt als einziger Schmetter­ Städelschen Kunstinstituts (L. 2356) Pellegrini (1675–1741) kopiert hat, der um lings- statt klassischer Federflügel. Die 1717/18 in Amsterdam tätig war.1 Engelsfigur ganz links scheint einen Lor­ Inv. Nr. 2025 Die drei ausgewählten Blätter zeigen beerkranz aus dem Bild herauszureichen. exemplarisch die gängige Zeichenpraxis des Das Blatt entstand 1723 als Entwurf für Künstlers. De Wit überging seine in schwar­ ein »Doppeltürstück« im Stadtpalais von

58 Kat. Nr. 16

PROVENIENZ Pieter Pels (gest. 1739) in Amsterdam; Aus einem anderen Zusammenhang stammt Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), so hat es der Künstler unterhalb der Dar­ der hochformatige Deckenentwurf (Kat. Frankfurt am Main; 1817 erworben für das Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main stellung mit der Feder notiert. Pieter Pels Nr. 17), in dessen Vordergrund zwei schwe­ (Catalogue 1825) gehörte zu einer wohlhabenden Amsterda­ bende Nymphen einen mit Blumen gefüll­ mer Familie und hatte 1721 ein stattliches ten Korb tragen. Von links nähern sich drei LITERATUR Staring 1958, S. 145 | Folmer-von Oven 2017, Anwesen von seinem Bruder Adriaen geerbt. Putten mit Blumengirlanden. Flora, die S. 88, Abb. 4 Im Zuge der Renovierung des Gebäudes Göttin der Blumen und des Frühlings, sitzt beauftragte er Jacob de Wit, verschiedene auf einer höher gelegenen Wolke; noch über Räume des Erdgeschosses auszumalen, vor ihr schweben Nymphen, die eine Blumen­ allem einen repräsentativen Salon, den der krone über Flora halten. Die Göttin hat Künstler mit Szenen aus dem Leben des ihren Kopf nach links gewandt und blickt zu Aeneas ausstattete.2 Der eigenhändigen ihrem Gatten Zephyr, der sich von rechts Notiz des Künstlers zufolge entstand die oben nähert. Zephyr, die Verkörperung des Frankfurter Zeichnung jedoch für ein Kabi­ Südwinds, soll Flora bei der Hochzeit ewige nett (»sij kaemer«), dessen Bildprogramm Jugend geschenkt haben. In den 1720er heute nicht mehr bekannt ist.3 Motivisch Jahren hat Jacob de Wit das Motiv des mag die Darstellung zunächst an eine Alle­ mythologischen Paares Flora und Zephyr gorie des Winters erinnern, wie de Wit sie mehrfach in gemalten Deckendekorationen häufig für Supraporten oder Kaminstücke ausgeführt und griff es auch in den 1740er ausführte. Verschiedene Elemente, wie der und 1750er Jahren in abgewandelter Form Lorbeerkranz und das Schild sowie das wieder auf.4 Feuer, das an eine Opferstelle erinnert, Der Künstler hat die Zeichnung signiert, deuten auf eine erweiterte Sinnebene der hinterließ jedoch keine Notiz zu Auftrag­ Darstellung, die möglicherweise mit einer geber oder Entstehungszeitpunkt. Roger anderen Heldenerzählung in Verbindung Mandle hat für die Komposition aus stilisti­ stand. schen Gründen eine Datierung um 1725

59 Kat. Nr. 17 vorgeschlagen.5 Dabei nannte er eine Reihe Feder in Grau und Pinsel in Wasserfarben, über schwarzem Stift, auf geripptem Büttenpapier; von Entwürfen, darunter auch eine Zeich­ doppelte Einfassungslinie mit der Feder in nung im Berliner Kupferstichkabinett, die Grau (randbeschnitten); 230 × 350 mm; am de Wit 1723 als Deckengemälde für das oberen Rand mittig zwei Knicke (berieben), unregelmäßiger Knick entlang der linken Wohnhaus des Jan de Surmont van Vloos­ 6 Blattkante, wenige Stockflecken und Metallein- wijk in Amsterdam umgesetzt hat (Abb. 1). schlüsse, in der unteren linken Ecke zwei Anders als in dem Berliner Entwurf rückte geschwungene Federlinien (beschnitten); auf de Wit die Hauptfiguren in der Frankfurter dem Verso in den Ecken Reste älterer Montie- rungen Zeichnung in einer raffinierten Umkehrung Wasserzeichen: Lilie in die Ferne beziehungsweise in die Höhe Signiert unten links mit der Feder in Grau und nahm mit ihrer Körperlichkeit auch »JdWit invt &« Auf dem Verso in der unteren linken Ecke ihre Gestik zurück. Die raumgreifende Arm­ Stempel des Städelschen Kunstinstituts haltung der Flora in der Berliner Zeichnung (L. 2356) scheint der Künstler im Frankfurter Blatt Inv. Nr. 2048 auf die schwebende Nymphe rechts des Blumenkorbs im Vordergrund übertragen PROVENIENZ zu haben. Im Vergleich mit weiteren 1725 Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), Frankfurt am Main; 1817 erworben für das datierten Varianten des Motivs konnte Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main Roger Mandle zeigen, dass der Künstler (Catalogue 1825) generell das Hauptmotiv von diesem Zeit­ punkt an stärker in den Hintergrund rückte LITERATUR Abb. 2 Isaac de Moucheron, Entwurf für einen keine Veröffentlichung bekannt geworden und den Vordergrund mit Nymphen und architektonischen Rahmen um ein Deckengemälde Putten belebte.7 von Jacob de Wit, 1726, Feder in Braun, Pinsel in Auch ein Deckenentwurf aus der Samm­ Braun und Grau, auf Papier, 324 × 236 mm, Rijksprentenkabinet, Rijksmuseum, Amsterdam, lung Johann Friedrich Städels zeigt, in redu­ Inv. Nr. RP-T-00-1301 zierterer Form, Flora in Wolken am Himmel schwebend (Kat. Nr. 18). Im Vordergrund unterhalb der Göttin tragen drei Putten einen Blumenkorb, während links ein weite­ gen Blumengebinde in kräftigen Wasserfar­ rer Putto mit einer Blumengirlande schwebt. ben ausführte, die bis heute scheinbar In dieser etwa zeitgleich zu Kat. Nr. 17 ent­ nichts von ihrer ursprünglichen Farbwir­ standenen Zeichnung rückte de Wit die kung verloren haben. Göttin ebenfalls in den Hintergrund, wäh­ Aufgrund der rückseitigen Aufschrift rend er insbesondere die Gewänder der des Künstlers hat J. W. Niemeijer vermutet, Putten im Vordergrund und die reichhalti­ dass es sich bei Kat. Nr. 18 um einen Ent­

Abb. 1 Jacob de Wit, Deckenentwurf: Zephyr und Flora, 1723, Feder in Braun, Wasserfar- ben, auf Papier, 273 × 245 mm, Kupferstichkabi- nett, Staatliche Museen zu Berlin, Berlin, Inv. Nr. KdZ 14577

60 Kat. Nr. 17 Kat. Nr. 18 wurf für ein Deckengemälde im Haus des | 1 | Zum Einfluss Pellegrinis auf Jacob de Wit vgl. Aikema/ Feder in Grau, Pinsel in Wasserfarben, über Mijnlieff 1993 und Amsterdam/Weert 1995/96, S. 105 f. schwarzem Stift, auf geripptem Büttenpapier; eine Generation älteren und mit de Wit | 2 | Zum Bildprogramm des Aeneas-Saals vgl. Folmer-von zwei doppelte Einfassungslinien mit der Feder befreundeten Künstlers Isaac de Mouche­ Oven 2017. | 3 | Vgl. ebd., S. 88. | 4 | Roger Mandle hat die in Schwarz über einer Linie in Grafit, in den ron (Kat. Nr. 12) handelt, der 1726 ein unterschiedlichen Entwürfe zusammengetragen und ver- Bögen koloriert mit dem Pinsel in Ocker sucht, eine chronologische Reihenfolge zu rekonstruieren, (randbeschnitten), parallel zur linken und Gebäude in der Prinsengracht in Amster­ vgl. Mandle 1975. Im Städel Museum befinden sich noch zwei 8 ( ) rechten Blattkante zwei Linien in Grafit; dam bezog. weitere Varianten des Motivs Inv. Nr. 2053; Kat. Nr. 18 . | | Die Frankfurter Zeichnung selbst kannte Mandle nicht, 193 × 184 mm (maximale Abmessungen, die 5 Im Rijksmuseum in Amsterdam wird jedoch eine 1923 bei einer Auktion in Brüssel verkaufte Ölstu- Ecken gleichmäßig abgerundet); kleinere eine Entwurfszeichnung de Moucherons für die der Frankfurter Komposition (Auktion, Brüssel, Galerie Metalleinschlüsse im Papier Fievez, 17./18. Mai 1923, Lot 107), vgl. Mandle 1975, S. 12. Wasserzeichen: Gegenmarke (?) »I M« eine ornamentale, Stuck imitierende Decken­ | 6 | Die zugehörige Ölstudie wird im Toledo Museum of Art oder »M I« dekoration aufbewahrt (Abb. 2). In der aufbewahrt: Jacob de Wit, Studie für Zephyr und Flora, 1723, Mitte dieser Zeichnung ist ein Bildfeld aus­ Öl auf Leinwand, 50,8 × 61,8 cm, Inv. Nr. 1974.43. | 7 | Vgl. VERSO geschnitten; J. W. Niemeijer hat vorgeschla­ Mandle 1975, S. 10–12. | 8 | Vgl. Paris/Amsterdam 1990/91, Schwarzer Stift (Bleigriffel?); am rechten Kat. Nr. 71. | 9 | Bislang wurde die Zeichnung de Moucherons Blattrand Rest einer älteren Montierung gen, dass das Frankfurter Blatt aufgrund mit einem anderen Deckenentwurf de Wits in Zusammen- Am unteren Rand bezeichnet mit der Feder in seiner Abmessungen und der rückseitigen hang gebracht, der innerhalb der Rahmung montiert ist (vgl. Braun »blaffon/ […] mouscheron 1726 geschil- Abb. 2). Niemeijer hat diesen jedoch aufgrund der nicht dert« (beschnitten) und leicht oberhalb links Beschriftung für dieses Bildfeld gedacht passenden Abmessungen als Entwurf für das Stadthaus de mit der Feder in Braun »door d H.r Isac de« (in war.9 Moucherons in Zweifel gezogen, vgl. ebd. fremder Handschrift und mit abweichender Tinte); bezeichnet mittig am oberen Blattrand in Grafit »P«, darunter in Bleistift »H 7500.-« (beschnitten); unten links Stempel des Städel- schen Kunstinstituts (L. 2356)

Inv. Nr. 2046

PROVENIENZ Johann Friedrich Städel (1728 –1816), ­Frankfurt am Main; erworben 1816 als Stiftung an das Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main (sammlungsgeschichtlich erschlossen)

LITERATUR Paris/Amsterdam 1990/91, Kat. Nr. 71

Kat. Nr. 18, verso

62 Kat. Nr. 18, Originalgröße JACOB FOLKEMA (Dokkum 1692–1767 Amsterdam)

Zeichner und Kupferstecher von Bildnissen und Buchillustrationen mit religiösen und historischen sowie topografischen Motiven; lernt zunächst bei seinem Vater Johannes Jacobsz. Folkema (gest. 1708), danach bei Bernard Picart (Kat. Nr. 3, 4–7) in Amsterdam, fertigt Buchillustrationen nach eigenen Erfindungen, etwa für eine Ausgabe von Miguel de Cervan­tes’ (1547–1616) Novelas ejemplares (1739), und nach Erfindungen anderer Künstler, etwa von Charles-Antoine Coypel (1694–1752) für eine Ausgabe von Cervantes’ Don Quijote (1744).

LITERATUR Van Eijnden/Van der Willigen 1816–1840, II, S. 109 ff.; Anhang, S. 170 | Thieme-Becker, XII, S. 152 | AKL Online

19 Porträt des Jacob van Hoorn und seiner Frau Jacoba van Selstede, um 1735–1740

Pinsel in Schwarz und Grau und Bleigriffel (?), Im Bestand der niederländischen Zeichnun­ Inspektor der Städelschen Sammlungen. auf geripptem Büttenpapier; allseitige Einfas- gen des 18. Jahrhunderts im Städel Museum Malß notierte, unter Bezugnahme auf eine sungslinie mit der Feder in Braun über Bleigrif- fel (?), am unteren Rand parallel zur Einfas- finden sich nur wenige gezeichnete Porträts. Publikation niederländischer Porträtstiche sungslinie eine Linie in Bleigriffel( ?); Eines davon ist Jacob Folkemas Doppelbild­ durch den Amsterdamer Sammler, Händler 217 × 184 mm; schwarze Farbsprenkel im nis des Jacob van Hoorn mit seiner Frau und Forscher Frederik Muller, die Identität Bereich der Jacke und des rechten Armschat- 1 tens, wenige Metalleinschlüsse mit latenten Jacoba van Selstede. Erworben wurde die der Dargestellten. Es handelt sich um den Höfen; auf dem Verso Reste einer älteren Zeichnung laut dem Catalogue 1825 von Amsterdamer Weinhändler Jacob van Montierung entlang der rechten Blattkante Johann Friedrich Städel als Un vielliard assis Hoorn (1638–1738) und seine Ehefrau Wasserzeichen nicht vorhanden derrière une table; derrière lui une femme Jacoba van Selstede (geb. 1711). Zum Zeit­ Auf dem Verso unten links Stempel des Städel- schen Kunstinstituts (L. 2356) mit der dazuge- debout (Ein alter Mann sitzend an einem punkt ihrer Heirat 1734 war der Bräutigam hörigen Inventarnummer in Bleistift »3644«, Tisch; hinter ihm eine stehende Frau). 96, die Braut 23 Jahre alt. Der auf seine unterhalb des Stempels bezeichnet in Bleistift Der genannte alte Mann mit weißem Vitalität erkennbar stolze Jacob van Hoorn »N° 5 . - Folkema. -« Haar sieht den Betrachter mit wachem Blick hatte aus Anlass dieser, seiner vierten Inv. Nr. 3644 an. In seiner rechten Hand hält er ein klei­ Hochzeit zwei Porträts bei dem Amsterda­ nes Glas (mit Wein?), und scheint auf einen mer Maler Jan Maurits Quinkhard (1688– PROVENIENZ Willem Frederik Taelman Kip (1761–1800), Teller zu deuten, auf dem die Reste einer 1772) in Auftrag gegeben und diese auch Amsterdam; Versteigerung Taelman Kip: Fisch-Mahlzeit liegen. Hinter ihm steht gleich von Jacob van Houbraken (1698– Philippus van der Schley, Jan de Bosch, Bernar- eine junge Frau, ihre Hände ruhen auf den 1780) in Kupfer stechen lassen (Abb. 1, 2). dus de Bosch, Jan Yver, Cornelis Sebille Roos, Roelof Meurs Pruyssenaar, Amsterdam, Knäufen seiner Stuhllehne. Der Raum, Norbert Middelkoop hat 2012 die Ent­ 16. März 1801 (Lugt 6216), Kunstbuch F, Nr. 45 in dem sich die beiden befinden, ist nicht stehungsgeschichte der Gemälde und (mit Nr. 44, fl. 3-0, an Fransszen); weiter ausgeführt, lediglich ein geflochtener ­Kupferstiche untersucht, ohne jedoch die ( ) Johann Friedrich Städel 1728 –1816 , 2 ­Frankfurt am Main; erworben 1816 als Stiftung Korb an der Wand ist schemenhaft zu Frankfurter Zeichnung zu kennen. Er an das Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am erkennen. zitiert aus einer 1735 verfassten, 32 Seiten Main (Catalogue 1825) Der Passepartoutkarton, auf den die umfassenden Autobiografie Jacob van

LITERATUR Zeichnung etwa um 1860 aufgelegt wurde, Hoorns, in welcher dieser die Porträtauf­ keine Veröffentlichung bekannt geworden trägt eine handschriftliche Notiz, wahr­ träge an Quinkhard und Houbraken im Jahr scheinlich von Gerhard Malß, seit 1849 seiner Hochzeit erwähnt.3 Die Aufträge Inspektorengehilfe und von 1861 bis 1885 wurden prompt erfüllt; die Kupferstiche,

64 Originalgröße die nach den Gemälden gestochen wurden, Während Folkema das Porträt des Jacob tragen die Jahreszahlen 1734 und 1735. van Hoorn mit Grafitstift und Pinsel Der Verbleib der originalen Gemälde ist lebensnah und ausdrucksvoll ausgearbeitet derzeit nicht nachweisbar; sie wurden hat, die gealterte Haut ebenso geschildert zuletzt 1988 auf einer Versteigerung in wird wie die buschigen Augenbrauen, der London angeboten.4 In diesem Zusammen­ Schnurrbart und das wallende Haupthaar hang wurde lediglich das Gemälde der oder die samtene Jacke mit dem zugehöri­ Braut in dem Versteigerungskatalog publi­ gen Hut, sind die junge Braut, die Mahlzeit ziert.5 Es ist seitenrichtig zum Kupferstich und alles andere lediglich mit Grafitstift ausgeführt, woraus hervorgeht, dass die angelegt und zum Teil zart laviert. Die Kupferstiche als den Gemälden entspre­ Zeichnung von Jacob Folkema mag auf den chende Gegen­stücke gestaltet worden sind, ersten Blick unvollendet wirken, doch bei bei denen die Frau zur Linken des Mannes näherer Betrachtung gewinnt man den erscheint. Eindruck, dass sie in dieser Form stimmig Die Zeichnung Kat. Nr. 19 ist seitenver­ ist. Folkema scheint ein Einzelporträt des kehrt zu den Kupferstichen und wohl auch fast 100-Jährigen mit einer bedeutungsvol­ zu den Gemälden ausgeführt. Als Vorlage len Ehepaardarstellung zusammengeführt für die Gemälde kann sie kaum gedient zu haben. haben, dagegen sprechen die Seitenverkeh­ Es haben sich nur wenige Zeichnungen rung und auch die Tatsache, dass Jacob von Jacob Folkema erhalten. Meist sind es van Hoorn in seiner Lebensbeschreibung Abb. 1 Jacob van Houbraken (nach Jan Maurits Entwürfe für Buchillustrationen oder Titel­ zwar seine Aufträge an Quinkhard und Quinkhard), Porträt des Jacob van Hoorn, 1734, vignetten, aber auch Porträtzeichnungen Kupferstich, 242 × 176 mm, Amsterdam Museum, Houbraken erwähnte, nicht aber die Zeich­ legaat L. G. van Hoorn, Inv. Nr. A 31822 sind bekannt. Das Städel Museum besitzt nung von Folkema. Mit großer Wahrschein­ neben Kat. Nr. 19 noch zwei Entwurfszeich­ lichkeit ist sie nach den publizierten Kupfer­ nungen und die zugehörigen Kupferstiche stichen angefertigt worden. Indem Folkema mit Szenen für Cervantes’ Don Quijote aus die beiden Porträts seitenverkehrt zeich­ der Sammlung von Johann Georg Grambs.7 nete, konnte er sie in einer Komposition Das Doppelbildnis des Jacob van Hoorn mit zusammenbringen, die das Thema noch seiner jungen Ehefrau ist ein eindrucksvol­ anders interpretiert als die gestochenen les Beispiel für eine wohl autonom gedachte und gemal­ten Einzelporträts. Dabei scheint Zeichnung, die mit ihrer tieferen Bedeutung es unwahr­scheinlich, dass er eine Über­ möglicherweise als Geschenk gedacht war. tragung in eine – dann später nicht ausge­ führte – Druckgrafik im Sinn hatte. Im Gegensinn betrachtet, verliert die Kompo­ | 1 | Die Passepartoutnotiz lautet: »Jakob van Hoorn, 97 Jahre alt, und seine 24 Jahre alte Frau Jacobine van Selstede. sition ihre Wirkung. Siehe: Müller, Fred., Catalogus van 7000 portretten Nr. 2560- Die Zeichnung der frisch vermählten 63.« | 2 | Vgl. Middelkoop 2012. | 3 | I. Le Long (Hrsg.), Kort Eheleute steht in der Darstellungstradition verhaal van den handel en wandel, so te water als te landt, van Jacobus van Hoorn, oudsten Gilde-Broeder van `t berühmter Ehepaarbildnisse, etwa Peter Wynkoopers Gildt, en Collecteur der Directeurs van `t Wyn-­ Paul Rubens’ (1577–1640) Selbstbildnis mit Comptoir tot Amsterdam; sedert zyn geboorte Anno 1638 tot Isabella Brant in der Geißblattlaube, wobei nu toe, gaande in zyn 97ste Jaar: door hem zelven beschreven; ( Folkema die Frau stärker in den Hinter­ en in ordre gebracht door Isaac le Long, Amsterdam Arent van Huysteen) 1735. | 4 | Vgl. Middelkoop 2012, S. 477 und 6 grund rückte. Er bettete seine Protagonis­ Anm. 28. Versteigerung Christie’s, London, 13. Mai 1988, ten in einen erzählerischen und wohl auch Nr. 41 (als Nachfolger des Herman van der Mijn). | 5 | Vgl. bedeutungsvollen Zusammenhang ein. Es Middelkoop 2012, S. 477, Abb. 4. Eine Abbildung des Porträts von Jacob van Hoorn existiert offenbar nicht. | 6 | Peter Paul ist anzunehmen, dass das Glas in der rech­ Rubens, Rubens und Isabella Brant in der Geißblattlaube, um ten Hand des Dargestellten und die Flasche Abb. 2 Jacob van Houbraken (nach Jan Maurits 1609/10, Öl auf Leinwand (auf Holz übertragen), 178 × 136,5 Quinkhard), Porträt der Jacoba van Selstede, 1735, auf dem Tisch mit seinem Beruf als Wein­ cm, Alte Pinakothek München, Bayerische Staatsgemäldes- Kupferstich, 241 × 175 mm, Amsterdam Museum, ammlungen, Inv. Nr. 334. | 7 | Jacob Folkema, Entrada de händler in Zusammenhang stehen. Das legaat L. G. van Hoorn, Inv. Nr. A 31823 Doncellas a las Bodas de Comacho, Feder und Pinsel in Grau karge Heringsmahl auf dem Teller, auf wel­ und Braun, 111 × 77 mm, Inv. Nr. 3645 (erworben mit der ches der rüstige Greis deutet, könnte auf dazugehörigen Druckgrafik, Inv. Nr. 3645A) und Jacob Folkema, Don Quixote proteje Basilio, Feder und Pinsel in die Mäßigkeit im Lebenswandel als Ursache Grau und Braun, 111 × 77 mm, Inv. Nr. 3646 (erworben mit für ein langes Leben hinweisen. der dazugehörigen Druckgrafik, Inv. Nr. 3646A).

66 SIMON FOKKE (Amsterdam 1712–1784 Amsterdam)

Zeichner, Kupferstecher und Radierer insbesondere von Buchillustrationen, Porträts, Titel­ blättern und Vignetten, aber auch von topografischen Ansichten, Landschaften und Ent­ würfen für Theaterdekorationen; fertigt zudem Druckgrafiken nach Werken von niederlän­ dischen, italienischen und französischen Meistern des 17. und 18. Jahrhunderts an; im Alter von 13 Jahren lernt er für sieben Jahre bei dem Kupferstecher Jan Caspar Philips (vor 1700 – 1775); 1732 versucht er sich ein Jahr lang als Schauspieler, danach lässt er sich in die Amsterdamer Zeichenakademie (Amsterdamse Tekenacademie) einschreiben; arbeitet vor allem für Buchhändler, große Bekanntheit erreicht er durch die Illustrationen in Jan Wage­ naars (1709–1773) Geschichte der Niederlande De vaderlandsche historie (1749–1760); seine umfangreiche Sammlung italienischer, französischer und niederländischer Zeichnungen und Druckgrafiken wird am 6. Dezember 1784 in Amsterdam versteigert.1

LITERATUR Van Eijnden/Van der Willigen 1816–1840, II, S. 131–134; Anhang, S. 172 | Minneapolis/Toledo/Philadelphia 1971/72, S. 45 f. | Buijnsters-Smets 1985

20 Allegorisches Bildnis des Freiherrn Friedrich Rudolph Ludwig von Canitz, wohl 1745

21 Allegorisches Bildnis der Dorothea Emerentia von Canitz, geborene von Arnim, 1745

Kat. Nr. 20 Simon Fokke zählte zu seinen Lebzeiten zu Zugleich schrieb er Gedichte, die wegen Pinsel in Grau, über Rötel, auf geripptem den bedeutendsten Buchillustratoren der ihrer Ungekünsteltheit in der Literaturge­ Büttenpapier, gegriffelt; drei allseitige Einfas- sungslinien mit der Feder in Braun, zwischen Niederlande, ist jedoch heute beinahe voll­ schichte als vermittelnde Werke zwischen den äußeren beiden Einfassungslinien in Feder ständig in Vergessenheit geraten. Im Städel Barock und beginnender Aufklärung ange­ eine allseitige Einfassungslinie mit dem Pinsel Museum befinden sich neben insgesamt sehen werden. Eines seiner bekanntesten in Grau; 169 × 114 mm; am linken Rand Mitte beschabt und kleine Einrisse; auf dem Verso zwölf Zeichnungen aus der Sammlung von Gedichte ist die Klag-Ode über den Tod wenige Metalleinschlüsse mit kleinen Höfen, Johann Georg Grambs auch zahlreiche seiner Gemahlin Dorothea, genannt Doris am unteren rechten Blattrand Rest einer Druckgrafiken des Künstlers.2 (1656–1695). älteren Montierung Wasserzeichen: an der linken Blattkante mittig, Die beiden Frankfurter Blätter entstan­ 1727 veröffentlichte der Dresdner Hof­ angeschnitten, nicht identifizierbar( gleiches den als Vorlagen für zwei gleichfalls von poet Johann Ulrich von König (1688–1744) Motiv wie bei Kat. Nr. 21?) Fokke ausgeführte und auf 1746 datierte gemeinsam mit dem dortigen Zeremonien­ Signiert in der unteren rechten Ecke mit dem Druckgrafiken (Abb. 1, 2). Diese wurden der meister Johann von Besser (1654–1729), Pinsel in Schwarz »S: Fokke fc« Auf dem Verso unten links Stempel des Städel- 1750 in Berlin und Leipzig veröffentlichten der mit Canitz befreundet gewesen war, schen Kunstinstituts (L. 2356) dritten Auflage der Gedichte des Freyherrn eine Gesamtausgabe der Werke, die auch von Canitz beigefügt. Friedrich Rudolph die bis dahin unveröffentlichten Satyren des Inv. Nr. 3643 Ludwig von Canitz (1656–1699) war ein Freiherrn umfasste. Für diese umfangreiche brandenburgischer Adliger, der am Berliner Publikation, zu der von König eine ausführ­ Hof des »Großen Kurfürsten« eine bedeu­ liche Biografie des Dichters sowie eine tende Karriere als Diplomat machte. gelehrte Abhandlung über den »guten

67 Kat. Nr. 20, Originalgröße

Geschmack« beisteuerte, wurden auch Werner (1688–1753) gezeichnet und von dritte Auflage entschied man sich, diese einige Druckgrafiken in Auftrag gegeben, dem Berliner Kupferstecher Johann Georg Stiche bei Simon Fokke in Amsterdam in nämlich ein Frontispiz mit einer allegori­ Wolfgang (1662–1744) gestochen.3 Die Auftrag zu geben.5 Ob ihm die Original­ schen Darstellung der Canitz’schen Dicht­ Druckplatten standen für die zweite Auflage zeichnungen von Anna Maria Werner6 oder kunst sowie Porträts des Dichters und des Buchs von 1734 offenbar nicht mehr zur eine der gedruckten Fassungen vorlagen, ist seiner Gemahlin Doris. Diese Druckgrafiken Verfügung, denn dort wurden Kopien des nicht zu sagen. Jedenfalls fertigte er Zeich­ wurden nach genauen Angaben von Königs Hamburger Kupferstechers Christian nungen und nach diesen Druckgrafiken an, von der Dresdner Künstlerin Anna Maria Fritzsch (1695–1769) verwendet.4 Für die die den vorherigen Illustrationen zwar weit­

68 Kat. Nr. 21, Originalgröße

gehend entsprechen, deren Bezeichnungen Verkörperung des Ruhms (der sich immer sprengt. In der anderen Zeichnung wird die aber nur noch auf ihn als Autor verweisen; wieder erneuert, weshalb sie einen Phönix Büste der Frau von Canitz von der nackten er habe sie »gezeichnet und gemacht«: im Nest auf dem Kopf trägt), hält das Bild­ Wahrheit auf einer Wolke und der wehrhaf­ »S. Fokke del. et fec. Amsterdam, 1746«.7 nis des Dichters; davor steht die Allegorie ten Allegorie der Tugend begleitet. Letztere Die ausführlichen Erläuterungen, die der Staatsklugheit, die doppelgesichtig auf steht auf einer mehrköpfigen Schimäre, Johann von König in der Buchpublikation Vergangenheit und Zukunft zugleich blickt, der Verkörperung des Lasters, und auf den Kupferstichen widmete, erlauben es, und rechts sitzt der Musengott Apoll, hinter einem Füllhorn, dem Symbole der Eitelkeit ihre Ikonografie zu verstehen. Fama, die dem in der Ferne Pegasus über den Parnass entquellen, wie eine Maske, Geldstücke,

69 Kat. Nr. 21 bacchantisches Weinlaub, eine Geige und als die der heimischen Kupferstecher; man Pinsel in Hellbraun und Hellgrau, über Rötel, auf geripptem Büttenpapier, gegriffelt; drei ein Brettspiel. Die Genien der ehelichen musste sie sich also leisten wollen. Und allseitige Einfassungslinien mit der Feder in Treue und der ehelichen Eintracht begleiten vielleicht war es der Berliner Verleger der Braun, zwischen den äußeren beiden Einfas- die Allegorien, und auf dem Sockel der Gedichte, Ambrosius Hauden, der die Heraus­ sungslinien in Feder eine allseitige Einfassungs- linie mit dem Pinsel in Grau; 167 × 114 mm; am Büste ist der Dichter Petrarca angedeutet, geber auf diese kostspielige, aber vornehme rechten Blattrand 58 mm v. o. Metallein- vor einem Bildnis seiner verstorbenen Möglichkeit aufmerksam machte. schluss; auf dem Verso dünn präpariert, Geliebten Laura. Johann Georg Grambs erwarb die Zeich­ entlang der rechten Blattkante Reste einer Die Pinselzeichnungen Fokkes, angelegt nungen wegen ihrer künstlerischen Quali­ älteren Montierung Wasserzeichen: an der rechten Blattkante über einer leichten Rötelzeichnung, sind tät; der Zusammenhang mit den Gedichten mittig, angeschnitten, nicht identifizierbar schwungvoll und sicher ausgeführt. Ihre des Herrn von Canitz scheint ihm unbe­ (gleiches Motiv wie bei Kat. Nr. 20?) Qualität verstand er, auch in die Druckgra­ kannt gewesen zu sein, denn in das erste Signiert und datiert in der unteren linken Ecke mit der Feder in Grau »S Fokke fec 1745« fiken zu übertragen, die er mithilfe des Verzeichnis der Zeichnungen im Städel Auf dem Verso bezeichnet in der unteren Durchgriffelns herstellte, also dem Durch­ Museum, den Catalogue von 1825, der weit­ linken Ecke mit dem Bleistift »D«; in der drücken der Konturen der Zeichnungen gehend auf dem Kenntnisstand der Samm­ unteren linken Ecke Stempel des Städelschen Kunstinstituts (L. 2356) mit der dazugehöri- auf die gleich großen Kupferplatten, und ler Städel und Grambs beruhte, sind die gen Inventarnummer in Bleistift »3642« die erkennbar eleganter sind als die der Blätter als »Zwei Porträts, umgeben von früheren Auflagen der Gedichte. Fokkes allegorischen Figuren« eingetragen.8 Inv. Nr. 3642 Werke verbinden das vorgegebene klassisch PROVENIENZ gewichtige und bildungsschwere Thema Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), mit einer Leichtigkeit, die an den Geist des | 1 | Zu seiner auch Gemälde, aber vor allem Zeichnungen und Frankfurt am Main; 1817 erworben für das Druckgrafiken umfassenden Sammlung vgl. Buijnsters-Smets Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main Rokoko denken lässt. 1985, S. 132. | 2 | Neben den beiden hier besprochenen (Catalogue 1825) Die beiden Zeichnungen zeigen beispiel­ Bildnissen besaß Grambs auch eine Folge von zehn Entwürfen haft, dass der Markt für Buchillustrationen zur Geschichte Alexanders des Großen (Inv. Nr. 3632–3641). LITERATUR | 3 | Vgl. das Exemplar von Des Freyherrn von Caniz (sic) keine Veröffentlichung bekannt geworden in dieser Zeit europäisch organisiert war. Gedichte, erste Auflage von 1727, in der Herzog August Vermutlich waren Fokkes Grafiken teurer Bibliothek, Wolfenbüttel: URL: http://diglib.hab.de/drucke/ lo-871/start.htm (letzter Zugriff am 15. 3. 2020). Die Kupfer- stiche sind bezeichnet »A.M. Wernerin inv. et del. à Dres- den« und »Gravé par Wolfgang Graveur du Roy à Berlin 1726«. | 4 | Bezeichnet »1734 Christian Fritzsch sculps: Hamb:«. Vgl. das Exemplar von Des Freyherrn von Canitz Gedichte, zweite Auflage von 1734, in der Staats- und Stadt- bibliothek Augsburg: URL: http://opacplus.bsb-muenchen.de/ title/BV004739909 (letzter Zugriff am 15. 3. 2020); dort das Frontispiz zwischen S. LXVI und S. LVII; das Porträt des Herrn von Canitz zwischen S. LVIII und S. LXIX. Für das Bildnis der Frau von Canitz vgl. das Exemplar der zweiten Auflage von 1734 in der Bayerischen Staatsbibliothek München, S. 115: URL: http://opacplus.bsb-muenchen.de/title/BV001385423 (letzter Zugriff am 15. 3. 2020). Die beigelegten Kupferstiche wurden offenbar mitunter den Büchern im Nachhinein entnommen. | 5 | Vgl. das Exemplar von Des Freyherrn von Canitz Gedichte, dritte Auflage von 1750, mit den Kupfersti- chen von Fokke, in der Bayerischen Staatsbibliothek Mün- chen: URL: http://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bv- b:12-bsb10106635-7 (letzter Zugriff am 15. 3. 2020). | 6 | Ihr Verbleib ließ sich nicht feststellen. | 7 | Die drei Druckgrafiken sind alle in der Sammlung des Städel Museums vorhanden und stammen wahrscheinlich auch aus der Sammlung von Johann Georg Grambs; neben den abgebildeten Porträt­ stichen auch das Frontispiz: Simon Fokke, Frontispiz zu den Gedichten des Freiherrn Friedrich Rudolph Ludwig von Canitz, 1746, Kupferstich und Radierung, 208 × 143 mm (Blatt) / 200 × 133 mm (Platte), Inv. Nr. 7790. | 8 | Auch die Angaben zu den entsprechenden Druckgrafiken teilen nichts über die Dargestellten mit.

Abb. 1 Simon Fokke, Allegorisches Bildnis Abb. 2 Simon Fokke, Allegorisches Bildnis des Freiherrn Friedrich Rudolph Ludwig von Canitz, der Dorothea Emerentia von Canitz, geborene 1746, Kupferstich und Radierung, 169 × 116 mm von Arnim, 1746, Kupferstich und Radierung, (Darstellung), Graphische Sammlung, Städel 168 × 116 mm (Darstellung), Graphische Sammlung, Museum, Frankfurt am Main, Inv. Nr. 7791 Städel Museum, Frankfurt am Main, Inv. Nr. 7792

70 CORNELIS PLOOS VAN AMSTEL (Weesp 1726 –1798 Amsterdam)

Zeichner, Druckgrafiker und wohl auch Maler,1 Kunsttheoretiker, -sammler und -händler, hauptberuflich als Holzhändler tätig; 1738 lernt er zwei Jahre bei dem Maler Norbert van Bloemen (1670 –1746), wird jedoch 1740 von seinen Eltern in die Lehre bei einem Holz­ händler geschickt, wo er 1756 Partner wird; seit 1746 Mitglied der Amsterdamer Zeichen­ akademie (Tekenacademie), 1765 gründet er einen Verlag, der druckgrafische Faksimiles nach Zeichnungen, sogenannte prenttekeningen, hauptsächlich aus seiner eigenen Samm­ lung herausgibt; 1765 wird er einer von sechs Direktoren der Amsterdamer Zeichenakade­ mie (Stadstekenacademie) und hält dort auch kunstgeschichtliche Vorträge; mit Jacobus Buys (Kat. Nr. 55, 56) richtet er 1773 eine Unterrichtsschule der Zeichenkunst (Leerschool der Tekenkunst) für Amateurkünstler ein; seine umfangreiche Kunstsammlung umfasst etwa 7000 Zeichnungen, davon 5 000 niederländische; Mitglied von zahlreichen Kunst- und Wissenschaftsvereinigungen; steht in engem Austausch mit Künstlern, wie etwa Jan van Huysum (Kat. Nr. 9, 39, 40), Cornelis Troost (Kat. Nr. 52, 53, 54) und Aert Schouman (Kat. Nr. 45–47, 57); Lehrer von u. a. Hermanus Petrus Schouten (Kat. Nr. 36).

LITERATUR Laurentius/Niemeijer/Ploos van Amstel 1980 | Gaskell 1984 | Knolle 1984 | Bedaux 1986 | Laurentius 1986 | Eusmann 2000 | Te Rijdt 2017

22 Entwurf für ein Frontispiz: Allegorie der Stadt Amsterdam auf einem Thron, umgeben von allegorischen­ Figuren, 1767 oder etwas früher

Schwarze Kreide und Pinsel in Grau und Weiß, Cornelis Ploos van Amstel gehörte im drei Kreuze auf ihrer Kleidung weisen sie auf sehr dünnem, geripptem Büttenpapier; 18. Jahrhundert zu den einflussreichsten als Personifikation der Stadt Amsterdam allseitige Einfassungslinie in schwarzer Kreide, parallel zur oberen Einfassungslinie eine weitere und vielseitigsten Persönlichkeiten der aus. Um den Thron stehen drei Frauen, die Linie in schwarzer Kreide; 258 × 184 mm; Kunstwelt in den Niederlanden. Obgleich durch Attribute gekennzeichnet sind: Ein mehrere leichte senkrechte Knicke, in der er im Alter von zwölf Jahren bei dem Maler Stab mit dem alles sehenden Auge symboli­ unteren linken Ecke Farbmedium leicht berie- ben im Bereich der Kante des Montierungs­ Norbert van Bloemen in die Lehre kam, siert die Weisheit, ein Spiegel Prudentia, die fälzchens verso, in der unteren rechten Ecke erwirtschaftete er sein beträchtliches Ver­ Klugheit, und eine Säule die Stärke. Auf der Stempel des Städelschen Kunstinstituts von mögen als Holzhändler. Dennoch blieb er rechten Seite wenden sich der thronenden verso durchgeschlagen der künstlerischen Theorie und Praxis zeit­ Verkörperung Amsterdams vier weitere Wasserzeichen: Pro Patria mit »Maid of Dort« im Garten von Holland, darüber links »HK« lebens verbunden. In seiner Tätigkeit als Figuren zu. Links im Vordergrund ist eine und rechts »Pro Patria« (vgl. Heawood Zeichner fertigte er ein kleines Œuvre von Frau mit einem Buch in ihrer linken und 3696–3718, Churchill 130–153) etwa 100 Blättern an, von denen heute noch einer Feder in ihrer rechten Hand, die Per­ Auf dem Verso in der unteren linken Ecke Stempel des Städelschen Kunstinstituts um die 40 bekannt sind. Davon bilden sonifikation der Geschichte, mit zwei (L. 2356) mit der dazugehörigen Inventar­ ­Entwürfe für Illustrationen den größten Fischern im Gespräch dargestellt. Zu ihren nummer in Bleistift »3147« Anteil.2 Füßen liegen Kinder, welchen ebenfalls Inv. Nr. 3147 Die reich mit allegorischen Verweisen einige, allerdings nicht näher bestimmbare, versehene Frankfurter Zeichnung zeigt eine Attribute beigegeben sind. Im Hintergrund Frauengestalt mit einer Krone auf einem links des Thrones blickt man auf das offene Muschelthron, der von einem Baldachin aus Meer. Rechts ist das nach Entwürfen des einem Fischernetz überspannt wird. Die Architekten Jacob van Campen (1596–1657)

71 PROVENIENZ in der Mitte des 17. Jahrhunderts errichtete Druck diente. Im Vordergrund der seiten­ Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), Frankfurt am Main; 1817 erworben für das Rathaus Amsterdams, das heutige Paleis op richtig zu der Frankfurter Zeichnung ausge­ Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main de Dam, angedeutet. Auf den Wolken oben führten Druckgrafik wurden in der unteren (Catalogue 1825) links im Himmel sitzen drei Putten. Der linken Ecke etwa noch eine Harfe und eine

LITERATUR linke von ihnen hält die Flagge der Stadt Palette als Attribute der Künste hinzuge­ Laurentius/Niemeijer/Ploos van Amstel 1980, Amsterdam mit den drei charakteristischen fügt. Die beiden Kinder im Vordergrund S. 156 f., Kat. Nr. C 16, vgl. auch S. 136 f. Andreaskreuzen, der mittlere Schwert und halten nun einen Äskulapstab als Sinnbild Waage und der rechte ein Liktorenbündel. der Heilkunst und einen Jakobsstab, ein Ploos van Amstel zeichnete die Komposi­ Winkelmessinstrument, das in der Schiff­ tion auf sehr dünnes, getöntes Papier. Nach fahrt eingesetzt wurde. Links im Hinter­ der ersten Ausführung in schwarzer Kreide grund sind Meeresgötter, mächtige Schiffe fügte er mit dem Pinsel graue Lavierungen und eine Stadtvedute mit Windmühlen und als Schatten und weiße, deckende Partien Türmen am Horizont dargestellt. Es ist nun als Lichter hinzu. deutlich zu erkennen, dass die vier Figuren Die Frankfurter Zeichnung ist ein rechts unterhalb des Thrones der Stadt früher – möglicherweise der erste – Ent­ Amsterdam ihre Schätze darbieten. Mit wurf für das Frontispiz einer umfangrei­ ihnen sind die vier Erdteile gemeint. chen Beschreibung der Stadt Amsterdam Obgleich Ploos van Amstel mit der Dar­ aus der Feder des Historikers Jan Wagenaar stellung Amsterdams als Zentrum der Welt, (1709–1773), die zwischen 1760 und 1767 dem die vier Kontinente ihre Waren anbie­ erschien.3 Die von Reinier Vinkeles (1741– ten, ein bereits in der Mitte des 17. Jahrhun­ 1816) nach Ploos’ Entwurf ausgeführte derts für historische Publikationen populär Druckgrafik (Abb. 1) zeigt, dass im Frank­ gewordenes Bildmotiv aufgriff,4 wussten die furter Blatt vor allem die kompositionelle Herausgeber von Wagenaars Buch über Anlage der Darstellung im Blick stand und Amsterdam offenbar um die Schwierigkeit, es nicht als unmittelbare Vorlage für den die Allegorien und Verweise des Fronti­spizes

Abb. 1 Reinier Vinkeles (nach Cornelis Ploos van Amstel), Allegorie der Stadt Amsterdam auf einem Thron, umgeben von allegorischen Figuren, 1767, Kupferstich und Radierung (Zustand nach der Schrift), 282 × 195 mm, Graphische Sammlung, Städel Museum, Frankfurt am Main, Inv. Nr. 11611

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richtig deuten zu können; sie beauftragten Neben dem Entwurf von Cornelis Ploos den Amsterdamer Kaufmann und Poeten van Amstel besaß Johann Georg Grambs auch Pieter Huisinga Bakker (1713–1801), eine in einen Abzug des Kupferstichs von Reinier Reimform verfasste Erläuterung zu dem Vinkeles in einem Zustand vor der Schrift.6 Frontispiz zu formulieren, welche auf der Seite vor der Illustration abgedruckt wurde.

Ploos van Amstel fertigte neben der | 1 | Vgl. Laurentius/Niemeijer/Ploos van Amstel 1980, Frankfurter Komposition noch eine weitere, S. 132. Dem Künstlerlexikon von Pieter Scheen zufolge hat weitestgehend mit der Druckgrafik überein­ Cornelis Ploos van Amstel nur ein einziges Gemälde stimmende Zeichnung an, die im Amster­ angefertigt, vgl. Scheen 1981, S. 404. | 2 | Des Weiteren schuf er Kopien nach älteren Meistern, Selbstbildnisse, damer Stadsarchief aufbewahrt wird Figuren- und Landschaftsstudien sowie wenige Entwürfe (Abb. 2). In einem Feld unterhalb der Dar­ mit mythologischen und literarischen Themen, vgl. Lauren- stellung hat der Künstler diese Zeichnung tius/Niemeijer/Ploos van Amstel 1980, S. 135. | 3 | Jan Wagenaar, Amsterdam, in zyne opkomst, aanwas, geschiede- signiert und mit der Jahreszahl 1767 verse­ nissen, voorregten, koophandel, gebouwen, kerkenstaat, hen. Die Jahreszahl irritiert, da die erste schoolen, schutterye, gilden en regeeringe, 3 Bde., hrsg. Ausgabe der Stadtbeschreibung Jan Wage­ v. Isaac Tirion, Amsterdam 1760–1767. | 4 | Vgl. Kolfin 2011. | 5 | Die Bücher wurden in der Regel broschiert verkauft naars bereits 1760 erschienen ist. Dennoch und von Käufern neu gebunden. Dabei war es möglich, das scheint es sich dabei um die Vorlage für erst am Ende der Publikation geschaffene Frontispiz vorn die von Reinier Vinkeles ausgeführte Druck­ mit einbinden zu lassen, vgl. Laurentius/Niemeijer/Ploos van Amstel 1980, S. 136. | 6 | Reinier Vinkeles (nach Cornelis grafik zu handeln, die J. W. Niemeijer Ploos van Amstel), Allegorie der Stadt Amsterdam auf zufolge nicht gleichzeitig mit dem ersten einem Thron, umgeben von allegorischen Figuren, 1767, Teil 1760 herausgegeben wurde, sondern Kupferstich und Radierung (Zustand vor der Schrift), 250 × 177 mm (Darstellung) / 296 × 196 mm (Platte), erst 1767 den letzten Teil der Publikation Graphische Sammlung, Städel Museum, Frankfurt am Main, begleitete.5 Inv. Nr. 3147 a.

Abb. 2 Cornelis Ploos van Amstel, Allegorie der Stadt Amsterdam, umgeben von allegorischen Figuren (Zeichnung für das Titelblatt von Jan Wagenaars Amsterdam, in zyne opkomst […]), 1767, Feder und Pinsel in Grau, über schwarzer Kreide, weiß gehöht, auf Papier, 256 × 181 mm, Sammlung Atlas Splitgerber, Stadsarchief Amsterdam, Inv. Nr. 010001000200

74 ARNOUT RENTINCK (Amsterdam 1712–1774/75 Berlin)

Maler, Zeichner und Druckgrafiker von Porträts, Genreszenen und Landschaften sowie mythologischen und religiösen Darstellungen, fertigt Nachzeichnungen von Gemälden des 17. und frühen 18. Jahrhunderts an, auch als Mezzotinto-Künstler tätig; lernt bei Arnold Boonen (1669–1729), Nicolaas Verkolje (1673–1746) und Carel de Moor (1655–1738); über Cornelis Troost (Kat. Nr. 52, 53, 54) erhält er offenbar Kontakt zu dem Kunstsammler Cor­ nelis Ploos van Amstel (Kat. Nr. 22), der ihm Aquarelle mit mythologischen Sujets zukom­ men lässt; um 1757 zieht er nach Berlin, wo er bis zu seinem Tod bleibt.

LITERATUR Van Gool 1750/51, II, S. 361–364 | Thieme-Becker, XXVIII, S. 174 | Laurentius/Niemeijer/Ploos van Amstel 1980, S. 172

23 Alpheios verfolgt Arethusa, die von Diana gerettet wird, 1742

Wasser- und Deckfarben, über schwarzem Stift, In den Metamorphosen des Ovid wird vor dem Nebel zurück. Das aus dem Ton­ auf geripptem Büttenpapier; allseitige Einfassungs- erzählt, wie die schöne Nymphe Arethusa krug fließende, um Arethusas Fuß strömende linie mit dem Pinsel in Schwarz; 263 × 236 mm; in der oberen linken Ecke Riss; auf dem Verso im Fluss Alpheios badet und der gleichna­ Wasser rechts im Vordergrund verweist auf Metalleinschlüsse mit oxidierten Höfen, Papier mige Flussgott sich daraufhin unsterblich die bevorstehende Verwandlung der Nymphe verbräunt, entlang der rechten Blattkante Reste in sie verliebt (Metamorphosen, 5. Buch, und ihr unterirdisches Weiterfließen. einer älteren Montierung, in diesem Bereich 1 Papieroberfläche teilweise abgeschält 572–642). Von Letzterem bedrängt, bittet Rentinck führte die Zeichnung in zarten Wasserzeichen: Gegenmarke (?) »IV« Arethusa verzweifelt die Göttin Diana um Wasser- und Deckfarben aus, nachdem er Signiert unten rechts mit der Feder in Braun Hilfe, die sie in dichten Nebel hüllt. Als die Komposition offenbar gleich mit dem und Schwarz »Rentinck f.« Auf dem Verso unten links in Grafit datiert Alpheios sich von seiner Suche trotzdem Pinsel auf dem Papier angelegt hatte. Kunst­ »17 3/23 42« [23 .3. 1742], bezeichnet in der nicht abbringen lässt, verwandelt Diana voll hebt sich der Rückenakt der schönen linken unteren Ecke oberhalb des Stempels »D.« Arethusa in eine Quelle, die unterirdisch Arethusa vor dem Nebel ab, von dem ein und unterhalb des Stempels »f 225 – · –«, von Griechenland nach Sizilien fließt. Leuchten ausgeht. Die zeichnerische Bega­ am unteren Blattrand mittig »Arethúsa, door Rentink«; in der unteren linken Ecke Stempel Die Erzählung um Alpheios und Are­ bung Rentincks ist auch bei Nebendingen des Städelschen Kunstinstituts (L. 2356) thusa, die der bekannteren Geschichte von zu erkennen, etwa der ebenso prägnant wie Apoll und Daphne ähnelt (vgl. Kat. Nr. 2), zart geschilderten Rose am rechten Bild­ Inv. Nr. 3849 ist in der bildenden Kunst des 16. bis rand, dem umgestürzten Tonkrug und dem PROVENIENZ 18. Jahrhunderts gelegentlich zu finden, in aus diesem fließenden Wasser. Die heute Vielleicht Frederik Willem Greebe (gest. 1788), Einzeldarstellungen und in gedruckten eher süßlich wirkenden, theatralisch agie­ Amsterdam; Versteigerung Greebe: Philippus van der Schley, Cornelis Ploos van Amstel, Ovid-Ausgaben. Der Künstler Arnout Ren­ renden Akte mögen dem klassizistischen Hendrik de Winter, Jan Yver, Amsterdam, tinck konnte für seine Darstellung auf Geschmack der Zeit um 1740 entsprochen 8. Dezember 1788 (Lugt 4363), Kunstbuch C, einige gezeichnete, gemalte oder gestochene haben. Nr. 1; vielleicht Jacobus Johannes Lauwers (1753 –1800), Vorbilder aus den Niederlanden, aber auch Einer rückseitigen Beschriftung zufolge Amsterdam; Versteigerung Lauwers: Philippus aus Frankreich zurückgreifen.2 In der hoch­ entstand die Frankfurter Zeichnung 1742. van der Schley, Jan de Bosch, Bernardus de formatigen Frankfurter Zeichnung brachte Die bildmäßige Ausführung dieses doch Bosch, Jan Yver, Cornelis Sebille Roos, Roelof Meurs Pruissenaar, Amsterdam, 13. Dezember Rentinck vor allem die Akte des jugendli­ eher speziellen Themas lässt vermuten, dass 1802 (Lugt 6529), Umschlag C, Nr. 8 (fl. 13.-, an chen Flussgottes und der schönen Nymphe der Künstler das Blatt für einen Sammler Roos); oder Daniel van Diepen (1736 –1796), im Vordergrund zur Geltung. Arethusa ist angefertigt hat. Aus einem Auktionskatalog Haarlem, Versteigerung van Diepen: Philippus van der Schley, Jan de Bosch, Jan Yver, Cornelis Sebille im Begriff, in die Wolke zu steigen, die geht hervor, dass Rentinck diese oder eine Roos, Jacobus Vinkeles, Amsterdam, 8. April 1805 Diana von oben herabsinken lässt. Mit nach ähnliche Komposition auch als Gemälde (Lugt 6929), Kunstbuch I, Nr. 17 (fl. 55, an Gruyter); oben gestreckten Armen schreckt Alpheios geschaffen hat.3

75 Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), Frankfurt | 1 | Eine kürzere, frühere Version der Geschichte stammt dieses Gemälde befindet, ist nicht bekannt. Erwähnt wird es am Main; 1817 erworben für das Städelsche von Pindar, eine spätere, ebenfalls kürzere von Pausanias. in der Versteigerung van Hoorn und Scherenberg: Philippus Kunstinstitut, Frankfurt am Main (Catalogue 1825) | 2 | 1732 gab zum Beispiel Bernard Picart (Kat. Nr. 3, 4–7) van der Schley, Jan de Bosch, Jan Yver, Cornelis Sebille Roos, eine Ovid-Ausgabe heraus, die unter anderen auch Illustratio- Jacobus Vinkeles, Amsterdam, 1. August 1803 (Lugt 6677), LITERATUR nen nach Entwürfen von Jacob de Wit (Kat. Nr. 13, 14, 15, Nr. 32 (fl. 10 ½, an van der Schley). keine Veröffentlichung bekannt geworden 16 –18) enthielt. Vgl. dazu Tatenhove 1985. | 3 | Wo sich

76 JEAN GRANDJEAN (Amsterdam 1752–1781 Rom)

Maler und Zeichner von Figurenstudien, Porträts, arkadischen Landschaften sowie mytho­ logischen und religiösen Motiven; nach einer ersten Lehrzeit bei dem Landschaftsmaler Jacobus Versteegen (1735–1795) wird er 1771 in der Amsterdamer Tapetenwerkstatt von Jurriaan Andriessen (1742–1819) angestellt; im selben Jahr wird er Mitglied der Amsterda­ mer Zeichenakademie (Stadstekenacademie) und zeichnet auch in einer privat organisierten Künstlergemeinschaft nach dem Modell; 1777 ist er neben etwa Jacob Cats (Kat. Nr. 66–67, 68–69) eines der Gründungsmitglieder der Zeichengesellschaft Felix Meritis; finanzielle Unterstützung erhält er von den Kunstsammlern Dirk Versteegh (1751–1822), Jan Tersteeg (1750 –1807) und Pieter Calkoen (1712–1780), mit deren Hilfe er im Jahr 1779 als erster niederländischer Künstler nach über 50 Jahren nach Rom reist, um die Altertümer der Antike und die italienischen Meister zu studieren; dort stirbt er, noch nicht 30-jährig; sein Nachlass wird nach Amsterdam gesandt und dort versteigert.

LITERATUR Van Eijnden/Van der Willigen 1816–1840, II, S. 376–388; Anhang, S. 186 | Minneapolis/Toledo/Philadelphia 1971/72, S. 46 f. | Niemeijer 1974 | Paris/Amsterdam 1990/91, S. 56 | Schwartz 2004, S. 126

24 Der Engel mit den drei Marien am leeren Grabe Christi, um 1770 –1780

Pinsel in Schwarz, Grau und Weiß, auf dunkel­ Von dem im Alter von 29 Jahren in Rom Maria, die Mutter des Jakobus, und Maria blau meliertem, gerippten Büttenpapier; verstorbenen Jean Grandjean haben sich nur Salome – im Morgengrauen zum Grab des allseitige Einfassungslinie mit dem Pinsel in Schwarz (teilweise beschnitten); 119 × 176 mm; wenige Gemälde, jedoch zahlreiche Zeich­ Gekreuzigten, um den Leichnam mit Ölen ganz­flächig aufgelegt auf geripptem Bütten­ nungen erhalten. Während seine Landschaf­ und Essenzen zu salben. Als sie ankamen, papier, überstehende Papierkanten des ten den Einfluss von Künstlern der ersten fanden sie das Grab leer; ein Engel verkün­ Kaschierpapiers am Rand eingetönt mit dem Pinsel in Hellbraun, schräge Quetschfalte von Hälfte des 18. Jahrhunderts zeigen, etwa dete ihnen die Auferstehung Christi und links oben nach rechts unten (im Original­ von Gerard de Lairesse (1641–1711) oder forderte sie auf, die frohe Kunde Petrus und papier); auf dem Verso am rechten Blattrand Isaac de Moucheron (Kat. Nr. 12), wandte er den anderen Jüngern zu überbringen. Doch Reste einer älteren Montierung, Kaschier­papier sich in Rom von dem dekorativen Stil der sie, so erzählt der Evangelist Markus, »sagten an dieser Stelle teilweise ausgerissen, Original­ papier ist freigelegt Landschaftskompositionen ab, den er sich niemand etwas; denn sie fürchteten sich«. Wasserzeichen: am oberen Rand Wappen in der Werkstatt von Jurriaan Andriessen in Der Ehrgeiz des Künstlers, Historienma­ (Schild dreimal schräg geteilt?), darüber Lilie, Amsterdam angeeignet hatte, hin zu einem ler in der klassischen Tradition zu werden,2 angeschnitten Auf dem Verso in der unteren linken Ecke Stil, der stärker von einem internationalen der ihn letztlich auch nach Rom führte, ist Stempel des Städelschen Kunstinstituts Klassizismus geprägt war. Die Frankfurter in der Komposition der drei Marien am (L. 2356) Zeichnung Kat. Nr. 24 ist eins von insgesamt Grab Christi deutlich zu erkennen. Mithilfe Inv. Nr. 1121 drei Blättern des Künstlers im Städel der Hell-Dunkel-Technik, bei der mit hellem Museum; sie stammen alle aus der Samm­ und dunklem Zeichenmittel auf einen far­ PROVENIENZ lung von Johann Georg Grambs.1 bigen Zwischenton gezeichnet wird, sind Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), Frankfurt am Main; 1817 erworben für das Dargestellt ist in einer kunstvollen die in antike Gewänder gekleideten Figuren Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main Hell-Dunkel-Technik die Szene des Oster­ wie Bildwerke plastisch ausgearbeitet. Sie (Catalogue 1825; unter École Française) morgens aus dem Neuen Testament. Dem zeigen ein Repertoire von Gemütsbewegun­

LITERATUR Markusevangelium (Mk 16, 1–8) zufolge gen, das sich erzählerisch entfaltet. Die keine Veröffentlichung bekannt geworden gingen die drei Marien – Maria Magdalena, stehende Frau rechts wendet sich erschüttert

77 ab, entsetzt über den Verlust des Leich­ des Engels andeuten. Denn würde dieser nams. Die hinter ihr stehende erfasst gerade sich erheben, wäre er deutlich größer als die die Bedeutung der Botschaft des Engels und Frauen. Mehrere kleine Korrekturen, etwa versucht, ihre Gefährtin darauf aufmerk­ am rechten Arm und am linken Fuß des sam zu machen. Die Frau im Vordergrund Engels sowie an der äußeren Kontur der hat die ganze Tragweite des Ereignisses sich abwendenden Frau, deuten auf eine verstanden und ist, erfüllt vom Heilsgesche­ Funktion der Zeichnung als Kompositions­ hen, auf die Knie gesunken. studie hin. Die Entwicklung einer Figur wie der des Die Hell-Dunkel-Technik, die zeichneri­ Engels lässt sich am Beispiel einer Zeich­ sches und malerisches Vorgehen verbindet, nung Grandjeans im Amsterdamer Rijks­ wurde an der Amsterdamer Stadstekenacade- prentenkabinet zeigen (Abb.). Der stehende mie den Zeichnungsanfängern ausdrücklich Akt in schwarzer und weißer Kreide ist empfohlen.3 Ob das Blatt, das weder Signa­ erkennbar eine »Akademie«, eine Aktstudie tur noch Datierung trägt, noch in Amster­ nach einem posierenden Modell. Dieser dam oder erst in Rom entstanden ist, lässt Studie fügte der Künstler im Nach­hinein sich nicht sagen. Vergleichbare Studienblät­ zart gezeichnete Flügel hinzu und erprobte ter sind nicht erhalten. Stilistisch lässt sich so, ob die akademische Pose für die Dar­ die Zeichnung dennoch in Grandjeans Werk stellung eines Engels der Auferstehung einordnen. geeignet wäre. Im Werk von Grandjean gibt es eine größere Gruppe von solchen Akt­ zeichnungen. | 1 | Der Künstler wurde im Catalogue 1825 der französischen Schule zugeordnet. Seine Vorfahren waren hugenottische In der Frankfurter Zeichnung ließ der Flüchtlinge, die sich in den Niederlanden niedergelassen Künstler den Engel in einer fast legeren hatten, vgl. Niemeijer 1974, S. 352. Neben der hier bespro- Pose mit übereinandergeschlagenen Beinen chenen Zeichnung erwarb Grambs die beiden Blätter Unter­ irdisches Gewölbe, Inv. Nr. 1120 und Ein Maler läuft in eine auf dem Sarkophag sitzen. Damit gab er der Felsenhöhle, Inv. Nr. 1215. Johann Friedrich Städel besaß Komposition eine gewisse Leichtigkeit und keine Zeichnungen des Künstlers. | 2 | Vgl. Niemeijer 1974, wollte vielleicht auch die Monumentalität S. 353. | 3 | Vgl. ebd.

Abb. Jean Grandjean, Studienblatt für einen Engel, Schwarze und weiße Kreide, auf Papier, 514 × 366 mm, Rijksprentenkabinet, Rijksmuseum, Amsterdam, Inv. Nr. RP-T-00-2079

78 Originalgröße

TOPOGRAFIEN

Die topografischen Zeichnungen, mit denen auf genaue Wiedergabe zielende Darstellungen von konkreten, benennbaren heimischen Orten gemeint sind, bildeten im 18. Jahrhundert ein spezifisch niederländisches Phänomen. Nirgendwo sonst reisten Künstler so vielfältig umher, um – auf eigene Rechnung oder im Auftrag von Verlegern oder Sammlern – Dorf- und Stadtansichten sowie markante Bauwerke in Städten oder auf dem Land ins Bild zu bringen. Nachdem im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert klassisch-arkadische, an Italien orientierte Landschaften überwogen, entfaltete diese Selbstbesinnung auf die Heimat im zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts und bis über die Jahrhundertmitte hinaus ihre größte Blüte. Zum führenden Künstler wurde dabei Cornelis Pronk (Kat. Nr. 25, 26, 27, 28), dessen Zeichnungen mit ihren klaren Licht- und Schattenflächen den Eindruck von Präzision mit einer gefühlvollen, fast träumerischen Ausstrahlung verbinden. Pronk und seine Schüler Abraham de Haen (Kat. Nr. 29) und Jan de Beijer (Kat. Nr. 30) lieferten die Vorlagen für das umfangreichste druckgrafische Sammelwerk topografischer Ansichten des 18. Jahrhunderts, Het Verheerlykt Nederland, das der Amsterdamer Verleger Isaac Tirion (1705–1765) von 1745 an in neun Bänden herausgab. Diese Publikation diente der umfassenden Illustration der monumentalen, vielbändigen historisch-topografischen Beschreibung der Republik der Vereinigten Niederlande Tegenwoordige Staat der Vereenigde Nederlanden, die Tirion seit 1738 – mit nur wenigen Kupferstichen – veröffentlichte und deren letzte Bände noch kurz nach der Jahrhundertwende erschienen. Das Ziel dieses Werks, so formulierte es Tirion in dessen Vorwort, war es, die Vaterlandsliebe der Leser­ schaft zu fördern. Entstanden anfangs oft in kleinerem Format ausgeführte Zeichnungen, die als Illustra­ tionen für diese und andere historisch-topografische Publikationen in Druckgrafiken über­ tragen wurden, so entwickelte sich bald ein ausgeprägtes Interesse von Sammlern für auto­ nome, sowohl monochrome als auch farbig gefasste und zunehmend großformatige Zeich­ nungen mit topografischen Motiven. Der Aufbewahrungsort für solche Blätter und ebenso für entsprechende Druckgrafiken wurden die sogenannten Atlanten, gebundene Alben, in denen topografische Ansichten gesammelt wurden und die in fast keiner Sammlung fehlten. So wurden Topografien nicht nur von professionell ausgebildeten und vom Verkauf ihrer Werke lebenden Künstlern wie Pronk und seinen Schülern oder auch Hermanus Petrus Schouten (Kat. Nr. 36) und von Autodidakten wie Paulus Constantijn la Fargue (Kat. Nr. 33) geschaffen, sondern auch von wohlhabenden Amateuren wie Hendrik Schepper (Kat. Nr. 34), einem Künstler, von dem nur zwei Gemälde und sehr wenige Zeichnungen bekannt sind. Während die einen durch das Land reisten, konzentrierten sich andere auf bestimmte Orte, oft ihre Heimatstadt. Jacob (Kat. Nr. 31) und Paulus van Liender hielten Ansichten ihrer Geburtsstadt Utrecht fest, Letzterer nach seinem Umzug nach Haarlem auch die dor­ tige Umgebung (Kat. Nr. 32), Hermanus Petrus Schouten brachte Amsterdam ins Bild, wäh­ rend Paulus Constantijn la Fargue Käufer für seine Ansichten von Den Haag fand. Eine Besonderheit stellt die Phantasieansicht einer niederländischen Stadt von Johannes Huibert Prins dar (Kat. Nr. 35). Die einzelnen Bildelemente lassen sich auf einen nach der Natur gezeichneten Motivvorrat des Künstlers zurückführen, die Komposition als Ganze zeigt jedoch keinen realen Ort. Um eine Topografie handelt es sich in dem Sinn, als dass hier eine ideale Ansicht gewissermaßen das Wesen eines niederländischen Ortes wiedergibt. Darin eingeschlossen ist auch die in allen Zeichnungen dieses Kapitels sorgsam ausgearbei­ tete und die Gefühle der Betrachter ansprechende Wirkung von Licht und Atmosphäre. Das Interesse an Zeichnungen der heimischen Topografie hielt über das ganze Jahrhun­ dert an, wie die späte Arbeit von Franciscus Andreas Milatz zeigt (Kat. Nr. 37).

√ Kat. Nr. 33, Detail

81 CORNELIS PRONK (Amsterdam 1691–1759 Amsterdam)

Maler und Zeichner von Porträts und topografischen Ansichten von Altertümern, zeitgenös­ sischen Landhäusern, Dörfern und Städten, fertigt im Auftrag der Niederländischen Ostin­ dien-Kompanie Gedenkmünzen und Dekorationsentwürfe für chinesisches Porzellan an; lernt zunächst bei Jan van Houten (1679–1713) das Zeichnen, bei Arnold Boonen (1669– 1729) wird er etwa ab 1712 zum Porträtmaler ausgebildet; schulbildend wirken vor allem die ab etwa 1725 entstehenden topografischen Zeichnungen, für die er das ganze Land bereist; arbeitet hauptsächlich im Auftrag von Sammlern und Verlegern, zu Beginn für den Tuchhändler Andries Schoemaker (1660 –1735) und in den 1740er und 1750er Jahren für Isaac Tirion (1705–1765); Lehrer von u. a. Abraham de Haen (Kat. Nr. 29), Jan de Beijer (Kat. Nr. 30) und Paul van Liender (Kat. Nr. 32, 79).

LITERATUR Van Gool 1750/51, II, S. 193–198 | Van Eijnden/Van der Willigen 1816–1840, II, S. 36 f. | Minneapolis/Toledo/ Philadelphia 1971/72, S. 81 | Den Haag 1984, S. 139 | Gevers/Mensema 1985 | Paris/Amsterdam 1990/91, S. 118 | Gerlagh 1997 | Haarlem 1997

25 Das Kloster Mariëndaal bei Utrecht, nach 1731

Feder in Schwarz und Pinsel in Grau, über Cornelis Pronk begann seine künstlerische Fluss Utrechtse Vecht errichtet worden. Im schwarzem Stift, auf geripptem Büttenpapier; Laufbahn als Maler und Zeichner von Por­ Zuge der Reformation hatte man es 1579 in doppelte allseitige Einfassungslinie mit der Feder in Grau über schwarzem Stift; träts. Wenngleich er bis zuletzt auch in ein protestantisches Damenstift umgewan­ 143 × 180 mm; wenige Metalleinschlüsse mit diesem Bereich tätig blieb, verlegte er sich delt, das wenige Jahre später unter die oxidierten Höfen, besonders deutlich im um 1725 vor allem auf das Zeichnen topo­ Aufsicht der Ritterschaft, also des Adels, Himmel rechts, leichte Oberflächenverschmut- grafischer Ansichten, für die er sämtliche von Utrecht gestellt wurde. Am Ende des zung am rechten Blattrand, mittig oben Quetschfalte, Knick am oberen Rand der niederländische Provinzen bereiste. Mit 18. Jahrhunderts wurde das Stift aufgeho­ Baumkrone, horizontaler Knick unterhalb der seinen Schülern Abraham de Haen und Jan ben.2 Über eine weite Wiese hinweg, an äußeren Einfassungslinie; auf dem Verso oben de Beijer war Pronk maßgeblich für das hohen, dünnen Bäumen vorbei, blickt man mittig und entlang der rechten Blattkante Reste einer älteren Montierung, in diesen beeindruckende Aufblühen des topografi­ durch den Rundbogen des Portals in das Bereichen Papieroberfläche teilweise abge- schen Genres am Ende der 1720er Jahre Innere des Klostergeländes; zwei Spazier­ schält, in der oberen und unteren rechten Ecke verantwortlich. Der dokumentarische gänger ergänzen die Darstellung. Links Reste einer Montierung auf hellblauem Papier Wasserzeichen nicht vorhanden Anspruch und die hohe künstlerische Qua­ vom Tor befindet sich eine Remise mit Signiert und datiert unten links mit der Feder lität der ebenso sorgfältigen wie stim­ Wagen, hinter deren Dach die Giebel weite­ in Grau über schwarzem Stift »C: pronk del ad mungsvollen Zeichnungen Pronks machten rer Gebäude zu sehen sind. Rechts verläuft viv: 1731.«, darunter mittig mit der Feder in Grau bezeichnet »t Klooster Mariendaal .« sie für Liebhaber der Altertumsforschung eine lange Mauer vor dicht stehenden Auf dem Verso bezeichnet unten links mit der gleichermaßen interessant wie für Kunst­ Bäumen. Feder in Braun »h. 5 / b. 6 3/6«; unten links sammler. Als Schöpfer topografischer Über einer sparsamen Vorzeichnung in Stempel des Städelschen Kunstinstituts (L. 2356) Zeichnungen wurde Pronk auch von Johann schwarzem Stift führte Pronk die Komposi­ Friedrich Städel und Johann Georg Grambs tion mit dem Pinsel in verschiedenen Inv. Nr. 3112 gesammelt, die zusammen über 30 Blätter Grautönen aus. Er setzte den Pinsel sowohl des Künstlers besaßen.1 flächig ein als auch, um Umrisse anzugeben In der Zeichnung Kat. Nr. 25 hielt Pronk und Akzente und Strukturen zu setzen. Mit das Eingangsportal des ehemaligen Zister­ Feder und schwarzer Tinte ergänzte er die zienserinnenklosters Mariëndaal fest. Das Darstellung vielfältig, etwa an den dünnen Kloster war um die Mitte des 13. Jahrhun­ Bäumen im Vordergrund oder in den Baum­ derts in Zuilen, außerhalb Utrechts, an dem kronen jenseits der Mauer.

