AUS DEM VERBAND VOM RHEIN BIS ZUR ODER Maria Wachter wird 100 Ein widerständiges Leben

Die Ehrenvorsitzende der VVN- Schule in Moskau. Von 1937 bis BdA von NRW Maria Wachter 1939 arbeitete sie in wird 100 Jahre alt. für die Abschnittsleitung West der KPD und reiste in dieser Zeit im- Am 21. April 1910 wurde sie in mer wieder mit gefälschten Papie- Düsseldorf geboren. 1930 wurde ren nach Deutschland, um Wider- sie Mitglied der KPD, seit 1931 standsgruppen im Raum spielte sie in der von Wolfgang zu unterstützen. Langhoff gegründeten Agit-Prop- 1939 wurde Maria in ver- Gruppe »Nordwest-Ran«. Mit die- haftet und in Rieucros interniert. Maria Wachter auf ser Gruppe trat sie auch 1932 vor Nach ihrer Verhaftung durch die einer Delegierten- dem Gebäude des Industrieclubs deutschen Besatzer wurde sie konferenz der VVN- auf, wo Hitler seinen Pakt mit der 1942 in Deutschland mit einer BdA in Düsseldorf Ruhrindustrie schmiedete, um Zuchthausstrafe belegt, die sie im Februar 2008. Krieg und Faschismus vorzuberei- erst im Zuchthaus Anrath absaß; ten. dann wurde sie zur Zwangsarbeit angeordneten Verbringung in das an der Arbeit der VVN-BdA, deren Von 1933 bis 1935 war Maria in einem Rüstungsbetrieb nach KZ Ravensbrück. Mitglieder ihr herzlich zum Geburts- Wachter im illegalen Widerstand Steinhagen in Westfalen ge- Seit Gründung der VVN ist Ma- tag gratulieren und voll Dankbar- in Düsseldorf, dann ging sie von bracht. Die Befreiung im April ria Wachter ihr aktives Mitglied. keit auf ihr Wirken blicken. 1935 bis 1937 auf die Lenin- 1945 rettete sie vor der bereits Sie nimmt bis heute regen Anteil U.S. Ein halbes Jahrhundert auf dem Weg Der Ostermarsch wird 50 und ist noch immer notwendig »Schon einmal hat man dem aufrüstung. Ihre Aussagen waren Bertrand Russell; Studentenpfarrer deutschen Volk den Vorwurf ge- nicht nur gegen »die Bombe«, son- Martin Schröter. Koordinator war Auswahl von Veranstaltungen macht, geschwiegen zu haben, dern auch – siehe oben – gegen die bis 1964 der Hamburger Lehrer 50 Jahre Ostermarsch wo mutige Worte und Taten not- Wiederholung deutscher Katastro- Konrad Tempel. wendig waren. In den Konzen- phen gerichtet. Zudem kamen bald Während die SPD – inzwischen trationslagern – wie Bergen-Bel- weitere konkrete Aussagen hinzu, auf NATO- und Hochrüstungskurs Samstag, 13. März, 14 Uhr sen – kamen Millionen Men- so dass sich die Ostermarschbewe- gegangen – sich von den Ostermär- Leverkusen, Karl-Liebknecht- schen ums Leben. Bei Fortset- gung bald Kampagne für Demo- schen fernhielt und die ihr naheste- Schule am Stadtgarten zung der Versuchsexplosionen kratie und Abrüstung nannte. Es henden Jugendorganisationen (Ju- mit W. Hoffmeister, C. Koberg, und der atomaren Aufrüstung ging gegen das atomare und kon- so und Falken) aus der Oster- U. Merz, E. Weber, F. Werkmei- aber drohen der gesamten ventionelle Wettrüsten, gegen den marschbewegung abzog, kamen ster u.a.m. Anmeldungen un- Menschheit Vernichtung.« So Krieg der USA in Vietnam und um immer mehr Gewerkschafter und ter (0214) 45418. beginnt der Aufruf zum ersten die Demokratie, denn es drohten Kirchenvertreter hinzu, darunter deutschen Ostermarsch der die Notstandsgesetze und damit Kirchenpräsident Martin Niemöl- Sonntag, 28. März, ab 11 Uhr Atomwaffengegner, der vor 50 der Einsatz der Bundeswehr im In- ler, Ehrenpräsidiumsmitglied der Kassel, Gloria-Kino Jahren, am 15. April, von Ham- nern zur Beseitigung demokrati- VVN-BdA, und auch Erich Käst- Bundesweite Veranstaltung burg und anderen Städten zum scher Errungenschaften, wie z.B. ner. Sodann Organisationen wie von Infostelle Ostermarsch und Raketenübungsplatz Bergen- das Streikrecht. Ab 1982 gab es ei- Naturfreundejugend, IG Metall mit Bundesausschuss Friedensrat- Hohne führte. Leider müssen nen neuen inhaltlichen Schwer- rund 300 Jugendfunktionären, In- schlag, u.a. mit A. Buro, E. We- wir heute feststellen: Der Aufruf punkt: Die Ostermarschierer waren ternationale der Kriegsdienstgeg- ber, H. Bethge, W. Hoffmeister von 1960 ist noch immer aktu- wieder dabei, als es hieß: »Keine ner (IDK), Vereinigung der Kriegs- und P. Strutynski. Dazu kommt ell. neuen Atomraketen in unserem dienstgegner (VK) und Deutsche eine Menge Kultur. Land.« Friedens-Union. Am ersten Oster-Protest gegen das Die Ostermärsche wurden vom Mit wechselnden Beteiligungen Dienstag, 30. März atomare Wettrüsten nahmen rund zweiten Marsch an u.a. von be- und auch bei zeitweiligen Unter- Hamburg, CVJM-Haus, 1000 Arbeiter, Angestellte, Künst- kannten Persönlichkeiten als Kura- brechungen hat die Ostermarsch- An der Alster 40 ler und Geistliche, Kommunisten, torium vorbereitet und unterstützt, bewegung sich nunmehr 50 Jahre Film- und Podiumsveranstal- Sozialdemokraten, Christen und so Schriftsteller Stefan Andres; lang gehalten. Geheimnis des Er- tung mit Horst Bethge, ferner Pazifisten teil, darunter viele Ju- Komponist Benjamin Britten; folges war, so Prof. Andreas Buro, Günther Lübcke (ehem. Vor- gendliche. Mit dieser Aktion ent- Domherr John Collins; Prof. Dr. einer der Mitgestalter des ersten stand der Vereinigung der stand auch in der Bundesrepublik Helmut Gollwitzer; Intendant Marsches: Es gab in allen Städten Kriegsdienstgegner), Walter nach dem Vorbild der englischen Heinz Hilpert; Schriftsteller Dr. Friedensgruppen, die bestens orga- Wilken (vom ehem. Aktions- Atomkriegsgegner die Oster- Robert Jungk; Dezernent im Lan- nisiert waren und schnell reagieren kreis für Gewaltlosigkeit, jetzt marsch-Bewegung als neue wirk- desjugendamt Hessen, Dr. Arno konnten. Diese brauchen wir auch LINKE), Wolfgang Kirstein u.a. same Kampfform gegen die Atom- Klönne; Nobelpreisträger Earl heute. Ulrich Sander

antifa BEILAGE · MÄRZ/APRIL 2010 1 AUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN BRANDENBURG

