junge Welt Mittwoch, 25. August 2010, Nr. 197 antifa 15 Montag: politisches buch | Dienstag: betrieb & gewerkschaft | Mittwoch: antifa | Donnerstag: wissenschaft & umwelt | Freitag: feminismus | Samstag: geschichte

Braune Schläger greifen Party an Aufrecht gegen Nazis Me e r a n e . Im sächsischen Meera- ne (Landkreis Zwickau) haben in der Nacht zum Sonntag etwa Leben einer »Unverbesserlichen«: Zum Tod der Düsseldorfer Antifaschistin und Kommunistin 30 Neonazis die Gäste einer Maria Wachter Von Hans Daniel Party attackiert. Nach Anga- ben der Polizei überfielen die Rechten gegen 2 Uhr die private b sie stolz sei auf ihr Alter, und anschließender Haft im KZ Ra- Feier von 15 Angehörigen der wurde Maria Wachter gefragt, vensbrück. Davor bewahrte sie die Be- linken Szene. Dabei erlitten Oals sie am 21. April dieses Jah- freiung Mitte April 1945. sieben junge Männer Verletzun- res in Düsseldorf im Kreis von Freun- Wieder in Düsseldorf erlebte sie gen, vier mußten im Kranken- den und Genossen ihren 100. Geburts- bald, daß der Antikommunismus er- haus behandelt werden. Es sei tag beging. Auf ihr Alter sei sie nicht neut zur Staatsdoktrin wurde. Anti- einer der schimmsten Angriffe stolz, dafür könne sie ja nichts. »Aber faschisten wurden aus den Ämtern von Neonazis in Meerane seit ich bin natürlich stolz darauf, jetzt fast gedrängt, 1951 wurde die FDJ verbo- Jahren gewesen, sagte Stadtrat 80 Jahre der Kommunistischen Par- ten, die Vereinigung der Verfolgten Lothar Schilling (Die Linke) tei anzugehören«, sagte Wachter. Im des Naziregimes (VVN) wurde mit am Dienstag gegenüber junge September wollte sie dieses Jubiläum Verbot bedroht. 1956 dann wurde die Welt. Schilling kündigte an, daß feiern. Nun ist Maria Wachter, eine KPD erneut in die Illegalität gedrängt. seine Partei den Überfall am der letzten Überlebenden des antifa- Unter der Beschuldigung, gegen das kommenden Dienstag im Stadt- schistischen Widerstandskampfes in Urteil verstoßen und die illegale Be- rat auf die Tagesordnung setzen Nordrhein-Westfalen am vergangenen triebsgruppe der Partei im Stahlwerk werde. Laut MDR ermittelt die Mittwoch in Düsseldorf gestorben. Oberbilk angeleitet zu haben, wurde Staatsschutzabteilung der Kri- Das Leben einer aktiven Teilnehmerin sie 1958 inhaftiert und vor Gericht minalpolizei wegen Verdachts an den Kämpfen des kommunisti- gestellt. Eine »Unverbesserliche« sei des Landfriedensbruchs und schen Widerstandes gegen Krieg und sie, hatten die Richter mit Verweis auf gefährlicher Körperverletzung Faschismus hat sich erfüllt. »Es ist die ihnen vorliegenden -Akten gegen vier Männer im Alter von eine Pflicht, gegen die alten und neuen befunden. Wachter mußte zwar freige- 20 bis 29 Jahren. (jW) Nazis auf die Straße zu gehen und zu sprochen werden, die Opferrente als verhindern, daß sie ihre Propaganda Verfolgte des NS-Regimes wurde ihr verbreiten können«, mahnte sie immer jedoch abgesprochen. NPD forciert Fusion wieder. Viele Jahre wirkte Maria Wachter in mit DVU Wachter wuchs in einer sozialde- der Bundesgeschäftsstelle der VVN- mokratisch geprägten Familie auf. BdA in /Main. Zuletzt war sie Be r l i n . Die NPD will noch in Über den kommunistischen Arbeiter- Ehrenvorsitzende der Verfolgtenorga- diesem Jahr die geplante Verei- sportverein »Dynamo« kam sie 1930 nisation in Nordrhein-Westfalen. Mit nigung mit der DVU abschlie- zu KPD. Ein Jahr später wurde sie großem Engagement widmete sie sich ßen. Das teilte Parteichef Udo Mitglied der vom Schauspieler und der Erinnerung an den antifaschisti- Voigt am Montag in Berlin mit. späteren Intendanten des Düsseldorfer schen Widerstand. Dem Förderverein Am Wochenende habe sich der Schauspielhauses und des Deutschen der Düsseldorfer Mahn- und Gedenk- Parteivorstand »nahezu einstim- Theaters in Berlin Wolfgang Lang- stätte gehörte sie als Ehrenmitglied an. mig« für die Annahme des Fusi- hoff betreuten Agitprop-Theaterguppe üsseldorf D und G edenkstätte Die »Volksvertreter« der Stadt konnten onsvertrages ausgesprochen, so