82 Originalgröße PROVENIENZ Während von links das Sonnenlicht auf die topografische Informationen zu Ortschaf­ Vielleicht Jeronimo de Bosch (1677–1767), Amsterdam; Versteigerung de Bosch: Jan de Architektur und die Bäume im Hintergrund ten, Kirchen und Schlössern der niederlän­ Bosch, Bernardus de Bosch, Jan Yver, Amster- fällt, liegt der Vordergrund der Darstellung dischen Provinzen, die er häufig mit eige­ dam, 5. Oktober 1767 (Lugt 1639), Nr. 147 im Schatten. Die stimmungsvolle Lichtsitu­ nen farbigen Zeichnungen illustrierte. (fl. 3.-, mit Nr. 146 an van der Hoogh); vielleicht Cornelis Ploos van Amstel (1726 – ation verleiht der Zeichnung einen Eindruck ­Darüber hinaus beauftragte er Künstler 1798), Amsterdam; Versteigerung Ploos van ländlicher Abgeschiedenheit und Ruhe. wie Cornelis Pronk und Abraham de Haen, Amstel: Philippus van der Schley, Jan de Bosch, Im Unterschied zu dem gleißenden Licht topografische Ansichten auszuführen. Auf Bernardus de Bosch, Jan Yver, Cornelis Sebille späterer Blätter (Kat. Nr. 26, 27, 28), das diese Weise entstand der sogenannte Atlas Roos, Amsterdam, 3. März 1800 (Lugt 6031), Kunstbuch GGG, Nr. 24 (fl. 2.10, mit einer Pronk durch präzise voneinander abge­ Schoemaker, ein umfangreiches historisch- zweiten Zeichnung an de Groot); grenzte helle und dunkle Flächen erzielte, topografisches Sammelwerk, von welchem Johann Friedrich Städel (1728 –1816), wirkt das Licht hier jedoch sanfter, die heute noch 22 Bände erhalten sind.5 ­Frankfurt am Main; erworben 1816 als Stiftung an das Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Ansicht insgesamt malerischer und freier Allein drei Bände des Atlas Schoemaker Main (sammlungsgeschichtlich erschlossen) in der Ausführung. waren der Stadt Utrecht gewidmet.6 In Die Frankfurter Zeichnung ist eine im einem der erhaltenen Teile findet sich eine LITERATUR keine Veröffentlichung bekannt geworden Atelier ausgeführte Komposition nach Zeichnung von Schoemaker, die ebenfalls einem nicht erhaltenen Studienblatt, das das Kloster Mariëndaal zeigt (Abb.). 7 Aus der Künstler nach dem Leben gezeichnet ihrer Beschriftung geht hervor, dass sie hat; darauf weist die Beschriftung unter­ nach einer Zeichnung Pronks entstanden halb der Darstellung hin: »del[ineavit] ad ist.8 Die Unterschiede (vor allem links viv[um] 1731«. Die Jahreszahl 1731 bezieht neben dem Tor) deuten darauf hin, dass sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Schoemaker ein heute nicht mehr erhal­ den Entstehungszeitpunkt der heute nicht tenes Studienblatt Pronks wiederholte. mehr nachweisbaren, vor Ort ausgeführten Daraus lässt sich auch schließen, dass Naturstudie. Wir wissen von einer Zeichen­ Pronk bei der späteren Ausführung seiner reise, die Pronk vom 12. bis zum 20. Juni Studienblätter Veränderungen vornahm, 1731 mit dem Amsterdamer Tuchhändler die nicht den tatsächlichen Gegebenheiten und Amateurhistoriker Andries Schoema­ entsprechen mussten. ker, dem Dienstboten Geesje Arends, einem Herrn Bourse und dessen Tochter über Het Gooi, den Utrechtse Heuvelrug und Gelder­ | 1 | Der Städel-Administrator Johann Georg Grambs hatte 3 zwölf Zeichnungen Pronks in seinem Besitz, Johann Friedrich land nach Kleefsland unternahm. Es mag Städel sogar 19 Blätter. Nach mehreren Verkäufen 1860 sein, dass Pronk das Kloster bei dieser Gele­ befinden sich heute noch 22 Blätter des Künstlers im Bestand genheit zeichnete. (Inv. Nr. 994, 3112–3132); eine der Zeichnungen aus der Sammlung Städels wird heute Jan van Goyen (1596 –1656) Auch wenn Pronk autonome Zeichnun­ zugeschrieben (Landschaft mit Windmühle, Inv. Nr. 5531). gen wie Das Kloster Mariëndaal manch­ | 2 | Vgl. URL: https://hetutrechtsarchief.nl/onderzoek/ mal erst Jahre später ausführte, lassen die resultaten/archieven?mivast=39&mizig=210&miadt=39&mi- code=1005-3&milang=nl&miview=inv2 (letzter Zugriff am weiche, atmosphärische Zeichenweise und 8. 4. 2020). Für freundliche Hinweise zum Kloster Mariëndaal die Komposition des Blattes, etwa die Art, danke ich Dr. Mieke Breij vom Utrechts Archief. | 3 | Vgl. wie Pronk die Bäume links im Vordergrund Otten 1997, S. 119 mit Anm. 94. Diese Zeichenreise doku- nutzte, um den Eindruck von Tiefe zu erzeu­ mentierte Cornelis Pronk in einem heute verschollenen Reisejournal. Eine Abschrift von der Hand Johan Ferdinand gen, darauf schließen, dass das Frankfurter Backers (1856 –1928) wird im Gemeentearchief Amsterdam Blatt nur wenig nach 1731 entstanden ist. verwahrt, vgl. Gerlagh 1997, S. 52 mit Anm. 53. | 4 | Vgl. Pronk arbeitete seit etwa 1729 im Auf­ Otten 1997, S. 112. Eine erste gemeinsame Reise fand mögli- cherweise bereits im Vorjahr, 1728, statt, vgl. ebd., S. 118. 4 trag von Andries Schoemaker. Dieser | 5 | Zum Atlas Schoemaker vgl. Otten 1995. | 6 | Vgl. Otten künstlerisch weniger begabte, doch überaus 1995, S. 186. | 7 | Nach Angaben der Website Het Geheugen produktive Amateurzeichner war bereits der Königlichen Bibliothek in Den Haag (URL: https://geheugen.­ delpher.nl/nl [letzter Zugriff am 8. 4. 2020]) befindet sich der um etwa 1725/26 mit seinem Sohn Gerrit Teil des Atlas Schoemaker, der diese Zeichnung enthält, im (1692–1736) durch die Provinz Noord-Hol­ Utrechts Archief. | 8 | Verwirrend ist der Hinweis, wonach land gereist, um Städte und Dörfer in Zeich­ das ehemalige Kloster zu dieser Zeit eine Backsteinfabrik (»steenbackerij«) gewesen sei. Dies wird von der Geschichte nungen festzuhalten. Bis zu seinem Tod im des Klosters Mariëndaal sonst nicht berichtet. Eventuell Jahr 1735 sammelte er historische und wurden Teile der Klostergebäude für diesen Zweck verwendet.

Abb. Andries Schoemaker (nach Cornelis Pronk), Die Backsteinfabrik Mariendaal, 1731 oder später, Het Utrechts Archief, Utrecht

84 CORNELIS PRONK (Amsterdam 1691–1759 Amsterdam)

Kurzbiografie siehe Kat. Nr. 25

26 Der Binnenhof in Den Haag, nach 1741

Pinsel in Grau, über Bleigriffel( ?), feinste Mit der Ansicht des Binnenhofs in Den Haag Die großformatige Frankfurter Zeichnung Einstichlöcher an einigen der waagerechten und der Hooglandse Kerk in Leiden (Kat. zeigt den Gebäudekomplex hingegen in und senkrechten Architekturlinien sowie in markanten Fluchtpunkten, auf zart hellbraun Nr. 27) besitzt das Städel Museum neben Richtung des Statthaltertores (Stadhouders­ getöntem, geripptem Büttenpapier; allseitige Entwürfen für Druckgrafiken und kleineren poort) an der Südwestseite der Anlage.5 Einfassungslinie mit der Feder in Hellbraun; Atelierzeichnungen (Kat. Nr. 25, 28) zwei Dieses unscheinbare, nur durch verbreiterte 282 × 453 mm; Metalleinschlüsse im Papier mit oxidierten Höfen, Quetschfalte oben rechts außergewöhnlich großformatige autonome Pfeiler hervorgehobene Portal durfte seit 2 der Mittelachse; auf dem Verso am rechten Zeichnungen von Cornelis Pronk. der Mitte des 17. Jahrhunderts nur vom Blattrand mittig brauner Klebstoffrückstand Pronk reiste seit 1725 durch die Nieder­ Statthalter benutzt werden. Als Pronk den einer älteren Montierung, an dieser Stelle lande, um bedeutende Bauwerke und Binnenhof um 1741/42 in Den Haag festhielt, Papieroberfläche teilweise abgeschält 3 Wasserzeichen: Straßburger Lilie, im Wappen- Sehenswürdigkeiten festzuhalten. Dabei befand sich die Republik der Sieben Verei­ schild, darüber Krone, darunter Marke (»4« ?) schuf er Studien vor Ort, nach denen er nigten Provinzen (1581–1795) in der zwei­ und die Buchstaben »WR« [ligiert] (ähnlich später in der Werkstatt Vorlagen für Druck­ ten statthalterlosen Zeit, nachdem Wilhelm Heawood 1828) Auf dem Verso unten links Stempel des Städel- grafiken oder autonome Zeichnungen für III. von Oranien-Nassau 1702 verstorben schen Kunstinstituts (L. 2356) mit der dazuge- den freien Markt oder wohlhabende Auf­ war. Bis zur Einsetzung von Wilhelm IV. hörigen Inventarnummer in Bleistift »3132« traggeber ausführte. von Oranien-Nassau 1747 war die statthal­ Inv. Nr. 3132 Anfangs in Gesellschaft des Tuchhänd­ terliche Residenz ohne Funktion. lers Andries Schoemaker (1660 –1735) Auch die Frankfurter Zeichnung geht PROVENIENZ unterwegs (vgl. Kat. Nr. 25), reiste er nach auf ein Skizzenbuchblatt im Gemeentear­ Vielleicht Johannes Baptista Josephus Achtien- 6 hoven (1756 –1801), Amsterdam; Versteige- des­sen Tod vor allem im Auftrag des chief in Den Haag zurück (Abb.). Darin rung Achtienhoven: Philippus van der Schley, Amster­damer Verlegers Isaac Tirion (1705– hielt Pronk die Architektur in präzise aus­ Jan de Bosch, Bernardus de Bosch, Jan Yver, 1765). Um 1741/42 war Pronk in der nieder­ geführten Umrisslinien fest und legte die Cornelis Sebille Roos, Roelof Meurs Pruys- senaer, Amsterdam, 6. September 1802 (Lugt ländischen Residenzstadt Den Haag und Bäume auf der linken Seite des Blattes an. 6491), Kunstbuch A, Nr. 16 (»Een dito gezigt, hielt dort markante Bauwerke in Skizzenbü­ Es gibt dort auch Staffagefiguren, die jedoch op het Binnehof in ’s Hage, ryk restoffeerd met chern fest, die heute – als lose Blätter – zu von den Figuren in der ausgeführten Frank­ wandelende beeldjes, zonagtig en uitvoerig met O. Ind. Ink geteekent, door C. Pronk«; einem großen Teil im Gemeentearchief in furter Zeichnung abweichen. Die für Pronks fl. 4.-, an Gruyter1); Den Haag aufbewahrt werden. Vier ausge­ ausgeführte Zeichnungen so bedeutsame Johann Friedrich Städel (1728 –1816), führte Ansichten nach vor Ort gezeichneten Lichtwirkung spielt in dieser Studie vor Ort ­Frankfurt am Main; erworben 1816 als Stiftung an das Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Studien ließ Isaac Tirion in Druckgrafiken noch keine Rolle. Main (Catalogue 1825) übertragen und veröffentlichte sie im vier­ So wichtig dem Künstler offenbar die ten (1742) und sechsten Band (1746) seines präzise Dokumentation der architektoni­ LITERATUR Frankfurt 2000, Kat. Nr. 91 | Scheltema 2005, historisch-topografischen Sammelwerks schen Begebenheiten war, so großen Wert S. 14 (Abb.) u. S. 32 Tegenwoordige Staat der Vereenigde Nederlan- legte er in seinen ausgeführten Zeichnungen den (1739–1803).4 Darunter findet sich auch auf eine atmosphärische Gesamtwirkung. eine Darstellung des Binnenhofs, dem Ver­ Über äußerst genau wiedergegebenen Kon­ sammlungsort des niederländischen Parla­ turlinien grenzte er helle und dunkle Flächen ments und Residenz des Statthalters der kunstvoll gegeneinander ab. Die im Licht Niederlande. Die für die Publikation ausge­ stehenden Flächen tönte er nur ganz leicht wählte Ansicht gibt diesen jedoch mit Blick mit dem Pinsel und ließ große Teile des nach Nordosten auf den sogenannten Rid- Blattes (besonders im Bereich des Himmels derzaal wieder. und des Platzes) vollständig unbearbeitet.

85 Das mithilfe von Pinsellavierungen | 1 | Vgl. Frankfurt 2020, Register unter »Gruyter, Willem erreichte stimmungsvolle Wechselspiel von (sr. & jr.)«. | 2 | Zur den Zeichnungen Pronks im Städel Museum siehe Kat. Nr. 25, Anm. 1. | 3 | Vgl. Gerlagh 1997, Licht und Schatten erinnert an die nieder­ S. 49. Einen Eindruck davon, wie diese Reisen verliefen, ländische Zeichenkunst des 17. Jahrhun­ können zwei erhaltene Reiseberichte gewähren. Pronks Neffe derts, etwa die Bartholomeus Breenberghs Pieter van der Werff (1701–1734) dokumentierte eine Reise, ( ) die er 1721 mit Pronk und dessen Brüdern unternahm. Es 1598–1657 . Pronk ging es jedoch nicht handelte sich dabei jedoch mehr um eine Vergnügungs-, denn um eine mediterrane Wirkung, sondern um eine Zeichenreise, vgl. ebd., S. 48. In einem – heute nur noch ein kühles, geordnetes und dennoch gefühl­ als Abschrift erhaltenen – vom Künstler selbst verfassten volles nördliches Licht. Im Bereich der Reisejournal von 1731 dokumentierte Pronk eine Reise, die er zusammen mit dem Kunstsammler Andries Schoemaker nach Architektur und markanter Fluchtpunkte Utrecht und Süd-Holland unternahm, vgl. ebd., S. 52 und hat Pronk das Frankfurter Blatt mit feinsten Anm. 53. | 4 | Vgl. Scheltema 2005, S. 17. | 5 | Den gleichen Einstichlöchern versehen. Sie könnten die Blick zeigt eine spätere Zeichnung von Paulus Constantijn la Fargue (vgl. Kat. Nr. 33) in der Graphischen Sammlung des Spuren von Hilfsmitteln, etwa gespannten Hessischen Landesmuseums Darmstadt (Inv. Nr. AE 1008). Fäden, für die korrekte Wiedergabe der | 6 | Wie auch in diesem Fall wurden die Skizzenbuchblätter Perspektive sein.7 im Lauf der Zeit aus ihrem Verbund herausgelöst und die Zeichnungen als Einzelblätter verkauft, vgl. Scheltema 2005, Im Unterschied zu den kleinformatigen S. 13. Insgesamt sind von der Hand Pronks auf der Grundlage Blättern Pronks trägt die Zeichnung des dieser vor Ort ausgeführten Skizzen 21 Zeichnungen mit Binnenhofs weder Signatur noch Datum und Ansichten Den Haags erhalten geblieben. Offenbar plante Isaac Tirion einen eigenen Band von Ansichten Den Haags, auch keine Bezeichnung des dargestellten der jedoch nicht realisiert wurde. In den die Publikation Ortes. Ein möglicher Grund dafür könnte Tirions (Tegenwoordige Staat) illustrierenden Bänden von sein, dass das Blatt um einen Streifen unter Het Verheerlykt Nederland findet sich keine Ansicht der Stadt, vgl. Scheltema 2005, S. 17 f. | 7 | In den Zeichnungen der Darstellung mit erklärender Beschrif­ mit der Ansicht der Hooglandse Kerk in Leiden (Kat. Nr. 27) tung beschnitten ist. Gajus Scheltema geht und der Stadtansicht von Zwolle (Kat. Nr. 28) sind diese in seinem Aufsatz zu den Haager Skizzen­ Einstichlöcher ebenfalls vorhanden. | 8 | Vgl. Scheltema 2005, S. 17. buchblättern Pronks jedoch davon aus, dass der Künstler großformatige Sammlerzeich­ nungen von vornherein nicht beschriftete, um ihre dekorative Wirkung nicht zu beein­ trächtigen.8

Abb. Cornelis Pronk, Der Binnenhof in Den Haag, um 1741, Bleistift, auf Papier, 145 × 201 mm, Haags Gemeentearchief, Den Haag, Inv. Nr. Gr. A 9

86

CORNELIS PRONK (Amsterdam 1691–1759 Amsterdam)

Kurzbiografie siehe Kat. Nr. 25

27 Ansicht der Hooglandse Kerk in Leiden, gesehen von der Burg, nach 1742

Pinsel in Grau, über Bleigriffel, feinste Einstich- Es scheint, dass Cornelis Pronk 1742 auf gefasste Blätter, wohl vor allem im Auftrag löcher an einigen der waagerechten und dem Weg von Den Haag (Kat. Nr. 26) nach von Kunstsammlern, vielleicht auch für den senkrechten Architekturlinien sowie in markan- 2 ten Fluchtpunkten des Kirchenbaus,1 auf Amsterdam in Leiden haltgemacht hat, um freien Markt. geripptem Büttenpapier; allseitige Einfassungs- auch dort im Auftrag des Amsterdamer Die Zeichnung Kat. Nr. 27 gibt den Blick linie mit der Feder in Braun; 454 × 315 mm; Verlegers Isaac Tirion (1705–1765) Studien aus dem Inneren der ursprünglich mittel­ Metalleinschlüsse im Papier mit oxidierten Höfen, zahlreiche dunkle Flecken (teilweise von bedeutenden Bauwerken der Stadt fest­ alterlichen, auf einem künstlichen Hügel nachgetupft); auf dem Verso entlang der zuhalten. Waren zuvor vor allem mittel­ errichteten ringförmigen Burg von Leiden rechten Blattkante Reste einer älteren Montie- große Zeichnungen wie etwa Das Kloster wieder. Von dort blickt man durch ein weit rung, Papierober­fläche teilweise abgeschält ( ) Wasserzeichen nicht vorhanden Mariëndaal Kat. Nr. 25 entstanden, so geöffnetes Tor auf den monumentalen Kir­ Auf dem Verso unten links Stempel des Städel- schuf Pronk erst nach 1740 neben kleinen, chenbau der Hooglandse Kerk. Die beeindru­ schen Kunstinstituts­ (L. 2356) 70 × 100 mm messenden Entwürfen für ckende Größe des spätgotischen Bauwerks Tirions Het Verheerlykt Nederland (1745– bezeugt das Vorhaben, Leiden nach Utrecht Inv. Nr. 994 1774) große bis sehr große, zum Teil farbig und Middelburg zum dritten Bischofssitz PROVENIENZ der Niederlande zu machen. Diese Pläne Vielleicht Jan Luyten (Lebensdaten unbe- wurden jedoch 1535 zugunsten der Sint-­ kannt) oder Cornelis Brand (Lebensdaten unbekannt), Gorinchem; Versteigerung Bavokerk in Haarlem aufgegeben und die Luyten/Brand: Philippus van der Schley, Arbeiten an der Hooglandse Kerk beendet. Cornelis Ploos van Amstel, Hendrik de Winter, Am geöffneten Burgtor stehen links Bruno Zweerts, Jan Yver, Jan van Schorren- berg, Philippus Jacobus van der Schley, zwei Damen mit Fächer und rechts ein Herr, Amsterdam, 29. Januar 1787 (Lugt 4131), der zu ihnen hinüberblickt. Oberhalb dieser Kunstbuch B, Nr. 86 (»Een Gezicht van de Figurengruppe schaut eine weitere männ­ Burg, ziende op de Hooglandsche Kerk te Leiden, uitvoerig met Oost-ind. Inkt gewassen, liche Figur über die Zinnen der Burgmauer door C. Pronk«); hinweg nach links durch ein Fernglas. Wäh­ Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), rend die Dame links den Fächer nutzt, um Frankfurt am Main; 1817 erworben für das Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main sich vor der sie blendenden Sonne zu schüt­ (Catalogue 1825) zen, deutet die Dame rechts neben ihr auf den Vorplatz der Burg. Dort hat sich eine LITERATUR keine Veröffentlichung bekannt geworden Gruppe von Männern und Frauen unter zwei Bäumen um einen Tisch versammelt.

Abb. Hendrik Spilman (nach Cornelis Pronk), Ansicht der Hooglandse Kerk, gesehen durch die Burg in Leiden, 1750, Kupferstich und Radierung, 169 × 108 mm, Rijksprentenkabinet, Rijksmuseum, Amsterdam, Inv. Nr. RP-P-1905-5893

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Neben der präzisen Erfassung der topo­ Wie die Zeichnung des Binnenhofs in grafischen Gegebenheiten maß Pronk den Den Haag (Kat. Nr. 26) ist auch die Ansicht Figuren in der Ansicht der Hooglandse Kerk der Hooglandse Kerk in Leiden weder signiert eine größere Bedeutung bei als den Staffage­ noch datiert. Obwohl nicht ausgeschlossen figuren, welche seine eigenen und auch die werden kann, dass das Blatt um Signatur topografischen Zeichnungen seiner Künst­ und Datum beschnitten ist, liegt es nahe, lerkollegen im 18. Jahrhundert gewöhnlich dass Pronk es im Auftrag eines Kunstsamm­ ergänzen. Die dargestellte Szene mutet durch lers ausführte und auf eine die künstleri­ ihren narrativen Charakter beinahe wie eine sche Wirkung störende Beschriftung ver­ Theaterszene an. Pronk thematisierte mit zichtete.4 seinem Blick durch das Burgtor und den unterschiedlichen Blickrichtungen der dargestellten Figuren das Schauen selbst. | 1 | Solche Einstichlöcher finden sich auch in der Zeichnung des Binnenhofs in Den Haag (Kat. Nr. 26) und der Stadtan- Das für das großformatige Frankfurter sicht von Zwolle (Kat. Nr. 28). | 2 | Vgl. Kasteleyn 1997, S. 95. Blatt gewählte Hochformat ist für topografi­ | 3 | Die Universitätsbibliothek in Leiden bewahrt eine Pronk sche Zeichnungen ungewöhnlich. Pronk zugeschriebene Zeichnung auf, die das Motiv von Kat. Nr. 27 im Querformat wiedergibt: Cornelis Pronk, Blick durch die steigerte damit die Monumentalität des Burg von Leiden auf die Hooglandse Kerk, 1742, Feder und Kirchenbaus und setzte die Figuren stärker Pinsel in Grau, auf Papier, 153 × 195 mm, Universiteitsbiblio- in Szene. 1750 wurde eine von Hendrik theek, Leiden, Inv. Nr. 307 I 30. Die Zeichnung ist weder ( ) signiert noch datiert. Falls die Zuschreibung zutrifft und es Spilman 1721–1784 nach einem heute sich nicht um eine veränderte Kopie nach Pronk handelt, lässt nicht mehr erhaltenen Entwurf Pronks sich das Blatt schwer einordnen. Es stellt sich die Frage, ob es geschaffene Radierung dieses Motivs im ein Studienblatt ist, das der Künstler vor Ort angefertigt hat. dritten Band von Het Verheerlykt Nederland Die Zeichnung ist weniger durchgeführt als Kat. Nr. 27, die für Pronk charakteristische Lichtwirkung ist in ihr jedoch ange- veröffentlicht (Abb.). In einem Textfeld legt. Letzteres ist für Pronks Skizzenbuchblätter ungewöhn- unterhalb der Darstellung ist dort neben lich. | 4 | Vgl. Scheltema 2005, S. 17. dem Ort auch das Jahr der in Leiden ent­ standenen Studie angegeben (»1742«).3

90 CORNELIS PRONK (Amsterdam 1691–1759 Amsterdam)

Kurzbiografie siehe Kat. Nr. 25

28 Stadtansicht von Zwolle, 1756

Feder in Schwarz und Pinsel in Grau, über Die Ansicht der in der Provinz Overijssel weit in den Himmel aufragende Turm gehört schwarzem Stift, feine senkrechte Hilfslinien in gelegenen Stadt Zwolle hielt Pronk 1754 zu der spätgotischen Kruiskerk aus dem schwarzem Stift um die Architektur; feinste Einstichlöcher an einigen der waagerechten in einer Vorzeichnung fest, die sich heute 14. Jahrhundert, die infolge der Reformation und senkrechten Architekturlinien sowie in in Privatbesitz befindet( Abb.).1 Auf der seit 1580 ohne liturgischen Gebrauch war markanten Fluchtpunkten auf geripptem Grundlage dieser wohl an Ort und Stelle und erst 1809 von Louis Bonaparte (1778– Büttenpapier; um die Darstellung allseitige Einfassungslinie mit der Feder in Schwarz über entstandenen Studie schuf er 1756 die sorg­ 1846), dem König von Holland und Bruder schwarzem Stift; 147 × 242 mm; einzelne fältig ausgeführte Ansicht der Stadt, die Napoleons, wieder an die katholische Metalleinschlüsse im Papier; auf dem Verso Johann Friedrich Städel zu einem unbe­ Gemeinde zurückgegeben wurde.3 Die horizontaler Knick unterhalb der äußeren Einfassungslinie (geglättet), entlang der kannten Zeitpunkt für seine Sammlung Brücke, die von dem Stadttor auf die andere rechten Blattkante Klebstoffreste einer älteren erworben hat. Seite des Kanals führt, wird von Passanten Montierung Von der außerhalb der Stadtmauern überquert: ein Reiter auf einem Pferd, eine Wasserzeichen: Pro Patria mit »Maid of Dort« im Garten von Holland, darüber links »Pro gelegenen Seite des Kanals blickt man auf Kutsche und eine Fußgängerin, die gerade Patria« (vgl. Heawood 3696-3718, Churchill die Kamperpoort, eines von drei ehemaligen an drei Wachsoldaten vorbei geschritten ist; 130 –153) Stadttoren mit zwei großen runden Ecktür­ unter dem Tor fällt das pralle Sonnenlicht Bezeichnet am unteren Rand mit der Feder in 2 Grau und Schwarz »de Peerwaters Bleek. men. Nur etwa 20 Jahre, nachdem Pronk auf einen weiteren Reiter. Im Vordergrund Zwaanentoren, Draketoren . en Kampoort . seine Zeichnung ausführte, wurde das links sind zwei Wäscherinnen bei der Arbeit met de Kruiskerk : te ZWOL.«, signiert und Innentor abgerissen, zu Beginn des 19. Jahr­ dargestellt. Sie legen auf einer großen Wiese datiert unten links mit der Feder in Grau »C: hunderts dann auch das Außentor. Links am Rand des Kanals lange Tuchbahnen pronk del ad viv: 1754«, rechts »1756« Auf dem Verso in der unteren linken Ecke neben dem Stadttor sind der sogenannte zum Bleichen aus (Peerwaters Bleek). unleserlich bezeichnet in Grafit [E. F36?], Zwanentoren und Drakentoren wiedergege­ Die Vorzeichnung des Motivs in Privat­ unten links Stempel des Städelschen Kunst­ ben, zwei zur Stadtmauer gehörende besitz ist mit 131 × 240 mm ähnlich groß wie instituts (L. 2356) Türme. Hinter der Stadtmauer selbst sind die Frankfurter Zeichnung. Wie für Studi­ Inv. Nr. 3118 Häuserfassaden, Giebel und Dächer sowie enblätter üblich, die Pronk für den eigenen Kirchtürme zu erkennen. Der markante, Gebrauch (im Atelier) angefertigt hat, hielt PROVENIENZ Johann Friedrich Städel (1728 –1816), ­Frankfurt am Main; erworben 1816 als Stiftung an das Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main (sammlungsgeschichtlich erschlossen)

LITERATUR keine Veröffentlichung bekannt geworden

Abb. Cornelis Pronk, Kamperpoort und Onze-Lieve-Vrouwetoren in Zwolle, 1754, Feder in Grau und Grafit, auf Papier, 131 × 240 mm, Privatbesitz

91 er darin lediglich die Umrisse der Architek­ Für die korrekte Wiedergabe der Architek­ verbindet Klarheit in der Wiedergabe der tur in dünnen Federlinien fest. Die Licht­ tur nutzte Pronk senkrechte, kaum noch Sehenswürdigkeiten, tiefenräumliche Wir­ verteilung spielte keine Rolle. Wichtiger war erkennbare Hilfslinien und feinste Einstich­ kung und sommerlich-atmosphärische dem Künstler die korrekte Dokumentation löcher in markanten Punkten. Anschlie­ Stimmung. Trotz der Beschriftung, die des Dargestellten – so hielt er am oberen ßend brachte er über der Vorzeichnung in diese Zeichnung von Kat. Nr. 26 und 27 Rand des Blattes die Namen der dargestell­ schwarzem Stift mit der Feder in Schwarz unterscheidet, ist es sehr gut vorstellbar, ten Bauwerke fest. die Konturlinien der Architektur zu Papier, dass sie von einem Sammler, vielleicht aus Auffällig ist bei dieser Zeichnung, dass setzte mit kurzen Strichen Akzente und Zwolle, in Auftrag gegeben worden ist. auch Details wie die Staffagefiguren fast führte Details aus. Den Pinsel verwendete vollständig mit der ausgeführten Frank­ er vor allem dafür, verschattete Bereiche furter Zeichnung übereinstimmen. Daher flächig zu lavieren. Für die hellsten, im stellt sich die Frage, ob es sich tatsächlich Sonnenlicht stehenden Stellen ließ Pronk | 1 | Auf der Rückseite befindet sich eine weitere Ansicht von Zwolle, von der es ebenfalls eine ausgeführte Fassung – oder um eine Vorzeichnung handelt oder vielleicht das Papier vollständig unbearbeitet. Wiederholung – im Städel Museum gibt (Hafenansicht von doch um eine gezeich­nete Kopie, die Pronk Im Unterschied zu frühen, malerisch Zwolle, Inv. Nr. 3131). Das beidseitig bezeichnete Studienblatt für seinen eigenen Gebrauch angefertigt tonigen Blättern wie etwa der Ansicht des in Privatbesitz ließ sich durch die Recherche im Nederlands Instituut voor Kunstgeschiedenis in Den Haag (RKD) identifi- hat. Die am oberen Rand notierten Namen Klosters Mariëndaal (Kat. Nr. 25) setzte zieren, vgl. URL: https://rkd.nl/nl/explore/images/record?- der dargestellten Bauwerke gab er in dem Pronk in seinen späteren Zeichnungen aus query=cornelis+pronk+zwolle&start=0 (letzter Zugriff am für den Verkauf bestimmten Blatt unterhalb den 1740er und 1750er Jahren die Licht- 26. 8. 2019). | 2 | Die Bezeichnung »Kampoort« unter dem Blatt ist entweder eine geläufige Abkürzung der Zeit oder der Darstellung in sorgfältig ausgeführter­ und Schattenflächen schärfer und kon­ ein Schreibfehler. | 3 | Heute Liebfrauenbasilika (Basiliek van Typografie mit der Feder wieder. trastreicher voneinander ab. Die Ansicht Onze-Lieve-Vrouw-ten-Hemelopneming).

92 ABRAHAM DE HAEN (Amsterdam 1707–1748 Amsterdam)

Zeichner von topografischen Ansichten; wird zunächst als Jurist ausgebildet; seine frühes­ ten Zeichnungen stehen unter dem stilistischen Einfluss von Abraham Rademaker( Kat. Nr. 10–11); von 1728 an erhält er Unterricht bei Cornelis Pronk (Kat. Nr. 25, 26, 27, 28); auf Studienreisen durch die Niederlande entstehen zahlreiche topografische Zeichnungen von Denkmälern, Schlössern, Burgen und Ruinen im Stil seines Lehrers; arbeitet neben Pronk und Jan de Beijer (Kat. Nr. 30) für Het Verheerlykt Nederland (1745–1774) von Isaac Tirion (1705–1765); Lehrer von Hendrik Spilman (1721–1784); auch als Dichter tätig.

LITERATUR Van Gool 1750/51, II, S. 198 f. | Minneapolis/Toledo/Philadelphia 1971, S. 49 f. | Den Haag 1984, S. 134 | Gevers/ Mensema 1985 | Gerlagh/Kasteleyn/Otten 1997, S. 153–160

29 Ansicht der Grote Kerk in Rotterdam, 1737

Pinsel in Grau, über Grafit, auf geripptem Anders als sein Lehrer Cornelis Pronk, zu Mittagssonne und ihre harten Schlagschat­ Büttenpapier; zwei allseitige Einfassungslinien dessen Motiven zum Beispiel auch zeitge­ ten auf der Architektur wiederzugeben. (die innere breiter als die äußere) mit der Feder in Schwarz; 214 × 232 mm; leichte Stockflecken, nössische Landhäuser zählten, spezialisierte Einzelne dunklere Akzente erreichte er am linken Rand mittig brauner Klebstoffrück­ sich Abraham de Haen ausschließlich auf durch nochmaliges Übergehen mit dem stand, in der oberen linken Ecke zwei Druck- das Zeichnen historisch bedeutsamer Bau­ Pinsel. Während die Architektur vor allem punkte, auf Höhe der unteren äußeren Einfas- 1 sungslinie starke horizontale Knickfalte; auf werke. In Rotterdam hielt der Künstler das aus unterschiedlich abgetönten Flächen dem Verso oben links und rechts verschmutzte markanteste Gebäude der Stadt zeichnerisch aufgebaut ist, erzielte er bei den Bäumen Klebstoffspuren aufgrund einer älteren Montie- fest, die Grote Kerk.2 Die dem Schutzpatron durch das einfache oder mehrfache Überei­ rung, entlang des rechten Blattrandes Papier­ Rotterdams, dem Heiligen Laurentius, nandersetzen einzelner Pinselstriche den oberfläche teilweise abgeschält Wasserzeichen: an der unteren Blattkante geweihte Kirche wurde von 1449 bis 1525 Eindruck dichten Blattwerks und dreidi­ mittig Krone mit Lilie, angeschnitten (Teil errichtet. Am Anfang des 17. Jahrhunderts mensionaler Fülle der Baumkronen. einer Straßburger Lilie im Wappenschild?) setzte man dem unfertig wirkenden, stump­ De Haen orientierte sich eng an dem Bezeichnet am unteren Rand mittig mit dem Pinsel in Grau »GROOTE KERK te ROTTER- fen Kirchturm eine hölzerne Turmspitze Stil und der Technik seines Lehrers Corne­ DAM. 1733.«, rechts daneben vom Künstler auf, die jedoch aufgrund von Fäulnis bereits lis Pronk und übernahm von ihm die wir­ signiert »A. de Haen ad viv: del:«, darüber 1642 wieder abgetragen wurde.3 De Haen kungsvolle Inszenierung des Lichts. Beide innerhalb der Einfassungslinien »1737« Auf dem Verso unten links Stempel des Städel- steigerte in seiner Zeichnung den gewaltigen fertigten auch Zeichnungen nach Entwür­ schen Kunstinstituts (L. 2356), oberhalb des Eindruck des Gotteshauses durch den nied­ fen des jeweils anderen an, sodass sich Stempels bezeichnet mit dem Bleistift »A d rigen Betrachterstandpunkt und die geringe unsignierte Werke mitunter nicht ohne Haan / hogg 8 / breet 9 duim«, unterhalb des Stempels bezeichnet mit dem Bleistift »f 44«, Größe der dargestellten Passanten, Schiffer Zweifel zuschreiben lassen. Das Frankfurter darunter »H. N 30«, in der unteren linken Ecke und Arbeiter. Indem er das Gebäude am Blatt bezeichnete der Künstler rechts unter­ bezeichnet mit der Feder in Graubraun »34« rechten Bildrand in den Bildausschnitt ein­ halb der Darstellung »A. de Haen ad viv:

Inv. Nr. 3566 bezog, verlieh er der Zeichnung Räumlich­ del:«; eine Formel, von der wir wissen, dass keit und Tiefe und deutete die städtische der Künstler sie nur für Zeichnungen nach PROVENIENZ Lage des Kirchenbaus an. seinen eigenen Entwürfen verwendet hat.4 Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), Frankfurt am Main; 1817 erworben für das Der Künstler legte die Komposition der Großen Wert legte de Haen auf genaue Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main Zeichnung in Grafit an und führte sie mit dokumentarische Angaben. Unterhalb der (Catalogue 1825) dem Pinsel in unterschiedlichen Grauabstu­ Darstellung hat er den Namen des darge­

LITERATUR fungen aus. Hellen, zum Teil unbearbeite­ stellten Bauwerks und die Jahreszahl »1733« keine Veröffentlichung bekannt geworden ten Flächen setzte er dunklere Partien ent­ angegeben. In der rechten unteren Ecke des gegen, um so das gleißende Licht der hellen Bildfelds vermerkte er noch ein weiteres

93 Inv. Nr. 3562. Im Städel Museum befinden sich heute insge- Datum: »1737«, das Jahr der Ausführung möglicherweise mit einem besonderen samt elf Zeichnungen des Künstlers. Neun dieser Blätter des Frankfurter Blattes.5 Das frühere Datum Bezug zu Rotterdam – geschaffen. Grund­ stammen aus der Sammlung von Johann Friedrich Städel bezieht sich auf das Jahr, in dem der Künst­ sätzlich kann es sich aber auch um eine (Het Huis te Altena by Delft, Inv. Nr. 3558; Het Huis te Persyn, Inv. Nr. 3559; Het Slot te Boksmeer, Inv. Nr. 3560; Kasteel te ler das vor Ort entstandene Studienblatt Vorlage für eine Druckgrafik gehandelt Gemert, Inv. Nr. 3561; Veenhuis, Inv. Nr. 3562; Lips by Voor- angefertigt hat: »ad viv:[um] del:[ineavit]« haben, die dann nicht ausgeführt worden schoten, Inv. Nr. 3563; Mylpaal in Tulpinburg, Inv. Nr. 3565; (nach dem Leben gezeichnet). Die autono­ ist.7 Gezicht in Drenthe, Inv. Nr. 3567; Gezicht aan den Yssel, Inv. Nr. 3568), zwei wurden von Johann Georg Grambs erworben men Zeichnungen – zum Teil fertigten die (Huis Heringa te Marsum, Inv. Nr. 3564; Kat. Nr. 29). Vier topografischen Zeichner des 18. Jahrhun­ weitere Zeichnungen aus dem Besitz von Johann Friedrich derts mehrere Fassungen nach ihren auf | 1 | Vgl. Gerlagh/Kasteleyn/Otten 1997, S. 157 f. | 2 | Auch Städel wurden in den 1860er Jahren verkauft. | 6 | Vgl. Laurenskerk (Kirche des Heiligen Laurentius) genannt. / / Reisen ausgeführten Studienblättern an Gerlagh Kasteleyn Otten 1997, S. 156. | 7 | 1739 gab Isaac | 3 | Bei der Bombardierung Rotterdams 1940 durch die Tirion den ersten Band seiner Publikation Tegenwoordige 6 – konnten durchaus Jahre später entstehen. deutsche Luftwaffe stark beschädigt, wurde die Grote Kerk Staat der Vereenigde Nederlanden heraus. Es ist denkbar, Zu welchem Zweck wurde das Frankfur­ bis 1968 in ihrer historischen Gestalt wieder aufgebaut. dass Abraham de Haen die Zeichnung als Vorlage für die | | Vgl. Gerlagh/Kasteleyn/Otten 1997, S. 156. | | Auch ter Blatt angefertigt? Wahrscheinlich wurde 4 5 Druckgrafik ausführte, sich Tirion 1744 im 15. Band zu Rotter- andere Zeichnungen de Haens in der Sammlung des Städel dam jedoch für einen anderen Entwurf des Künstlers ent- es für einen Liebhaber oder Sammler – Museums tragen zwei Jahreszahlen, etwa Inv. Nr. 3561 und schied, vgl. Tegenwoordige Staat 1739–1803, Bd. XV, S. 234.

94 JAN DE BEIJER (Aarau 1703–1780 in oder bei Emmerich am Rhein1)

Zeichner und Maler von Denkmälern und Sehenswürdigkeiten, Stadt- und Dorfansichten sowie Landschaften; in der Schweiz geboren, wächst er im deutschen Emmerich am Rhein auf und wird in den Jahren 1735/36 bei Cornelis Pronk (Kat. Nr. 25, 26, 27, 28) in Amster­ dam ausgebildet;2 liefert neben Pronk und Abraham de Haen (Kat. Nr. 29) den größten Teil der Entwürfe für das topografische Sammelwerk Het Verheerlykt Nederland (1745–1774) von Isaac Tirion (1705–1765); seit 1751/52 erlernt er das Malen bei Jan Maurits Quinkhard (1688–1772) in Amsterdam und gründet mit Kollegen eine Zeichengesellschaft; um 1770 kehrt er nach Emmerich zurück.

LITERATUR Van Gool 1750/51, II, S. 199 f. | Van Eijnden/Van der Willigen 1816–1840, II, S. 37 ff.; Anhang, S. 161 | Romers 1969 | Minneapolis/Toledo/Philadelphia 1971, S. 27 f. | Kleve 1980 | Den Haag 1984, S. 129 | Paris/Amsterdam 1990/91, S. 28 | Gerlagh/ Kasteleyn/Otten 1997, S. 160 –163

30 Ansicht der Kirche von Bloemendaal bei Haarlem, 1746

Pinsel in Grau, über Grafit, stellenweise Jan de Beijer zählt neben seinem Lehrer Papier ließ er stellenweise unbearbeitet und beschabt (am Hut der rechten Dame der Cornelis Pronk und seinem Mitschüler nutzte die helle Farbe des Papiertons, um mittleren Figurengruppe), auf geripptem Büttenpapier; allseitige Einfassungslinie mit Abraham de Haen zu den bedeutendsten das warme Licht der tiefstehenden Sonne zu der Feder in Schwarz (links und unten breit, topografischen Zeichnern in den Niederlan­ erzielen. Anders als Cornelis Pronk oder oben und rechts schmal), an der oberen den der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Abraham de Haen ging es ihm nicht um einen Blattkante möglicherweise eine zweite Einfas- sungslinie beschnitten; 161 × 206 mm; in den Auf Zeichenreisen durch die niederländi­ kontrastreichen Hell-Dunkel-Effekt mittels vier Ecken Einstichlöcher, obere und untere schen Provinzen entstanden unzählige starker Schlagschatten, sondern um eine linke Ecke muten bläulich an (blaues Papier Studien nach der Natur – ein wertvoller sanfte, gleichmäßig silbrig-graue Wirkung. von einer früheren Montierung?), Metallein- schlüsse mit oxidierten Höfen, zwei kleine Motivschatz für den Künstler, aus dem er Der dokumentarische Charakter der braune Farbflecken im Bereich der mittleren für seine im Atelier ausgeführten, feinen Zeichnung wird durch eine Notiz auf der Baumkronen, in der unteren Blatthälfte Mitte Pinselzeichnungen schöpfte.3 Rückseite des Blattes deutlich. Dort hat schräge Quetschfalte; auf dem Verso am Das Frankfurter Blatt zeigt die Kirche der Künstler den dargestellten Ort und eine rechten Rand (Klebstoff-) Reste einer älteren Montierung von Bloemendaal, einem kleinen Ort nord­ Jahreszahl festgehalten: »t’ Dorp Bloemen­ Wasserzeichen: in der rechten unteren Ecke westlich von Haarlem. Die Kirche mit dem dal by Harlem / De Beijer ad vivum delin: Krone mit Lilie, angeschnitten (Teil einer markanten Dachreiter wurde 1636 einge­ 1746«. Guido de Werd geht davon aus, dass Straßburger Lilie im Wappenschild?) Auf dem Verso am unteren Rand bezeichnet in weiht und ist bis heute beinahe unverändert sich die Datierung nach dem Zusatz »ad schwarzem Stift »t’ Dorp Bloemendal by erhalten geblieben.4 In de Beijers Zeichnung vivum« bei de Beijer – anders als bei seinem Harlem / De Beijer ad vivum delin: 1746«, ist das Kirchengelände von hohen Bäumen Lehrer Pronk – immer auf das Entstehungs­ unten links in der Ecke mit dem Bleistift No. 70 umgeben, deren dichte Kronen den Blick jahr der ausgeführten Zeichnung bezieht » 1 =«; am unteren Rand über der Auf- schrift Stempel des Städelschen Kunstinstituts auf das Bauwerk teilweise verstellen. Auf und nicht auf eine erste, vor Ort entstan­ (L. 2356) mit »6« oder »9« überstempelt, der Dorfstraße rechts beleben drei wohlha­ dene Studie, die zum Teil Jahre früher unten links Stempel des Städelschen Kunstins- 5 tituts (L. 2356) mit der dazugehörigen Inven- bend gekleidete Spaziergänger, eine Pferde­ angefertigt worden sein konnte. Da de tarnummer in Bleistift »3831« kutsche vor einem Wirtshaus, ein neugieri­ Beijer im Jahr 1746 Bloemendaal besuchte, ger Hund und weitere Figuren die Szene. dürften im Fall unserer Zeichnung sowohl Inv. Nr. 3831 Bevor de Beijer die Zeichnung sorgfältig die (nicht erhaltene) Studie vor Ort als mit dem Pinsel ausführte, legte er die Kom­ auch die ausgeführte Fassung in demselben position mit zarten Linien in Grafit an. Das Jahr entstanden sein.6

95 PROVENIENZ Mit hoher Wahrscheinlichkeit begann de De Beijer fertigte häufig mehrere Zeichnungen Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), Frankfurt am Main; 1817 erworben für das Beijer um 1740, im Auftrag von Verlegern nach seinen auf Reisen entstandenen Studien Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main durch das Land zu reisen. Wie Cornelis an. Das Amsterdamer Rijksprentenkabinet (Catalogue 1825) Pronk und Abraham de Haen lieferte er bewahrt eine etwas kleinere, sorgfältig aqua­

LITERATUR über Jahre hinweg Vorlagenzeichnungen rellierte Version der Ansicht der Kirche von Romers 1969, S. 75, Nr. 863 für das neunbändige topografische Bloemendaal auf (Abb. 2). Die Perspektive Sammelwerk­ Het Verheerlykt Nederland. auf die Kirche ist in den beiden Zeichnun­ Über die Hälfte der 754 Ansichten, die gen und der Druckgrafik identisch, die Staf­ Hendrik Spilman (1721–1784), ein Schüler fage unterscheidet sich. Die Radierung für de Haens, für diese Publikation in die Het Verheerlykt Nederland ist mit 69 × 97 mm ­Technik der Radierung übertrug, gehen bedeutend kleiner als beide Zeichnungen. auf Jan de Beijer zurück. Die Ansicht der Auch wenn man nicht ausschließen kann, Kirche von Bloemendaal bei Haarlem wurde dass das Frankfurter Blatt Hendrik Spilman erst 1752, sechs Jahre nach der Ausführung als Vorlage für die Radierung diente, muss des Frankfurter Blattes, im vierten Band man doch davon ausgehen, dass neben dem von Het Verheerlykt Nederland seitenrichtig Frankfurter und dem Amsterdamer Blatt abgedruckt (Abb. 1).7 eine weitere Zeichnung existierte, welche Während de Beijer in der Frankfurter die Ansicht der Kirche ohne die verstellen­ Zeichnung die Kirche und die umliegende den Bäume zeigte und in ihren Maßen viel­ Natur so dargestellt zu haben scheint, leicht sogar der Radierung entsprach. wie er sie vor Ort vorfand, ist der untere Das Frankfurter Blatt ist eine autonome Rand der Baumkronen in der Druckgrafik Zeichnung mit einem hohen künstlerischen im Vergleich zur Zeichnung höher ange­ und ästhetischen Anspruch. Diese waren setzt, sodass der Kirchenbau besser zu sehr gefragt bei zeitgenössischen Samm­ sehen ist. Obgleich das Genre der topo­ lern, die sie häufig mit anderen topografi­ grafischen Zeichnung eigentlich eine detail­ schen Zeichnungen, aber auch gedruckten getreue, wirklichkeitsnahe Erfassung des Darstellungen in sogenannten Atlanten dargestellten Bauwerks einfordert, wird aufbewahrten. Die hier besprochene Zeich­ der Blick auf die Kirche in der Zeichnung nung Jan de Beijers stammt aus der Samm­ de Beijers durch das reiche Blattwerk lung von Johann Georg Grambs. Bei Johann der umstehenden Bäume zugunsten einer Friedrich Städel war der Künstler offenbar atmosphärischen Gesamtwirkung zum gleichermaßen beliebt. Beide Sammler Teil verstellt. besaßen mehrere Zeichnungen de Beijers.8

Abb. 1 Hendrik Spilman (nach Jan de Beijer), Die Kirche in Bloemendaal (untere Darstellung), 1752, Kupferstich und Radierung, ca. 69 × 97 mm, Rijksprentenkabinet, Rijksmuseum, Amsterdam, Inv. Nr. RP-P-AO-9-66-7

Abb. 2 Jan de Beijer, Ansicht der Kirche von Bloemendaal, Wasserfarben, auf Papier, 111 × 154 mm, Rijksprentenkabinet, Rijksmuseum, Amsterdam, Inv. Nr. RP-T-1898-A-3672

96 | 1 | Vgl. Kleve 1980, S. 14. Über den Sterbeort Jan de Beijers Orte, die de Beijer im jeweiligen Jahr besuchte, findet sich bei Bd. 4, 1752, Abb. 312. | 8 | Heute befinden sich noch sechs herrscht bis heute keine Einigkeit. Eine häufig genannte Romers 1969, S. 24–28. | 4 | An der Südseite wurde im Jahr Zeichnungen Jan de Beijers im Städel Museum. Davon Alternative zu Emmerich stellt die Stadt Doesburg in der 1916 ein Versammlungsraum angebaut. | 5 | Vgl. Kleve 1980, kommen vier Blätter aus der Sammlung von Johann Friedrich Provinz Gelderland dar, nicht weit entfernt von Emmerich am S. 21. Eine dem Frankfurter Blatt vorausgegangene Studie an Städel (St. Martini in Emmerich, Inv. Nr. 3827; Ruine der Rhein. Dort lebte ein Bruder des Künstlers, vgl. dazu Romers Ort und Stelle konnte bislang nicht nachgewiesen werden. Vinzentiuskapelle/Schleuse bei Emmerich, Inv. Nr. 3828; De 1969, S. 10. | 2 | Vgl. Gerlagh/Kasteleyn/Otten 1997, S. 160– | 6 | Romers geht davon aus, dass de Beijer 1746 in Bloe- Steenpoort/Leeuw Poort tot Emerik, Inv. Nr. 3829; Le Château 162. Guido de Werd geht aufgrund einer Passage bei Johan mendaal war, vgl. Romers 1969, S. 27. In seinem Werkkatalog Sèlesin près de Liège, Inv. Nr. 3830), zwei aus der Sammlung van Gool davon aus, dass de Beijer in der Zeit von 1722 bis nennt Romers das Frankfurter und das Amsterdamer Blatt von Johann Georg Grambs (Kat. Nr. 30; Ansicht von Alde- 1731 ausgebildet wurde, vgl. dazu Kleve 1980, S. 10 und Van sowie die Radierung in Het Verheerlykt Nederland, vgl. Romers boarn, Inv. Nr. 3832). Vier weitere Zeichnungen von Städel Gool 1750/51, S. 199. | 3 | Eine chronologische Auflistung der 1969, Nr. 863, 864. | 7 | Het Verheerlykt Nederland 1745–1774, (2) und Grambs (2) wurden in den 1860er Jahren verkauft.

97 JACOB VAN LIENDER (Utrecht 1696–1759 Utrecht)

Arzt, Botaniker und Amateurzeichner von arkadischen Landschaften und topografischen Ansichten; 1737 wird er Mitglied der Utrechter Zeichenakademie (Tekenacademie), 1741 Dekan, verlässt aber ein Jahr später die Gesellschaft; Lehrer seiner Neffen Pieter Jan( 1727– 1779) und Paulus van Liender (Kat. Nr. 32, 79).

LITERATUR Van Gool 1750/51, II, S. 238–241 | Van Eijnden/Van der Willigen 1816–1840, II, S. 50 f.; Anhang, S. 164 | Thie- me-Becker, XXIII, S. 209 | Utrecht 1980

31 Ansicht der Wittevrouwenpoort in Utrecht, um 1750

Wasser- und wenig Deckfarben, über schwar- Es gibt im 18. Jahrhundert keine anderen den Blick auf die Architektur, die im Son­ zem Stift, auf geripptem Büttenpapier; allsei- Künstler, die die niederländische Stadt nenlicht hervortritt, und binden diese tige Einfassungslinie mit dem Pinsel in Schwarzbraun (mit erhöhtem Bindemittelan- Utrecht so umfassend ins Bild gebracht zugleich in eine Landschaftskomposition teil); 192 × 294 mm; Bleiweißschwärzung haben wie Jacob van Liender und seine ein. Unterschiedliche Staffage, wie das am (partiell ausgebrochen oder abgeschabt), Neffen und Schüler Pieter Jan und Paulus vorderen Bildrand dargestellte voll besetzte Papieroberfläche teilweise angeschmutzt 1 (besonders im Himmel), wenige Flecken; auf van Liender. Eines der Stadttore, die soge­ Boot, mehrere Wasservögel und Figuren­ dem Verso am rechten Blattrand Farbverquet- nannte Wittevrouwenpoort (Weißfrauentor) gruppen am Ufer des Gewässers, beleben schung der Einfassungslinie von recto, Werk- an der Nordostseite der alten Stadtmauer, die Szene. stattspuren (graue Farbklekse), entlang des rechten Blattrandes Reste einer älteren Mon- haben alle drei wiederholt gezeichnet und Im Vergleich mit dem äußerst präzisen tierung gemalt.2 Es war eines von vier mittelalterli­ und detaillierten Zeichenstil seines Neffen Wasserzeichen nicht vorhanden chen Stadttoren Utrechts, das 1649 nach Paulus van Liender wirkt die Zeichenweise Auf dem Verso unten rechts signiert mit der Feder in Braun »J. Van Liender«; unten links einem Entwurf von Hendrik Aertsz. Struys des älteren van Liender schematischer. Die Stempel des Städelschen Kunstinstituts (gest. 1654) als monumentaler Zentralbau Konturlinien des Stadttors zeichnete er mit (L. 2356) mit der dazugehörigen Inventar­ erneuert wurde. Die bekrönende Laterne spitzem Pinsel vor und führte die Flächen nummer in Bleistift »3320«, rechts daneben stammt von dem Hofarchitekten Pieter Post anschließend in zarten Farbtönen aus. Die in Bleistift »80« (1608–1669). Seinen Namen trug das Tor Baumkronen und die Wasseroberfläche Inv. Nr. 3320 wegen eines in der Nähe befindlichen Klos­ hingegen legte er mit dem Pinsel in ver­ ters (Wittevrouwenklooster). Der aufwendige schiedenen Tönungen flächig an und über­ PROVENIENZ Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), Torbau wurde um die Mitte des 19. Jahr­ arbeitete sie anschließend mit kleinen, Frankfurt am Main; 1817 erworben für das hunderts abgerissen. Onkel und Neffen van kurzen Pinselstrichen. Die wirkungsvolle Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main Liender ist es zu verdanken, dass die Witte­ Spiegelung der Architektur auf der Was­ (Catalogue 1825) vrouwenpoort gut dokumentiert ist. Als seroberfläche erinnert an die Lichteffekte LITERATUR markante Bauwerke und Orte des Eintre­ von Cornelis Pronk (Kat. Nr. 25, 26, 27, 28). Utrecht 1980, S. 33, Kat. Nr. 13 tens und Verlassens waren Stadttore bei den Auch diesen Aspekt verfeinerte Jacobs Neffe niederländischen topografischen Künstlern Paulus van Liender, der um 1750 in Amster­ des 18. Jahrhunderts ein beliebtes Motiv dam bei Pronk in der Lehre war.3 (vgl. Kat. Nr. 31, 36). Jacob van Liender hat die Frankfurter Jacob van Liender hat das Utrechter Zeichnung auf der Rückseite signiert, Stadttor von dem außerhalb der Stadtmauer jedoch nicht datiert. Die Zeichnungen und gelegenen Ufer eines Kanals festgehalten. Gemälde, die er und seine Neffen von dem Die dicht stehenden Bäume entlang des Stadttor angefertigt haben, werden von der Gewässers und der Uferpromenade lenken Forschung in das Jahrzehnt von 1750 bis

98 1760 datiert. Eine heute nicht mehr nach­ | 1 | Johann Georg Grambs besaß Zeichnungen von allen van weisbare Gemäldefassung von Pieter Jan Lienders, darunter drei von Jacob (Ansicht der Stadtmauer von Utrecht, Inv. Nr. 3317; Bauernhaus am Wasser, Inv. van Liender, welche dieselbe Ansicht wie Nr. 3318; Kat. Nr. 31). Aus der Sammlung von Johann Fried- die Frankfurter Zeichnung zeigen soll, ist rich Städel stammen zwei Blätter von Jacob van Liender 1758 entstanden. Das Frankfurter Blatt (Weite Landschaft, Inv. Nr. 3316; Waldlandschaft, Inv. 4 Nr. 3319) und weitere von Paulus van Liender (vgl. Kat. wird um 1750 datiert. Nr. 32, Anm. 2). | 2 | Vgl. Utrecht 1980, Kat. Nr. 13, 16, 21, 28, 35, 83. | 3 | Vgl. Gerlagh/Kasteleyn/Otten 1997, S. 152. | 4 | Vgl. Utrecht 1980, Kat. Nr. 28.

99 PAULUS VAN LIENDER (Utrecht 1731–1797 Utrecht)

Zeichner und Radierer von Dorf- und Stadtansichten sowie Waldlandschaften; Schüler seines Onkels Jacob van Liender (Kat. Nr. 31); um 1750 erhält er Unterricht bei Cornelis Pronk (Kat. Nr. 25, 26, 27, 28) in Amsterdam; fertigt in der Zeit von 1758 bis 1762 zahlreiche Radierungen nach Entwürfen von Jan de Beijer (Kat. Nr. 30) an, mit dem er auch Zeichen­ reisen unternimmt; von 1760 bis 1794 lässt er sich als Holzhändler in Haarlem nieder und ist dort 1772 eines der Gründungsmitglieder der Haarlemer Zeichenakademie (Haarlemse Teekenacademie); Lehrer von u. a. Hermanus Petrus Schouten (Kat. Nr. 36) und Franciscus Andreas Milatz (Kat. Nr. 37, 80).

LITERATUR Van Eijnden/Van der Willigen 1816–1840, II, S. 220 ff. | Minneapolis/Toledo/Philadelphia 1971/72, S. 60 | Utrecht 1980 | Paris/Amsterdam 1990/91, S. 98 | Amsterdam 1997/98, S. 367

32 Lisse bei Haarlem, 1775

Wasserfarben, über schwarzem Stift, auf Zum Entstehungszeitpunkt der Frankfurter ragt über die Baumkronen hinaus und wird geripptem Büttenpapier; zwei allseitige Einfas- Zeichnung hatte Paulus van Liender seiner von den Bäumen des Vordergrunds effekt­ sungslinien mit der Feder in Grau, am äußeren Blattrand mit dem Pinsel laviert; 216 × 289 mm; Heimatstadt Utrecht den Rücken gekehrt voll gerahmt. oben Mitte Quetschfalte; auf dem Verso oben und war nach Haarlem gezogen, wo er Verglichen mit der Zeichenweise seines Mitte Reste einer älteren Montierung, an gemeinsam mit Cornelis Ploos van Amstel Onkels Jacob van Liender fällt der hohe dieser Stelle Papieroberfläche teilweise abge- schält (Kat. Nr. 22) einen Holzhandel erworben Grad an Präzision auf, mit dem Paulus van Wasserzeichen: Wappen (Schild dreimal hatte. An seine Zeichentätigkeit in Utrecht Liender seine Zeichnungen mit spitzem schräg geteilt), darüber Lilie, darunter die anschließend, unternahm er auch Reisen in Pinsel detailreich und mit größter Sorgfalt Buchstaben »VD[ligiert]L« (ähnlich Churchill 433) das Haarlemer Umland, um dort Studien ausführte. Von seinem Lehrer Cornelis Auf dem Verso mittig unten bezeichnet und für seine Dorf- und Stadtansichten anzufer­ Pronk hatte er den aufmerksamen Blick für datiert mit der Feder in Schwarz »Lis bij tigen. Von den 1780er Jahren an zeichnete Details übernommen und den stimmungs­ Haarlem 1775«, in der unteren rechten Ecke er zahlreiche Baumlandschaften im Haarle­ vollen Umgang mit Licht und Schatten signiert »Paul van Liender fec: 1775«; unten links Stempel des Städelschen Kunstinstituts mer Wald und wohl auch im Nordosten erlernt. Anders als sein Onkel verstand es (L. 2356) Utrechts, die neue Impulse für die Land­ Paulus van Liender, durch geschickte schaftskunst am Ende des 18. Jahrhunderts Andeutungen die Materialität von Back­ Inv. Nr. 3305 setzten (Kat. Nr. 79).1 Der markante Baum stein, Baumrinde und anderem zu sugge­ PROVENIENZ am rechten Bildrand des Frankfurter Blat­ rieren. Die Staffagefiguren, mit denen er Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), tes könnte auf dieses Interesse van Lienders die Szene belebte, wirken bei ihren unter­ Frankfurt am Main; 1817 erworben für das Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main vorausdeuten. schiedlichen Verrichtungen ein wenig steif (Catalogue 1825) Der Künstler gab in der Zeichnung eine und typenhaft. Ansicht von Lisse wieder, einem Dorf etwa Ein wichtiges Stilmittel in den Zeich­ LITERATUR keine Veröffentlichung bekannt geworden 14 Kilometer entfernt von Haarlem. Die von nungen Paulus van Lienders ist das Licht. Häusern gesäumte Dorfstraße führt auf die Während der Vordergrund im Schatten Grote Kerk zu. Das Bauwerk selbst, das im liegt, fällt von der Seite das Sonnenlicht Verlauf des Achtzigjährigen Krieges (1568– durch eine Lücke zwischen den Häusern 1648) verwüstet und um 1600 wieder auf­ auf den Weg und die gegenüberliegenden gebaut wurde, ist weitgehend von Bäumen Gebäude. Der Kirchenbau in der Ferne verdeckt. Nur der noch aus dem frühen erstrahlt in hellem Sonnenlicht. Mit seiner 16. Jahrhundert stammende Glockenturm Farbpalette erzielte der Künstler eine räum­

100 liche Tiefenwirkung, die durch die unter­ 1775 datiert und von identischen Einfas­ schiedliche Behandlung der Figuren von sungslinien umgeben ist.3 Sie unterstützen dunklen über mittlere bis zu sehr hellen die Funktion als autonomes Kunstwerk Tönen unterstützt wird. und könnten darauf hindeuten, dass die In der Sammlung des Städel Museums so gerahmten Blätter ursprünglich eine befinden sich 14 Zeichnungen von Paulus Gruppe bildeten. van Liender.2 Mit der Ansicht von Overveen bei Haarlem (Abb.) erwarb Johann Georg | 1 | Vgl. Gerlagh 1995, S. 16. | 2 | Davon kommen zwölf Blätter Grambs eine Zeichnung als Pendant, die der aus der Sammlung von Johann Georg Grambs (Kat. Nr. 79; Künstler im selben Jahr wie die Ansicht von De Gehynbrugge bei Utrecht; Inv. Nr. 3000; Buyten de Bens- Lisse angefertigt hat. Die beiden Blätter coper Poort, Inv. Nr. 3301; Landschaft mit Ruine, Inv. Nr. 3302; haben dieselben Abmessungen und entspre­ Landschaft mit Ruine, Inv. Nr. 3303; Waldlandschaft, Inv. Nr. 3304; Kat. Nr. 32; Overveen bei Haarlem, Inv. Nr. 3306 (Abb.); chen sich in ihrer optischen wie techni­ Kanal bei Häusern im Wald, Inv. Nr. 3307; Dorfkirche am schen Erscheinung. Wasser, Inv. Nr. 3308; Landschaft mit Turmruine am Wasser, Bemerkenswert ist auch die sorgfältige Inv. Nr. 3310; Ansicht von Delft, Inv. Nr. 3311), eine Zeichnung aus dem Besitz von Johann Friedrich Städel (Ansicht von Gestaltung der rahmenden Einfassungs­ Rotterdam, Inv. Nr. 3312) und ein weiteres Blatt wurde 1818 linien, mit denen die Ansichten von Lisse erworben (Dordrecht te rien van Papendrecht, Inv. Nr. 3309). und Overveen versehen sind. Im Amsterda­ | 3 | Paulus van Liender, Ansicht der Stadt Montfoort, Was- serfarben, Feder in Grau und Braun, auf Papier, 206 × 262 mm, mer Rijksprentenkabinet wird eine weitere Rijksprentenkabinet, Rijksmuseum, Amsterdam, Inv. Nr. 1882 Zeichnung des Künstlers aufbewahrt, die A 1652, vgl. Paris/Amsterdam 1990/91, Kat. Nr. 98.

Abb. Paulus van Liender, Overveen bei Haarlem, 1775, Wasserfarben, über schwarzem Stift, auf geripptem Büttenpapier, 215 × 287 mm, Graphische Sammlung, Städel Museum, Frankfurt am Main, Inv. Nr. 3306

102 PAULUS CONSTANTIJN LA FARGUE (Den Haag 1728–1782 Den Haag)

Maler, Zeichner und Radierer von topografischen Ansichten, Porträts, Genrestücken und historischen Ereignissen, fertigt auch Nachzeichnungen von Gemälden des 17. Jahrhunderts an; als Künstler Autodidakt; 1761 wird er Mitglied der Malergilde Confrerie Pictura in Den Haag; auch als Dichter tätig.

LITERATUR Van Eijnden/Van der Willigen 1816–1840, II, S. 193 f.; Anhang, S. 178 | Haer 1960 | Klomp 1960 | Minneapolis/ Toledo/Philadelphia 1971/72, S. 43 | Den Haag 1984, S. 23 f. | Dumas 1998 | Paris/Amsterdam 1990/91, S. 84 | Dumas 2012

33 Der Große Marktplatz in Den Haag, nach 1760

Feder in Braun (Eisengallustinte?), Pinsel in Paulus Constantijn la Fargue gilt als pro­ An der Außenwand des Hauses bewerben Grau, über schwarzem Stift, über Spuren einer duktivster und talentiertester von vier Brü­ Plakate den Verkauf von Tulpen, Hyazin­ Quadrierung, auf zart hellbraun getöntem, geripptem Büttenpapier; allseitige Einfassungs- dern und einer Schwester, die alle künstle­ then und Immobilien. La Fargue belebte die linie mit der Feder in Braun; 253 × 408 mm; risch tätig waren.1 Mehr als 1 000 Zeich­ Szene mit verschiedenen Figuren, die ihren zahlreiche feinste Einstichlöcher an der oberen nungen, Gemälde und Druckgrafiken sind alltäglichen Besorgungen nachgehen, und Blattkante, am unteren Rand mehrere Wurmlö- 2 cher (teilweise hinterlegt), ganzflächig Metall­ von seiner Hand erhalten geblieben. Er anekdotischen Details, wie den drei einschlüsse im Papier mit gräulich-braun begann zunächst als Maler großformatiger Hunden im Vordergrund, die sich an liegen­ oxidierten Höfen; auf dem Verso Verschmut- Wanddekorationen und fertigte Kopien von gebliebenen Knochen erfreuen. zungen, Werkstattspuren Wasserzeichen: Straßburger Lilie, im Wappen- Gemälden des 17. Jahrhunderts an, doch Besonders eindrücklich gelang es dem schild, darüber Krone, darunter Marke (»4« ?) unter den zeitgenössischen Sammlern des Künstler, das stimmungsvolle Wechselspiel und die Buchstaben »VD[ligiert]L« (ähnlich 18. Jahrhunderts wurden insbesondere von Licht und Schatten wiederzugeben Heawood 1838) seine topografischen Ansichten, fast aus­ und der Zeichnung einen atmosphärischen Signiert unten links mit der Feder in Braun »P. C. la Fargue / del. & Pinx« schließlich mit Motiven seiner Heimatstadt Gesamteindruck zu verleihen. Die Feder Auf dem Verso bezeichnet mit dem Bleistift Den Haag, zu einem gefragten Sammelob­ nutzte la Fargue vor allem, um die Umrisse »D. Groote Groenmark / in d Haage«; unten jekt.3 der Architektur, der Figuren und Bäume zu links Stempel des Städelschen Kunstinstituts (L. 2356) Die Frankfurter Zeichnung zeigt den markieren und einzelne Akzente zu setzen. Blick von der Prinsegracht auf den Großen Mit dem Pinsel legte er in von hell nach Inv. Nr. 3333 Marktplatz in Den Haag. Über den Dächern dunkel abgetönten Grauwerten Farbflächen PROVENIENZ der Häuser am Ende des Platzes ragt der fest, die sonnige und schattige Bereiche Johann Friedrich Städel (1728 –1816), 1420 errichtete Turm der Grote Kerk empor, definieren. Backsteine und Dachziegel deu­ ­Frankfurt am Main; erworben 1816 als Stiftung der mit seiner sechseckigen Form in den tete er mit zarten Pinsel- oder Federlinien an das Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main (Catalogue 1825) Niederlanden bis heute einzigartig ist. An an, gab sie jedoch nicht mit der gleichen der linken Seite des Platzes steht das Boter- Sorgfalt wieder wie etwa Johannes Huibert LITERATUR huis (Butterhaus), das 1650 von Bartho­ Prins (Kat. Nr. 35). Frankfurt 2000, Kat. Nr. 92 | Sadkov/Dumas 2010, S. 131 (unter Kat. Nr. 189) lomäus von Bassen erbaut wurde. Rechts Unter der Zeichnung sind Reste einer daneben wurde 1681 die Boterwaag (Butter­ Quadrierung sichtbar. La Fargue teilte das waage) angebaut. Über der Eingangstür des Papier in kleine Quadrate ein, bevor er mit Boterhuis erkennt man das Stadtwappen dem Zeichnen begann. Sie dienten ihm Den Haags mit dem Storch im Zentrum. wahrscheinlich als Übertragungshilfe von Links und rechts des Wappens deuten But­ einer heute nicht mehr erhaltenen Vorzeich­ terfässer auf die Funktion des Gebäudes nung. Er konnte sie vielleicht auch nutzen, als Handelsplatz für Butter und Käse hin. um später eine weitere Zeichnung oder ein

103 Gemälde desselben Motivs anzufertigen. Auch sein jüngerer Bruder Jacob Elias mit der Sammlung von Johann Georg Entlang der oberen Kante ist das Blatt (1735–1776 oder später) fertigte mindestens Grambs erworben, der auch zwei Blätter außerdem unregelmäßig durchstochen. drei gezeichnete Varianten des Motivs an.5 von la Fargues jüngerer Schwester Maria Dabei könnte es sich um eine Konstruk­ Eine der weiteren Zeichnungen des Margaretha la Fargue (Kat. Nr. 61) besaß.6 tions- oder eine zusätzliche Übertragungs­ Großen Marktplatzes von Paulus Constan­ Die hier besprochene Darstellung des Grote hilfe handeln. tijn la Fargue wird im Puschkin Museum Markt in den Haag stammt aus dem Besitz Es ist anzunehmen, dass einer bildmäßig in Moskau aufbewahrt (Abb.). Das 1769 von Johann Friedrich Städel. ausgeführten Zeichnung wie dem Frankfur­ datierte Blatt zeigt das Geschehen auf dem ter Blatt eine Studie vorausging, die der Platz an einem Markttag. Mit 407 × 576 mm | 1 | Isaac Lodewijk la Fargue (1726 –1805) und Paulus Künstler vor Ort angefertigt hat. Von Paulus ist die Zeichnung nicht nur bedeutend Constantijn gelten als Autodidakten, die jüngeren Geschwis- Constantijn la Fargue haben sich keine größer als das Frankfurter Blatt, sondern ter Jacob Elias (1735 – um 1776), Karel (1738 –1793) und Skizzenbücher erhalten, seine Geschwister durch ihre farbige Gestaltung auch reprä­ Maria Margaretha la Fargue (Kat. Nr. 61) lernten vermutlich und er führten jedoch oft mehrere­ Versio­ sentativer. Die mehrfache Ausführung des­ von Paulus Constantijn, vgl. dazu Dumas 1998. | 2 | Ebd. | 3 | Neben Zeichnungen und Gemälden radierte Paulus nen desselben Motivs aus, sodass es mit selben Motivs in unterschiedlich aufwendi­ Constantijn la Fargue eine Folge von acht Stadtansichten von hoher Wahrscheinlichkeit einen Zeichnungs­ gen Fassungen zeigt, dass diese Werke ver­ Den Haag, die 1764 sehr erfolgreich durch den Amsterdamer vorrat gab, auf den die Geschwister zurück­ schiedene Bedürfnisse der Käuferschaft Kunsthändler Pieter Fouquet d. J. (1729 –1800) herausgege- ben wurden, vgl. dazu Dumas 1984, S. 23. | 4 | Der lateini- greifen konnten. Die Ergänzung der Signa­ befriedigen sollten. Je nach Auftrag führte sche Zusatz »del[ineavit]« bedeutet »gezeichnet von«, tur unten links durch »del. & Pinx« könnte la Fargue Varianten in unterschiedlichen »pin[xit]« steht für »gemalt von«. | 5 | Vgl. Frankfurt 2000, sich darauf beziehen, dass er das Motiv auch Formaten aus, monochrom oder farbig, S. 212. | 6 | Aus der Sammlung von Grambs stammen das Gemälde Die Korte Mare in Leiden, Inv. Nr. 602 sowie die 4 gemalt hat. Insgesamt sind drei Gemälde­ oder fertigte eine Gemäldefassung an. Zeichnungen Ansicht des Dorfes Katwijk, Inv. Nr. 3334; fassungen und zwei weitere Zeichnungen Im Städel Museum befinden sich fünf Straßenansicht bei einem Stadttor, Inv. Nr. 3335 und Strand­ dieser Ansicht des Grote Markt von der Zeichnungen und ein Gemälde von Paulus ansicht mit Schiff und Pferden, Inv. Nr. 3336. Eine weitere Zeichnung, laut einer Passepartoutnotiz möglicherweise eine Hand Paulus Constantijns erhalten geblie­ Constantijn la Fargue. Der Großteil, das Kopie la Fargues nach einem Original von Karel Dujardin (Inv. ben, alle mit unterschiedlicher Staffage. Gemälde und vier der Zeichnungen, wurde Nr. 783), wurde ebenfalls von Johann Georg Grambs erworben.

Abb. Paulus Constantijn la Fargue, Der Grote Markt in Den Haag, 1769, Feder in Braun, Aquarell, weiß und hellblau gehöht, auf Papier, 407 × 576 mm, The Pushkin State Museum of Fine Arts, Moskau, Inv. Nr. 4236

104

HENDRIK SCHEPPER (Amsterdam 1741–1794 Amsterdam)

Zeichner und Maler von topografischen Ansichten und Landschaften; vermutlich ­Auto­didakt; erwirbt 1764 das Stadtrecht und wird 1766 in die Amsterdamer Lukasgilde eingeschrieben; Mitglied der Zeichengesellschaft Pax Artium Nutrix.

