Festschrift Für Robert Steigerwald

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Festschrift Für Robert Steigerwald FESTSCHRIFT FÜR ROBERT STEIGERWALD PHILOSOPHIE UND POLITIK Festschrift für Robert Steigerwald Herausgegeben von Willi Gerns, Hans Heinz Holz, Hermann Kopp, Thomas Metscher und Werner Seppmann in Zusammenarbeit mit der Marx-Engels-Stiftung, Wuppertal Neue Impulse Verlag Der Druck dieses Buches wurde durch zahlreiche Spenden ermöglicht. Die größte ist den langjährigen Freunden Robert Steigerwalds und der Marxistischen Blätter, dem kommunistischen Wissenschaftler-Ehepaar Doris Grieser Marquit und Erwin Marquit aus Minneapolis (Minnesota/USA) zu verdanken, die zweitgrößte der Düsseldorfer Genossin und antifaschis- tischen Widerstandskämpferin Maria Wachter, die am 21. April 2005 in geistiger Frische ihren 95. Geburtstag und ihre 75-jährige Zugehörigkeit zur kommunistischen Bewegung feiert. © 2005 Neue Impulse Verlag GmbH, D-45127 Essen, Hoffnungstr. 18 Fon 0201-24 86 482 • Fax 0201-24 86 484 • [email protected] Alle Rechte vorbehalten Druck: DIP Digital Print, Witten Die Deutsche Bibliothek – CIP Einheitsaufnahme Ein Titeldatensatz für diese Publikation ist bei der Deutschen Bibliothek erhältlich. ISBN 3-910080-56-1 EUR 19.80 (D) INHALT Vorwort S. 9 Robert Steigerwald Fragen, nichts als Fragen S. 13 Renate Wahsner «… der Sozialismus, seitdem er eine Wissenschaft geworden, …» Gibt es überhaupt Umbrüche in einer Wissenschaft? S. 20 Hermann Klenner «Die Natur hat gewollt…» – kontinuierlichen Krieg oder immerwährenden Frieden? S. 34 Werner Seppmann Abschied von der Dialektik? S. 48 András Gedö Dialektik der Negation oder Negation der Dialektik? Die «Frankfurter Schule» im Lichte des Marxismus S. 64 Alessandro Mazzone Menschenrechte und Rechte der Menschheit S. 86 Manfred Buhr Spekulatives Denken? S. 107 Manuel Kellner Fortschritt zu Höherem? Vorsicht, Falle! Fehler vermeiden mit Hilfe von Stephen Jay Gould S. 118 Thomas Metscher Kultur, Ästhetik, Naturästhetik. Ein theoretischer Entwurf S. 126 Morus Markard Kann es heute noch verallgemeinerbare Interessen geben? S. 149 Wolfgang Jantzen Genesis und Zerfall von sozialem Sinn Methodologische Annäherungen S. 163 Helga E. Hörz und Herbert Hörz Ist der Mensch am Ende? Philosophisch-ethische Fragen zur Autonomie des Individuums S. 181 Erich Hahn Eine dritte Lukács-Rezeption S. 197 Arnold Schölzel Karl Korsch 1923: Philosophie und Praxis S. 209 Harald Neubert Zum Herrschaftsmechanismus im Kapitalismus und zu Problemen der Formierung pro-sozialistischen Bewusstseins S. 220 Peter Schreiber Jenseits der Erinnerungspolitik. Überlegungen zu Chancen marxistischer Arbeit an der Geschichte S. 236 Georg Fülberth Die Schlesinger-Affäre S. 248 Erwin Marquit Politische und ökonomische Folgen der verfrühten Vergesellschaftung der Landwirtschaft in der Sowjetunion S. 261 Hans Heinz Holz Die Verfassung der Sowjetunion von 1936 S. 280 Uwe-Jens Heuer Noch einmal zum Demokratiebegriff S. 293 Günter Judick Ohne Vorbehalte nach neuen Wegen zum Sozialismus suchen S. 306 Willi Gerns Von der Grundsatzerklärung bis zu den Hamburger Thesen. Zwei Jahrzehnte programmatische Arbeit in der DKP S. 316 Hans-Peter Brenner Robert Steigerwald und die Auseinandersetzung um die