»Was damals Recht war...« Ausstellung in Potsdam Änderungen in Sicht? Zossener Verhältnisse Vom 3. März bis 7. April 2010 wird in den Bahnhofs- Zossen ist eine Kleinstadt am tremisten geht, und die Polizei, die Problematisch wird es jedoch, passagen Potsdam in Koope- Südrand des Berliner Speckgür- gegenüber rechten Straftaten wie wenn es um eine Analyse dessen ration mit dem Verein zur För- tels. In den letzten Jahren hat der Holocaustleugnung besonders geht, was seitens der Nazis in Zos- derung antimilitaristischer sich hier mit den »Freien Kräften liberal auftritt, fallen hier auf. sen geschieht. Hier ist die Antifa Traditionen in der Stadt Pots- Teltow-Fläming« eine militante Seit dem Brandanschlag auf das gefragt, denn bei allem lobenswer- dam und mit Unterstützung Nazigruppe etabliert, die dem »Haus der Demokratie« und das ten Engagement sind die zivilge- der VVN-BdA Land Branden- Spektrum der Autonomen Natio- skandalöse Verhalten von Polizei sellschaftlich engagierten Bürge- burg die Wanderausstellung nalisten zuzurechnen ist und ei- und Stadt am 27. Januar (siehe den rinnen und Bürger vor Ort doch der Stiftung Denkmal der er- nen aggressiven Antisemitis- Text von Hans Coppi auf der Ber- theoretisch nicht in der Lage, dass mordeten Juden Europas mus pflegt. lin-Seite) sind die Zossener Ver- neonazistische Problem und die »Was damals Recht war... – hältnisse einer größeren Öffent- Bedeutung des Antisemitismus für Soldaten und Zivilisten vor Nicht ohne Grund stieß es in den lichkeit bekannt geworden. Damit den modernen »rebellischen« Neo- Gerichten der Wehrmacht« Nazikreisen auf besondere Genug- besteht zum ersten Mal die Chan- nazismus analytisch zu fassen, und gezeigt. tuung, dass mit dem Zossener ce, die Gegebenheiten in Zossen zu sie sind nicht in der Position, wo sie »Haus der Demokratie« eine Aus- verändern. Denn eine Änderung es sich leisten könnten oder woll- Ausstellungseröffnung stellung über jüdisches Leben in der Zustände in Zossen setzt unter ten, nach außen als »Nestbe- und Begleitprogramm Zossen verbrannte. diesen Gegebenheiten voraus, dass schmutzer« aufzutreten – schon Bisher stießen die Nazis auf we- diese öffentlich skandalisiert wer- weil die regelmäßigen Todesdro- Montag, 8. März, 15 Uhr und nig Widerstand seitens Stadt, Poli- den. Dies geschieht gerade, soweit hungen gegen zivilgesellschaftlich Dienstag, 9. März, 11 Uhr zei und Bevölkerung. Insbesonde- es sich um polizeiliches Fehlver- Aktive seit dem Brandanschlag Zum Tode verurteilt re die Bürgermeisterin, die nichts halten und den Antiextremismus erst recht nichts an ihrer Glaubwür- Der Wehrmachtsdeserteur gegen Nazis unternehmen will, der Bürgermeisterin und der Stadt- digkeit eingebüßt haben. Ludwig Baumann berichtet wenn es nicht auch gegen Linksex- verwaltung handelt. H.P. Schülern als Zeitzeuge

Mittwoch, 10. März, 19 Uhr Wehrmachtsjustiz im »Dritten »Wir wollen versuchen, Fragen zu stellen ...« Reich«: Herrschaftsinstrument In Erinnerung an unseren Freund Willi Frohwein (1923–2009) einer Kriegsgesellschaft Vortrag von Unser Freund, der Antifaschist der Antifaschistinnen und Antifa- weitergetragen werden könne, ver- PD Dr. Christoph Rass, Aachen und Überlebende mehrerer Kon- schisten (VVN-BdA). trat er folgende Ansicht: »Wenn zentrationslager Willi Frohwein derjenige, der das macht [erzählt], Mittwoch, 17. März, 19 Uhr verstarb am 12. Dezember emotional selber berührend ist, Frühe Selbstentlastung der 2009 in seiner Wohnung in Ba- kann er es auch wiedergeben, ja. Wehrmachtrichter – späte belsberg. Bis zuletzt war er poli- Natürlich ist das Wissenschaftli- Rehabilitierung der Opfer. tisch aktiv, unermüdlich unter- che ›ne Sache. Aber wissen- Phasen der Aufarbeitung wegs, um sich den Fragen von schaftlich ... von hier kommst du Vortrag von Prof. Dr. jungen Menschen zu stellen, un- nicht nach hier.« Willi zeigte mit Wolfram Wette, Freiburg ermüdlich dabei, Einspruch zu der Hand von seinem Kopf zu sei- erheben, Unruhe zu stiften. Sei- nem Bauch. »Aber«, und er zeigte Mittwoch, 24. März, 19 Uhr ne menschliche, einfühlsame in die umgekehrte Richtung, »von Die Umsetzung von Urteilen und humorvolle Art, seine Sym- hier kommst du nach da. Darum der Wehrmachtsjustiz in der pathie und Offenheit, die er an- habe ich ja gesagt: ›Du musst ans Region Brandenburg deren entgegen brachte, hat Herz, dann macht der Kopf schon Vortrag von viele berührt. weiter.‹« M.P. Dr. Almuth Püschel, Potsdam Willi Frohwein (1923 - 2009). Die Entwicklung einer antifaschi- Ein Nachruf auf Willi Frohwein steht auf Führungen durch die Ausstellung stischen politischen Kultur war Neben seinem Engagement als der Homepage der VVN-BdA Branden- sind für angemeldete Gruppen ihm stets ein wichtiges Anliegen, Zeitzeuge hat sich Willi Frohwein burg. Zudem: Willi Frohwein. Von Span- möglich. Anmeldungen nimmt der das er nach seiner Befreiung aus in politischen Fragen immer wie- dau nach Auschwitz, hg. von M. Auener Verein zur Förderung antimilitaristi- dem KZ verfolgte. Er engagierte der zu Wort gemeldet, zuletzt bei- und U. Hofschläger – Jugendgeschichts- scher Traditionen in der Stadt Pots- sich seit 1947 in der Brandenbur- spielsweise in der Auseinander- werkstatt Spandau, Berlin 2002. dam e.V. telefonisch, per Fax oder ger Vereinigung der Verfolgten des setzung um die Umgestaltung der E-Mail entgegen: Naziregimes (VVN), später als Gedenktafel zum Novemberpo- Redaktion und V.i.S.d.P.: Tel. (0331) 2702426 stellvertretender Vorsitzender des grom 1938 in Potsdam. Willi Froh- Landesvorstand VVN-BdA Brandenburg (Büro Dr. Jörg Kwapis) Kreiskomitees Potsdam der Anti- wein hatte 1979 für deren Anbrin- Jägerstr. 36, 14467 Potsdam, Fax (0331) 5508742 faschistischen Widerstands- gung gesorgt. Oder zur Würdigung Fax: (0331) 28058 81 E-Mail: kämpfer, und zuletzt unterstützte des ehemaligen Auschwitz-Häft- E-Mail: [email protected] kontakt@antimilitaristischer- er die Gründung der Brandenbur- lings Bruno Baum. www.brandenburg.vvn-bda.de foerderverein.de ger Landesvereinigung der Ver- Zur Frage, wie die Erinnerungen Unser Spendenkonto: GLS Bank, folgten des Naziregimes – Bund der Überlebenden an die NS-Zeit BLZ 430 609 67, Konto 1102 861 500