LITERATUR Te Rijdt 2009 | Kievit 2019

34 Ansicht der Kloveniersdoelen in Amsterdam, 1765

Pinsel in Grau und Schwarz, über Grafit, auf Bis Robert-Jan te Rijdt 2009 einen Aufsatz Stadtmauer aus dem späten 15. Jahrhun­ geripptem Büttenpapier; allseitige Einfassungs- über den Maler und Zeichner Hendrik dert. Mit einem in der ersten Hälfte des linie mit dem Bleigriffel, an den äußeren Blatt­kanten Reste einer zweiten Einfassungs­ Schepper publizierte, herrschte nicht 17. Jahrhundert errichteten Erweiterungs­ linie in schwarzer Tinte; 217 × 362 mm; Metall­ einmal Einigkeit über den Vornamen des bau, der in der Zeichnung Scheppers links einschlüsse im Papier, vereinzelt Stockflecken, Künstlers. Bereits zu seinen Lebzeiten war des Turmes wiedergegeben ist, wurde der zwei Risse an der oberen Blattkante; auf dem Verso an der oberen Blattkante Reste einer dieser offenbar nur einem kleinen Kreis Gebäudekomplex als Vereinshaus der loka­ 1 älteren Montierung bekannt; die zeitgenössischen Künstlerbio­ len Schützengilde genutzt, Kloveniersdoelen Wasserzeichen: Straßburger Lilie, im Wappen- grafien des 18. und frühen 19. Jahrhunderts genannt. Dort hing bis 1715 unter anderem schild, darüber Krone, darunter Marke (»4« ?) nennen ihn nicht. Heute sind nur noch Rembrandts (1606–1669) Gemälde der und die Buchstaben »WR« [ligiert] (ähnlich Heawood 1828) wenige seiner Werke, elf Zeichnungen und Nachtwache, ein 1642 fertiggestelltes Grup­ Signiert und datiert »H Schepper / 1765« (auf zwei Gemälde, erhalten.2 penporträt der Amsterdamer Büchsenschüt­ dem schwimmenden Fass) Umso bemerkenswerter erscheint es, zengilde.6 Das auf der rechten Seite in der Auf dem Verso links der Mitte bezeichnet in Grafit »d, Doelen Liende [?] na d, Nieuw dass sich im Städel Museum gleich vier Ferne zu erkennende ehemalige Stadttor Markt« und mittig unten in anderer Hand- Blätter Scheppers befinden. Drei von ihnen Sint-Antonispoort wurde im 18. Jahrhundert schrift »Schepper.«; links unten in der Ecke kommen aus dem Besitz von Johann Georg von der Lukasgilde genutzt, in die sich Stempel des Städelschen Kunstinstituts (L. 2356) mit der dazugehörigen Inventar­ Grambs, die hier besprochene Ansicht der Schepper 1766 als »Meester-fijnschilder« nummer in Bleistift »3007«, darunter bezeich- Kloveniersdoelen in Amsterdam stammt aus (Meister-Feinmaler) einschreiben ließ.7 net »N= 50=« der Sammlung von Johann Friedrich Schepper belebte seine Ansicht durch zahl­ 3 Inv. Nr. 3007 Städel. Aufgrund des kleinen Œuvres hält reiche Staffagefiguren: Boote werden bela­ die Forschung es für unwahrscheinlich, den und Waren transportiert, es wird PROVENIENZ dass Schepper hauptberuflich als Künstler Wäsche gewaschen, aber auch dem Müßig­ Johann Friedrich Städel (1728 –1816), ­Frankfurt am Main; erworben 1816 als Stiftung tätig war. Dies erscheint auch deshalb plau­ gang gefrönt, wie die Pfeife rauchenden an das Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am sibel, weil Schepper zum Zeitpunkt seines Männer auf dem Boot im Vordergrund ver­ Main (Catalogue 1825) Todes zu den wohlhabendsten Bürgern der anschaulichen. 4 LITERATUR Stadt gehörte. Ob Hendrik Schepper Unterricht im Te Rijdt 2009, S. 48 | Kievit 2019, o. S. (Abb. 9) In der Frankfurter Zeichnung hielt Malen und Zeichnen erhielt oder Autodi­ Hendrik Schepper eine unter Künstlern dakt war, wissen wir nicht. Die atmosphäri­ und Kunstinteressierten bekannte Ansicht sche Wiedergabe des Sonnenlichts erinnert in seiner Heimatstadt Amsterdam fest.5 an die lichtdurchfluteten Kompositionen Der Turm in der Mitte der Komposition, von Cornelis Pronk (Kat. Nr. 25, 26, 27, 28). genannt Swych Utrecht, gehörte – wie auch Im Unterschied zu diesem grenzte Schepper die im Hintergrund wiedergegebene Sint-­ in der Frankfurter Ansicht jedoch weniger Antonispoort, ein ehemaliges Stadttor – zu streng große, abstrahierende helle und den letzten verbliebenen Überresten der dunkle Flächen gegeneinander ab. Mit

106 kurzen Pinselstrichen setzte er Akzente, Gemälde nicht datiert. Es lässt sich nicht und 1820 einzelne Zeichnungen Scheppers verkauft wurden, vgl. Kievit 2019, o. S. | 2 | Für eine Auflistung der Werke des etwa auf den Dächern oder im Mauerwerk. mit Gewissheit sagen, ob das Gemälde der Künstlers vgl. Te Rijdt 2009, S. 48, Anm. 1. Ein zweites Sein Umgang mit Licht und Schatten ist Zeichnung folgt oder die Zeichnung nach Gemälde Scheppers, das te Rijdt noch nicht bekannt war, kleinteiliger, erzählender, dabei erzeugt er dem Gemälde entstanden ist. Die Signatur wurde 2019 in Leiden versteigert (Abb., vgl. Anm. 8). | 3 | Zu der Sammlung von Grambs gehörten die Zeichnungen insgesamt eine gleichmäßigere Wirkung. und die Datierung machen deutlich, dass Landschaft mit Hirte und Vieh, Inv. Nr. 3004; Landschaft am Besonders eindrucksvoll gelang ihm die Schepper die Frankfurter Zeichnung als Waldesrand, Inv. Nr. 3005 und Ansicht des Muiderpoort in Wiedergabe der Spiegelung der umliegen­ autonomes Kunstwerk verstand. Amsterdam, Inv. Nr. 3006. | 4 | Vgl. Kievit 2019, o. S. Kievit den Architektur auf der glatten Oberfläche schreibt, dass Schepper sein beträchtliches Vermögen vor allem mit Finanzgeschäften erwirtschaftete. | 5 | Als der der Amstel. russische Zar Peter der Große (1672–1725) 1697 die Nieder- | | Pim Kievit nimmt an, dass Schepper nicht für den Markt 1 lande besuchte, fertigte etwa der Marinemaler Abraham Auf dem im Wasser schwimmenden produzierte, sondern nur für einen engen Personenkreis, zu Storck (1644 –1708) ein Gemälde derselben Ansicht an. Es Fass signierte der Künstler die Zeichnung welchem er persönlich Kontakt pflegte. Offenbar wurde er zeigt die Schiffe der Moskauer Gesandtschaft bei ihrer von seinem Onkel, dem wohlhabenden Utrechter Sammler und datierte sie in das Jahr 1765. Womög­ Einfahrt in Amsterdam: Abraham Storck, Die Moskauer Johannes van Wessem (gest. 1778) unterstützt, in dessen lich im selben Jahr fertigte Schepper auch Gesandtschaft besucht Amsterdam (29. August 1697), Öl Besitz sich zum Zeitpunkt seines Todes sieben Zeichnungen auf Leinwand, auf Holz aufgezogen, 335 × 428 mm, Rijks- eine Gemäldefassung des Motivs mit verän­ und zwei Gemälde Scheppers befanden. Seine Kunstsamm- museum, Amsterdam, Inv. Nr. SK-A-2132. | 6 | Rembrandt lung sowie eigene Werke vererbte der Künstler seiner Ehe- derter Staffage an, die 2019 in Leiden ver­ Harmensz. van Rijn, Die Nachtwache, 1642, Öl auf Leinwand, frau. Nach deren Tod 1796 verblieb das Haus, in dem sich steigert wurde (Abb.).8 Im Vergleich mit der 379,5 × 453,5 cm, Rijksmuseum, Amsterdam, Inv. Nr. SK-C-5. auch die Sammlung befand, weitere Jahre in Familienbesitz. | 7 | Vgl. Te Rijdt 2009, S. 48, Anm. 5. | 8 | Onder de Boomp- Zeichnung fehlt in der Gemäldefassung am Kievit geht davon aus, dass die Werke des Künstlers bis in das jes, Leiden, Versteigerung am 26. November 2019, Lot 120. rechten Rand ein Streifen. Zudem ist das 19. Jahrhundert zusammenblieben, da erst zwischen 1810

Abb. Hendrik Schepper, Ansicht der Kloveniersdoelen in Amsterdam, 1760–1770, Öl auf Holz, 37 × 49 cm, Kunsthandel P. de Boer, Amsterdam

108 JOHANNES HUIBERT PRINS (Den Haag 1757–1806 Utrecht)

Maler, Zeichner und Radierer von zum Teil erfundenen Stadtansichten und Interieurszenen, fertigt auch gezeichnete Kopien nach Werken des niederländischen 17. Jahrhunderts an; studiert zunächst auf Wunsch seines Vaters Medizin an der Universität in Leiden, arbeitet aber nicht als Arzt; als Künstler Autodidakt; folgt stilistisch den bedeutenden topografi­ schen Künstlern des späten 17. Jahrhunderts, Jan van der Heyden (1637–1712) und Gerrit Berckheyde (1638–1698); ab 1785 Vorstandsmitglied der Malergilde Confrerie Pictura in Den Haag; bereist Brabant und Frankreich.

LITERATUR Van Eijnden/Van der Willigen 1816–1840, II, S. 426–430 | Minneapolis/Toledo/Philadelphia 1971/72, S. 80 – Paris/ Amsterdam 1990/91, S. 114

35 Ansicht einer niederländischen Stadt, 1790

Wasser- und Deckfarben, teilweise mit Pinsel in Die großformatige Zeichnung von Johannes selbstständig an, sodass es umso bemer­ Gummi (arabicum?) übergangen, auf Velin­ Huibert Prins erweckt den Eindruck einer kenswerter ist, mit welcher Präzision er im papier (im Bereich des Himmels und des Kirch­turms weiß grundiert); allseitige Einfas- der Wirklichkeit nachempfundenen nieder­ Stande war, jedes Detail der Architektur sungslinie mit dem Pinsel in Grau, rechts und ländischen Stadtvedute. Der Künstler kom­ wiederzugeben. Er verstand es, die Materia­ unten mit Pinsel in Gummi (arabicum?) über- ponierte in dem Frankfurter Blatt jedoch lität verschiedener Steine anzugeben und gangen; 405 × 539 mm; kleine Verluste von Farbstoff bei den Figuren, ganzflächig wenige Versatzstücke vor Ort gezeichneter Archi­ legte großen Wert auf ein spannungsvolles gelbe Stockflecken; auf dem Verso am rechten tektur zu einer Phantasieansicht, wie er sie Wechselspiel von Licht und Schatten. Blattrand Mitte Reste einer älteren Montierung vor allem in den 1780er und 1790er Jahren Großen Einfluss auf Prins übten topo­ Wasserzeichen nicht vorhanden anfertigte.1 grafische Künstler des 17. Jahrhunderts aus, Signiert unten links mit dem Pinsel in Braun »J. H. Prins f. 1790.« Im Vordergrund der Zeichnung verläuft besonders Jan van der Heyden und Gerrit Auf dem Verso unten mittig Stempel des eine Gracht, die auf der rechten Seite von Berckheyde. Von diesen übernahm er etwa Städelschen Kunstinstituts (L. 2356) einer Brücke überspannt wird. Diese führt die detailreiche und äußerst präzise Wie­ Inv. Nr. 2842 von einem kopfsteingepflasterten Platz und dergabe des Mauerwerks, die Kombination einer Schule (»SCHOOL«) zum Chorum­ verschiedener Architekturelemente und den PROVENIENZ gang einer gotischen Kirche im Zentrum strahlend blauen Himmel, der wesentlich Johann Friedrich Städel (1728 –1816), ­Frankfurt am Main; erworben 1816 als Stiftung des Blattes. Zwischen diesen Architektur­ zur Wirkung ihrer Kunstwerke beiträgt. an das Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am elementen öffnet sich der Blick entlang des Das einzige erhaltene Skizzenbuch des Main (Catalogue 1825) Kanals in die Ferne, in der ein weiterer Künstlers wird im Rijksprentenkabinet in 2 LITERATUR Kirchturm aufragt. Das linke der zwei vor Amsterdam aufbewahrt. Auf 175 Seiten Frankfurt 1991/92, Kat. Nr. 30 | Frankfurt 2000, dem Kirchenbau stehenden Giebelhäuser legte sich Prins darin einen reichen Motiv­ Kat. Nr. 93 auf der linken Seite des Blattes kennzeich­ schatz an, auf welchen er für seine Zeich­ nete Prins als Kaffeehaus( »KOFFY, THEE nungen und Gemälde zurückgreifen konnte. EN CHOCOLADE TE KOOP«), ein Motiv, Mit hoher Wahrscheinlichkeit gab es noch das in den Werken des Künstlers häufig weitere Skizzenbücher, in denen Prins auch vorkommt. Belebt wird die Stadtansicht Motive seiner Reisen nach Brabant und durch lebendig erfasste Staffagefiguren und Frankreich festgehalten haben könnte. Sehr einige Nutztiere, deren Hinterlassenschaf­ häufig waren es lediglich einzelne Gebäude, ten auf dem Pflaster verteilt sind. oft nur Detailstudien, denen seine Auf­ Als Autodidakt eignete sich Prins die merksamkeit galt. Er hielt sie isoliert von Fähigkeit, zu malen und zu zeichnen, ihrer Umgebung fest, angrenzende Häuser

109 führte er meist nur in Ansätzen aus. Auf die Zeichnung vor Ort vorausgegangen ist. schen Sammlern war Johannes Huibert Verteilung von Licht und Schatten legte er Den Gebäuden fehlt es zum Teil an drei­ Prins dennoch gefragt und erzielte hohe bei diesen Studienblättern bereits großen dimensionaler Wirkung, und die Räum­ Summen für seine Werke. Das vorliegende Wert, was den Zeichnungen eine atmosphä­ lichkeit scheint dem Künstler an einigen Blatt stammt aus der Sammlung von Johann rische Wirkung verleiht. Nur gelegentlich Stellen Probleme bereitet zu haben. Friedrich Städel, der insgesamt vier Zeich­ notierte er den Ort, an dem er die jeweilige Der Chorumgang, der mit seinen Kapellen nungen des Künstlers besaß. Johann Georg Studie angefertigt hatte. Neben Architek­ hinter den Giebelhäusern entlanglaufen Grambs hatte sogar neun Zeichnungen von turstudien führte er auch einige farbige sollte, wirkt, als befände er sich mit ihnen Prins in seinem Besitz.4 Waldlandschaften aus. auf einer Ebene. Auch der Kirchturm Der Künstler scheint bei der Frankfurter erweckt den Anschein, etwas versetzt zum Zeichnung auf Motive aus diesem Skizzen­ Kirchenbau zu stehen und nicht wirklich buch zurückgegriffen zu haben( Abb. 1, 2). mit diesem verbunden zu sein. In den Fens­ | 1 | Vgl. Paris/Amsterdam 1990/91, S. 114. | 2 | Skizzenbuch Die zwei Giebelhäuser, die auf der gegen­ tern des Chors und den Giebelfeldern der mit 175 Seiten, um 1783–1797, Rijksprentenkabinet, Rijks- museum, Amsterdam, Inv. Nr. BI-1891-3134. | 3 | Vgl. Van überliegenden Seite der Gracht stehen, sind dort angefügten Seitenkapellen demons­ Eijnden/Van der Willigen 1860–1840, II, S. 428, Anm. 2. zwei Gebäuden, die Prins in seinem Skiz­ trierte Prins architektonische Formenviel­ | 4 | Nachdem 1862 eine der Zeichnungen von Prins verkauft zenbuch festgehalten hat, sehr ähnlich, falt; eine direkte Vorlage für den Bau ist worden ist, befinden sich heute noch acht Blätter des Künst- lers aus der Sammlung von Grambs im Städel Museum kopieren sie aber nicht. Der Künstler war nicht bestimmbar. (Schleusentor bei einer Kirche, Inv. Nr. 3134; Kirche bei einer nicht an einer topografisch korrekten Wie­ Zwar lobten van Eijnden und van der Brücke, Inv. Nr. 3135; Stadtansicht mit Zugbrücke, Inv. dergabe einer realen Stadtarchitektur inter­ Willigen im frühen 19. Jahrhundert die Nr. 3136; Stadtansicht mit Kirche und Brunnenhaus, Inv. Nr. 3139; Schleusentor vor einem Palast, Inv. Nr. 3140; essiert, sondern bemühte sich um eine gefällige Farbauswahl und die exzellente Steinerne Brücke, Inv. Nr. 3141; Schleusentor bei einer Kirche, ausgewogene Komposition, die lediglich Verteilung von Licht und Schatten in den Inv. Nr. 3142). Eine im Catalogue 1825 unter dem Künstlerna- den Eindruck realer Architektur erweckt. Gemälden und besonders auch in den men Cornelis Bega aufgeführte und 1863 als Reproduktions- grafik inventarisierte Nachzeichnung von Prins nach einem Für die Staffagefiguren scheint Prins einen Zeichnungen von Prins, doch kritisierten sie Werk von Cornelis Bega stammt ebenfalls aus der Sammlung ähnlichen Motivvorrat besessen zu haben. es etwa als unnatürlich, dass der Künstler von Johann Georg Grambs (Inneres eines Bauernhauses, Bei genauerer Betrachtung mag erkenn­ die Räume zwischen den Backsteinen unbe­ Inv. Nr. 24901). Johann Friedrich Städel hatte neben der hier besprochenen Zeichnung noch drei weitere Blätter erworben bar sein, dass es sich bei der Zeichnung um arbeitet ließ, um den Anschein weißer (Platz mit Brunnenhaus, Inv. Nr. 3133; Kanal mit Schleusentor, eine Phantasiearchitektur handelt, der keine Fugen zu erwecken.3 Bei den zeitgenössi­ Inv. Nr. 3137; Steinbrücke über einen Kanal, Inv. Nr. 3138).

Abb. 1 Johannes Huibert Prins, Skizzenbuchseite: Abb. 2 Johannes Huibert Prins, Skizzenbuchseiten: Hausfront mit Rollwerk, um 1783–1797, Feder in Gotische Fassade und Reihenhäuser mit Treppengiebeln, Braun, Wasserfarben, über schwarzem Stift, um 1783–1797, Wasserfarben, über schwarzem Stift, auf Papier, 207 × 129 mm, Rijksprentenkabinet, auf Papier, 207 × 259 mm, Rijksprentenkabinet, Rijks- Rijksmuseum, Amsterdam, Inv. Nr. BI-1891-3134-17 museum, Amsterdam, Inv. Nr. BI-1891-3134-123

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HERMANUS PETRUS SCHOUTEN (Amsterdam 1747–1822 Haarlem)

Zeichner und Radierer von topografischen Ansichten; erlernt zunächst das Radieren und Kupferstechen von seinem Vater Johannes Schouten (1716–1792), danach erhält er Unter­ richt bei Paulus van Liender (Kat. Nr. 32, 79) und Cornelis Ploos van Amstel (Kat. Nr. 22); seine Topografien entstehen oft im Auftrag von Sammlern, etwa für Cornelis Ploos van Amstel und Pieter Fouquet (1729–1800); 1792 zieht er nach Haarlem, zeichnet jedoch wei­ terhin Ansichten in und um Amsterdam.

LITERATUR Van Eijnden/Van der Willigen 1816–1840, III, S. 44; Anhang, S. 12 | Van Eeghen 1960 | Minneapolis/Toledo/ Philadelphia 1971/72, S. 93 | Laurentius/Niemeijer/Ploos van Amstel 1980, S. 188 | Gerlagh 1989 | Paris/Amsterdam 1990/91, S. 136

36 Ansicht der Utrechtsepoort in Amsterdam, um 1790 –1800

Wasserfarben (im Dunkelbraun erhöhter Auf dem Frankfurter Blatt hielt Hermanus Zentralbaus mit seinem markanten Glocken­ Bindemittelanteil), über schwarzem Stift Petrus Schouten die Utrechtsepoort (Utrech­ turm wird durch die kleine hölzerne Hütte (Grafit?), auf geripptem Büttenpapier; drei allseitige Einfassungslinien mit der Feder in ter Tor) fest, eines der acht Stadttore links zunächst zurückgenommen, durch die Grau, zwei allseitige Einfassungslinien mit dem Amsterdams, die im 18. Jahrhundert Staffagefiguren dann aber unterstrichen. Pinsel in Braun zwischen den beiden inneren bestanden. Der aufwendige Torbau wurde Kutschen, Spaziergänger, Wachposten, und Linien in Feder sowie am äußeren Rand; 187 × 270 mm; Metalleinschlüsse im Papier mit zwischen 1658 und 1664 erbaut und in der eine ganze Anzahl verschiedener Tiere gräulich oxidierten Höfen; auf dem Verso Mitte des 19. Jahrhunderts abgerissen. säumen die Wege, die sich vor dem Stadttor rechts brauner Klebstoffrückstand, an dieser Äußerlich war die Utrechtsepoort baugleich kreuzen. Stelle Papieroberfläche teilweise abgeschält Wasserzeichen: Gegenmarke (?) »IV« zu zwei anderen Stadttoren errichtet Von seinem Lehrer Paulus van Liender Auf dem Verso unten links Stempel des Städel- worden, angeblich, um Eindringlingen die hatte Schouten die Präzision in der Darstel­ schen Kunstinstituts (L. 2356) Orientierung zu erschweren (Abb.). lung und den Umgang mit Lichteffekten Die Frankfurter Zeichnung zeigt die erlernt. Durch Kopien, die er nach Zeich­ Inv. Nr. 2989 Ansicht der Utrechtsepoort vom Inneren der nungen von Cornelis Pronk (Kat. Nr. 25, 26, PROVENIENZ Stadt gesehen. Die Monumentalität des 27, 28) anfertigte, machte er sich mit dessen Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), Frankfurt am Main; 1817 erworben für das Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main (Catalogue 1825)

LITERATUR keine Veröffentlichung bekannt geworden

Abb. Hermanus Petrus Schouten, Ansicht der Muiderspoort in Amsterdam, um 1757–1769, Pinsel in Grau und Schwarz, auf Papier, 273 × 348 mm, Rijksprentenkabinet,­ Rijksmuseum, Amsterdam, Inv. Nr. RP-T-00-1293

112 charakteristischem Einsatz von hellen und Hermanus Petrus Schouten arbeitete für Da eine stilistische Entwicklung in seinen dunklen Flächen vertraut.1 Dieses gestalte­ zahlreiche bedeutende Auftraggeber. Für Arbeiten kaum nachzuvollziehen ist, fällt rische Element wurde in der Ansicht der Pieter Fouquets 1783 erfolgreich verlegten es schwer, die Frankfurter Zeichnung zu Utrechtsepoort zwar verwendet, tritt aber in Atlas Amsterdam fertigte er Zeichnungen mit datieren. Sie könnte in den 1790er Jahren, den Hintergrund, weil die geometrischen Ansichten der Stadt Amsterdam an, die er parallel zu dem Auftrag Cornelis Ploos Formen des Bauwerks weitgehend von den fast alle für die Publikation auch radierte.2 van Amstels, entstanden sein. Baumkronen verdeckt werden. Die maleri­ Obwohl der Künstler 1792 mit seiner Frau sche, gemäldeähnliche Wirkung der Pinsel­ nach Haarlem zog, zeichnete er weiterhin | 1 | Vgl. Gerlagh 1989, S. 23. | 2 | Pieter Fouquet, Atlas zeichnung wird durch die Rahmung aus auch in Amsterdam. Von Cornelis Ploos Amsterdam. Nieuwe atlas, van de voornaamste gebouwen verschiedenen Einfassungslinien unterstri­ van Amstel erhielt er offenbar nicht nur en gezigten der stad Amsterdam, met derzelver beknopte beschrijvingen, 2 Bde., Amsterdam (D.J. Changuion & P. den chen, die auf vereinfachte Weise das Profil Zeichenunterricht, sondern auch Aufträge. Hengst) 1783. | 3 | Diese Zeichnungen werden im Stadsar- eines Gemälderahmens andeutet. Die sorg­ In Ploos van Amstels Sammlung befanden chief in Amsterdam aufbewahrt, vgl. Gerlagh 1989, S. 25, fältig farbig gefasste Zeichnung kann sowohl sich 70 Blätter Schoutens, darunter eine Anm. 38. Zur Rolle von Cornelis Ploos van Amstel vgl. Lauren- tius/Niemeijer/Ploos van Amstel 1980, S.188. Das Städel für den freien Markt als auch im Auftrag Serie der Amsterdamer Stadttore, die er Museum besitzt von Schouten lediglich diese eine, aus der 3 eines Sammlers angefertigt worden sein. in den Jahren 1791 bis 1796 anfertigte. Sammlung Grambs stammende Zeichnung.

113 FRANCISCUS ANDREAS MILATZ (Haarlem 1764–1808 Haarlem)

Maler, Zeichner und Radierer von topografischen Ansichten und markanten Waldlandschaf­ ten; nach einer Ausbildung zum Handschuhmacher bei seinem Vater1 erlernt er in den 1780er Jahren das Zeichnen bei Paulus van Liender (Kat. Nr. 32, 79); 1798 wird er Mitglied der Haarlemer Zeichengesellschaft (Teekencollegie); zeichnet zunächst nur in der unmittel­ baren Nähe seiner Heimatstadt, ab 1805 unternimmt er auch Zeichenreisen nach Den Haag, Leiden oder Amsterdam.

LITERATUR Van Eijnden/Van der Willigen 1816–1840, II, S. 451 ff. | Thieme-Becker, XXIV, S. 554 | Beerenhout 1996 | Schwartz 2004, S. 299

37 Das Schloss in Heemstede, 1801

Wasserfarben, schwarzer Stift und Bleigriffel (?), Für den Sammler Johann Georg Grambs, ein Angler und weitere Staffagefiguren teilweise mit Pinsel in Gummi (arabicum?) aus dessen Besitz die zehn Zeichnungen von ergänzen die Darstellung. Der Blick auf das übergangen, auf Velinpapier; allseitige Ein­ fassungslinie mit dem Pinsel in Schwarz; Franciscus Andreas Milatz stammen, schei­ Schlossgelände wird durch eine Steinmauer 297 × 405 mm; kleine Knötchen im Papier, nen insbesondere die Landschaftszeichnun­ und einen Zaun aus Holzlatten teilweise diagonale Quetschfalte von links oben bis zur gen des Haarlemer Künstlers von Interesse verstellt. Der große Baum am linken Bildrand unteren Mittelachsenlinie, Quetschfalte zwi- 2 schen den beiden Türmen, kleinere Löcher, gewesen zu sein (vgl. Kat. Nr. 80). Die groß­ bildet ein kompositorisches Gegengewicht auf dem Verso entlang der oberen Blattkante formatige Ansicht des Schlosses Heemstede bei zu der Schlossarchitektur rechts. Reste einer älteren Montierung Haarlem ist die einzige im engeren Sinn Das Zeichnen von Landschaften und Wasserzeichen nicht vorhanden Auf dem Verso bezeichnet unten links mit der topografische Zeichnung dieser Gruppe. topografischen Ansichten erlernte Franciscus Feder in Schwarz »Het Slot te Heemstede.«, Der Ursprung der Schlossanlage in Andreas Milatz in den 1780er Jahren bei dem rechts daneben in derselben Handschrift mit Heemstede, einer etwa sieben Kilometer aus Utrecht stammenden Künstler Paulus der Feder in Braun »F.A: Milatz 1801«; unten links Stempel des Städelschen Kunstinstituts von Haarlem entfernten Gemeinde, liegt im van Liender, der seit 1772 an der Haarlemer (L. 2356) späten 13. Jahrhundert. Im frühen 17. Jahr­ Zeichenakademie (Haarlemse Teekenacade- hundert erwarb es der holländische Politiker mie) unterrichtete. Milatz war nicht Mit­ Inv. Nr. 3238 Adriaen Pauw (1585 – 1653), der es moderni­ glied dieser Institution,3 unternahm jedoch PROVENIENZ sierte und erweiterte. Aus Anlass des West­ mit van Liender Zeichenreisen in das Haar­ Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), fälischen Friedens (1648), an dem Pauw als lemer Umland. Die auf der Rückseite des ­Frankfurt am Main; 1817 erworben für das Abgesandter Hollands maßgeblich beteiligt Blattes in das Jahr 1801 datierte Ansicht des Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main (Catalogue 1825) war, ließ er eine kunstvolle Friedensbrücke Schlosses in Heemstede entstand einige (Pons Pacis) auf dem Schlossgelände errich­ Jahre nach dem Tod des älteren Künstlers, LITERATUR ten. Die Zeichnung von Milatz zeigt von ihr zeigt jedoch noch seinen Einfluss. Von van keine Veröffentlichung bekannt geworden jedoch nur ein kleines Stück in der Öffnung Liender hatte Milatz gelernt, die Architektur der über den Kanal führenden Mauer. Heute mit höchster Präzision wiederzugeben (vgl. sind bis auf die Friedensbrücke nur noch Kat. Nr. 32). Das Schloss von Hemsteede ist Reste der 1810 beinahe vollständig abgeris­ bis hin zu den einzelnen Backsteinen und senen Schlossanlage erhalten. den Fugen zwischen ihnen genau geschildert. Milatz hielt das Schloss aus südlicher Auch ein Motiv wie der mächtige freiwach­ Richtung, von einer Stelle außerhalb des sende Baum ist von van Liender beeinflusst eigentlichen Schlossgeländes fest. Im Vor­ (vgl. Kat. Nr. 79). Milatz kombinierte diese dergrund der Zeichnung gab er die dicht Elemente in der Frankfurter Zeichnung mit­ mit Sträuchern bewachsene Uferzone des einander und schuf dadurch einen effekt­ das Schloss umgebenden Kanals wieder; vollen Kontrast von Natur und Architektur.

114 Das ansehnliche und historisch bedeutsame den Leser auf ihre Schönheit aufmerksam fen, Inv. Nr. 3235; Landschaft am Waldrand mit Bauern, Inv. Schloss in Heemstede wurde im 17. und zu machen. Das Frankfurter Blatt steht Nr. 3236; Landschaft außerhalb von Haarlem, Inv. Nr. 3237; Kat. Nr. 37. | 3 | 1798, ein Jahr nach dem Tod van Lienders, 18. Jahrhundert von verschiedenen Künst­ hingegen in der Tradition der topografi­ wird er Mitglied einer anderen, zwei Jahre zuvor gegründe- lern festgehalten.4 Auch Milatz selbst fer­ schen Zeichnungen in der Nachfolge Corne­ ten Haarlemer Zeichengesellschaft, dem Teekencollegie. tigte einige Jahre nach dem Frankfurter lis Pronks, die am Ende des Jahrhunderts Dort trafen sich die Mitglieder an zwei Abenden in der Woche, um nach nackten und bekleideten Modellen beider Blatt erneut eine Ansicht des Schlosses an, jedoch kaum mehr als Vorlagen für topogra­ Geschlechter zu arbeiten. Zu den städtischen Zeichen­ die druckgrafisch umgesetzt und 1804 in fische Publikationen, sondern vor allem als akademien und Zeichengesellschaften in den Niederlanden der Publikation Hollands Arkadia von Adri­ großformatiger Gemäldeersatz für Sammler im 18. und 19. Jahrhundert vgl. Schwartz 2004, S. 28–30. ( ) 5 | 4 | Gerrit Adriansz. Berckheyde, Ansicht des Schlosses aan Loosjes 1761–1818 abgebildet wurde. und den freien Markt entstanden. in Heemstede, 1667, Öl auf Holz, 502 × 636 mm, London, Dort ist die Schlossanlage aus der Ferne zu Guildhall Art Gallery; Hendrik Spilman, Ansicht des Alten sehen. Im Vordergrund sind in einer weiten, Schlosses in Heemstede, Radierung, 141 × 194 mm, Rijks­ flachen Landschaft ein Hirte und Vieh wie­ prentenkabinet, Rijksmuseum, Amsterdam, Inv. Nr. | 1 | Angelique Beerenhout hat darauf hingewiesen, dass das RP-P-OB-59.720; Johannes Janson, Heemstede Manor, dergegeben. In dieser Darstellung ging es Geschäft des Vaters noch weitere Handwerke beinhaltete, 1766, Öl auf Leinwand, 690 × 885 mm, Rijksmuseum, Amster- Milatz nicht um topografische Details, viel­ vgl. dazu Beerenhout 1996, S. 43. | 2 | Gehöft unter Bäumen dam, SK-A-189. | 5 | Adriaan Loosjes, Hollands Arkadia of mehr entspricht die Ansicht dem Anliegen bei Haarlem, Inv. Nr. 975; Weg durch einen Wald, Inv. Nr. 995; Wandelingen in de omgeeving van Haarlem, Haarlem 1804; Kat. Nr. 80; Landschaft mit Baumgruppe, Inv. Nr. 2845; vgl. dazu Grijzenhout 2004, hier S. 134, Abb. Ein der Druck- der Publikation, die Gegend um Haarlem zu Landschaft mit Bäumen und Reiter, Inv. Nr. 2846; Waldrand grafik vorausgegangener gezeichneter Entwurf von Milatz einem paradiesischen Ort zu erklären und bei Haarlem, Inv. Nr. 2847; Landschaft mit Hirten und Scha- konnte bislang nicht nachgewiesen werden.

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BLUMEN, FRÜCHTE UND TIERE

Im 18. Jahrhundert zeugen Kunstsammlungen und zahlreiche Naturalienkabinette von einem lebhaften Interesse an Flora und Fauna, das in den Niederlanden von privaten Sammlern ebenso wie am statthalterlichen Hof gepflegt wurde. Dabei trat im Jahrhundert der Aufklärung die symbolische, oft religiöse Bedeutung, die in früheren Zeiten den künst­ lerischen Darstellungen eine tiefere Sinnebene gegeben hatte, zugunsten wissenschaftlich-­ empirischer Genauigkeit, kunstgeschichtlicher Rückbesinnung und einer unmittelbar sinn­ lichen Freude an der Vielfalt von Farben und Texturen zurück. Das prachtvolle, auf Pergament ausgeführte Blumengebinde von Herman Henstenburgh zu Beginn des Kapitels (Kat. Nr. 38) steht für die bezeichnende Verbindung von dekorativer Wirkung und sinnlich-gegenständlicher Präsenz. Es wurde von einem Künstler geschaffen, der, obwohl hoch geschätzt, zusätzlich einem »Brotberuf«, der Pastetenbäckerei, nachging. Im Unterschied zu ihm gelang es Jan van Huysum, eine vielfältige und lukrative Produktion zu entfalten, die ihn zum gesuchtesten Blumen- und Früchtemaler der ersten Hälfte des Jahrhunderts machte (Kat. Nr. 39). Die Nachfrage nach seinen Werken war so groß, dass seine Gemälde und Zeichnungen noch bis in das frühe 19. Jahrhundert kopiert oder in Motivwahl und Stil nachgeahmt wurden. Daher finden sich mehrfach Zeichnungen in der Sammlung des Städel Museums, die Johann Friedrich Städel oder Johann Georg Grambs unter van Huysums Namen erwarben, die aber nicht von diesem ausgeführt sind. Dazu zählt auch ein Früchtestück, das nach 1760 entstanden sein muss, doch trotz seiner hohen Qualität bisher keinem Künstler zugeschrieben werden konnte (Kat. Nr. 43). Auch Wybrand Hendriks, der als Maler von großformatigen Wandgemälden mit Blumen­ darstellungen seine künstlerische Laufbahn in Amsterdam begann und später als Kurator der Teylers Stiftung in Haarlem zu einem bedeutenden Förderer zeitgenössischer niederlän­ discher Künstler wurde, ist mit Werken in der Tradition van Huysums vertreten, einem üppigen Blumenstillleben und einem reduzierteren, aber nicht weniger meisterhaft ausge­ führten Früchtestück (Kat. Nr. 41, 42). Willem van Leen übernahm in einer Zeichnung von 1802 den offenen, lockeren Zeichenstil, den van Huysum ursprünglich für seine Entwurfs­ zeichnungen verwendete und der vor allem im späteren 18. Jahrhundert bei Sammlern Inte­ resse fand (Kat. Nr. 44). Der aus Dordrecht stammende Künstler Aert Schouman schuf neben dekorativen Wand­ gemälden und Zeichnungen mit Vögeln in idealisierten Parklandschaften vor allem eine große Anzahl von zoologisch zuverlässigen Darstellungen einzelner Tiere, vor allem, aber nicht nur, Vögel (Kat. Nr. 45–47). Durch die Genauigkeit ihrer Ausführung und ihre zeich­ nerische Virtuosität waren die Blätter für naturwissenschaftlich interessierte Betrachter ebenso geeignet wie für Kunstsammler. Arnout Vosmaer (1720 –1799), der Direktor der statthalterlichen Menagerie und des Naturalienkabinetts in Den Haag, verwendete Schou­ mans Zeichnungen für Illustrationen seiner naturwissenschaftlichen Abhandlungen. Drei von Johann Georg Grambs erworbene Blätter sind »Nachzeichnungen« (nateke­ ningen) nach Gemälden des »Vogel-Raffael« des 17. Jahrhunderts, Melchior d’ Hondecoeter (1636–1695). Sie reflektieren sowohl ein Interesse an der Tierwelt als auch eines an der Malerei des Goldenen Zeitalters (Kat. Nr. 49–50, 51). Für einen Sammler wie Grambs waren sie instruktive Abbildungen historischer Kunstwerke, aber zugleich auch qualitätvolle Zeichnungen. Das spätere 19. Jahrhundert konnte in ihnen nur noch dokumentierendes Abbildungsmaterial sehen; 1863 wurden diese Blätter nicht als »Zeichnungen«, sondern als »Reproduktionsgrafiken« inventarisiert.

√ Kat. Nr. 40, Detail

117 HERMAN HENSTENBURGH (Hoorn 1667–1726 Hoorn)

Zeichner von Vögeln und Insekten, Wald-, Fluss- und Parklandschaften mit Vögeln sowie Blumen- und Früchtestillleben, oft auf Pergament; hauptberuflich Pastetenbäcker; ab 1683 erlernt er das Handwerk des Pastetenbackens bei Johannes Bronckhorst (1648–1727), der ihn auch im Zeichnen von Vögeln in Wasserfarben unterrichtet; um 1700 ist Henstenburgh zunehmend gefragt als Zeichner der Blumen von begüterten Gartenbesitzern.

LITERATUR Van Gool 1750/51, I, S. 248–256 | Paris/Amsterdam 1990/91, Kat. Nr. 27 | Hoorn 1991 | AKL Online

38 Blumengebinde, 1700

Wasser- und Deckfarben, schwarzer Stift, Abseits der künstlerischen Zentren der Physalis und das satte Blau der Buschwinde teilweise übergangen mit Eiweißlasur oder Niederlande fertigte Herman Henstenburgh gegenüberstehen, sind die hinteren Blüten Gummi (arabicum?), parallel zur oberen Blattkante eine Linie in schwarzem Stift, auf um die Wende zum 18. Jahrhundert in der in zarten Farbtönen gehalten. Den Hinter­ dünn grundiertem Pergament; allseitige westfriesischen Stadt Hoorn kunstvoll aus­ grund ließ Henstenburgh unbearbeitet. Im Einfassungslinie mit dem Pinsel in Schwarz; geführte Zeichnungen in Wasser- und Deck­ Unterschied zu den für Blumenstillleben in 340 × 286 mm; aufgezogen auf hellem Karton, gegenkaschiert mit blau meliertem, gerippten farben vielfach auf feinstem Pergament an. den Niederlanden bis etwa 1720 üblichen Büttenpapier, teilweise Bleiweißschwärzung, Von dem eine Generation älteren Johannes dunklen Hintergründen erzeugt das helle, Krakelees mit Ausbrüchen, besonders am Bronckhorst hatte Henstenburgh nicht nur dünn grundierte Pergament eine lichte rechten Blattrand Mitte im dunklen Hinter- grund; auf dem Verso oben Mitte und in der den Beruf des Pastetenbäckers erlernt, den Wirkung, die von den zurückhaltenden oberen linken und rechten Ecke Reste einer er zeit seines Lebens ausübte, sondern auch Kontrasten am hinteren Rand des Gebindes älteren Montierung das Zeichnen. Nachdem Henstenburgh aufgenommen wird. Nicht nur die Pracht Signiert und datiert unten rechts mit dem zunächst mit Darstellungen von einzelnen der Blumen schildert die Zeichnung, son­ Pinsel in Braun und Schwarz »H: Hensten- búrgh. fec= / A.° 1700.« Vögeln und Insekten sowie Landschaften dern auch den Verfall. Mit größter Feinheit Auf dem Verso in der linken unteren Ecke begonnen hatte, entstanden nach 1695 sind die Fraßspuren, Flecken und Verfär­ Stempel des Städelschen Kunstinstituts insbesondere dekorative Blumen- und bungen auf den Rosenblättern wiederge­ (L. 2356) Früchtestillleben. geben und die mittlere, weit geöffnete Inv. Nr. 3539 Die im Jahr 1700 ausgeführte Frankfur­ Physalis-­Blüte zersetzt sich in feinste Struk­ ter Zeichnung ist eines von wenigen datier­ turen. Kunstvoll ausgeführte Regentropfen PROVENIENZ Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), ten Blättern des Künstlers. Im Vergleich mit und kleinere Tiere, wie Ameisen, eine Frankfurt am Main; 1817 erworben für das den voluminösen Blumenarrangements von Schnecke und ein Schmetterling, ergänzen Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main Jan van Huysum (Kat. Nr. 39) oder, später, die Komposition. Schmetterlinge und (Catalogue 1825) Wybrand Hendriks (Kat. Nr. 41) mutet die andere Insekten hielt der Künstler auch in LITERATUR Komposition Henstenburghs eher schlicht eigenständigen Zeichnungen fest, die in der Frankfurt 2000, Kat. Nr. 99 an, entfaltet jedoch ihre Wirkung durch Sammlung des Städel Museums zahlreich ihre feinmalerische Ausführung und präch­ vertreten sind. tige Farbigkeit. Der Künstler schilderte in Über einer Vorzeichnung in schwarzem der Frankfurter Zeichnung ein äußerst Stift legte Henstenburgh die Komposition in variantenreiches Bouquet aus kleinen und mehreren, flächig aufgetragenen Schichten großen Blumen in zarten und kräftigen in Wasser- und Deckfarben an und führte Farbtönen auf einer Marmorbalustrade; ein mit hauchdünnem Pinsel Konturen und Gefäß, in welchem die Blumen arrangiert Details der Binnenzeichnung aus. Zum Teil sind, ist nicht zu erkennen. Während sich setzte er nur einige Konturlinien, um im im Vordergrund das kräftige Orange der Zusammenspiel mit dem weiß grundierten

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Pergament den Anschein einer Blüte zu menden Pieter van den Brande2 oder der in dem Namen des Künstlers auf.7 Zwei wei­ erwecken. Durch den stellenweisen Einsatz Hoorn ansässigen Kunstliebhaberin und tere Blätter kaufte Grambs als Werke von einer dünnen, glänzenden Eiweißlasur oder Botanikerin Agnes Block (1629–1704).3 Henstenburghs Lehrer Johannes Bronck­ Gummi (arabicum?) verlieh der Zeichner Neben anderen Künstlern, wie Johannes horst; sie werden mittlerweile Hensten­ den dunkelsten Bereichen zusätzliche Tiefe. Bronckhorst oder auch Maria Sibylla Merian burgh zugeschrieben. Nachdem in den Von dem Künstlerbiografen Johan van Gool (1647–1717), wurde Henstenburgh von 1860er Jahren mehrere Blätter bei Auktio­ (1685–1763) wissen wir, dass Hensten­ Agnes Block beauftragt, die mannigfaltigen nen verkauft wurden, befinden sich mit burgh seine Wasserfarben in einer speziel­ Pflanzen in ihrem über die Grenzen der einer von Johann Friedrich Städel erworbe­ len Manier einsetzte, die ihnen die Inten­ Niederlande hinaus bekannten Garten in nen Zeichnung heute noch neun Blätter sität von Ölfarben verliehen haben soll.1 Zeichnungen zu dokumentieren.4 Durch des Künstlers in der Sammlung des Städel Plastizität und Materialität suchte Hensten­ den Amsterdamer Maler Mattheus Terwes­ Museums.8 burgh selbst noch in seiner Signatur zu ten (1670 –1757) soll Henstenburgh auch erzeugen. Kontakt mit englischen Sammlern erhalten Vergleicht man das Frankfurter Blatt haben.5 Dennoch scheint es, dass er nicht | 1 | Vgl. Van Gool 1750/51, I, S. 251. | 2 | Vgl. Paris/Amster- dam 1990/91, S. 66. | 3 | Vgl. Frankfurt 2000, Kat. Nr. 99. mit einem ein Jahr später datierten, etwa allein von den Einkünften seiner künstle­ | 4 | Vgl. Amsterdam 2004, S. 132. | 5 | Vgl. Paris/Amsterdam gleich großen Blumenarrangement Hens­ rischen Tätigkeit leben konnte. Die Wert­ 1990/91, S. 66. | 6 | Vgl. Hoorn 1991, S. 14. | 7 | Eine dieser tenburghs im Teylers Museum in Haarlem schätzung seiner Werke stieg erst in der Zeichnungen wird heute dem Schouman-Schüler Jabes Heenck zugeschrieben (Kat. Nr. 48). | 8 | Bis auf Kat. Nr. 38 (Abb.), wird deutlich, dass der Künstler zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts an, zeigen alle Zeichnungen einzelne Vögel und Insekten: Vier offenbar aus einem Motivvorrat schöpfte, und bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts Schmetterlinge, Inv. Nr. 3540; Drei Schmetterlinge, Inv. den er in seinen Kompositionen immer hinein zahlten Kunstsammler hohe Nr. 3541; Eine gelbe Raupe, Inv. Nr. 3542; Zwei Raupen, Inv. 6 Nr. 3543; Eine blaue Taube, Inv. Nr. 3544; Ein Paradiesvogel, wieder neu kombinierte, zum Beispiel die Summen für seine Zeichnungen. Inv. Nr. 3545; Drei Schmetterlinge, Inv. Nr. 3764; Drei Schmet- schon erwähnte weit geöffnete und verfal­ Das französischsprachige Inventarbuch terlinge und ein Insekt, Inv. Nr. 3765. lende Physalis. des Städel Museums (Catalogue 1825) führt Die Zeichnungen von Henstenburgh Mitte der 1820er Jahre in der Sammlung des entstanden häufig im Auftrag von Samm­ offenbar an der Natur interessierten Johann lern, wie etwa dem aus Middelburg stam­ Georg Grambs neun Zeichnungen unter

Abb. Herman Henstenburgh, Blumengewinde an einem Nagel, 1701, Wasser- und Deckfarben, auf Pergament, 369 × 299 mm, Teylers Museum, Haarlem, Inv. Nr. U 003

120 JAN VAN HUYSUM (Amsterdam 1682–1749 Amsterdam)

Kurzbiografie siehe Kat. Nr. 9

39 Blumen in einem geflochtenen Korb bei einem Vogelnest, 1733

Wasser- und Deckfarben, über schwarzem Zwei Jahre nach dem Tod Jan van Huysums, sowie eine Ringelblume und eine Schwert­ Stift, teilweise mit Pinsel in Gummi (arabi- im Jahr 1751, bezeichnete Jan van Gool lilie, aber auch wilde Arten von Nelken cum?) übergangen, auf geripptem Büttenpa- pier; allseitige Einfassungslinie mit dem Pinsel (1685–1763) den Maler und Zeichner in und Löwenmäulchen. Die nach rechts oben in Dunkelbraun, darüber eine weitere Einfas- seiner Künstlerbiografie als »Phönix der strebende Tulpe bildet ein Gegengewicht zu sungslinie bis zum Rand 0,5–1 mm vergoldet; Blumen- und Früchtemaler«.1 Er meinte den in voller Blüte stehenden Rosenköpfen, 364 × 316 mm; Oberfläche berieben, Knick verschmutzt parallel zum rechten Blattrand, in damit, dass der Künstler die im 17. Jahrhun­ die aus dem Korb heraus schwer nach unten der oberen rechten Ecke zwei diagonale Knicke dert zu großer Blüte gelangte niederländi­ hängen, wodurch eine leicht asymmetrische geglättet, auf der rechten Seite im Hintergrund sche Tradition der Blumen- und Früch­ Komposition entsteht. Feuchteränder, einige Ausbrüche (durch Luftbläschen) testillleben im frühen 18. Jahrhundert nicht Van Huysum führte die Zeichnung mit Wasserzeichen: Gegenmarke (?) »IV« nur fortgesetzt, sondern auch maßgeblich dem Pinsel in Wasser- und Deckfarben über Signiert und datiert unten rechts mit dem erneuert habe. Hoch geschätzt wurden van einer Vorzeichnung in schwarzem Stift aus, / Pinsel in Braun »Jan Van Huÿsum fEcit 1733« Huysums kompositorische Brillanz und die zum Teil noch sichtbar ist. Komposi­ Auf dem Verso unten in der Mitte bezeichnet in Bleistift »13’’ 5’’’ – 11’’ 6’’’«; in der unteren seine präzise, realistische Darstellungs­ torisch weist das Frankfurter Blatt große linken Ecke Stempel des Städelschen Kunstins- weise, die er mit großer technischer Meis­ Ähnlichkeiten zu einer ebenfalls 1733 ent­ tituts (L. 2356) terschaft zu erreichen wusste. Neben standenen Zeichnung aus der Sammlung Inv. Nr. 826 Gemälden sowie bildmäßig ausgeführten, des Kunsthändlers Cornelis Ploos van Amstel autonomen Zeichnungen in Wasser- und (Kat. Nr. 22) auf, die sich heute im Teylers PROVENIENZ Deckfarben fertigte er aber auch skizzen­ Museum in Haarlem befindet( Abb.). Diese Johann Friedrich Städel (1728 –1816), ­Frankfurt am Main; erworben 1816 als Stiftung hafte, zum Teil farbig gefasste Kompositi­ erreicht in ihrer Durchführung eine stärkere für das Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am onsentwürfe in Kreide und mit der Feder plastische und materielle Wirkung, wäh­ Main (Catalogue 1825) an. rend das Frankfurter Blatt zeichnerischer, LITERATUR Die 1733 datierte Frankfurter Zeichnung offener erscheint. Van Huysum versah die Frankfurt 1991/92, Kat. Nr. 29 | vgl. auch Delft/ aus der Sammlung von Johann Friedrich Haarlemer Komposition darüber hinaus mit Houston 2006/07, S. 266, Kat. Nr. F37 | Frank- Städel entstand auf dem Höhepunkt von Jan kleinen Insekten, wie Ameisen und einer furt 2020, S. 34 (Abb. 22) van Huysums Schaffen.2 Auf einer L-förmi­ Fliege. gen, in brauner und grauer Farbe ausgeführ­ Zum Teil führte der Künstler in seinen ten Marmorplatte steht ein Korb mit einem Kompositionen Blumen verschiedener Jah­ üppigen Blumenbouquet. Rechts daneben reszeiten zusammen. Wir wissen, dass van ist ein mit Federn ausgepolstertes Vogelnest Huysum einen eigenen Garten besaß und mit mehreren Eiern wiedergegeben. Der mit Blumenzüchtern aus Haarlem in Verbin­ Hintergrund der Zeichnung ist monochrom dung stand.3 Er konnte somit Blumen nach in einem grünlich-grauen Farbton gefasst, dem Leben zeichnen, wie auch aus einem der links dunkler ist und nach rechts unten Brief von 1742 hervorgeht. In diesem heller wird. Der Strauß selbst besteht aus schrieb er einem seiner Auftraggeber, dass einer Vielzahl von Blumen in verschiedenen er ein Gemälde erst im nächsten Jahr fertig­ Stadien der Blüte, darunter eine rosafarbene stellen könne, da er kein Exemplar einer und eine gelbe Kohlrose, Tulpen, Aurikeln gelben Rose zur Verfügung habe.4 Ob van

121 Huysum einen gezeichneten Motivvorrat Huysum 17 Zeichnungen geführt, darun­ mit einzelnen Pflanzen angelegt hat, lässt ter neben arkadischen Landschaften (Kat. sich nicht nachweisen. Studienblätter ein­ Nr. 9) und der Darstellung einer Krabbe zelner Blumen, wie sie unter anderem zahl­ (Kat. Nr. 40) acht skizzenhafte sowie sorg­ reich im British Museum aufbewahrt werden, fältig ausgeführte Blumen- und Früchte­ wurden von der Forschung mittlerweile zeichnungen. Die Zuschreibung dieser Blät­ Jans Vater Justus van Huysum (1659–1716) ter ist oft schwierig, da bis in das frühe zugeschrieben.5 Aus dem Nachlassinventar 19. Jahrhundert hinein zahlreiche Künstler Jan van Huysums von 1749 wissen wir, dass in der Art van Huysums arbeiteten oder der Künstler Studienblätter ganzer Kompo­ Kopien seiner Werke anfertigten. sitionen bis zum Schluss in seinem Besitz behielt. Auch einige Gemälde verwahrte er für mehrere Jahre. Daraus konnte er ein­ | 1 | Van Gool 1750/51, II, S. 13. | 2 | Sam Segal hat die Zeit zelne Blumen herausgreifen und in neuem zwischen 1721 und 1735 als van Huysums »mature period« Kontext miteinander kombinieren.6 beschrieben, in der seine qualitativ stärksten Werke entstan- den, vgl. Delft/Houston 2006/07, S. 58. | 3 | Vgl. ebd., S. 16. In der Sammlung des Städel Museums | 4 | Vgl. ebd., S. 62, Anm. 43. | 5 | Vgl. ebd., S. 65. | 6 | Vgl. werden unter dem Künstlernamen Jan van ebd., S. 47.

Abb. Jan van Huysum, Blumen in einem geflochtenen Korb, 1733, Schwarze Kreide und Wasserfarben, auf Papier, 419 × 352 mm, Teylers Museum, Haarlem, Inv. Nr. U+ 041

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JAN VAN HUYSUM (Amsterdam 1682–1749 Amsterdam)

Kurzbiografie siehe Kat. Nr. 9

40 Eine Krabbe

Wasserfarben und Grafit, teilweise mit Pinsel Neben dekorativen Blumenstillleben (Kat. spitzem Pinsel etwa Pünktchen, kurze Stri­ in gelbem und braunem Gummi (arabicum?) Nr. 39) und arkadischen Landschaften che und Kreise, wodurch es ihm mit einfa­ übergangen, auf geripptem Büttenpapier; allseitige Einfassungslinie mit der Feder in (Kat. Nr. 9) ist der erfolgreiche und prä­ chen Mitteln gelang, die Oberflächenbe­ Dunkelbraun; 183 × 294 mm; wenige Metallein- gende Maler und Zeichner Jan van Huysum schaffenheit des Schalentiers zu schildern. schlüsse im Papier, am unteren linken Rand im Städel Museum auch mit der Darstellung Bis auf den lavierten Schatten der Krabbe, brauner Fleck, entlang des linken und rechten Blattrandes wellig; auf dem Verso entlang der einer Krabbe vertreten. In seinen Blumen­ der ihre plastische Wirkung noch verstärkt, rechten Blattkante Reste einer älteren Montie- kompositionen kommen zwar kleinere hat van Huysum den Hintergrund der rung Lebewesen, wie Schnecken, Schmetterlinge Zeichnung vollkommen unbearbeitet gelas­ Wasserzeichen nicht vorhanden 1 Signiert unten rechts in Grafit »Jan Van oder Ameisen, häufig vor, eine in ihrer sen. Húijsúm« Konzentration auf ein einzelnes Tier mit Es fragt sich, ob die Frankfurter Zeich­ Auf dem Verso unten links bezeichnet in dem Frankfurter Blatt vergleichbare Zeich­ nung von der Albrecht Dürer (1471–1528) Bleistift »10’’ 9’’’ – 6’’ 8’’’« und mittig unten nung ließ sich bisher in dem umfangreichen zugeschriebenen Pinselzeichnung einer in Bleistift »91°19«; unten links Stempel des Städelschen Kunstinstituts (L. 2356) Œuvre van Huysums jedoch nicht finden. Krabbe (heute im Museum Boijmans Van Ein solches Werk, das mit dem Pinsel in Beuningen in Rotterdam) angeregt sein Inv. Nr. 824 Wasserfarben ausgeführt ist, setzt eine kann (Abb. 1).2 Dürer soll das unter ande­ PROVENIENZ genaue Planung und schnelles, sicheres rem an der Adriaküste in Italien beheima­ Philippus van der Schley, Jan de Bosch, Jan Arbeiten voraus. Über einer Vorzeichnung tete Tier während seiner ersten Reise nach Yver, Cornelis Sebille Roos, Jacobus Vinkeles, in schwarzem Stift trug van Huysum die Venedig um 1495 gezeichnet haben.3 Im Amsterdam, 20. Juni 1803 (Lugt 6657), Kunstbuch A, Nr. 17 (fl. 18.-, mit einer zweiten Wasserfarben in mehreren Schichten auf. Vergleich mit Dürers Krabbe gab van Huysum Zeichnung an Gruyter); Lichtpunkte, wie an der oberen rechten das Schalentier von hinten, in Rückenan­ Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), Schere, erreichte er nicht durch Weißhö­ sicht, wieder. Die Scheren des vorderen Frankfurt am Main; 1817 erworben für das Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main hungen, sondern durch den Einsatz des Beinpaars sind leicht geöffnet und ineinan­ (Catalogue 1825) unbearbeiteten Papiers. Über mit breitem der verschränkt. Die spitzen, stachelförmi­ Pinsel unterschiedlich abgetönte Flächen gen Erhebungen, die Dürers Krabbe im LITERATUR Frankfurt 2008/09, S. 110 (Abb. S. 49), vgl. von dezentem Beige über zartes Rosa bis zu vorderen Bereich des Körpers und an den auch S. 15 f. kräftigem Orange setzte der Künstler mit Scheren aufweist, bedecken in der Darstel­ lung van Huysums beinahe die gesamte verhornte Schale des Tieres. Ein weiteres Vergleichsbeispiel aus der Kunstgeschichte und in der Ausführung ähnlicher als Dürers Zeichnung ist eine ebenfalls in Wasserfarben ausgeführte Krabbe von Maria Sibylla Merian (1647– 1717); Merian, eine der bekanntesten Künstlerinnen und Naturforscherinnen des Abb. 1 Albrecht Dürer (zugeschrieben), 17. und frühen 18. Jahrhunderts in Deutsch­ Krabbe (Eriphia Spinifrons), um 1495, Pinsel land und den Niederlanden, lebte seit 1690 in Braun und Schwarz, auf Papier, 264 × 354 mm, Museum Boijmans Van Beuningen, Rotterdam, in Amsterdam, also auch zu der Zeit, als Jan Inv. Nr. MB 1958/T30 van Huysum dort als selbstständiger Künst­

124 ler in das Bürgerregister eingetragen kunstvolle Signatur als eigenständiges wurde. Ihre »Krabbe« (Abb. 2), heute in Kunstwerk gekennzeichnet ist, in eine St. Petersburg, entstand als Vorlage für die solche künstlerische Tradition stellen Illustrationen zur Amboinschen Raritä- wollte. Signaturen dieser Art finden sich tenkammer, einem monumentalen Werk sowohl in frühen wie in späten Werken über die Fauna der Molukken und Ambon, des Künstlers. Es fehlt bislang jeglicher verfasst von dem deutschen Naturforscher Anhaltspunkt für eine Datierung dieser Georg Eberhard Rumpf (1627–1702).4 außergewöhnlichen Zeichnung. Dieses Werk konnte letztlich erst 1705 posthum im Druck erscheinen. Maria Sibylla Merian hatte ihre Illustrationen | 1 | Vgl. Delft/Houston 2006/07, S. 91 f. | 2 | Vgl. Frankfurt / nach Präparaten in Amsterdamer Natura­ 2008 09, S. 15. Die Rotterdamer Zeichnung befand sich im frühen 19. Jahrhundert in Wien (Lugt 1069). Frühere Besitzer lienkabinetten angefertigt. Es liegt nahe, sind nicht bekannt; vgl. Maastricht 2000, Kat. Nr. 12; vgl. auch dass auch van Huysum nach einer Vorlage Strauss 1974, Bd. 1, S. 304, Nr. 1495/22. | 3 | Vgl. Maastricht aus einer solchen Sammlung arbeitete. 2000, Kat. Nr. 12. | 4 | Georg Eberhard Rumpf, D‘Amboinsche Rariteitkamer, Behelzende eene Beschryvinge van allerhande Allerdings führte er seine Krabbe, die sich zoo weeke als harde Schaalvisschen, te weeten raare Krab- zoologisch nicht genau bestimmen lässt,5 ben, Kreeften, en diergelyke Zeedieren, als mede allerhande mit einer gewissen künstlerischen Freiheit Hoorntjes en Schulpen, als ook zommige, Mineraalen, Gesteenten, enz., Amsterdam 1705, fol. 16, Nr. IX. | 5 | Für aus. Ob er dabei von den Zeichnungen Informationen zu dem dargestellten Tier danke ich Andreas Dürers oder Merians beeinflusst war, lässt Allspach, Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmu- sich letztlich nicht mit Sicherheit sagen. seum, Frankfurt am Main. Die Krabbe stammt aus der arten- reichen Familie der Seespinnen (Majidae), genauere Angaben Es könnte aber sein, dass er sich mit diesem zu Gattung oder Art lassen sich aus der Darstellung van ungewöhnlichen Blatt, das durch seine Huysums jedoch nicht ableiten.

Abb. 2 Maria Sibylla Merian, Ellbogenkrabbe (Daldorfia Horrida), 1701/02, Wasser- und Deckfarben, auf Pergament, 372 × 271 mm, Archiv der Russischen Akademie der Wissen- schaften, St. Petersburg, Inv. Nr. IX-8-113

126 WYBRAND HENDRIKS (Amsterdam 1744–1831 Haarlem)

Maler und Zeichner von großformatigen Wanddekorationen, Porträts, Landschaften, Topo­ grafien, Genrestücken, Blumen- und Jagdstillleben sowie Nachzeichnungen nach niederlän­ dischen Künstlern des 17. Jahrhunderts; 1765 wird er Mitglied der Amsterdamer Zeichen­ akademie (Amsterdamse Stadstekenacademie), wo er zahlreiche Preise gewinnt; bis 1772 als Maler von Wandtapeten in der Fabrik von Johannes Remmers (1741–1818) tätig, zwei Jahre später erwirbt er eine eigene Tapetenfabrik und wird Mitglied in der Lukasgilde; reist um 1775 mit Hendrik Meijer (Kat. Nr. 72) nach England; 1776 verkauft er seine Fabrik und zieht nach Haarlem, dort ist er von 1777 bis 1782 einer von sechs Direktoren der Haarlemer Zei­ chenakademie (Haarlemse Teekenacademie); zwischen 1782 und 1785 lebt er im niederländi­ schen Ede, zahlreiche Landschaften entstehen; 1785 wird er Kurator der Teylers Stiftung in Haarlem und gründet 1796 das Haarlemse Teekencollegie (Haarlemer Zeichenschule); seit 1822 Mitglied der Königlichen Akademie der Bildenden Künste (Koninklijke Academie van Beeldende Kunsten) in Amsterdam.

LITERATUR Van Eijnden/Van der Willigen 1817–1840, III, S. 21–25; Anhang, S. 147 | Minneapolis/Toledo/Philadelphia 1971/72, S. 50 f. | Haarlem 1972 | Paris/Amsterdam 1990/91, S. 60 | Plomp 1993 | Schwartz 2004, S. 17–21, 134 | Biesboer/Köhler 2006, S. 368 f. | Neumeister 2010, S. 162 ff.

41 Stillleben mit Blumenstrauß und Vogelnest, 1780 (?)

Wasser- und Deckfarben, teilweise mit Pinsel in Das prächtige, ausladende Blumenbouquet der Folge nicht auf Still­leben spezialisierte, gelb lasierendem Gummi (arabicum?) über- in einer mit Satyrn verzierten Vase aus entwickelte er sich in der zweiten Hälfte des gangen, über Spuren von schwarzem Stift, teilweise gegriffelt, auf geripptem Büttenpa- Terrakotta steht trotz seiner beachtlichen 18. Jahrhunderts zu einem der gefragtesten pier; allseitige Einfassungslinie mit der Feder in Dimensionen fest auf dem geschwungenen Nachfolger des populären Blumenmalers Schwarz; 482 × 345 mm; sehr guter Erhaltungs- Steinsockel am unteren Blattrand. Rechts Jan van Huysum (Kat. Nr. 39). Die Gemälde zustand; auf dem Verso Werkstattspuren (Abklatsch), entlang der rechten Blattkante neben dem Gefäß ist ein Vogelnest mit und Zeichnungen von Hendriks in der Art (Klebstoff-) Reste einer älteren Montierung Federn und vier blauen Eiern wiedergege­ van Huysums machen das Interesse deut­ Wasserzeichen nicht vorhanden ben. Im Hintergrund öffnet sich die Dar­ lich, das auch über drei Jahrzehnte nach dem Signiert unten rechts mit dem Pinsel in Braun »W: Hendriks, Fecit« stellung in eine Landschaft mit Bäumen, Tod des älteren Malers an dessen Kunst Auf dem Verso bezeichnet unten links in die durch das Postament mit Vase links als fortbestand. Bleistift »Wyb[rand] Hendriks / 1780«, unten Parklandschaft gekennzeichnet ist. Einige Mehr noch als Kat. Nr. 39 zeigt der Ver­ etwas links der Mitte in Bleistift »17’’ 10’’’ – 12’’ Insekten – Ameisen, eine Fliege und ein gleich mit einem 1723 datierten Gemälde 10’’’«; in der unteren linken Ecke Stempel des Städelschen Kunstinstituts (L. 2356) Schmetterling – sowie eine Schnecke bele­ van Huysums, das sich heute im Rijks­ ben das Stillleben. Wie die Wassertropfen museum in Amsterdam befindet, wie sehr Inv. Nr. 2865 auf den Blütenblättern steigern sie den sich Hendriks an seinem Vorgänger orien­ PROVENIENZ illusionistischen Gesamteindruck der tierte (Abb.). Er übernahm in der Frankfur­ Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), Zeichnung. ter Zeichnung den hellen, sich in eine Park­ Frankfurt am Main; 1817 erworben für das Mit dem Malen von dekorativen Wand­ landschaft öffnenden Hintergrund, den Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main (Catalogue 1825) gemälden mit Blumendarstellungen begann van Huysum seit etwa 1720 verwendete. Wybrand Hendriks bereits früh in seiner Wie sein Vorgänger gestaltete er den Hinter­ LITERATUR Karriere, um 1765, in der Amsterdamer grund links dunkler und ließ ihn rechts Frankfurt 2000, Kat. Nr. 100 | vgl. Neumeister 1 2010, S. 168 f. Tapetenfabrik von Johannes Remmers. heller werden. Auch in der Auswahl der Auch wenn der vielseitige Künstler sich in Blumen scheint sich Hendriks an van

127 Huysum orientiert zu haben, wie etwa die Hendriks in mehreren übereinander liegen­ Museum und stammen möglicherweise von spiegelbildlich wiedergegebene orangefar­ den Farbschichten in Wasser- und Deckfar­ einem bisher unbekannten Sammler.2 Ob bene Kaiserkrone und die rote Mohnblume ben aufgebaut. Über Spuren einer Vorzeich­ es sich bei der Jahreszahl um das Jahr der oder die blaue Buschwinde zeigen. Das nung in schwarzem Stift legte er die Kom­ Entstehung oder der Erwerbung des Blattes Vogelnest und die mit einem Relief verzierte position zunächst flächig an und führte durch den Sammler handelt, lässt sich nicht Terrakottavase sind ebenfalls in beiden anschließend sorgfältig und detailreich die mit Sicherheit sagen. Kompositionen zu finden. Wie in dem Binnenzeichnung aus. Einzelne Blüten Neben seiner vielfältigen künstlerischen Gemälde van Huysums bedecken auch in zeichnen sich durch einen pastoseren Farb­ Tätigkeit erlangte Wybrand Hendriks der Frankfurter Komposition weitere Blüten auftrag aus, wie er insbesondere in einigen besonders als Kurator der Teylers Stiftung und dazugehöriges Blattwerk die Marmor­ der in Lila ausgeführten Blüten zu finden in Haarlem seit 1785 großes Ansehen, der platte. ist. Zarte Nuancen stehen kräftigem Gelb, ersten wissenschaftlichen und musealen Hendriks verfügte über ein Motivre­ Orange und Rot sowie tiefen Violetttönen Institution der Niederlande.3 Es ist nicht pertoire, das er in seinen gemalten und spannungsreich gegenüber. Den steinernen auszuschließen, dass Johann Friedrich gezeichneten Blumenstillleben variierte. Sockel und den Hintergrund führte Hend­ Städel sich für seine Stiftung auch an der Darin kombinierte er, wie sein berühmter riks mit verdünnten Wasserfarben in Braun- des Textilfabrikanten Pieter Teyler van der Vorgänger, Blumen mit unterschiedlichen und Grüntönen flächig aus. Sie lassen den Hulst (1702–1778) orientierte. Zuständig Blütezeiten. Für die Zeichnung Stillleben mit Papierton durchscheinen, treten optisch für die Kunstsammlung der ansonsten Blumenstrauß und Vogelnest wählte er eine zurück und erzeugen dadurch auch eine naturwissenschaftlich ausgerichteten Stif­ im Frühling blühende Papageientulpe und räumliche Wirkung. tung, erwarb Hendriks zeitgenössische Narzissen neben für den Frühsommer typi­ Hendriks hat die Zeichnung signiert, Werke von niederländischen Künstlern, schen Vertretern, wie den Pfingstrosen und jedoch nicht datiert. Auf der Rückseite des daneben aber auch einen hoch bedeutenden der Kaiserkrone. Mit Chrysanthemen und Blattes wurde von fremder Hand mit dem Bestand von italienischen Altmeisterzeich­ Christrosen sind in der Komposition des Bleistift neben dem Künstlernamen die nungen.4 Künstlers auch im Spätherbst und Winter Jahreszahl »1780« notiert. Beschriftungen blühende Arten vertreten. in derselben Handschrift befinden sich | 1 | Zur Mode gemalter Wanddekorationen im 18. Jahr­ Die Blüten und das Blattwerk des Blu­ auch auf anderen niederländischen Zeich­ hundert siehe oben, S. 15 f. | 2 | Etwa auf Kat. Nr. 55 (J. Buys). menstraußes im Vordergrund hat Wybrand nungen des 18. Jahrhunderts im Städel | 3 | Vgl. Schwartz 2004, S. 17–21. | 4 | Vgl. ebd., S. 18 f.

Abb. Jan van Huysum, Stillleben mit Blumen, 1723, Öl auf Holz, 81 × 61 cm, Rijksmuseum, Amsterdam, Inv. Nr. SK-A-188

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WYBRAND HENDRIKS (Amsterdam 1744–1831 Haarlem)

Kurzbiografie siehe Kat. Nr. 41

42 Stillleben mit Traube, Nuss und Pfirsichen, spätes 18. Jahrhundert (?)

Wasser- und Deckfarben, teilweise mit Pinsel Das Früchtestillleben des vielseitigen Sorgfältig schilderte Hendriks in Wasser- in grünem und gelbem Gummi (arabicum?) Künstlers Wybrand Hendriks wurde wohl und Deckfarben eine Weintraube, zwei übergangen, über Spuren von schwarzem Stift, auf geripptem Büttenpapier; allseitige Ein­ schon von Johann Georg Grambs ursprüng­ Pfirsiche und eine Walnuss auf einer Stein­ fassungslinie mit dem Pinsel in Braun; lich als Zeichnung aus der ersten Hälfte platte vor einem monochromen, hellen 244 × 314 mm; links der Mitte senkrecht und des 18. Jahrhunderts und von der Hand Jan Hintergrund, der links dunkler und rechts parallel zum oberen Blattrand rechts waage- 1 recht leichte Knicke (berieben), in der oberen van Huysums (Kat. Nr. 9, 39, 40) erworben. heller gestaltet ist. Eine Fliege und ein Ohr­ linken und rechten Ecke Feuchteschaden, Diesem populären und gefragten Künstler wurm sitzen auf den Trauben. Es scheint, minimaler Farbabrieb im Hintergrund; auf wurden im späten 18. Jahrhundert und auch dass der Künstler die Früchte und Tiere dem Verso Werkstattspuren (grauer Pinsel), entlang des rechten Blattrandes Reste einer noch im frühen 19. Jahrhundert häufig nach dem Leben gezeichnet hat; sie sind älteren Montierung gezeichnete und gemalte Blumenstücke lebensgroß und im richtigen Größenverhält­ Wasserzeichen: Gegenmarke (?) »IV« zugeschrieben, manchmal auch mit gefälsch­ nis zueinander wiedergegeben. Kunstvoll Auf dem Verso bezeichnet in der linken 2 s ter Signatur. Die falsche Zuschreibung von gelang es Hendriks, die unterschiedlichen unteren Ecke mit dem Bleistift »W: H= fecit«, darunter in abweichender Handschrift mit Kat. Nr. 42 ist darauf zurückzuführen, dass Oberflächentexturen der Früchte – die dem Bleistift »W. Hendricks f«, mittig unten Hendriks sich im Genre der Früchte- und samtige Haut der Pfirsiche, die gefurchte mit dem Bleistift »11’’ 7’’’ – 9’’ 3’’’«; in der Blumenstillleben am Vorbild des älteren Schale der Walnuss und die in verschiede­ linken unteren Ecke Stempel des Städelschen Kunstinstituts (L. 2356) Malers orientierte. Zum anderen verweist nen Stadien der Reife befindlichen Beeren die Zuschreibung auch auf die hohe Quali­ der Traube – und der marmorierten, glatten Inv. Nr. 954 tät der Pinselzeichnung. Fläche der Steinplatte zu schildern. Mit PROVENIENZ Jacobus Johannes Lauwers (1753 –1800), Amsterdam; Versteigerung Lauwers: Philippus van der Schley, Jan de Bosch, Bernardus de Bosch, Jan Yver, Cornelis Sebille Roos, Roelof Meurs Pruissenaar, Amsterdam, 13. Dezember 1802 (Lugt 6529), Umschlag C, Nr. 26 (fl. 5.-, an Gruyter); Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), Frankfurt am Main; 1817 erworben für das Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main (Catalogue 1825, als J. van Huysum)

LITERATUR Frankfurt 2008/09, S. 109 (Abb. S. 52), vgl. auch S. 15

Abb. Michiel van Huysum, Stillleben mit Früchten, Wasser- und Deckfarben, auf Papier, 190 × 313 mm, Teylers Museum, Haarlem, Schenking Stichting Jhr. H. Teding van Berk- hout, 2001, Inv. Nr. TvB T 102

130 größter Feinheit sind Flecken und Verfär­ Vergänglichkeit aller irdischen Existenz. bungen auf den Beeren und den Pfirsichen Solche Erwägungen dürften bei Hendriks’ wiedergegeben. Die Lichter auf den Wein­ Stillleben, das wahrscheinlich im späten trauben erzielte Hendriks durch zart 18. Jahrhundert entstanden ist, für die zeit­ lavierte Flächen in Rosa und hellem Blau. genössischen Betrachter kaum eine Rolle Für die hellsten Stellen ließ er das Papier gespielt haben. Der Verweis der Komposi­ unbearbeitet. tion auf die große Zeit der holländischen Die lapidare Schlichtheit des Stilllebens Malerei im 17. Jahrhundert versicherte diese konzentriert die Wahrnehmung auf die vielmehr ihrer kunstgeschichtlichen Bil­ materielle Erscheinung, die aber keine dung und die meisterhaft wiedergegebenen feste, bleibende ist, sondern sich in einem Texturen befriedigten den kennerschaft­ Zustand des Wandels und Verfalls befindet. lichen Blick. Die Trauben beginnen, sich braun zu ver­ färben, vorn ist eine einzelne abgefallen, sie ist weich und hat ihre runde Form | 1 | Laut dem Catalogue 1825 hatte Johann Georg Grambs vier Zeichnungen des Künstlers in seinem Besitz. Eine der ­eingebüßt. Die Fliege tut sich an der faulen­ dort Hendriks zugeschriebenen Zeichnungen (Prügelei unter den Stelle einer anderen Traube gütlich. Frauen, Inv. Nr. 5543) wurde im Inventarbuch von 1862 als In der Einfachheit der Komposition steht »Unbekannter Meister« geführt und wird heute Adriaen van de Venne (1589 –1662) zugeschrieben. Das in diesem Kata- Hendriks, trotz der ursprünglichen logtext besprochene Früchtestillleben war im Catalogue 1825 Zuschreibung des Blattes, weniger den Jan van Huysum zugeschrieben, eine Nachzeichnung von ­üppigen Kompositionen Jan van Huysums Wybrand Hendriks nach einem Gemälde von Jan Steen (1625 –1679) wurde dort unter dem Namen des Letzteren nahe, als eher den reduzierten Werken von verzeichnet (Inv. Nr. 4498). Nach dem Verkauf einer Zeich- dessen Halbbruder Michiel (1703–1777; nung in den 1860er Jahren befinden sich heute noch vier Abb.). Zeichnungen von Wybrand Hendriks in der Sammlung des Städel Museums: die hier besprochene Kat. Nr. 42; Frau im In der holländischen Malerei des Kerzenschein bei der Handarbeit, Inv. Nr. 953; Kat. Nr. 41; Der 17. Jahrhunderts waren Stillleben oft auch Milchverkäufer, Inv. Nr. 4498 (unter Jan Steen). | 2 | So mit einer tieferen, religiös bestimmten wurde noch 1884 ein gemaltes Blumenstillleben mit gefälsch- ter Signatur als Werk van Huysums für das Städel Museum Bedeutungsebene verbunden. Eine Wein­ angekauft (Wybrand Hendriks, Stillleben mit Blumenstrauß traube etwa konnte auf den Wein als das und Vogelnest, 1776, Öl auf Holz, 601 × 512 mm, Inv. Blut Christi in der Eucharistiefeier hinwei­ Nr. 1142), vgl. Neumeister 2010, S. 162–169, hier S. 164. Die Zuschreibung der im Städel Museum heute van Huysum sen, Insekten und sichtbarer Verfall der zugewiesenen Blätter kann nicht in allen Fällen als gesichert dargestellten Pflanzen und Früchte auf die gelten (vgl. auch Kat. Nr. 39).