»Nord-West-Ran« in Düsseldorf. Als M ahn - sich nicht zu einer öffentlichen Ehrung Voigt in einer Presseerklärung. am 26. Januar 1932 , der Maria Wachter im Jahr 1934 als 24jährige der Frau aufraffen, die so aufrecht Die NPD plant, die Fusion auf »Führer« der faschistischen NSDAP durch das Leben gegangen ist. Im Sep- einem Sonderparteitag am 6. im Düsseldorfer Industrieclub vor ßend besuchte sie bis 1937 die interna- anderem in die Oetkerwerke und die tember 2008 verweigerte der Rat der oder 7. November zu beschlie- 300 Bank- und Konzerchefs sein Pro- tionale Leninschule in Moskau. Über Fahrradfabrik Dürkopp. Als »feindli- Stadt in Koalition von CDU/FDP/SPD ßen. Die Zustimmung des gramm vorstellen konnte, gehörte sie den Pariser Exilvorstand der KPD kam che Ausländerin« wurde sie 1939 in bei Stimmenthaltung der Grünen und DVU-Parteivorstandes steht zu der großen Schar der Demonstran- sie als sogenannte Instrukteurin zu der verhaftet und im Frauenstrafla- eines SPD-Ratherrn die Zustimmung noch aus. Laut Verfassungs- ten, die vor dem feudalen Parkhotel in sitzenden Abschnitts- ger Rieucros (Cevennen) interniert. zum Antrag der Linken auf Verleihung schutz verfügt die DVU derzeit mahnten und warnten: »Wer Hitler leitung West der KPD. Bis 1939 reiste Über 13 verschiedene Haftanstalten der Ehrenbürgerschaft. über etwa 4 500 Mitglieder, wählt, wählt den Krieg«. sie in dieser Funktion regelmäßig mit erfolgte zur Jahreswende 1942/43 der u Die Trauerfeier für Maria Wachter bei der NPD sind es demnach Von 1933 bis 1935 lebte sie in ihrer gefälschten Papieren zur Betreuung Transport nach Düsseldorf. Es folgte findet am 20. September, ab 13.20 Uhr, knapp 7 000. (jW) Heimatstadt als Mitglied einer Wider- der im Bielefelder Raum wirkenden ein Prozeß in , die Verurteilung in der Kapelle des Stoffeler Friedhofs, standsgruppe im Untergrund. Anschlie- Widerstandsgruppen der KPD, unter zu einer dreijährigen Zuchthausstrafe Bittweg 60, in Düsseldorf statt. Rechtsrock in Eschede

Es c h e d e . Am vergangenen Sams- Proteste gegen rechte Gewalt im Kiez tag haben sich etwa 600 Neona- zis zu einem Rechtsrockkonzert In Berlin-Weißensee wehren sich Jugendclubs nach Überfällen. CDU-Politiker fordert Verbot von Antifademo im niederrsächsischen Eschede versammelt. Das teilte das In- n Berlin-Weißensee wollen Neo- re Angriffe auf den Jugendclub »Bunte Bewohner dies mit Gleichgültigkeit Weißenseer Blumenfest läuft, ist diese ternetportal npd-blog.info am nazigegner am Samstag gegen rech- Kuh«. Mitte Juli versuchten Aktivisten quittieren. Weiter heißt es: »Wenn von veranstaltungsfremde Gewalt – falls es Dienstag mit. Demnach sollen Ite Gewalt und braune Propaganda der FN Berlin-Mitte gleich zweimal in- Behörden (…) von einem ›gegensei- dazu kommt – deutlich schwerer zu die Konzertbesucher aus dem demonstrieren. Nach Auffassung von nerhalb weniger Tage, die Einrichtung tigen Hochschaukeln zwischen links kontrollieren als zu einem Zeitpunkt gesamten Bundesgebiet und Antifaschisten sind es die Anhänger der zu überfallen. Mit sich führten sie Tele- und rechts‹ die Rede ist, dann kann ohne parallel laufende Großveranstal- vereinzelt auch aus dem europä- »Freien Nationalisten Berlin-Mitte« skopschlagstöcke, Messer, Schlagringe dem nur entgegengehalten werden, daß tung«, so Stettner weiter. Unklar ist ischen Ausland angereist sein. (FN Berlin-Mitte), auf deren Konto ein und Holzlatten. In einem Fall verhinder- es keine ›Gewaltspirale‹ gibt, sondern noch, ob sich die Versammlungsbehör- Organisiert wurde das Konzert Großteil der rechten Aktionen gehen. ten