2 BEILAGE · MÄRZ/APRIL 2010 antifa AUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN NORDRHEIN-WESTFALEN Erinnerung an 65. Jahrestag der Befreiung Erinnerung an Programm des deutschen Widerstandes Selbst gestandene Friedens- dass es Bundeswehr-Re- freundinnen und -freunde betei- ferenten ermöglicht, die Erklärung von Ulla Jelpke MdB ligen sich an der Geschichtsent- Schülerinnen und Schü- sorgung, wenn sie »Wehrpflicht« ler künftig über die spe- Bundeswehr raus und »Landesverteidigung« als zielle Sicht des Militärs aus den Schulen! Selbstverständlichkeiten anse- zum Thema Sicherheit hen. Gegen den neuen deut- und Friedenssicherung Über 400 000 Jugendliche schen Militarismus, aber auch durch weltweite Kriegs- sind im vorigen Jahr in der gegen diese weit verbreitete einsätze zu »belehren«. Schule von Offizieren der Bun- Kurzsichtigkeit hat Ulrich San- Diejenigen, die darin deswehr beeinflusst worden. der eine lehrreiche Broschüre keine neue Qualität zu Das geht aus der Antwort der mit dem Titel »Dichtung und entdecken vermögen, Bundesregierung auf eine Wahrheit in www und linken Me- weil ja auch bisher Kleine Anfrage der Fraktion dien – Über den antifaschisti- schon für die Wehr- DIE LINKE hervor (BT-Drs. schen und antimilitaristischen pflicht geworben wer- 17/502). Konsens« zusammengestellt. den konnte, übersehen gleich zwei wesentliche Jugendoffiziere der Bundes- Eine vergessene Biografie Max Geschenk der UdSSR: Das Original aus Bron- Punkte. Erstens wurde wehr haben demnach mit Vor- Reimanns wird darin wieder vor- ze steht seit 1959 vor der UNO in New York. die Wehrpflicht, wie trägen und Diskussionen über gelegt. Max Reimann war KPD- Sander in der Broschüre 113 000 Schülerinnen und Politiker und Mitglied im Grün- spätere Atom- und Kriegsmini- anhand des Kampfes gegen die Re- Schüler erreicht. So genannte dungsvorstand der VVN in NRW. ster Franz-Josef Strauß. militarisierung nacherleben lässt, Wehrdienstberater, also Rekru- Er hat das Grundgesetz mitformu- Wußtest Du schon, dass der gegen eine antimilitaristische tierungsoffiziere, haben im Jahr liert, dann aber nicht unterschrie- Grundgesetzartikel zur Kriegs- Grundstimmung der Bevölkerung 2009 über 11 600 Vorträge an ben, weil es für ihn die Spaltung dienstverweigerung der Kom- durchgesetzt. Und nun, nachdem Schulen gehalten – vor rund Deutschlands bedeutete. Er sagte munistischen Partei Deutsch- das alles (fast) vergessen ist, wird 290 000 Jugendlichen. Ulla damals, es werde eine Zeit kom- lands (KPD) zu verdanken ist? der nächste Eskalationsschritt ein- Jelpke, innenpolitische Spre- men, da Leute wie er das Grundge- Das Grundgesetz in der Fassung geübt, die Schüler über die Landes- cherin der Fraktion DieLinke, er- setz gegen die Verfassungsfeinde – von 1949 regelt zwar die Kriegs- verteidigung hinaus für weltweite klärt dazu: etwa der CDU – verteidigen wer- dienstverweigerung, aber nicht Kriegseinsätze zu gewinnen, die »Die Bundeswehr-Offiziere den. Daran hat er sich gehalten. den Kriegsdienst. Der wurde natürlich als unumgängliche »frie- schildern den Jugendlichen die Mit Hilfe einer Chronologie von erst 1956 ins Grundgesetz ge- denssichernde Maßnahmen« dar- Militärpolitik der Bundesregie- Günter Judick aus Velbert wird ein schrieben – nach heftigen Prote- gestellt werden. Bekanntlich ist ei- rung, stellen den Afghanistan- Blick zurück gerichtet in die span- sten. ne stabile Zweidrittelmehrheit der Krieg als legitim dar und schil- nendste Periode deutscher Ge- Wußtest Du schon, dass nun- Bevölkerung für den Rückzug der dern die vermeintlichen Vorzü- schichte, die zugleich am stärksten mehr die ehemaligen Bundes- Bundeswehr aus Afghanistan. ge des Arbeitgebers Bundes- im öffentlichen Bewusstsein ver- wehrsoldaten als Reservisten bis Werden künftig Jugendliche ihre wehr, um sie dazu zu veranlas- drängt wurde: Die Jahre unmittel- zum 60. Lebensjahr zum Bund Eltern über die Notwendigkeit von sen, sich als Zeitsoldaten zu bar nach der Befreiung von Fa- geholt werden können, zu Ein- Kriegen gegen internationale Fein- bewerben. Dass diese einseiti- schismus und Krieg. »Schwerter zu sätzen im Innern wie Äußeren? de der Menschheit belehren? Hat- ge Indoktrination als Unterricht Pflugscharen« und nicht »Remili- Es gehörte zu den Traditionen ten wir das nicht schon einmal? gilt, ist völlig unverständlich. tarisierung« war die Lehre aus dem der Arbeiterbewegung, gegen »Die sich der Geschichte nicht Schulen müssen Bildungsstät- faschistischen Menschheitsverbre- militärische Zwangsdienste zu erinnern, sind dazu verurteilt, sie ten bleiben und dürfen nicht als chen, das die Industriellen an wirken. Denn es wurde sehr oft noch einmal zu erleben.« findet Rekrutierungsanstalten für das Rhein und Ruhr und die Finanz- davon Gebrauch gemacht, Sol- sich auf einer Tafel in der Gedenk- Militär missbraucht werden.« welt gefördert hatten und von dem daten als Streikbrecher und bru- stätte des Konzentrationslagers Zu fordern ist, Jugendoffiziere sie profitierten. tale Zusatzpolizei gegen die In- Dachau. Der Ursprung der Forde- und Wehrdienstberater aus Wußtest Du schon – so fragten teressen der Arbeiter einzuset- rung »Nie wieder Krieg« muss Schulen abzuziehen. früher die Schulbücher. zen. So etwas kann wieder ge- wieder in das kollektive Bewusst- Wußtest Du schon, dass es 1945 schehen. sein zurückgeholt werden. Dazu unter allen politischen Kräften hat Ulrich Sander mit seiner neuen Die Dokumentation von Ulrich Sander im Land Einigkeit darüber gab, Denn die Militarisierung aller Broschüre einen Beitrag geleistet. »Dichtung und Wahrheit in www und lin- dass sich Deutschland nie wie- Bereiche der Innen- und Außenpo- Er konnte nur Streiflichter bieten. ken Medien – Über den antifaschisti- der an einem Krieg beteiligen litik zulasten der sozialen Demo- Aber das Gebotene ist beachtlich schen und antimilitaristischen Konsens dürfe? kratie steht seit geraumer Zeit ganz und lesenswert. – Vergessene Biografie Max Reimanns Wußtest Du schon, dass ein sehr oben auf der Agenda von Regieren- Das alles sind Gründe genug, wieder vorgelegt«, Februar 2010, kann bekannter deutscher Politiker den. endlich den 8. Mai, den Tag der Be- im Internet herunter geladen werden: damals sagte: »Demjenigen So wurde ziemlich geräuschlos freiung Deutschlands, Europas und www.nrw.vvn-bda.de siehe Broschüren Deutschen, der noch einmal ei- in NRW ein Kooperationsabkom- der Welt vom Hitlerfaschismus und http://nrw.vvn-bda.de/bilder/ ne Waffe in die Hand nimmt, soll men Bundeswehr/Schulen mit der zum Feiertag zu erklären. dichtung_und_wahrheit_in_www_ der Arm abfallen.« Es war der Landesregierung abgeschlossen, Dietrich Schulze und_linken_medien.pdf

antifa BEILAGE · MÄRZ/APRIL 2010 3 AUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN NORDRHEIN-WESTFALEN