132 UNBEKANNTER KÜNSTLER in der Art von oder nach Jan van Huysum

43 Früchtestück mit Haselnüssen, nach 1760

Wasser- und Deckfarben (teilweise mit erhöh- In der Frankfurter Zeichnung hielt ein das frühe 19. Jahrhundert hinein häufig tem Bindemittelanteil), über Spuren von bislang unbekannter Künstler verschiedene kopierten Blumenmalers Jan van Huysum schwarzem Stift, auf Velinpapier; allseitige Einfassungslinien mit dem Pinsel in Schwarz; Früchte, helle und dunkle Weintrauben, (Kat. Nr. 9, 39, 40) erworben zu haben, 317 × 275 mm; am oberen Blattrand mittig Pflaumen, Pfirsiche und Haselnüsse auf denn unter dessen Namen wird das Blatt Verwerfung; auf dem Verso fleckig verbräunt einem profilierten Sims vor einem mono­ im Catalogue 1825 aufgeführt.1 Im 1862 im unteren Bereich, wenige Metalleinschlüsse, mittig am oberen und rechten Blattrand Reste chrom ausgeführten Hintergrund fest. erstellten Inventar des Städel Museums ist einer älteren Montierung Kunstvoll ragen einige Elemente, wie der der Zeichnung bereits der Zusatz »Kopie« Wasserzeichen nicht vorhanden filigrane Stängel einer Herbst-Anemone, beigegeben. Es ist unbekannt, welcher Bezeichnet an der unteren rechten Blattkante mit dem Pinsel in Schwarz »R«, rechts darüber aber auch Teile der Früchte, über die Stein­ Künstler sich hinter den Initialen »R. R.« mit der Feder in Schwarz »R« platte hinaus. Von links vorn fällt Licht auf verbirgt, die rechts unten vor der wirkungs­ Auf dem Verso bezeichnet am unteren Blat- die Früchte. Der linke, im Licht stehende voll marmorierten Steinplatte schwer zu trand rechts in Bleistift »Jan van Huysum inv. / Teil der Komposition tritt vor dem dunklen erkennen sind. Ebenso wenig ist bekannt, 11’’ 7’’’«; in der unteren linken Ecke Stempel des Städelschen Kunstinstituts (L. 2356) Hintergrund optisch hervor, während der ob es sich bei der Komposition um eine rechte Teil im Schatten liegt und auf dieser direkte Kopie eines heute nicht mehr nach­ Inv. Nr. 963 Seite der Hintergrund etwas heller gefasst weisbaren Gemäldes von Jan van Huysum PROVENIENZ ist. Der Verfall der reifen Früchte kündigt handelt oder ob der Künstler eine freie Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), sich an; einige der Trauben beginnen, sich Variante anfertigte, die sich an Motiven aus Frankfurt am Main; 1817 erworben für das zu verformen, Ameisen und eine Fliege den Werken des populären Blumen- und Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main (Catalogue 1825, als J. van Huysum) laben sich am saftigen Fleisch der Pflaumen Früchtemalers orientierte. und des Pfirsichs, und ein Schmetterling Im Vergleich mit den opulenten, vor LITERATUR hat sich auf einer Traube niedergelassen. Blumen und Früchten überbordenden keine Veröffentlichung bekannt geworden Johann Georg Grambs scheint die Stillleben van Huysums wirkt die Kompo­ Frankfurter Zeichnung als Werk des bis in sition verhältnismäßig schlicht. Gleichwohl ist die Ausführung der Deckfarbenzeich­ nung von ungewöhnlich hoher Qualität. Der sichere Umgang des unbekannten Künstlers mit der Wasserfarbe, die er mal mehr und mal weniger deckend über einer Vorzeichnung in schwarzem Stift aufge­ bracht hat, zeigt sich etwa in der Wieder­ gabe der unterschiedlichen Oberflächen und Materialitäten der dargestellten Bild­ elemente. Für die Wiedergabe der hellsten Stellen nutzte der Künstler die Farbe des Papiertons und wenig weiße Deckfarbe, welche die Weintrauben von innen leuchten und die Wassertropfen transluzide und dreidimensional auf dem Pfirsichblatt stehen lässt. Abb. Albertus Jonas Brandt (nach Jan van Eine Nachzeichnung von Albertus Jonas Huysum), Stillleben mit Früchten, nach 1808, Brandt (1788–1821) im Teylers Museum Feder in Braun, Wasserfarben, über Spuren von schwarzem Stift, auf Papier, 498 × 419 mm, in Haarlem (Abb.) gibt eine der Frankfurter Teylers Museum, Haarlem, Inv. Nr. Z 083 Zeichnung verwandte Komposition

133 van Huysums wieder, deren Original im Nicht nur der Zeichner des Frankfurter | 1 | Darin ist auch eine Zeichnung von Jan Matthias Kok Rijksmuseum in Amsterdam erhalten ist.2 Blattes ist bisher nicht identifiziert, auch (1720 –1771) unter dem Künstlernamen Jan van Huysum aufgeführt, jedoch – entsprechend einer rückseitigen Die ganz ähnlichen Motive sind jedoch die Entstehungszeit ist nicht genau zu Beschriftung der Zeichnung – als Kopie nach dem älteren bei genauerem Hinsehen in einer anderen, ermitteln. Lediglich das als Bildträger Vorbild gekennzeichnet (Ein Blumenbouquet in blauer Vase, weniger sorgfältigen Technik ausgeführt. genutzte Velinpapier bietet einen Hinweis Inv. Nr. 3502). | 2 | Das Original van Huysums befindet sich seit 1808 im Amsterdamer Rijksmuseum: Jan van Huysum, Brandt setzte den Namen Jan van Huysums auf den Entstehungszeitraum der Zeichnung. Stillleben mit Früchten, Öl auf Kupfer, 50,5 × 42,5 cm, Rijks- als auffallende Signatur auf das Blatt, ohne Im Jahr 1757 wurde Velin in England das museum, Amsterdam, Inv. Nr. SK-A-187. | 3 | Vgl. Hunter auf seine eigene Autorschaft zu verweisen. erste Mal im Bereich des Buchdrucks einge­ 1978, S. 125 –128. Das Blatt wurde ihm vor allem deshalb setzt,3 daher kann das Frankfurter Blatt zugeordnet, weil es aus seinem Nachlass nicht vor den 1760er Jahren des 18. Jahr­ erworben wurde. hunderts entstanden sein.

134 WILLEM VAN LEEN (Dordrecht 1753–1825 Delfshaven)

Maler, Zeichner und Radierer von Blumen- und Früchtestillleben in der Art von Jan van Huysum (Kat. Nr. 9, 39, 40) und Vogelaquarellen in der Tradition von Aert Schouman (Kat. Nr. 45–47, 57); nach einer ersten Ausbildung im Geschäft für Malereien und Verzierungen seines Vaters geht er bei drei eher unbekannten Dordrechter Malern in die Lehre;1 von 1773 bis 1776 hält er sich in Paris auf, lernt dort den Blumenmaler Gerard von Spaendonck (1746 –1822) kennen und spezialisiert sich auf das Malen und Zeichnen von Stillleben mit Blumen und Früchten; nach der Rückkehr nach Holland wird er in Rotterdam sesshaft und reist 1788 erneut nach Paris, wo er von der Großfürstin von Russland den Auftrag erhält, Wanddekorationen für den Pawlowsk Palast in St. Petersburg zu entwerfen; nach Ausbruch der Französischen Revolution kehrt er 1789 in die Niederlande zurück und wohnt fortan in Delfshaven in der Nähe von Rotterdam; ist im frühen 19. Jahrhundert auch als Kunsthänd­ ler tätig, zeitweise im Auftrag von Louis Bonaparte (1778–1846), dem Bruder Napoleons und König von Holland;2 ungeachtet seiner schlechten gesundheitlichen Verfassung und dem zurückgehenden Interesse an üppigen Blumenbouquets im frühen 19. Jahrhundert fertigt er bis ins hohe Alter Blumenstillleben an.

LITERATUR Van Eijnden/Van der Willigen 1816–1840, III, S. 56–59; Anhang, S. 20 | Paris/Amsterdam 1990/91, S. 96 | Van Peperstraten-Willekens 2002

44 Stillleben mit Blumenstrauß und Vogelnest vor einer Parklandschaft, 1802

Wasser- und Deckfarben (teilweise mit schwach Willem van Leen kam durch die Begegnung 19. Jahrhunderts spürbar nach. Bis dahin erhöhtem Bindemittelanteil), Feder und Pinsel in mit Gerard van Spaendonck in Paris in den setzten Künstler wie Jan van Os (1744 – Dunkelgrau, schwarzer Stift, auf geripptem Bütten- papier; allseitige Einfassungslinie mit der Feder in 1770er Jahren zum Malen und Zeichnen 1808), Wybrand Hendriks (Kat. Nr. 41, 42), Schwarz; 459 × 359 mm; im Bereich der oberen von dekorativen Blumen- und Früchtestill­ Gerard van Spaendonck und auch Willem Rosenknospe am linken Blattrand Papieroberfläche leben. Spaendonck, Miniaturmaler des van Leen die in der ersten Hälfte des 18. Jahr­ eingedrückt und verletzt, am linken Rand 85 mm v. o. Farbabrieb auf Papierknoten, am linken Rand französischen Königs, Zeichner am Pariser hunderts durch Jan van Huysum zu großer unten Glanzspur, unterhalb der oberen linken Kante Jardin des Plantes und später auch Mitglied Blüte gebrachte Kunstform mit ihren gemal­ leichter Glanzanrieb, an der oberen Kante Mitte der Académie royale de peinture et de sculp- ten und gezeichneten Kompositionen fort. gerastert, punktuell eingedrückt auf einer Fläche von 13 × 13 mm; auf dem Verso auf der linken Seite ture, gilt als bedeutender Nachfolger des Die Frankfurter Zeichnung Willem van Spuren von Farbanrieb, oben Mitte Reste einer über die Grenzen der Niederlande hinaus Leens zeigt ein Blumenbouquet in einer mit älteren Montierung, an dieser Stelle Papierober­ gefragten Blumenmalers Jan van Huysum. Putten verzierten Terrakottavase auf einer fläche teilweise abgeschält Er passte die Kompositionen van Huysums Marmorplatte und ist ganz den Zeichnun­ Wasserzeichen nicht vorhanden Signiert und datiert unten links mit der Feder in an den französischen Geschmack an, gen van Huysums verpflichtet. Elemente Grau »W van Leen. 1802. f.« indem er seinen Zeichnungen und Gemäl­ wie das Vogelnest mit Eiern rechts neben Auf dem Verso in der linken unteren Ecke Stempel den repräsentative Elemente wie Vasen, der Vase und der sich in eine Parkland­ des Städelschen Kunstinstituts (L. 2356) Sockel und Säulen aus Marmor und Alabas­ schaft öffnende Hintergrund mit einem in Inv. Nr. 2850 ter hinzufügte.3 dunklen Brauntönen nur schemenhaft Die Begeisterung für üppige, barocke angedeuteten Baum links und dem Stand­ Blumen- und Früchtekompositionen bild einer weiblichen Figur auf einem ließ erst im Verlauf der ersten Hälfte des Podest vor einem lichten, in zartem Grün

135 PROVENIENZ lavierten Hintergrund rechts sind auch in spätere Gemälde oder ausgeführte Zeich­ Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), Frankfurt am Main; 1817 erworben für das den Werken des älteren Künstlers zu finden. nungen festgelegt. Dunklere Farbtöne und Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main Licht fällt auf den linken Teil des Blumen­ zügige Federschraffuren verteilten die (Catalogue 1825) bouquets und hebt es so von dem dunklen Schattenflächen. Van Leens Zeichnung

LITERATUR Hintergrund ab. Umgekehrt verhält es sich zeigt, dass diese von van Huysum in der keine Veröffentlichung bekannt geworden mit dem im Schatten liegenden rechten Teil ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts eher für des Blumengebindes vor der hellen Park­ das vorbereitende Skizzieren eingesetzte landschaft.4 Technik noch im frühen 19. Jahrhundert als Die Frankfurter Zeichnung hat große Ausdruck von Virtuosität geschätzt wurde. Ähnlichkeit mit der Komposition eines Johann Georg Grambs und Johann Fried­ Gemäldes von Jan van Huysum, das sich rich Städel scheint es aber nicht möglich heute im Staatlichen Museum in Schwerin gewesen zu sein, entsprechende Beispiele befindet (Abb. 1). Dieses Gemälde kaufte von van Huysum selbst für ihre Sammlun­ der Herzog zu Mecklenburg 1744 über einen gen zu erwerben. Willem van Leens Still­ Agenten von Jan van Huysum, und es kann leben mit Blumenstrauß vermag diese künst­ für van Leen, der die Frankfurter Zeichnung lerische Position im Städel Museum zwar zu 1802 anfertigte, kaum zugänglich gewesen vertreten, besitzt jedoch, als ein Werk, das sein.5 Es ist aber durchaus möglich, dass es zumindest weitgehend einem Vorbild folgte, sich bei der Komposition van Leens um eine nicht im gleichen Maß van Huysums Spon­ gezeichnete Kopie eines heute nicht mehr taneität und Gestaltungskraft. nachweisbaren gemalten oder gezeichneten Werks von Jan van Huysum handelt, der | 1 | Jan Arends (1738 –1805), Dirk Kuijpers (1773 –1796) zahlreiche Varianten seiner Blumenstücke und Joris Ponse (1723 –1783), vgl. Van Eijnden/Van der anfertigte. Es ist jedoch auch nicht vollkom­ Willigen 1816–1840, III, S. 56. | 2 | Vgl. Paris/Amsterdam men auszuschließen, dass van Leen hier 1990/91, Kat. Nr. 42. | 3 | Vgl. Delft/Houston 2006/07, S. 37. | 4 | Der Städel-Administrator Johann Georg Grambs Motive aus den Werken des älteren Malers erwarb als Pendant zu der ausgestellten Zeichnung auch frei zusammenstellte. ein 1801 datiertes Stillleben mit Früchten (Inv. Nr. 2849). Der freie, lockere Zeichenstil entspricht Zur Popularität von Pendants im 18. Jahrhundert siehe oben, S. 16 f. Eine Kreidezeichnung van Leens in der Sammlung des dem der Entwurfszeichnungen von Jan Städel Museums (Blumenstrauß in einer Vase, Inv. Nr. 2851) van Huysum (Abb. 2). Dort wurden über stammt aus dem Besitz von Johann Friedrich Städel. Abb. 1 Jan van Huysum, Rosen und andere einer Vorzeichnung in schwarzem Stift | 5 | Das Schweriner Gemälde wurde 1806 von französischen Blumen in einer Terrakotta-Vase, 1742, Soldaten beschlagnahmt und nach Napoleons Niederlage Öl auf Kupfer, 47 × 40,5 cm, Staatliches mit raschen Federlinien die Formen und 1815 wieder zurückgegeben, vgl. Delft/Houston 2006/07, Museum Schwerin, Schwerin, Inv. Nr. G 439 mit Wasserfarben die Farbverteilung für S. 270 ff., Kat. Nr. F39.

Abb. 2 Jan van Huysum, Früchte und Blumen vor einer Garten-Vase mit einer Mohnblume und einer Reihe Zypressen, Feder in Schwarz, Wasserfarben, auf Papier, 209 × 166 mm, Département des Arts graphiques, Musée du Louvre, Paris, Inv. Nr. 22673

136

AERT SCHOUMAN (Dordrecht 1710–1792 Den Haag)

Maler, Zeichner und Radierer von Porträts, Pflanzen- und Tierstücken, Topografien, Genre- und Historienstücken, großformatigen Wanddekorationen und gezeichneten Kopien nach Gemälden des 17. und 18. Jahrhunderts, auch als Glasgraveur und Kunsthändler tätig; um 1725–1733 lernt er bei dem in Dordrecht führenden Maler Adriaan van der Burg (1693– 1733), 1736 wird er Mitglied der neu gegründeten Sint-Lucas-Bruderschaft; seit 1748 teilt er zunächst seine Zeit zwischen Dordrecht und Den Haag auf, wird dort zu einem gefragten Porträtmaler und verlegt seinen Wohnsitz 1753 schließlich vollständig in die Residenzstadt des Statthalters; erste Vogelaquarelle entstehen bereits seit 1734, 1765 beginnt er, in der Menagerie und dem Naturalienkabinett des Statthalters der Niederlande Willem V. (1748– 1806) Vögel und andere Tiere zu zeichnen; seit 1749 ist er Mitglied der Malergilde Confrerie Pictura und der Haager Zeichenakademie (Teekenacademie), wo er 1751 Vorstand (regent) wird; in der Confrerie Pictura ist er 1752–1759 und 1777–1785 Hauptmann (hoofdman) und 1762–1768 Dekan (deken); zwischen 1771 und 1780 fertigt er für den bedeutenden Kunst­ sammler Cornelis Ploos van Amstel (Kat. Nr. 22), mit dem ihn eine enge Freundschaft ver­ bindet, gezeichnete Kopien von Gemälden aus der Sammlung des Statthalters an; Lehrer von u. a. Jabes Heenck (Kat. Nr. 48) und seinem Großneffen Martinus Schouman( Kat. Nr. 77).

LITERATUR Van Gool 1750/51, II, S. 346–353 | Van Eijnden/Van der Willigen 1816–1840, II, S. 68–73; Anhang, S.166 | Minne- apolis/Toledo/Philadelphia 1971/72, S. 91 f. | Laurentius/Niemeijer/Van Amstel 1980, S. 179 | Paris/Amsterdam 1990/91, S.124 | Bol 1991 | Dumas 2005 | Dumas 2010 | Dumas 2011 | Dufais 2012 | Havers 2016 | Dordrecht 2017

45 Eine Spitzschwanz-Paradieswitwe (Vidua paradisaea) und ein Dominikanerkardinal (Paroaria dominicana)

46 Ein Rosalöffler (Platalea ajaja), um 1760 –1780

47 Ein Schwarzgesichtklammeraffe (Ateles chamek), 1759

Kat. Nr. 45 Der produktive und vielseitige Künstler Aert sich nicht etwa um nicht verkaufte Ware, Wasserfarben, über schwarzem Stift, teilweise Schouman verdankt seine Bekanntheit vor vielmehr waren die meisten dieser Blätter mit Pinsel in Gummi (arabicum?) übergangen, 2 auf geripptem Büttenpapier; allseitige Einfas- allem seinen ebenso dekorativen wie aus Teil von Schoumans privater Sammlung. sungslinie mit der Feder in Mittelbraun; wissenschaftlicher Sicht bedeutenden Dar­ Schon im 17. Jahrhundert – und die 370 × 253 mm; wenige Metalleinschlüsse im stellungen von heimischen und exotischen Traditionslinie reicht bis in das Spätmittel­ Papier, Verschmutzungen ca. 20 mm vom linken Blattrand, entlang der Ränder wellig, Vögeln in Öl-, insbesondere aber in Wasser- alter zurück – gab es in den Niederlanden kleines Loch unterhalb der Paradieswitwe (hin- und Deckfarben. Darüber hinaus gab er ein ausgeprägtes künstlerisches und wis­ terlegt), leichte Knicke, an der unteren Blatt- auch Säugetiere, Pflanzen und Blumen senschaftliches Interesse an Flora und kante links Feuchterand; auf dem Verso Werkstattspuren (Farbabklatsch), am rechten wieder. Als Schouman 1792 starb, befanden Fauna. Im Zeitalter der Aufklärung nahm Blattrand mittig Reste einer älteren Montie- sich noch an die 1 000 seiner eigenhändig dies noch zu; es gab zahlreiche private rung, Papieroberfläche teilweise abgeschält ausgeführten Zeichnungen mit solchen Naturalienkabinette und Menagerien, und Wasserzeichen: Gegenmarke (?) »C & I Honig« Motiven in seinem Besitz. Dabei handelte es etliche Liebhaber betätigten sich als Natur­

138 Kat. Nr. 45 Auf dem Verso am unteren Blattrand etwas forscher beziehungsweise interessierten links ab und umfassen gemeinsam mit links der Mitte Stempel des Städelschen Kunstinstituts (L. 2356) sich für entsprechende wissenschaftliche dem Ast den Dominikanerkardinal in einer Erkenntnisse. Aert Schouman hatte ver­ dekorativen Ovalform. Inv. Nr. 3002 schiedene Kontakte zu Sammlern von Wie hier zu sehen ist, stammten die

PROVENIENZ ­Naturalia und zu Liebhabern von Vögeln Vögel, die der Künstler in seinen Kompo­ 3 Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), und exotischen Tieren. Seit 1748 verlegte sitionen zusammenfügte, nicht immer aus Frankfurt am Main; 1817 erworben für das der Künstler seinen Wohnsitz immer mehr demselben Lebensraum. Für den Hinter­ Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main nach Den Haag, wo er von 1765 an auch grund wählte Schouman meist entweder (Catalogue 1825) Zugang zum Naturalienkabinett und der eine exotisch anmutende (Kat. Nr. 47) LITERATUR Menagerie des niederländischen Statthal­ oder eine holländische Landschaft, die er Frankfurt 1991/92, Kat. Nr. 28 | Frankfurt 2000, ters Willem V. erhielt. in zarten, dünn aufgetragenen Wasserfar­ Kat. Nr. 1011 Schouman fertigte in der Nachfolge ben in Grün- und Blautönen ausführte. der im 17. Jahrhundert führenden Tiermaler Selten ließ er den Hintergrund vollständig Melchior d’ Hondecoeter (1636–1695) und unbe­arbeitet, wie in Kat. Nr. 45. Kat. Nr. 46 Wasserfarben, über schwarzem Stift, auf des ebenfalls aus Dordrecht stammenden Den in den Sümpfen Floridas beheima­ geripptem Büttenpapier; allseitige Einfas­ Abraham Busschop (1670 –1729) dekorative teten Rosalöffler hat der Künstler auf einer sungslinie mit der Feder in Dunkelbraun; Wandgemälde und Zeichnungen mit zahl­ kahlen Erhebung im Vordergrund wiederge­ 251 × 375 mm; feinste (Metall-) Einschlüsse im Papier, vertikal verlaufender Knick und feine reichen Vögeln in idealisierten Parkland­ geben; im Hintergrund sind Wasser und Quetschfalte rechts der Mitte; auf dem Verso schaften sowie Nachzeichnungen von dicht bewachsenes Buschland dargestellt. am rechten Blattrand mittig Rest einer älteren Gemälden der beiden Künstler an.4 Die drei Die Größe des bis zu 86 Zentimeter messen­ Montierung, an dieser Stelle Papieroberfläche teilweise abgeschält ausgewählten Zeichnungen Schoumans den Vogels wird durch den niedrigen Hori­ Wasserzeichen: Lilie, darunter Bienenkorb, zeigen exemplarisch eine andere Kategorie zont und die leichte Untersicht auf das Tier darunter »J H & Z«; Gegenmarke (?) von Tierdarstellungen. Hier sind einzelne betont, der charakteristische löffelförmige »Honig / & / [Z]oonen« (vgl. Heawood 1562) Auf dem Verso unten rechts signiert mit der Tiere Hauptgegenstand der Darstellung, Schnabel ist effektvoll in seiner Plastizität Feder in Dunkelbraun »A: Schouman«, in der und es ist Wert gelegt auf eine sorgfältige und Materialität ausgearbeitet. unteren linken Ecke über einem Montierungs- und zoologisch zuverlässige Genauigkeit Exotische Tierarten wie der Rosalöffler rest bezeichnet in Bleistift »N 3«; unten links Stempel des Städelschen Kunstinstituts einerseits sowie eine dekorative und zeich­ überlebten die Überfahrt nach Europa (L. 2356) nerisch freie Ausführung andererseits. oft nicht. Die etwas abgespreizten Flügel Diese Qualitäten machten die Zeichnungen des von Schouman dargestellten Exemplars Inv. Nr. 2998 für naturwissenschaftlich interessierte mögen darauf hindeuten, dass der Künstler PROVENIENZ Betrachter ebenso interessant wie für den Rosalöffler nach einem ausgestopften Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), Kunstsammler. Modell gezeichnet hat. Frankfurt am Main; 1817 erworben für das Auch diese Art von Darstellung konnte Neben Vögeln zeichnete Schouman Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main (Catalogue 1825) sich auf Vorbilder aus dem 17. Jahrhundert in geringerer Zahl auch andere Tiere. beziehen. Von entsprechenden Künstlern Dazu gehört die Darstellung eines in LITERATUR wie Pieter Holsteyn d. Ä. (1585–1662) und großen Gruppen im nordwestlichen Zen­ Frankfurt 2000, Kat. Nr. 102 | Frankfurt 2008/09, S. 115 (Abb. S. 48), vgl. auch S. 15 f. | Johannes Bronckhorst (1648–1727) besaß tralsüdamerika lebenden Schwarzgesicht­ Dordrecht 2017, S. 159 Schouman mehrere Zeichnungen in seiner klammer­affens, die von Schouman persönlichen Sammlung, darunter auch ­rück­seitig als »Bos duyvel« (Waldteufel) Blätter, die er selbst um Landschaften im bezeichnet wurde.6 Seinen langen Schwanz Hintergrund ergänzte.5 hat das Tier um einen senkrecht verlaufen­ In Kat. Nr. 45 kombinierte Schouman den Ast geschlungen, an dem es nach oben eine in verschiedenen Teilen Afrikas behei­ klettert. In der Bewegung innehaltend, matete männliche Spitzschwanz-Paradies­ blickt der Affe aufmerksam nach rechts. witwe und einen im Norden Brasiliens vor­ Im Hintergrund sind Himmel und Berge kommenden Dominikanerkardinal auf kunstvoll und zart laviert. Im Mittelgrund einem Blatt. Die beiden Vögel sitzen jeweils setzte Schouman etwas kräftigere Grün- auf einem knorrigen Zweig eines nur ange­ und Brauntöne ein, um den dichten Baum­ schnitten wiedergegebenen Astes. Die bestand des tropischen Regenwalds anzu­ Besonderheiten des afrikanischen Exoten deuten. sind gut zu erkennen; seine charakteristi­ In der linken unteren Ecke signierte schen langen Schwanzfedern schließen die der Künstler die Zeichnung und fügte auf Komposition mit einem eleganten Schwung der Rückseite des Blattes die dargestellte

140 Kat. Nr. 46 Kat. Nr. 47 Gattung, seine Initialen, das Entstehungs­ affen. Einzelnen Passagen gab er zusätzliche Wasserfarben, über schwarzem Stift, teilweise mit Pinsel in Gummi (arabicum?) übergangen, jahr der Zeichnung (»1759«) und den Tiefe, indem er sie mit dem Pinsel in Gummi 10 auf geripptem Büttenpapier; allseitige Einfas- Zusatz »levensgroot« (lebensgroß) hinzu. (arabicum?) überging. sungslinie mit der Feder in Dunkelgrau; Schoumans Zeichnung wurde mit einer Zeichnungen von Aert Schouman waren 381 × 257 mm; wenige Metalleinschlüsse im Papier; auf dem Verso Montierungs- und Schrift des Natur­forschers Arnout Vosmaer bei Kunstsammlern im 18. Jahrhundert sehr 7 Klebstoffreste in den oberen zwei Dritteln des (1720 –1799) in Verbindung gebracht. Vos­ begehrt. Johann Friedrich Städel und Johann rechten Blattrandes, im unteren Drittel Papier maer war seit 1756 Direktor des statthalter­ Georg Grambs hatten zusammen 22 Zeich­ teilweise abgeschält lichen Naturalienkabinetts, seit 1761 auch nungen des Künstlers in ihrem Besitz, von Wasserzeichen: Straßburger Lilie, im Wappen- schild, darüber Krone, darunter Marke (»4« ?), der Menagerie und veröffentlichte zahlrei­ welchen im 19. Jahrhundert sechs verkauft darunter gefiederter Pfeilschaft, darunter die che wissenschaftliche Publikationen.8 Er wurden.11 Mit einer Zeichnung von Jabes Buchstaben »VD[ligiert]L« (Motiv ähnlich schrieb 1768 über ein ausgestopftes Exemp­ Heenck (Kat. Nr. 48) besaß Grambs auch Churchill 404) Unten links signiert mit dem Pinsel in Schwarz lar eines Rotgesichtklammeraffen( Ateles ein Werk eines der Nachfolger Schoumans. »A. Schouman« paniscus) aus dem Naturalienkabinett des Auf dem Verso am unteren Blattrand bezeich- Statthalters. Als Heimat dieser Affenart gab net und datiert in schwarzem Stift »Bos duyvel er zutreffend Surinam an, die holländische | 1 | In beiden Katalogen irrtümlich mit der Provenienz Levensgroot. A. S. 1759«, darunter wiederholt Johann Friedrich Städel. | 2 | Vgl. Dordrecht 2017, S. 263. in derselben Handschrift »Bos duyvel Levens- Kolonie im Nordosten Südamerikas. | 3 | Vgl. ebd., S. 27–32. | 4 | Vgl. ebd., S. 285 f. | 5 | Vgl. Bol groot. A. S. 1759« (beschnitten, jeweils in der Schwarzgesichtklammeraffen kommen in 1991, S. 84. | 6 | Für die Identifizierung des Schwarzgesicht- Handschrift von Aert Schouman), am oberen Surinam aber nicht vor. Vosmaers Text wird klammeraffens danke ich Prof. Dr. Friedemann Schrenk, Rand mittig bezeichnet in schwarzem Stift Sektionsleiter Paläoanthropologie, Senckenberg Gesellschaft »svx« (beschnitten), in der linken unteren von einer Druckgrafik illustriert, die Simon für Naturforschung, Frankfurt am Main. | 7 | Vgl. Dordrecht Ecke unleserlich bezeichnet in schwarzem Stift; Fokke (Kat. Nr. 20–21) der Beschriftung 2017, S. 253, Anm. 85. Die Schrift von Vosmaer hieß Beschry- unten etwas links der Mitte Stempel des zufolge nach einer Zeichnung Schoumans ving van eene zeldzaame amerikaansche langstaartige Städelschen Kunstinstituts (L. 2356) Aap-Soort […], Amsterdam 1768. In der Publikation Vosmaers ausgeführt hat. Fokkes Druckgrafik hat wird der Klammeraffe als »Amerikaansche Bosch-Duivel« Inv. Nr. 2994 Ähnlichkeit mit Kat. Nr. 47, unterscheidet oder »Slinger-Aap« bezeichnet, der von Einheimischen auch sich aber auch in vielen Einzelheiten von »Quatto« genannt werde. | 8 | Die Publikation über den PROVENIENZ Klammeraffen war eine von über 30 Abhandlungen Vos- Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), ihr. Die kolorierte Druckgrafik zeigt den maers, die nach seinem Tod gesammelt neu veröffentlicht Frankfurt am Main; 1817 erworben für das Affen mit einem erkennbar roten Gesicht.9 wurden als Natuurkundige beschryving eener uitmuntende Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main Es kann sein, dass Vosmaer und Fokke auf verzameling van zeldsaame gedierten: bestaande in Oost- en (Catalogue 1825) Westindische viervoetige dieren, vogelen en slangen, weleer die Frankfurter Zeichnung Schoumans leevend voorhanden geweest zynde, buiten de Haag, op het LITERATUR zurückgriffen und die Darstellung für ihre Kleine Loo van Z. D. H. den. Prins van Oranje-Nassau, Amster- Dordrecht 2017, S. 253 f. (Abb. 412) Zwecke veränderten. Vielleicht lag ihnen dam 1804, kurz als Regnum animale bezeichnet, vgl. ferner Dordrecht 2017, S. 37. | 9 | Im Exemplar der Smithsonian aber auch eine andere Zeichnung Schou­ Libraries in Washington, vgl. URL: www.biodiversitylibrary. mans vor. 1759 zeichnete Schouman – org/item/88439#page/72/mode/1up (letzter Zugriff am zumindest offiziell – noch nicht im Natura­ 14 .4. 2020). | 10 | Intensive Farbwirkungen erreichte Schou- man zum Teil auch dadurch, dass er den Anteil des Binde­ lienkabinett des Statthalters der Nieder­ mittels erhöhte, etwa bei dem leuchtenden, transparenten lande. Daher könnte sein Schwarzgesicht­ Rot an den Flügeln, der Brust und den Schwanzfedern des klammeraffe nach einem Präparat aus einer Rosalöfflers. | 11 | Die Sammlung von Johann Georg Grambs umfasste ursprünglich 14 Zeichnungen des Künstlers. Nach anderen Sammlung entstanden sein. Verkäufen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts befin- Mit seiner freien, so gut wie ohne eine den sich davon heute noch zwölf Blätter im Städel Museum: Vorzeichnung auskommenden Pinseltech­ Een vreemde Levet-Kat, Inv. Nr. 2993; Kat. Nr. 47; Kat. Nr. 46; nik vermochte es Aert Schouman, die Tiere, Zwei roten Enten, Inv. Nr. 2999; Kat. Nr. 45; Landschaft mit Hirten, Inv. Nr. 3003 (nach Dirck van Bergen); Brustbild eines obwohl er diese häufig nur ausgestopft Mannes, Inv. Nr. 3471 (nach Cornelis Janson von Keulen); kannte, lebendig erscheinen zu lassen. Er Brustbild einer Frau, Inv. Nr. 3472 (nach Cornelis Janson von trug Wasser- und Deckfarben in mehreren Keulen); Interieurszene, Inv. Nr. 3473 (nach Jean-Antoine Watteau); Kat. Nr. 57; Weite Landschaft mit Hirten, Inv. dünnen, zum Teil übereinanderliegenden Nr. 24900 (nach Nicolaes Berchem); die Ansicht einer Schichten auf und setzte mit der Pinsel­ Haubenente (Inv. Nr. 2997) gilt heute nicht mehr als Werk spitze feine Akzente. So gelang es ihm, die von Schouman. Die Zweifel an der Eigenhändigkeit des Blattes äußerte Sander Paarlberg (schriftliche Mitteilung). langen, weichen Schwanzfedern der Spitz­ Johann Friedrich Städel besaß vor den Verkäufen in den schwanz-Paradieswitwe ebenso überzeu­ 1860er Jahren acht Zeichnungen des Künstlers, von welchen gend wiederzugeben wie das luftige Feder­ sich heute noch die Hälfte im Städel Museum befindet: Zwei Kanarienvögel, Inv. Nr. 2995; Zwei Distelfinken, Inv. Nr. 2996; kleid des Rosalöfflers oder das lange, Ein Milan, Inv. Nr. 3000; Ein Paradiesvogel und ein Rabe, Inv. schwarze Fell des Schwarzgesichtklammer­ Nr. 3001.

142 Kat. Nr. 47 JABES HEENCK (Den Haag 1752–1782 Leiden)

Maler und Zeichner von Vogeldarstellungen in der Art seines Lehrers Aert Schouman (Kat. Nr. 45–47) sowie von Stadtansichten, Radierer von Landschaften mit Bauern­häusern, Genredarstellungen im Stil Adriaen van Ostades (1610 –1685) und Darstellungen von Kühen und Vieh in der Art Paulus Potters (1625–1654), auch als Kunsthändler tätig.

LITERATUR Van Eijnden/Van der Willigen 1817–1840, II, S. 399; Anhang, S. 187 | Schwartz 2004, S. 132 | Dordrecht 2017, S. 41

48 Ein Fächerpapagei (Deroptyus accipitrinus) und ein Braunschulterstärling (Agelaius humeralis), 1775

Wasserfarben und Deckweiß, über schwarzem Wir wissen nur wenig über den Zeichner einem Fluss und Palmen. Einige Staffage­ Stift, Farblack in Schwarz, Rot und Blau, auf und Radierer Jabes Heenck, der in seinem figuren – zwei Männer in einem Boot und geripptem Büttenpapier; allseitige Einfassungs- linie mit dem Pinsel in Dunkelbraun; kurzen Leben vor allem Vogeldarstellungen zwei Erwachsene mit einem Kind bei einem 404 × 256 mm; wenige Metalleinschlüsse im im Stil seines Lehrers Aert Schouman Zelt – ergänzen die Darstellung. Papier, beginnender Kupferfraß, am oberen anfertigte. Die Zeichenakademie in Heencks Ob Heenck durch Schouman Zugang zu Blattrand wellig, berieben auf den Höhen der Wellengrate, kleiner Riss an der oberen Blatt- Geburtsstadt Den Haag lockte viele Künst­ Menagerien und Naturalienkabinetten und kante links der Mitte, Tintenfraß an der Einfas- ler an, die, wenn sie sich auf dem Gebiet der damit die Möglichkeit hatte, nach lebenden sungslinie; auf dem Verso in der oberen linken Darstellung von Flora und Fauna spezialisie­ und ausgestopften Tieren zu zeichnen, oder und rechten Ecke sowie mittig Reste einer älteren Montierung, an diesen Stellen Papier­ ren wollten, Unterricht bei dem erfolg­reichen auf gezeichnete Vorbilder zurückgriff, oberfläche teilweise abgeschält und weit bekannten Schouman nahmen.1 wissen wir nicht. Unmittelbare Vorbilder, Wasserzeichen: Schriftzug, nicht identifzierbar Von den Hunderten Vogelaquarellen im Stil etwa im Werk von Schouman, ließen sich Signiert unten links mit der Feder in Braun »J: Heenck: fect:« Schoumans, die in den wenigen Jahren der bisher nicht feststellen. In den durch die Auf dem Verso bezeichnet am unteren Rand in Tätigkeit Jabes Heencks entstanden, sind Kolonien mit fremden Kontinenten verbun­ Bleistift »Een blauw vinkje, en zogenaamde heute nur noch 25 bekannt, darunter das denen Niederlanden waren die exotischen / Papagaay met de haviks kop. 20. Júnij 1775.«; Frankfurter Blatt aus der Sammlung von Vögel, die die menschliche Sprache imitie­ in der unteren linken Ecke Stempel des Städel- 2 schen Kunstinstituts (L. 2356) mit der dazuge- Johann Georg Grambs. ren konnten, auch beliebte und verbreitete hörigen Inventarnummer in Bleistift »3547« Die Darstellung eines Fächerpapageis Haustiere. (Deroptyus accipitrinus) und eines Braun­ Der Vergleich mit einer ähnlichen, Inv. Nr. 3547 schulterstärlings (Agelaius humeralis) ­ebenfalls zwei Vögel darstellenden Zeich­ PROVENIENZ versah Heenck neben seiner Signatur unten nung von Schouman (Kat. Nr. 45) zeigt, Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), links mit der Jahreszahl 1775.3 Damit ist die wie eng sich Heenck an Stil und Technik Frankfurt am Main; 1817 erworben für das Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main Zeichnung eine der frühesten erhaltenen seines Lehrers orientierte. Beide Künstler (Catalogue 1825, als H. Henstenburgh) Arbeiten des Künstlers. hielten die Komposition zunächst in einer Die beiden exotischen Vögel sitzen Vorzeichnung fest, die bei Heenck jedoch LITERATUR keine Veröffentlichung bekannt geworden jeweils auf einem Ast eines angeschnitten stärker sichtbar geblieben ist. Über dünnen, wiedergegebenen Baumstamms. Wie sich überlagernden Flächen in Wasserfar­ Schouman nutzte Heenck die dekorative ben setzten Schouman und Heenck mit Konstruktion, um die Tiere scheinbar spitzem Pinsel Akzente. Während Schou­ naturnah zu situieren. In einem schmalen man Teile seiner Komposition abschließend Streifen am unteren Bildrand schilderte mit dem Pinsel in Gummi (arabicum?) Heenck eine exotische Berglandschaft mit überging, um die kräftigen Farben noch

144 zu intensivieren und der Darstellung Tiefe Die fehlende Erfahrung des jungen Schülers zu verleihen, verwendete Heenck farbige ist auch an dem etwas hölzern wirkenden Lacke in Rot, Blau und Schwarz, um Effekte Braunschulterstärling zu erkennen, ein in im Gefieder der beiden Tiere zu erreichen. Kuba und Haiti vorkommender Vogel, der Den Hintergrund lavierte Heenck ebenso hier wahrscheinlich das Größenverhältnis kunstvoll wie sein Lehrer. Effektvoll erzielte zu dem in den Regenwäldern des nördlichen er etwa den Eindruck der durch das Son­ Südamerikas beheimateten Fächerpapagei nenlicht gleißenden Berge, indem er das angeben soll. Heenck blieb über den ver­ Papier an den hellsten Stellen un­­bearbeitet hältnismäßig kurzen Zeitraum seiner künst­ ließ. Wie Schouman notierte auch Heenck lerischen Tätigkeit seinem Lehrer Schou­ auf der Rückseite seiner Zeichnungen häufig man verbunden, entwickelte aber eine die dargestellten Vogelarten und das Ent­ eigene, im Zeichnerischen kleinteiliger stehungsdatum. Dass Heenck den Stärlings­ ausführende Arbeitsweise (Abb.). vogel als einen »blauw vinkje« (blauen

Finken) bezeichnet und den Papagei als | 1 | Vgl. Dordrecht 2017, S. 41. | 2 | Die Gesamtzahl der »met de haviks kop« (mit dem Habichts­ Werke Heencks wurde auf der Grundlage alter Auktionskata- kopf) charakterisiert hat, könnte darauf loge erschlossen, vgl. Dordrecht 2017, S. 41, Anm. 236. | 3 | Für die Identifizierung der dargestellten Vögel danke ich hindeuten, dass er keine tieferen naturwis­ Dr. Gerald Mayr, Sektionsleiter Ornithologie, Senckenberg senschaftlichen Kenntnisse hatte. Gesellschaft für Naturforschung, Frankfurt am Main.

Abb. Jabes Heenck, Ein Rothuhn, 1779, Wasser­farben, über Spuren von schwarzer Kreide, mit Weiß gehöht, auf Papier, 322 × 256 mm, ­Universitätsbibliothek, Leiden, Inv. Nr. PK-T-292

146 DIRK DALENS III. (Amsterdam 1688–1753 Amsterdam) nach Melchior d’ Hondecoeter

Maler und Zeichner von idealisierten Landschaften, in der Regel als großformatige Wand­ dekorationen; nur wenige autonome Zeichnungen sind bekannt; auch als Kunsthändler tätig; seit etwa 1705 in Amsterdam aktiv, gehört mit einem Jahreseinkommen von 1 200 Gulden zu den gut verdienenden Künstlern der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts;1 1748 fertigt Cornelis Troost (Kat. Nr. 52, 53, 54) ein Porträt von Dirk Dalens und seiner Familie an, ein Einzelporträt des Künstlers von der Hand Troosts, das heute nicht mehr erhalten ist, wird durch dessen Schüler Jacobus Buys (Kat. Nr. 55, 56) vollendet.

LITERATUR Van Gool 1750/51, II, S. 134 ff. | Van Eijnden/Van der Willigen 1816–1840, II, S. 26 f.; Anhang, S. 157 f. | Niemeijer 1964 | Dumas 1997

49 Eine Taube stürzt auf eine Gruppe von Hühnern­ hinab, wohl 1748

50 Drei Enten mit Jungtieren am Wasser, 1748

Kat. Nr. 49 Der aus einer Künstlerfamilie stammende auch im französischsprachigen Catalogue Gouache, teilweise mit Pinsel in Gummi (arabi- Dirk Dalens ist heute in Vergessenheit gera­ 1825 erwähnt wird, spricht dafür, dass Kat. cum?) übergangen, auf geripptem Büttenpapier; allseitige Einfassungslinie am linken Blattrand mit ten, gehörte jedoch in der ersten Hälfte des Nr. 49 im gleichen Jahr entstanden ist. schwarzem Stift (beschnitten); 308 × 418 mm; 18. Jahrhunderts neben Isaac de Moucheron 1748 war Dirk Dalens bereits 60 Jahre im Bereich des Gummis Krakelees, am linken (Kat. Nr. 12) und Jan van Huysum (Kat. alt; ein etablierter, mit den Malern und Blatt­rand wellig, auf den Höhen geknickt und Farbschicht aufgebrochen, in der oberen rechten Nr. 9, 39, 40) zu den bedeutendsten nieder­ Sammlern in Amsterdam eng vernetzter 2 Ecke zwei schräge Knicke; auf dem Verso Werk- ländischen Landschaftsmalern. Neben Künstler. Cornelis Troost etwa hatte Dalens stattspuren (Farbabklatsch), rechts Mitte Reste Tafelgemälden haben sich von der Hand des und seine zweite Ehefrau mit den gemeinsa­ einer Montierung auf blauem Papier, entlang der rechten Blattkante Reste einer älteren Montierung, Künstlers auch großformatige gemalte men Kindern 1746, zwei Jahre vor der Ent­ 3 in diesem Bereich Papieroberfläche teilweise Wanddekorationen erhalten. stehung der Frankfurter Blätter, in einer abgeschält Die beiden Blätter gehörten im 18. Jahr­ Pastellzeichnung porträtiert, die sich heute Wasserzeichen: Gegenmarke (?) »IV« (könnte die hundert dem Amsterdamer Sammler und im Rijksmuseum in Amsterdam befindet.5 Gegenmarke zu Heawood 1829A, Kat. Nr. 50, sein) Auf dem Verso bezeichnet unten links mit schwar- Amateurkünstler Cornelis Ploos van Amstel Kat. Nr. 49 zeigt eine Gruppe von Hüh­ zem Stift »f. FD d/E.«, rechts darunter mit der (Kat. Nr. 22). Dieser notierte auf den Rück­ nern und Küken in einer Landschaft mit k Feder in Braun »M: Hondekoeter Pinx / D. Dalens seiten, dass Dirk Dalens die Zeichnungen dichtem Bewuchs und einer nicht näher f«, darunter »h: 12 d / b : 16 ½ d« (jeweils in der Handschrift von Cornelis Ploos van Amstel), in der nach Gemälden von Melchior d’ Hondecoe­ identifizierbaren Architektur. Die ruhige unteren linken Ecke »ha« (?), unten mittig in ter (1636–1695) angefertigt habe, dem Atmosphäre wird durch eine wie ein Raub­ schwarzem Stift »18« (?); in der linken unteren populärsten Vogelmaler des 17. Jahrhun­ vogel herabstürzende Taube gestört. Ein Ecke Prägestempel Cornelis Ploos van Amstel 4 (L. 2034), links daneben Stempel des Städelschen derts in den Niederlanden. Bei Kat. Nr. 50 prächtiger Hahn und eine Henne links neben Kunstinstituts (L. 2356) notierte Ploos van Amstel außerdem das ihm im Zentrum der Darstellung schrecken Jahr 1748 als Zeitpunkt der Entstehung. Der auf; sie gackern und krähen, um ihre Jung­ Inv. Nr. 36136 (1863 als Druckgrafik inventarisiert) Pendantcharakter der beiden Blätter, der tiere zu warnen und die Taube zu verjagen.

147 PROVENIENZ Ein Huhn flüchtet rechts im Mittelgrund, Vorrat von Motiven zurück, die er immer Cornelis Ploos van Amstel (1726 –1798), 7 Amsterdam; Versteigerung Ploos van Amstel: ein weiteres scheint im Hintergrund links wieder neu zusammenstellte. Bezeichnend Philippus van der Schley, Jan de Bosch, Bernar- nichts von der Aufregung mitbekommen sind für ihn die Naturgenauigkeit und der dus de Bosch, Jan Yver, Cornelis Sebille Roos, zu haben. anekdotische Charakter seiner Kompositio­ Amsterdam, 3. März 1800 (Lugt 6031), Kunst- buch W, Nr. 58 (fl. 30.-, an de Groot); In Kat. Nr. 50 sind drei Enten mit Jung­ nen. Moralisierende oder allegorische Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), vögeln an einer Wasserstelle vor einer dich­ Anspielungen, die bei d’ Hondecoeter zum Frankfurt am Main; 1817 erworben für das ten Vegetation wiedergegeben. Eindrucks­ Teil zugrunde liegen, dürften um die Mitte Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main voll steht eine männliche Löffelente in der des 18. Jahrhunderts aber kaum noch eine (Catalogue 1825, unter Egide Hondekötter) Mitte der Komposition. Hinter ihr hat sich Rolle gespielt haben. eine Krickente niedergelassen.6 Die Enten­ Vergleicht man die beiden Gouachen Kat. Nr. 50 küken im Wasser schwimmen, gründeln von Dirk Dalens mit der Frankfurter Nach­ Gouache, teilweise mit Pinsel in Gummi (arabi- cum?) übergangen, auf geripptem Büttenpa- oder schlagen mit den Flügeln. Links am zeichnung eines unbekannten Künstlers pier; allseitige Einfassungslinie mit der Feder in Uferrand scheint eine weibliche Ente ein nach einem Gemälde Melchior d’ Hondecoe­ Schwarz über Grafit (Rand beschnitten); zaghaftes Küken überreden zu wollen, sich ters (Kat. Nr. 51), fällt vor allem die großzü­ 321 × 492 mm; links oben im Himmel im Bereich des dickeren Farbauftrags Krakelees ins Wasser zu wagen. Im Hintergrund links gige und schnelle Zeichenweise Dalens’ auf, (teilweise aufgebrochen), entlang des linken sind das Meer und in der Ferne eine hollän­ die wahrscheinlich durch dessen Speziali­ Blattrandes wellig, berieben auf den Höhen der dische Stadtvedute zu erkennen. sierung auf großformatige Wanddekoratio­ Wellengrate, an der linken Blattkante 130 mm v. o. horizontaler Knick; auf dem Verso in der Aufgrund der Angaben von Ploos van nen zu erklären ist. Wegen des pastosen, in Mitte Klebstoffrest, entlang der rechten Blatt­ Amstel ist davon auszugehen, dass diese mehreren Farbschichten übereinander lie­ kante Reste einer älteren Montierung, in diesem beiden – für Dalens ungewöhnlichen – Blät­ genden Farbauftrags ist keine Vorzeichnung Bereich Papieroberfläche teilweise abgeschält Wasserzeichen: »IHS« / »IVILLEDARY« ter tatsächlich gezeichnete Kopien nach zu erkennen. Während der unbekannte ­(ähnlich Heawood 1829A) heute nicht mehr identifizierbaren Gemäl­ Künstler in Kat. Nr. 51 die Komposition Auf dem Verso bezeichnet unten links mit der den von Melchior d’ Hondecoeter sind. Es d’ Hondecoeters präzise und detailreich Feder in Braun »Dk Dalens Fecit 1748. / na ’t Origineel van Melch de Hondekoeter.«, darun- könnte sein, dass der noch junge Ploos wiederholte und neben den Tieren etwa ter »h 12 1/2 / b : 19 d« (jeweils in der Hand- diese in Auftrag gegeben hat und sich die auch Blätter und Blüten oder das Moos und schrift von Cornelis Ploos van Amstel); Originale in einer anderen Sammlung die darauf wachsenden Pilze der dichten unten links Prägestempel Cornelis Ploos van Amstel (L. 2034), rechts daneben Stempel befanden. Vegetation mit größter Sorgfalt erfasste, des ­Städelschen Kunstinstituts (L. 2356) Die Vorlagen für die Zeichnungen von scheinen die Zeichnungen von Dirk Dalens Dirk Dalens sind, wie erwähnt, heute nicht wie gemalte Wanddekorationen eher auf Inv. Nr. 36137 mehr nachweisbar. Im Rijksmuseum in eine Fernwirkung konzipiert zu sein; (1863 als Druckgrafikinventarisiert ­ ) Amsterdam wird allerdings ein Gemälde Details, wie etwa die Blütenblätter, deutete PROVENIENZ mit einer sehr ähnlichen Komposition auf­ Dalens lediglich durch kurze, feine Pinsel­ Cornelis Ploos van Amstel (1726 –1798), bewahrt (Abb.). Wie viele spezia­lisierte striche an. Diese Vorgehensweise entspricht Amsterdam; Versteigerung Ploos van Amstel: Philippus van der Schley, Jan de Bosch, Künstler griff d’ Hondecoeter auf einen dem Konzept der Nachzeichnungen des Bernardus de Bosch, Jan Yver, Cornelis Sebille Roos, Amsterdam, 3. März 1800 (Lugt 6031), Kunstbuch Y, Nr. 56 (fl. 16.-, an Jolles); Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), Frankfurt am Main; 1817 erworben für das Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main (Catalogue 1825, unter Egide Hondekötter)

LITERATUR keine Veröffentlichung bekannt geworden

Abb. Melchior d’ Hondecoeter, Vögel in einem Park, 1686, Öl auf Leinwand, 112 × 140 cm, Rijksmuseum, Amsterdam, Inv. Nr. SK-A-2325

148 Kat. Nr. 49

18. Jahrhunderts. Mit seinem virtuosen, Geschmack im 19. Jahrhundert. Als die derts blieben unter dem Einkommen von Dirk Dalens, sugges­tiven Zeichenstil fügte Dalens eine Blätter 1863 im Städel Museum inventari­ vgl. Niemeijer 1964, S. 24, Anm. 1. | 2 | Vgl. ebd., S. 24. | 3 | Laut dem Nederlands Instituut voor Kunstgeschiedenis eigene künstlerische Qualität hinzu. Die siert wurden, konnte man in ihnen keine in Den Haag (RKD) befindet sich der Großteil dieser groß­ Nachzeichnungen sind keine bloßen eigene künstle­rische Qualität mehr sehen formatigen Wandgemälde, sofern sie nicht verloren sind, Kopien, sondern zeitgenössische Interpreta­ und ordnete sie nicht unter den Zeichnun­ in Privatsammlungen. Zur Mode gemalter Wanddekorationen im 18. Jahrhundert siehe oben, S. 15 f. | 4 | Siehe dazu auch tionen der älteren Vorbilder. Diese Qualität gen, sondern unter den Reproduktions­ Kat. Nr. 51. | 5 | Cornelis Troost, Der Landschaftsmaler wird auch Cornelis Ploos van Amstel grafiken ein. Dirk Dalens III (1688–1753) mit seiner zweiten Ehefrau Maria geschätzt haben. Schaack (gest. 1766) und den Kindern Anna (geb. 1725), Willem (1737–1760) und Jacobus (1741–1763), 1746, Während Johann Georg Grambs die Pastellkreide und Pinsel in Deckfarben, auf Pergament, beiden Werke als Kopien nach einem | 1 | Weit mehr verdienten etwa die Maler Jacob de Wit 730 × 590 mm, Rijks­prentenkabinet, Rijksmuseum, Amster- bekannten Künstler des Goldenen Zeitalters (Kat. Nr. 13, 14, 15, 16–18; 4 000 Gulden), Jan van Huysum dam, Inv. Nr. SK-A-3745. | 6 | Für die Identifizierung der (Kat. Nr. 9, 39, 40; 3 000 Gulden) und Jan Maurits Quinck- dargestellten Vögel danke ich Dr. Gerald Mayr, Sektionsleiter und auch in ihrer Bildmäßigkeit und Farbig­ hard (4 000 Gulden Jahreseinkommen). Die meisten anderen Ornithologie, Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, keit gefallen haben werden, änderte sich der niederländischen Künstler der ersten Hälfte des 18. Jahrhun- Frankfurt am Main. | 7 | Vgl. Rikken 2008, S. 53 f.

149 Kat. Nr. 50 UNBEKANNTER KÜNSTLER nach Melchior d’ Hondecoeter

51 Ein Pelikan, Enten und eine Elster in einer Landschaft,­ nach 1760

Wasser- und Deckfarben (teilweise mit Vor wilden Pflanzen unter einer knorrigen Goldenen Zeitalter der niederländischen erhöhtem Bindemittelanteil), teilweise mit Eiche an einem kleinen Wasserlauf hebt Malerei ist nicht völlig auszuschließen. Die Pinsel in Gummi (arabicum?) übergangen, über schwarzem Stift, über Spuren einer sich wirkungsvoll das helle Federkleid eines Landschaft erscheint wilder als viele der Quadrierung, auf dünnem Velinkarton; allsei- imposanten Rosapelikans vor dem dunklen zivilisierten Parklandschaften, die man von tige Einfassungslinie mit dem Pinsel in Dunkel- Hintergrund ab. Um ihn herum sind 18 d’ Honde­coeter sonst kennt, und auch die braun; 538 × 423 mm; an der unteren Blatt- kante links Einfassungslinie verlaufen; auf weitere Wasservögel wiedergegeben, wäh­ anekdotischen Elemente erscheinen sparsa­ dem Verso am oberen Blattrand Mitte Papier­ rend oben eine Elster auf einem Ast sitzt. mer. Aufgrund der ganz unterschiedlichen oberfläche abgeschält aufgrund der Ablösung Den Pelikan umgeben Enten verschiedener Ausführung kommt Dirk Dalens III. (Kat. einer älteren Montierung; sehr guter Erhal- ) tungszustand Arten, deren Küken sich am und im Wasser Nr. 49–50 , der Kopien nach d’ Hondecoeter 1 Wasserzeichen nicht vorhanden vergnügen. Links öffnet sich der Hinter­ geschaffen hat, nicht als Zeichner infrage. Auf dem Verso mittig unten Stempel grund in eine weite, klassische Landschaft Es fehlt diesem Blatt an der zügigen, ( ) des Städelschen Kunstinstituts L. 2356 mit einem See, wenigen Staffagefiguren und sugges­tiven Handschrift, die die beiden Inv. Nr. 36138 Bergen in der Ferne. Die mit größter Präzi­ Blätter von Dalens auszeichnet. (1863 als Druckgrafikinventarisiert ­ ) sion und Sorgfalt ausgeführten Tiere, Pflan­ Man kennt von d’ Hondecoeter heute zen und Blumen tragen ebenso zu dem nicht weniger als acht Gemälde, in denen PROVENIENZ Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), reizvollen Gesamteindruck der Zeichnung der Pelikan in der immer gleichen Position Frankfurt am Main; 1817 erworben für das bei wie die ungebrochene Leuchtkraft der und mit übereinstimmender Licht- und Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main lasierend aufgetragenen Wasserfarben. Schattenverteilung wiedergegeben ist; (Catalogue 1825, unter Egide Hondekötter) Wer die großformatige Frankfurter offenbar hatte der Künstler das Tier nur LITERATUR Komposition gezeichnet hat, ist unbekannt; einmal gezeichnet. Die Frankfurter Zeich­ keine Veröffentlichung bekannt geworden das Blatt ist nicht signiert. Eine in Spuren nung wäre die neunte bekannte Variante unterhalb der Zeichenmittel sichtbare d’ Hondecoeters dieses offenbar so belieb­ Quadrierung in schwarzem Stift deutet ten Motivs, dass selbst seine Schüler noch darauf hin, dass es sich um die Nachzeich­ darauf zurückgriffen.3 nung eines Gemäldes handelt. Einzelne Die Darstellung von Vögeln hat in den Elemente, etwa der Rosapelikan, die Nil­ Niederlanden eine lange Tradition. Künstler gans, die auf dem Wasser treibende Feder wie Roelant Savery (1576–1639), der in der und auch das flügelschlagende Küken unten Menagerie Kaiser Rudolfs II. in Prag Studien in der Mitte sind Motive aus Werken des nach exotischen Vögeln angefertigt hatte, bedeutenden Tiermalers Melchior d’ Hon­ und Melchior d’ Hondecoeters Großvater decoeter (Abb.; vgl. auch Kat. Nr. 49–50). Gillis d’ Hondecoeter (1575–1638) hatten D’ Hondecoeter wählte als Kulisse für seine das Thema Tiere und Wasservögel aus den Kompositionen meist Parklandschaften mit südlichen Niederlanden nach Utrecht Skulpturen, Gartenvasen oder antiken gebracht.4 Melchior d’ Hondecoeter verlegte Architekturfragmenten. die in ländlicher Umgebung platzierten Daher handelt es sich wahrscheinlich Vogeldarstellungen, etwa seines Vaters um die Kopie eines heute nicht nachweis­ Gijsbert d’ Hondecoeter (1603–1653), in baren Gemäldes von d’ Hondecoeter;2 aber dekorative, elegante Parklandschaften. auch eine freie Variante mit Motiven aus Die Größe der Gemälde und die vornehme den Werken des älteren Künstlers aus dem Gestaltung der Landschaften machten die

151 Kompositionen insbesondere für wohl­ noch im späten 18. Jahrhundert gefragt, wie habende Amsterdamer Bürger attraktiv. die Frankfurter Zeichnung zeigt. Die Tradition d’ Hondecoeters wurde zu Denn obgleich das Frankfurter Blatt Beginn des 18. Jahrhunderts von dem in nicht datiert ist, bietet der als Bildträger Dordrecht geborenen und in Middelburg genutzte dünne Velinkarton einen ungefäh­ tätigen Por­trät- und Dekorationsmaler ren Hinweis auf den Entstehungszeitraum Abraham Busschop (1670 –1729) weiter­ der Zeichnung. Da Velinpapier erst 1757 in geführt, dessen Gemälde sich insbesondere England zum ersten Mal verwendet wurde,5 durch gedecktere Farben und einen noch kann die Zeichnung nicht vor den 1760er gesteigerten dekorativen Charakter von Jahren entstanden sein. seinem Vorläufer unterscheiden. Um die Mitte des Jahrhunderts griff der ebenfalls | 1 | Links fliegt eine Krickente, rechts von ihr sitzen eine Spieß­ aus Dordrecht stammende Maler und ente, ein Gänsesäger und eine Moschusente auf einem Stein. Zeichner Aert Schouman (Kat. Nr. 45–47, Links neben dem Rosapelikan ist eine Nilgans dargestellt, in 57) die Tradition des Vogelbilds in einer der linken unteren Ecke eine Löffelente. Für die Identifizierung Parklandschaft nicht nur in Gemälden, der dargestellten Vögel danke ich Dr. Gerald Mayr, Sektionslei­ ter Ornithologie, Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, sondern auch in Zeichnungen auf. Darüber Frankfurt am Main. | 2 | Als solche wurde es sowohl in der hinaus fertigte Schouman Nachzeichnun­ Sammlung von Johann Georg Grambs (Catalogue 1825) als gen von Gemälden Melchior d’ Hondecoe­ auch im Druckgrafik-Inventar des Städel Museums betrachtet. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte sich der ters und Abraham Busschops an, die sich in Geschmack geändert. Da man in diesen Nachzeichnungen der Ausführung jedoch deutlich von der keine eigene künstlerische Qualität mehr sah, ordnete man Frankfurter Zeichnung unterscheiden. Das sie nicht unter den Zeichnungen ein, sondern unter den Reproduktionsgrafiken. Anders als die beiden Zeichnungen Sujet der Vögel in einer Landschaft entwi­ von Dirk Dalens (Kat. Nr. 49–50), die dieses Schicksal teilten, ckelte sich durch d’ Hondecoeter, Busschop stammt das Blatt nicht aus der Sammlung von Cornelis Ploos und Schouman zu einer eigenständigen Gat­ van Amstel (Kat. Nr. 22). | 3 | Adriaen Coorte, Exotische Vögel, 1683, Öl auf Leinwand, 39 × 48 cm, Ashmolean tung innerhalb des Genres der Tiermalerei. Museum, University of Oxford, Oxford, Inv. Nr. WA1951.51.7. Offenbar waren Zeichnungen dieser Art | 4 | Vgl. Bol 1989, S. 75. | 5 | Vgl. Hunter 1978, S. 125–128.

Abb. Melchior d’ Hondecoeter, Vögel in einem Park, um 1680–1685, Öl auf Leinwand, 136 × 164 cm, Staatliches Eremitage Museum, St. Petersburg, Inv. Nr. ГЭ-1042

152

GENRE, THEATER UND DIE KUNST DES GOLDENEN ZEITALTERS

Die überwiegend großformatigen Zeichnungen in diesem Kapitel widmen sich gesellschaft­ lichen Themen und zudem der Rückschau des niederländischen 18. Jahrhunderts auf die Kunst des Goldenen Zeitalters. Während das Interesse am internationalen Klassizismus (siehe Kapitel 1) noch bis weit in die erste Hälfte des Jahrhunderts wirksam blieb, bildete sich um die Mitte des Jahrhunderts zunehmend ein national ausgerichtetes Bewusstsein, mit dem eine Neubewertung der eigenen Kunstgeschichte einherging. Der als Porträtkünstler ausgebildete und damit auch erfolgreiche Cornelis Troost (Kat. Nr. 54) erwarb sich seinen Ruf als originellster Künstler des niederländischen 18. Jahrhun­ derts mit satirischen Genrekompositionen, die mit denen des Engländers William Hogarth verglichen wurden (Kat. Nr. 52, 53). Troost richtete seinen Blick jedoch nicht, wie das 17. Jahr­ hundert, auf die Bauern (vgl. Kat. Nr. 56), sondern nahm die Bürger seiner Zeit selbst aufs Korn. Bürgerliche Unterhaltung bot auch das Theater, und Künstler wie Troost und sein einziger Schüler Jacobus Buys schufen Darstellungen von bekannten und beliebten Theater­ szenen, die man dann im geselligen Kreis betrachten und diskutieren konnte (Kat. Nr. 55). Ein besonderes niederländisches Phänomen des 18. Jahrhunderts waren die sogenann­ ten Nachzeichnungen (natekeningen) nach Gemälden des Goldenen Zeitalters, oft von Sammlern in Auftrag gegeben, um bewunderte Kunstwerke aus anderem Besitz selbst ver­ fügbar zu haben. Pittoreske Bauernszenen von Adriaen van Ostade (Kat. Nr. 56) waren beliebt, ebenso wie die häuslichen Genredarstellungen von Gerard Dou (Kat. Nr. 64) oder Porträts der Haarlemer Maler Frans Hals (Kat. Nr. 62) und Cornelis Verspronck (Kat. Nr. 63). Auch Landschaften waren nachgefragt (Kat. Nr. 57). In den natekeningen sind Ölgemälde sehr sorgfältig mit dem Pinsel in Wasser- und Deckfarben, seltener mit Feder und Stift, auf Papier wiederholt. Es handelt sich nicht um exakte Kopien im eigentlichen Sinn; Nachzeich­ nungen sind häufig kleiner als die Originalgemälde, und sie zeigen durch die Wasser- und Deckfarben eine vom Original abweichende ästhetische Wirkung. Rückseitig finden sich nicht selten Inschriften der Künstler oder Sammler, die den Maler des nachgezeichneten Gemäldes und oft auch die Sammlung nennen, in der es sich befand. Cornelis Ploos van Amstel (Kat. Nr. 22) war ein Sammler, der viele solcher Nachzeich­ nungen in Auftrag gab. Mit zahlreichen Künstlern und Kunstliebhabern freundschaftlich verbunden, war er auch als Autor und Theoretiker eine der einflussreichsten Persönlichkei­ ten der niederländischen Kunstwelt der Zeit. Als einer der Direktoren der Amsterdamer Zeichenakademie (Amsterdamse Stadstekenacademie) ergänzte er dort das zu Beginn des Jahrhunderts nach dem Vorbild der Pariser Académie eingeführte Modellzeichnen (vgl. Kat. Nr. 3) durch kunsttheoretische und kunsthistorische Vorträge, in denen er seine Bewunde­ rung für die niederländische Malerei des 17. Jahrhunderts zum Ausdruck brachte. Neben Nachzeichnungen bestimmter Gemälde entstanden auch Zeichnungen in der Art von Genrestücken des Goldenen Zeitalters. Beispiele dafür sind die Pendants eines Küchen­ mädchens und eines Küchenjungen von Jacobus Johannes Lauwers (Kat. Nr. 58–59), ein Fischverkäufer von Abraham van Strij (Kat. Nr. 60) und die Fischverkäuferin von Maria Margaretha la Fargue (Kat. Nr. 61), einer der wenigen professionellen Künstlerinnen der Zeit.

√ Kat. Nr. 55, Detail

155 CORNELIS TROOST (Amsterdam 1696–1750 Amsterdam)

Vielseitiger Maler, Zeichner und Stecher von Porträts, Historien- und Genrestücken, Thea­ terszenen, militärischen Sujets und dekorativen Wand- und Deckenmalereien; zwischen 1710 und 1720 wird er zweieinhalb Jahre lang bei dem Porträtmaler Arnold Boonen (1669– 1729) ausgebildet, ist aber bis 1724 als Schauspieler am Amsterdamer Theater tätig; seine Laufbahn als Maler beginnt er 1723 im Alter von 27 Jahren, zunächst mit Porträts und ­Konversationsstücken, seinen großen Erfolg verdankt er jedoch humorvollen Theater- und Genrekompositionen; Lehrer von u.a. Jacobus Buys (Kat. Nr. 55, 56).

LITERATUR Van Gool 1750/51, II, S. 241–259 | Van Eijnden/Van der Willigen 1816–1840, I, S. 276–280 | Minneapolis/Toledo/ Philadelphia 1971/72, S. 100 f. | Niemeijer 1973 | Paris/Amsterdam 1990/91, S. 144 | Den Haag 1993

52 Suijpe Steijn, 1742

Gouache, auf geripptem Büttenpapier; Cornelis Troost gilt als einer der profi­ Bildrand eilt ein Dienstmädchen mit liegen­ ­allseitige Einfassungslinie mit dem Pinsel in liertesten und originellsten Künstler des gebliebenen Spazierstöcken und einem Hut Schwarz; 411 × 620 mm; Krakelees und Ausbrü- che im pastosen Farbauftrag, im Bereich des 18. Jahrhunderts in den Niederlanden. herbei. Zwei Damen blicken aus einem Gar­ Himmels leicht gewellt, leicht verschmutzt und Dies lässt sich zum einen auf die Vielfalt tenhäuschen am Rande des Anwesens auf berieben, entlang der unteren Blattkante in der unterschiedlichen Gattungen zurück­ das Geschehen.2 Die eine scheint mit ihren regelmäßigen Abständen Einstichstellen und ( ) an der linken Blattkante unten zwei horizontale führen, die der Künstler bediente, zum Fingern ein obszönes? Zeichen zu geben, Linien in Grafit (Quadrierung?); am oberen anderen auf die ebenso vielgestaltige welches Troosts Zeitgenossen vielleicht zu Blattrand Mitte großflächig alter Klebstoffrest, ­Nutzung und Kombination unterschied­ deuten wussten; möglicherweise bezieht es in der oberen linken und rechten Ecke Reste licher Techniken. Die größte Aufmerksam­ sich auf den urinierenden Herrn. älterer Montierungen Wasserzeichen nicht vorhanden keit erlangte Troost mit seinen unterhalt­ Die bildparallele Anordnung des Kanals, Signiert und datiert unten rechts mit dem samen Genre- und Theaterkompositionen, der Barke und der Mauer des Anwesens Pinsel in Weiß »C. Troost / 1742« und unter- in welchen er satirisch die Laster seiner verleiht dem Frankfurter Blatt einen büh­ halb des Fensters des Teehauses »Suijpe Steijn« Zeitgenossen thematisierte. In der großfor­ nenhaften Gesamteindruck. Dies könnte Auf dem Verso in der unteren linken Ecke matigen Frankfurter Gouache widmete damit zusammenhängen, dass der Künstler Stempel des Städelschen Kunstinstituts Troost sich den Folgen übermäßigen Alko­ bis 1724 als Schauspieler am Amsterdamer (L. 2356), darunter links in Bleistift »P« holgenusses. Theater tätig war und sich wohl erst um Inv. Nr. 2822 Im Morgengrauen begibt sich eine 1723 auf das Zeichnen und Malen verlegte, Gesellschaft wohlhabend gekleideter und zunächst von Porträts, später auf seine PROVENIENZ 3 Jeronimus Tonneman (1687–1750), heillos betrunkener Männer aus einem berühmten Theater- und Genreszenen. ­Amsterdam; Versteigerung Tonneman: Hendrik Landhaus zu einem Boot, das sie in die Topografische Genauigkeit spielte für de Leth, Amsterdam, 21. Oktober 1754 (Lugt Stadt zurückbringen soll. Einige Herren Cornelis Troost keine Rolle. Der Titel der 845), Umschlag C, Nr. 17 (fl. 145.-, an T. van Zon); sind bereits in der Barke eingeschlafen, ein Gouache geht auf die Beschriftung »Suijpe Hendrik de Leth, Amsterdam, 17. April 1759 weiterer, mit einer zu zwei Zöpfen gebunde­ Steijn« in einer Kartusche an der Außen­ (Lugt 1046), Nr. 2 (fl. 76.-, an van Zon);1 nen Perücke, übergibt sich aus dem Fenster wand des Gartenhäuschens zurück. Diese Hendrik de Wacker van Zon (1728 –1778), 4 Amsterdam; Versteigerung de Wacker van Zon: in den Kanal. Ein schwarzer Bediensteter Inschrift wurde mit »Saufhaus« übersetzt. de Leth, Amsterdam, 26. Oktober 1761 (Lugt gibt das Zeichen zur Abfahrt, doch noch Die Bezeichnung bezieht sich nicht auf 1178), Nr. 3 (fl. 100.-, an Nyman); sind längst nicht alle Passagiere bereit; einen konkreten Ort, sondern auf die Trun­ Jan Danser Nijman (um 1735–um 1797), Amsterdam; Versteigerung Nijman: Basan, einer von ihnen uriniert an die Mauer des kenheit der Besucher und dient damit der Paris, 11. Juli 1776 (Lugt 2566), Nr. 885 (liv. Anwesens, ein weiterer Herr wird bewusst­ Charakterisierung des Handlungsortes, 60.-); los herbeigetragen, während zwei Männer einem diskreten, etwas außerhalb gelege­ erneut miteinander anstoßen. Am rechten nen Vergnügungsetablissement.

