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Historischer Verein für Ermland Pfingsten 2012 I UNSERE ERMLÄNDISCHE HEIMAT Pfingsten 2012 Mitteilungsblatt des Historischen Vereins für Ermland Jahrgang 58 Nr. 1/2 Primas August Hlond und Bischof Maximilan Kaller Zum Tod von Prof. im Kloster der Schwestern der Christlichen Liebe Dipl.-Ing. Ulrich Fox in Wiedenbrück Was ihm, der nicht von Beruf Histori- Von Hans Jürgen Brandt ker war, die Geschichte bedeutete, das hat er in seiner von vielen hoch ge- Nach sieben Monaten Ehrenhaft in Schwestern um 6.30 Uhr ministrierte, Das Schweigen zur Person des polni- schätzten Autobiographie zum Aus- der sogenannten Burg, dem St. Jo- waren Schwester Oberin, eine kräftige, schen Primas in Deutschland seit 1945 druck gebracht, die den Titel trägt: Süd- sephshaus zu Wiedenbrück, kam der resolute Person, und Kardinal Hlond — nicht zuletzt im Erzbistum Pader- liches Ermland. Aufwachsen, Wegge- polnische Primas Kardinal August eine imponierende Erscheinung. In born — hat seinen Grund. Es hängt mit hen, Ankommen. Die erinnerte Ge- Hlond am 8. April 1945 wieder in Frei- der Distanz von zwei Jahrzehnten be- der Verschiebung der Deutschlandkar- schichte seines Lebens in Alt Warten- heit.* Die Gestapo hatte ihn und seinen zeichnete Pater Filipiak die sieben Mo- te von Ost nach West und der Vertrei- burg unter zwei Diktaturen, im Jahre Sekretär Pater Bolesław Filipiak am 8. nate Internierung bei den Schwestern bung der deutschen Bevölkerung aus 1959 das Abschiednehmen von der Hei- August 1944 im Kloster der Schwestern in Wiedenbrück, wie gleich dargelegt Ost- und Westpreußen, Schlesien und mat, die ihn geprägt hat, die neuen Her- der Christlichen Liebe interniert. Vor wird, als klasztorne wiezienie - Kloster- dem Sudentenland infolge des letzten ausforderungen in der Bundesrepublik - allem die letzten Kriegstage hatten Ner- haft; unter den damaligen Umständen Weltkriegs zusammen. Es war Primas die erinnerte persönliche Lebensge- ven gekostet. So war Erzbischof Lorenz eine selten milde Form von Freiheits- Hlond, der nach seiner Rückkehr aus schichte war für ihn außerhalb seines Jaeger aus Paderborn, als Bauer ge- entzug. Wiedenbrück die deutschen Ordina- eigentlichen Berufes der innerste An- tarnt auf einem Ackerwagen, in der rien in Branitz, Breslau, Frauenburg, trieb für ein vielfältiges gesellschaftli- Burg erschienen und hatte den Primas Ein verschwiegenes Kapitel Glatz und Schneidemühl zur Resignati- ches Engagement. Dafür charakteri- gedrängt, in Zivil zu fliehen. Er habe Merkwürdigerweise hat das Thema on zwang und ausweisen ließ. Den stisch ist sein unermüdlicher Einsatz für Kenntnis, dass ihn die SS auf Befehl Hlond in Wiedenbrück nie das Interes- Danziger Bischof Dr. Carl M. Splett ent- ehemalige KZ- und Ghetto-Häftlinge in Adolf Hitlers vor dem Einmarsch der se der deutschen oder wenigstens der hob er seines Amtes zwei Tage nach Polen und anderen Ländern Ostmittel- Alliierten liquidieren solle. Auch hatte westfälischen Kirchenhistoriker ge- dessen Verhaftung im August 1945. Da- europas im Rahmen des Maximilian- ein Standgericht am Karsamstag den weckt. In Wiedenbrück besitzen weder mit überschritt er bei Weitem die ihm