Gerd Deumlich als Zeitzeuge Zum Beispiel der »Als der Staat rot sah« Dienstag, 16. März 2010, Fall Achenbach 19.30 Uhr im »Linken Zen- trum«, Corneliusstraße 108: Erinnerung an die braune Vergangenheit des FDP-Personals »Als der Staat rot sah...!« lau- tet der Titel eines verdienst- Es gibt bundesweit beinahe Stadt Essen beantragt: An der Ge- handelte es sich um den Geschäfts- vollen, im WDR ausgestrahl- 20000 Stolpersteine für die Op- schäftsstelle der FDP in der führer der ›Adolf-Hitler-Spende ten Films über die hundert- fer, Tagungen zur Erforschung Seidlstr. in Essen wird eine Mahn- der deutschen Wirtschaft‹ und Mit- tausendfache Verfolgung von der Rolle der KZ-Wächter und tafel angebracht mit einem Text, wirkenden an der Deportation fran- Demokraten, Kommunisten ähnliches. Aber der Gedanke der darauf hinweist, dass in der zösischer Juden in die Vernich- und Friedenskämpfern in den von Ignaz Bubis – im Rahmen Nachkriegs-FDP in Essen Dr. Ernst tungslager der Nazis. In der FDP 50er- und 60er-Jahren. der Debatte um die Entschädi- Achenbach eine bedeutende Rolle wirkte er dafür, dass in ihr führen- gung der Zwangsarbeiter ausge- als Parteivorsitzender, als Bundes- de Nazis mitwirken durften und Sie hatten sich unter anderem sprochen – wurde nie ernsthaft tags- und Landtagsabgeordneter dass die NS-Verbrecher straffrei aus ihrer Erfahrung aus dem Fa- befolgt: Auch die Rolle der Wirt- gespielt hat. Bei Ernst Achenbach blieben.« U. S. schismus gegen die Wiederbe- schaft zu beleuchten. waffnung und Restaurierung kapitalistischer Verhältnisse Dabei gibt besonders in NRW und Von März bis September engagiert und wurden dafür in besonders hinsichtlich der FDP auf der Adenauer-Ära der 50iger- diesem Gebiet viel zu tun. Die Antifa-Termine für Nordrhein-Westfalen und 60iger-Jahre verfolgt, krimi- VVN-BdA startete eine Spurensu- nalisiert und mit Berufsverbot che »Verbrechen der Wirtschaft 19. bis 21. März in Essen 18. Juli – RUHR.2010 – und Gefängnis bestraft. 1933-1945«. Internationaler Kongress »Frie- von Dortmund bis Duisburg Als Folge des KPD-Verbotes Erinnerungstafeln sollten, so be- denskultur und Friedensmati- »Still-Leben Ruhrschnellweg« – wurde auf der Grundlage eines schloss die VVN-BdA NRW, bei- nee«, veranstaltet von DFG-VK eine 60 Kilometer lange Tafel der bereits seit 1951 bestehenden spielsweise bei der Fa. Busch-Jä- und anderen. Kulturen. »Strafrechtsänderungsgeset- ger in Lüdenscheid angebracht VVN-BdA nimmt teil. zes« ein grundgesetzwidriges, werden, die zum Quandt-Konzern 20. März in Essen flächendeckendes Netz von po- gehörte und von wo aus noch nach Demonstration »Wir zahlen nicht 4. September litischen Sonderstrafkammern 1945 der Goebbels-Nachfolger Dr. für Eure Krise. Profiteure zur Aktion Blumen für Stuckenbrock, geschaffen. Die wirkten so eif- Werner Naumann die Fäden zu al- Kasse.« Aktionen gegen die Nazis, die rig, dass der spätere Bundesin- nach Dortmund kommen wollen. nenminister Maihofer ange- 1. bis 3. April in Dortmund, sichts von bis dahin durchge- Verbrechen der Wirtschaft Lünen und Lippstadt 28. September in Hemer führten 250 000 Ermittlungs- Gedenken an die Opfer der Kar- Auf der Landesgartenschau soll verfahren und 6000 Verurtei- ten und neuen Nazigruppen spann freitagmorde 1945. 50 Jahre In- das bisher größte deutsche Re- lungen von Zahlen sprach, »die und dabei besonders mit der FDP ternationales Rombergparkko- servistentreffen stattfinden. einem Polizeistaat alle Ehre zusammenarbeitete. Nun hat die mitee und 50 Jahre Mahnmal in Dies auf dem Gelände des ehe- machen«. VVN-BdA eine besonders mar- der Dortmunder Bittermark. maligen Stalag VI A, wo 25 000 In diesem Film kommt auch kante Stelle benannt, an der eine ir- sowjetische Kriegsgefangene er- der Düsseldorfer Antifaschist gendwie auch aktuelle Tafel ange- 3. bis 5. April mordet wurden. Jupp Angenfort zu Wort und be- bracht werden soll. In einem An- Ostermarsch an Rhein und Ruhr Wir protestieren! richtet von seinen Erfahrungen. trag heißt es: »Es wird beim Rat der Der Referent Gerd Deumlich, inzwischen 80 Jahre alt und langjähriger Aktivist der VVN- BdA, berichtet als Zeitzeuge Duisburg stellt sich quer von den damaligen Kämpfen, Aufruf gegen den Sternmarsch von Pro NRW und NPD über das KPD-Verbot und die Zeit der Illegalität bis zur Neu- Duisburg stellt sich quer – so eingeladen. In einem Aufruf heißt entlarvten sich jedoch selbst durch gründung der DKP. Eine gemein- heißt es am 27./28. März 2010 es: »Wir stellen uns dem entgegen. Personen in der Führungsriege, die same Veranstaltung der VVN- wenn NPD und Pro NRW provo- Die rassistische Hetze von Pro- eine einschlägige faschistische BdA mit den antifaschistischen zieren. Die rechtspopulistische NRW und NPD zielt darauf ab, die Vergangenheit haben.« Fußballfans von Fortuna Düs- Partei Pro-NRW und die faschi- Vorurteile und Ängste gegenüber … »In diesem Jahr wollen wir seldorf. stische NPD kündigen an, Auf- Menschen islamischen Glaubens wie in Jena, Köln und Berlin be- märsche gegen die Duisburger für ihre Ziele zu nutzen. Dabei reits erfolgreich durchgesetzt, auch Merkez-Moschee durchzuführen. greifen sie eine antiislamische De- in Duisburg durch Aktionen des zi- Redaktion: Ulrich Sander batte auf, welche aus der Mitte der vilen Ungehorsam mit Massen- Landesbüro der VVN-BdA NRW, Pro-NRW und NPD wollen wie in Gesellschaft angestossen wird. blockaden den Nazis entgegen stel- Gathe 55, 42107 Wuppertal, der Schweiz ein Minarettverbot Während die NPD offen nationali- len und sie blockieren. Dieses Ziel Tel.: (0202) 450629 durchsetzen. RassistInnen und stisch und rassistisch auftritt, ver- eint uns über alle sozialen, politi- Unser Spendenkonto: Pbk Essen, NeofaschistInnen aus ganz Europa sucht Pro-NRW nach außen den schen oder kulturellen Unterschie- Konto 28212-435, BLZ 36010043 sind zu ihren Aufmärschen bereits bürgerlichen Schein zu wahren. Sie de hinweg.«