antimonopolistische Strategie der DKP S. 330 Wolfgang Richter Die Stadt als Produktionsverhältnis: umkämpftes Terrain im globalisierten Kapitalismus S. 349 Ekkehard Lieberam, Herbert Münchow Die Parteienfrage aus marxistischer Sicht S. 361 Heinz Stehr Bedingungen eines Politikwechsels S. 388 Hans-Joachim Krusch Marxistische Programmatik muss Gegenwartsaufgaben, Etappenziele und sozialistisches Fernziel verbinden S. 393 Wolf-Dieter Gudopp-v.Behm Gescheitert? Annäherung an den politischen Realismus S. 402 Mitarbeiter des Bandes S. 417 VORWORT Eine Festschrift zu seinem 80. Geburtstag? Als Robert Steigerwald unsere entsprechenden Pläne zum ersten Mal zu Ohren kamen, war er nicht gerade begeistert. Denn wenn ihm etwas lästig ist, dann ist es jegliches Aufhebens um seine Person. (Als er die «Gefahr» auf sich zukommen sah, von seinen politischen Weggefährten anlässlich seines 70. und dann 75. Geburtstags gefeiert zu werden, hat er sich dem erfolgreich durch die Flucht ins Ausland entzogen.) Aber als disziplinierter deutscher Kommunist hat er sich zunächst ins Unver- meidliche geschickt («Die Genossen werden sich schon was dabei gedacht haben», um den bekannten Kalauer zu zitieren) und schließ- lich sogar ein bisschen Feuer gefangen: Ist dieses Projekt doch eine weitere Möglichkeit für die Verbreitung marxistischen Aufklärungs- denkens, für die Eindämmung geistiger Desorientierung und die Propagierung selbstbestimmter Lebensverhältnisse. Die Festschrift, die traditionelle – ebenso bürgerliche wie akademische – Form, ei- nen Wissenschaftler zu ehren, verweist in Steigerwalds Falle zwangs- läufig auch auf die politische Dimension und somit auf das zentrale Anliegen seiner theoretischen Aktivitäten: die Erkämpfung einer auf Vernunft gegründeten, gerechten und menschenwürdigen, eben ei- ner sozialistischen Gesellschaft. Die Verbindung von Politik, Philosophie und Gesellschaftstheo- rie ist für das Denken Robert Steigerwalds grundlegend. Oft hat er sich aus politischen Erwägungen auf ein bestimmtes Thema gestürzt, weil er die Notwendigkeit zu größerer Klarheit in einer bestimmten Entscheidungssituation sah, oft aber auch, weil dem geistigen Ein- fluss der Herrschenden nur durch die scharfe Auseinandersetzung mit ihren Denkansätzen zu begegnen war. Immer wieder beschäfti- gen sich seine Texte mit der «Kritik der bürgerlicher Ideologie» (so hieß eine von Steigerwald mit herausgegebene Schriftenreihe des Akademie Verlages). Sie sind Reaktionen auf die penetranten Versu- che machtverfallener Ideologen (im philosophischen und wissen- schaftlichen Gewande), die Perspektivlosigkeit der spätbürgerlich- kapitalistischen Gesellschaft zum «Bankrott der Vernunft» (G. Lukács) 9 und die Erscheinungsformen der Krise zum Ausdruck einer prinzi- piellen Absurdität der menschlichen Existenz umzudichten. Trotz aller Unterschiede prägen zum Verwechseln ähnliche Inhalte das bürgerliche Legitimationsdenken von Nietzsche bis zum Postmo- dernismus: «die Zurücknahme des Fortschrittsbegriffs, die Relati- vierung des Wahrheitsproblems, die Irrationalisierung der Geschichte und davon abgeleitet die Aristokratisierung der Erkenntnis bzw. des Erkenntnisproblems (Erkenntnis ist nicht allen und jedem Menschen zugänglich), die Leugnung gesellschaftlicher Entwicklung