Kolbe-Werkes. Wiedenbrücker Pfarrdechant Emil das Stadtarchiv noch das Pfarrarchiv vom Heiligen Stuhl erteilten Sonder- Nicht zuletzt hat das aus der eigenen Schnüttgen wegen Hissens der weißen von St. Aegidii irgendwelche Hinweise vollmachten, wie er selbst vor seinem Biographie erwachsene Interesse an der Fahne zum Tode verurteilt, allerdings auf die Internierung des polnischen Tod einräumte. Es entbehrt nicht der Geschichte Ulrich Fox zu zahlreichen hi- der zügige Einmarsch der Amerikaner Primas in der Stadt. Fehlanzeige mel- Komik, dass in den gleichen Zimmern storischen Forschungsarbeiten ange- am Ostersonntag die Vollstreckung ver- den auch das Hauptstaatsarchiv Det- der Wiedenbrücker Burg, in denen er regt. Aus vielen Archiven in Deutsch- hindert. Nun warteten der Primas und mold, das die einschlägigen Gestapoak- und sein Kaplan Asyl gefunden hatten, land und Polen hat er umfangreiches sein Sekretär auf die Rückkehr nach ten verwahrt, und das Erzbistumsar- 1946 der von ihm abgesetzte Bischof Quellenmaterial erschlossen und für Polen. Seitdem war eine Woche ver- chiv Paderborn, in dem der Nachlass von Ermland, Maximilian Kaller, und Darstellungen zur kirchlichen Zeitge- gangen, bis auf Initiative von Dechant von Kardinal Jaeger kriegsbedingt nur dessen Kaplan Gerhard Fittkau Unter- schichte Ermlands unter nationalsoziali- Schnüttgen ihre Abreise erfolgen konn- rudimentär erhalten und noch nicht ge- kunft fanden. Dem von Hlond amtsent- stischer und kommunistischer Diktatur te. Ein wörtliches Zitat Hlonds aus die- ordnet ist. Die literarische Hlond-Absti- hobenen Großdechanten von Glatz, ausgewertet. Dabei war ihm besonders sen sieben Monaten überliefert die nenz in Deutschland steht in Gegensatz Monsignore Franz Monse, gab Pfarrde- wichtig zu zeigen, dass trotz der rigoro- Chronik des Hauses. Zu Schwester zur blühenden Hlond-Literatur in Po- chant Schnüttgen im Pfarrhaus von St. sen Minderheitenpolitik der beiden Re- Marciosa, der Oberin, sagte er einmal: len, wo der Episkopat und der Salesia- Aegidii ein Obdach. gime die deutsch und polnisch spre- So ein Kardinal ist ein lästig Ding. Der nerorden, dem der Primas angehörte, chenden Menschen in den Gemeinden Satz lässt darauf schließen, daß Primas dessen Seligsprechung anstreben. Al- Augenzeugenberichte seiner Heimat zumeist friedlich mit ein- Hlond im Wiedenbrücker Exil seine lerdings fällt auf, daß Hlonds Wieden- Über den Aufenthalt Hlonds in Wie- ander gelebt haben. Seine vergleichen- Hände durchaus nicht in den Schoß brücker Exil durchweg nur kurz er- denbrück existieren drei schriftliche de Abhandlung über den Gebrauch der legte und Ansprüche äußerte. Wie sich wähnt wird. Die erträglichen Haftbe- Augenzeugenberichte. Muttersprache im Gottesdienst im südli- ein noch lebender Zeitzeuge erinnert, dingungen im St. Josephshaus passen chen Ermland 1930-1956 erschien 2006 der damals in der Burg bei der mor- offensichtlich nicht in das hagiogra- Erster Bericht in der Festschrift für den polnischen Hi- gendlichen Konventsmessse der phisch-national ausgerichtete polni- Der erste Bericht stammt aus der Fe- storiographen des Ermlands Janusz Ja- sche Hlond-Bild. Die Vermittlerrolle der des Salesianerpaters Boleslaw