4 BEILAGE · MÄRZ/APRIL 2010 antifa AUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN NORDRHEIN-WESTFALEN

Protest gegen ein Bundeswehrkonzert in Düsseldorf Wie weiter nach Dresden? Mit Pauken und Trompeten in den Tod Antifa-Landeskonferenz tagte in Duisburg Am 10. Februar ha- Unter dem Motto »Internationa- de als großer Antrieb angesehen. ben etwa 100 Men- le Solidarität – Gegen nationa- Dies auch mit Blick auf den 4. Sep- schen lautstark ge- len Kleingeist« die 29. Konfe- tember in Dortmund. gen das »traditio- renz antifaschistischer Initiati- Die Veranstalter, die Koordinie- nelle Neujahrskon- ven und Organisationen aus rungsgruppe antifaschistischer In- zert des Heeresmu- NRW im Internationalen Zen- itiativen und Organisationen in sikkorps 300 Ko- trum in Duisburg statt. NRW mit besonderer Unterstüt- blenz« unter der zung der VVN-BdA Landesorgani- Schirmherrschaft Am Samstag, 27. Februar, berieten sation NRW, des Duisburger Netz- von OB Dirk Elbers sich dort Vertreter von mehr als 60 werkes gegen Rechts, des Bündnis- (CDU) in der Düs- Initiativen aus NRW. Die Aufmär- ses »Dortmund stellt sich quer«, seldorfer Tonhalle sche von Pro NRW und NPD vom wollten damit im Landtagswahl- demonstriert. Bild: Arbeiterfotografie 27./28. März 2010 sollen mit star- kampf Akzente setzen. kem Engagement verhindert wer- Zu dieser Kundgebung hatte das diesen Kriegen geht es um die den. Der Erfolg von Dresden wur- Bericht siehe www.nrw.vvn-bda.de »Aktionsbündnis gegen Militaris- Verteidigung deutscher Kapital- mus und Krieg Düsseldorf« und geostrategischer Interes- (AMK) eingeladen. In einer Erklä- sen. Wir, das ›Aktionsbündnis Gegen Krieg und Atomwaffen rung heiße es: »Die Demonstran- gegen Militarismus und Krieg Ostermarsch im 50. Jahr tinnen und Demonstranten for- Düsseldorf‹, sind ein Zusam- derten den sofortigen Abzug der menschluss verschiedener lin- »Ostermarsch im 50. Jahr: gen, ebenso Friedensaktivistinnen Bundeswehr aus Afghanistan. ker Gruppen und Einzelpersonen Atomwaffen abschaffen, Afgha- aus Großbritannien, Geburtsland Täglich sterben Menschen in Af- mit dem Ziel, der vermehrten nistankrieg beenden.« Unter die- der Märsche. Ausstellungen rufen ghanistan, immer öfter auch Kriegspropaganda in der Öffent- sem Motto geht es an Rhein die ersten Parolen in Erinnerung. durch deutsche Kugeln und lichkeit etwas entgegen zu set- und Ruhr zu Ostern wieder auf Damals wie heute ist die Abschaf- Bomben. Ein Ende ist nicht in zen. Immer da, wo die Bundes- die Straße, so in Düsseldorf, Es- fung der Atomwaffen zentrale For- Sicht. Eine weitere Aufstockun wehr oder ihre Think-Tanks auf- sen, Bochum und Dortmund. derung. Daneben wird das Nein des Bundeswehrkontingents treten, stören wir ihr Treiben mit 1960 gab es den ersten Oster- zum Einsatz in Afghanistan Moti- wurde jüngst beschlossen. Der unserem Protest. Wir schauen marsch in Deutschland und dar- vation für viele Menschen sein. Bei Hintergrund und die Auswirkun- nicht tatenlos zu, wie die Bun- an wird in diesem Jahr erinnert. der DFG-VK NRW können in Kür- gen dieses Angriffskriegs wird deswehr die Werbetrommel für ze Plakate, Zeitungen und Buttons durch Bezeichnungen wie ›Krieg ihre Kriege rührt, ob an Schulen, Ostermarschierer der ersten Stun- bestellt werden. Die VVN-BdA gegen den Terror‹ oder ›humani- Uni’s, auf Berufsmessen oder in de, wie der ehemalige Landesvor- ruft zum Ostermarsch auf. täre Intervention‹ verschleiert. In den Arbeitsagenturen.« sitzende der DFG-VK NRW, Alois Stoff, reden auf den Kundgebun- Infos unter www.ostermarsch-ruhr.de

HESSEN CDU-Landespolitiker schürt Anti-Islamismus Minarettsverbotskampagne der Schweiz als Vorbild Hans Jürgen Irmer, schon mehr- Christentums als Grundlage unse- Grünen-Fraktionsvorsitzende Ta- nicht einmal organisiert. Aber sie fach mit rassistischen Sprüchen rer Gesellschaft von all denen zu rek Al-Wazir kritisierte, dass Irmer fühlen sich zu Recht beleidigt, als Rechtsaußen der hessi- verlangen, »die hierher kommen« - mit seinen Thesen bewusst Ängste wenn sie undifferenziert mit Extre- schen CDU aufgefallen, hat mal eine Anforderung, die selbst nur in der Bevölkerung schüre. Die misten in einen Topf geworfen wieder sein Werbeblatt »Wetzla- ein Bruchteil der hier lebenden Be- SPD sah in diesen Thesen sogar werden. Ich als Deutscher fühle rer Kurier« dazu missbraucht, völkerung im Alltag umsetzt. den Versuch, das elementare mich auch beleidigt, wenn jemand um Anti-Islamismus zu schüren. Da Irmer aber kein x-beliebiger Grund- und Menschenrecht der behauptet, alle Deutschen seien Politiker ist, sondern bildungspoli- Rassisten.« Unter der bezeichnenden Über- tischer Sprecher der hessischen CDU-Politiker Einzig Minister Jörg Uwe Hahn schrift »Danke Schweiz« vertei- CDU-Fraktion, fand diese Provo- (FDP) und die CDU-Fraktion rea- digte er nicht nur die dortige Ent- kation Ende Januar auch den Weg als Hassprediger gierten pflichtgemäß empört. Der scheidung für ein Minarett-Verbot, in den Landtag. Dort forderte die Begriff »Hassprediger« sei ehren- sondern verstieg sich auch noch zu Abgeordnete der Fraktion DIE Religionsfreiheit einzuschränken. rührig und man kenne Irmer, so den pauschalen Vorwürfen: »Beim LINKE Janine Wissler die CDU Selbst der FDP-Abgeordnete Rolf Müller (CDU), als einen Thema Islam fallen einem Begrif- auf, »sich von diesen Äußerungen Hans Christian Mick kritisierte Ir- »kompetenten, fleißigen, enga- fe wie Ehrenmorde, Zwangsehen... zu distanzieren, weil Hassprediger mer: »Die überwältigende Mehr- gierten und streitbaren Kollegen« und Christenverfolgung ein.« Er wie Hans Jürgen Irmer das Klima heit der Muslime sind keine Islami- und man könne es nicht zulassen, ging soweit, die Anerkennung des in diesem Land vergiften.« Der sten – 80 Prozent der Muslime sind (Fortsetzung auf Seite 6)

antifa BEILAGE · MÄRZ/APRIL 2010 5 AUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN HESSEN DGB-Senioren erinnern an Auschwitz-Monowitz Gedenken am 27. Januar