und da- mit gesellschaftlicher Gesetze, ihre Ästhetisierung, die Verbreitung pessimistischer und nihilistischer ethischer Vorstellungen und davon abgeleitet die Propagierung einer menschenverachtenden Moral, schließlich der bewusste Verzicht auf systematische Weltsicht». (R. Steigerwald) Aber Steigerwalds theoretische Interventionen gehen in der prak- tischen Absicht, das Herrschaftsdenkens zu delegitimieren und mehr Klarheit fürs politische Handeln zu gewinnen, nicht auf. Dafür ist sein Vergnügen am Denken wie seine theoretische Neugier zu groß. Er liebt es, auch dann Fragen zu stellen, wenn eine befriedigende Antwort noch nicht gegeben werden kann – und das nicht erst seit 1989/90, wie sein inzwischen zwanzig Jahre alter Diskussionsbei- trag zu einem DDR-Philosophenkongress verrät, den wir bewusst dem Reigen der Festbeiträge vorangestellt haben. Robert Steigerwalds Beiträge zur Marxismus-Diskussion, seine Parteinahme für die materialistische Dialektik als Bewegungsprinzip der Realität und Analyseinstrument umwälzender Praxis, die Ein- griffe zur Verteidigung des Marxschen Denkens und die Anstren- gungen zu dessen Verbreitung, insgesamt seine Aktivitäten zur Über- windung intellektueller Selbsttäuschungen haben sichtbare Spuren hinterlassen. Nicht jede Intervention und nicht jede Interpretations- variante mag in historischer Perspektive Bestand haben. Doch hat Steigerwald, wie wenige andere, aus den historischen Umbrüchen intellektuelle Konsequenzen gezogen, ohne seinen historisch-mate- rialistischen Orientierungen und seinen kommunistischen Grund- überzeugungen untreu zu werden. So gehörte Robert Steigerwald im Unterschied zu nicht wenigen ehemaligen SED- und späteren PDS-Funktionären, die 1989/90 von der «demokratischen Revolution» in der DDR schwärmten, zu de- nen, die die Entwicklungen beim Namen nannten. In einer Notiz 10 der FAZ (12.2.1990) wird er denn auch als «eines dieser alten Schlacht- rösser» bezeichnet, die «in ihrem verstockten Sinne ehrlich – gesagt (haben), was in der DDR vorgeht: ein konterrevolutionärer Prozess». In der Folgezeit war er bemüht, daran mitzuarbeiten, selbstkritisch bei den Kommunisten liegende Fehlentwicklungen aufzudecken, die dazu beigetragen haben, dass die Konterrevolution siegen konnte. Seine Analyse der Gründe für die historische Niederlage des So- zialismus ist tiefgründig und konsequent, schreckt auch vor dem Bruch mit traditionellen Tabus nicht zurück, wie etwa seine Bro- schüre «Kommunistische Stand- und Streitpunkte» beweist. Steiger- wald hat deshalb einen wesentlichen Anteil daran, dass die Marxisti- schen Blätter, für die er seit über 40 Jahren schreibt, deren Chefre- dakteur er in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre war und zu deren engagiertesten Redaktionsmitgliedern er bis heute gehört, oder die Marx-Engels-Stiftung, der er seit etlichen Jahren vorsteht, durch pro- duktive Offenheit geprägt sind und dass die Chance besteht, sie zu Kulminationspunkten bei einem Aufschwung kritischen Denkens werden zu lassen. Robert Steigerwalds wissenschaftliche Grundlagentexte und sei- ne ideologiekritischen Interventionen auf der Ebene philosophischer Abstraktion sind von der Vielzahl populärer
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