156 Troost bereitete seine Kompositionen sind zusammen gekommen, um gebildete und mit einer Kutsche (Abb.). In der eben­ häufig mit umfangreichen Studien vor und Gespräche zu führen, bis sich der Abend zu falls im Auftrag entstandenen Gouache fertigte zum Teil mehrere Varianten seiner einem Trinkgelage entwickelt, bei dem sich Drinkenburg, aus demselben Jahr wie die Bilderfindungen an. Das Thema der Frank­ die Teilnehmer völlig vergessen; auch dort Frankfurter Zeichnung, verlegte Troost furter Zeichnung wählte der Künstler wird begrabscht, uriniert und sich überge­ die Szene der Haager Komposition in das bereits 1739/40 für eine Folge von fünf ben. Die Werke wurden von dem Leidener Morgengrauen.6 Auch in Suijpe Steijn scheint bildmäßigen, großformatigen Pastellen, die Juristen und Poeten Theodoor Snakenburg diese Tageszeit, vielleicht noch ein biss­ den Titel NELRI erhalten hat und heute im (1695–1750) bei Troost in Auftrag gege­ chen später, gewählt zu sein. Die Kutsche Mauritshuis in Den Haag aufbewahrt wird.5 ben. Das letzte der fünf Pastelle Ibant qui ersetzte Troost in der Frankfurter Zeich­ Dort werden ebenfalls die Auswirkungen poterant, qui non potuere cadebant (Die nung durch ein Boot. Typische Figuren, wie übermäßigen Alkoholkonsums thematisiert, konnten, liefen; die nicht konnten, fielen die urinierende Rückenfigur, der sich über­ allerdings in Form einer sich entwickeln­ um) zeigt einen mit Suijpe Steijn vergleich­ gebende Herr oder der Mann, der gestützt den Geschichte: Einige gutsituierte Herren baren Aufbruch, allerdings in der Nacht werden muss, setzte der Künstler wiederholt

157 Versteigerung Giovanti (V.) (?): Cornelis Ploos als Versatzstücke ein. Cornelis Troosts Bürgern, deren Laster er in seinen Werken van Amstel, Hendrik de Winter, Jan Yver, Amsterdam, 9. Dezember 1776 (Lugt 2615), Kompositionen waren bei wohlhabenden auf satirische, aber vor allem unterhaltende Nr. A 1*; Bürgern aus Amsterdam und der Umgebung Weise darstellte. Coenraad Smitt (Lebensdaten unbekannt), sehr beliebt, sodass es wahrscheinlich ist, Die vorliegende Zeichnung stammt aus Amsterdam; Versteigerung Smitt: F. J. Melis- sen, Cornelis Ploos van Amstel, Hendrik de dass auch die Frankfurter Zeichnung von dem Besitz von Johann Georg Grambs, der Winter, Bernardus de Bosch, Jan Yver, J. van einem heute unbekannten Auftraggeber neben einem nach Troosts Tod in der zwei­ den Brink, Johannes Goldberg, Amsterdam, bestellt worden ist. ten Hälfte des 18. Jahrhunderts entstande­ 4. Dezember 1780 (Lugt 3192), Kunstbuch F, Troost war ein großer Kenner der nie­ nen Reproduktionsstich der Gouache noch Nr. 376 (fl. 90.-, an Roos); Pierre Yver (1712–1787), Amsterdam; Verstei- derländischen Genrekunst des 17. Jahrhun­ zwei weitere Blätter des Künstlers besaß, gerung Yver: Philippus van der Schley, Cornelis derts; von der Forschung wurde er insbe­ von welchen sich heute noch eines im Besitz Ploos van Amstel, Hendrik de Winter, Jan Yver, sondere mit Jan Steen (1625/26–1679) des Städel Museums befindet.9 Amsterdam, 31. März 1788 (Lugt 4292), 7 Kunstbuch A, Nr. 11 (fl. 40.-); immer wieder in Verbindung gebracht. Im Philippus van der Schley, Cornelis Ploos van Unterschied zu Darstellungen von Trunken­ Amstel, Jan Yver, Amsterdam, 14. November heit im 17. Jahrhundert richtete Troost | 1 | Diese Angabe wurde von Niemeijer 1973, Nr. 826 T, 1791 (Lugt 4805), Umschlag A, Nr. 1 (fl. 41.-); übernommen. | 2 | In solchen sogenannten koepels – nicht Johannes Baptista Josephus Achtienhoven seinen Blick jedoch nicht auf Bauern (vgl. zweckgebundene Gebäude, die den Wohlstand ihrer Besitzer (1756 –1801), Amsterdam; Versteigerung Kat. Nr. 56), sondern auf seine eigene sozi­ zu repräsentieren vermochten – traf man sich, um etwa in Achtienhoven: Philippus van der Schley, Jan de ale Schicht. In diesem Zusammenhang Gesellschaft Tee oder Spirituosen zu sich zu nehmen und Bosch, Bernardus de Bosch, Jan Yver, Cornelis Tabak zu rauchen. Außerdem konnte man sich mit Passanten Sebille Roos, Roelof Meurs Pruissenaar, verglich man den Künstler mit dem engli­ unterhalten, durch den erhöhten und isolierten Standpunkt Amsterdam, 6. September 1802 (Lugt 6491), schen Maler und Kupferstecher William waren sie aber auch als Ort für Zwiegespräche oder Kunstbuch A, Nr. 2 (fl. 16.-, an van der Schley); Hogarth (1697–1764).8 Während sich die amouröse Abenteuer geeignet. Zu dieser im 18. Jahrhundert Versteigerung van Hoorn/Scherenberg: Philip- beiden Künstler hinsichtlich ihrer Motiv­ in den Niederlanden beliebten Architekturform vgl. Meulen- pus van der Schley, Jan de Bosch, Jan Yver, kamp 1995, S. 36–41. | 3 | Vgl. Niemeijer 1973, S. 12. Cornelis Sebille Roos, Jacobus Vinkeles, wahl durchaus vergleichen lassen, zielen die | 4 | Vgl. Frankfurt 2000, S. 238. | 5 | Die Bezeichnung der Amsterdam, 1. August 1803 (Lugt 6677), humorvollen Kompositionen Troosts weni­ fünf zusammenhängenden Pastelle setzt sich aus den Kunstbuch C, Nr. 1 (fl. 15.-, an Gruyter); ger als die Hogarths auf moralisierende Anfangsbuchstaben ihrer lateinischen Titel zusammen; zu Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), dieser Folge vgl. Van Suchtelen/Buvelot 2016, S. 300–313. Frankfurt am Main; 1817 erworben für das Gesellschaftskritik. Anders als Hogarth, | 6 | Cornelis Troost, Drinkenburg (Der Morgen danach), Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main dem es an einer gesellschaftlich erzieheri­ Gouache mit etwas Pastell, 440 × 635 mm, Privatbesitz ( ) Catalogue 1825 schen Wirkung lag, verbreitete Troost seine (Sotheby’s, New York, 30. Januar 2019, Nr. 123). | 7 | Vgl. Niemeijer 1973, S. 66 f.; Den Haag 1993, S. 19 und 23; zuletzt LITERATUR Kompositionen nicht als Druckgrafiken. Brüssel/Enschede/Paris 2019, S. 84, Kat. Nr. 27. | 8 | Zu dem Niemeijer 1973, Kat. Nr. 826 T, vgl. auch S. 83, Seine Zeichnungen und Gemälde entstan­ Verhältnis der beiden Künstler vgl. Niemeijer 1973, S. 76–80. 109 | Frankfurt 2000, Kat. Nr. 106 den für und oft im Auftrag von eben jenen | 9 | Jean Pelletier (nach Cornelis Troost), Suijpe Steijn, Kupferstich, 441 × 562 mm, Städel Museum, Frankfurt am Main, Inv. Nr. 12689; Cornelis Troost, Der lächerliche Junker, Inv. Nr. 2900 (vgl. Kat. Nr. 55, Abb.). Johann Friedrich Städel besaß insgesamt fünf Zeichnungen des Künstlers. Nach Verkäufen in den 1860er Jahren befinden sich davon noch drei in der Sammlung des Städel Museums (Eine junge Dame als Personifikation des Frühlings, Inv. Nr. 2898; Kat. Nr. 54; Schlafendes Kind in der Wiege, Inv. Nr. 2902). Im frühen 20. Jahrhundert wurden unter dem Namen Cornelis Troost noch sieben weitere Zeichnungen angekauft. Von diesen sieben Zeichnungen lassen sich zwei Goauchen zweifelsfrei dem Künstler zuschreiben (Ein Reiter vor einem Wirtshaus, Inv. Nr. 13277; Kat. Nr. 53), siehe dazu auch Kat. Nr. 53, A nm. 7.

Abb. Cornelis Troost, Ibant qui poterant, qui non potuere cadebant (Die konnten, liefen; die nicht konnten, fielen um), 1739, Pastell und Gouache, auf Papier, 577 × 740 mm, Maurits- huis, Den Haag, Inv. Nr. 190

158 CORNELIS TROOST (Amsterdam 1696 –1750 Amsterdam)

Kurzbiografie siehe Kat. Nr. 52

53 Parkansicht mit zwei jungen Damen neben einer Herkulesstatue,­ nach 1737

Gouache, auf geripptem Büttenpapier; allseitige An einem sonnigen Tag spazieren zwei Die Landschaft, sowohl die gezähmte Natur Einfassungslinie links, oben und rechts mit dem reprä­sentativ ausstaffierte junge Frauen in Form der Parkanlage, aber insbesondere Pinsel in Braun, unten mit dem Pinsel in Dunkel- braun; 248 × 358 mm; stellenweise berieben, durch den Garten eines Anwesens am Meer. auch der Blick auf die Düne und das offene Bleiweißoxidation, Ausbrüche und Krakelees Während die eine der beiden eine Garten­ Meer, erhält in der Frankfurter Komposi­ (insbesondere in der linken oberen Ecke); auf statue nach dem Vorbild des Hercules Far- tion großen Raum. Durch die bepflanzte dem Verso Werkstattspuren, beginnender Kupferfraß, unten rechts starke Verbräunung, nese betrachtet, blickt die Dame in Gelb Fahrspur im Vordergrund wird die Tiefen­ in der oberen und unteren rechten Ecke Reste den Betrachter an. Sie werden bei ihren wirkung der Komposition zusätzlich betont. älterer Montierungen, an diesen Stellen Papier­ Gesprächen von einem Mann mit Dreispitz Troost erlernte das Zeichnen von Land­ oberfläche teilweise abgeschält Wasserzeichen: Löwe auf einem Sockel, belauscht, der durch ein Loch in einer über­ schaften nicht bei seinem ersten Lehrer beschriftet »VRYHEID«, im Oval (»PRO PATRIA mannshohen Hecke zu erkennen ist. Im Arnold Boonen, sondern bei seinem EIUSQUE LIBERTATE«), darüber Krone; Gegen- Hintergrund ist die Hecke unterbrochen Schwiegervater, dem Schauspieler Louis ( ) marke ? »J H & zoon« und bildet einen Durchgang, der von zwei Chalon (1687–1741), der auch Theaterku­ Signiert auf dem Sockel der Statue mit dem Pinsel in Braun »C Troost.« Hermen flankiert wird. Die Öffnung gibt lissen und Landschaftszeichnungen in Auf dem Verso mittig am unteren Bildrand den Blick auf Dünen, Strand und das offene Gouache anfertigte.4 Da der Künstler offen­ bezeichnet in Bleistift »440« und rechts in Meer frei, auf dem in weiter Ferne Boote bar erst nach 1737 begann, seine Komposi­ anderer Handschrift »964«; in der unteren 5 linken Ecke Stempel des Städelschen Kunstinsti- und Schiffe zu erkennen sind. Zwischen dem tionen ins Freie zu verlegen, dürfte die tuts (L. 2356) Anwesen und dem Strand verläuft ein Kanal.2 undatierte Frankfurter Zeichnung in den Die Blicke und vielleicht auch die späten 1730er oder in den 1740er Jahren Inv. Nr. 13348 Gesten, bei denen sich heute nicht mit entstanden sein.

PROVENIENZ Gewissheit sagen lässt, ob sie eine beson­ Dem Künstler gelang es, den Ort mit Wahrscheinlich Pieter de Haan (1723 –1766), dere, vielleicht erotische, Bedeutung haben, wenigen Versatzstücken, wie der geschnitz­ Amsterdam; Versteigerung de Haan (u. a.): verleihen der galanten Darstellung eine ten Gartenbank und der hohen, den Blick Hendrik de Winter, Jan Yver, Amsterdam, 9. März 1767 (Lugt 1594), Kunstbuch M, Nr. 964 szenische Anmutung. Troost war bis 1724 verstellenden Hecke, zu charakterisieren (fl. 12.-, an Fokke); als Schauspieler am Amsterdamer Theater und mit den Mitteln der Deckfarbenzeich­ Simon Fokke (1712–1784; Kat. Nr. 20–21), aktiv, spielte vor allem in Komödien.3 Für nung Licht und Atmosphäre zu schildern. Amsterdam; Versteigerung Fokke: Philippus van die Frankfurter Zeichnung konnte bisher Er bemühte sich nicht um feinmalerische der Schley, Cornelis Ploos van Amstel, Hendrik de Winter, Jan Yver, Nathaniël Belli, Amsterdam, keine Verbindung zu einem Theaterstück Ausführung, sondern verstand es, geschickt 6. Dezember 1784 (Lugt 3803), Kunstbuch D, hergestellt werden, dennoch ist nicht auszu­ mit einfachen Pinselstrichen Effekte zu Nr. 364 (fl. 9.-, mit Nr. 365, an Kemper); schließen, dass eine solche der Darstel­ erzielen, etwa bei der Gestaltung der Klei­ Sammlung Hoogendijk, Amsterdam;1 Alfred Boreel (gest. vor 1907?), Den Haag; lung zugrunde liegt. In den Werken des der, der Skulptur oder der Bäume im Hin­ Versteigerung Boreel: Frederik Muller & Cie, Künstlers verschwimmen die Grenzen zwi­ tergrund, was damit zusammenhängen Amsterdam, 15.–18. Juni 1908 (Lugt 66680), schen Theater und Genre. Troosts Figuren könnte, dass er auch Dekorationen für das Nr. 578 (fl. 125.-, an Schrey für das Städelsche Kunstinstitut); erscheinen nicht als Schauspieler auf einer Theater anfertigte, die auf Fernwirkung 1908 erworben für das Städelsche Kunstinstitut, Bühne, sondern als Menschen in einer abzielten.6 Frankfurt am Main realen Situation. Gleichzeitig schuf der Die niederländischen Zeichnungen des Künstler einen bühnenhaften Bildaufbau 18. Jahrhunderts im Städel Museum sind LITERATUR Knoef 1947, S. 41 | Niemeijer 1973, Kat. Nr. 836 T, und schilderte eine Szene, die an eine Büh­ zum weit überwiegenden Teil schon früh vgl. auch S. 83 | Frankfurt 2000, Kat. Nr. 103 nenhandlung denken lässt. durch Johann Friedrich Städel und Johann

159 Georg Grambs erworben worden. Es ist voor Kunstgeschiedenis in Den Haag (RKD) lautet »Komt chenen Zeichnung noch eine weitere Gouache zweifelsfrei ungewöhnlich und spricht für die Populari­ uit de verz. Hoogendijk«, vgl. URL: https://rkd.nl/explore/ Cornelis Troost zuordnen, nämlich Ein Reiter vor einem excerpts/545924 (letzter Zugriff am 15 .4. 2020). Gemeint Wirtshaus, Gouache, 250 × 276 mm, Städel Museum, tät des Künstlers, dass im frühen 20. Jahr­ sein könnte etwa Cornelis Hoogendijk (1866 –1911), dessen ­Frankfurt am Main, Inv. Nr. 13277 (erworben 1908 aus der hundert unter dem Namen Troost sieben Gemälde am 28.4.1908 bei Frederik Muller in Amsterdam als Sammlung Gaston von Mallmann). Die Autorschaft von fünf weitere Zeichnungen angekauft wurden, »2e partie« versteigert wurden (Lugt 66478). Ein entspre- Figurenstudien auf blauem Papier (Inv. Nr. 13727–13731), chender Nachweis für eine Versteigerung seiner Zeichnungs- die später aus derselben Sammlung erworben wurden, ist 7 darunter auch dieses Blatt. sammlung fehlt jedoch. | 2 | Diese besondere topografische jedoch ungewiss (erworben 1916 aus der Sammlung Gaston Situation, die Troost in der Frankfurter Gouache schildert, von Mallmann). Nach Dorine van Sasse van Ysselt stammen wurde im Versteigerungskatalog der Nachlassauktion von diese Zeichnungen von dem Niederländer Gerrit Zegelaar Simon Fokke als »Een Gezicht van een buitenplaats te Mui- (1719 –1794), URL: https://rkd.nl/nl/explore/images/record?- | 1 | Niemeijer 1973, Nr. 836 T, gibt als Provenienz die Samm- derberg« beschrieben, vgl. auch Niemeijer 1973, S. 83 und query=cornelis+troost+zegelaar&start=0 (letzter Zugriff lung von Dirk Albert Hoogendijk (1895 –1975) an (»verz. Nr. 836 T. Diese Anlage ließ sich nicht genauer bestimmen. am 4. 6. 2019). Robert-Jan te Rijdt verwies bereits 1994 auf D. A. Hoogendijk, Amsterdam«). Dieser wäre bei der Verstei- | 3 | Vgl. ebd., S. 32. | 4 | Vgl. ebd., S. 85. | 5 | Vgl. ebd., eine Gruppe von über 50 Zeichnungen, die durch J. W. gerung der Zeichnung 1908 jedoch erst 13 Jahre alt gewesen. S. 82. | 6 | Dekorationen von der Hand des Künstlers sind Niemeijer Gerrit Zegelaar zugeschrieben wurden und den Der Eintrag in der fichescollectie von Cornelis Hofstede de heute nicht mehr erhalten, vgl. ebd., S. 46–52. | 7 | Von Frankfurter Figurenstudien sehr ähnlich sind, vgl. Amsterdam Groot (fichenummer: 1549136) des Nederlands Instituut diesen sieben Zeichnungen lässt sich neben der hier bespro- 1994, o. S.

160 CORNELIS TROOST (Amsterdam 1696–1750 Amsterdam)

Kurzbiografie siehe Kat. Nr. 52

54 Eine junge Frau als Personifikation des Sommers, 1746

Graue und weiße Pastellkreide und Pinsel in In dieser Zeichnung hat Cornelis Troost chen zu erzielen, die dem Medium der Dunkel- und Hellgrau, auf blau meliertem, eine junge Frau im Brustbild wiedergege­ Zeichnung malerische Qualität verleihen. gerippten Büttenpapier, Spuren von Goldglim- mer und schwarzem Pigment links der Schleife ben. Ihr Körper ist nach links gewandt, der Troost wurde bei dem Amsterdamer am Halsbündchen; allseitige Einfassungslinie mit leicht schräg gehaltene Kopf nach rechts in Porträtmaler Arnold Boonen (1669–1729) dem Pinsel in Dunkelgrau (beschnitten); eine beinah frontale Ansicht gedreht. Ihr ausgebildet, der wiederum bei dem Leide­ 394 × 281 mm; kleines Einstichloch an oberer Kante Mitte, Quetschfalten im Bereich des etwas vager Blick scheint leicht am Betrach­ ner Feinmaler Godfried Schalcken (1643– Mundes, an den Blattkanten rechts und links ter vorbei zu gehen. Die dunklen, welligen 1706) gelernt hatte. Noch zu Lebzeiten und in den Eckbereichen tellerförmig wellig, auf Haare sind im Nacken zusammengefasst seines Lehrers entwickelte Troost sich den Wellenhöhen Kreideabrieb, weiße Kreide ( ) fleckig verbräunt und hier sichtbar aufgeraut, und mit Kornähren und Blumen geschmückt. neben Jan Maurits Quinkhard 1688–1772 , teilweise Bleiweißoxidation (?), an der oberen Die Lippen umspielt ein zartes Lächeln. Mit auch ein Schüler von Boonen, zum bedeu­ Blattkante rechts minimaler Feuchteschaden; weißer Kreide sind die beleuchteten Flächen tendsten Amsterdamer Porträtkünstler. auf dem Verso entlang der Blattränder Reste Neben gemalten schuf er auch Porträts in einer älteren Montierung des Gesichts geschaffen, deren Wirkung Wasserzeichen nicht vorhanden durch die umgekehrte Helligkeitsvertei­ Pastellkreiden. Während Quinkhard traditi­ Signiert und datiert in der unteren rechten Ecke lung des Hintergrunds verstärkt wird. oneller und an der Kunst des gemeinsamen in dunkelgrauer Pastellkreide »C Troos / 1746« Auch stehen der zarte Blusenstoff und die Lehrers orientiert blieb, fand Troost schnell (angeschnitten) Auf dem Verso mittig bezeichnet in Bleistift schwung­volle Schleife in einem spannungs­ seinen eigenen, humorvollen und lebendi­ »41«, links davon in Bleistift die Inventarnum- vollen Kontrast zu der glatten Festigkeit gen Stil.1 mer »2899«; in der unteren linken Ecke Stempel von Kopf und Hals. J. W. Niemeijer ging davon aus, dass des Städelschen Kunstinstituts (L. 2356) Troost führte das Bildnis in grauer und Troost in der Frankfurter Zeichnung eine Inv. Nr. 2899 weißer Pastellkreide aus. Besonders dunkle seiner Töchter ins Bild gesetzt hat.2 Darüber Partien überging er mit dem Pinsel in Dun­ hinaus verwies er auf den allegorischen PROVENIENZ Johann Friedrich Städel (1728 –1816), kelgrau, wie etwa auf der Schleife oder Charakter der Darstellung als Personifika­ Frankfurt am Main; erworben 1816 als Stiftung im Haar und bei den Blumen und Kornäh­ tion des Sommers. In der Sammlung des an das Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am ren, und setzte mit derselben Technik Städel Museums befindet sich ein weiteres Main (sammlungsgeschichtlich erschlossen) zarte Akzente an Augen, Nase und Mund. Bildnis einer jungen Frau von der Hand des LITERATUR Dezente Höhungen in weißer Pastellkreide Künstlers (Abb. 1). Der mit Blumen ver­ Niemeijer 1973, Kat. Nr. 97 T | Frankfurt 2000, an der Stirn, der Nasenspitze und am Kinn zierte Hut weist sie als Personifikation des Kat. Nr. 103 geben Lebendigkeit und Volumen. Frühlings aus. Die beiden Frankfurter Blät­ Im 18. Jahrhundert erlangten Pastell­ ter haben die gleichen Abmessungen und kreiden, insbesondere für Porträts, euro­ entsprechen sich in ihrer optischen wie paweit Beliebtheit. Die Technik erlaubte technischen Erscheinung. Dies gilt auch für schnelles Arbeiten, für das keine weiteren zwei Zeichnungen im Amsterdam Museum, Mittel benötigt waren, um bildmäßig aus­ die durch beigegebene Weinranken und geführte Porträts zu erhalten. Mit Pastell­ eine warme Haube als Herbst und Winter stiften lassen sich Linien, aber auch Flä­ gekennzeichnet sind und die Frankfurter chen erzielen. Mithilfe eines sogenannten Blätter zu einer Folge der Vier Jahreszeiten Wischers (ein aus Leder oder Papier aufge­ ergänzen (Abb. 2, 3).3 rollter »Stift«) ist es möglich, die Pigmente Die Allegorien der Jahreszeiten sind zu vertreiben und so fließende Übergänge physiognomisch unterschiedlich genug zwischen verschieden abgetönten Farbflä­ gezeichnet, um hinter ihnen leicht ideali­

161 Abb. 1 Cornelis Troost, Eine junge Dame Abb. 2 Cornelis Troost, Eine Frau mit Abb. 3 Cornelis Troost, Eine Frau mit schwarzer als Personifikation des Frühlings, 1746, Graue Weinranken in ihrem Haar als Personifikation Haube als Personifikation des Winters, Schwarze und weiße Pastellkreide, Pinsel in Dunkelgrau, des Herbstes, Schwarze und weiße Pastellkreide, und weiße Pastellkreide, Pinsel in Dunkelgrau, auf blau meliertem Papier, 390 × 278 mm, Pinsel in Dunkelgrau, auf blau meliertem Papier, auf blau meliertem Papier, 380 × 277 mm, Graphische Sammlung, Städel Museum, Frankfurt 397 × 286 mm, Amsterdam Museum, legaat Amsterdam Museum, legaat C. J. Fodor, Amster- am Main, Inv. Nr. 2898 C. J. Fodor, Amsterdam, Inv. Nr. TA 10323 dam, Inv. Nr. TA 10324

sierte Porträts von vier Töchtern Troosts Städel Troost offenbar als Porträtkünstler zu vermuten. Die Frage, ob die Folge in gesammelt hat und im Unterschied zu erster Linie in ihrer allegorischen Bedeu­ Johann Georg Grambs keine Genre- und tung für den Kunstmarkt geschaffen wurde Theaterkompositionen von ihm besaß oder vielleicht als elegante Kombination (vgl. Kat. Nr. 52, 53). aus Bildnissen und tieferer Bedeutung für die Familie, kann hier offen bleiben. | 1 | Vgl. Amsterdam 2002/03 b, S. 42. | 2 | Vgl. Niemeijer Die Zeichnung Eine junge Frau als 1973, S. 188. Troost hatte sieben Töchter. Die älteste war Personifikation des Sommers stammt aus der bereits 1741 verstorben. Zwei weitere Töchter waren zu jung, um hier dargestellt zu sein. Elisabeth Troost (1730 –1790) Sammlung von Johann Friedrich Städel. sollte 1758 den Zeichner, Sammler und Kunstschriftsteller Neben dem hier ausgestellten Blatt besaß Cornelis Ploos van Amstel (Kat. Nr. 22) heiraten, vgl. Niemei- der Stifter des Städelschen Kunstinstituts jer 1973, S. 414 f. | 3 | Niemeijer 1973, S. 188, ging irrtümlich davon aus, dass die beiden Frankfurter Blätter farbig ausge- vier weitere Zeichnungen von Cornelis führt seien. Daher nahm er an, dass die Amsterdamer Zeich- Troost, allesamt Bildnisse, von welchen sich nungen zu einer monochromen, die Frankfurter Blätter zu heute nach Verkäufen in den 1860er Jahren einer farbigen Folge der Vier Jahreszeiten gehörten. | 4 | Dazu zählen das Blatt Eine junge Dame als Personifikation noch zwei in der Sammlung des Städel des Frühlings (Inv. Nr. 2898, Abb. 1) sowie ferner das Blatt Museums befinden.4 Es ist interessant, dass Schlafendes Kind in der Wiege (Inv. Nr. 2902).

162

JACOBUS BUYS (Amsterdam 1724–1801 Amsterdam)

Maler, Zeichner und Stecher von Porträts, Historien- und Genrestücken, Theaterszenen, Dekorationen und Buchillustrationen sowie gezeichneten Kopien nach Gemälden des Gol­ denen Zeitalters; nach einer ersten Tätigkeit bei einem Rechtsanwalt bis 1743 wird er Mit­ glied der Amsterdamer Zeichenakademie (Tekenacademie) und lernt, gefördert durch den Amateurkünstler und Kunstsammler Sybrand Feitama (1694–1758), bei Cornelis Pronk (Kat. Nr. 25, 26, 27, 28), ab 1745 bei Cornelis Troost (Kat. Nr. 52, 53, 54); malt und zeichnet zunächst vor allem Porträts, später Theater- und Genreszenen im Stil seines Lehrers Troost, gegen Ende der 1760er Jahre verlegt er sich auf das Entwerfen von Buchillustrationen; 1768 wird er einer der Direktoren der Stadstekenacademie; Lehrer von Cornelis Ploos van Amstel (Kat. Nr. 22).

LITERATUR Van Gool 1750/51, II, S. 372 f. | Van Eijnden/Van der Willigen 1816–1840, II, S. 85–88 | Minneapolis/Toledo/ Philadelphia 1971/72, S. 30–32 | Niemeijer 1973, S. 119–124 | Laurentius/Niemeijer/Ploos van Amstel 1980, S. 174 f. | Buijnsters-­ Smets 1984 | Paris/Amsterdam 1990/91, S. 34 | Löffler 2010

55 Der lächerliche Junker, 1763

Wasserfarben, über schwarzem Stift, auf In einem bürgerlich wohlhabenden Inte­ Cornelis Troost, bei dem er das Malen und geripptem Büttenpapier; allseitige Einfassungs- rieur duellieren sich zwei Männer mit Degen Zeichnen von Porträts, aber auch von Thea­ linie mit dem Pinsel in Gold über einer doppel- ten Einfassungslinie mit dem Pinsel in Grau; vor Zuschauern. Die Frankfurter Komposi­ ter- und Genrekompositionen erlernt hatte. 289 × 409 mm; wenige Metalleinschlüsse im tion des Amsterdamer Künstlers Jacobus Fast 20 Jahre vor der 1763 datierten Fas­ Papier, entlang des linken Blattrandes wellig Buys geht auf den Schwank De belachchelyke sung von Buys hatte Troost dieselbe Thea­ aufgrund von Resten einer älteren Montierung, berieben auf den Höhen der Wellengrate; auf Jonker (Der lächerliche Junker) von Pieter terszene, sogar mehrfach, dargestellt. dem Verso entlang der rechten Blattkante Bernagie (1656–1699) zurück.1 Das 1684 in Bekannt sind eine kolorierte Kreidezeich­ Reste einer älteren Montierung Amsterdam uraufgeführte Lustspiel war ein nung in der Leidener Universitätsbibliothek Wasserzeichen: Straßburger Lilie, im Wappen- schild, darüber Krone, darunter Marke (»4« ?) Erfolgsstück und wurde auch im 18. Jahr­ und eine Gouache im Städel Museum, die und die Buchstaben »WR« [ligiert] (ähnlich hundert am Amsterdamer Theater immer – wie das Blatt von Buys – ebenfalls von Heawood 1828) wieder gespielt. Buys wählte den Höhe­ Johann Georg Grambs erworben wurde Signiert und datiert unterhalb der Konsole am ( ) 2 rechten Bildrand mit dem Pinsel in Dunkel- punkt des Schwanks als Gegenstand seiner Abb. . Troost hatte – anders als später braun »J. Búÿs. / F. / 1763.«; auf einem Blatt Komposition: Der bodenständige Bürger­ Buys – ein Hochformat gewählt und die Papier zu Füßen der Gesellschaft mit dem sohn Karel besiegt im Fechtkampf den Gruppe der Zuschauer an den linken Rand Pinsel in Dunkelbraun »Edoart.« geziert sprechenden und modisch herausge­ verlegt. Sein Interieur ist wesentlich Auf dem Verso bezeichnet und datiert unten links in schwarzem Stift »J Bújs f. 1763« und putzten Junker Eduard (16. Aufzug). Beide schlichter gehalten und dürfte, wenn auch unten mittig in derselben Handschrift »de wollen das Herz Johannas gewinnen, die nicht ausdrücklich eine Bühne dargestellt belagchelijke Jonker«, darüber in einer weite- ganz rechts am Tisch sitzt und aus einer ist, stärker als bei Buys einer zeitgenössi­ ren Handschrift in schwarzem Stift »Der lächerliche Junker« und unten rechts »Jaco- Untertasse Tee trinkt. Joris, der Onkel der schen Theaterkulisse gleichen. Bei Troost bus Buys aus Amsterdam / geb. 1724 † 1801«, jungen Frau, stehend mit einem roten fällt der Blick durch die geöffnete Tür im darunter in einer weiteren Handschrift in Umhang, wird am Ende entscheiden, wer Hintergrund in einen vage angedeuteten, schwarzem Stift »14 ’’ 10 ’’’– 10 ’’ 5 ’’’«; in der unteren linken Ecke Stempel des Städelschen sie zur Frau nehmen darf. Am Tisch sind hellen Vorraum, bei Buys schaut man durch Kunstinstituts (L. 2356) außerdem Neeltje, die alte Mutter Johannas, die Tür, das angrenzende Zimmer und ein und die Dienstmagd Katryn zu sehen. geöffnetes Fenster nach draußen auf eine Inv. Nr. 950 Mit der Frankfurter Komposition stellte sonnenbeschienene Häuserfassade. An den Buys sich in die Nachfolge seines Lehrers Wänden des Salons, in dem Buys die Hand­

164

PROVENIENZ lung stattfinden lässt, hängen über einer Szenen des Theaterstücks zusammen. Jan van Dijk (1730 –1790), Amsterdam; geschmackvoll ornamentierten Tapete ein Beiden Künstlern war an der Darstellung ­Versteigerung van Dijk: Philippus van der Schley, Cornelis Ploos van Amstel, Bernardus großer Spiegel und mehrere holländische einer zusammenhängenden Geschichte de Bosch, Bruno Tideman, Jan Yver, Joannes Gemälde; oben ist ein Deckengemälde gelegen, nicht einer einzelnen Szene. Das Tidemann, Amsterdam, 14. März 1791 (Lugt angedeutet, das in eine rahmende Vertäfe­ Papier mit dem Schriftzug »Edoart« zu 4688), Kunstbuch P, Nr. 4 (fl. 30.-, an Jan de Groot); lung eingepasst ist. Dies dürfte der tatsäch­ Füßen des Onkels verweist auf eine dem Jan de Groot, (Lebensdaten unbekannt), Den lichen Verwendung der dekorativen Malerei Fechtkampf vorausgegangene Szene, in der Haag (?); Versteigerung de Groot: Philippus etwa eines Jacob de Wit entsprechen (vgl. der gezierte Junker eine Schriftprobe abge­ van der Schley, Jan de Bosch, Jan Yver, Corne- lis Sebille Roos, Roelof Meurs Pruyssenaar, Kat. Nr. 17, 18). Auch die zeichnerische ben musste, nach der sein Charakter beur­ Jacobus Vinkeles, Amsterdam, 10. Dezember Ausführung ist bei Buys sorgfältiger als bei teilt werden sollte (13. Aufzug). Die beiden 1804 (Lugt 6874), Kunstbuch B, Nr. 26 oder 27 Troost, sowohl in der Gestaltung von Stoff­ schwarzen Diener hingegen treten im Thea­ (fl. 7.10 oder 5.-; an van der Schley); Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), lichkeit, wie etwa bei den Kleidern oder terstück erst nach der Fechtszene auf. In Frankfurt am Main; 1817 erworben für das dem Teppich auf dem Boden, als auch in den Kompositionen Troosts kommen sie Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main den Gesichtern, die sich aus feinen Pinsel­ nicht vor. Buys wird das Stück also nicht (Catalogue 1825) linien und hellen Lichtern aus freigelasse­ nur durch diese Vorbilder, sondern auch LITERATUR nen Passagen des Papiers zusammensetzen. selbst gekannt haben. Man kann sich vor­ Frankfurt 2000, Kat. Nr. 104 | Frankfurt Der dünne, lasierende, äußerst lebendige stellen, dass gebildete Bürger vor solchen 2008/09, S. 106 (Abb. S. 28), vgl. auch S. 16 | Farb­auftrag und die hellere Farbigkeit erin­ Zeichnungen über ihre Theaterkenntnisse vgl. Niemeijer 1973, S. 240, unter Nr. 286 T nern an die virtuose Zeichenweise seines gesprochen haben. ersten Lehrers Cornelis Pronk. Buys ver­ Heute befinden sich noch fünf Zeich­ legte die Theaterhandlung von der Bühne in nungen von Jacobus Buys im Städel eine durchgearbeitete und überzeugende Museum. Eine von ihnen stammt aus der zeitgenössische Realität, er machte aus dem Sammlung von Johann Friedrich Städel Motiv also eine scheinbare Genredarstel­ (Kat. Nr. 56), die anderen vier aus der von lung. Johann Georg Grambs. Weitere vier Zeich­ Er scheint die älteren Versionen von nungen von Jacobus Buys aus der Samm­ Cornelis Troost gekannt zu haben. Darauf lung des Letzteren wurden in den 1860er lassen Ähnlichkeiten in der Komposition, Jahren verkauft.3 Es ist bemerkenswert, aber ebenso Details wie etwa der Fingerzeig dass der Bestand an Zeichnungen des des Dienstmädchens schließen, der keine Künstlers nach diesen Verkäufen, abgese­ Entsprechung in der literarischen Vorlage hen von der hier besprochenen Theaterdar­ hat, aber in der Leidener Zeichnung Troosts stellung, aus gezeichneten Kopien nach vorkommt. Wie dieser führte auch Buys in Gemälden des 17. Jahrhunderts besteht.4 seiner Komposition aufeinanderfolgende Entwürfe für die zahlreichen Buchillustrati­ onen des Künstlers, der diese Gattung in den Niederlanden in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts prägte wie kaum ein ande­ rer, scheinen für Städel und Grambs nicht von Interesse gewesen zu sein.5

| 1 | Pieter Bernargie, De belachchelyke Jonker, Amsterdam 1684; eingesehen wurde die erste Auflage, URL: www.dbnl. org/tekst/bern001 bela02_01/ (letzter Zugriff am 13. 6. 2019). | 2 | Cornelis Troost, Szene aus dem Theaterstück De bela- chelijke Jonker von Pieter Bernargie, 1743, Schwarze Kreide, Wasser- und Deckfarben, auf blauem Papier, 352 × 311 mm, Universiteitsbibliotheek, Leiden, Inv. Nr. PK-1969-T-284. | 3 | Die verkauften Blätter zeigten drei religiöse Sujets und ein Porträt. | 4 | Jacobus Buys nach Gabriel Metsu, Eine Dame handelt mit einer Fischverkäuferin, Inv. Nr. 4490; nach Gabriel Metsu, Eine Dame kauft Äpfel ein, Inv. Nr. 4491; nach Adriaen van Ostade, Inv. Nr. 4492 (Kat. Nr. 56); nach Jan Wijnants, Weite Landschaft, Inv. Nr. 4508. | 5 | Zu Jacobus Buys als Buchillustrator vgl. Buijnsters-Smets 1984. Abb. Cornelis Troost, Der lächerliche Junker, 1744, Gouache, auf geripptem Büttenpapier, 370 × 286 mm, Graphische Sammlung, Städel Museum, Frankfurt am Main, Inv. Nr. 2900

166 JACOBUS BUYS (Amsterdam 1724–1801 Amsterdam) nach Adriaen van Ostade

Kurzbiografie siehe Kat. Nr. 55

56 Feiernde Bauern in einer Scheune, 1778

Wasser- und wenig Deckfarben, über Spuren In einer alten, malerischen Scheune feiern der Wasserfarben übertrug er die Lichtfüh­ von schwarzem Stift, über Spuren einer Bauern ein Fest. Männer und Frauen sitzen rung und -stimmung des Ölgemäldes, das Quadrierung, auf geripptem Büttenpapier; allseitige Einfassungslinie mit dem Pinsel in in Gruppen beieinander, trinken, rauchen dämmrige Helldunkel des Ortes, in seine Schwarz; 402 × 349 mm; am linken Blattrand und tanzen zur Musik eines Dudelsackspie­ Zeichnung. Neben der geöffneten Scheunen­ oben, mittig und unten Risse, entlang des lers. Im Vordergrund rechts stehen zwei tür im Hintergrund scheint es im Vorder­ oberen und rechten Blattrandes wellig, Ober- fläche glänzend berieben, in der unteren Männer beieinander. Der größere von ihnen grund noch eine weitere, nicht dargestellte rechten Ecke zeichnet sich der Prägestempel wirkt mit seinem weißen Kragen etwas Lichtquelle zu geben. Die eigene Signatur, von Cornelis Ploos van Amstel von Verso ab; besser gekleidet und scheint der Gastgeber mit dem Verweis auf das Gemälde von auf dem Verso entlang der rechten Blattkante Reste einer älteren Montierung zu sein. Er hält einen Steingutkrug in der Ostade, setzte Buys an dieselbe Stelle im Wasserzeichen: Straßburger Lilie, im Wappen- Hand und überreicht einem grüßenden Bild, an der auch der Maler signiert hatte. schild, darüber Krone, darunter Bienenkorb, Ankömmling ein volles Glas mit rotem Die Sammlermarke in der unteren darunter »C & I Honig« (Motiv ähnlich Hea- Wein. Die Schale mit Wasser und das Tuch linken Ecke des Blattes, ein Prägestempel wood 1854) Signiert und datiert unterhalb des Fasses links auf dem dreibeinigen Hocker im Vorder­ mit einem von Strahlen umgebenen Emblem, mit der Feder in Dunkelbraun »Av. [ligiert] grund könnten ankommenden Gästen als belegt, dass die Frankfurter Zeichnung im Ostade. pinx. 1652 / J. Buys f. 1778.« Waschmöglichkeit dienen. Besitz des Amsterdamer Kunstsammlers Auf dem Verso bezeichnet unten links in Grafit »t Origineel / uit het Kabinet van d heer Die Zeichnung Feiernde Bauern in einer Cornelis Ploos van Amstel (Kat. Nr. 22) G. Braamcamp«, darunter »h. 15 ½ d /b 13 ½ d« Scheune ist eine gezeichnete Kopie nach war, bevor sie von Johann Friedrich Städel (jeweils in der Handschrift von Cornelis Ploos einem Gemälde von Adriaen van Ostade erworben wurde.5 Da Städel eine ganze van Amstel), in der unteren linken Ecke in schwarzem Stift »Lna«; in der unteren linken (1610 –1685), der im 17. Jahrhundert zu den Reihe von Zeichnungen aus dieser Provenienz Ecke Prägestempel Cornelis Ploos van Amstel bedeutendsten und bekanntesten Genrema­ besaß, dürfte das Blatt bald nach der Ver­ (L. 2034), rechts daneben Stempel des Städel- lern der Niederlande gehörte.1 Das Original, steigerung der Sammlung Ploos van Amstel schen Kunstinstituts (L. 2356) heute in der Nationalgalerie in Prag, gehörte im Jahr 1800 nach Frankfurt gelangt sein.6 Inv. Nr. 4492 von etwa 1744 bis 1771 dem berühmten Cornelis Ploos van Amstel und Jacobus Amsterdamer Kunstsammler Gerrit Braam­ Buys standen in einer engen Verbindung. PROVENIENZ 2 Cornelis Ploos van Amstel (1726 –1798), camp (1699–1771). Anschließend scheint Buys erteilte Ploos Zeichenunterricht, und Amsterdam; Versteigerung Ploos van Amstel: es sich bis 1778 in Paris befunden zu haben. im Jahr 1765 reorganisierten sie, gemein­ Philippus van der Schley, Jan de Bosch, Bernar- 1778, dem Jahr, in dem Jacobus Buys seine sam mit dem Architekten Jacob Otten Husly dus de Bosch, Jan Yver, Cornelis Sebille Roos, Amsterdam, 3. März 1800 (Lugt 6031), Nachzeichnung anfertigte, wurde das (1738–1796), die Amsterdamer Zeichenaka­ ­Kunstbuch Y, Nr. 15 (fl. 40.-, an Temmink); Gemälde von dem Amsterdamer Kunsthänd­ demie (Amsterdamse Stadsteken­academie). Johann Friedrich Städel (1728 –1816), ler Pieter Fouquet (1729–1800) erworben.3 In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhun­ Frankfurt am Main; erworben 1816 als Stiftung für das Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Präzise und detailgetreu übertrug Buys derts gab es eine große Nachfrage nach Main (sammlungsgeschichtlich erschlossen) die Komposition des 64 × 59,5 cm großen gezeichneten Gemäldekopien, die oft von Gemäldes auf seine etwa ein Drittel kleinere Sammlern in Auftrag gegeben, möglicher­ LITERATUR Zeichnung. Dabei erweiterte er die Darstel­ weise aber auch von Künstlern für den Frankfurt 2000, Kat. Nr. 97 | vgl. auch Ševčík 7 2012, S. 327 f., Kat. Nr. 314 lung geringfügig am oberen und beschnitt Markt produziert wurden. Kopiert wurden sie leicht am linken Blattrand, womit er der nicht nur Werke niederländischer, sondern Komposition ein etwas steileres Hochfor­ ebenso italienischer und französischer mat gab.4 Mit einem souveränen Einsatz Maler. Damit war es bürgerlichen Sammlern

167 wie Johann Friedrich Städel oder Johann | 1 | Adriaen van Ostade, Feiernde Bauern in einer Scheune, beziehungen von Stolker und Ploos van Amstel begründen Georg Grambs möglich, Gemälde, die aus 1652, Öl auf Eichenholz, 64 × 59,5 cm, Nationalgalerie, Prag, die Überlegung, dass es sich um eine Kopie nach dem Blatt Inv. Nr. VO 11050. | 2 | Vgl. Ševčík 2012, S. 327 f., Kat. Nr. 314. von Buys handeln könnte, vgl. Frankfurt 2000, Kat. Nr. 97 und finanziellen oder anderen Gründen nicht Die Provenienz des Gemäldes geht auch aus der rückseitigen Ševčík 2012, S. 327 f., Kat. Nr. 314. | 5 | Zur Sammlung Ploos erreichbar waren, in ihren Sammlungen Notiz von Cornelis Ploos van Amstel hervor. Zu den hand- van Amstel vgl. L. 2034. | 6 | Amsterdam, 3. März 1800 und repräsentiert zu sehen. Johann Friedrich schriftlichen Bezeichnungen des Amsterdamer Kunsthändlers folgende Tage, vgl. L. 2034. | 7 | Dies ist noch nicht genauer vgl. Te Rijdt 2017. | 3 | Vgl. Ševčík 2012, S. 327 f., Kat. Nr. 314. erforscht; vgl. dazu etwa Laurentius/Niemeijer/Ploos van Städel, aus dessen Sammlung die Zeichnung | 4 | Eine weitere gezeichnete, 1782 datierte Kopie stammt Amstel 1980, S. 19. | 8 | Ferner besaß Städel ein Gemälde von Jacobus Buys stammt, besaß außerdem von Jan Stolker (Amsterdam Museum, Inv. Nr. A 10856). »donné à [Adriaen van] Ostaade« und zwei Gemälde unter 43 Zeichnungen unter dem Namen Adriaen Mit 430 × 350 mm hat sie annähernd dieselben Maße wie die dem Namen Isaac van Ostade (vgl. Meyer 2013, S. 447, unter Zeichnung von Jacobus Buys. Dies und die engen Geschäfts- Nr. 197; S. 465, unter Nr. 371; S. 467, unter Nr. 384). van Ostade.8

168 AERT SCHOUMAN (Dordrecht 1710–1792 Den Haag) nach Jan van der Heyden und Adriaen van de Velde

Kurzbiografie siehe Kat. Nr. 45–47

57 Garten mit einer Terrasse und reichem Portal, 1773

Wasserfarben, über schwarzem Stift, auf geripp- Der Dordrechter Maler und Zeichner Aert zudem von Künstlern für den Markt produ­ tem Büttenpapier; allseitige Einfassungslinie mit Schouman, der seine Popularität insbeson­ ziert wurden. der Feder in Schwarz; 272 × 333 mm; wenige Metalleinschlüsse mit oxidierten Höfen, in der dere Vogel- und Tierdarstellungen (Kat. Eine handschriftliche Notiz auf der oberen linken Ecke leichter Knick (berieben) und Nr. 45–47) verdankt, wurde von seinen Rückseite der Frankfurter Zeichnung gibt bräunliche Farbspritzer, entlang des linken Blatt­ Zeitgenossen darüber hinaus für soge­ Aufschluss darüber, dass es sich hier um randes wellig; auf dem Verso entlang der rechten Blattkante Reste einer älteren Montierung nannte natekeningen (Nachzeichnungen) eine Nachzeichnung nach einem Gemälde Wasserzeichen: Gegenmarke (?) »IV« von Gemälden, insbesondere des 17., aber von Jan van der Heyden (1637–1712) han­ Auf dem Verso unten links bezeichnet in schwar- auch des 18. Jahrhunderts geschätzt.1 delt – einem der bekanntesten topografi­ zem Stift »hoog 10 ½ d / breed 12 ½ d«, darunter rechts »In’t kabinet, van de Griffier Fagel«, darun- Schouman gilt als einer der bedeutendsten schen Künstler des späten 17. Jahrhunderts ter »Jan van der Heyden Pinx. gestoffeerd door Vertreter dieses typisch niederländischen –, das durch Adriaen van de Velde (1636– AvdVelde / Aard Schouman f: 1773.« (jeweils in der Genres im 18. Jahrhundert. Spätestens seit 1672) mit Figuren »ausstaffiert«( gestof– Handschrift von Cornelis Ploos van Amstel), in der unteren linken Ecke in schwarzem Stift »f 400«; 1743, möglicherweise schon 1737, und bis feerd) wurde. in der unteren linken Ecke Prägestempel Cornelis zum Ende seines Lebens fertigte er mehrere Die von Johann Georg Grambs erwor­ Ploos van Amstel (L. 2034), rechts daneben Hundert solcher Nachzeichnungen, vor­ bene Zeichnung gibt den Blick auf einen ( ) Stempel des Städelschen Kunstinstituts L. 2356 nehmlich nach nordniederländischen, aber offenbar außerhalb einer Stadt gelegenen, Inv. Nr. 4494 ebenso flämischen, französischen und gepflegten Landschaftsgarten wieder. Ob es deutschen Vorbildern an.2 sich dabei um eine der Wirklichkeit nach­ PROVENIENZ Cornelis Ploos van Amstel (1726 –1798), Bei diesen Nachzeichnungen handelt es empfundene Phantasieansicht oder einen ­Amsterdam; Versteigerung Ploos van Amstel: sich nicht im strengen Sinn um Kopien, konkret bestimmbaren Ort handelt, wissen Philippus van der Schley, Jan de Bosch, Bernardus auch wenn das gemalte Vorbild so genau wir nicht sicher.4 Am rechten Rand ist ein de Bosch, Jan Yver, Cornelis Sebille Roos, wie möglich wiederholt wird. Vielmehr sind reich gestaltetes Portal dargestellt. Eine ­Amsterdam, 3. März 1800 (Lugt 6031), Kunstbuch Y, Nr. 29 (fl. 20.-, an Roos); es Übersetzungen von zumeist in Öl ausge­ Dame in einem gelben Kleid hat es soeben J. C. Pruyssenaar (gest. vor 1804), Amsterdam; führten Gemälden in Zeichnungen in durchschritten und wird dabei von einem Versteigerung Pruyssenaar: Philippus van der Wasser- und Deckfarben, deren Wirkung in Schirmträger in roter Livree begleitet. Schley, Jan de Bosch, Jan Yver, Cornelis Sebille Roos, Roelof Meurs Pruyssenaar, Jacobus Vinkeles, der Regel zarter und zurückhaltender ist als Hinter ihnen im Durchgang unterhalten Amsterdam, 27. Februar 1804 (Lugt 6747), Kunst- die der Originale. Zu einem geänderten sich zwei ebenso gekleidete Männer. Wei­ buch I, Nr. 34 (fl. 8.-, an de Vos); Eindruck trägt auch bei, dass die Zeichnun­ tere Figuren und Figurengruppen, Bettler, Willem Philip Kops (1755 –1805), Haarlem; Verstei- gerung Kops: Philippus van der Schley, Jan de gen häufiger ein kleineres Format haben. Edelleute und Bedienstete sowie zwei spie­ Bosch, Jan Yver, Cornelis Sebille Roos, Jeronimo Seit etwa 1725 gab es eine große Nach­ lende Hunde beleben die Szene des vorneh­ de Vries, Amsterdam, 14. März 1808 (Lugt 7353), frage nach solchen Nachzeichnungen. Diese men Lebens in ländlicher Umgebung. Kunstbuch D, Nr. 17 (fl. 14.-, an Spaan); Van der Schley, Spaan, Amsterdam, 28. November wurden zum Teil von Sammlern bei Künst­ Das seit dem Zweiten Weltkrieg ver­ 1808 (Lugt 7482) Kunstbuch D, Nr. 1 (fl. 10.-, an lern in Auftrag gegeben, um eine zweite schollene Gemälde von Jan van der Heyden, Gruyter); Version eines geschätzten Werkes ihrer das um 1660 bis 1670 entstanden sein Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), Frankfurt am Main; 1817 erworben für das Städel- eigenen Sammlung zu erhalten. Häufiger muss, war mit 395 × 432 mm etwas größer sche Kunstinstitut, Frankfurt am Main (Catalogue noch war jedoch der Wunsch, eine gezeich­ als die Nachzeichnung Schoumans.5 Laut 1825) nete Wiederholung eines Werkes aus dem der rückseitigen Beschriftung der Zeich­ LITERATUR Besitz eines anderen Sammlers zu erwer­ nung war das Gemälde Teil der Sammlung vgl. Dordrecht 2017, S. 284 ben.3 Es ist nicht auszuschließen, dass sie von »Griffier Fagel«. Gemeint ist der über

169 10 46 Jahre als Schriftführer (griffier) der nale« angefertigt habe. Es ist sehr gut Haag gelegenen Landsitzes Huis ten Bosch dargestellt, URL: niederländischen Generalstaaten tätige möglich, dass Cornelis Ploos van Amstel https://rkd.nl/nl/explore/images/record?query=64966&start=52 ( ) (letzter Zugriff am 26. 6. 2019). | 5 | Jan van der Heyden, Hendrik Fagel 1706–1790 . Sechs Jahre die Frank­furter Komposition bei Schouman Garten vor einem Landschlösschen, Öl auf Holz, nach der 1773 datierten Frankfurter Kom­ in Auftrag gegeben hat. 395 × 432 mm, o. O. Das Gemälde war bis 1939 im Besitz der position fertigte Aert Schouman erneut eine Aert Schouman wurde offenbar von Baronin Alexandrine de Rothschild und wurde im Zuge des Nachzeichnung nach einem Gemälde aus Johann Georg Grambs ebenso geschätzt Zweiten Weltkriegs gestohlen, vgl. Wagner 1971, S. 101, Kat. Nr. 152. | 6 | Vgl. Dordrecht 2017, S. 284. | 7 | Vgl. die 6 der Sammlung Fagels an. wie von Johann Friedrich Städel, die ins­ Inschrift auf der Rückseite von Kat. Nr. 56 (Jacobus Buys Die aufschlussreiche Notiz auf der Rück­ gesamt 22 Zeichnungen des Künstlers nach Adriaen van Ostade, Inv. Nr. 4492), vgl. auch L., S. 565. seite des Frankfurter Blattes stammt von ­besaßen. Beinahe die Hälfte dieser Blätter Zu den rückseitigen Bezeichnungen des Amsterdamer Kunsthändlers Cornelis Ploos van Amstel vgl. Te Rijdt 2017. 11 der Hand des bedeutenden Kunstsammlers waren Nachzeichnungen. | 8 | Vgl. Laurentius/Niemeijer/Ploos van Amstel 1980, S. 179. Cornelis Ploos van Amstel (Kat. Nr. 22),7 | 9 | Vgl. Dordrecht 2017, S. 278. | 10 | »En deeze manier is, den eine enge Freundschaft mit Aert Schou­ | 1 | Zum Genre der Nachzeichnung im 18. Jahrhundert siehe by de groote bekwaamheid, het wezenlyk en gepast middel oben, S. 14 und 19. | 2 | Charles Dumas gibt in seinem Aufsatz geweest, waardoor de Heer Schouman zo uitmunt, en, 8 man verband. In der Sammlung Ploos van zu den Nachzeichnungen Schoumans an, dass diese spätes- meesterlyk, allerlei Schilderyen volgens hun aart en kleur, Amstels befanden sich etwa 200 Nachzeich­ tens ab 1743 entstanden sind, vgl. Dordrecht 2017, S. 277. In gecopieerd heeft.«, vgl. Ploos van Amstel 1792, S. 436. nungen nach Gemälden, darunter etwa 47 der auf die Biografie folgenden Chronologie von Dumas und | 11 | Zu den Zeichnungen von Aert Schouman im Städel Museum siehe Kat. Nr. 45–47, Anm. 11. Darunter sind neben 9 Emile Havers werden erste Nachzeichnungen bereits im Jahr von Schouman. In seinem Nachruf auf den 1737 angenommen, vgl. ebd., S. 60. | 3 | Aert Schouman, der dem ausgestellten Blatt noch fünf weitere Nachzeichnungen Künstler betonte Ploos van Amstel 1792 die auch als Kunsthändler tätig war, fertigte solche Nachzeich- des Künstlers: Inv. Nr. 3003 (nach Dirck van Bergen); Inv. Virtuosität in der technischen Ausführung, nungen zum Teil auch für seine private Sammlung an, vgl. Nr. 4493 (nach Jean-Antoine Watteau); Inv. Nr. 3471 (nach ebd., S. 283. | 4 | Nach einem Hinweis auf der Website des Cornelis Janson van Keulen), Inv. Nr. 3472 (nach Cornelis mit der Schouman diese Nachzeichnungen Nederlands Instituut voor Kunstgeschiedenis in Den Haag Janson van Keulen) und Inv. Nr. 24900 (nach Nicolaes »hinsichtlich der Art und Farbe der Origi­ (RKD) ist im Hintergrund die Kuppel des nordöstlich von Den Berchem).

170 JACOBUS JOHANNES LAUWERS (Brügge 1753–1800 Amsterdam)

Maler und Zeichner zunächst von Porträts und Landschaften, später von Genredarstellun­ gen insbesondere in der Art von Gerard Dou (1613–1675), fertigt auch Nachzeichnungen von Gemälden niederländischer Meister des 17. Jahrhunderts an und ergänzt die Figuren in dekorativen Landschaftsmalereien von Pieter Barbiers II (1749 –1842); studiert zeitweise in Rom, 1777 verlässt er Italien und hält sich eine Zeit lang in Paris auf, bis er 1780 in Amster­ dam sesshaft wird; 1799 restauriert er Gemälde für die sich in Vorbereitung befindende Nationale Kunstgalerie (Nationale Kunstgalerij) in Den Haag, die Gründungssammlung des Rijksmuseums in Amsterdam; Lehrer von u. a. Johannes Pieter de Frey (Kat. Nr. 63).

LITERATUR Van Eijnden/Van der Willigen 1816–1840, II, S. 405–407 | Paris/Amsterdam 1990/91, S. 94, Kat. Nr. 41

58 Küchenmädchen, 1789

59 Küchenjunge, 1789

Kat. Nr. 58 Nach Aufenthalten in Italien und Frank­ Grambs.5 In Kat. Nr. 58 steht ein Küchen­ Feder in Schwarz, Wasser- und Deckfarben, reich ließ sich der im flämischen Brügge mädchen mit weißer Haube am Fenster und über schwarzem Stift, teilweise mit Pinsel in Gummi (arabicum?) übergangen, schwache geborene Jacobus Johannes Lauwers 1780 in blickt den Betrachter eindringlich an. Sie ist Griffelspuren, auf geripptem Büttenpapier; Amsterdam nieder und verlegte sich dort damit beschäftigt, Salatköpfe zu putzen, die allseitige Einfassungslinie mit der Feder in insbesondere auf das Malen und Zeichnen in einem geflochtenen Korb vor ihr liegen. Schwarz; 363 × 277 mm; sehr guter Erhaltungs- zustand; auf dem Verso entlang der rechten von Genredarstellungen in der Art von Weiteres Gemüse, ein Maiskolben und Blattkante Reste einer älteren Montierung Meistern des 17. Jahrhunderts.2 Mit den Frühlingszwiebeln, liegt links neben dem Wasserzeichen: an der rechten Blattkante 1789 datierten Frankfurter Zeichnungen Korb, rechts davon steht ein großer Ton­ mittig Lilie, im Wappenschild, darunter der Buchstabe »X« über »W«, oben angeschnitten griff der Künstler eine Tradition von krug. Der Raum, aus welchem das Küchen­ Signiert und datiert unten links mit dem Pinsel »Nischenbildern« auf, für die der Maler mädchen nach draußen blickt, enthält nur in Schwarz »J Laúwers inv: et F.t 1789« Gerard Dou bekannt geworden war (Abb.).3 wenig Mobiliar: eine halbseitig geöffnete Auf dem Verso in der unteren linken Ecke Stempel des Städelschen Kunstinstituts Dou – ein Rembrandtschüler – wurde vor Kommode mit zwei Messinggefäßen und (L. 2356) allem wegen seiner preziösen Feinmalerei einen Kaminabzug, auf dessen Sims ein geschätzt, die verschiedenste Oberflächen metallener Kerzenständer sowie Teller und Inv. Nr. 3323 und Materialien mit sinnlicher Eleganz Schalen aus Porzellan stehen. Durch eine wiederzugeben vermochte (vgl. auch Kat. leicht geöffnete Tür blickt man in einen Nr. 64). Bereits im frühen 18. Jahrhundert weiteren Raum und durch dessen Fenster hatte Willem van Mieris (Kat. Nr. 1, 2) die nach draußen. Das Küchentuch am Rand »Nischenbilder« in der Art von Dou aufge­ des Fensters im Vordergrund fällt wie bei­ griffen und um grazile, ganz dem klassizisti­ läufig über die Fensterbank und deutet schen Ideal verhaftete Figurentypen ergänzt.4 damit ein Spiel mit Realitätsebenen an. Steinerne, leicht gebogene Fensteröff­ Ebenso verhält es sich mit dem Vogelkäfig nungen – unter ihnen jeweils ein Relief mit und den Weinranken, die gleichfalls zu dem Girlande – bilden den Rahmen für zwei Trompe-l’œil-Effekt beitragen, für den ­Darstellungen von Küchenpersonal bei der bereits die Kompositionen Gerard Dous Arbeit aus der Sammlung von Johann Georg bewundert wurden.

171 Kat. Nr. 58 Kat. Nr. 59 Kat. Nr. 59 Den Küchenjungen in Kat. Nr. 59 gab Lau­ Darstellung des Küchenmädchens, der in Feder in Schwarz, Wasser- und Deckfarben, über schwarzem Stift, teilweise mit Pinsel in wers bei der Vorbereitung eines Geflügel­ Genreszenen des 17. Jahrhunderts häufig als Gummi (arabicum?) übergangen, schwache bratens wieder, der auf einem silbernen Symbol der Tugendhaftigkeit diente, wählte Griffelspuren, auf geripptem Büttenpapier; Tablett liegt. Sein Blick ist jedoch nicht auf Lauwers in der Zeichnung des Küchenjun­ allseitige Einfassungslinie mit der Feder in Schwarz; 364 × 278 mm; sehr guter Erhaltungs- das Fleisch vor ihm, sondern ebenfalls auf gens ein Glas mit Goldfischen, ein unge­ zustand; auf dem Verso entlang der rechten den Betrachter gerichtet. Rechts wird die wöhnliches Motiv, das eher in zeitgenössi­ Blattkante Reste einer älteren Montierung, Darstellung um ein totes Rebhuhn und schen Blumen- und Früchtestillleben zu Papieroberfläche teilweise abgespalten einen Hasen ergänzt, die an den Füßen am finden ist. Wasserzeichen: entlang der linken Blattkante mittig »J Whatman« Fensterrahmen aufgehängt sind. Die Küche Während man für das Küchenmädchen Signiert und datiert unten links mit dem Pinsel selbst wird durch eine Kochstelle und einen Vorbilder bei Dou finden kann, kommt t in Schwarz »J: Laúwers inv: et F.: 1789« Schemel mit einem Krug und einem halb­ eine Figur wie der Küchenjunge in dessen Auf dem Verso in der unteren linken Ecke 6 Stempel des Städelschen Kunstinstituts vollen Weinglas beschrieben; auch in dieser Werk so nicht vor. Aus den gemalten (L. 2356) Zeichnung schließt sich ein weiterer Raum »Nischenbildern«, die Dou zu seinen Leb­ an, durch dessen Fenster man auf eine son­ zeiten zu extrem hohen Preisen an einen Inv. Nr. 970 nenbeschienene Baumkrone blickt. Als kleinen Kreis von Kunstsammlern verkau­ PROVENIENZ1 Entsprechung zu dem Vogelkäfig in der fen konnte, werden bei Lauwers zwei Zeich­ Jan Jansz. Gildemeester (1744 –1799), ­Amsterdam; Versteigerung Gildemeester: Philippus van der Schley, Jan de Bosch, Jan Yver, Cornelis Sebille Roos, Roelof Meurs Pruyssenaar, Amsterdam, 24. November 1800 (Lugt 6156), Kunstbuch L, Nr. 17/18 (fl. 85.-, an C. S. Roos); und/oder Jacobus Johannes Lauwers (1753 –1800), Amsterdam; Versteigerung Lauwers: Philippus van der Schley, Jan de Bosch, Bernardus de Bosch, Jan Yver, Cornelis Sebille Roos, Roelof Meurs Pruissenaar, Amsterdam, 13. Dezember 1802 (Lugt 6529), Kunstbuch H, Nr. 7/8 (fl. 40.-, an Gruyter); Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), Frankfurt am Main; 1817 erworben für das Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main (Catalogue 1825)

LITERATUR Frankfurt 2000, Kat. Nr. 98 a, b

Abb. Gerard Dou, Dienstmagd am Fenster, um 1660, Öl auf Holz, 28 × 38 cm, Museum Boijmans Van Beuningen, Rotterdam, Leihgabe Stichting Willem van der Vorm, Inv. Nr. VdV 21

174 nungen mit je einer weiblichen und einer | 1 | Übereinstimmend beschriebene Pendants wurden im männlichen Hauptfigur, die einander als Jahr 1800 mit der Sammlung Gildemeester und 1802 mit der Sammlung Lauwers in Amsterdam versteigert. 1802 wurden Pendants ergänzen. Eine bei Dou gewiss die Zeichnungen dem Kunsthändler Willem Gruyter d. Ä. vorhandene tiefere, symbolische Bedeutung (1763 –1831) zugeschlagen, von dem Grambs wiederholt ist bei Lauwers wahrscheinlich nicht voraus­ Kunstwerke erworben hat; daher könnten auch die beiden Arbeiten von Lauwers über ihn zu Grambs gekommen sein. zusetzen. Seine Pendants scheinen in erster Dabei ist es nicht klar, ob es sich bei den Pendants in der Linie auf eine malerisch dekorative Wirkung Sammlung Gildemeester und der Sammlung Lauwers um zu zielen, die man eher mit dem 19. als mit dasselbe Bildpaar oder um zwei Varianten gehandelt hat. Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass die beiden Zeichnun- dem 17. Jahrhundert in Verbindung bringen gen aus der Sammlung Gildemeester, die der Kunsthändler könnte. Cornelis Sebille Roos (1754–1820) erworben hat, von ihm Auch wenn Lauwers nicht den gleichen 1802 in die Auktion Lauwers eingeliefert wurden (vgl. Frank- furt 2000, Kat. Nr. 98, Anm. 1). Es ist darauf hinzuweisen, illusionistischen Eindruck der Ölmalerei dass sich unter den Gemälden, die auf der Nachlassauktion von Dou erreichen konnte, so sind diese Lauwers 1802 angeboten wurden, auch Werke befanden, die sorgfältigen Werke in Wasser- und Deckfar­ von verschiedenen Kunsthändlern eingebracht wurden, vgl. ben doch hervorragende Beispiele ihrer Getty Provenance Index, URL: http://piprod.getty.edu/ starweb/pi/servlet.starweb (letzter Zugriff am 31. 1. 2020). Ob Gattung. Zurückhaltender als die Ölge­ dies bei den Zeichnungen ebenfalls der Fall gewesen sein mälde, geben sie gleichwohl eine Vorstel­ könnte, ist ungewiss. Daher könnte Roos auch Zeichnungen lung der Texturen von Stein, Fell, glasier­ aus seinem Lagerbestand in die Auktion eingebracht haben. | 2 | Lauwers heiratete Maria de Frey, die Schwester der tem Tonkrug und anderem wieder. Künstlerin Aletta und des Künstlers Johannes Pieter de Frey Die Komposition mit dem Küchenmäd­ (Kat. Nr. 63), die beide mit Werken, insbesondere mit chen malte Lauwers im Jahr der Entstehung Nachzeichnungen von Gemälden älterer Meister, im Städel Museum vertreten sind. | 3 | Vgl. Ho 2007. | 4 | Vgl. dazu der Zeichnungen in leicht abgewandelter Aono 2006 und Aono 2007/08. | 5 | Eine dritte Zeichnung Form – die junge Frau im Fenster schält von Lauwers aus dem Besitz von Johann Georg Grambs dort Rettiche – auch in Öl.7 Vielleicht gab es wurde 1860 verkauft. Johann Friedrich Städels Sammlung umfasste ursprünglich sogar acht dem Künstler zugeschrie- auch eine solche Fassung mit dem Motiv bene Zeichnungen, von welchen heute nach Verkäufen in des Küchenjungen. Auch wenn sich das den 1860er Jahren nur noch eine Figurenstudie im Städel nicht belegen lässt, so scheint hier das Museum vorhanden ist (Eine Magd in Rückenansicht, Inv. Nr. 3322). | 6 | Vgl. Frankfurt 2000, Kat. Nr. 98 a, b. Gemälde als Variante der Zeichnung ent­ | 7 | Jacobus Johannes Lauwers, Young Woman at a Window standen zu sein und nicht die Zeichnung als Pealing Radishes, 1789, Öl auf Holz, 37,8 × 29,2 cm, Privatbe- Wiederholung des Gemäldes. sitz (Auktion, New York, Sotheby’s, 8. Juni 2007, Lot 274).

175 ABRAHAM VAN STRIJ (Dordrecht 1753–1826 Dordrecht)

Maler und Zeichner vor allem von Genredarstellungen, oft in der Art von Künstlern des 17. Jahrhunderts, etwa Gabriel Metsu (1629–1667) oder Pieter de Hooch (1629–1684), von Porträts, Landschaften in der Nachfolge von Aelbert Cuyp (1620 –1691) und Blumenstillle­ ben; mythologische und allegorische Darstellungen sowie Marinen entstehen auch als groß­ formatige Wanddekorationen; lernt bei seinem Vater Leendert van Strij (1728–1798) und dem Dekorationsmaler Joris Ponse (1723–1783), der seinerseits bei Aert Schouman (Kat. Nr. 45–47, 57) ausgebildet wurde; arbeitet früh im Malergeschäft seines Vaters,1 um 1771– 1773 studiert er an der Antwerpener Akademie, zurück in Dordrecht gründet er 1774 mit drei anderen Künstlern die Zeichengesellschaft Pictura, 1787 übernimmt er mit seinem Bruder Jacob (Kat. Nr. 74) das Geschäft des Vaters; 1809 werden beide zu korrespondieren­ den Mitgliedern des Königlich Niederländischen Instituts der Wissenschaften, Literatur und Schönen Künste (Koninklijk Nederlandsch Instituut van Wetenschappen, Letterkunde en Schoone Kunsten) in Amsterdam ernannt.

LITERATUR Van Eijnden/Van der Willigen 1816–1840, III, S. 59–62; Anhang, S. 25 f. | Minneapolis/Toledo/Philadelphia 1971/72, S. 96 f. | Erkelens 1976 | Paris/Amsterdam 1990/91, S. 138 | Dordrecht/Enschede 2000

60 Fischhändler und Dienstmagd an der Haustür, um 1798/99

Deckfarben, auf grauem, geripptem Bütten­ Die Zeichnung des Dordrechter Künstlers Abraham van Strij und sein Bruder Jacob papier; allseitige Einfassungslinie mit der Feder Abraham van Strij zeigt eine Straßenszene van Strij begannen früh, im Malergeschäft in Dunkelbraun; 364 × 299 mm; im Weiß ausge- brochen, Bleiweißschwärzung mit einem Fischverkäufer, der einer Magd ihres Vaters mitzuarbeiten, das sie 1787 von Wasserzeichen nicht vorhanden einen großen Fisch präsentiert. Einen voll­ diesem übernahmen und erfolgreich weiter­ Signiert unten rechts mit der Feder in Dunkel- beladenen Korb auf seinem Rücken tragend, führten. Daneben entwickelten sie eigene braun »A: Van Strij« Auf dem Verso in der unteren linken Ecke hat er sich auf einem Mäuerchen vor der künstlerische Schwerpunkte. Während sich Stempel des Städelschen Kunstinstituts Tür des Wohnhauses niedergelassen, neben Jacob auf das Malen und Zeichnen von (L. 2356) ihm ein weiterer Korb mit Fischen. Zu Landschaften im Stil von Künstlern des

Inv. Nr. 977 Füßen des Mannes hocken zwei kleine niederländischen Goldenen Zeitalters spezi­ Mädchen auf der Straße; eine strickt, wäh­ alisiert hatte (Kat. Nr. 74), konzentrierte PROVENIENZ rend die andere ihr dabei zusieht. Neben sich Abraham auf Genredarstellungen und Jan Gildemeester (1744 –1799), Amsterdam; Versteigerung Gildemeester: van dem Händler liegt ein Hund, der den setzte sich dafür seinerseits mit Vorbildern der Schley, Roos, de Bosch, Yver & Pruyssenaer, Betrachter anblickt. aus dem 17. Jahrhundert auseinander. Das Amsterdam, 24. November 1800 (Lugt 6156), Abraham van Strij hatte 1774 mit drei Verkaufen von Fisch vor der Haustür kommt DD/8 (fl. 22-10, an Gruyter); Johann Friedrich Städel (1728 –1816), weiteren Dordrechter Künstlern die Zei­ auch in einer Nachzeichnung Abrahams 2 ­Frankfurt am Main; erworben 1816 als Stiftung chengesellschaft Pictura gegründet. Dort nach einem Gemälde von Gabriel Metsu vor an das Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am wurde nach Modellen gezeichnet, die häufig (Abb. 2).4 Wahrscheinlich ist diese Nach­ Main (sammlungsgeschichtlich erschlossen) Pelzmützen trugen (Abb. 1).3 Diese Kopf­ zeichnung, die auf etwa 1795 bis 1797 LITERATUR bedeckung und die verhältnismäßig indivi­ datiert wird, kurz vor dem Frankfurter Blatt Dordrecht/Enschede 2000, Kat. Nr. 126, vgl. duelle Physiognomie des Fischverkäufers entstanden.5 auch S. 149 (mit Abb. 216) könnten darauf verweisen, dass diese Figur Van Strij brachte im Frankfurter Blatt auf eine Modellstudie zurückgeht. die Deckfarbe mit einem trockenen Pinsel

176

auf das graue Papier auf und legte die Farb­ Amsterdam erwarb sie der Kunsthändler schichten zum Teil pastos übereinander. Willem Gruyter d. Ä. (1763–1831), der sie Der Reiz der Zeichnung liegt in der lockeren wahrscheinlich an Johann Friedrich Städel Ausführung, die zwar detailreich und blatt­ verkaufte.8 Robert-Jan te Rijdt hält es für füllend ist, zugleich aber die »Handschrift« wahrscheinlich, dass Abraham van Strij das des Künstlers betont. Selbstbewusst fügte Frankfurter Blatt kurz vor dem Tod Gilde­ er unten rechts seine Signatur hinzu und meesters angefertigt hat, der bis zuletzt kennzeichnete die Zeichnung damit als Zeichnungen für seine Sammlung erwarb.9 autonomes Kunstwerk. Im Vergleich mit den Genredarstellun­ | 1 | Zu dem schilderswinkel von Leendert van Strij siehe Kat. gen des Goldenen Zeitalters mangelt es Nr. 74, Anm. 2. | 2 | Zu Pictura vgl. Knolle/Geerts 2000. den Kompositionen Abraham van Strijs an | 3 | Zu den charakteristischen Pelzmützen im Werk der psychologischer Tiefe sowie allegorischen Brüder van Strij vgl. Verhaak 1990. | 4 | Das im Unterschied zur Nachzeichnung etwas größere Original von Metsu wird in und symbolischen Verweisen. Drastischere der Wallace Collection in London aufbewahrt: Gabriel Metsu, Genremotive des 17. Jahrhunderts – gesel­ An Old Woman Selling Fish, um 1657–1662, Öl auf Eichen- lige Trinkgelage bei Musik und Kartenspiel holz, 47,1 × 37,7 cm, The Wallace Collection, London, Inv. Nr. P 234. Die Haarlemer Zeichnung ist auf der Rückseite oder amouröse Abenteuer – hatten in bezeichnet: »na het Schilderij / van / G: Metzu / door A van der bürgerlichen Bildwelt van Strijs um Strij«, vgl. Te Rijdt 2000, S. 161, Abb. 234. | 5 | Vgl. ebd. 1800 keinen Platz.6 Überhaupt wirkt van | 6 | Vgl. Sluijter 2000, S. 130. | 7 | Zu Gildemeester vgl. Bruyn Abb. 1 Abraham van Strij, Ein Mann mit Kops 1965 b, S. 79–114. | 8 | Vgl. Te Rijdt 2000, S. 149 und Pelzmütze und Pfeife, Wasserfarben, schwarze Strijs Genreszene nicht unbedingt, als Anm. 30. Johann Friedrich Städel besaß noch eine weitere und rote Kreide, auf Papier, 228 × 168 mm, fände sie im 17. Jahrhundert statt; man Zeichnung Abraham van Strijs (Zwei schlafende Hirten, Inv. Rijksprentenkabinet, Rijksmuseum, Amster- kann sie sich auch am Ende des 18. Jahr­ Nr. 2940), deren Herkunft jedoch unbekannt ist. Drei der dam, Inv. Nr. RP-T-1990-74 insgesamt fünf Blätter des Künstlers im Besitz des Städel hunderts vorstellen. Museums gehen auf die Sammlung von Johann Georg Die Frankfurter Zeichnung war Teil der Grambs zurück: Kat. Nr. 75; Landschaft mit Rinderherde, Sammlung des Amateurzeichners und Kunst­ Inv. Nr. 2941; Hirte mit drei Rindern auf einer Flussbrücke, 7 Inv. Nr. 4500 (unter Albert Cuyp). Eine vierte Zeichnung sammlers Jan Gildemeester. Auf seiner Abraham van Strijs aus der Sammlung von Grambs wurde Nachlassauktion am 24. November 1800 in 1860 verkauft. | 9 | Vgl. Te Rijdt 2000, S. 149.