Anlässlich des Gedenktages waren knapp 50 Gäste der Einla- zum 27. Januar fanden in Hes- dung gefolgt und wollten sich über sen im ganzen Land zahlreiche die Geschichte und den Umgang Immer wieder wur- Gedenk- und Erinnerungsveran- mit der Erinnerung informieren de in den vergan- staltungen statt. In Kassel führ- lassen. Eingeladen als Referent genen Jahren ge- ten das Kasseler Friedensforum war der Kasseler Historiker Ulrich gen die wiederhol- und die VVN-BdA ein kurzes Ge- Schneider, der schon in seiner Be- te Aktionärsver- denken am Mahnmal für die Op- grüßung auf den engen Bezug sammlung der IG- fer des Faschismus am Wein- Frankfurts zu diesem Thema hin- Farben »in Abwick- berg durch. Dr. Peter Strutynski wies. lung« protestiert. erinnerte an die UNO-Resoluti- Hier befand sich der Sitz des IG on, die dieses Datum zu einem Farben-Konzerns, in dieser Stadt getagt hatte, unterstrich die Bedeu- 35 000 Häftlingen wurden als Ar- weltweiten Gedenktag erklärte. fand 1963 – 1965 der Auschwitz- tung des Themas für die Frankfur- beitssklaven für die Interessen der Sylvia Gingold zitierte aus den Prozess statt und vor mehr als 16 ter Gewerkschafter. IG Farben ermordet. Erinnerungen ihres Vaters, dass Jahren führten VVN-BdA und an- Während in der öffentlichen Diese Verbrechen wurden die wichtigste Lehre aus dem dere Partner in ein Sym- Wahrnehmung die Massenvernich- 1947/48 im IG-Farben-Prozess Faschismus die Einigkeit aller tung in Auschwitz-Birkenau im (Prozess Nr. 6) hinreichend doku- Antifaschisten sein müsse. Zentrum steht, stellte der schon mentiert, dennoch wurden die Ver- Auseinandersetzung 1940 geplante Lagerteil Auschwitz antwortlichen der Konzernspitze In Frankfurt luden die DGB-Senio- mit IG Farben III (Monowitz) das Modellbeispiel nicht angemessen zur Rechen- ren anlässlich dieses Tages zu ei- für die faschistische Politik der schaft gezogen. Auch im Frankfur- nem Vortrag über das KZ Ausch- posium zum Thema Auschwitz »Vernichtung durch Arbeit« dar. ter Auschwitz-Prozess kam dieser witz-Monowitz ins Gewerk- durch, bei dem zahlreiche Fakten Der Aufbau dieses Lagers war der Teil der Vernichtungspolitik nicht schaftshaus ein. Obwohl an diesem präsentiert wurden, die bis heute sichtbare Ausdruck einer bewuss- zu Wort. Tag von einer studentischen Initia- Gültigkeit haben. Nicht zuletzt die ten Arbeitsteilung zwischen dem Es war insbesondere den ehema- tive auf dem IG-Farben-Campus öffentlichen Auseinandersetzun- IG Farben-Konzern und der SS ligen Verfolgten und Widerstands- und von den Vertretern der Sinti gen um die Aktionärsversammlung oder auch Ausdruck einer »segens- kämpfern Hans Frankenthal und und Roma an der Paulskirche wei- der »IG-Farben AG in Abwick- reichen Freundschaft« (Otto Am- Peter Gingold zu verdanken, dass tere Veranstaltungen stattfanden, lung«, die viele Jahre in Frankfurt bros, IG Farben). Dabei dominier- diese Themen beginnend Ende der te die betriebswirtschaftlichen Pla- 80er Jahre auf die politische Tages- nungen des größten deutschen ordnung kamen und öffentlicher CDU-Landespolitiker schürt Anti-Islamismus Konzerns, den man schon in der Protest gegen die »Blutaktionäre« Weimarer Zeit als »IG Deutsch- möglich wurde. Damit bildete die- (Fortsetzung von Seite 5) se Veranstaltung der Frankfurter dass er ausgerechnet von »Neo- die scheinheilige Frage, »ob er (Ir- Milder Umgang DGB-Senioren auch eine Hom- Kommunisten der Linkspartei« mer, d. Verf.) wirklich der richtigen mage an diese beiden Antifaschi- diffamiert werde. Über den Skan- Partei angehört.« Und tatsächlich mit den Tätern sten. dal der Anti-Islam-Hetze sagt er passt Irmers »Danke Schweiz« In der Diskussion wies Horst nichts. bruchlos zur NPD, die unter dem land« bezeichnete, die Entschei- Koch-Panzner (DGB Region) dar- Man gewinnt den Eindruck, dass gleichen Motto ein Plakat für eine dungen der SS. Sie hat sich nach auf hin, dass auch in diesem Som- die CDU – wie schon vor einigen Kampagne zum Minarett-Verbot in den Vorgaben des Konzerns als mer der DGB wieder ein Seminar Jahren mit ihrer ausländerfeindli- Deutschland herausgegeben hat. »Arbeitskräftelieferant« betätigt. in der KZ-Gedenkstätte Buchen- chen Kampagne vor der damaligen Dieses Beispiel zeigt erneut, Die SS garantierte, dass der Kon- wald anbietet, bei dem es um das Landtagswahl – ganz bewusst dass sich Antifaschistinnen und zern für seine Profitmaximierung Thema »Vernichtung durch Ar- ideologischen »Kettenhunden« in Antifaschisten in Hessen auch zu- und für die Erfüllung der Kriegs- beit« gehen wird. ihren Reihen mehr Raum gibt, um künftig auf rechtspopulistische produktion hinreichendes »Men- das Spektrum auf der politischen Kampagnen der CDU einstellen schenmaterial« bekam. Dass es da- Redaktion: Peter Altmann Rechten abzugrasen. Und die Fol- müssen, die »Steilvorlagen« für die bei nicht auf ausreichende Arbeits- Landesverband der VVN-BdA-Hessen, ge ist, dass sich Neofaschisten in NPD liefern. Im Unterschied zu und Lebensbedingungen für die Eckenheimer Landstr. 93, 60318 FfM, jeder Hinsicht bestätigt fühlen. Der früheren Kampagnen melden sich Häftlinge ankam, war selbstver- Tel. und Fax: (069) 5970524 hessische NPD-Landesvorsitzende jedoch heute antifaschistische ständlich. Wir bitten um Spenden für Jörg Krebs warf in einer Stellung- Kräfte auch im Hessischen Land- Die Bilanz dieser Vernichtungs- den Landesverband Hessen! nahme der CDU-Fraktion vor, dass tag zu Wort und unterstützen den politik war zwar nicht mit den Op- Spendenkonto: VVN-BdA Hessen sie sich nicht offener für Irmers Po- antirassistischen Protest. fern von Auschwitz-Birkenau zu Postbank Frankfurt sition eingesetzt habe, und stellte Bernd Kant vergleichen, aber 25 000 von Kto-Nr. 49330-602 BLZ 5001006