Fili- sinski. So ist er mit seinen Forschungen der Erzbischöfe Bertram von Breslau piak, der Kardinal Hlond als Kaplan auch ein wichtiger Brückenbauer der * Mit freundlicher Genehmigung des und Jaeger von Paderborn, die das Exil und Sekretär begleitete. Er veröffent- Versöhnung zwischen Deutschen und Autors und des Verlags F. W. Cordier, Hlonds in Wiedenbrück im Sinne einer lichte ihn — hier aus dem Polnischen Polen geworden. Heiligenstadt, leicht gekürzter Nach- Ehrenhaft ermöglichte, kommt gar ins Deutsche übertragen — offensicht- Neben mehreren Beiträgen zu einer druck (ohne Anmerkungen und Ab- nicht zur Sprache. Im Rahmen des Ka- lich anhand von Tagebuchnotizen unter Biographie Maximilian Kallers als Pfar- bildungen) des Beitrags, den unser nonisationsprozesses in der Causa dem Titel Niektóre wiadomosci (Einige rer auf Rügen und als ermländischer Bi- Mitglied Prälat Prof. Dr. Hans Jürgen Hlond, der seit Jahren abgeschlossen Neuigkeiten) im Jahre 1965 in Rom. schof widmete sich Fox der prosopogra- Brandt unter dem Titel So ein Kardi- ist, hätten von den Agenten vorschrifts- Filipiak schreibt: Als die alliierten phischen Erforschung ermländischer nal ist ein lästig Ding! Zur Klosterhaft gemäß auch die noch in Wiedenbrück Luftangriffe immer stärker wurden, sei- Priester im 20. Jahrhundert, ihrer unter des polnischen Primas Hlond lebenden Augenzeugen und das Ar- en Primas Hlond und er am 28. August verschiedenen politischen und gesell- 1944/45 in Wiedenbrück und zur chiv der Schwestern der Christlichen 1944 nach Metz transportiert und im schaftlichen Bedingungen ausgeübten Rolle seines Protektors Erzbischof Liebe zur Person Hlond befragt werden Hotel Cecile untergebracht worden. Die praktischen Seelsorge in den Gemein- Lorenz Jaeger zuerst veröffentlicht müssen — was nicht geschah. Die ein- Mahlzeiten hätten sie unter Aufsicht der den. Eine große Abhandlung über sei- hat in: Jahrbuch für mitteldeutsche schlägigen schriftlichen Zeugnisse zum Gestapo in dem als deutsches Ofliziers- nen Heimatpfarrer Erzpriester Maximili- Kirchen- und Ordensgeschichte 6 Aufenthalt Hlonds im Archiv der kasino dienenden Restaurant des Ho- an Tarnowski als Seelsorger im Deut- (2010) S. 155-176. Dort auch alle Schwestern der Christlichen Liebe wer- Nachweise. den hier erstmals veröffentlicht. Fortsetzung auf Seite II Fortsetzung auf Seite II (Randspalte) II Pfingsten 2012 Historischer Verein für Ermland Fortsetzung von Seite I (Randspalte) Fortsetzung von Seite I Vom Ende der Internierung Hlonds In der Chronik heißt es wörtlich: Am und Filipiaks heißt es: Den folgenden Mittwoch, dem 18. Oktober [1944], er- schen Reich und in Volkspolen konnte tels Royal eingenommen. Am 30. Au- Nachmittag [6. April] kam ein amerika- warteten wir hohen Besuch. Der Hoch- er noch druckfertig machen, sie wird im gust habe man sie frühmorgens zum nischer Geistlicher, um den Herrn Kar- würdigste Herr Erzbischof Lorenz von diesjährigen Band der Zeitschrift für die Bahnhof des unweit liegenden Hagen- dinal Hlond zu sprechen. Er hatte am Paderborn traf gegen 10 Uhr vormit- Geschichte und Altertumskunde Erm- dingen gebracht, weil Metz wegen der Morgen in der Pfarrkirche zelebriert tags, von Varensell kommend, hier