Abb. 2 Abraham van Strij (nach Gabriel Metsu), Heringsverkäuferin, um 1795–1797 (?), Wasser- und Deckfarben, Feder und Pinsel in Braun, über Bleistift, auf Papier, 417 × 342 mm, Teylers Museum, Haarlem, Schenking Stichting Jhr. H. Teding van Berkhout, 2001, Inv. Nr. TvB T 258

178 MARIA MARGARETHA LA FARGUE (Den Haag 1743–1813 Den Haag)

Malerin und Zeichnerin von Genredarstellungen, topografischen Ansichten, Illustrationen mit allegorischen und historischen Motiven sowie wenigen Porträts, auch eine Radierung von ihrer Hand ist erhalten; sie stammt aus der Künstlerfamilie La Fargue und erhält Unterricht im Zeichnen und Malen von ihren Brüdern Paulus Constantijn (Kat. Nr. 33) und Jacob Elias la Fargue (1735–1776 oder später).

LITERATUR Van Eijnden/Van der Willigen 1816–1840, II, S. 194; Anhang, S. 178 f. | Thieme-Becker, XI, S. 268 | Den Haag 1984, S. 132 f. | Dumas 1998

61 Fischverkäuferin, 1772

Wasserfarben und schwarzer Stift, auf geripp- Maria Margaretha la Fargue gehört zu den in ihrem rechten Arm einen Korb mit tem Büttenpapier; allseitige Einfassungslinie nur drei niederländischen Zeichnerinnen Heringen hält und mit der linken Hand auf mit der Feder in Braun; 162 × 152,5 mm; kleine Metalleinschlüsse im Papier, die Signatur in der des 18. Jahrhunderts, die in der Sammlung diesen deutet. Der Hintergrund der signier­ unteren rechten Ecke von der Künstlerin des Städel Museums mit insgesamt sieben ten und 1772 datierten Zeichnung aus der teilweise mit Bleiweiß korrigiert (oxidiert); auf Werken vertreten sind.1 Als jüngstes Mit­ Sammlung von Johann Georg Grambs zeigt dem Verso Farbverquetschung der Einfas- sungslinie von Recto, leichte Verbräunung im glied der Künstlerfamilie la Fargue erhielt eine Landschaft mit einem Bauernhaus, zu Bereich des Kupfergrün im Himmel, am rech- sie zwar Zeichenunterricht von ihren Brü­ dem eine einfache Holzbrücke über ein ten Blattrand Reste einer älteren Montierung dern Paulus Constantijn und Jacob Elias, Gewässer führt. Rechts schlängelt sich der Wasserzeichen: in der oberen linken Ecke Krone mit Lilie, angeschnitten (Teil einer trat aber, anders als diese, nie in die Haager Weg zwischen schemenhaft wiedergegebe­ 2 Straßburger Lilie im Wappenschild?) Malergilde Confrerie Pictura ein. Dennoch nen Büschen entlang. Signiert und datiert in der unteren rechten scheint sie mit ihren Gemälden und Zeich­ Aufmerksam blickt die Fischverkäuferin Ecke mit der Feder in Braun »Maria M. la nungen zum Familieneinkommen beigetra­ den Betrachter an. Die an der Unterseite Fargúe / fec. 1772« Auf dem Verso unten links Stempel des Städel- gen zu haben. Nach dem Tod von Paulus verschattete Krempe ihres großen Strohhuts schen Kunstinstituts (L. 2356) Constantijn im Jahr 1782 geriet der Rest der lässt das Gesicht im Kontrast umso heller Familie allerdings in schwierige finanzielle aufscheinen. Mit rasch ausgeführten Stri­ Inv. Nr. 3338 Verhältnisse. Aus Anzeigen in Zeitungen ist chen in schwarzem Stift führte Maria Mar­ PROVENIENZ bekannt, dass Maria Margaretha danach garetha la Fargue sowohl die Figur und das Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), auch Zeichenunterricht gab, um ihren Gewand als auch den Baum im Mittel- Frankfurt am Main; 1817 erworben für das 3 Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main Lebensunterhalt zu bestreiten. sowie die Landschaft im Hintergrund aus. (Catalogue 1825) Das Œuvre der Künstlerin besteht vor Mit dem Stift hielt sie nicht nur die Kompo­ allem aus Genredarstellungen. Sie zeigen sition fest, sondern legte auch Muster (wie LITERATUR keine Veröffentlichung bekannt geworden deutlich den Einfluss des niederländischen etwa auf dem Tuch) an. Mit dem lebendig 17. Jahrhunderts. Dazu gehören insbeson­ eingesetzten Pinsel deutete sie die Falten dere Interieurs mit wohlsituierten Bürgern, des Gewands an und tönte Flächen ab. Der Nischenbilder mit Küchenmädchen (vgl. Reiz der Zeichnung liegt in ihrer im Motiv Kat. Nr. 58–59), Landschaftsdarstellungen und der Zeichenweise vorgetragenen Ein­ mit fahrenden Händlern und, wie im Fall fachheit. Dabei ist die technische Durch­ der Frankfurter Zeichnung, Einzeldarstel­ führung sehr gekonnt und effektvoll; trotz lungen solcher Straßenhändler, meist Fisch­ reduzierter Farbigkeit wirkt die Fischver­ verkäufer, beziehungsweise von Savoyarden käuferin frisch und präsent. Ihr fröhlicher oder Leierkastenmännern.4 Blick soll einem bürgerlichen Publikum den Die kleinformatige Frankfurter Zeich­ Eindruck von heiterem, weil unverfälsch­ nung gibt eine Fischverkäuferin wieder, die tem und bedürfnislosem Leben vermitteln.

179 Originalgröße

| 1 | Neben den zwei Zeichnungen von Maria Margaretha la des Städel Museums. Die insgesamt sieben Zeichnungen von Bruder, Isaac Lodewijk la Fargue (1726 –1805), blieb wie Fargue (Kat. Nr. 61; Savoyardenknabe vor einem Haus niederländischen Künstlerinnen aus dem 18. Jahrhundert Maria Margaretha der Malergilde fern, vgl. Dumas 1998. tanzend, Inv. Nr. 3337) befinden sich zwei Blätter von Jacoba stammen aus der Sammlung von Johann Georg Grambs. Frauen war die Mitgliedschaft in der Confrerie Pictura Maria van Nickelen (1690 –1749) und drei Zeichnungen der | 2 | Vgl. Den Haag 1984, S. 132. Auch ihr Bruder Karel la möglich; die erste Frau, die dort beitrat, war 1701 Rachel Künstlerin Anna Alida de Freij (1768–1808) in der Sammlung Fargue (1738 –1793) wurde dort Mitglied. Ein weiterer Ruysch (1664 –1750). | 3 | Vgl. Dumas 1998. | 4 | Vgl. ebd.

180 CORNELIS VAN NOORDE (Haarlem 1731–1795 Haarlem) nach Frans Hals

Zeichner und Druckgrafiker, seltener auch Maler von Porträts, topografischen Ansichten und Landschaften sowie allegorischen und historischen Darstellungen; fertigt zudem Nach­ zeichnungen nach Werken alter Meister an, die er ab etwa 1770 zum Teil in Crayon-Manier druckgrafisch reproduziert; nach einer frühen Anstellung als Holzstecher in der bekannten Schriftgießerei von Johannes Enschedé (1708–1780) lernt er ab 1750 zunächst bei dem Porträtmaler Frans Decker (1684–1751) und nach dessen Tod bei dessen Schüler Tako Hajo Jelgersma (1702–1795); 1761 tritt er der Lukasgilde bei; ab 1772 bis zu seinem Tod ist er einer der Direktoren der Haarlemer Zeichenakademie (Teekenacademie); erteilt auch priva­ ten Zeichenunterricht.

LITERATUR Van Eijnden/Van der Willigen 1816–1840, II, S. 222–225 | Sliggers 1982 | Paris/Amsterdam 1990/91, S. 104 | Biesboer/Köhler 2006, S. 373 | Sliggers 2011

62 Porträt des Johan van Clarenbeek, 1791

Wasserfarben und schwarze Kreide, auf Der Haarlemer Künstler Cornelis van gestellt ist. Van Clarenbeek (1601–1642) war geripptem Büttenpapier; allseitige Einfassungs- Noorde, sonst vor allem als Zeichner von seit 1638 Mitglied des Haarlemer Stadtrats linie mit dem Pinsel in Schwarz; 438 × 387 mm; unten rechts der Mitte vertikale Quetschfalte, Topografien und Landschaften bekannt, ist gewesen, hatte weitere städtische Ämter am rechten Blattrand wellig, auf den Höhen in der Sammlung des Städel Museums auch innegehabt und war 1641 zu einem von stellenweise berieben, oben rechts punktuelle mit zwei gezeichneten Porträts vertreten.1 fünf Regenten des St.-Elisabethen-­Kranken­ Verletzung der Oberfläche, unten rechts der Mitte vertikale Quetschfalte; auf dem Verso Neben etwa 50 Porträts von Zeitgenossen hauses, einem ­Hospital für die Armen der entlang der oberen zwei Drittel der rechten fertigte er zudem zahlreiche gezeichnete Stadt, ernannt worden.4 Warum van Noorde Blattkante Reste einer älteren Montierung Kopien von Künstlerbildnissen und Gemäl­ in seiner Nachzeichnung ihn auswählte, ist Wasserzeichen nicht vorhanden Auf dem Verso in der linken unteren Ecke den alter Meister an, insbesondere von nicht bekannt; man kann aber annehmen, bezeichnet mit der Feder in Braun »Johan van Haarlemer Künstlern wie etwa Frans Hals dass es weniger um die Person des Porträ­ Clarenbeek / Frans Hals, pinxit 1641. / Corn: van (1582/83–1666), Adriaen van Ostade (1610 – tierten als um ein exem­plarisches Beispiel Noorde, del: 1791.«, darunter in schwarzem ) ( / ) 2 Stift »[3?]Johan van Clarenbeek FH [ligiert]: 1685 oder Jan de Braij 1626 27–1697 . der Porträtkunst von Frans Hals ging. Pinxit 1641«; in der linken unteren Ecke Stem- Die Inschrift auf der Rückseite von Kat. Frans Hals hatte die fünf Männer in der pel des Städelschen Kunstinstituts (L. 2356) Nr. 62 verweist darauf, dass das Bildnis des für seine Zeit typischen schwarzen Kleidung Johan van Clarenbeek auf ein Gemälde von mit weißen Spitzenkragen und -manschet­ Inv. Nr. 36135 (1863 als Druckgrafik inventarisiert) Frans Hals zurückgeht (Abb. 1). Dieser ten sowie schwarzen Hüten um einen Tisch hatte 1641 ein Gruppenbildnis der Regen­ herum gruppiert; sie sind miteinander ins PROVENIENZ ten, also der Vorstände, des St.-Elisabethen-­ Gespräch vertieft. Geld, Tintenfass und ein Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), 3 Frankfurt am Main; 1817 erworben für das Krankenhauses in Haarlem geschaffen. Im Buch auf dem Tisch verweisen auf die Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main Unterschied zu anderen Nachzeichnungen administrativen Aufgaben der Regenten. (Catalogue 1825) der Zeit, wie etwa einem Blatt von Wybrand Alle diese Hinweise fehlen in der Zeichnung LITERATUR Hendriks aus dem Jahr 1787 (Abb. 2), wie­ van Noordes, ebenso wie die Karte an der keine Veröffentlichung bekannt geworden derholte van Noorde nicht die gesamte Wand. Der Künstler führte den Hintergrund Komposition, sondern griff das Brustbild monochrom aus. des Johan van Clarenbeek heraus, der im Es scheint, dass van Noorde die im Gemälde von Frans Hals in der Mitte der Vergleich zum Ölgemälde fehlende Farb­ Komposition hinter dem Tisch sitzend dar­ tiefe seiner Wasserfarbenzeichnung durch

181 Abb. 1 Frans Hals, Die Regenten des St.-Elisabethen-Krankenhauses­ in Haarlem, 1641, Öl auf Leinwand, 153 × 252 cm, Frans Hals Museum, Elisabeth van Thüringenfonds, Haarlem, Inv. Nr. OS I-114

eine lebhafte Pinselführung auszugleichen suchte, besonders in den dunklen Partien des Gewands. Damit spielte er auch auf die bekannte offene Malweise von Frans Hals an.

| 1 | In der Sammlung des Städel Museums befinden sich neben der hier besprochenen Zeichnung noch drei weitere Blätter des Künstlers aus der Sammlung von Johann Georg Grambs: Landschaft mit Hirte und Vieh, Inv. Nr. 3193; Landschaft mit Fluss und Schiffen, Inv. Nr. 24905 (nach Jan van Goyen); Porträt der Elisabeth van Teffelen, Inv. Nr. 5692 (nach Johannes Verspronck). | 2 | Vgl. Biesboer/Köhler 2006, S. 373. | 3 | Zu dem Gemälde von Frans Hals vgl. Biesboer/Köhler 2006, Kat. Nr. 183. Das St.-Elisabethen- Krankenhaus hatte auch vier weibliche Regentinnen, die Johannes Verspronck in demselben Jahr 1641 in einem ( ) Abb. 2 Wybrand Hendriks nach Frans Hals , Gemälde festhielt: Johannes Cornelisz. Verspronck, Die Die Regenten des St.-Elisabethen-Krankenhauses Regentinnen des St.-Elisabethen-Krankenhauses in Haarlem, in Haarlem, 1787, Wasserfarben, auf Papier, 1641, Öl auf Leinwand, 152 × 214,7 cm, Frans Hals Museum, 348 × 547 mm, Amsterdam Museum, Elisabeth van Thüringenfonds, Haarlem, Inv. Nr. OS 1-622. legaat C. J. Fodor, Amsterdam, Inv. Nr. TA 10539 Auch aus diesem Gemälde griff Cornelis van Noorde ein Bildnis heraus und fertigte eine Nachzeichnung der Elisabeth van Teffelen an, die Johann Georg Grambs als Gegenstück zu dem Bildnis des Johan van Clarenbeek erwarb, siehe Anm. 1. Zu dem Gemälde von Johannes Verspronck vgl. Biesboer/Köhler 2006, Kat. Nr. 468. | 4 | Vgl. Biesboer/ Köhler 2006, Kat. Nr. 183, S. 487. Zur Biografie Johan van Clarenbeeks vgl. ebd., S. 488, Anm. 5.

182

JOHANNES PIETER DE FREY (Amsterdam 1770–1834 Paris) nach Johannes Cornelisz. Verspronck

Zeichner und Radierer von Porträts, Genre- und Historienstücken, wohl auch von Stillle­ ben, häufig nach Gemälden von niederländischen Meistern des 17. Jahrhunderts; auch als Herausgeber tätig; lernt das Zeichnen bei Jacobus Johannes Lauwers (Kat. Nr. 58–59), um 1800/1802 zieht er nach Paris, dort ist er seit 1814 Pensionär des Königs von Holland; ­möglicherweise arbeitet er zwischendurch auch in Mannheim; soll mit seiner linken Hand gezeichnet haben, nachdem die rechte lahm geworden war.

LITERATUR Van Eijnden/Van der Willigen 1816–1840, III, S. 344 f. | Thieme-Becker, XII, S. 440

63 Bildnis einer Frau im Sessel, um 1790 –1800

Wasserfarben, über schwarzem Stift, auf Eine Dame in einem schwarzen Kleid mit nachgefragten Typus folgen. Die Patrizier­ geripptem Büttenpapier; allseitige Einfassungs- Haube, ausladendem Mühlsteinkragen und innen sind stets in Halbfigur, sitzend und linie mit dem Pinsel in Schwarz (links, oben und rechts vollständig beschnitten); aufwendigem Schmuck sitzt auf einem mit ineinandergelegten Händen wiedergege­ 468 × 357 mm; stellenweise berieben, zwei schlichten Lehnstuhl, der leicht schräg in ben. Durch die Handhaltung und die Dar­ Retuschen links neben der Halskrause, links einem nicht näher bestimmten Raum steht. stellung eines Stuhls unterscheidet sich das neben der rechten Hand Feuchterand; auf dem Sie hat ihren Kopf frontal zum Betrachter Frankfurter Gemälde Versproncks von Verso graue Pinselspur, am oberen Blattrand 1 mittig Reste einer älteren Montierung, an gewendet und blickt diesen eindringlich an. diesem strengen Schema. Das Gemälde dieser Stelle Papieroberfläche teilweise abge- Mit der linken Hand stützt sie sich leicht wurde von der Forschung in die Jahre 1642 schält auf der Armlehne des Stuhles ab. Dadurch, bis 1645 datiert.2 Wasserzeichen: am linken Blattrand mittig Fragment; Gegenmarke »IV« dass diese Hand aus der Zeichnung heraus­ Wie die Zeichnung aus der Sammlung Auf dem Verso bezeichnet in der linken unteren zuragen scheint, deutet sich ein Spiel zwi­ von Johann Georg Grambs wurde auch das Ecke mit der Feder in Schwarz »J: De Frey na schen dem Bild- und dem Betrachterraum Gemälde Versproncks 1817 erworben.3 Ein f:Hals.«; unten links Stempel des Städelschen Kunstinstituts (L. 2356) an. In der rechten Hand hält sie einen Hanauer Sammler verkaufte es an das neu Fächer aus schwarzen Straußenfedern. gegründete Städelsche Kunstinstitut.4 Die Inv. Nr. 3881 Das Frankfurter Blatt von Johannes Provenienz des Gemäldes lässt sich nur bis PROVENIENZ Pieter de Frey ist eine gezeichnete Kopie nach 1814 zurückverfolgen. Die Nachzeichnung Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), einem deutlich größeren und in Ölfarben von Johannes Pieter de Frey muss früher, Frankfurt am Main; 1817 erworben für das ausgeführten Gemälde des Haarlemer Por­ und zwar vor etwa 1800 entstanden sein. Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main (Catalogue 1825, als Frans Hals) trätmalers Johannes Cornelisz. Ver­spronck Der Künstler siedelte zwischen 1800 und (1601/03–1662), das sich heute ebenfalls in 1802 von Amsterdam nach Paris über, wo er LITERATUR der Sammlung des Städel Museums befin­ dem Gemälde kaum begegnet sein kann. Es Neumeister 2005, S. 508 | Frankfurt 2006/07, S. 36 | vgl. auch Haarlem 1979, Kat. Nr. 48 det (Abb.). Verspronck galt im 17. Jahrhun­ mag sein, dass de Frey sich nach 1804 eine dert neben Frans Hals (1582/83–1666) Weile in Mannheim aufgehalten hat.5 Ob es als bedeutendster Haarlemer Porträtmaler in diesem Zusammenhang zu Kontakten seiner Zeit. Bei seinem Vater Cornelis nach Frankfurt und zur Erwerbung des Engelsz. (1574/75–1650) ausgebildet, lernte Blattes durch Johann Georg Grambs kam, er im Anschluss wohl auch in der Werkstatt wäre eine Möglichkeit, lässt sich aber nicht des älteren Frans Hals. nachweisen.6 Verspronck fertigte in der ersten Hälfte Das Originalgemälde Versproncks zeich­ der 1640er Jahre eine Reihe von Damenpor­ net sich besonders durch seinen maleri­ träts an, die einem etablierten und offenbar schen Reichtum aus. Auf virtuose Weise

184 sind etwa der sorgsam gefaltete Mühlstein­ Zu welchem Zweck wurde eine solche (nach Caravaggio); Heiliger Bartholomäus, Inv. Nr. 3880 kragen, die feinen Spitzenmanschetten gezeichnete Kopie angefertigt? Es mag sein, (nach Jusepe de Ribera); Der Dorfzahnarzt, Inv. Nr. 4486 (nach Jan Steen). | 4 | Der Vorbesitzer war der Hanauer und der aufwendige Schmuck festgehalten. dass es mit der Dargestellten zu tun hatte, Teppichfabrikant Wilhelm Charles Frédéric Leisler (1783 – Die Lebendigkeit und Brillanz des Ölgemäl­ deren Namen wir heute nicht mehr kennen. 1853). Dieser hatte das Gemälde neben anderen 1814 auf des konnte de Frey in seiner Pinselzeich­ Aus der Nachkommenschaft könnte es ein einer Versteigerung in Amsterdam erworben (als Werk von nung nicht erreichen, er legte jedoch großen Bedürfnis nach einer Kopie gegeben haben. Govaert Flinck). Im Inventar und dem zwei Jahre später erschienenen Städel-Verzeichnis wurde das Gemälde als Werk Wert auf eine detailgenaue Wiedergabe, Aber viel wahrscheinlicher ist, dass es um von Frans Hals eingetragen, vgl. Frankfurt 2006/07, S. 20. wenngleich er etwa den Faltenwurf des die Wiederholung eines für bedeutend Auch im Catalogue 1825 galt das kopierte Gemälde von Kleides und das Muster des Damaststoffes erachteten Kunstwerks ging. Das Gemälde Verspronck als Werk von Frans Hals. Die Zuschreibung an Cornelis Verspronck erfolgte erst 1888, nachdem die alte leicht vereinfachte. Umso wirkungsvoller wurde 1814 als Werk eines der bekanntes­ Zuschreibung erstmals 1883 infrage gestellt worden war, vgl. treten die sorgsam ausgeführten weißen ten Schüler Rembrandts, Govaert Flinck Frankfurt 2006/07, S. 20 f. | 5 | In der Forschung wurde Manschetten und der Kragen hervor. Im (1615–1660), versteigert. Als solches wird angenommen, dass sich de Frey zeitweise in Mannheim aufhielt, wo seine Schwester nach ihrer Hochzeit seit 1804 Unterschied zum Gemälde erscheint der Johannes Pieter de Frey es zuvor kopiert lebte; vgl. Gerson 1942, S. 326 f. | 6 | Dass de Frey die Zeich- Hintergrund der Nachzeichnung insgesamt haben. nung zwischen 1814 und 1817 im Auftrag von Grambs nach heller, wodurch es ihr etwas an Tiefen­ dem Gemälde in Hanau anfertigte, erscheint unwahrschein- lich, da der Künstler seit 1814 in Paris Stipendiat des nieder- räumlichkeit fehlt. Deutlich sind die einzel­ ländischen Königs war. nen Pinsel­striche zu erkennen; de Frey ließ | 1 | Vgl. Haarlem 1979, S. 47. | 2 | Zu dem Original Versproncks vgl. Neumeister 2005, S. 508–516, hier S. 511. offenbar bewusst Spuren des Zeichenpro­ | 3 | In der Sammlung des Städel Museums befinden sich zesses stehen, während im Vorbild von insgesamt sechs Zeichnungen von Johannes Pieter de Frey. Verspronck Sorge getragen ist, den Werk­ Alle stammen aus der Sammlung von Johann Georg Grambs. Neben der hier besprochenen Zeichnung: Ein Mann liebkost prozess unter einer feinmalerisch glatten eine Frau, Inv. Nr. 3628; Sitzende alte Frau in einem Buch Oberfläche zu verbergen. lesend, Inv. Nr. 3629; Porträt eines Mannes, Inv. Nr. 3879

Abb. Johannes Verspronck, Bildnis einer Frau im Sessel, um 1642–1645, Öl auf Leinwand, 98 × 80,3 cm, Städel Museum, Frankfurt am Main, Inv. Nr. 703

186 JAN FREDERIK SCHIERECKE (Middelburg 1752–1801 Amsterdam) nach Gerard Dou

Zeichner von Kopien nach niederländischen und italienischen Meistern des 17. und 18. Jahr­ hunderts; zieht in jungen Jahren mit seinen Eltern nach Düsseldorf, dort wird er bis zu seinem 16. Lebensjahr bei einem Cembalo-Macher ausgebildet; ab etwa 1768 lernt er das Malen und Zeichnen bei Lambert Krahe (1712–1790), dem Leiter der kurfürstlichen Gale­ rie; nach seiner Ausbildung zieht er nach Amsterdam, dort fertigt er im Auftrag von Kunst­ sammlern wie Cornelis Ploos van Amstel (Kat. Nr. 22), Bernardus de Bosch (1742–1816) und Jan Gildemeester (1744–1799) Nachzeichnungen von Gemälden an, dafür besucht er auch die Gemäldesammlungen in Düsseldorf und München; alte Versteigerungskataloge nennen solche Zeichnungen, die heute aber offenbar zum größten Teil verloren oder ver­ schollen sind; sein Plan, eine Zeichenschule in Amsterdam zu führen, soll daran gescheitert sein, dass es ihm an Originalität mangelte.

LITERATUR Van Eijnden/Van der Willigen 1816–1840, II, S. 410–412 | Thieme-Becker, XXX, S. 60

64 Eine junge Dame bei der Toilette, um 1775–1800

Wasser- und Deckfarben, teilweise mit Pinsel in Die Frankfurter Komposition einer jungen Hinter einem zur Seite geschlagenen schwe­ Gummi (arabicum?) übergangen, über schwar- Frau am Frisiertisch ist eine gezeichnete ren Vorhang sitzt eine elegant gekleidete zem Stift, auf Velinpapier; allseitige Einfas- sungslinie mit dem Pinsel in Dunkelbraun; Kopie eines 1667 entstandenen Gemäldes Dame inmitten eines großzügigen und luxu­ 500 × 389 mm; kleines Loch 14 mm v. u. und des niederländischen Malers Gerard Dou riös ausgestatteten Raumes an einem Tisch. 168 mm v. r.; auf dem Verso leichter Schmutz­ (1613–1675), das sich heute im Museum Sie trägt einen roten Samtmantel mit Pelz­ anrieb, am oberen Blattrand Mitte Reste einer älteren Montierung Boijmans Van Beuningen in Rotterdam besatz über einem goldenen Kleid. Durch Wasserzeichen nicht vorhanden befindet (Abb.).1 Über den Zeichner Jan das geöffnete Fenster fällt helles Licht nicht Auf dem Verso unten links Stempel des Städel- Frederik Schierecke wissen wir nur wenig. nur auf die Dame, sondern auch auf eine schen Kunstinstituts (L. 2356) Neben den vier Blättern in der Sammlung kostbare goldene und silberne Kanne auf 2 Inv. Nr. 4504 des Städel Museums ist in der Forschung dem Tisch. Während eine Zofe der Dame nur eine weitere Zeichnung von seiner Hand die Haare zurechtmacht, hält sie selbst eine PROVENIENZ Bernardus de Bosch (1742–1816), in der Sammlung der Albertina in Wien lose Strähne zwischen ihren Händen und 3 Amsterdam; Versteigerung de Bosch: Philippus bekannt. Offenbar arbeitete Schierecke, betrachtet sich in einem goldgerahmten van der Schley, Cornelis Sebille Roos, Hendrik wie zahlreiche andere niederländische Spiegel. Ihr Spiegelbild nimmt Blickkontakt Hoefkens, Abraham Jacob Broes, Andries de Künstler im 18. Jahrhundert, im Auftrag mit dem Betrachter auf. Reus, Jeronimo de Vries, Amsterdam, 10. März 1817 (Lugt 9064), Kunstbuch D, Nr. 5 (fl. 56.-, von Kunstsammlern, die ihn dafür bezahl­ Wie andere Genrebilder des Goldenen an Jeronimo de Vries); ten, dass er getreue Nachzeichnungen nach Zeitalters enthält auch das Gemälde von Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), Gemälden in anderen Sammlungen anfer­ Dou zahlreiche bedeutungsvolle Verweise Frankfurt am Main; 1817 erworben für das Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main tigte. Wo sich das originale Gemälde von und Anspielungen. Der leere Stuhl links (Catalogue 1825, unter G. Douw) Gerard Dou in der zweiten Hälfte des und der große Weinkühler aus Marmor 18. Jahrhunderts befand, ist nicht nach­ rechts im Vordergrund deuten darauf hin, LITERATUR 4 keine Veröffentlichung bekannt geworden weisbar. dass die Dame auf einen Liebhaber wartet; Schierecke wiederholte die in Ölfarben der offene Vogelkäfig ist ein Verweis auf ausgeführte Komposition Dous so genau verlorene Unschuld und Sittenlosigkeit.5 wie möglich, jedoch in einem kleineren Der Blick zum Betrachter bezieht diesen Format und in Wasser- und Deckfarben. raffiniert in eine solche Bedeutung ein. Ob

187 solche Hinweise von den kennerschaftli­ etwa die Gemälde neben dem Selbstbildnis | 1 | Dass Dou in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zu chen Betrachtern des späten 18. Jahrhun­ von Dou an der Wand im Hintergrund. den gefragtesten Künstlern des vorausgegangenen Goldenen Zeitalters niederländischer Malerei zählte, zeigen neben derts gesucht und verstanden wurden, ist Schierecke hielt sich seit den frühen Kopien seiner Werke auch Arbeiten in der Art des älteren fraglich. Eher dürfte sie der malerische 1770er Jahren in Amsterdam auf und Meisters (vgl. Kat. Nr. 58–59). | 2 | In der Sammlung des Reichtum des Gemäldes begeistert haben, begann dort, im Auftrag von Kunstsamm­ Städel Museums befinden sich neben der hier besprochenen Zeichnung noch drei weitere Blätter des Künstlers; eine die virtuose Weise, in der Pelz und Samt der lern Nachzeichnungen nach Meistern des Nachzeichnung nach einem Gemälde von Frans van Mieris Jacke, der glatte Satin des Kleides, Gold und 17. und 18. Jahrhunderts anzufertigen. Der d. Ä. (Das Austernmahl, Inv. Nr. 4505) aus dem Besitz von Silber der Kanne auf dem Tuch oder die Entstehungszeitpunkt der Frankfurter Johann Georg Grambs, eine gezeichnete Kopie nach einem Marmorierung des Weinkühlers ausgeführt Zeichnung lässt sich nicht genauer bestim­ Gemälde von Correggio (Ecce Homo, Inv. Nr. 4507) aus der Sammlung von Johann Friedrich Städel und eine 1817 erwor- sind. Schiereckes Aufgabe wäre es demnach men, muss jedoch im letzten Viertel des bene Nachzeichnung nach Guido Reni (Die Heiligen Petrus gewesen, diese Qualitäten in seiner Kopie 18. Jahrhunderts gelegen haben. und Paulus, Inv. Nr. 4506). | 3 | Jan Frederik Schierecke (nach festzuhalten. Dies konnte ihm mit seiner Das Frankfurter Blatt stammt aus dem Adriaen van der Werff), Kinder mit Vogel und Katze am Fuße einer Herkulesstatue, 1789, Wasserfarben, auf Papier, Pinselzeichnung nur teilweise gelingen. Die Besitz des Amsterdamer Kunstsammlers 453 × 348 mm, Albertina, Wien, Inv. Nr. 10994. | 4 | 1678 war Deckfarben entfalten nicht den Glanz und Bernardus de Bosch. Er dürfte es in Auftrag es Teil einer Amsterdamer Kunstsammlung, tauchte dann die Tiefe des Ölgemäldes, Tiefenräumlich­ gegeben haben. Auf der Nachlassauktion jedoch erst 1811 im Auktionskatalog einer Dordrechter Sammlung wieder auf. Zu diesem Zeitpunkt war Schierecke keit und Lichtführung wirken weniger stim­ von de Bosch im März 1817 erwarb es ein bereits ein Jahrzehnt tot; vgl. Washington/London/Den Haag mig und effektvoll. Aber offenbar genügte Kunsthändler, der es unmittelbar danach 2000/01, Kat. Nr. 32. | 5 | Vgl. ebd. | 6 | Die Zeichnung von seinem Auftraggeber die zurückhaltende Johann Georg Grambs verkauft haben muss. Jan Frederik Schierecke wurde also bereits im Wissen (oder zumindest der Annahme) erworben, dass sie in die Samm- Ästhetik einer Deckfarbenzeichnung. Dieser bot am 29. März 1817 seine vollstän­ lung des Städel Museums gelangen würde; vgl. Meyer 2013, Äußerst genau achtete Schierecke auf die dige Kunstsammlung dem neu gegründeten S. 149. detailgenaue Wiedergabe. Mithilfe der Städelschen Kunstinstitut in Frankfurt zum Kopie können heute Einzelheiten identifi­ Kauf gegen eine Leibrente an, die nur kurz ziert werden, die auf dem nachgedunkelten gezahlt werden musste, da Grambs am Gemälde nur noch schlecht erkennbar sind, 5. Dezember 1817 starb.6

Abb. Gerard Dou, Junge Frau an einem Frisiertisch, 1667, Öl auf Holz, 75,5 × 58 cm, Museum Boijmans Van Beuningen, Rotterdam, Inv. Nr. 1186 (OK)

188

LANDSCHAFT IN DER ZWEITEN HÄLFTE DES 18. JAHRHUNDERTS

Der Landschaftszeichnung der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wird, neben den klas­ sisch-arkadischen Landschaften im ersten und den spezifisch topografischen Ansichten im zweiten Kapitel des Katalogs, ein eigener Abschnitt gewidmet. Dies ist einerseits durch die Qualität und den Umfang des Sammlungsbestands begründet, andererseits durch eine andere Auffassung der Thematik. Dass es dabei zu Überschneidungen unter den Kapiteln kommen kann, zeigt eine Zeichnung des Rotterdamer Künstlers Gerard van Rossum (Kat. Nr. 65), die womöglich an eine ältere Ansicht von Cornelis Pronk anknüpft, den Schwer­ punkt aber weniger auf das topografisch Genaue, sondern auf eine allgemeine atmosphäri­ sche Wirkung legt. Der veränderte Umgang mit dem Thema der Landschaft nach 1750 lässt sich in die all­ gemeine Tendenz zu einer stärkeren Rückbesinnung auf die eigene Geschichte und Kunst­ geschichte einordnen. Das Landleben und die malerischen Bauernhäuser bei Zeichnern wie Jacob Cats (Kat. Nr. 66–67, 68–69) oder Egbert van Drielst (Kat. Nr. 70–71) sind erkennbar von Vorbildern des Goldenen Zeitalters beeinflusst. Van Drielst trug, wegen seiner Nähe zu dem Landschaftsmaler (1638–1709), den Beinamen »Drentse Hobbema«. Die Brüder Jacob (Kat. Nr. 74) und Abraham van Strij (Kat. Nr. 75) schufen südliche Land­ schaften im Stil von Jan Both (um 1615–1652) oder Aelbert Cuyp (1620 –1691), und auch in den Marinen des Rotterdamers Hendrik Kobell (Kat. Nr. 76) und des Dordrechters Martinus Schouman (Kat. Nr. 77) klingt das 17. Jahrhundert an. Viele der Künstler dieses Kapitels waren Inhaber von oder Mitarbeiter in behangsel-Werk­ stätten, in denen kostspielige großformatige Wanddekorationen mit Landschaftsmotiven für wohlhabende Kunden hergestellt wurden. Im Zeichen eines allgemeinen wirtschaft­ lichen Niedergangs wurden die von Hand ausgeführten behangsel im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts von preiswerteren Alternativen und der sich ändernden Mode verdrängt. Die spezialisierten Künstler mussten sich nach neuen Einkunftsquellen umsehen und ver­ legten sich vielfach auf die Herstellung von bildmäßig ausgeführten autonomen Zeichnun­ gen für Sammler. Johann Friedrich Städel und Johann Georg Grambs verband eine Vorliebe für Land­ schaftsdarstellungen, und sie schätzten es offensichtlich auch, wenn sich kunstgeschichtli­ che Rückbezüge entdecken ließen. Weitaus seltener erwarben sie Werke von Künstlern, die gegen Ende des Jahrhunderts größere, unmittelbare Naturnähe suchten. Dazu gehören die späten Werke von Paulus van Liender (Kat. Nr. 79) und Franciscus Andreas Milatz (Kat. Nr. 80). Dort tritt die menschliche Figur in den Hintergrund; stattdessen ragen monu­ mentale Baumriesen auf oder es entfaltet sich eine scheinbar unberührte Natur. Auch wenn die Tradition des englischen Landschaftsgartens mitwirkt, so schlagen solche Werke doch auch eine Brücke zur Romantik des beginnenden 19. Jahrhunderts. Am Ende des Kapitels und des Katalogs steht ein einzelnes Werk des sonst in der Samm­ lung nicht vertretenen Militärgenres. Hintergrund der Pulverexplosion des Zeichners Dirk Langendijk (Kat. Nr. 81), die kein bestimmtes Kriegsereignis schildert, sind die teils gewalt­ samen politischen Auseinandersetzungen zwischen dem nach einer absolutistischen Staats­ form strebenden Hof in Den Haag und den »patriotischen« republikanischen Bürgern. Damit kann dieses Blatt auch als ein Sinnbild des weitreichenden Umbruchs der Französi­ schen Revolution dienen, mit dem das 18. Jahrhundert sein Ende fand.

√ Kat. Nr. 67, Details

191 GERARD VAN ROSSUM (Rotterdam 1699–1772 Rotterdam)

Zeichner von topografischen Ansichten und idealisierten Landschaften; auch als Glasgra­ veur tätig; erlernt früh das Zeichnen, stellt jedoch in Amsterdam zunächst Vorlagen für Webereien von Seidenstoffen her; in dieser Zeit erteilt er auch Jacob Cats( Kat. Nr. 66–67, 68–69) Zeichenunterricht; um 1758/59 kehrt er nach Rotterdam zurück, beginnt offenbar erst dann, autonome Landschaften und Topografien für den Verkauf an Sammler anzufer­ tigen; seine eigene umfangreiche Sammlung von Zeichnungen wird am 3. Februar 1773 in Amsterdam versteigert, die Druckgrafiken folgen zehn Jahre später in Rotterdam.

LITERATUR Van Eijnden/Van der Willigen 1816–1840, II, S. 159 f.; Anhang, S. 175 | Thieme-Becker, XXIX, S. 70 | Dumas 2015

65 Die Zugangsbrücke zum Eingangstor des ehemaligen Schlosses in Buren, 1760

Pinsel in Rotbraun, über rotbraunem Rötel Die von Johann Georg Grambs erworbene Pendant zu der ausgestellten Zeichnung.2 (gleiches Pigment), auf geripptem Büttenpa- Zeichnung des Rotterdamer Künstlers Die beiden Blätter haben das gleiche Format pier; allseitige Einfassungslinie mit dem Pinsel in schwarzer Tusche; 283 × 432 mm; vereinzelt Gerard van Rossum zeigt die Zugangsbrü­ und entsprechen sich in ihrer technischen Metalleinschlüsse im Papier, mittig oben leichte cke und das Torgebäude des ehemaligen Ausführung. Eine dritte Zeichnung, in Verschmutzung, mittig oben im Himmel leichte Schlosses in Buren in der Provinz Gelder­ ­Privatbesitz, zeigt die Brücke und das Stockflecken, in der rechten oberen Ecke schräger Knick, links der Blattmitte im Himmel land, etwa 80 Kilometer östlich von Rotter­ Zugangstor des Schlosses aus der gegen­ leichter Knick von links oben nach rechts dam, der Geburtsstadt des Zeichners.1 Die überliegenden Richtung.3 Weitere Zeich­ unten, mittig am linken Blattrand Quetschfalte mittelalterliche Burg wurde im 16. Jahrhun­ nungen der Anlage in Wasserfarben sind um die Montierungsreste auf dem Verso; auf dem Verso Werkstattspuren (Spuren von dert zu einer der größten Schlossanlagen nur durch Angaben in alten Auktionskata­ 4 grauer Farbe), am rechten Blattrand mittig der Niederlande ausgebaut und kam durch logen nachweisbar. brauner Klebstoffrückstand und Reste einer Erbschaft in den Besitz des Hauses Nassau-­ Van Rossum fügte auf der Rückseite älteren Montierung, an dieser Stelle Papier­ oberfläche wenig abgeschält Oranien. 1804 wurde das Bauwerk abge­ des Frankfurter Blattes, wie auch der zwei Wasserzeichen: Gegenmarke (?) »IV« rissen. anderen genannten Rötelzeichnungen von Auf dem Verso signiert und datiert in der linken Die Zugangsbrücke mit einem festen Schloss Buren, seine Signatur und die Jah­ unteren Ecke mit dem Grafitstift »GVRossúm Teil aus Stein und einer Zugbrücke aus reszahl 1760 hinzu.5 Die drei Blätter zählen fecit 1760«; in der unteren linken Ecke Stempel des Städelschen Kunstinstituts (L. 2356) Holz, um das Passieren von Booten zu damit zu den frühesten datierten Werken ermöglichen, überspannt einen Kanal des Künstlers. Inv. Nr. 3052 inmitten einer Landschaft mit dichtem Das Schloss in Buren wurde im 17. und PROVENIENZ Baumbestand. Wenige Staffagefiguren – 18. Jahrhundert von zahlreichen Künstlern Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), ein Wachmann, eine Dame in Rückenan­ in Zeichnungen festgehalten. Auch von Frankfurt am Main; 1817 erworben für das sicht sowie ein sich über die Mauer leh­ Cornelis Pronk (Kat. Nr. 25, 26, 27, 28) Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main (Catalogue 1825) nender Herr und zwei Schwäne auf dem haben sich zwei – frühere – Ansichten der Wasser – ergänzen die Darstellung. Zugangsbrücke und des Torhauses im LITERATUR Neben dem hier besprochenen Blatt Rijksprentenkabinet in Amsterdam erhal­ Dumas 2015, S. 131, Nr. A4, vgl. auch S. 17 hielt van Rossum noch weitere Ansichten ten; eines dieser beiden Blätter gibt dieselbe der Schlossanlage in autonomen Zeichnun­ Ansicht wie die Frankfurter Zeichnung van gen fest. Eine Ansicht des das Schloss Rossums wieder (Abb.).6 umgebenden Kanals in rotbraunem Rötel Im Unterschied zu dem älteren Pronk erwarb Johann Georg Grambs offenbar als führte van Rossum seine Zeichnung in

192 leicht veränderten Proportionen und in schen und italianisierenden Landschaften Nr. 3051; Der Kanal des Schlosses in Buren, Inv. Nr. 3053. rotbraunem Rötel aus, den er teilweise mit besonders des 17. Jahrhunderts lag.8 Die | 2 | Gerard van Rossum, Der Kanal des Schlosses in Buren, Pinsel in Rotbraun, über rotbraunem Rötel, auf geripptem dem feuchten Pinsel vertrieb. Im Vorder­ Provenienz der Amsterdamer Zeichnung Büttenpapier, 287 × 429 mm, Graphische Sammlung, Städel grund setzte er das Pigment kräftig ein und Pronks lässt sich nicht bis ins 18. Jahrhun­ Museum, Frankfurt am Main, Inv. Nr. 3053. | 3 | Gerard van ließ es zum Hintergrund hin zarter werden. dert zurückverfolgen, sodass man nicht Rossum, Die Zugangsbrücke zum Schloss van Buren, 1760, Rote Kreide, Pinsel in Braun, auf Papier, 270 × 416 mm, Zwar unterscheiden sich die Staffagefiguren sagen kann, ob sie sich in einer Sammlung Privatsammlung; vgl. Dumas 2015, S. 133, Nr. A6. | 4 | Dumas und die Behandlung der Vegetation in den befand, die für van Rossum zugänglich war. weist darauf hin, dass van Rossum neben den drei Zeichnun- Zeichnungen von Pronk und van Rossum, Charles Dumas hat darauf hingewiesen, gen in roter Kreide mindestens vier Aquarelle mit Ansichten von Schloss Buren ausführte, die im Versteigerungskatalog doch sind die Übereinstimmungen ansons­ dass Pronk als topografischem Zeichner der Zeichnungssammlung des Künstlers genannt sind, vgl. ten so groß, dass man annehmen könnte, stärker als van Rossum an der korrekten Dumas 2015, S. 17 und S. 131 ff., Nr. A4–A6, S. 192, Nr. C20, van Rossum habe die über 30 Jahre ältere Wiedergabe der dargestellten Architektur vgl. S. 196, Nr. C123–126 (die unter C20 sowie C127–136 genannten Aquarelle können dieselben gewesen sein, die Zeichnung Pronks gekannt und abgewan­ gelegen war, während van Rossum das zuvor im Versteigerungskatalog der Sammlung Gerard van 7 delt kopiert. Die Tatsache, dass van Motiv eher als Landschaftsdarstellung Rossums genannt worden sind). | 5 | Die letzte, unklar Rossum noch weitere Ansichten des Schlos­ begriff und daher dem atmosphärischen geschriebene Ziffer der Datierung wurde in der Vergangen- ses von Buren angefertigt hat, deutet jedoch Gesamteindruck den Vorzug vor architek­ heit als »4« gelesen. Der Vergleich mit der Datierung der Pendantzeichnung (Inv. Nr. 3053) veranlasste Charles Dumas 9 darauf hin, dass er selbst vor Ort war und tonischen Details gab. Dies erklärt mögli­ zu dem Schluss, dass die Zeichnung ebenfalls in das Jahr 1760 sich dort eben jenen Standpunkt suchte, cherweise, warum der Künstler einen zu datieren ist, vgl. Dumas 2015, S. 131, Nr. A4. | 6 | Die von welchem Pronk seine Ansicht festhielt. bereits zart in Rötel vorgezeichneten Turm zweite Zeichnung neben dem hier abgebildeten Blatt ist: Cornelis Pronk, Das Eingangstor des Schlosses in Buren, Gleichwohl kann van Rossum Pronks Werk auf der Anhöhe hinter dem Wachhäuschen 1728, Feder und Pinsel in Grau, über schwarzem Stift, gekannt haben. In der privaten Zeichnungs­ nicht ausführte. 187 × 238 mm, Rijksprentenkabinet, Rijksmuseum, Amster- sammlung van Rossums befanden sich zum dam, Inv. Nr. RP-T-1895-A-3083. | 7 | In Entsprechung zu der anderen, datierten Schloss-Buren-Zeichnung Pronks wird Zeitpunkt ihrer Versteigerung einige Blätter | 1 | Neben der ausgestellten Zeichnung erwarb Johann 1728 auch als Entstehungsjahr für die abgebildete Zeichnung des älteren Künstlers, auch wenn der Georg Grambs fünf weitere Blätter van Rossums, die sich alle angenommen. | 8 | Zur Zeichnungssammlung van Rossums Schwerpunkt der Sammlung nicht auf neue­ noch in der Sammlung des Städel Museums befinden: Land- vgl. Dumas 2015, S. 68–91, hier S. 68 f. | 9 | Dumas’ Vergleich schaft mit Bäumen, Weidegatter und Figuren, Inv. Nr. 3048; bezog sich nicht auf die hier abgebildete Zeichnung von ren und zeitgenössischen Zeichnungen und Landschaft mit Fluss und Fischern, Inv. Nr. 3049; Städtchen Pronk, sondern auf die zweite Zeichnung Pronks in Amster- Druckgrafiken, sondern auf niederländi­ am Fluss, Inv. Nr. 3050; Landstraße bei einer Stadt, Inv. dam (siehe Anm. 6), vgl. Dumas 2015, S. 17.

Abb. Cornelis Pronk, Das Eingangstor des Schlosses in Buren, 1728, Pinsel in Grau, auf Papier, 200 × 465 mm, Rijksprentenkabinet, Rijksmuseum, Amsterdam, Inv. Nr. RP-T-1894-A-2822

194 JACOB CATS (Altona 1741–1799 Amsterdam)

Maler, Zeichner und Kupferstecher von topografischen Ansichten und Landschaften; fertigt auch Kopien nach Gemälden des 17. Jahrhunderts an; wird in Altona bei Hamburg geboren, wächst in Amsterdam auf; arbeitet zunächst in einem Tuchgeschäft und beginnt eine Lehre bei einem Buchbinder, erlernt das Kupferstechen bei Abraham Starre (1701–1778), das Zeichnen bei Pieter Louw (1725–1800) und nimmt Unterricht bei dem Landschaftsmaler Gerard van Rossum (Kat. Nr. 65); seit 1759 Maler von Wandtapeten in der Tapetenfabrik von Jan Hendrik Troost van Groenendoelen (um 1722–1794), 1762 gründet er eine eigene Tapetenfabrik, in der auch Egbert van Drielst (Kat. Nr. 70–71) arbeitet; 1777 wird er der erste Direktor der Zeichengesellschaft Felix Meritis.

LITERATUR Van Eijnden/Van der Willigen 1816–1840, II, S. 303–316 | Minneapolis/Toledo/Philadelphia 1971/72, S. 32 f. | Dudok van Heel 1972 | Shoaf Turner 1990 | Paris/Amsterdam 1990/91, S. 36 | Amsterdam 1997/98, S. 363 | Schwartz 2004, S. 90 | Schwartz 2007

66 Landschaft mit Bauernhof und Vieh, 1783

67 Landschaft mit Gasthaus und trinkenden Reisenden, 1783

Kat. Nr. 66 Jacob Cats’ Vater Johannes (1699–1772), Die monochrom ausgeführten Landschaf­ Pinsel in Grau und graubraunem Gummi (arabicum?), ein Buchhändler, emigrierte 1733 aus ten (vgl. Kat. Nr. 68–69) zeigen länd­liche über schwarzer Kreide, auf geripptem Büttenpapier; allseitige Einfassungslinie mit der Feder in Grau, ­religiösen Gründen von Amsterdam nach Szenen niederländischer Idyllen. In Land- teilweise über schwarzem Stift; 247 × 358 mm; in den Deutschland, wo Jacob 1741 in Altona bei schaft mit Bauernhof und Vieh ist ein maleri­ vier Ecken Einstichlöcher; auf dem Verso am rechten Hamburg geboren wurde.1 Spätestens 1744 sches, strohgedecktes Bauernhaus unter Rand Reste einer älteren Montierung, an dieser Stelle Papieroberfläche teilweise stark abgeschält kehrte die Familie zurück nach Amsterdam, Bäumen wiedergegeben. Auf dem angren­ Wasserzeichen nicht vorhanden wo der Sohn 1759 seine künstlerische Lauf­ zenden Weideland grast Vieh, ein Bauer Auf dem Verso unten links signiert und datiert mit der bahn als Maler von gemalten Wanddekorati­ führt zwei Kühe in den Stall und in der Feder in Grau »J:b Cats inv et fec / 1783«; darunter Stempel des Städelschen Kunstinstituts (L. 2356) onen in der Fabrik von Jan Hendrik Troost Ferne fährt ein Wagen mit Heu heran. Das van Groenendoelen begann.2 Mit der finan­ Motiv des Heuwagens findet auch in der Inv. Nr. 3745 ziellen Unterstützung wohlhabender Zeichnung Landschaft mit Gasthaus und Freunde eröffnete Jacob Cats 1762 eine trinkenden Reisenden Verwendung. An einer Kat. Nr. 67 eigene Tapetenfabrik, in der auch Egbert Schenke unter Bäumen sitzen zwei rastende Pinsel in Grau und graubraunem Gummi (arabicum?), van Drielst tätig war. Als sich in den 70er Reisende an einem Tisch; zwei Reiter über schwarzer Kreide, auf geripptem Büttenpapier; Jahren des 18. Jahrhunderts die Auftrags­ machen bei ihnen halt. Unterdessen treibt allseitige Einfassungslinie mit der Feder in Grau, teilweise über schwarzem Stift; 248 × 358 mm; in den lage der Fabriken aufgrund des sich ändern­ ein Hirte mehrere Schafe und eine Kuh vier Ecken Einstichlöcher; auf dem Verso am rechten den Geschmacks verschlechterte, schloss vorbei. Rand Reste einer älteren Montierung, an dieser Stelle Cats seine Firma und verlegte sich auf die Johann Georg Grambs erwarb die Papieroberfläche teilweise stark abgeschält Wasserzeichen nicht vorhanden zeichnerische Produktion sowie den Handel beiden Frankfurter Zeichnungen als Pen­ Auf dem Verso unten links signiert und datiert mit der von topografischen Ansichten und insbe­ dants.3 Sie haben das gleiche Format, ent­ Feder in Grau »J:b Cats inv et fec / 1783«; am unteren sondere frei komponierten Landschaften. sprechen sich in ihrer technischen Ausfüh­ Rand etwas links der Mitte Stempel des Städelschen Kunstinstituts (L. 2356) mit der dazugehörigen Letztere erfreuten sich bei den zeitgenössi­ rung und ergänzen sich auch kompositio­ Inventarnummer in Bleistift »3746« schen Sammlern vor allem wegen ihrer nell. Über einer Vorzeichnung in schwarzer präzisen, scheinbar wirklichkeitsnahen Kreide lavierte Cats die Zeichnungen stel­ Inv. Nr. 3746 Ausführung großer Beliebtheit. lenweise mit dem Pinsel und grenzte so

195 Kat. Nr. 66 Kat. Nr. 67 PROVENIENZ schattige von sonnigen Bereichen ab. Wäh­ nach als »aus der Phantasie« interpretiert. Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), Frankfurt am Main; 1817 erworben für das rend er im Hintergrund die Tinte nur stark Damit würde er darauf hinweisen, dass Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main verdünnt einsetzte, benutzte er sie zum der Künstler seine Kompositionen erfand, (Catalogue 1825) Vordergrund hin immer konzentrierter. wobei er in der Natur beobachtete Versatz­ ( ) 5 LITERATUR Durch den Einsatz von Gummi arabicum? stücke frei verwendete. Damit mag auch keine Veröffentlichung bekannt geworden gab er den dunkelsten Bereichen zusätzliche zusammenhängen, dass Jacob Cats im Tiefe. Damit gelang es Cats, Räumlichkeit Gegensatz zu beispielsweise Egbert van und das Empfinden von Wärme, Licht, Drielst auf den Rückseiten seiner Zeichnun­ Sommer und friedlichem Landleben zu gen keine Angaben zum dargestellten Ort erzeugen. Die großen knorrigen Bäume und machte. Leslie Schwartz geht davon aus, die altertümlichen, einfachen Gebäude dass der Künstler durch diese Inschriften verleihen den Zeichnungen einen maleri­ versuchte, sich als erfindender Künstler zu schen Gesamteindruck. profilieren, der gestaltet und nicht bloß Für das Blatt Landschaft mit Gasthaus abbildet.6 und trinkenden Reisenden hat sich eine ­frühere Version erhalten, die sich heute in Privatbesitz befindet( Abb.). Sie ist gleich | 1 | Altona, das erst im 20. Jahrhundert ein Stadtteil von Hamburg wurde, galt religiös Verfolgten bereits im 16. und groß und in gleicher Technik ausgeführt, 17. Jahrhundert als Zufluchtsort, an dem freie Religionsaus- jedoch weniger intensiv durchgearbeitet. In übung möglich war. Zu Johannes Cats vgl. Dudok van Heel der Zeichnung des Städel Museums ergänzte 1972, S. 159 f. | 2 | Zur Mode gemalter Wanddekorationen im 18. Jahrhundert siehe oben, S. 15 f. | 3 | Zur Popularität von Cats einen auf einem Pferd sitzenden Reiter Pendants im 18. Jahrhundert siehe oben, S. 16 f. Insgesamt vor dem Gasthaus, ein Motiv, das im Œuvre befinden sich heute noch elf Zeichnungen von Cats aus der des Künstlers wiederholt vorkommt. Sammlung von Johann Georg Grambs im Städel Museum (Kat. Nr. 68; Kat. Nr. 69; In einem Hohlweg ein Reiter, Inv. Die Rückseite der vorbereitenden Studie Nr. 3736; Unter hohen Bäumen ein Reiter und ein Schafhirte, in Privatbesitz beschriftete der Künstler mit Inv. Nr. 3737; Hütten unter Bäumen, Inv. Nr. 3738; Winter- einer Notiz, »N 415 Gedagten / in May landschaft, Inv. Nr. 3739; Bei Hütten hinter einem Baum zwei 1783«, die Aufschluss über seine Arbeits­ Kühe, Inv. Nr. 3740; Bei einer großen Eiche aufgehängte Wäsche, Inv. Nr. 3741; Bei einer Baumgruppe liegendes Vieh, weise gibt. Zeichnungen mit Inschriften wie Inv. Nr. 3742; Kat. Nr. 66; Kat. Nr. 67). Aus dem Besitz von dieser gehörten zu einem fast 800 Blätter Johann Friedrich Städel kommen weitere fünf Blätter des umfassenden Motivvorrat Cats’, aus dem Künstlers (Wiesengrund zwischen dem Wald, Inv. Nr. 2872; Drei Ziegen, Inv. Nr. 3734; Wiese vor einem Dorf, Inv. der Künstler selbst und seine Käufer wählen Nr. 3735; Enger Kanal bei einem Dorf, Inv. Nr. 3743; Italieni- konnten.4 Der Begriff »Gedagten«( Gedan­ sche Landschaft mit Ruinen, Inv. Nr. 3744). | 4 | Alle Zeich- ken) wurde von der Forschung dem Sinn nungen dieser Gruppe beschriftete der Künstler mit einem Nummerierungssystem, bestehend aus arabischen Ziffern, denen in vielen Fällen ein großes »N« vorangestellt ist. Zu einem großen Teil wurde dieser »N«-Nummer zusätzlich die Inschrift »Gedagten in« gefolgt von einem Monat und einer Jahreszahl hinzugefügt. Es wurde lange vermutet, dass es sich bei der »N«-Nummer um einen Sammlervermerk Johan Goll van Franckensteins (1756 –1821) handelt, jedoch konnte Jane Shoaf Turner überzeugend nachweisen, dass diese Beschriftungen vom Künstler selbst stammen, vgl. dazu Shoaf Turner 1990. Auch in der Sammlung des Städel Museums befindet sich eine Zeichnung mit einer solchen Beschriftung auf der Rückseite. Erworben wurde sie von Johann Georg Grambs: Jacob Cats, Bei einer Baumgruppe an einem Zaun liegendes Vieh, rechts eine Frau mit einem Eimer, 1773, Schwarze Kreide, grau laviert, auf geripptem Büttenpapier, 205 × 188 mm, Inv. Nr. 3742, bezeichnet auf dem Verso »N. 236. Gedagte / in November 1773«. | 5 | Schon seine Zeitgenossen sprachen Cats ein ausgezeichnetes Erinne- rungsvermögen zu, vgl. Amsterdam 1997/98, Kat. Nr. 7, vgl. ferner Schwartz 2007, S. 59. | 6 | Vgl. Schwartz 2007, S. 60.

Abb. Jacob Cats, Figuren rasten vor einem Waldgasthof, 1783, Schwarze Kreide, grau laviert, auf Papier, 248 × 361 mm, Privatbesitz, England

198 JACOB CATS (Altona 1741–1799 Amsterdam)

Kurzbiografie siehe Kat. Nr. 66–67

68 Landschaft mit Hütte im Wald (Der Sommer), 1788

69 Landschaft mit Burg im Schnee (Der Winter), 1788

Kat. Nr. 68 Noch stärker als die monochromen Blätter Architekturelemente mit feinen Pinselstri­ Pinsel in Wasserfarben und braunem Gummi von Jacob Cats entfalten seine farbig ausge­ chen präzise ausführte, erzeugte er die (arabicum?), über schwarzem Stift, auf geripp- tem Büttenpapier; allseitige Einfassungslinie führten Zeichnungen eine den dargestellten Wirkung des gleißenden, vom Sonnenlicht mit dem Pinsel in braunem Gummi (arabicum?), Jahreszeiten entsprechende intensive atmo­ beschienenen Schnees, indem er das Papier über schwarzem Stift; Ø 155 mm; auf dem sphärische Wirkung. an einigen Stellen unbearbeitet ließ. Verso am rechten Rand Vergilbung aufgrund einer älteren Montierung, beginnender Kupfer- Das Frankfurter Blatt Landschaft mit Darstellungen der vier Jahreszeiten fraß Hütte im Wald oder Der Sommer zeigt einen erlangten in der zweiten Hälfte des 18. Jahr­ Wasserzeichen nicht vorhanden Hirten, der an einem Baum lehnt, um ein hunderts als reflektierte Naturbeobachtung Auf dem Verso mittig links signiert und datiert mit der Feder in braunem Gummi (arabicum?) Schläfchen zu halten. Um ihn herum grasen steigende Beliebtheit und sind im Œuvre »J: Cats inv et fec / 1788«, rechts darunter Schafe, und zwei Kühe trinken an einer von Jacob Cats häufig anzutreffen. In bezeichnet in Bleistift »N. 10«; unten etwas Wasserstelle. Neben dem einfachen Bauern­ diesem Zusammenhang wurde von der rechts der Mitte Stempel des Städelschen Kunstinstituts (L. 2356) haus unter Bäumen ist links im Hintergrund Forschung immer wieder das aus vier Teilen ein Kirchturm dargestellt, weitere Architek­ bestehende Lehrgedicht The Seasons (1730) Inv. Nr. 3732 turelemente werden angedeutet. Cats ver­ des Schotten James Thomson (1700 –1748) wendete in der Zeichnung fast ausschließ­ angeführt, das auch ins Niederländische Kat. Nr. 69 lich Braun- und Grüntöne. Das warme übersetzt wurde und in ganz Europa Pinsel in Wasserfarben und braunem Gummi 1 (arabicum?), über schwarzem Stift, auf geripp- Licht, das dadurch entsteht, verleiht dem Anklang fand. Man kann sich vorstellen, tem Büttenpapier; allseitige Einfassungslinie Blatt den Eindruck sommerlicher Schwere dass sich Cats, der 1777 zum ersten Direk­ mit dem Pinsel in braunem Gummi (arabicum?), und Ruhe. tor der Abteilung Zeichenkunde der im über schwarzem Stift; Ø 155 mm; auf dem Verso am rechten Rand Rostfleck und Reste Im Gegensatz dazu nutzte Cats für die Sinne der Aufklärung errichteten Gesell­ einer älteren Montierung, an dieser Stelle Landschaft mit Burg im Schnee oder Der schaft Felix Meritis in Amsterdam ernannt Papieroberfläche teilweise abgeschält Winter eine kühle Farbpalette. Die Dächer wurde, in einem Umfeld bewegte, in wel­ Wasserzeichen: unten mittig Lilie, ­angeschnitten der mittelalterlich anmutenden Burgan­ chem solche Literatur gelesen und bespro­ Auf dem Verso mittig links signiert und datiert lage und die umliegende Landschaft sind chen wurde.2 mit der Feder in braunem Gummi (arabicum?) schneebedeckt und der die Burg umge­ Imposante Schaustücke der Jahreszeiten »J: Cats inv et fec / 1788«, rechts darunter bezeichnet in Bleistift »N. 10«; unten etwas bende Wasserlauf ist zugefroren. Die darge­ schuf der Künstler zum Beispiel 1797 im rechts der Mitte Stempel des Städelschen stellten Figuren verrichten für den Winter Auftrag des Amsterdamer Verlegers und Kunstinstituts (L. 2356) mit der dazugehörigen typische Aufgaben: Ein Kutscher bringt Kunstsammlers Jan de Groot (1733–1801), Inventarnummer in Bleistift »3733« Feuerholz, während zwei Männer regelmä­ wo er – in einem Rückbezug auf den Barock Inv. Nr. 3733 ßige, quaderförmige Blöcke aus der Eis­ und zugleich vorausweisend auf die Roman­ schicht schlagen, die als Eisvorrat in einem tik – die vier Jahreszeiten nicht nur mit den PROVENIENZ Kühlkeller gelagert werden konnten. Die Tageszeiten, sondern auch mit den Elemen­ Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), 3 Frankfurt am Main; 1817 erworben für das rauchenden Schornsteine und die glän­ ten kombinierte. Die beiden Frankfurter Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main zende Eisoberfläche sind weitere Details, Zeichnungen entstanden fast zehn Jahre vor (Catalogue 1825) die den Eindruck von Kälte unterstreichen. der Amsterdamer Folge. Möglicherweise LITERATUR Während Cats die knorrigen Äste der gehörten auch sie zu einer Folge von vier keine Veröffentlichung bekannt geworden kahlen Bäume und das Mauerwerk der Blättern, jedoch ist es gleichermaßen denk­

199 Kat. Nr. 68, Originalgröße

bar, dass ein Auftraggeber bei Cats nur In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts | 1 | Zur Popularität der Jahreszeitendarstellung in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts vgl. Koolhaas-Grosfeld den Sommer und den Winter als Pendants griff man die Ordnungsvorstellungen des 1997, S. 67 f., Leeuw 1997, S. 15 f. sowie ferner Amsterdam bestellt hat. Die Frankfurter Zeichnungen 17. Jahrhunderts mit geschichtsbewusstem 1997/98, Kat. Nr. 10. | 2 | Zur Zeichengesellschaft Felix Meritis sind bedeutend kleiner und im Gegensatz Blick auf und überführte sie in eine neue, vgl. Knolle 1983. | 3 | Vgl. Amsterdam 1997/98, Kat. Nr. 24. zu den Amsterdamer Blättern in einem weniger symbolisch als emotional | 4 | Ein solches Gemälde befindet sich etwa in der National Gallery in London: Hendrick Averkamp, Eine Winterszene mit runden Format angelegt. Neben der deko­ bestimmte Darstellungsweise, die auf die Schlittschuhläufern in der Nähe eines Schlosses, 1608/09, Öl rativen Wirkung solcher Rundblätter liegt romantische Landschaftskunst des 19. Jahr­ auf Eichenholz, Ø 407 mm, Inv. Nr. NG1346. | 5 | Vgl. Kool- es nahe, dass sich Jacob Cats an den popu­ hunderts vorausweist.5 haas-Grosfeld 1997, S. 69 f. lären, oft runden Winterlandschaften Hendrick Averkamps (1585–1634) orien­ tiert hat.4

200 Kat. Nr. 69, Originalgröße EGBERT VAN DRIELST (Groningen 1745–1818 Amsterdam)

Maler und Zeichner von Landschaften, auch als großformatige Wanddekorationen; beginnt seine künstlerische Ausbildung 1759 in der Fabrik für lackierte Objekte von Steven Numan (1744 –1820) in Groningen; 1761 Umzug nach Haarlem, wo er in der Tapetenfabrik von Jan Augustini (1725–1773) tätig ist; 1765 zieht er nach Amsterdam, dort erhält er Unterricht von Hendrik Meijer (Kat. Nr. 72) und arbeitet ab 1768 in der Tapetenfabrik von Jan Smeijers (1741–1813); im selben Jahr wird er Mitglied der Lukasgilde und der dortigen Städtischen Zeichenakademie (Stadstekenacademie) und lernt Jacob Cats (Kat. Nr. 66–67, 68–69) kennen, mit dem er mehrfach zusammenarbeitet; 1772 unternimmt er seine erste Zeichen­ reise in die Provinz Drente; orientiert sich an den Landschaftskünstlern des 17. Jahrhun­ derts, insbesondere Jacob van Ruisdael (1628/29–1682) und Meindert Hobbema (1638– 1709); 1788 tritt er der Zeichengesellschaft Felix Meritis bei; ab 1808 wird er Mitglied der unter Louis Bonaparte (1778–1846) neu gegründeten Königlichen Akademie der Wissen­ schaften, Literatur und Schönen Künste (Koninklijk Instituut van Wetenschappen, Letterkunde en Schone Kunsten).

LITERATUR Van Eijnden/Van der Willigen 1816–1840, III, S. 34–39 | Assen 1968 | Minneapolis/Toledo/Philadelphia 1971/72, S. 38 f. | Paris/Amsterdam 1990/91, S. 46 | Assen/Dordrecht 1995 | Amsterdam 1997/98, S. 363 f.

70 Landschaft mit Lasteneseln, bei Hilversum, um 1779 (?)

71 Landschaft mit Kutsche, bei Hilversum, um 1779 (?)

Kat. Nr. 70 Wie die meisten anderen Landschaftskünst­ fisch genaue Darstellung der studierten Wasser- und Deckfarben (teilweise mit erhöh- ler war auch Egbert van Drielst in den Landstriche, vielmehr reizte ihn die stim­ tem Bindemittelanteil in den Wasserfarben), über schwarzem Stift und Grafit( ?), teilweise Anfangsjahren seiner künstlerischen Lauf­ mungsvolle Wiedergabe der ruhigen, fried­ mit Pinsel in Gummi (arabicum?) übergangen, bahn als Maler in einer Fabrik für großfor­ vollen, manchmal auch rauen Natur. auf geripptem Büttenpapier; allseitige Einfas- matige Wanddekorationen tätig.1 Obgleich Bekannt wurde er vor allem für Zeich­ sungslinie mit der Feder in Braun; 275 × 414 mm; in den vier Ecken Einstichlöcher, auf dem Verso er sich – wie auch Jacob Cats – in den nungen, in denen er Natureindrücke mit am rechten Rand Klebstoffrückstände einer 1770er Jahren auf die Produktion von Land­ dem Vorbild von Landschaftsmalern des älteren Montierung, an der rechten Blattkante schaftszeichnungen spezialisierte, war er 17. Jahrhunderts, wie Jacob van Ruisdael 20 mm breit ausgedünnt aufgrund der früheren Ablösung noch bis in das frühe 19. Jahrhundert als und Meindert Hobbema, verband. Die mit Wasserzeichen: Straßburger Lilie, im Wappen- Maler dekorativer Wandbehänge und Tafel­ großer Sorgfalt ausgeführten Frankfurter schild, darüber Krone, darunter Marke (»4« ?) bilder gefragt.2 Zeichnungen geben hingegen weniger und die Buchstaben »WR« [ligiert] (ähnlich Die Motive für seine Zeichnungen solche auf den unmittelbaren Naturein­ Heawood Nr. 1828) Auf dem Verso in der unteren linken Ecke suchte van Drielst oft in holländischen druck zielenden Kompositionen wieder; sie signiert mit der Feder in Braun »E: van Drielst«, Gegenden, wie etwa den malerischen zeigen eher den erzählerischen Typ Land­ darüber »Gezicht bij Hilversum«, etwas unter- Dünengebieten westlich von Haarlem, den schaft, wie er auch für Wanddekorationen halb der Mitte links »Utrecht«, etwa auf gleicher Höhe rechts mit dem Bleistift »Hilver- Waldlandschaften in der Region Het Gooi gefragt war, ohne die für den Künstler typi­ sum«; unten links Stempel des Städelschen südöstlich von Amsterdam und der Provinz schen Dünen- und Waldlandschaften, die Kunstinstituts (L. 2356) mit der dazugehörigen Drente, in der Nähe seiner Geburtsstadt für die Entwicklung der Landschaftskunst Inventarnummer in Bleistift »3698« Groningen. Sein Interesse als Zeichner des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts Inv. Nr. 3698 richtete sich dabei nicht auf die topogra­ stärkere Impulse lieferten (Abb.). Solche

202 Kat. Nr. 71 Blätter scheinen Grambs und Städel weni­ dem Himmel Raum. In der Landschaft mit Wasser- und Deckfarben (teilweise mit erhöh- 3 tem Bindemittelanteil in den Wasserfarben), ger gut gefallen zu haben. Lasteneseln ziehen dunkle Wolken heran, über schwarzem Stift und Grafit( ?), teilweise In den beiden als Pendants erworbenen durchbrochen von Lichtbündeln der Sonne, mit Pinsel in Gummi (arabicum?) übergangen, Blättern öffnet sich der Blick von einem die durch die Lücken der Wolkendecke auf geripptem Büttenpapier; allseitige Einfas- sungslinie mit der Feder in Braun; erhöhten Standpunkt auf die umliegende fallen. In Landschaft mit Kutsche lässt eine 275 × 416 mm; in den vier Ecken Einstichlöcher; weite Landschaft mit Feldern. Das zu Bün­ halbhoch stehende Sonne die Felder im auf dem Verso am rechten Rand Klebstoffrück- deln aufgestellte Stroh weist die dargestellte Zentrum in strahlendem Licht erscheinen stände einer älteren Montierung, an der Jahreszeit als Sommer aus. Die vereinzelt und die Birken im Vordergrund wie auch rechten Blattkante 20 mm breit ausgedünnt aufgrund der früheren Ablösung sichtbaren Gebäude, wie Windmühlen oder das weiße Pferd aufleuchten. Wasserzeichen: Gegenmarke »D & C Blauw« Kirchtürme, definieren nicht eindeutig Man weiß, dass Jacob Cats um 1770 in Auf dem Verso in der unteren linken Ecke einen Ort, könnten jedoch auf Hilversum Wanddekorationen von Egbert van Drielst signiert mit der Feder in Braun »E: van Drielst«; links darüber Stempel des Städelschen Kun- in der Landschaft Het Gooi verweisen, wie die Staffagefiguren hinzufügte und 1796 stinstituts (L. 2356), rechts davon in Bleistift es Beschriftungen auf den Rückseiten der noch einmal in Zeichnungen, die als Vorla­ »’t Gooi« beiden Zeichnungen nahelegen. gen für Druckgrafiken dienten.4 Aufgrund Inv. Nr. 3699 Im Vordergrund belebte van Drielst die des für van Drielst eher unüblichen anekdo­ Zeichnungen durch Figurengruppen. In tischen Charakters der Figurengruppen ist PROVENIENZ Landschaft mit Lasteneseln, bei Hilversum vermutet worden, dass Cats diese Aufgabe Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), Frankfurt am Main; 1817 erworben für das treibt eine Bauersfrau mit Fässern und auch im Fall der Frankfurter Zeichnungen Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main Gefäßen beladene Esel vor sich her (ein übernahm.5 Vergleicht man die Figuren­ (Catalogue 1825) Motiv, das van Drielst mehrfach verwendet gruppen der beiden Frankfurter Blätter mit

LITERATUR hat). Ein Reisender auf einem Pferd spricht jenen in eigenhändigen Zeichnungen von Frankfurt 2000, Kat. Nr. 94 (und Abb.) zu ihr und deutet mit einem Stock auf die Jacob Cats (vgl. Kat. Nr. 66–67, 68–69), Landschaft. In der Zeichnung Landschaft zeigen sich jedoch stilistische Unterschiede, mit Kutsche, bei Hilversum fährt eine Post­ die eine Zusammenarbeit in diesem Fall kutsche mit Reisenden heran. Kinder sind unwahrscheinlich machen. herbeigeeilt, eines schlägt einen Purzel­ Aufgrund einer dokumentierten Reise baum und die anderen erbitten ein Almosen nach Hilversum wurde als Entstehungszeit­ bei den Reisenden. Malerische Elemente, punkt für die beiden Frankfurter Zeichnun­ wie der Tümpel in Landschaft mit Lasten­ gen von der Forschung das Jahr 1779 vorge­ eseln und das einfache Bauernhaus in Land- schlagen.6 Es kann jedoch nicht ausge­ schaft mit Kutsche, benutzte van Drielst in schlossen werden, dass der Künstler weitere seinen freien Kompositionen immer wieder. Reisen nach Hilversum unternommen hat Die tiefen Horizontlinien in beiden oder Studienblätter dieser Reise noch Jahre Zeichnungen erzeugen Weite und geben später als autonome Zeichnungen ausführte.

| 1 | Zur Mode gemalter Wanddekorationen im 18. Jahrhun- dert siehe oben, S. 15 f. | 2 | Zu Egbert van Drielst als Maler vgl. Gerlagh 1995, S. 96–98. | 3 | Im Städel Museum befinden sich insgesamt sieben Zeichnungen des Künstlers. Davon stammen sechs aus der Sammlung von Johann Georg Grambs (Landschaft mit Bauernhof, Inv. Nr. 999; Dorf im Winter, Inv. Nr. 1000; Ruine des Schlosses Brederode, Inv. Nr. 3696; Ruine des Schlosses Egmont, 3697; Kat. Nr. 70; Kat. Nr. 71), eine Zeichnung wurde von Johann Friedrich Städel erworben (Landschaft mit Burg, Inv. Nr. 3695). | 4 | Gerlagh diskutiert in seinem Aufsatz eine weitere mögliche Zusam- menarbeit der beiden Künstler im Fall einer 1784 gezeichne- ten Winterlandschaft Egbert van Drielsts, vgl. Gerlagh 1995, S. 23–25. | 5 | Vgl. Frankfurt 2000, Kat. Nr. 94. | 6 | Vgl. ebd.