6 BEILAGE · MÄRZ/APRIL 2010 antifa AUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN HESSEN

Wetteraukreis Treffen am VVN-Gedenkstein Schulfahrten zu Produktive Erinnerungsarbeit in Groß-Gerau Gedenkstätten Trotz bitterer Kälte waren am Eine nachahmenswerte Traditi- Abend des 27. Januar über fünf- on hat sich im Wetteraukreis zig Bürgerinnen und Bürger in herausgebildet. der südhessischen Kreisstadt Groß-Gerau am VVN-Gedenk- Mit Förderung durch den Kreis fah- stein vor dem Jüdischen Fried- ren Schulklassen zu Gedenkstät- hof zu einer Gedenkveranstal- ten des Naziterrors – mehr als tung zum 65. Jahrestag der Be- 1100 Schüler waren es im vorigen freiung des KZs Auschwitz zu- Jahr. Landrat Arnold (SPD) nannte sammengekommen. Eingeladen diese Fahrten einen »wichtigen zu der Veranstaltung hatten der Beitrag zur Immunisierung gegen DGB, das Evangelische Dekanat rechtsextremistisches Gedanken- und der Kreisverband der VVN- gut«. Besuche solcher Gedenk- BdA. stätten, neben Buchenwald auch nach Auschwitz, Dachau und The- Namens der Veranstalter begrüßte Von rechts: Stadtrat Jochen Auer (für den DGB), Dekan Tankred Bühler resienstadt, »rütteln Schüler auf Stadtrat Jochen Auer die Teilneh- und VVN-Landessprecher Peter Christian Walther. Bild: Cornelia Schlagau und regen sie zum intensiven mer. Er berichtete, dass man sich Nachdenken an«. Wer eine solche mit den politisch Verantwortlichen bei betonte er, dass der 27. Januar sätze ähnlicher Entwicklungen zu Gedenkstätte einmal besucht ha- der Stadt dahingehend verständigt 1945 nicht ohne den 30. Januar verhindern. Nazistischer Ungeist be, so Landrat Arnold, »der ist für habe, am Ort regelmäßig zwei an- 1933 denkbar sei. Ohne die Macht- mache sich auch heute wieder rechte Parteien und die Werbung tifaschistische Gedenktage mit öf- übertragung an Hitler 1933 hätte es breit. Dem müsse entgegengetre- extremistischer Parteien unemp- fentlichen Auftritten wahrzuneh- das Naziregime und dessen unge- ten werden. Nur so könne Geden- fänglich«. P. A . men: den 9. November am Platz der heueren Terror nicht gegeben. Der ken an die Opfer des Faschismus ehemaligen Synagoge und den 27. 30. Januar 1933 wiederum wäre produktiv angewendet werden. Januar am VVN-Gedenkstein. Da- ohne die Unterstützung und Mit- Dekan Tankred Bühler berichte- Sengers »Kaiserhofstraße 12« mit soll eine frühere Tradition wie- wirkung von einflussreichen Teilen te von Vorhaben und Aktivitäten Ab April: »Frankfurt der aufgenommen werden. der damaligen Gesellschaft nicht ortsbezogener Gedenk- und Erin- Am diesjährigen 27. Januar hielt möglich gewesen. An diese Ursa- nerungsarbeit, zu der insbesondere liest ein Buch« VVN-Landessprecher Peter Chri- chen und Zusammenhänge müsse ein umfangreiches Stolperstein- stian Walther die Gedenkrede. Da- erinnert werden, um auch nur An- Projekt gehört. pcw. Das ist eine attraktive Idee: In April und Mai wird in Frankfurt am Main das Projekt »Frankfurt Im Windschatten des sächsischen LKA liest ein Buch« umgesetzt. Hessische Nazis machen Stimmung Gelesen werden soll an zahllosen Stellen der Stadt von verschieden- Die Aktion des sächsischen Aufruf zu einer »Straftat« zu fin- Anstatt dem geplanten europäi- sten Initiativen und Gruppen – be- Landeskriminalamtes gegen den sei, weshalb der Straftatbe- schen Naziaufmarsch mit allen ju- teiligt ist auch die VVN-BdA – aus Plakate und den Aufruf »Dres- stand der Bildung bzw. Unterstüt- ristischen Mitteln entgegenzutre- dem Buch »Kaiserhofstraße 12« den nazifrei« im Januar 2010 zung einer kriminellen Vereini- ten und das zivilgesellschaftliche von Valentin Senger. Es erzählt die bot der hessischen NPD eine gung erfüllt sei. Engagement bis hin zu gewaltfrei- Geschichte einer Jüdischen Fami- politische Steilvorlage für eine Abgesehen davon, dass neben en Blockadeaktionen zu unterstüt- lie in Frankfurt während der Nazi- eigene Kampagne gegen antifa- der hessischen Fraktion Die Linke zen, versuchten die politisch ver- zeit, die Angst und Schrecken er- schistische Strukturen. Ausge- auch Vertreter der GRÜNEN, der antwortlichen Stellen der Stadt lebt, aber wie durch ein Wunder rechnet gegen den Fraktionsvor- SPD, des DGB und verschiedener Dresden und des Landes Sachsen überlebt. Der Verlag Schöffing, der sitzenden der Fraktion Die Linke insbesondere den Protest der anti- das Projekt plant, wird Valentin im Hessischen Landtag Willi van NPD provoziert faschistischen Kräfte unterschied- Sengers Buch neu auflegen. Ooyen stellte NPD-Landesvorsit- licher Richtungen zu kriminalisie- Zu den eindrucksvollsten Be- zende Jörg Krebs, dessen Stell- mit Strafanzeigen ren. richten des Autors zählt die Schil- vertreter der mehrfach vorbe- Glücklicherweise haben sich da- derung der miterlebten Brandle- strafte Mario Matthes ist, einen Einzelgewerkschaften sowie ver- von aber weder Gewerkschaften, gung der Frankfurter Synagogen, Strafantrag wegen »Bildung ei- schiedene Persönlichkeiten des öf- politische Parteien, antifaschisti- deren Zerstörung ihn sein eigenes ner kriminellen Vereinigung«. fentlichen Lebens das politisch sche Initiativen oder andere Grup- Judentum voll bewusst werden problematische Vorgehen des pen abhalten lassen. Aus allen Tei- ließ: Ich weiß nicht mehr, wie lan- Insbesondere prangerte die NPD Dresdener Oberstaatsanwalts len Hessens waren mehrere Dut- ge ich da stand und in die Flam- an, dass sich auf dem Internet-Auf- Christian Avenarius und des säch- zend Busse auf dem Weg nach men starrte. Ein Gefühl überwäl- tritt der Fraktion Die Linke ein sischen LKA verurteilten, so zeigt Dresden, als es hieß: Ob Dresden, tigte mich, wie ich es bisher nicht Banner zu »Dresden Nazifrei« be- sich doch, dass solche Schritte Dortmund oder anderswo: Nazi- gekannt hatte: Auch ich war einer finde. Damit komme man auf eine Wasser auf die Mühlen der Neofa- Aufmärsche blockieren ist unser von denen, die da gequält und ge- externe Internet-Seite, auf der ein schisten sind. Recht! Bernd Kant schunden wurden. P. A.