Polizisten, daß Schlimmeres passier- eine Konfrontation, die klar von orga- de von dieser Panikmache beeinflussen laut npd-blog.info von Marcus Nach dem Verbot mehrerer Kamerad- te. Beim nächsten Mal gelang es linken nisierten Neonazis ausgeht«. läßt. Auf jW-Anfrage, ob er das von Winter, einem Neonazikader, schaften in der Stadt fanden parteiunab- Jugendlichen selbst, die Neonazis in die Daß dieses »Links gleich rechts«- den Jugendeinrichtungen vertretene der auch Anmelder der Aufmär- hängige Neonazis in der 2009 gegrün- Flucht zu schlagen. Schema keineswegs nur bei Behörden Anliegen, gegen rechte Angriffe zu sche in Bad Nenndorf ist. deten, extrem gewalttätig auftreten- Die »Bunte Kuh« hat ihre Räume großen Anklang findet, bekamen die protestieren, berechtigt finde, erklärte Bei den Vorkontrollen soll den Gruppe ein Betätigungsfeld. Die im Kultur- und Bildungszentrum (Ku- Organisatoren auch im Vorfeld ihrer Stettner am Dienstag: »Selbstverständ- die Polizei Verstöße gegen das Mitglieder der FN Berlin-Mitte sind BiZ) in der Bernkasteler Straße. Sie Kundgebung zu spüren. Dirk Stettner, lich ist es sinnvoll, gegen Extremisten Waffengesetz festgestellt haben, zumeist sehr jung, der Kern der rech- ist Neonazis wegen ihres antifaschisti- Pankows CDU-Vorsitzender, schrieb in und Gewaltbereite jeglicher Ausrich- zudem wurden Ermittlungsver- ten Truppe wird auf 15 Personen ge- schen Selbstverständnisses seit 20 Jah- diesen Tagen einen Brief an Berlins tung zu demonstrieren«. fahren wegen der Verwendung schätzt. Zuletzt wurde die Internetseite ren ein Dorn im Auge. Martin Sonnen- Polizeipräsidenten, in dem er ein Ver- Daß es Stettner und sein Pankower von Kennzeichen verfassungs- der Gruppe gesperrt, weil darauf einem burg vom Vorbereitungsbündnis »Kein bot der Kundgebung forderte. Es sei CDU-Parteiverband allerdings gerade widriger Organisationen ein- Journalisten, der über ihre Aktivität be- Kiez für Nazis« betont im jW-Gespräch zu befürchten, daß »erst durch diesen mit der Abgrenzung nach rechts anschei- geleitet. Eine antifaschistische richtete, Gewalt angedroht wurde. die Bedeutung von »Bunter Kuh« und Aufmarsch radikale und gewaltbereite nend nicht so ernst meinen, ließ sich bis Demonstration wurde nur unter Anlaß einer von Jugendeinrichtungen, KuBiZ. Sie seien »im Kiez die einzigen Menschen nach Weißensee ›gezogen‹ gestern noch auf der von ihm verantwor- strengen Auflagen an einem alternativen Clubs, der Partei Die Linke Einrichtungen, in denen die Jugendli- werden«, orakelte der CDU-Politiker, teten Website des CDU-Ortsverbandes anderen Ort gestattet. Die Or- und Antifagruppen unterstützten Kund- chen selbstverwaltet Kultur und Politik der zugleich Vorsitzender eines lo- Weißensee feststellen. Unkommentiert ganisatoren zogen daraufhin gebung mit anschließender Demo unter machen können«, so Sonnenburg. kalen Vereins ist. Dieser richtet am erschien dort eine Meldung der rechten die Anmeldung zurück, da die dem Motto »Kein Kiez für Nazis« am Die Veranstalter der Kundgebung Wochenende einige Meter vom Kund- Zeitung Junge Freiheit über »linksextre- Proteste nicht mehr in Hör- Samstag nachmittag (14 Uhr, Mahler- am Samstag beklagen in ihrem Aufruf, gebungsort entfernt das traditionelle me Gewalt« mit Link zu deren Website. und Sichtweise an die rechten str./Bizetstr.) sind eine Häufung rechter daß in Weißensee gerade an den Aben- »Blumenfest« aus, das seit Jahren auch Nach einer jW-Anfrage wurde der Text Adressaten hätten gerichtet wer- Aktivitäten im Ortsteil Weißensee seit den öffentliche Plätze zu Treffpunk- immer wieder Neonazis anzieht. »Wäh- entfernt. Lothar Bassermann den können. Mai 2010. Darunter fielen auch mehre- ten rechter Cliquen werden und viele rend eine Großveranstaltung wie das u http://keinkiezfuernazis.blogsport.eu  (jW)