Abb. Egbert van Drielst, Ansicht im Haager Wald, 1799, Pinsel in Wasserfarben und schwarze Kreide, auf Papier, 372 × 519 mm, Teylers Museum, Haarlem, Inv. Nr. W 061

203 Kat. Nr. 70 Kat. Nr. 71 HENDRIK MEIJER (Amsterdam 1744–1793 London)

Maler, Zeichner und Radierer von dekorativen, überwiegend komponierten Landschaften, topografischen Ansichten und Interieurs; nach erstem Zeichenunterricht bei dem wenig bekannten David Coenraadts (um 1713–1781) beginnt er seine künstlerische Ausbildung 1764 an der Amsterdamer Zeichenakademie (Tekenacademie), 1766 tritt er der Lukasgilde bei; 1768 Umzug nach Haarlem, Eintritt in die dortige Lukasgilde und Gründung einer Tapetenfabrik; 1772 wird er einer der Direktoren der neu gegründeten Haarlemer Zeichen­ akademie (Teekenacademie); um 1774 reist er mit Wybrand Hendriks (Kat. Nr. 41, 42) nach England, im Jahr darauf zieht er nach Leiden, 1782 nach Amsterdam und um 1789 nach London, wo er sich an den Ausstellungen der Royal Academy beteiligt; Lehrer von u. a. Barend Hendrik Thier (Kat. Nr. 73) und Egbert van Drielst (Kat. Nr. 70–71).

LITERATUR Van Eijnden/Van der Willigen 1816–1840, II, S. 261–263 | Minneapolis/Toledo/Philadelphia 1971/72, S. 61 | Paris/ Amsterdam 1990/91, S. 100 | Amsterdam 1997/98, S. 136–139, 368 | Schwartz 2004, S. 289 | Biesboer/Köhler 2006, S. 372 | Van de Kamp 2007 | Van de Kamp 2009

72 Bauernhaus an einem Bach, 1778

Wasser- und Deckfarben, Feder in Schwarz, Ausgebildet als Zeichner und Maler, gründete In der Frankfurter Zeichnung ist ein betont teilweise mit Pinsel in Gummi (arabicum?) Hendrik Meijer 1768 eine Tapetenfabrik in pittoreskes, halb baufälliges Bauernhaus übergangen, über schwarzem Stift, auf geripp- tem Büttenpapier; allseitige Einfassungslinie Haarlem und fertigte bis in die späten 1770er unter Bäumen in einer sommerlichen Land­ mit dem Pinsel in Braun; 314 × 410 mm; in der Jahre großformatige Wanddekorationen an. schaft dargestellt – ein in der Landschafts­ oberen rechten Ecke zwei Einstichlöcher, Ob Meijer nach seinem Weggang aus Leiden kunst des späteren 18. Jahrhunderts häufig untere linke Ecke ausgerissen und alt wieder angesetzt, auf dem Verso am rechten Rand 1779 noch als Maler tätig war, ist unklar; wiederkehrendes Motiv, das jedoch nur Reste einer älteren Montierung auf jeden Fall zeichnete er dekorative Land­ selten so prominent in den Mittelpunkt Wasserzeichen: an der oberen Blattkante schaften. Ein relativ unstetes Leben füh­ gesetzt wurde wie hier von Hendrik Meijer. Gegenmarke »D & C Blauw« (oben ange- schnitten), darunter »IV« rend, wohnte er in verschiedenen niederlän­ Es ist deutlich erkennbar, dass die Kate Signiert und datiert auf dem Holzbrett im dischen Städten und ließ sich 1789 schließ­ im Lauf der Zeit mit einfachen Mitteln um Vordergrund links mit der Feder in Schwarz lich in London nieder, wo er 1793 starb. verschiedene Bauteile erweitert worden ist. »H Meijer inv et fecit 1778.« Auf dem Verso in der unteren linken Ecke Meijers Werk umfasst neben einzelnen Die Heterogenität des Gebäudes spiegelt Stempel des Städelschen Kunstinstituts italianisierenden Landschaften, wie sie zu sich auch in den mit unterschiedlichen (L. 2356) Beginn des 18. Jahrhunderts in Mode gewe­ Materialien – Ziegeln, Reet und Stroh – sen waren, auch topografisch-realistische gedeckten Dächern wider. Details wie die Inv. Nr. 3247 Motive. Er spezialisierte sich jedoch vor schmale Hühnerleiter, die zu einer kleinen PROVENIENZ allem auf Jahreszeiten-, Monats- und Tages­ Öffnung in der Mauer führt, und die knorri­ Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), zeitenzyklen, in denen er nicht auf eine gen Äste mit saftig-grünen Blättern, viel­ Frankfurt am Main; 1817 erworben für das Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main wirklichkeitsnahe Darstellung der Land­ leicht die einer Glyzinie, die an dem Haus (Catalogue 1825) schaft, sondern auf eine dekorative Gesamt­ entlangranken, unterstützen den maleri­ wirkung abzielte, die in Einzelfällen bis schen Eindruck des Bauwerks, das zu einem LITERATUR keine Veröffentlichung bekannt geworden zu dramatischem Pathos gesteigert sein Teil der Natur zu werden scheint. Einige konnte. Ein Beispiel dafür ist seine bekann­ Staffagefiguren, die für Lebensalter, aber teste gezeichnete Folge der vier Jahreszei­ auch für Lebensschicksale stehen können, ten, die sich heute im Teylers Museum in beleben den idyllischen Ort. Ein Flusslauf Haarlem befindet.1 führt an dem Bauernhaus vorbei in den

206

Hintergrund. Dort sind weitere strohge­ Die zwölf Zeichnungen Hendrik Meijers deckte Hütten zu erkennen und ein runder im Städel Museum stammen bis auf eine Kirchturm ragt vor einer zart angedeuteten spätere Erwerbung aus der Sammlung Berglandschaft in die Höhe. von Johann Georg Grambs, darunter ein Das von links einfallende helle Sonnen­ Blatt, das Grambs als Pendant­ zur ausge­ licht lässt das Haus und den Turm im Hin­ stellten Zeichnung gekauft hat (Abb.).3 Der tergrund aufleuchten. Dieser Effekt wird Sammler erwarb auch zwei Gemälde des durch die Schattenzone im unmittelbaren Künstlers, von denen eines 1841 im Tausch Vordergrund verstärkt. Dort arbeitete Meijer an einen Kunsthändler abgegeben wurde.4 mit gedeckten Farben und kräftigen, mit der Feder erzeugten Konturstrichen, wäh­ rend er sonst eine zarte Farbigkeit einsetzte | 1 | Vgl. Amsterdam 1997/98, Kat. Nr. 10 sowie ferner Schwartz 2004, Kat. Nr. 369–372. | 2 | Vgl. Amsterdam und für die am hellsten erscheinenden 1997/98, Kat. Nr. 10, hier S. 136. | 3 | Eine Wassermühle mit Stellen das Papier unbearbeitet ließ. vielen Figuren, Inv. Nr. 3246 (Abb.); Kat. Nr. 72; Die Ernte, Inv. Meijers Zeichnungen waren bei den 3248; Zugbrücke über einen Kanal, Inv. Nr. 3249; Dorfansicht mit ruhenden Wanderern, Inv. Nr. 3250; Dorfansicht mit Zeitgenossen besonders aufgrund der ruhenden Wanderern, Inv. Nr. 3251; Dorfansicht an einem hohen Qualität ihrer Ausführung beliebt. Fluss, Inv. Nr. 3252; Dorfansicht, Inv. Nr. 3253; Figuren in Geschätzt wurde der Künstler auch für die einer Scheune, Inv. Nr. 3254; Interieur mit vornehmen Figuren bei einer Wiege, Inv. Nr. 3255; Interieur mit vorneh- Wiedergabe natürlich agierender Staffage men Figuren, Inv. Nr. 3256. Drei Zeichnungen des Künstlers – ein Talent, das Meijer mit seinem Künst­ aus der Sammlung von Johann Friedrich Städel wurden in den lerkollegen Jacob Cats (Kat. Nr. 66–67, 1860er Jahren verkauft. Am 19. Dezember 1867 wurde mit 68–69) teilte. Im Vergleich mit den natürli­ dem Ankauf einer Sammlung von Frankofurtensien bei F. A. C. Prestel eine weitere Meijer zugeschriebene Zeichnung für das cheren Landschaften von Cats ging das Städel Museum erworben (Unter einem Baum drei Figuren Interesse an den erkennbar auf ihre Wir­ mit Kleinkind, Inv. Nr. 5773). | 4 | Vgl. Neumeister 2010, kung hin komponierten, künstlichen Land­ S. 283. schaften Meijers gegen Ende des 18. Jahr­ hunderts jedoch erkennbar zurück.2

Abb. Hendrik Meijer, Eine Wassermühle mit vielen Figuren, 1778, Wasser- und Deckfarben, Feder in Schwarz, über schwarzem Stift, auf geripptem Büttenpapier, 312 × 410 mm, Graphi- sche Sammlung, Städel Museum, Frankfurt am Main, Inv. Nr. 3246

208 BAREND HENDRIK THIER (Lüdinghausen 1743–1811 Leiden)

Maler, Zeichner und Radierer von dekorativen Landschaften mit Figuren und Vieh; wird im deutschen Lüdinghausen geboren, beginnt seine künstlerische Laufbahn als Schüler seines Bruders Evert in Amsterdam; anschließend erlernt er das Malen und Zeichnen bei den Dekorationsmalern Pieter Barbiers (1749 –1842) und Hendrik Meijer (Kat. Nr. 72) in Haar­ lem und wird in dieser Zeit Mitglied der Haarlemer Zeichenakademie (Haarlemse Teekenaca- demie); lässt sich 1776 und 1782 an der Universität in Leiden einschreiben, in Leiden und zwischen 1782 und 1792 auch in Hoorn als Dekorationsmaler tätig; von seiner Hand sind elf Skizzenbücher erhalten.

LITERATUR Van Eijnden/Van der Willigen 1816–1840, II, S. 372 f.; Anhang, S. 185 f. | Minneapolis/Toledo/Philadelphia 1971/72, S. 99 | Te Rijdt/Niemeijer 2001 | Te Rijdt 2001 c | Schwartz 2004, S. 422

73 Landschaft mit angebundenem Bullen, 1777

Pinsel in Grau und Schwarz und wenig Grün Über das Leben des im deutschen Lüding­ Der niedrige Betrachterstandpunkt lässt im Bereich der Blätter im Vordergrund, die hausen bei Münster geborenen und als den angeleinten Bullen im Vordergrund Konturen des Stiers und der obere Teil des Baumstamms teilweise mit Pinsel in Gummi Bernhard Heinrich getauften Barend Hen­drik besonders groß erscheinen. Der Künstler (arabicum?) übergangen, über schwarzem Thier ist nur wenig bekannt.1 Ob der Künst­ widmete der präzisen Ausführung des Tiers Stift, auf geripptem Büttenpapier; allseitige ler deutscher oder niederländischer Abstam­ hohe Aufmerksamkeit und gab die Materia­ Einfassungslinien mit der Feder in Braun, über schwarzem Stift; 130 × 211 mm; auf dem mung war, geht aus den frühen Künstler­ lität des zottigen Fells sorgfältig wieder. Verso mittig am rechten Rand Reste einer biografien nicht hervor. Wir wissen jedoch, Er ließ große Teile des Papiers unbearbei­ älteren Montierung dass Thier in Amsterdam und ­Haarlem tet, um den Eindruck von hellem Sonnen­ Wasserzeichen: an der linken Blattkante oben Fragment, nicht identifizierbar zum­Maler und Zeichner dekorativer Land­ licht zu erzeugen, welches insbesondere Signiert und datiert in der unteren rechten schaften ausgebildet wurde und danach die Stirn- und Rückenpartie des Bullen Ecke mit der Feder in Grau »B. H. Thier 1777« die­meiste Zeit in Leiden tätig war, wo er aufleuchten lässt. Die hinter diesem gra­ Auf dem Verso in der unteren linken Ecke 1811 verstarb. Handschriftliche Anmerkun­ sende magere Kuh wird so in Streiflicht Stempel des Städelschen Kunstinstituts (L. 2356) gen, die er auf einige Skizzenblätter auf­ gesetzt, dass sich ihre Knochen deutlich brachte, verfasste er in niederländischer­ abzeichnen. Inv. Nr. 2913 Sprache. Motivisch knüpfte Barend Hendrik PROVENIENZ Das Frankfurter Blatt zeigt eine flache, Thier an Paulus Potter (1625–1654) an. Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), lichtdurchflutete Landschaft mit einem Dieser galt in der Mitte des 17. Jahrhunderts Frankfurt am Main; 1817 erworben für das angebundenen Bullen vor einer grasenden als der führende Tiermaler, der besonders Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main (Catalogue 1825) Kuh im Vordergrund und einem Bauernhof für die treffende Wiedergabe von physischer mit weiterem Vieh rechts im Hintergrund. Erscheinung und charakteristischem Aus­ LITERATUR In der Mitte ragt fern und schemenhaft eine druck seiner Motive bekannt war. Thier keine Veröffentlichung bekannt geworden Kirchturmspitze hervor. Das flache Weide­ ahmte Potter jedoch nicht einfach nach, er land scheint durch die niedrig angelegte fand seinen eigenen, unverwechselbaren Horizontlinie fast endlos zu sein, verstreute Zeichenstil. Bäume spenden den Tieren etwas Schatten. Dazu gehört eine charakteristische, Allein der durch einen Blitzschlag am beinahe übertrieben wirkende Plastizität, oberen Ende geborstene Stamm des knorri­ die Thier in der monochrom ausgeführten gen Baumes links stört die friedliche Idylle Landschaft mit angebundenem Bullen (ledig­ der dargestellten Szene. lich den Blättern der Pflanze am rechten

209 unteren Blattrand gab der Künstler einen in Paris, Berlin und Haarlem befinden.2 | 1 | Eine Zusammenfassung der biografischen Quellen findet zarten Grünton) steigerte, indem er die Die insgesamt über 1 650 Seiten sind mit sich bei Te Rijdt/Niemeijer 2001, S. 188 f. | 2 | Zu den Skizzen- büchern vgl. Te Rijdt/Niemeijer 2001 und Schwartz 2004, Kat. in Schwarz gesetzten Akzente vor allem zum Teil farbig gefassten, detailreichen Nr. 625, S. 425–440. | 3 | Barend Hendrik Thier, Unter einem im Bereich des Bullen und des knorrigen Studien von unterschiedlichen Figuren und Baum ein Bauer bei zwei Kühen, 1777, Pinsel in Grau und Baumstamms mit dem Pinsel in Gummi Tieren (Abb. 1), aber auch Bäumen (Abb. 2) Schwarz, über schwarzem Stift, auf geripptem Büttenpapier, 129 × 211 mm, Graphische Sammlung, Städel Museum, (arabicum?) überging und dadurch die und Pflanzen, Landschaften oder Architek­ Frankfurt, Inv. Nr. 2914. Heute befinden sich insgesamt neun Kontraste noch intensivierte. Auch der turelementen gefüllt. Diese Studienblätter Zeichnungen des Künstlers in der Sammlung des Städel vermenschlichte Ausdruck, mit dem der weisen bereits den hohen Grad an Präzision Museums. Davon gehen fünf auf die Sammlung von Johann Georg Grambs zurück (Landschaft mit Ruine, Inv. Nr. 2912; Bulle den Betrachter anzublicken scheint, auf, der auch die ausgeführten Zeichnungen Kat. Nr. 73; Unter einem Baum ein Bauer bei zwei Kühen, Inv. ist ein Merkmal, das bei Potter nicht zu des Künstlers kennzeichnet. Die Lebendig­ Nr. 2914; Landschaft mit Ruine und Hirten, Inv. Nr. 2823; finden ist, ebenso wie die Tendenz zu keit der vor Ort angefertigten Studien geht Winterlandschaft im Mondschein, Inv. Nr. 2824); ein weiteres Blatt aus seinem Besitz wurde in den 1860er Jahren verkauft. einem eher additiven Zusammenfügen von in den im Atelier ausgeführten Blättern zum Zwei Blätter wurden zwischen 1817 und 1829 für das Städel- Tieren und Landschaft. Letzteres hängt Teil verloren. sche Kunstinstitut erworben (Ein Mann melkt eine Kuh, Inv. vermutlich mit der spezifischen Arbeits­ Johann Georg Grambs erwarb für seine Nr. 2910; Bei einem Wasser zwei Kühe, Inv. Nr. 2911), zwei weise von Thier zusammen. Sammlung neben der 1777 datierten aus­ weitere Zeichnungen wurden 1888 von Wilhelm Peter Metzler geschenkt (Ein Ochse wird von zwei Hunden angebellt, Inv. Hier sind besonders die elf erhaltenen gestellten Frankfurter Zeichnung auch ein Nr. 6891; Ein Bauer mit seiner Kuh bei zwei kämpfenden Skizzenbücher interessant, die sich heute im selben Jahr entstandenes Gegenstück.3 Ziegen, Inv. Nr. 6892).

Abb. 1 Barend Hendrik Thier, Skizzenbuchseiten: Abb. 2 Barend Hendrik Thier, Skizzenbuchseiten: Entwürfe von Tieren und Menschen, Kupferstichkabinett, Baumgerippe, Kupferstichkabinett, Staatliche Museen Staatliche Museen zu Berlin, Berlin, Inv. Nr. 79 B 21 zu Berlin, Berlin, Inv. Nr. 79 B 21, 2

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JACOB VAN STRIJ (Dordrecht 1756–1815 Dordrecht)

Maler und Zeichner vor allem von Landschaften, oft nach oder in der Art von Künstlern des 17. Jahrhunderts, etwa Jan Both (um 1615–1652), Aelbert Cuyp (1620 –1691) oder Paulus Potter (1625–1654), von Marine- und Tierstücken sowie mythologischen und allegorischen Darstellungen, auch als Wanddekorationen, und Porträts;1 Sammler von Gemälden, Zeich­ nungen und Druckgrafiken; wird zunächst in dem Malergeschäft seines Vaters Leendert van Strij (1728–1798) ausgebildet, in den Jahren 1774 bis 1776 ist er an der Antwerpener Zei­ chenakademie eingeschrieben, wo er Unterricht von dem berühmten Historienmaler und Direktor der Antwerpener Akademie Andries Lens (1739–1822) erhält; nach seiner Rück­ kehr in Dordrecht ist er mit seinem Bruder Abraham (Kat. Nr. 60, 75) im Geschäft seines Vaters tätig und ab 1774 Mitglied der Zeichengesellschaft Pictura, 1784 errichtet er mit elf weiteren Dordrechter Bürgern die Maatschappij tot Nut van ’t Algemeen (Gesellschaft zum Nutzen der Allgemeinheit) und übernimmt 1787 mit seinem Bruder das Geschäft des Vaters; 1809 werden beide zu korrespondierenden Mitgliedern des Königlich Niederländi­ schen Instituts der Wissenschaften, Literatur und Schönen Künste (Koninklijk Nederlandsch Instituut van Wetenschappen, Letterkunde en Schoone Kunsten) in Amsterdam ernannt; seit etwa 1780 leidet er an Gicht, insbesondere in seinen Händen, die dadurch missgebildet sind.

LITERATUR Van Eijnden/Van der Willigen 1816–1840, II, S. 414–418 | Minneapolis/Toledo/Philadelphia 1971/72, S. 97 f. | Erkelens 1976 | Paris/Amsterdam 1990/91, S. 140 | Dordrecht/Enschede 2000

74 Italianisierende Landschaft mit Hirtenpaar auf einem Feldweg, um 1795

Feder in Braun, Wasser- und Deckfarben, Der Dordrechter Künstler Jacob van Strij einer der talentiertesten Landschaftskünst­ teilweise mit Pinsel in Gummi (arabicum?) spezialisierte sich vor allem auf das Malen ler einer Generation gilt, die gegen Ende des übergangen, über schwarzem Stift, auf Velin- papier; allseitige Einfassungslinie mit der Feder und Zeichnen von Landschaften. Mit Jahrhunderts durch Studien vor Ort nach in Dunkelbraun; 525 × 388 mm; wenige Dau- seinem Bruder Abraham führte er ab 1787 einer stärkeren Naturnähe strebte,5 zeigt menknicke, entlang des linken und rechten das Malergeschäft seines Vaters weiter, zu sich in den von Johann Friedrich Städel und Blattrandes gewellt, in der rechten oberen Ecke ein diagonaler Knick; auf dem Verso an dessen Aufgabenbereich auch das Anfer­ Johann Georg Grambs erworbenen Zeich­ der rechten Blattkante Mitte Reste einer tigen von gemalten Wanddekorationen nungen vor allem die große Begeisterung älteren Montierung gehörte.2 Dordrecht war im 18. Jahrhundert des Künstlers für Vorbilder aus dem Golde­ Wasserzeichen nicht vorhanden Bezeichnet unten links im Gebüsch mit der zu einem Zentrum für die Produktion nen Zeitalter der niederländischen Kunst. 3 Feder in Braun »fecit« dieser sogenannten behangsel geworden. Im Catalogue 1825 wurde die von Johann Auf dem Verso signiert in der unteren linken Bei der Frankfurter Zeichnung Kat. Nr. 74 Georg Grambs erworbene Zeichnung als Ecke »J: van Strij fest [fecit?]«; in der unteren handelt es sich mit großer Wahrscheinlich­ Jacob van Strij eingeordnet, jedoch mit der linken Ecke Stempel des Städelschen Kunstins- tituts (L. 2356) keit um eine autonome Wiederholung einer Bemerkung »dans le goût de J. Both«, in der solchen gemalten Wanddekoration, die im Art des Utrechter Malers Jan Both, verse­ Inv. Nr. 2829 Auftrag eines Sammlers entstanden sein hen.6 Wahrscheinlich handelt es sich nicht kann. um eine gezeichnete Kopie eines heute Im Besitz des Städel Museums befinden nicht mehr nachweisbaren Gemäldes von sich 16 Zeichnungen Jacob van Strijs in Both, sondern um eine freie Variante, die unterschiedlicher Qualität.4 Obgleich er als sich an Kompositionen und Motiven des

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PROVENIENZ älteren Künstlers orientierte.7 Both war in die Ansicht im Anschluss mit Wasserfarben Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), Frankfurt am Main; 1817 erworben für das der Mitte der 1630er Jahre nach Rom gereist aus. Es gelang ihm, eine südliche Lichtstim­ Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main und hatte dort Landschaft und Licht der mung zu erzeugen, mit einem virtuosen (Catalogue 1825) römischen Campagna studiert. Etwa 1642 Farbverlauf vom warmen Goldgelb der am

LITERATUR kehrte er in seine Geburtsstadt Utrecht Horizont stehenden Sonne bis zu einem Dordrecht/Enschede 2000, S. 248, Kat. Nr. 208, zurück und schuf dort atmosphärische kühlen Blau weiter oben im Himmel. vgl. auch S. 169 (Abb. 245) | vgl. Frankfurt Ansichten südlicher Landschaften als Wie die meisten der Zeichnungen von 2000, Kat. Nr. 95 (Abb.) Gemälde und Druckgrafiken.8 Diese beein­ Jacob van Strij ist das Blatt Italianisierende flussten auch niederländische Künstler, die Landschaft mit Hirtenpaar auf einem Feldweg selbst nie in Italien waren, insbesondere nicht datiert. Zwischen 1787 und 1800 lässt Aelbert Cuyp, der seinerseits ebenfalls sich im Werk beider Van-Strij-Brüder die großen Einfluss auf Jacob und Abraham van größte stilistische Entwicklung erkennen.9 Strij hatte (vgl. Kat. Nr. 75). Ein Vergleich Der Einsatz der Feder, die Jacob in diesen mit einem Gemälde Jan Boths, das sich Jahren häufig nutzte, und der geschickte heute im Rijksmuseum in Amsterdam befin­ Umgang des Künstlers mit den Wasserfar­ det, veranschaulicht, wie Jacob van Strij ben ließ Robert-Jan te Rijdt die Frankfurter sich in der Frankfurter Zeichnung mit dem Zeichnung in die Mitte der 1790er Jahre Vorbild des älteren Malers auseinanderge­ datieren.10 setzt hat (Abb.). Bei van Strij sind am Fuß eines Berg­ massivs ein ländliches Paar, Bauern oder | 1 | Jacob M. de Groot bemerkte in seinem Aufsatz zu Tradition und Erneuerung in der Kunst der Brüder van Strij, Hirten, mit beladenen Maultieren und ein dass von Jacob van Strij keine Porträts bekannt seien, vgl. Hund wiedergegeben; die Frau reitet auf Groot 2000, S. 34. Im Katalogteil des Ausstellungskatalogs dem hinteren der beiden Tiere, ihr Begleiter wird jedoch ein Porträt Jacobs aufgeführt, das seinen Bruder Abraham zeigt, vgl. Dordrecht/Enschede 2000, S. 248, Kat. spricht zu ihr und deutet auf die vor ihnen Nr. 204. | 2 | Die unterschiedlichen Tätigkeitsfelder in einem liegende Landschaft, die sich links zu einem solchen schilderswinkel gehen aus einer Akte vom 12. April weiten Tal mit breitem Fluss öffnet. Im 1787 hervor, dem Jahr, als die Brüder das Geschäft von ihrem Vater Leendert van Strij übernahmen: »schilderen met het Hintergrund sind eine Brücke und eine penseel in olie of waterverff, van pourtraitter, behangsels, Kirche auf einem Felsen zu erkennen. Ein kabinet-, schoorsteen- en diergelijke stukjes, het vergulden zweiter Hirte mit Kühen und Schafen weiter van gebruyneert goudt op olie en het verwen van huyszen, hinten auf dem Weg ergänzt die Darstellung. thuynen, rijtuygen, scheepen en diergelijken of wat maar eenigzints meerder of anders tot de affairen van schilderen Mit großer künstlerischer Fertigkeit vergulden of verwen behoort«, zitiert nach Groot 2000, Abb. Jan Both, Italienische Landschaft mit brachte Jacob van Strij die Komposition S. 27. | 3 | Zur Mode gemalter Wanddekorationen im der Ponte Lucano, 1640–1652, Öl auf Kupfer, über einer Vorzeichnung in schwarzem Stift 18. Jahrhundert siehe oben, S. 15 f. | 4 | Davon gehen elf 45,5 × 58,5 cm, Rijksmuseum, Amsterdam, Zeichnungen auf die Sammlung von Johann Friedrich Städel Inv. Nr. SK-A-51 mit der Feder in Braun zu Papier und führte zurück: Gracht mit zwei Ruderbooten, Inv. Nr. 979; Hirten- paar auf einer Weide, Inv. Nr. 980; Mädchen auf einem Schlitten, daneben ein Junge, Inv. Nr. 983; Mann an einem Tisch, Inv. Nr. 991; Rinderherde an einem Flussufer, Inv. Nr. 2830; Jagdgesellschaft in einer Landschaft, Inv. Nr. 2934 (im Catalogue von 1825 als Philippe Wouwermans); Ras- tende Hirten, Inv. Nr. 2935; Zwei Schafe, Inv. Nr. 2936; Flussufer mit Windmühle, Inv. Nr. 2938; Landschaft mit Birken, Inv. Nr. 2939, Landschaft mit Reitern, Inv. Nr. 4501; fünf auf die Sammlung von Johann Georg Grambs: Winter- landschaft mit Schlittschuhläufern, Inv. Nr. 984 (im Catalogue 1825 als Antoine Vermeulen); Fischer auf einer Hafenmauer, Inv. Nr. 990; Italianisierende Landschaft mit Hirten, Inv. Nr. 2828; Kat. Nr. 74; Schlafender Hirte und Rinderherde in einer Landschaft, Inv. Nr. 2937 (im Catalogue 1825 als Abraham van Strij). Fünf weitere Zeichnungen aus den Sammlungen von Städel (2) und Grambs (3) wurden in den 1860er Jahren verkauft. Möglicherweise stammt auch das von Städel erworbene Blatt mit der Inv. Nr. 5561 (inventari- siert als Cornelis Visscher) von einem der Brüder van Strij (Passepartoutnotiz). | 5 | Vgl. Te Rijdt 2000, S. 142. | 6 | Inv. Nr. 2828 (siehe Anm. 4) erwarb Grambs als etwa gleich großes Pendant zu der hier besprochenen Zeichnung. | 7 | Vgl. Te Rijdt 2000, S. 169. Zur Vorgehensweise der Künstler siehe auch Kat. Nr. 75. | 8 | Vgl. London 2002, S. 109. | 9 | Vgl. Te Rijdt 2000, S. 167. | 10 | Vgl. ebd., S. 169 und Abb. 245.

214 ABRAHAM VAN STRIJ (Dordrecht 1753–1826 Dordrecht)

Kurzbiografie siehe Kat. Nr. 60

75 Hirten mit Vieh in einer Landschaft, um 1795

Schwarze Kreide auf beigem, gerippten Bütten- Die Frankfurter Kreidezeichnung des den ist und sich wiederum an Cuyp orien­ papier; allseitige Einfassungslinie mit der Feder ­Dordrechter Malers und Zeichners Abraham tierte.1 Der Vergleich mit einem Gemälde in Schwarz; 276 × 449 mm; rechte obere Ecke abgestoßen, mehrere gelbliche bis bräunliche van Strij zeigt ihrem alten Titel zufolge Cuyps, das sich heute im Rijksmuseum in Flecken, kleine Löcher 108 mm v. l. und 26 mm Hirten mit ihren Tieren vor einer bergigen Amsterdam befindet, veranschaulicht, wie v. u. sowie 136 mm v. r. und 86 mm v. u. (hinter- Landschaft. Ein Reiter auf einem schwer die Brüder van Strij vorgingen (Abb.).2 legt), Tintenfraß an der Einfassungslinie rechts, teilweise ausgebrochen; auf dem Verso in der beladenen Maultier treibt Kühe vor sich her, Sie übernahmen Elemente aus den Kom­ linken oberen Ecke Wasserrand, Werkstattspu- weiter hinten ist zwischen den Tieren eine positionen des Vorgängers und kombinier­ ren (graue Pinsellinie und Abklatsch von Frau zu sehen. Mög­licherweise sind aller­ ten sie neu. Damit entstanden Werke, die Ölfarbe), entlang der oberen Blattkante Reste einer älteren Montierung, in diesem Bereich dings nicht Hirten, sondern ein Bauernpaar keine unmittelbaren Kopien waren, aber 3 teilweise Papieroberfläche abgeschält, entlang auf dem Weg zum Markt gemeint. Links dem Stil des älteren Meisters entsprachen. der rechten Blattkante Reste einer älteren steht ein Hirtenknabe bei seinen Schafen. Die Gemälde und Zeichnungen Aelbert Montierung auf hellblauem Papier Wasserzeichen nicht vorhanden Abraham van Strij, der sich vor allem Cuyps wurden seit der Mitte des 18. Jahr­ Auf dem Verso an der unteren Blattkante auf Genredarstellungen spezialisiert hatte hunderts im internationalen Kunsthandel links bezeichnet mit der Feder in Dunkelbraun (Kat. Nr. 60), fertigte auch Landschaften zu derart begehrten Sammelobjekten, »h h«; darüber Stempel des Städelschen an, in welchen er sich – wie sein Bruder ­insbesondere auf dem englischen Markt,4 Kunstinstituts (L. 2356) Jacob van Strij (Kat. Nr. 74) – mit Vorläu­ dass mitunter sogar von einer »Manie« Inv. Nr. 978 fern aus dem niederländischen Goldenen gesprochen wird.5 In dieser Zeit wuchsen Zeitalter auseinandersetzte, insbesondere die Brüder van Strij in Dordrecht, der PROVENIENZ Daniël van Diepen (1736 –1796), mit Jan Both (um 1615–1652) und Aelbert Geburtsstadt Cuyps, auf und erlebten, Haarlem; Versteigerung van Diepen: Philippus Cuyp (1620 –1691). Die Zeichnung von wie der heimische Künstler zu einem der van der Schley, Jan de Bosch, Jan Yver, Cornelis Abraham van Strij wiederholt ein Ölge­ begehrtesten Maler der Zeit wurde. Sebille Roos, Jacobus Vinkeles, Amsterdam, 8. April 1805 (Lugt 6929), Kunstbuch D, Nr. 16 mälde von Jacob van Strij, das etliche Jahre Im Unterschied zu den meisten anderen (fl. 4-5, an Gruyter); früher, zwischen 1780 und 1785, entstan­ niederländischen Künstlern des 18. Jahr­ Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), hunderts, die einen einmal erlernten Zei­ Frankfurt am Main; 1817 erworben für das Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main chenstil beibehielten, eigneten sich die (Catalogue 1825) Brüder van Strij im Lauf ihrer künstleri­ schen Tätigkeit unterschiedliche Zeichen­ LITERATUR Dordrecht/Enschede 2000, Kat. Nr. 135, weisen an. Das Frankfurter Blatt folgt nicht vgl. auch S. 152 mit Abb. 220 nur motivisch Albert Cuyp; Abraham van Strij ahmte auch dessen charakteristischen Zeichenstil nach. Dazu gehören etwa die abgekürzte Wiedergabe des Blattwerks mit kurzen geschwungenen Linien, die einem Zahnkranz ähneln, Akzente durch festes Aufdrücken des Kreidestifts und S-förmige Kürzel, insbesondere im Faltenwurf der Kleidung.6 Der Künstler ahmte die Zeichen­ technik Cuyps so präzise nach, dass einige Abb. Aelbert Cuyp, Landschaft mit Hirten und Vieh, Öl auf Leinwand, 105 × 103 cm, seiner Zeichnungen lange als Werke des Rijksmuseum, Amsterdam, Inv. Nr. SK-A-78 älteren Künstlers galten.7

215 Die Frankfurter Zeichnung ist weder sig­ Aelbert Cuyp ausgeführt sind, nicht immer verkauft, wo es bis 1808 verblieb. Von da wurde es für das niert noch datiert. Robert-Jan te Rijdt leicht voneinander unterscheiden. In diesem damalige Koninklijk Museum in Amsterdam angekauft, vgl. Sluijter 2000, S. 119 und Anm. 44. | 3 | Üblicherweise pflegte zufolge entwickelte Abraham van Strij den Fall ist das Blatt aber schon sehr früh Abra­ Abraham van Strij im Fall einer direkten Kopie eine entspre- an Cuyp angelehnten Zeichenstil in der ham van Strij zugeordnet worden. Unter chende Notiz auf der Rückseite des Blattes hinzuzufügen, wie zweiten Hälfte der 1790er Jahre.8 Wir diesem Namen kaufte Johann Georg Grambs im Fall einer Nachzeichnung des Künstlers nach einem Gemälde von Aelbert Cuyp in Privatbesitz. Das Blatt ist wissen, dass das Blatt Teil der Sammlung die Zeichnung von Gruyter und so wird sie rückseitig bezeichnet: »Geteekend door A. van Strij / na hat des Prädikanten Daniël van Diepen war auch im Catalogue 1825 aufgeführt.9 Die origineele Schilderij / van A: Cuijp. / dese teekening is iets und bei einer Auktion am 8. April 1805 in Forschung bekräftigt diese Zuschreibung.10 minder / in groote als het Schilderij«, vgl. Dordrecht/ Enschede 2000, Kat. Nr. 139, vgl. auch S. 153 mit Abb. 222. Amsterdam dem Kunsthändler Willem | 4 | Vgl. Sluijter 2000, S. 101. | 5 | Vgl. Bruyn Kops 1965 a, Gruyter d. Ä. (1763–1831) zugeschlagen S. 172. | 6 | Zu Jacob und Abraham van Strijs Zeichnungen im Stil von Aelbert Cuyp vgl. auch Te Rijdt 2000, S. 151 und 171 f. wurde. Die Zeichnung dürfte daher unmit­ | 1 | Jacob van Strij, Landschaft mit Viehtreiber und Hirte, | 7 | Vgl. ebd., S. 153 f. | 8 | Vgl. ebd., S. 153. | 9 | Zu Willem um 1780–1785, Öl auf Leinwand, 57 × 83,5 cm, Rijksmuseum, telbar vor dem Tod van Diepens Mitte der Gruyter d. Ä. vgl. Frankfurt 2020, Register unter »Gruyter, Amsterdam, Inv. Nr. SK-A-1142. | 2 | Dieses Gemälde könnte 1790er Jahre entstanden sein. Willem (sr. & jr.)«. | 10 | Vgl. Te Rijdt 2000, S. 153 und Jacob van Strij gekannt haben. Es befand sich ursprünglich Anm. 39. Die Zeichnungen der beiden Brüder als Supraporte im Haus eines Dordrechter Bürgers, eines van Strij lassen sich, wenn sie im Stil von gewissen Herrn Onderwater. Es wurde 1796 nach Rotterdam

216 HENDRIK KOBELL (Rotterdam 1751–1779 Rotterdam)

Zeichner, Maler und Radierer insbesondere von Marinen, aber auch Landschaften und Topografien; sein Vater, der aus Frankfurt stammt und mit der deutschen Malerfamilie Kobell verwandt ist, schickt ihn um das 18. Lebensjahr nach London, wo er zu einem Kaufmann ausgebildet werden soll; Hendrik Kobell entscheidet sich jedoch für eine künst­ lerische Laufbahn, er geht nach Amsterdam und wird dort 1771 Mitglied der Zeichenakade­ mie (Stadstekenacademie) und der Kunstgesellschaft Pax Artium Nutrix; zu seinen Unter­ stützern gehören bedeutende Kunstsammler, etwa Jacob de Vos (1735–1833) und Cornelis Ploos van Amstel (Kat. Nr. 22); nach einem Parisaufenthalt 1772 kehrt er in seine Geburts­ stadt zurück und gründet dort 1773 mit anderen Künstlern die Rotterdamer Zeichengesell­ schaft Hierdoor tot Hooger; arbeitet gelegentlich mit Dirk Langendijk (Kat. Nr. 81) zusam­ men, der seine Kompositionen um Figuren ergänzt; fertigt nur wenige Gemälde an, etwa für den Statthalter der Niederlande Willem V. (1748–1806).

LITERATUR Van Eijnden/Van der Willigen 1816–1840, II, S. 373–376 | Bille 1949 | Laurentius/Niemeijer/Ploos van Amstel 1980, S. 175 f. | Paris/Amsterdam 1990/91, S. 78 | Schwartz 2004, S. 210 | Dumas 2015, S. 66 f.

76 Eine Antwerpener Pleit und andere Schiffe zwischen Noord-Beveland und Wolphaartsdijk, 1775

Wasser- und Deckfarben, über schwarzem Stift, Der Rotterdamer Künstler Hendrik Kobell, Die Seefahrt spielte für die Wirtschaft und auf geripptem Büttenpapier; allseitige Einfas- der sich wohl wegen einer psychischen die militärische Macht der Niederlande sungslinie mit dem Pinsel in Schwarz; 360 × 534 mm; am linken und rechten Rand Erkrankung 1779 das Leben nahm, war im 17. Jahrhundert eine Schlüsselrolle. gewellt, auf den Höhen leicht berieben, entlang nicht einmal zehn Jahre als Künstler tätig. Zahlreiche Künstler spezialisierten sich des rechten Blattrandes verschmutzt; auf dem Dennoch hat sich aus dieser sehr kurzen in dieser Zeit auf See-, Fluss- und Hafen­ Verso am oberen Rand mittig sowie in der oberen linken und rechten Ecke Reste einer älteren Schaffensperiode eine große Anzahl von ansichten sowie historische Seeschlachten. Montierung Werken, insbesondere Zeichnungen, erhal­ Hendrik Kobells Werke stehen in der Nach­ Wasserzeichen: Gegenmarke (?) »IV« ten. Schon früh spezialisierte er sich auf folge von Willem van de Velde (1633–1707) Auf dem Verso bezeichnet in Grafit »Een Ant- Marinedarstellungen, ein in den Nieder­ und Ludolf Backhuysen (1630 –1708), den werpse Plijt. en Verder Vaartuyg / Tússe, Noord Beeveland, en Wolfersdijk. getek: / door«, darun- landen gefragtes und verbreitetes Genre wohl bedeutendsten Malern und Zeichnern ter signiert und datiert mit der Feder in Schwarz der Landschaftskunst, das sich im späten von Marinen im niederländischen 17. Jahr­ k r »Hend Kobell j Anno . 1775.«, in der unteren 16. Jahrhundert herausgebildet hatte.1 hundert.2 rechten Ecke mit dem Bleistift »N. f 70-«; an der unteren Blattkante links Stempel des Städelschen In der von Johann Georg Grambs erwor­ Kunstinstituts (L. 2356) mit »6« oder »9« benen großformatigen Frankfurter Zeich­ überstempelt, links darüber am linken Blattrand nung hielt Kobell eine Vielzahl von Schiffen Stempel des Städelschen Kunstinstituts (L. 2356) auf stürmischer See fest.3 Größten Wert Inv. Nr. 2859 legte er dabei einerseits auf die präzise Wiedergabe der Schiffe, ihrer Takelage, der von heftigem Wind geblähten Segel und der arbeitenden Mannschaften, andererseits interessierten ihn offenbar auch die Wetter­ lage – eine Zusammenspiel aus Sonne, Wolken, Regen und Sturm – und die daraus Abb. 1 verso, Detail resultierenden Lichtverhältnisse.

217 PROVENIENZ Kobell gruppierte die Schiffe so, dass sie zurückhaltenden Wasser- und Deckfarben Jan Jansz. Gildemeester (1744 –1799), ­Amsterdam; Versteigerung Gildemeester: zum einen Tiefenräumlichkeit angeben aus. Für Teile des Himmels und die Wieder­ ­Philippus van der Schley, Jan de Bosch, Jan Yver, und zudem ihre Größenverhältnisse deut­ gabe der Gischt ließ er das Papier unbear­ Cornelis Sebille Roos, Roelof Meurs Pruyssenaar, lich werden. Rechts im Vordergrund hielt beitet. Die kranzförmige Wolkenbank, Amsterdam, 24. November 1800 (Lugt 6156), Kunstbuch C, Nr. 9 (fl. 171.-, an Temmink); er ein Boot mit Fischern fest, die Netze die von hinten nach vorn anzuschwellen Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), ein­holen. Etwas links der Bildmitte bildet scheint, ist als Motiv von Ludolf Backhuy­ ­Frankfurt am Main; 1817 erworben für das eine Antwerpener Pleit den Ausgangspunkt sen übernommen.5 In der Zeichnung Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main der Komposition, links von ihr sind weitere Kobells wirken die Wolken jedoch weniger (Catalogue 1825) Binnenschiffe wiedergegeben. In der rech­ plastisch als bei Backhuysen, wie etwa ein LITERATUR ten Bildhälfte sind ein Kriegsschiff mit zwei Gemälde des älteren Malers aus dem keine Veröffentlichung bekannt geworden Waffendecks, eine kleine Staatsyacht links Museum der bildenden Künste in Leipzig und ein großes Frachtschiff rechts in der zeigt (Abb. 2). Die Wasseroberfläche reflek­ Ferne zu erkennen.4 tiert den überwiegend grauen, wolkenver­ Eine Pleit, oder »Plattbodenschiff«, war hangenen Himmel, nur die Antwerpener ein Frachtsegler, konstruiert für das Navi­ Pleit und Teile des Vordergrunds werden gieren in geringer Wassertiefe. Anstatt eines von der Sonne beleuchtet, die durch die ausgeprägten Kiels hatte der Schiffstyp dichten Wolkenformationen scheint. Dort links und rechts zwei große Schwerter, die fügte Kobell zarte Akzente in Gelb hinzu. der Stabilisierung dienten. In Kobells Auf der Rückseite des Blattes setzte Zeichnung wirken diese seitlichen Schwer­ Kobell eine kunstvoll ausgeführte Inschrift ter zunächst wie am Schiffskörper befes­ auf das Papier, die den eigenständigen tigte Boote, es handelt sich aber um flache ­Charakter der Frankfurter Zeichnung unter­ Hölzer, die wie eine Art Flügel bewegt streicht (Abb. 1). Dort notierte er, dass hier werden konnten. Aufgrund ihrer Beflaggung die Ansicht eines bestimmten Ortes fest­ scheint die Pleit entsprechend der Inschrift gehalten ist, die See zwischen der Insel auf der Rückseite des Blattes aus Antwerpen Noord-Beveland und dem Ort Wolphaarts­ zu stammen. Außerdem scheint der Schiffs­ dijk in der Provinz Zeeland im Südwesten typ vor allem dort gebaut worden zu sein. der Vereinigten Niederländischen Provin­ Über einer Vorzeichnung in schwarzem zen. Das Ufergelände mit Bäumen bei einem Stift legte Kobell die Komposition, beson­ Haus links und die fern am Horizont wie­ ders das feine Lineament der Takelage, an dergegebene Stadtsilhouette deuten auf und führte die Zeichnung anschließend in diese topo­grafische Situation hin.

| 1 | Zur Geschichte der niederländischen Marinemalerei vgl. Daalder 2008. | 2 | Vgl. Quarn 2008, S. 55. | 3 | Johann Georg Grambs erwarb neben der hier besprochenen Zeich- nung noch drei weitere Blätter des Künstlers: Ruhige See, Inv. Nr. 3467; Kleiner Fluss, links eine Windmühle, Inv. Nr. 3468 (als Aelbert Cuyp); Ruhige See mit vielen Schiffen; Inv. Nr. 3469. Außerdem befinden sich drei Zeichnungen Kobells aus dem Besitz von Johann Friedrich Städel in der Sammlung des Städel Museums (Seesturm, Inv. Nr. 2858; Hafen, links ein Gebäude mit großem Portal, Inv. Nr. 2860; Bewegte See mit vielen Schiffen, Inv. Nr. 3470), eine vierte Zeichnung aus dem Besitz von Städel wurde 1862 verkauft. | 4 | Für die Bestim- mung der Schiffstypen danke ich Irene Jacobs, Kuratorin für Gemälde, Druckgrafiken und Zeichnungen sowie für Ange- wandte Kunst, Maritiem Museum Rotterdam. | 5 | Vgl. Beer 2002, S. 39 f.

Abb. 2 Ludolf Backhuysen, Schiffe bei aufziehendem Sturm, 1658, Öl auf Leinwand, 60,8 × 83,5 cm, Museum der bildenden Künste, Leipzig, Inv. Nr. 781

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MARTINUS SCHOUMAN (Dordrecht 1770–1848 Breda)

Zeichner und Maler von Marinen und Landschaften, fertigt auch gezeichnete Kopien nach Werken von Meistern des 17. Jahrhunderts an; in Dordrecht erhält er Unterricht von dem Genremaler Michiel Versteegh (1756–1843), in Den Haag bei seinem Großonkel, dem erfolgreichen Tiermaler Aert Schouman (Kat. Nr. 45–47, 57); dort ist er zwischen 1786 und 1789 Mitglied der Zeichenakademie; zurück in Dordrecht wird er 1793 Mitglied der Zeichen­ gesellschaft Pictura und 1800 ihr Direktor; seit 1822 ist er Mitglied der Koninklijke Akademie van Beeldende Kunsten in Amsterdam, außerdem Mitglied in anderen Vereinigungen zur Förderung der Künste in Amsterdam, Brüssel und Rotterdam; 1836 zieht er nach Breda, wo einige seiner besten Werke entstehen; sein bekanntester Schüler ist Johannes Christiaan Schotel (1787–1838), der von 1800 an für zwei Jahre Unterricht bei Schouman erhält.

LITERATUR Van Eijnden/Van der Willigen 1816–1840, III, S. 151–154; Anhang, S. 200–204 | Erkelens 1983 | Schwartz 2004, S. 399

77 Ruhige See mit mehreren Schiffen, nach 1790

Feder in Braun und in Pinsel in Grau, über Das etwa 20 Kilometer südöstlich von Rot­ gebaut wurde. Im Vordergrund ist eine Ver­ schwarzem Stift, auf geripptem Büttenpapier; terdam gelegene Dordrecht entwickelte sich gnügungsyacht mit drei Männern wieder­ allseitige Einfassungslinie mit dem Pinsel in Grau; 351 × 518 mm; vereinzelt Metallein- am Ende des 18. Jahrhunderts zu einem der gegeben; anstelle eines Kiels mit seitlich schlüsse und Knoten im Papier, Mitte oberes künstlerischen Zentren der Niederlande. angebrachten Schwertern ausgestattet, war rechtes Viertel im Himmel schwarzer Metallein- Neben den Brüdern Jacob (Kat. Nr. 74) und dieser Bootstyp besonders für flache schluss mit kleinem Hof, in den Ecken und am 2 linken Blattrand gewellt, im Bereich der Signa- Abraham van Strij (Kat. Nr. 60, 75) gehörte Gewäs­ser geeignet. Zwei Männer in Zylin­ tur Knoten im Papier (berieben), oberhalb der auch Martinus Schouman, der Großneffe dern im hinteren Teil des Bootes scheinen Signatur ein weiterer Knoten im Papier mit von Aert Schouman, zu einer Reihe von zum Ufer zurückzuwinken, während der unregelmäßigem Farbauftrag; auf dem Verso entlang der linken und rechten Blattkante Künstlern, die dank bedeutender privater Bootsmann das Boot mithilfe einer langen gräulich verschmutzt, oben Mitte Reste einer Kunstsammlungen Zugang zu Werken des Holzstange vom Ufer wegmanövriert; die älteren Montierung, an dieser Stelle Papier­ Goldenen Zeitalters hatten und Arbeiten Nähe zum Ufer wird durch einige Pfähle oberfläche teilweise reduziert Wasserzeichen: Straßburger Lilie, im Wappen- schufen, die stark von diesen beeinflusst und Buschwerk am rechten Bildrand ange­ schild, darüber Krone, darunter Marke (»4« ?) waren.1 Wie der aus Rotterdam stammende deutet. und die Buchstaben »WR« [ligiert] (ähnlich Hendrik Kobell (Kat. Nr. 76) stellte sich Zwischen den großen Schiffen sind in Heawood 1828) Signiert in der unteren rechten Ecke mit der auch Martinus Schouman in die Tradition der Ferne weitere Segelschiffe und am Hori­ Feder in Grau »MSchouman« der populären Marinemaler des 17. Jahrhun­ zont eine Mühle und ein Kirchturm wieder­ Auf dem Verso in der unteren linken Ecke derts, etwa Willem van de Velde (1633–1707) gegeben. Der Ausblick auf das nahe Fest­ o bezeichnet mit der Feder in Rot »n 213.«, in ( ) der Mitte bezeichnet mit dem Bleistift »X«; und Ludolf Backhuysen 1630 –1708 . land zeigt, dass es sich um ein küstennahes am unteren Blattrand links Stempel des Städel- Schouman hielt in der Frankfurter Gewässer handelt, vielleicht eine Flussmün­ schen Kunstinstituts (L. 2356) Zeichnung mehrere Schiffe auf einem ruhi­ dung. Da jeglicher Hinweis auf einen

Inv. Nr. 2833 gen Gewässer fest. Links ist im Mittelgrund bestimmten Ort fehlt, könnte es sich auch ein dreimastiges Handelsschiff von hinten um eine Phantasielandschaft handeln.3 PROVENIENZ wiedergegeben, längsseitig liegt ein kleine­ Über einer Vorzeichnung in schwarzem Johann Friedrich Städel (1728 –1816), ­Frankfurt am Main; erworben 1816 als Stiftung res Binnenschiff. In der rechten Hälfte der Stift führte der Künstler mit lockeren und an das Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Komposition ist ein hoch mit Heu belade­ schwungvoll gesetzten Federstrichen Kon­ Main (Catalogue 1825) nes Transportschiff zu erkennen, dahinter turen, die Takelage und Teile der Binnen­

LITERATUR eine Brigg, ein zweimastiges Segelschiff, das zeichnung aus und lavierte die Zeichnung keine Veröffentlichung bekannt geworden als Handelsschiff für europäische Gewässer mit dem Pinsel in Grau. Wahrscheinlich

220 griff er dabei auf Umrisszeichnungen von Zeichnungen angefertigt hat.5 Das Blatt vgl. auch Kat. Nr. 76. | 3 | Gelegentlich notierte der Künstler Schiffen zurück, die er in Skizzenbüchern stammt aus der Sammlung von Johann auf der Rückseite seiner Werke den dargestellten Ort. Ein 4 solcher Hinweis fehlt auf dem Frankfurter Blatt. | 4 | Ein gesammelt hatte. Schouman verstand es, Friedrich Städel und muss daher vor dessen 53-seitiges, Martinus Schouman zugeschriebenes Skizzen- mittels Lavierungen den Eindruck von Son­ Tod 1816, also im späten 18. oder frühen buch befindet sich im Rijksmuseum in Amsterdam( Inv. Nr. nenlicht zu erzeugen, besonders eindrück­ 19. Jahrhundert entstanden sein.6 Mit hoher RP-T-1997-11). | 5 | Vgl. Erkelens 1983, S. 289. | 6 | Heute befinden sich fünf Zeichnungen des Künstlers in der Samm- lich gelang ihm dies bei den Segeln rechts, Wahrscheinlichkeit fertigte Schouman die lung des Städel Museums. Drei davon stammen aus dem die vor den dunkleren Wolken aufscheinen. großformatige Zeichnung als autonomes Besitz von Johann Friedrich Städel (Zwei Schiffe auf beweg- Das transportierte Heu und auch die ver­ Werk für den freien Markt oder im Auftrag ter See, Inv. Nr. 993; Drei Schiffe und Boot nach rechts, Inv. hältnismäßig leichte Kleidung der Figuren eines Sammlers. Nr. 2832; Kat. Nr. 77) und eines von ursprünglich zwei Blättern aus der Sammlung von Johann Georg Grambs deuten an, dass ein warmer Sommertag (Bewegte See mit Schiffen, Inv. Nr. 4495, unter Guill.e van de gemeint sein könnte. Velde; Seesturm, 1860 verkauft). Eine weitere Zeichnung Der Künstler hat die Frankfurter Zeich­ | 1 | Vgl. Erkelens 1983, S. 277. | 2 | Für die Bestimmung der wurde vermutlich im November 1817 von dem Amsterdamer Schiffstypen danke ich Irene Jacobs, Kuratorin für Gemälde, Kunsthändler Willem Gruyter d. Ä. (1763 –1831) für das nung signiert, jedoch nicht datiert. Es ist Druckgrafiken und Zeichnungen sowie Angewandte Kunst, Städelsche Kunstinstitut erworben (Ruhige See mit vielen bekannt, dass er bis kurz vor seinem Tod Maritiem Museum Rotterdam. Zu den seitlichen Schwertern Schiffen, Inv. Nr. 992).

221 ARIE LAMME (Heerjansdam 1748–1801 Dordrecht)

Maler und Zeichner von Landschaften, Marinen und Parkansichten mit Vögeln in der Art von Aert Schouman (Kat. Nr. 45–47, 57), auch als großformatige Wanddekorationen, sowie Nachzeichnungen nach niederländischen Gemälden des Goldenen Zeitalters; Autor von Theaterstücken und Gedichten; zieht früh mit seinen Eltern nach Dordrecht, dort lernt er bei dem Dekorationsmaler und Schouman-Schüler Joris Ponse (1723–1783) und lässt sich als selbstständiger Künstler nieder.

LITERATUR Van Eijnden/Van der Willigen 1816–1840, I, S. 353 f.; Anhang, S. 184 | Paris/Amsterdam 1990/91, S. 86

78 Spaziergänger und Reiter im Haager Wald, um 1770 –1800

Gouache, teilweise mit Pinsel in Gummi Von dem in Dordrecht ausgebildeten Arie dert noch so gemeint war. Hinter den dicht (arabicum?) übergangen, auf geripptem Lamme haben sich nur wenige Zeichnungen beieinanderstehenden Bäumen ist im Hin­ Büttenpapier; zwei allseitige Einfassungslinien mit der Feder in Braun (die äußere teilweise und Gemälde erhalten. Umso bemerkens­ tergrund links ein Landsitz im klassizisti­ beschnitten); 534 × 416 mm; linke Kante oben werter ist es, dass Johann Georg Grambs in schen Stil wiedergegeben. Während der bestoßen, links oben im Bereich des Himmels seiner Sammlung vier Zeichnungen des Vordergrund der Zeichnung im Dunkeln Oberfläche berieben, an der oberen Blattkante 1 50 mm von links zwei kleine Farbausbrüche, Künstlers bewahrte. Mit dem ausgestellten liegt, fällt von links warmes Sonnenlicht in mittig an der rechten Kante des linken Baum- Blatt erwarb er auch eine etwa gleich große das Innere des Waldes und lässt die Bäume stamms Ausbrüche Komposition als Pendant (Abb. 1). Wir lange Schatten werfen. Wasserzeichen: Wappenschild (kleines und wissen nur wenig über den Künstler, der Pastos sind mehrere Farbschichten der großes »X« verschränkt?; Darstellung im Wappenschild schlecht erkennbar), darüber zunächst einige Jahre bei dem Dekorations­ die Komposition dominierenden Grün- und Lilie (?) maler Joris Ponse in Dordrecht ausgebildet Brauntöne übereinandergelegt. Mit dem Auf dem Verso bezeichnet am unteren wurde, bevor er sich dort als selbstständiger strahlenden Blau im Gewand des Reiters rechten Blattrand mit dem Bleistift »No 53« (angeschnitten) und rechts daneben Landschaftsmaler, auch in Form von groß­ und im Umhang der Dame im Mittelgrund »Lamme«; in der linken unteren Ecke Stempel formatigen Wanddekorationen, betätigte.2 setzte Lamme leuchtende Akzente. Zum des Städelschen Kunstinstituts (L. 2356) Die hochformatige Zeichnung Kat. Abschluss überging er die Gouache großflä­ Inv. Nr. 2854 Nr. 78 gibt den Blick in das Innere eines chig mit dem Pinsel in Gummi (arabicum?), Waldes wieder. Zwischen einem geborste­ der den dunkelsten Partien zusätzliche PROVENIENZ nen Baum links und einem weiteren, kräfti­ Tiefe verleiht. Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), Frankfurt am Main; 1817 erworben für das gen Baum rechts (vielleicht einer Eiche?) ist Das Blatt wurde – wie auch die Pendant­ Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main eine Vielzahl von Einzelfiguren und Figu­ zeichnung – im Städel Museum zuerst um (Catalogue 1825) rengruppen auf breiten, sich kreuzenden 1825 verzeichnet.3 Nach dem Eintrag dort

LITERATUR Waldwegen dargestellt; im Vordergrund zeigen die beiden Ansichten Spazierwege in Vgl. Frankfurt 2000, Kat. Nr. 96 (Abb.) ein vornehm gekleideter Reiter mit einem der Nähe von Den Haag, im sogenannten ­Dreispitz und einem auffälligen, blauen Haagse Bos.4 Der topografische Titel der Gewand, ihm gegenüber ein einfacher Zeichnung, der auch hier beibehalten ist, Mann mit Stock, der seinen Hut gezogen wird schon mit den beiden Blättern verknüpft hat. Wäre die Zeichnung ein Werk des gewesen sein, als Johann Georg Grambs sie 17. Jahrhunderts, ließe sich vermuten, dass zu einem unbekannten Zeitpunkt erwarb. der kahle und üppig sprießende Baum und Da das Gebäude links im Hintergrund die dargestellten Figurentypen auf einen jedoch nicht eindeutig identifizierbar ist,5 tieferen Sinn verweisen. Es ist aber fraglich, stellt sich die Frage, ob dem Künstler an ob die Zusammenstellung im 18. Jahrhun­ einer genauen, wirklichkeitsgetreuen

222

Beschreibung eines konkreten Ortes gele­ standen ist, deutet der Vergleich mit der gen war oder ob er in seiner Ansicht ver­ Zeichnung Egbert van Drielsts darauf hin, schiedene Eindrücke miteinander kombi­ dass sie einige Zeit früher, vielleicht in den nierte und Elemente des Haager Waldes, 1780er Jahren, angefertigt wurde. der sich etwa durch Alleen aus regelmäßig stehenden Bäumen auszeichnete, einfließen ließ.6 Ursprünglich das Jagdgebiet der | 1 | Neben den beiden Ansichten des Haager Waldes befin- den sich noch zwei Marinen des Künstlers in der Sammlung Grafen von Holland, wurde der Haager des Städel Museums (Inv. Nr. 2852, 2853), die ebenfalls aus Wald schon im frühen 17. Jahrhundert der Sammlung von Johann Georg Grambs stammen. | 2 | Vgl. für die breite Öffentlichkeit zugänglich Van Eijnden/Van der Willigen 1816–1840, I, S. 353 f. | 3 | Cata- logue 1825. | 4 | In dem Eintrag sind die beiden Pendants gemacht, wodurch das Gebiet auch für zusammen aufgeführt als »Deux promenades près de la Haye, zahlreiche Landschaftskünstler interes­ nomes [sic] t’ Haagsche Bosch«. | 5 | Mein Dank gilt Ewoud sant wurde.7 Mijnlieff, Kurator für Zeichnungen und Druckgrafiken, Haags Gemeentearchief, Den Haag, für seine Überlegungen zur Um 1800 wurde der Haager Wald zu Identifizierung des dargestellten Gebäudes. So spreche etwa einem Motiv für Zeichnungen, die eine der dargestellte bogenförmige Giebel gegen das im 17. Jahr- freie, ungeregelte Natur in einer fast schon hundert auf dem Gebiet des Haager Waldes erbaute Lust- impressionistisch zu nennenden Weise schloss Huis ten Bosch, dessen Giebel sich durch ihre drei- eckige Form auszeichneten. Das in der Pendantzeichnung wiedergeben, wie etwa eine 1799 entstan­ wiedergegebene Gebäude lasse hingegen auf eine größere Abb. 1 Arie Lamme, Spaziergänger dene Ansicht von Egbert van Drielst (Kat. Anlage, etwa den Palast Het Loo schließen, der jedoch im Haager Wald, Gouache, auf geripptem Nr. 70–71) zeigt, in der auf die menschliche nordwestlich von Appeldoorn und nicht im Umland von Den Büttenpapier, 506 × 408 mm, Graphische Haag gelegen ist. Es ist nicht auszuschließen, dass die topo­ Sammlung, Städel Museum, Frankfurt Figur zugunsten der atmosphärischen Dar­ grafische Angabe im Inventar von um 1825 fehlerhaft ist. am Main, Inv. Nr. 2855 stellung der rauen, unberührten Waldland­ | 6 | Im Rijksmuseum in Amsterdam befindet sich eine etwas schaft verzichtet ist (Abb. 2). In Lammes kleinere Variante der Komposition der Pendantzeichnung Lammes mit veränderter Staffage: Arie Lamme, Spaziergän- Zeichnung hingegen ist der Wald als gesell­ ger in einem Park, Gouache, auf Papier, 478 × 373 mm, schaftlicher Ort gezeigt, und die Natur Rijksprentenkabinet, Rijksmuseum, Amsterdam, Inv. Nr. erscheint gezähmt. Auch wenn es nicht RP-T-1953-222. Daraus geht hervor, dass Lamme solche einmal entwickelten Motive in Abwandlungen wiederholte, auszuschließen ist, dass die Zeichnung solange er Käufer dafür finden konnte. | 7 | Vgl. Dumas 1991, Lammes erst spät im 18. Jahrhundert ent­ S. 33 f. und S. 176–187.

Abb. 2 Egbert van Drielst, Ansicht im Haager Wald, 1799, Schwarze Kreide und Pinsel in Grau, auf Papier, 340 × 480 mm, Rijksprenten­kabinet, Rijksmuseum, Amsterdam, Inv. Nr. RP-T-1886-A-564

224 PAULUS VAN LIENDER (Utrecht 1731–1797 Utrecht)

Kurzbiografie siehe Kat. Nr. 32

79 Waldlandschaft, um 1780 –1789

Pinsel in Grau und schwarze Kreide, auf geripp- Die großformatige Frankfurter Zeichnung 1790 entstanden sind, kehrt sich das Ver­ tem Büttenpapier; allseitige Einfassungslinie gehört zu einer Gruppe von Waldlandschaf­ hältnis von Architektur und Landschaft mit der Feder in Schwarz, über schwarzem Stift; 414 × 352 mm; auf dem Verso oben rechts ten aus dem späteren Schaffen von Paulus schrittweise um. Zunächst treten gewun­ und links Einfassungslinie in schwarzem Stift, van Liender. Wie Egbert van Drielst (dessen dene, wilde Bäume in den Vordergrund, Spur von Pinsel in Grau, oben in der Mitte Spätwerk im Städel Museum nicht vertreten während im Mittelgrund meist Bauwerke, Klebstoffrest Wasserzeichen: Wappenschild (Umriss ähnlich ist, vgl. Kat. Nr. 70–71, Abb. 1) nimmt auch wie Schlösser oder Ruinen, dargestellt Heawood 515; Darstellung im Wappenschild van Liender mit seinen späten Zeichnungen sind.1 In den späteren Werken, zu denen nicht erkennbar) einen ungewöhnlichen und originellen die hier besprochene Waldlandschaft zählt, Auf dem Verso in der unteren linken Ecke Stempel des Städelschen Kunstinstituts Standpunkt unter den niederländischen kommt Architektur gar nicht mehr vor, (L. 2356), rechts daneben Stempel des Städel- Landschaftskünstlern des 18. Jahrhunderts und auch die menschliche Figur tritt in schen Kunstinstituts (L. 2356) mit »6« oder ein. den Hintergrund.2 »9« überstempelt Van Lienders frühere Dorf- und Stadtan­ Ob Paulus van Liender die Motive für Inv. Nr. 2848 sichten (Kat. Nr. 32) lassen sein Interesse seine Waldlandschaften in der Umgebung für monumentale Bäume bereits erahnen; von Haarlem fand, der Stadt, in der er bis PROVENIENZ diese gewinnen im Laufe der Zeit zuneh­ 1794 als Holzhändler und Mit-Direktor Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), Frankfurt am Main; 1817 erworben für das mend Raum in den Zeichnungen des Künst­ der dortigen Zeichenakademie sesshaft Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main lers. In den Werken, die zwischen 1770 und war, oder im Nordosten Utrechts, seiner (Catalogue 1825)

LITERATUR keine Veröffentlichung bekannt geworden

Abb. 1 Paulus van Liender, Waldansicht mit Hirschen, 1789, Pinsel in Grau und Schwarz, Feder in Schwarz, über Bleistift, auf Papier, 373 × 473 mm, Teylers Museum, Haarlem, Inv. Nr. W 007

225 Heimatstadt, wo er – wie Robert-Jan te Während die Waldlandschaften Paulus van Rijdt anmerkte – die Sommermonate ver­ Lienders den meisten Wissenschaftlern, brachte und Zeichenausflüge ins Umland darunter J. W. Niemeijer, als Vorläufer für unternahm, ist unklar.3 Doch lässt sich die romantische Landschaftskunst des festhalten, dass es dem Künstler nicht um frühen 19. Jahrhunderts um Barend Corne­ die Dokumentation eines bestimmten lis Koekkoek (1803–1862) gelten, vertritt Landstrichs ging, sondern um die atmo­ Robert-Jan te Rijdt die Auffassung, dass sphärische Wiedergabe der rauen, unbe­ Künstler wie Koekkoek vor allem von der rührten Natur. Künstlergeneration nach van Liender beein­ Van Liender widmete der Wiedergabe flusst wurden. Van Liender sieht er noch in des massiven Baumes links im Vordergrund der Tradition der späten Italianisanten des die größte Aufmerksamkeit. Dessen knor­ 17. Jahrhunderts, etwa Jan Haeckert (1628– rige, spitze Äste stehen in alle Richtungen 1685) und Adam Pijnacker (1620 –1673).4 ab und haben, bis auf den langen Ast am Es wäre zu überlegen, ob der Künstler am oberen Rand, ihre Blätter weitestgehend Ende des Jahrhunderts eine Vermittlerposi­ eingebüßt. Auf halber Höhe ist ein Ast abge­ tion zwischen dem Rückbezug auf das knickt. Im Mittelgrund rechts ist eine Lich­ 17. Jahrhundert und dem Ausblick auf die tung zu sehen, an deren Rand ein Mann Romantik des 19. Jahrhunderts einnimmt. Reisig sammelt. Im Unterschied zu klassi­ Die von Johann Georg Grambs erwor­ scheren Landschaftskompositionen wird bene Frankfurter Ansicht unterscheidet Abb. 2 Paulus van Liender, Waldansicht, Pinsel in Grau, Feder in Schwarz, schwarze Kreide, der Blick in die Ferne in van Lienders Wald­ sich von den meisten anderen Waldland­ auf Papier, 468 × 350 mm, Teylers Museum, Haarlem, ansicht durch weitere, zart gezeichnete, schaften van Lienders (Abb. 1) durch ihr Inv. Nr. W 006 dicht beieinander stehende Bäume Hochformat und die skizzenhafte Ausfüh­ begrenzt. Dieses Stilmittel und die Nahsicht rung. Es gibt nur wenige vergleichbare auf die gewundenen monumentalen Baum­ Arbeiten des Künstlers, darunter eine riesen steigern den vom Künstler angestreb­ Zeichnung im Teylers Museum in Haarlem ten Eindruck unmittelbar erlebter Natur. (Abb. 2).5 Das Frankfurter Blatt könnte Der detailreiche Zeichenstil, mit wel­ ganz oder teilweise in der Natur, aber auch chem Paulus van Liender seine topografi­ im Atelier entstanden sein. Vielleicht fer­ schen Ansichten meist mit spitzem Pinsel in tigte der Künstler nur die erste Anlage in zarten Farbtönen ausführte, weicht in den der Natur an und führte die Zeichnung oft monochrom gehaltenen Waldlandschaf­ anschließend im Atelier mit Pinsel und ten einem freieren Einsatz der Zeichenmit­ Kreide weiter aus. Eine solche große bild­ tel. Der Künstler arbeitete mit dem Pinsel mäßige Studie kann auch als Sammelobjekt über einer leichten, nicht immer vollständi­ gedacht gewesen sein; dass das Blatt nicht gen Vorzeichnung in schwarzem Stift. signiert ist, spricht jedoch möglicherweise Abschließend setzte er dunkle Akzente gegen die Funktion als autonome Zeich­ sowohl mit dem Pinsel als auch mit kräftig nung. aufgedrückter schwarzer Kreide, etwa bei dem Blattwerk am oberen Bildrand, aber auch am Zaun im Mittelgrund. | 1 | Als Beispiel für diese Kategorie in der Sammlung des Von seinem Lehrer Cornelis Pronk (Kat. Städel Museums kann etwa das Blatt Landschaft mit Ruine Nr. 25, 26, 27, 28) hatte van Liender bereits (Inv. Nr. 3310) gelten. | 2 | Für eine Übersicht der verschiede- nen Zeichnungstypen van Lienders vgl. Amsterdam 1997/98, um die Mitte des Jahrhunderts die stim­ Kat. Nr. 15. | 3 | Vgl. ebd. | 4 | Vgl. Paris/Amsterdam 1990/91, mungsvolle Wiedergabe von Licht und Kat. Nr. 43 und Amsterdam 1997/98, Kat. Nr. 15. Motivisch Schatten erlernt. In den späten Zeichnun­ stehen die Waldansichten auch anderen Künstlern des 17. Jahrhunderts, wie Roelant Savery (1576 –1639) oder Jan gen des Künstlers ist das Licht noch immer Lievens (1607–1674), nahe. | 5 | Eine weitere hochformatige ein wichtiges Stilmittel, das atmosphärische Zeichnung mit annähernd gleichen Maßen befindet sich im Spiel von Hell und Dunkel nimmt jedoch Detroit Institute of Arts: Jacob van Liender, Edge of the Woods, 1780–1789, Schwarze Kreide, Pinsel in Grau und bewegtere, expressive Züge an. Die Zeichen­ Schwarz, 412 × 352 mm, Detroit Institute of Arts, Detroit, Inv. weise ist weniger detailreich als in den Nr. 50.252, vgl. Logan 1988, Kat. Nr. 31. Die Zeichnung wird in früheren Arbeiten, Plastizität und Stofflich­ Detroit bis heute als Jacob van Liender (Kat. Nr. 31) geführt, Charles Dumas hat das Blatt jedoch bereits 2006 Paulus van keit der Bäume sind mehr suggeriert als Liender zugeschrieben, vgl. URL: https://rkd.nl/explore/ geschildert. images/106482 (letzter Zugriff am 8. 4. 2020).

226

FRANCISCUS ANDREAS MILATZ (Haarlem 1764–1808 Haarlem)

Kurzbiografie siehe Kat. Nr. 37

80 Die Schweizer Brücke auf dem Landgut Elswout, um 1790 –1800

Schwarze Kreide und Pinsel in Graubraun, Neben einer – der einzigen – im engeren (1746–1794) erworben, der in Diensten auf Velinpapier; allseitige Einfassungslinie mit Sinn topografischen Ansicht des Haar­ der niederländischen Admiralität stand. der Feder in Braun (Eisengallustinte?); 339 × 458 mm; entlang der oberen Blattkante lemers Franciscus Andreas Milatz Er ließ das bestehende Parkgelände in gewellt, in der oberen rechten Ecke diagonaler (Kat. Nr. 37) in der Sammlung des Städel einen Landschaftsgarten im englischen Knick; auf dem Verso in der unteren linken Ecke Museums interessierte sich Johann Georg Stil umgestalten. Malerische Wege, Wald verbräunt (nach vorn durchgeschlagen), Reste einer älteren Montierung am rechten Rand, Grambs offenbar besonders für Milatz’ und Wiesen, Bäche und Teiche, aber auch an dieser Stelle Papieroberfläche teilweise Landschaftszeichnungen mit Bauernhäu­ Höhlen, ein arkadischer Tempel und abgeschält sern, Vieh und Figuren, sowie die Wald­ ­künstliche Hügel, von denen aus sich ein Wasserzeichen nicht vorhanden Auf dem Verso in der unteren linken Ecke ansichten im Stil seines Lehrers Paulus Panorama der Umgebung bot, machten das 1 bezeichnet mit der Feder in Braun »Op de van Liender (Kat. Nr. 79). Gebiet insbesondere für Haarlemer Künst­ Hofstede Elswoud / buyten Haarlem.«, unten Die Frankfurter Zeichnung gibt eine ler zu einem beliebten Ausflugsziel. Auch mittig in derselben Handschrift signiert »F: A: Ansicht auf dem Gelände des Landguts Egbert van Drielst (Kat. Nr. 70–71) reiste Milatz. fec.«; etwas rechts unterhalb der Ortsangabe Stempel des Städelschen Kunst­ Elswout etwas außerhalb von Haarlem in den 1790er Jahren mehrfach nach Els­ instituts (L. 2356) wieder, so hat es der Künstler auf der wout, um dort Zeichnungen nach der Natur ­Rückseite des Blattes sorgfältig notiert. anzufertigen;2 vier dieser vor Ort entstan­ Inv. Nr. 996 Der Landsitz wurde 1781 von Jacob Boreel denen Ansichten wurden 1796 seitenrichtig PROVENIENZ Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), Frankfurt am Main; 1817 erworben für das Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main (Catalogue 1825)

LITERATUR keine Veröffentlichung bekannt geworden

Abb. Hendrik Schwegman (nach Egbert van Drielst und Jacob Cats), Die Schweizer Brücke auf dem Landgut Elswout bei Overveen, 1796, Radierung, 390 × 547 mm, Rijksprentenkabinet, Rijksmuseum, Amsterdam, Inv. Nr. RP-P-1913-2858

228 in eine Folge von Druckgrafiken übertragen, und deutete so Blätter und Buschwerk an. darunter eine Ansicht der von Milatz in der Während im Vordergrund starke Kontraste Frankfurter Zeichnung wiedergegebenen dominieren, setzte Milatz die Zeichenmittel sogenannten Schweizer Brücke (Abb.).3 zum Hintergrund hin zarter ein, wodurch Die Bezeichnung »Schweizer Brücke« geht ein silbrig-grauer Eindruck und eine atmo­ auf die Bauweise aus naturbelassenen, grob sphärische Tiefenwirkung entstehen. zurechtgeschnittenen Holzstücken zurück. Andere Ansichten des Landguts Elswout Im Vergleich mit der Komposition van etwa von Egbert van Drielst geben mitunter Drielsts rückte Milatz die hölzerne Brücke das Haus Elswout selbst sowie die Garten­ stärker in den Vordergrund und machte sie architektur wieder, sodass stärker der Ein­ damit zum Hauptgegenstand seiner Zeich­ druck einer kunstvoll angelegten, inszenier­ nung. Diagonal ins Bild gesetzt, öffnet sich ten Parklandschaft und einer topografi­ ihr rechtes Ende in Richtung des Betrach­ schen Zeichnung erweckt wird. Die Schwei- ters. Durch diese Art der Darstellung gelang zer Brücke von Milatz wirkt dagegen unbe­ es Milatz, seiner Komposition räumliche rührter und wilder – hier scheint es mehr Tiefe zu geben. Die Brücke überspannt darum zu gehen, eine pittoreske Landschaft einen kleinen Wasserlauf und verbindet wiederzugeben als einen bestimmten die zu beiden Seiten stark ansteigende und benennbaren Ort. reich mit Gräsern, jungen Bäumen und Die Zeichnung ist signiert, jedoch nicht Sträuchern bewachsene Dünenlandschaft. datiert. Eine weitere Ansicht des Landguts Zart gezeichnete Baumreihen auf dem von der Hand von Milatz in der Hamburger Hügelkamm leiten den Blick nach rechts Kunsthalle hat Annemarie Stefes zwischen in die Ferne. Am anderen Ende der Brücke 1790 und 1800 datiert.5 Man kann davon scheinen ein Herr und ein Knabe ins ausgehen, dass auch das Frankfurter Blatt Gespräch vertieft. Entfernt fühlt man sich in dieser Zeit entstanden ist. an die berühmte Rembrandt-Radierung Die Brücke des Jan Six erinnert, auf der ebenfalls zwei Männer miteinander im | 1 | Die zehn Zeichnungen im Städel Museum stammen alle Gespräch sind. aus der Sammlung von Grambs, siehe dazu auch Kat. Nr. 37, Wie sein Lehrer Paulus van Liender Anm. 2. | 2 | Vgl. Assen/Dordrecht 1995, S. 67. | 3 | Alle erzeugte Milatz den Eindruck gleißenden wurden von dem renommierten Haarlemer Druckgrafiker, Sonnenlichts durch den Kontrast von mit Zeichner und Maler Hendrik Schwegman (1761–1816), der auch Zeichnungen von Milatz radiert hat, seitenrichtig in das dem Pinsel lavierten Flächen und unbear­ Medium der Radierung übertragen, vgl. Assen/Dordrecht beitet gelassenem Papier. Indem er die 1995, S. 88 f. Die Zeichnung van Drielsts, auf welche die vom Sonnenlicht beschienenen Hölzer der Druckgrafik zurückgeht (ohne die Staffage, die offenbar durch Jacob Cats hinzugefügt wurde), befindet sich heute im Brücke nur zart in schwarzer Kreide umriss, Amsterdam Museum (Egbert van Drielst, Die Schweizer steigerte er diesen Effekt noch.4 Mit spitzem Brücke auf dem Landgut Elswout, 1796, Schwarze Kreide, Pinsel setzte er im Vordergrund kleine Pinsel in Grau und Graubraun, 265 × 375 mm, Amsterdam Museum, Amsterdam, Inv. Nr. TA 10503). | 4 | Auch das »Pünktchen« auf das unbearbeitete und kommt in Rembrandts Die Brücke des Jan Six vor. | 5 | Vgl. das bereits mit dem Pinsel lavierte Papier Stefes 2011, Kat. Nr. 660.

230 DIRK LANGENDIJK (Rotterdam 1748–1805 Rotterdam)

Zeichner, Maler und Radierer von militärischen Szenen, idealisierten Landschaften und Marinen sowie Folgen der Tages- und Jahreszeiten, der Monate und der Elemente, fertigt auch Kopien und Nachzeichnungen von Gemälden niederländischer Meister des 17. Jahr­ hunderts an; erlernt schon als Kind das Malen und Zeichnen bei dem Wappen- und Kut­ schenmaler Dirck Anthony Bisschop (1708–1758); Gemälde von seiner Hand sind nur aus der Zeit von 1771 bis 1780 bekannt, danach verlegt er sich auf die Produktion von auto­ nomen Zeichnungen; zu Beginn der 1780er Jahre erlangt er große Bekanntheit durch ­großformatige Druckgrafiken nach eigenen Zeichnungen von berühmten Schlachten des 17. Jahrhunderts, die mit den Originalen öffentlich ausgestellt und offenbar lebhaft ­nachgefragt werden.

LITERATUR Van Eijnden/Van der Willigen 1816–1840, II, S. 354–365; Anhang, S. 184 f. | Minneapolis/Toledo/Philadelphia 1971/72, S. 55 f. | Deelen 1982 | Paris/Amsterdam 1990/91, S. 88 | Haarlem 1993 | Schwartz 2004, S. 236

81 Pulverexplosion inmitten einer Truppenabteilung, 1780

Feder in Hellbraun, Pinsel in Grau und Schwarz, Im Zentrum der Komposition des Rotterda­ schen, Pferde und verschiedene Bruch­ über Spuren von schwarzem Stift, auf geripp- mer Künstlers Dirk Langendijk steht eine stücke werden durch die Druckwelle in die tem Büttenpapier; allseitige Einfassungslinie mit dem Pinsel in Dunkelgrau; 207 × 267 mm; effektvoll inszenierte Explosion. Das glei­ Luft geschleudert oder zu Boden geworfen. am oberen, unteren und rechten Blattrand ßende Licht und der Vierspänner in der Soldaten und teils an Wagen gespannte durchstochen in Abständen von 34 mm bzw. Mitte der Komposition lassen den Betrach­ Pferde versuchen, der Explosion zu entflie­ 17 mm, sehr guter Erhaltungszustand; auf dem Verso Glanzspur, mittig am rechten Blattrand ter im Unklaren über den Auslöser der hen, oder sind von ihr zu Boden geworfen. Reste einer älteren Montierung Detonation; wahrscheinlich handelt es sich Am linken und rechten Rand sind Bäume Wasserzeichen nicht vorhanden um die Explosion eines Pulverfasses. Men­ angedeutet, die in die Rauchwolken am Signiert und datiert unten links mit der Feder in Braun »Langendijk fecit 178[?]0.« Auf dem Verso signiert und datiert unten links mit der Feder in Braun »Langendijk fec: 1780«; in der unteren linken Ecke Stempel des Städel- schen Kunstinstituts (L. 2356)

Inv. Nr. 3328

PROVENIENZ Dr. Johann Georg Grambs (1756 –1817), Frankfurt am Main; 1817 erworben für das Städelsche Kunstinstitut, Frankfurt am Main (Catalogue 1825)

LITERATUR keine Veröffentlichung bekannt geworden

Abb. 1 Dirk Langendijk, Ein Militärkonvoi wird von einer Explosion überrascht, Feder in Braun, Pinsel in Grau und Schwarz, über Spuren von Bleistift, auf Papier, 358 × 522 mm, Teylers Museum, Haarlem, Inv. Nr. X 033

231 Himmel übergehen. Für das gleißende Zen­ bar, dass das Frankfurter Blatt als Vorstudie den Statthalter Wilhelm V. (reg. 1751–1795) trum der Explosion ließ Langendijk das für die undatierte Haarlemer Zeichnung für die Niederlage verantwortlich; dieser Papier unbearbeitet; von dort ausgehende diente. Seine Funktion wird sich aber nicht musste seine Herrschaft 1787 gewaltsam Strahlen machen die Wucht der Explosion darin erschöpft haben; es handelt sich viel­ wiederherstellen.2 Vor diesem Hintergrund deutlich. mehr zugleich um eine autonome Zeich­ könnten die Themen Langendijks das Inte­ Langendijk legte die Komposition mit nung. Langendijk fertigte häufig mehrere resse von Käufern und Sammlern gefunden schwungvoll gesetzten Federstrichen in Fassungen seiner Kompositionen an. haben. einer heute hellbraunen Tinte an. Anschlie­ Entsprechend der Signatur und der Johann Georg Grambs erwarb insge­ ßend lavierte er die Zeichnung mit dem Datierung auf der Vorder- und Rückseite des samt fünf Blätter des Künstlers, von wel­ Pinsel in unterschiedlichen Grauabstufun­ Blattes führte Langendijk die Frankfurter chen sich nach Verkäufen 1860 noch drei in gen, wobei er die räumliche Wirkung durch Zeichnung 1780 aus. In dieser Zeit verlegte der Sammlung des Städel Museums befin­ dunkle Akzente im Vordergrund verstärkte. sich der Künstler auf die Produktion von den;3 eins davon hatte Grambs laut dem Nachträglich wurde die Zeichnung an den Zeichnungen und erlangte in den Folgejah­ Catalogue 1825 offenbar als Pendant zu der Blatträndern in regelmäßigen Abständen ren durch geschickte Vermarktung seiner ausgestellten Zeichnung erworben (Abb. 2). punktiert oder zart eingeritzt. Hier handelt Kompositionen, auch in Form von Druck­ es sich wahrscheinlich um Spuren von grafiken, große Bekanntheit. Nadeln, an denen Fäden befestigt wurden. Möglicherweise stehen solche Arbeiten | 1 | Leslie A. Schwartz verweist in ihrem Beitrag zu dieser Zeichnung Langendijks nicht auf das Frankfurter Blatt, nennt Sie bildeten ein Koordinatensystem, mit in Zusammenhang mit militärischen Ereig­ aber drei mit dem Haarlemer Blatt vergleichbare Kompositio- dessen Hilfe die Komposition in ein größe­ nissen der Zeit, auch wenn sie sich histo­ nen, welche die Kutsche im Zentrum jedoch nach rechts, res Format übertragen werden konnte. risch nicht konkret zuordnen lassen. Von nicht wie in der Frankfurter und der Haarlemer Fassung nach links gerichtet wiedergeben, vgl. Schwartz 2004, Kat. Nr. 307. Explosionen kommen im Werk Langen­ 1780 bis 1784 fand der Vierte Englisch-­ | 2 | Vgl. North 2006 b, S. 90; vgl. auch Zandvliet 2006, dijks mehrfach vor. Eine bis auf wenige Niederländische Krieg statt, in dem die S. 25–27 sowie Israel 1995, S. 1098–1112. | 3 | Vgl. Catalogue Details übereinstimmende, deutlich größere Republik der Vereinigten Niederlande eine 1825: Reitergefecht, Inv. Nr. 3324; Truppen greifen hinter einem angezündeten Heuwagen ein Kloster an, Inv. Nr. 3327 und detaillierter durchgeführte Zeichnung schwere Niederlage erlitt. In der Folge kam (siehe Abb. 2); Kat. Nr. 80. Die drei Zeichnungen von Dirk befindet sich in der Sammlung des Teylers es zu starken innenpolitischen Verwerfun­ Langendijk wurden 1862 fälschlich unter dem Namen seines Museum in Haarlem (Abb. 1).1 Es ist denk­ gen. Die Bewegung der »Patrioten« machte Sohnes Jan Langendijk inventarisiert.

Abb. 2 Dirk Langendijk, Truppen greifen hinter einem angezündeten Heuwagen ein Kloster an, Feder in Hellbraun, Pinsel in Grau und Schwarz, über Spuren von schwarzem Stift, auf geripptem Büttenpapier, 210 × 267 mm, Graphische Sammlung, Städel Museum, Frankfurt am Main, Inv. Nr. 3327

232

WASSERZEICHEN

Kat. Nr. 8

Kat. Nr. 9 (Streiflicht von verso)

Kat. Nr. 10 (Streiflicht von verso)

Kat. Nr. 16 (Verso)

√ Kat. Nr. 65, Detail

235 Kat. Nr. 18

Kat. Nr. 17

Kat. Nr. 22

236 Kat. Nr. 23

Kat. Nr. 24

Kat. Nr. 26

237 Kat. Nr. 28 (Verso)

Kat. Nr. 30

Kat. Nr. 29

238 Kat. Nr. 32 (Streiflicht von verso)

Kat. Nr. 32 (Verso)

239 Kat. Nr. 33 (Verso)

Kat. Nr. 36 Kat. Nr. 39

Kat. Nr. 42 (Verso)

240 Kat. Nr. 45 (Streiflicht von verso, verkleinert)

Kat. Nr. 46 (verkleinert)

241 Kat. Nr. 49 (Streiflicht von verso)

Kat. Nr. 50 (Streiflicht von verso)

Kat. Nr. 53 (Streiflicht von verso, links mittig)

242 Kat. Nr. 53 (Streiflicht von verso, rechts mittig)

Kat. Nr. 55 (verkleinert)

243 Kat. Nr. 56 (Verso)

244 Kat. Nr. 58

Kat. Nr. 59

245 Kat. Nr. 61 (Verso)

Kat. Nr. 63 (Verso, verkleinert)

Kat. Nr. 69 (Streiflicht von verso) Kat. Nr. 65 (Verso)

246 Kat. Nr. 70 (verkleinert)

Kat. Nr. 71 (Verso)

247 Kat. Nr. 72 (verkleinert)

Kat. Nr. 73 Kat. Nr. 76 (Verso)

Kat. Nr. 77 (Verso)

248 Kat. Nr. 79 (Verso)

249

LITERATURVERZEICHNIS

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√ Kat. Nr. 26, Detail

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253 Kasteleyn 1992 Knolle 1986/87 Korthals Altes 2006 Liedtke 2005 L. Kasteleyn, »Opdat de waarheid klaar in P. Knolle, Dilettanten en hun rol in E. Korthals Altes, »Old« versus contem- W. Liedtke, Gerard de Lairesse and Jacob uwe tekening spele«. De topografische 18de-eeuwse Noordnederlandse teken­ porary art. The reception and reputation de Wit in situ, in: The learned eye. tekenkunst in de Republiek gedurende het academies, in: Academies of art between of Dutch painting in the eighteenth Regarding art, theory, and the artist’s tweede kwart van de 18de eeuw en de renaissance and romanticism (Leids century, in: Mai 2006 a, S. 67–78 reputation. Essays for Ernst van de theorieën van Newton (II), in: Delineavit kunsthistorisch jaarboek 5/6, 1986/87), Wetering, hrsg. v. M. van den Doel, et Sculpsit. Tijdschrift voor Nederlandse hrsg. v. A. W. A. Boschloo, Den Haag Korthals Altes 2010 Amsterdam 2005, S. 190–205 Prent- en Tekenkunst tot omstreeks 1850 1989, S. 289–301 E. 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254 Mai 2006 c Neumeister 2010 O Ploos van Amstel 1980 E. Mai, Zur niederländischen Historien­ M. Neumeister, Holländische Gemälde im G. Ploos van Amstel, Portret van een malerei um 1700 – Tradition, Wandel und Städel Museum 1550–1800. Bd. 3: Oehler 1997 koopman en uitvinder. Cornelis Ploos van Verfall, in: Köln/Dordrecht/Kassel Künstler geboren nach 1630, hrsg. v. L. Oehler, Rom in der Graphik des 16. bis Amstel: Maatschappelijk, cultureel en 2006/07, S. 29–48 M. Hollein/J. Sander, Städel Museum, 18. Jahrhunderts. Ein niederländischer familieleven van een achttiende-eeuwer, Frankfurt am Main, Petersberg 2010 Zeichnungsbestand der Graphischen Assen 1980 Mandle 1975 Sammlung Kassel und seiner Motive im R. Mandle, A ceiling sketch by Jacob de Niemeijer 1964 Vergleich, Berlin 1997 Pokorny 1998 Wit, in: The Toledo museum of Art News J. W. Niemeijer, Troost’s pastelportret E. Pokorny, Die Lairesse-Zeichnungen der 18, 1 (1975), S. 3–18 van een schildersgezin, in: Bulletin van Offerhaus 1979 Albertina, in: Delineavit et Sculpsit. het Rijksmuseum 12 (1964), S. 24–27 J. Offerhaus, Van Isaac en Apollo. De Tijdschrift voor Nederlandse Prent- en McCullagh 1992 prijswinnende tekeningen van de Amster- Tekenkunst tot omstreeks 1850 19 S. F. McCullagh, Eighteenth-century Niemeijer 1973 damse stadstekenacademie, in: Neder- (1998), S. 14–36 French Cabinet Drawings, in: Dethloff J. W. Niemeijer, Cornelis Troost 1696– lands kunsthistorisch jaarboek 30 (1979), 1992 a, S. 89–102 1750, Assen 1973 S. 43–78

Meder 1919 Niemeijer 1974 Otten 1995 Q J. Meder, Die Handzeichnung. Ihre J. W. Niemeijer, Academies and other J. Otten, De Atlas Schoemaker, in: Voor Quarn 2008 Technik und Entwicklung, Wien 1919 figure studies from Jean Grandjean’s Nederland bewaard. De Verzamelingen R. Quarn, The Willem van de Veldes. Roman Period, in: Master Drawings 12 van het Koninklijk Oudheidkundig Meulenkamp 1995 Dutch marine art in England, in: London (1974), S. 351–358 Genootschap in het Rijksmuseum, Leids W. Meulenkamp, Theekoepels en tuinhui- 2008, S. 55–64 kunsthistorisch jaarboek 10 (1995), zen in de Vechtstreek. Overvloed & Niemeijer 1976 S. 179–188 welbehagen, Weesp 1995 J. W. Niemeijer, From Troost to Troost- wijk: Dutch ­Drawings, 1720–1820, in: Otten 1997 R Meyer 2013 Apollo 104 (1976), S. 364–371 J. Otten, Opdrachtgevers: Andries en C. Meyer, Die Geburt des bürgerlichen Gerrit Schoemaker, in: Haarlem 1997, Renger/Denk 2002 Kunstmuseums – Johann Friedrich Städel Niemeijer 1995 S. 109 –126 K. Renger/C. Denk, Flämische Malerei und sein Kunstinstitut in Frankfurt am J. W. Niemeijer, De collectie Cornelis des Barock in der Alten Pinakothek, Main, Berliner Schriftenreihe zur Muse- Troost, in: Voor Nederland bewaard. De München/Köln 2002 umsforschung, Bd. 32, Berlin 2013 Verzamelingen van het Koninklijk Oud- heidkundig Genootschap in het Rijks- P Rikken 2008 Middelkoop 2012 museum, Leids kunsthistorisch jaarboek M. Rikken, Melchior d’Hondecoeter. Bird Pijzel-Dommisse 1997 N. Middelkoop, Jacob en Jacoba. Een 10 (1995), S. 323–332 painter, Amsterdam 2008 bijzonder bruidspaar vereeuwigd door J. Pijzel-Dommisse, Binnen buiten: Jan Maurits Quinkhard en Jacob Houbra- Niemeijer/Te Rijdt 2016 beklede kamers in de late 17de eeuw, in: Robinson 2016 ken, in: Face book. Studies on Dutch and J. W. Niemeijer/R.-J. A. te Rijdt, »À Kunstschrift 41, 6 (1997), S. 24–27 W. W. Robinson, Drawings from the Age Flemish Portraiture of the 16th–18th l’impromptu«. Een weinig gekend aspect of Bruegel, Rubens, and Rembrandt. Plomp 1993 Centuries. Liber Amicorum presented to van de Hollandse achtiende-eeuwse Highlights from the Collection of the M. Plomp, Enkele bewerkingen door Rudolf E. O. Ekkart on the occasion of his tekenkunst, in: Delineavit et Sculpsit. Harvard Art Museum, New Haven/ ­Wybrand Hendriks (1744 –1831) van 65th Birthday, hrsg. v. E. Buijsen/ Tijdschrift voor Nederlandse Prent- en London 2016 Hollandse 17de-eeuwse voorbeelden, in: Ch. Dumas/V. Manuth, Leiden 2012, Tekenkunst tot omstreeks 1850 40 Delineavit et Sculpsit. Tijdschrift voor S. 473–478 (2016), S. 1–127 Romers 1969 Nederlandse Prent- en Tekenkunst tot H. Romers, Jan de Beijer. Œuvrecatalo- Mortier 2006 North 2006 a omstreeks 1850 9 (1993), S. 22–32 gus, Den Haag 1969 B. du Mortier, »À la Mode«. Appearance M. North, Niederländische Gemälde und Plomp 1997 in the 18th century, in: Amsterdam 2006, Sammlungen in europäischen Residenzen Roy 1992 M. Plomp, The Dutch drawings in the ( ) S. 233 –241 und städtischen Zentren (18. Jahrhun- A. Roy, Gérard de Lairesse 1640 –1711 , Teyler Museum. Artists born between dert), in: Mai 2006 a, S. 1–18 Paris 1992 1575 and 1630, Gent 1997 North 2006 b Rubin 1992 N Plomp 2007 M. North, Die niederländische Republik J. H. Rubin, Concepts and consequences M. Plomp, Artist collectors in the Dutch im 18. Jahrhundert, in: Köln/Dordrecht/ in eighteenth-­century French life-­ Neumeister 2005 Republic in the seventeenth and eighteenth Kassel 2006/07, S. 87–98 drawing, in: Dethloff 1992 a, S. 7–18 M. Neumeister, Holländische Gemälde im centuries: Jacob de Wit. A special case, Städel Museum 1550–1800. Bd. 1: in: L’artiste collectionneur de dessin. De Künstler geboren bis 1615, hrsg. v. Giorgio Vasari à aujourd‘hui, hrsg. v. C. S M. Hollein/J. Sander, Städel Museum, Monbeig-Goguel, Paris 2007, S. 73–84 Frankfurt am Main, Petersberg 2005 Sadkov/Dumas 2010 Ploos van Amstel 1792 V. Sadkov/Ch. Dumas, The Pushkin State Neumeister 2009 C. Ploos van Amstel, Schets van het leeven Museum of Fine Arts, Netherlandish, M. Neumeister, Alte Pinakothek. Flämi- en de verrichtingen van den Heere Aart Flemish and Dutch Drawings of the sche Malerei, hrsg. v. den Bayerischen Schouman, als konstschilder beschouwd, XVI–XVIII Centuries, Belgian and Dutch Staatsgemäldesammlungen, München, in: Algemeene Vaderlandsche Letter-­ Drawings of the XIX–XX Centuries, Ostfildern/Ruit 2009 Oefeningen (1792), S. 432–439 Amsterdam 2010

255 Sasse van Ysselt 2014 Schwartz 2007 Stampfle 1991 Te Rijdt 1997 D. van Sasse van Ysselt, De boekillustra- L. A. Schwartz, The ›Thoughts‹ (›Gedag- F. Stampfle, Netherlandish Drawings of R.-J. te Rijdt, Miscellanea 3: Jacob de Wit, ties van Bernard Picart voor de Galante- ten‹) of Jacob Cats (1741–1799): Inscrip- the fifteenth and sixteenth centuries and in: Delineavit et Sculpsit. Tijdschrift voor ries de Rois de France uit 1731, in: Kunst tions on the Numbered Drawings­ of a Flemish Drawings of the seventeenth and Nederlandse Prent- en Tekenkunst tot op papier in de achttiende eeuw. Liber Prolific Eighteenth-Century Draughts- eighteenth centuries in the Pierpont omstreeks 1850 17 (1997), S. 60–61 Amicorum aangeboden aan Charles man. An Addition to the List of Jane Morgan Library, New York 1991 Dumas ter gelegenheid van zijn 65ste Shoaf Turner (1990), in: Delineavit et Te Rijdt 2000 verjaardag/Art on Paper in the Eighteenth Sculpsit. Tijdschrift voor Nederlandse Staring 1950 R.-J. te Rijdt, De tekeningen van Abraham / Century. Liber Amicorum Presented to Prent- en Tekenkunst tot omstreeks 1850 A. Staring, Isaac de Moucheron als en Jacob van Strij, in: Dordrecht Charles Dumas on the Occasion of his 31 (2007), S. 57–77 ontwerper van Gevels en Tuinen, in: Oud Enschede 2000, S. 139–193 th Holland 65 (1950), S. 85–104 65 Birthday, hrsg. v. Edward Buijsen Te Rijdt 2001 a u. a., Zoetermeer 2014, S. 182–193 Ševčík 2012 A. K. Ševčík, Dutch Paintings of the 17th Staring 1958 R.-J. te RIjdt, Kaderlijnen: een hulpmiddel Scheen 1981 and 18th Centuries. Illustrated Summary A. Staring, Jacob de Wit 1695–1754, bij toeschrijvingen aan Jacob de Wit, in: P. A. Scheen, Lexicon nederlandse beel- Catalogue, Prag 2012 Amsterdam 1958 Delineavit et Sculpsit. Tijdschrift voor dende kunstenaars 1750–1880, Den Haag Nederlandse Prent- en Tekenkunst tot Stefes 2011 ( ) 1981 Shoaf Turner 1990 omstreeks 1850 23 2001 , S. 18–21 J. Shoaf Turner, Jacob Cats and the A. Stefes, Niederländische Zeichnungen ( Scheltema 2005 identification of a »Pseudo-Goll van 1450–1850 Die Sammlungen der Te Rijdt 2001 b G. Scheltema, Gezigten van Den Haag. Franckenstein« Numbering System, in: Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabi- R.-J. te Rijdt, Miscellanea 3: Jacob ) / / ( ) Enkele aspecten van een serie schetsen Master Drawings 28 (1990), S. 323–331 nett; 3 , 3 Bde., Köln Weimar Wien 2011 Jordaens 1593–1678 en Jacob de Wit ( ) van Cornelis Pronk uit 1741–1742, in: 1695 –1754 , in: Delineavit et Sculpsit. Shoaf Turner 2006 Steland 2002 Tijdschrift voor Nederlandse Prent- en Delineavit et Sculpsit. Tijdschrift voor A. Ch. Steland, Drawings by Dutch Nederlandse Prent- en Tekenkunst tot J. Shoaf Turner, Dutch Drawings in The Tekenkunst tot omstreeks 1850 23 Italianate painters, in: London 2002, ( ) omstreeks 1850 29 (2005), S. 13–41 Pierpont Morgan Library, seventeenth to 2001 , S. 34–37 nineteenth centuries, 2 Bde., New York S. 42–63 Schillemans 2019 2006 Te Rijdt 2001 c Stift und Feder R.-J. te Rijdt, Een voorbeeld van een R. Schillemans, Religieuze tekeningen ( ) Shoaf Turner 2014 R. Schrey Hrsg. , Stift und Feder. weinig gedocumenteerd type ateliervei- door Jacob de Wit in Museum Ons’ Lieve Zeichnungen aller Zeiten und Länder in Heer op Solder, in: Delineavit et Sculpsit. J. Shoaf Turner, On Being Edited. The ling: de inboedelveiling-zonder-catalogus Rijksmuseum’s Drawings for Arnold Nachbildungen, Frankfurt am Main van Barend Hendrik Thier, gehouden te Tijdschrift voor Nederlandse Prent- en 1917–1931 Tekenkunst tot omstreeks 1850 45 Hoogvliet’s Abraham de Aartsvader by Leiden in 1812, in: Delineavit et Sculpsit. (2019), S. 24–46 Jan Punt, Corrected by Jacob de Wit, in: Strauss 1974 Tijdschrift voor Nederlandse Prent- en Kunst op papier in de achttiende eeuw. W. L. Strauss, The complete drawings of Tekenkunst tot omstreeks 1850 23 Schoemaker 2014 Liber Amicorum aangeboden aan Charles Albrecht Dürer, 7 Bde., New York 1974 (2001), S. 22–30 L. Schoemaker, Cornelis Pronk en Abra- Dumas ter gelegenheid van zijn 65ste / ham de Haen in Zuid-Holland. Sporen van verjaardag/Art on Paper in the Eighteenth Te Rijdt Niemeijer 2001 / een tekenreis, mei 1730, in: Kunst op Century. Liber Amicorum Presented to R.-J. te Rijdt J. W. Niemeijer, Barend T ( ) papier in de achttiende eeuw. Liber Charles Dumas on the Occasion of his Hendrik Thier 1743 –1811 , een kunste- naarsleven tussen natuurobservatie en Amicorum aangeboden aan Charles 65th Birthday, hrsg. v. Edward Buijsen Tatenhove 1985 ateliertraditie. Deel I: Elf schetsboeken Dumas ter gelegenheid van zijn 65ste u. a., Zoetermeer 2014, S. 230–239 J. van Tatenhove, Tekeningen door Jacob toegevoegd aan zijn oeuvre, in: Bulletin verjaardag/Art on Paper in the Eighteenth de Wit voor de Ovidius van Picart, in: Sigmond 2008 van het Rijksmuseum 49 (2001), S. 178– Century. Liber Amicorum Presented to Leids kunsthistorisch jaarboek 4 (1985), P. Sigmond, L. Backhuysen und die 205 Charles Dumas on the Occasion of his S. 211– 234 th Marinehistorie in den Niederlanden im 65 Birthday, hrsg. v. Edwin Buijsen u. a., Te Rijdt 2009 17. Jahrhundert, in: Emden 2008, Tegenwoordige Staat 1739–1803 Zoetermeer 2014, S. 206–217 R.-J. te Rijdt, De tekenaar en schilder Hk. S. 22–45 I. Tirion (Hrsg.), Hedendaagse Historie of Schepper ­›aangekleed‹ tot: Hendrik Schulz 1974 Tegenwoordige Staat der Vereenigde Sliggers 1982 Schepper (1741 Amsterdam 1794), in: W. Schulz, Die holländische Landschafts- Nederlanden, 23 Bde., Amsterdam B. Sliggers, Het Schetsboek van Cornelis Delineavit et Sculpsit. Tijdschrift voor zeichnung 1600–1740. Hauptwerke aus 1739 –1803 dem Berliner Kupferstichkabinett, van Noorde, 1731–1795. Het leven van Nederlandse Prent- en Tekenkunst tot ( ) Staatliche Museen – Preußischer Kultur- een veelzijdig Haarlems kunstenaar, Te Rijdt 1995 omstreeks 1850 32 2009 , S. 42–48 Haarlem 1982 R.-J. te Rijdt, Een ontwerp voor een besitz, Berlin 1974 Te Rijdt 2017 zaalstuk door Jacob de Wit, in: Voor Sliggers 2011 R.-J. te Rijdt, Uniforme opzetvellen van Schwartz 2004 Nederland bewaard. De Verzamelingen B. Sliggers, Cornelis van Noorde, een Cornelis Ploos van Amstel voor zijn L. A. Schwartz, The Dutch Drawings in van het Koninklijk Oudheidkundig veelzijdige Haarlemse kunstenaar, in: NHA kleinere tekeningen, in: Delineavit et the Teyler Museum: Artists Born Between Genootschap in het Rijksmuseum, Leids nieuws 15 (2011), S. 2–13 Sculpsit. Tijdschrift voor Nederlandse 1740 and 1800, Haarlem/Gent/Dornspijk kunsthistorisch jaarboek 10 (1995), Prent- en Tekenkunst tot omstreeks 1850 2004 S. 241–248 Sluijter 2000 41 (2017), S. 114–122 E. J. Sluijter, In wedijver met de Gouden Eeuw: de gebroeders Van Strij en hun illustere voorgangers, in: Dordrecht/ Enschede 2000, S. 101–137

256 Thieme-Becker Van Eijnden/Van der Willigen 1816–1840 W U. Thieme/F. Becker, Allgemeines Lexikon R. van Eijnden/A. van der Willigen, AUSSTELLUNGSKATALOGE der bildenden Künstler von der Antike Geschiedenis der vaderlandsche schilder- Wagner 1971 bis zur Gegenwart, 37 Bde., Leipzig kunst, sedert de helft der XVIII eeuw, 4 H. Wagner, Jan van der Heyden: 1637– 1907–1950 Bde., Haarlem 1816 –1840 1712, Amsterdam 1971

Tieze 2009 Van Gool 1750/51 Walter 2017 A. Tieze, Flämische Gemälde im Städel Johan van Gool, De nieuwe schouburg T. Walter, Zur Geschichte des Gebäudes, Museum 1550–1800, 2 Bde., hrsg. v. der Nederlantsche kunstschilders en in: Kunst in Huis Schuylenburch, hrsg. v. M. Hollein/J. Sander, Städel Museum, schilderessen, 2 Bde., Den Haag 1750/51 der Botschaft der Bundesrepublik A Frankfurt am Main, Petersberg 2009 Deutschland Den Haag, München 2017, Van Peperstraten-Willekens 2002 S. 8 –17 Amsterdam 1986 M. van Peperstraten-Willekens, Van Jacob de Wit, de Amsteltitiaan, hrsg. v. Dordrecht naar Delfshaven. Leven en Weber 2006 J. Huisken/ F. ­Lammertse, Paleis op de V werk van Willem van Leen 1753–1823, G. J. M. Weber, Ein steiler Aufstieg – Dam, Amsterdam, Amsterdam 1986 einige Aspekte der Nobilitierung der Van de Kamp 2007 Amsterdam 2002 Malerei um 1700, in: Köln/Dordrecht/ Amsterdam 1989 P. van de Kamp, Hendrik Meijer (1744 – Van Suchtelen/Buvelot 2016 Kassel 2006/07, S. 51–60 De Hollandse fijnschilders: van Gerard 1793), in: Delineavit et Sculpsit. Tijd- A. van Suchtelen/Q. Buvelot (Hrsg.), Dou tot Adriaen van der Werff, bearb. v. schrift voor Nederlandse Prent- en Genre Paintings in the Mauritshuis, Den Wedde 1996 P. Hecht, Rijksmuseum, Amsterdam, Tekenkunst tot omstreeks 1850 31 Haag/Zwolle 2016 N. Wedde, Isaac de Moucheron (1667– Amsterdam 1989 (2007), S. 82–85 1744): His Life and Works With a Catalo- Van Zonneveld 1997 gue Raisonné of his Drawings, Waterco- Amsterdam 1994 Van de Kamp 2009 P. van Zonneveld, Majestic, wild or lours, Paintings and Etchings (Europäi- Nederlandse Figuurstudies 1700–1850, P. van de Kamp, Hendrik Meijer (1744 – charming? The romantic landscape and sche Hochschulschriften Reihe XXVIII, bearb. v. R.-J. te Rijdt, hrsg. v. Rijks- 1793) in Haarlem, in: Haarlem Jaarboek Dutch literature, 1750–1850, in: Amster- Kunstgeschichte), 2 Bde., Frankfurt am museum, Rijksprentenkabinet, Amster- 2008 (2009), S. 38–61 dam 1997/98, S. 95–106 Main 1996 dam, Nr. XXV, Amsterdam 1994 Van den Hout 1995 Verhaak 1990 Wegner 1973 Amsterdam/Dordrecht 1994/95 A. H. P. J. van den Hout, Jacob de Wit en E. Verhaak, De bontmutsen van de W. Wegner, Die niederländischen Hand- Kleur en Raffinement. Tekeningen uit de de internationale barok. Stilistische gebroeders Van Strij, in: The Rijks- zeichnungen des 15. bis 18. Jahrhunderts. Unicorno collectie, hrsg. v. Ch. Dumas/ opmerkingen bij het werk van »de museum bulletin 38 (1990), S. 336–344 Staatliche Graphische Sammlung, Mün- R.-J. te Rijdt, Museum Het Rembrandt- Rubens van de achttiende eeuw«, in: chen, 2 Bde., Berlin 1973 huis, Amsterdam/Dordrechts Museum, Amsterdam/Weert 1995/96, S. 93–121 Vermeulen 2009 Dordrecht, Zwolle 1994 I. R. Vermeulen, Nederlandse kunst na de Weyerman 1729-1769 Van den Hout 2000 Gouden Eeuw: opheffing van het verval, J. C. Weyerman, De levens-beschryvingen Amsterdam/Weert 1995/96 G. van den Hout, »Kapitale Kunsttafe- in: Oud-Holland 122 (2009), 1, S. 70–75 der Nederlandsche konst-schilders en Putti en Cherubijntjes. Het religieuze relen« – Jacob de Wit als schilder van konst-schilderessen, 4 Bde., Den Haag/ werk van Jacob de Wit (1695 –1754), plafondstukken, in: Amsterdam 2000, Voorn 1960 Dordrecht 1729 –1769 hrsg. v. G. van den Hout/R. Schillemans, S. 44 – 61 H. Voorn, De geschiedenis der Neder- Museum Amstelkring, Amsterdam/ landse papierindustrie I: De papiermolens White/Crawley 1994 Museum Jacob van Horne, Weert, Van Eeghen 1960 in de provincie Noord-Holland, Haarlem C. White/C. Crawley, The Dutch and Haarlem 1995 I. H. van Eeghen, De kunstenaarsfamilie 1960 Flemish Drawings of the fifteenth to the Schoute(n), in: Maandblad Amsteloda- early nineteenth centuries in the collec- Amsterdam 1997/98 mum 47 (1960), S. 129–136 Vries 1985 tion of Her Majesty the Queen at Wind- On country roads and fields. The depic- L. de Vries, »De kunsthandel is zoo edel tion of the 18th- and 19th-century Van Eeghen 2012 sor Castle, Cambridge 1994 als eenigen, vermits ›er geen bedrog in landscape, hrsg. v. W. Loos/R.-J. A. te I. H. van Eeghen, The Amsterdam Guild of is‹.« De pamflettenstrijd tussen Gerard Rijdt/M. van Heteren, Rijksmuseum, Saint Luke in the 17th Century, in: Journal Hoet en Johan van Gool, in: Leids kunst- Amsterdam, Amsterdam 1997 of Historians of Netherlandish Art 4 historisch jaarboek 4 (1985), S. 1–16 Z (2012), 2, S. 1–43, URL: https://jhna.org/ Amsterdam/Cleveland 1999 Zandvliet 2006 articles/amsterdam-guild-of-saint-luke- Vries 1999 Still-life paintings from the Netherlands K. Zandvliet, The history of the Nether- 17th-century/ (letzter Zugriff am L. de Vries, »The Felicitous Age of 1550–1720, bearb. v. A. Chong/W. Kloek, lands in the 18th century, in: Amsterdam 29. 3. 2020) Painting«: Eighteenth-­Century Views of Rijksmuseum, Amsterdam/The Cleveland 2006, S. 20-29 Dutch Art in the Golden Age, in: Grijzen- Museum of Art, Cleveland, Zwolle 1999 Van Egteren 2017 a hout/Van Veen 1999, S. 29–43 Ziemke 1980 B.-J. van Egteren, Jacob de Wit, in: Kunst Amsterdam 2000 H.-J. Ziemke, Das Städelsche Kunstinstitut in Huis Schuylenburch, hrsg v. der Vries 2006 In de wolken. Jacob de Wit als plafond- – die Geschichte einer Stiftung, Frankfurt Botschaft der Bundesrepublik Deutsch- L. de Vries, The hirarchy of genres in De schilder, hrsg. v. J. Boonstra/G. van den am Main 1980 land Den Haag, München 2017, S. 58–71 Lairesse’s Groot Schilderboek, in: Mai Hout, Bijbels Museum, Amsterdam, 2006 a, S. 133–149 Amsterdam 2000 Van Egteren 2017 b Zwollo 1973 B.-J. van Egteren, Abraham Busschop, in: A. Zwollo, Hollandse en Vlaamse vedute- Kunst in Huis Schuylenburch, hrsg. v. der schilders te Rome 1675–1725, Assen Botschaft der Bundesrepublik Deutsch- 1973 land Den Haag, München 2017, S. 96–107

257 Amsterdam/Paris 2002/03 a Brüssel/Amsterdam/Aachen 2007/08 Dordrecht/Enschede 2000 Frankfurt 2000 Van Watteau tot Ingres. 18de-eeuwse Holland in Linien. Niederländische In helder licht: Abraham en Jacob van »Nach dem Leben und aus der Phanta- Franse tekeningen uit het Rijksmuseum Meisterzeichnungen des Goldenen Strij: Hollandse meesters van landschap sie«. Niederländische Zeichnungen vom Amsterdam, bearb. v. R.-J. te Rijdt, Zeitalters aus dem Königlich-Belgischen en interieur omstreeks 1800, bearb. v. 15. bis 18. Jahrhunderts aus dem Städel- Rijksmuseum, Amsterdam/Institut Néer- Kunstmuseum Brüssel, hrsg. v. S. Haute- F. de Graaf/Ch. Dumas, Dordrechts schen Kunstinstitut, bearb. v. A. Strech, landais, Paris, Paris 2002 keete, Musées royaux des Beaux-Arts de Museum, Dordrecht/ Rijksmuseum Städelsches Kunstinstitut, Frankfurt am Belgique, Brüssel/Het Rembrandthuis, Twenthe, Enschede, Zwolle 2000 Main, Frankfurt am Main 2000 / Amsterdam 2002 03 b Amsterdam/Suermondt-Ludwig-Museum, / Kopstukken. Amsterdammers geportret- Aachen, Brüssel 2007 Dordrecht 2017 Frankfurt 2006 07 teerd 1600–1800, hrsg. v. Norbert Een koninklijk paradijs. Aert Schouman en Fokus auf Johannes Verspronck: Bildnis Middelkoop, Amsterdams Historisch Brüssel/Enschede/Paris 2019 de verbeelding van de natuur, hrsg. v. Ch. einer Frau im Sessel im Städel Museum, Museum, Amsterdam, Bussum 2002 Kabinet der heerlijkste tekenwerken. Dumas, Dordrechts Museum, Dordrecht, bearb. v. M. Neumeister, Städel Museum, Achttiende-eeuwse Nederlandse tekenin- Zwolle 2017 Frankfurt am Main, Frankfurt am Main Amsterdam 2004 gen uit de verzameling van de Koninklijke 2006 / / / The Unicorno Collection. Fifty five years Musea voor Schone Kunsten van België, Dublin Washington Paris 2017 18 of collecting drawings, Amsterdam: hrsg. v. S. Hautekeete, Musées royaux des Vermeer and the Masters of Genre Frankfurt 2008 Sotheby’s 2004 Beaux-Arts de Belgique, Brüssel/Rijks- Painting. Inspiration and Rivalry, bearb. Meisterwerke der Graphischen Samm- / / museum Twenthe, Enschede/Frits Lugt v. A. E. Waiboer A. Wheelock B. Ducos, lung. Zeichnungen, Aquarelle und Colla- Amsterdam 2006 / / Collection, Paris, Gent 2019 National Gallery of Ireland, Dublin gen, bearb. v. J. Schütt M. Sonnabend, Netherlandish art in the Rijksmuseum National Gallery of Art, Washington/ Städel Museum, Frankfurt am Main, / 1700–1800, hrsg. v. R. Baarsen R.-J. te Musée du Louvre, Paris, New Haven/ Frankfurt am Main 2008 / Rijdt F. Scholten, Rijksmuseum, Amster- London 2017 dam, Zwolle 2006 C Frankfurt 2008/09 Düsseldorf 1990 Wasser, Farbe, Licht. Aquarelle der / Amsterdam Los Angeles 2008 Cambridge 2016 Facetten des Barock. Meisterzeichnungen Graphischen Sammlung, bearb. v. J. Schütt, Maria Sibylla Merian & Daughters. Drawings from the age of Bruegel, von Gianlorenzo Bernini bis Anton Raphael Städel Museum, Frankfurt am Main, Women of Art and Science, bearb. v. Rubens, and Rembrandt. Highlights from Mengs aus dem Kunst­museum Düssel- Frankfurt am Main 2008 E. Reitsma, Museum Het Rembrandthuis, the collection of the Harvard Art dorf/Akademiesammlung, bearb. v. / Amsterdam The J. Paul Getty Museum, Museum, hrsg. v. W. W. Robinson/­ H.-Th. Schulze Altcappenberg/S. Cremer, Frankfurt 2020 Los Angeles, Zwolle 2008 S. Ander­son, Harvard Art Museum, Kunstmuseum Düsseldorf, Düsseldorf Städels Erbe. Meisterzeichnungen aus der Cambridge/Mass., Cambridge 2016 Sammlung des Stifters, bearb. v. J. Jacoby, / 1990 Amsterdam 2017 18 Städel Museum, Frankfurt am Main, Kijk Amsterdam 1700–1800. De mooiste Frankfurt am Main 2020 stadsgezichten, bearb. v. B. Gerlagh u. a., D Stadsarchief, Amsterdam, Bussum 2017 E

Assen 1968 Delft/Houston 2006/07 Emden 2008 H Egbert van Drielst: »de Drentse Hobbema« The Temptations of Flora. Jan van Ludolf Backhuysen. Emden 1630 – 1745–1818, bearb. v. J. W. Niemeijer, Huysum, 1682–1749, bearb. v. S. Segal Amsterdam 1708, hrsg. v. F. Scheele/ Haarlem 1972 ( ) Provinciaal Museum van Drenthe, Assen mit M. Ellens/J. Dik, Museum Het Prinsen- A. Kanzenbach, Ostfriesisches Landes- Wybrand Hendriks 1744 –1831 . Keuze 1968 hof, Delft/Museum of Fine Arts, Houston, museum, Emden, Berlin 2008. uit zijn schilderijen en tekeningen, bearb. Zwolle 2007 v. I. Q. van Regteren-Altena/J. H. van Assen/Dordrecht 1995 Borssum Buisman/C. J. de Bruyn Kops, Egbert van Drielst 1745–1818, bearb. v. Den Haag 1984 Teylers Museum, Haarlem, Haarlem 1972 F B. Gerlagh/E. Koolhaas-Grosfeld, Drents Het verheerlijkt Den Haag, Achttiende-­ / eeuwse aquarellen en tekeningen door de Haarlem 1979 Museum, Assen Dordrechts Museum, Frankfurt 1988 Dordrecht, Zwolle 1995 familie La Fargue en haar tijdgenoten, Johannes Cornelisz. Verspronck. Leven bearb. v. Ch. Dumas, Pulchri Studio, Den Bürgerliche Sammlungen in Frankfurt en werken van een Haarlems portret­ Haag, Den Haag 1984 1700–1830, bearb. v. V. Schmitt-Linsen- schilder uit de 17-de eeuw, bearb. v. hoff/K. Wettengl, Historisches Museum, R. E. O. Ekkart, Frans Halsmuseum, B Den Haag 1985 Frankfurt am Main, Frankfurt am Main Haarlem, Haarlem 1979 Franse refugie’s en Nederlandse boek­ 1988 Berlin 2008 illustraties. Prosper Marchand (1678 – Haarlem/Rom 1984 Niederländische Zeichnungen und / 1756), Bernard Picart (1673–1733), Frankfurt 1991 92 Reizen naar Rome: Italië als leerschool Druckgraphik der Sammlung Christoph Jacob van der Schley (1715 –1779), Städels Sammlung im Städel. Zeichnun- voor Nederlandse kunstenaars omstreeks Müller im Berliner Kupferstichkabinett. bearb. v. G. A. J. M. Terwen u. a., Rijks- gen, hrsg. v. K. Gallwitz, bearb. v. M. Stuff- 1800, hrsg. v. E. Bergvelt, Teylers Museum, Kritisches Bestandsverzeichnis, bearb. v. museum Meermanno-Westreenianum, mann, Städelsches Kunst­institut, Frank- Haarlem/Istituto Olandese di Roma, Rom, H. Bevers/U. Sölter, Kupferstichkabinett, Den Haag, Leiden 1985 furt am Main, Frankfurt am Main 1991 Rom 1984 Berlin, Berlin 2008 / Den Haag 1993 Frankfurt 1994 95 Haarlem 1987 Bremen 2018 Cornelis Troost en het theater. Tonelen »Von Kunst und Kennerschaft«. Die Herhaling of vertaling? Natekeningen uit Kühles Licht und weite See. Niederländi- van de 18de eeuw, bearb. v. E. Buijsen/ Graphische Sammlung im Städelschen de achttiende en negentiende eeuw, sche Meisterzeichnungen und ihre J. W. Niemeijer, mit Beiträgen von M. de Kunstinstitut unter Johann David Passa- bearb. v. R. E. Jellema, Teylers Museum, Restaurierung, bearb. v. Christien Melzer, Boer, Mauritshuis, Den Haag, Zwolle 1993 vant 1840 bis 1861, bearb. v. H. Bauerei- Haarlem, Haarlem 1987 mit Beiträgen von Jutta Keddies, Kunst- sen, Städelsches Kunstinstitut, Frankfurt halle Bremen, Bremen 2018 am Main, Frankfurt am Main 1994

258 Haarlem 1993 Köln/Dordrecht/Kassel 2006/07 Minneapolis/Toledo/Philadelphia 1971/72 Rotterdam/Frankfurt 1999/2000 Dirk Langendijk (1748 –1805): tekenaar in Vom Adel der Malerei. Holland um 1700, Dutch Masterpieces from the Eighteenth Holländischer Klassizismus in der Malerei woelige tijden, bearb. v. M. Thissen-Men- hrsg. v. E. Mai/ S. Paarlberg/G. J. M. Weber, Century: Paintings & Drawings 1700– des 17. Jahrhunderts, bearb. v. A. Blan- alda, Teylers Museum, Haarlem, Haarlem Wallraf-Richartz-Museum, Köln/Dord­ 1800, bearb. v. R. Mandle, mit einem kert, Museum Boijmans Van Beuningen, 1993 rechts Museum, Dordrecht/Gemäldegale- Essay von J. W. Niemeijer, The Minneapo- Rotterdam/Städelsches Kunstinstitut, rie Alte Meister, Schloss Wilhelmshöhe, lis Institute of Art, Minneapolis/The Frankfurt am Main, Frankfurt am Main Haarlem 1997 Kassel, Köln 2006 Toledo Museum of Art, Toledo/The 1999 Pronk met pen en penseel: Cornelis Pronk Philadelphia Museum of Art, Philadelphia, ( ) 1691–1759 tekent Noord-Holland, Minneapolis 1971 hrsg. v. L. Kooijmans/E. A. de Jong L U /H. M. Brokken, Teylers Museum, Haar- Montreal/Raleigh/Indianapolis 1994/95 lem, Amsterdam 1997 Leiden 1988 Dutch and Flemish Drawings from the Utrecht 1978 Royal Library Windsor Castle, bearb. v. C. / / Leidse Fijnschilders: van Gerrit Dou tot Jacobus van Liender, Pieter Jan van Haarlem Paris 2001 02 a White, Montreal Museum of Fine Arts, Hartstochtelijk verzameld. Beroemde Frans van Mieris de Jonge 1630–1760, Liender, Paul van Liender en de stad bearb. v. E. J. Sluijter/M. Enklaar/ P. Nieu- Montreal/North Carolina Museum of Art, Utrecht. Topografische tekenaars uit de tekeningen in 18de-eeuwse Hollandse Raleigh/Indianapolis Museum of Art, / wenhuizen, Stedelijk Museum de Laken- 18de eeuw, bearb. v. I. J. Soer, Gemeente- collecties, bearb. v. M. van Berge-Gerbaud Indianapolis, Raleigh 1994 M. Plomp, Teylers Museum, Haarlem/ hal, Leiden, Zwolle 1988 archief Utrecht, Utrecht 1978 Institut Néerlandais, Paris, Bussum 2001 London 1964 The Flower Drawings of Jan van Huysum, Haarlem/Paris 2001/02 b N W Hartstochtelijk verzameld. 18de-eeuwse 1682–1749, bearb. v. C. White, Depart- Hollandse verzamelaars van tekeningen ment of Prints and Drawings, The British New York 2013 Washington/London/Den Haag 2000/01 en hun collecties, bearb. v. M. C. Plomp, Museum, London, Leigh-on-Sea 1964 Artists and Amateurs. Etching in eigh- Gerrit Dou 1613–1675. Master Painter in teenth-century France, bearb. v. P. Stein, Teylers Museum, Haarlem/Institut London 2002 the Age of Rembrandt, bearb. v. R. Baer/ Néerlan­dais, Paris, Bussum 2001 mit Beiträgen v. C. Guichard/ R. M. Hoi- A. K. Wheelock, Jr./A. Boersma, National Inspired by Italy. Dutch landscape pain- sington/E. Rudy, The Metropolitan / Gallery of Art, Washington/Dulwich Haarlem/München 2008/09 ting 1600–1700, bearb. v. L. B. Harwood Museum of Art, New York, New Haven/ / Gallery of Art, London/Royal Cabinet of Frans Hals und Haarlems Meister der C. Brown A. C. Steland-Stief, Dulwich London 2013 Picture Gallery, London, London 2002 Paintings ­Mauritshuis, Den Haag, New Goldenen Zeit, bearb. v. P. Biesboer, Frans Haven u. a. 2000 Hals Museum, Haarlem/Kunsthalle der London 2006 Hypo-Kulturstiftung, München, München Papermaking and the Art of Watercolor P Wien 2007/08 2008 in Eighteenth-­Century Britain. Paul Traum vom Süden. Die Niederländer Sandby and the Whatman Paper Mill, Paris/Amsterdam 1990/91 malen Italien, bearb. v. R. Trnek, Akade- Haarlem 2011 Hollandse aquarellen uit de 18de eeuw in mie der bildenden Künste Wien, Wien, Blik op Haarlem: de tekeningen en bearb. v. T. Fairbanks Harris/S. Wilcox, Yale Center of British Art, New Haven, het Rijksprentenkabinet, hrsg. v. J. W. Nie- Ostfildern 2007 prenten van Cornelis van Noorde meijer, Fondation Custodia, Institut ( ) New Haven/London 2006 1731–1795 , bearb. v. A. de Bruijn u. a., Néerlandais, Paris/Rijksmuseum, Noord-Hollands Archief, Haarlem, London/Den Haag 2007/08 Rijksprentenkabinet, Amsterdam, Zwolle Z ( ) Sonderausgabe NHA nieuws 15 2011 , Dutch Portraits: The Age of Rembrandt 1990 Haarlem 2011 and Frans Hals, bearb. v. R. Ekkart/ Zürich 2017 Qu. Buvelot, The National Gallery, Paris/Ajaccio 2014/15 Zeichenunterricht. Von der Künstleraus- Hoorn 1991 Le Paysage à Rome entre 1600 et 1650, Herman Henstenburgh (1667–1726). London/Mauritshuis, Den Haag, Zwolle bildung zur ästhetischen Erziehung 2007 hrsg. v. E. Brugerolles, École nationale seit 1500, hrsg. v. M. Matile, Graphische Hoorns schilder en pasteibakker, supérieure des Beaux-Arts, Paris/Musée bearb. v. A. M. Zaal, Westvries Museum, Sammlung ETH Zürich, Zürich, London 2008 Fesch, Ajaccio, Paris 2014 Petersberg 2017 Hoorn, Hoorn 1991 Turmoil and Tranquillity. The sea through the eyes of Dutch and Flemish masters, Paris 2018 1550–1700, hrsg. v. J. Gaschke, National Art on Paper. Recent Acquisitions by the K Maritime Museum, Greenwich, London, Fondation Custodia, bearb. v. M.-N. Gri- London 2008 son/M. Ram, Fondation Custodia, Paris Karlsruhe 1998/99 2018 Vertraute Fernen. Landschaftsradierun- gen des 17. Jahrhunderts aus dem Besitz M der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe, R bearb. v. A. Klumpp, Staatliche Kunsthalle Maastricht 2000 Karlsruhe, Karlsruhe 1998 Rondom Dürer. Duitse prenten en Rotterdam 1946 tekeningen ca. 1420–1575 uit de collectie Cornelis Troost en zijn tijd: schilderijen Kleve 1980 en pastellen, teekeningen, beeld­ ( ) van Museum Boijmans Van Beuningen, Jan de Beijer 1703 –1780 . Zeichnungen. houwwerken, meubelen, aardewerk, Von Emmerich bis Roermond, bearb. bearb. v. T.-H. Borchert, Bonnefantenmu- seum, Maastricht, Gent 2000 porcelein, zilver, Museum Boymans, v. G. de Werd, Städtisches Museum Haus Rotterdam, Rotterdam 1946 Koekkoek, Kleve, Kleve 1980

259

KÜNSTLERVERZEICHNIS

Beijer, Jan de: Kat. Nr. 30 Noorde, Cornelis van: Kat. Nr. 62 Buys, Jacobus: Kat. Nr. 55, 56 Picart, Bernard: Kat. Nr. 3, 4–7 Cats, Jacob: Kat. Nr. 66–67, 68–69 Ploos van Amstel, Cornelis: Kat. Nr. 22 Prins, Johannes Huibert: Kat. Nr. 35 Dalens, Dirk (III): Kat. Nr. 49–50 Pronk, Cornelis: Kat. Nr. 25, 26, 27, 28 Drielst, Egbert van: Kat. Nr. 70–71 Rademaker, Abraham: Kat. Nr. 10–11 Fargue, Maria Margaretha la: Kat. Nr. 61 Rentinck, Arnout: Kat. Nr. 23 Fargue, Paulus Constantijn la: Kat. Nr. 33 Rossum, Gerard van: Kat. Nr. 65 Fokke, Simon: Kat. Nr. 20–21 Folkema, Jacob: Kat. Nr. 19 Schepper, Hendrik: Kat. Nr. 34 Frey, Johannes Pieter de: Kat. Nr. 63 Schierecke, Jan Frederik: Kat. Nr. 64 Schouman, Aert: Kat. Nr. 45–47, 57 Grandjean, Jean: Kat. Nr. 24 Schouman, Martinus: Kat. Nr. 77 Schouten, Hermanus Petrus: Kat. Nr. 36 Haen, Abraham de: Kat. Nr. 29 Strij, Abraham van: Kat. Nr. 60, 75 Heenck, Jabes: Kat. Nr. 48 Strij, Jacob van: Kat. Nr. 74 Hendriks, Wybrand: Kat. Nr. 41, 42 Henstenburgh, Herman: Kat. Nr. 38 Thier, Barend Hendrik: Kat. Nr. 73 Huysum, Jan van: Kat. Nr. 9, 39, 40 Troost, Cornelis: Kat. Nr. 52, 53, 54

Kobell, Hendrik: Kat. Nr. 76 Unbekannte Künstler: Kat. Nr. 43, 51

Lamme, Arie: Kat. Nr. 78 Wilkens, Theodor: Kat. Nr. 8 Langendijk, Dirk: Kat. Nr. 81 Wit, Jacob de: Kat. Nr. 13, 14, 15, 16–18 Lauwers, Jacobus Johannes: Kat. Nr. 58–59 Leen, Willem van: Kat. Nr. 44 Liender, Jacob van: Kat. Nr. 31 Liender, Paulus van: Kat. Nr. 32, 79

Meijer, Hendrik: Kat. Nr. 72 Mieris, Willem van: Kat. Nr. 1, 2 Milatz, Franciscus Andreas: Kat. Nr. 37, 80 Moucheron, Isaac de: Kat. Nr. 12

√ Kat. Nr. 81, Detail

261 IMPRESSUM

Diese Publikation erscheint anlässlich Die Deutsche Nationalbibliothek STÄDEL MUSEUM Engagement (Sponsoring) der Ausstellung verzeichnet diese Publikation in Julia Lange; Jasmin Guette der Deutschen Nationalbibliografie; Direktor Schaulust. detaillierte bibliografische Daten Philipp Demandt Engagement (Fundraising) Niederländische Zeichenkunst sind im Internet über Stefanie Jerger; Letizia Franco, Corinna des 18. Jahrhunderts http://dnb.dnb.de abrufbar. Assistenz des Direktors Fröhling Jutta Pfister, Johanna Schick Städel Museum, Frankfurt am Main © 2020 Städel Museum, Verwaltung 1. Oktober 2020 – 10. Januar 2021 Frankfurt am Main, Kuratorin Heinz-Jürgen Bokler, Iris Sauer; Laura Sandstein Verlag, Dresden, Annett Sandfort Eversmeier, Adelheid Felsing, Elisabeth und die Autorin Graczyk, Jutta Okos, Anja Pontoriero, Graphische Sammlung Vanessa Schäfer, Susann Schürer, Herausgeber Museumsausgabe Regina Freyberger, Martin Sonnabend; Weronika Szarafin, Sophie Voß Regina Freyberger, Martin Sonnabend, ISBN 978-3-947879-03-8 Jan Bielau, Katharina Frohneberg, Philipp Demandt Annett Sandfort EDV Buchhandelsausgabe Sebastian Heine; Tihomir Kukic, Verfasserin ISBN 978-3-95498-563-0 Ausstellungsorganisation Benjamin Schiller Annett Sandfort Katja Hilbig-Bergmann, Sven Lubinus; Printed in Germany Dominik Auvermann, Beatrice Drengwitz, Veranstaltungen Text- und Bildredaktion Barbara Noeske-Winter, Hannah Vietoris, Kerstin Schultheis; Jan Filip Kleiner, Annett Sandfort Albrecht Wild Hannah Krämer, Chiara Lucchese

Katalogmanagement Konservatorische Betreuung Museumsshop Eva Mongi-Vollmer Papierarbeiten: Ruth Schmutzler, Anke Gordon, Ruth Endter; Philipp Fiehl, Sabine Protze; Brigitte Halder-Kaplan Magdalena Kaluza, Sabine Kreutzer, Tanja Grafik / Corporate Design (freie Mitarbeit) Neumann, Anette Riede Martin Kaufmann Gemälde: Stephan Knobloch; Eva-Maria Bader, Lilly Becker, Mareike Gerken Museumscafé Projektleitung Verlag Hammam Alshami, Sarah Seefelder; Lutz Stellmacher Technik / Aufbau Maria del Pilar Espinosa Suarez Thomas Pietrzak, Nils Jahnke; Gestaltung Michael Götz, Thorsten Knapp, Thomas Aufsichtsdienst / Kasse Michaela Klaus, Sandstein Verlag König, Ralf Lappe, Ted Obermann Jolanta Radtke, Catrin Röttinger-Zengel, Ruzica Skrijelj Lektorat Digitale Projekte Sina Volk, Sandstein Verlag Freya Schlingmann Bibliothek Elena Ganzlin; Michael Mohr Satz Bildung und Vermittlung Christian Werner, Sandstein Verlag Chantal Eschenfelder, Anne Sulzbach; Provenienzforschung /Archiv Janine Burnicki, Anne Dribbisch, Iris Schmeisser Bildbearbeitung / Lithografie Anna Huber, Antje Lindner, Natalie Jana Neumann, Sandstein Verlag Marie Meyer

Druck und Bindung Marketing Gutenberg Beuys Feindruckerei GmbH, Bernadette Mildenberger, Annabell Hurle; Langenhagen Diana Hillesheim, Rebekka Zajonc

Schrift Grafik / Corporate Design Freight Sans, Freigt Text Sandra Adler-Krause, Martin Kaufmann; Anna Voß Papier Tatami White 150 g/m2 Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Pamela Rohde; Susanne Hafner, Jannikhe Möller, Sarah Omar, Franziska von Plocki, Vanessa Tron

262 Administration des Städel Museums Vorstand des Städelschen Städelkomitee 21. Jahrhundert Partner des Städel Museums Prof. Dr. h. c. mult. Nikolaus Schweickart, Museums-Vereins e. V. Maria-Theresia Artmann Bank Julius Bär Deutschland AG Vorsitzender Sylvia von Metzler, Vorsitzende Michael Baum Brunswick Group GmbH Wolfgang Kirsch Priv.-Doz. Dr. Andreas Schmidt-Matthiesen, Kilian Bumiller Deutsche Bank AG Bernd Knobloch stellv. Vorsitzender Jürgen H. und Antje Conzelmann d-fine GmbH Marija Korsch Dr. Christoph Schücking, stellv. Vorsitzender Dr. Oliver Dany Ernst & Young GmbH Wirtschafts­ Dr. Kersten von Schenck Philip Burchard Prof. Dr. Andreas Dombret prüfungsgesellschaft Dr. Philipp Demandt Dr. Andreas Fabritius und Dr. Chiara Zilioli Mayer Brown LLP Kuratorium des Städel Museums Leonhard Fischer Fabritius PPI AG Michael Baum Dr. Andreas Hansert Ernst und Maria Fassbender Hubertus von Baumbach Prof. Dr. Hans-Jürgen Hellwig Ursula Felten Partner des Städel Museums, der Klaus Becker Dr. Gerhard Hess Leonhard Fischer Liebieghaus Skulpturensammlung Dr. Werner Brandt Dr. Stephan Hutter Michael Fuchs und der Schirn Kunsthalle Frankfurt Prof. Dr. Andreas Dombret Bettina Mäckler Katherine Fürstenberg-Raettig Allianz Global Investors Dr. Michael Endres Fritz P. Mayer Jan-Hendrik und Friederike Goldbeck Fraport AG Uwe Fröhlich Prof. Dr. h. c. mult. Nikolaus Schweickart Hans T. und Jutta Gonder Samsung Electronics Katherine Fürstenberg-Raettig Julia Wirtz Birgit und Holger Hagge Dr. Helga Haub Dr. Nikolaus Hensel Kulturpartner Donatus Landgraf von Hessen Susanne Heuer hr2-kultur Prof. Dr. Carl-Heinz Heuer Andreas Hübner und Martina Heß-Hübner Johannes P. Huth Christopher und Stefanie von Hugo Hartmuth A. Jung Helene und Johannes Huth Roland Koch Dr. Matthias Jaletzke Frank Mattern Thomas Jetter Eugen Müller Sigrid Krämer Dr. Joachim von Schorlemer Ann Kathrin Linsenhoff Steffen Seibert Kathrin und Ralf Lochmüller Jerry I. Speyer Fritz P. Mayer Thorsten Strauß Sylvia von Metzler Christian Strenger Dr. Petra und Stephen Orenstein Martin Wiesmann Dr. Ana und Reinfried Pohl Prof. Dr. Norbert Winkeljohann Dr. Hans-Jürgen und Monika Reichardt Karin Wolff Dr. Martin und Charlotte Reitz Eva Wunsch-Weber Ute und Thomas Rodermann Dr. Matthias Zieschang Dr. Helmut Rothenberger Petra und Johannes Schamburg René Scharf Dr. Dirk Schmalenbach Christine und Prof. Dr. Gerhard Schmidt Dr. Diana und Dr. Peter Sewing Sonja Terraneo Heiner Thorborg Thomas Ullrich Claudia Varvelli und Jürgen Gross Eberhard und Sabine Weiershäuser Christian und Monika Zorn

Städelfreunde 1815 Dr. Hendrik Haag und Sybille Franzmann-Haag Anke und Jochen Kleinert Dr. Katarzyna Mazur-Hofsäß Städel Museum Dr. Ina Petzschke-Lauermann Städelsches Kunstinstitut Dr. Klaus und Angela Riehmer und Städtische Galerie Dr. Klaus und Petra Schmitte Schaumainkai 63 Jürgen und Ursula Thamm 60596 Frankfurt am Main Volker Westerborg Tel. +49 69 60 50 98-0 Christina und Tilmann Wittershagen Fax +49 69 60 50 98-111 Karsten Wöckener und Tereza Sipkova www.staedelmuseum.de

263 ABBILDUNGSNACHWEIS

Amsterdam, Dordrecht, Rotterdam, Amsterdam Museum: Kat. Nr. 19, Regionaal Archief: S. 17, Abb. 3 Museum Boijmans Van Abb. 1 | Kat. Nr. 19, Abb. 2 | Kat. Nr. 54, Beuningen | Studio Tromp: Abb. 2 | Kat. Nr. 54, Abb. 3 | Kat. Nr. 62, Frankfurt am Main, Kat. Nr. 58–59, Abb. | Kat. Nr. 64, Abb. Abb. 2 Städel Museum: S. 18, Abb. 4 | Kat. Nr. 1, Museum Boijmans Van ( ) ©Koninklijk Paleis Amsterdam | foto: 2, 3, 8, 9, 10, 12 Umschlag Rückseite , Beuningen | Studio Buitenhof: ( ) Tom Haartsen: Kat. Nr. 15, Abb. 2 14 recto und verso , 16, 17, 18 Kat. Nr. 40, Abb. 1 (recto und verso), 19, 20, 21, 22, 23, Rijksmuseum: Kat. Nr. 15, Abb. 1 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 32, 34, 35, Sankt Petersburg, Kat. Nr. 16–18, Abb. 2 | Kat. Nr. 24, Abb. 36, 37, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 47, 48, Kat. Nr. 27, Abb. | Kat. Nr. 30, Abb. 1 © The State Hermitage Museum | photo 49, 50, 51, 56, 57, 58, 60, 61, 62, 63, 64, by Vladimir Terebenin: Kat. Nr. 51, Abb. Kat. Nr. 30, Abb. 2 | Kat. Nr. 35, Abb. 1 65, 66, 67, 68, 69, 70, 72, 73, 75, 76 Kat. Nr. 35, Abb. 2 | Kat. Nr. 36, Abb. (recto und verso), 77, 78, 79, 80, 81 © St. Petersburg Branch of the Archive of ( Kat. Nr. 41, Abb. | Kat. Nr. 49–50, Abb. Kat. Nr. 13, Abb. 2 | Kat. Nr. 20-21, Abb. 1 the Russian Academy of Sciences SPBB ) Kat. Nr. 60, Abb. 1 | Kat. Nr. 65, Abb. Kat. Nr. 20–21, Abb. 2 | Kat. Nr. 22, Abb. 1 ARAS : Kat. Nr. 40, Abb. 2 Kat. Nr. 74, Abb. | Kat. Nr. 75, Abb. | Kat. Nr. 32, Abb. | Kat. Nr. 54, Abb. 1 Utrecht, Kat. Nr. 78, Abb. 2 | Kat. Nr. 80, Abb. Kat. Nr. 55, Abb. | Kat. Nr. 63, Abb. Het Utrechts Archief: Kat. Nr. 25, Abb. Stadsarchief: S. 15, Abb. 1 | Kat. Nr. 22, Kat. Nr. 72, Abb. | Kat. Nr. 78, Abb. 1 Abb. 2 Kat. Nr. 81, Abb. 2 Städel Museum – U. Edelmann – Nicht in allen Fällen war es möglich, Archiv Gero Seelig: Kat. Nr. 44, Abb. 1 ARTOTHEK: Kat. Nr. 4, 5, 6, 7, 11, 13, Rechteinhaber der Abbildungen ausfindig 15, 33, 38, 45 (Umschlag Vorderseite), Archiv Marius van Dam: Kat. Nr. 34, Abb. zu machen. Berechtigte Ansprüche 46, 52, 53, 54, 55, 59, 71, 74 werden selbstverständlich im Rahmen Archiv Privatbesitz: Kat. Nr. 66–67, Abb. Städel Museum – Ruth Schmutzler: der üblichen Vereinbarungen abgegolten. Abb. der Wasserzeichen Berlin, Bpk | Kupferstichkabinett, SMB | Dietmar Haarlem, Katz: Kat. Nr. 16–18, Abb. 1 | Kat. Nr. 73, Frans Hals Museum | Photo: René Abb. 1 | Kat. Nr. 73, Abb. 2 Gerritsen: Kat. Nr. 62, Abb. 1 Bpk | Museum der bildenden Künste, Teylers Museum: Kat. Nr. 9, Abb. Leipzig | Ursula Gerstenberger: Kat. Nr. 38, Abb. | Kat. Nr. 39, Abb. Kat. Nr. 76, Abb. 2 Kat. Nr. 42, Abb. | Kat. Nr. 43, Abb. Kat. Nr. 60, Abb. 2 | Kat. Nr. 70–71, Abb. Bpk | RMN – Grand Palais | Thierry Kat. Nr. 79, Abb. 1 | Kat. Nr. 79, Abb. 2 Le Mage: Kat. Nr. 44, Abb. 2 Kat. Nr. 81, Abb. 1 Brüssel, Leiden, Koninklijke Musea voor Schone Kunsten Universitaire Bibliotheken Leiden: van België: Kat. Nr. 8, Abb. Kat. Nr. 48, Abb. Den Haag, London, Eric de Vries: Kat. Nr. 13, Abb. 1 ©The Trustees of the British Museum: Mauritshuis: Kat. Nr. 52, Abb. Kat. Nr. 2, Abb. Nederlands Instituut voor Kunst­ geschiedenis: Kat. Nr. 28, Abb. Moskau, The Pushkin State Museum Photography by Photograph-x: of Fine Arts: Kat. Nr. 33, Abb. Kat. Nr. 26, Abb.

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