antifa BEILAGE · MÄRZ/APRIL 2010 7 AUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN BAYERN

»Zeit zum Aufstehn« August Kühns Stein an der Traun: Familienchronik Gedenkort geschändet neu aufgelegt Opfer der Naturkatastrophe hatten sich gegen Nazis engagiert Als »Zeit zum Aufstehn« 1975 im Fischer-Verlag er- Spontan hatten Freunde und schien, sorgte es für be- Mitschüler von Vater Peter und trächtlichen Wirbel. Die Ro- Tochter Sophie Baumgartl, die man-Chronik aus dem Leben in Stein an der Traun am 25. Ja- einer größtenteils proletari- nuar bei einem Felssturz, der ihr schen Münchner Familie ent- Haus zerstörte, ums Leben ka- sprach damals noch durchaus men – die Mutter und der Sohn einem aufmüpfigen »Zeit- konnten schwer verletzt überle- geist«, Rezensenten entdeck- ben und befanden sich noch im ten in dem Buch »Arbeiter- Krankenhaus – am Ort der Ka- Buddenbrooks«. tastrophe eine kleine Gedenk- stätte mit Lichtern und Anden- Weitere Werke des Schriftstel- ken eingerichtet. Anfang Febru- lers August Kühn fanden ihre ar wurde sie von neofaschisti- Verlage; »Zeit zum Aufstehn« schen Provokateuren heimge- ging als ein mit prominenten sucht, die dort eine schwarz- Schauspielern besetzter TV- weißrote »Reichsflagge« auf- Zweiteiler über den Bildschirm. hängten und diese mit Kabelbin- Nazifahne am Gedenkort. Peter Kurz, Kreisvorsitzender der Partei DieLin- August Kühn, als Helmut dern befestigten. ke, wurde von Bekannten über die Schändung informiert. Er fotografierte Münch am 25. September den Tatort (unser Bild), sicherte die Fahne als Beweisstück und brachte 1936 in München geboren, hat Vater und Tochter hatten sich, wie sie zur Polizei. heute im Neubauviertel auf auch die anderen Familienmitglie- dem alten Messegelände im der, demokratisch und antifaschi- nommen für ihre eigene, recht kri- Himmel Papier und alle Meere der Münchner Westend, eine Stra- stisch engagiert – das Elternpaar tische Nachdenklichkeit, für die ei- Welt Tinte wären, könnte ich euch ße, die – auch auf Betreiben der Baumgartl unter anderem im gene Zurückhaltung, für die eige- mein Leid und alles, was ich rings VVN-BdA hin – nach ihm be- Kreisverband Traunstein der VVN- nen Beobachtungen. Diese Ernst- um mich sehe, nicht beschreiben‹. nannt wurde. Sein Leben: BdA. haftigkeit war ein wichtiger Teil Sophie, damals selbst 14 Jahre alt, 1939 Exil in der Schweiz wegen Hermann Schätz, Großvater von von Sophie, neben ihrer Lebenslust hat sich berühren lassen von den der jüdischen Abstammung Sophie und lange Jahre Bundes- inmitten ihrer Freunde, ihren Plä- Empfindungen dieser Menschen, des Vaters, 1945 Rückkehr tagsabgeordneter der SPD, hat An- nen und Träumen für die Zeit nach von deren Ängsten und Hoffnun- nach München, Lehre zum Op- zeige gegen Unbekannt erstattet. dem Abitur. gen. Diese Empfänglichkeit für tikschleifer, nach einigen Jah- Dazu die örtliche Presse: »Der 75- Leid und Ungerechtigkeit anderer ren Wechsel in eine Münchner Jährige ist überzeugt, dass hier »Zerreißt den Mantel war Sophies eigene Grundlage für Boulevardzeitung als Volontär. Rechtsextreme mit der Fahnennie- ihr Engagement.« Auswanderung nach Israel, derlegung zum Ausdruck bringen der Gleichgültigkeit« Der Landessprecher weiter: Rückkehr nach München, Teilin- wollen, dass sie sich freuen, dass »›Zerreißt den Mantel der Gleich- validität nach schwerem Unfall, hier zwei ihrer Gegner oder Feinde So war es dann auch Ergebnis gültigkeit, den ihr um euer Herz ge- Arbeit in verschiedenen Bran- gestorben sind – und das ist so von Sophies Entwicklung, dass sie legt habt!‹ formulierten Hans und chen. Politisch aktiv als Kom- menschenverachtend, dass es jen- mitmachte beim Straßentheater im Sophie Scholl und ihre Freunde munist und auch in der VVN- seits unserer Kultur steht«. Rahmen des Ostermarsches für den von der Weißen Rose in ihrem letz- BdA. Verheiratet, sechs Kinder. Bei der Trauerfeier für Peter und Frieden; es war ihre Empörung ge- ten Flugblatt vom Februar 1943. Zunehmend schriftstellerisch Sophie Baumgartl am 2. Februar in gen die menschenverachtende Pro- Für Peter und Sophie war das kein tätig. August Kühn stirbt am 9. Traunreut sprach auch VVN-Lan- paganda der Nazis, die sie aktiv Satz aus Schulbüchern oder Archi- Februar 1996 in Hinterwössen. dessprecher Friedbert Mühldorfer: werden ließ mit ihren Freunden ven, gültig für andere Zeiten. Peter Seit Januar 2010 ist »Zeit »Toleranz«, betonte er, »war die und auch ihrem Bruder Leon in der hat viel von den Erfahrungen und zum Aufstehn« – auch dank der Grundlage des politischen Engage- Antifa-Jugend. Und es war ihre Hoffnungen von Naziverfolgten Unterstützung der Gewerk- ments von Peter in der Linken, in Überzeugung, als sie sich 2006 be- angenommen und für sein Leben schaft ver.di – wieder im Buch- der Friedensinitiative, in verschie- reiterklärte, an der Gedenkfeier in nutzbar gemacht. Und Peter hat es handel erhältlich. Dr. Klaus denen Arbeitskreisen und in der Surberg für die dort ermordeten weitergegeben und Sophie hat es Hahnzog, ehemaliger Münch- Vereinigung der Verfolgten des Na- KZ-Käftlinge mitzuwirken. Der angenommen. Dieses ›Es‹, jenen ner Bürgermeister und bayeri- ziregimes - Bund der Antifaschi- tschechische jüdische Naziverfolg- unzerstörbaren Kern von Mensch- scher Verfassungsrichter, sten. Dieses Engagement war nicht te Pavel Kohn erzählte dort von sei- lichkeit und Solidarität, haben sie schrieb das Vorwort zur Neu- konjunkturabhängig, sondern nem Leben, erzählte davon, wie er weitergetragen. Und so werden Pe- auflage im Verlag »Das freie nahm einen dauerhaften, festen mit 14 Jahren nach Auschwitz de- ter und Sophie immer mit dabei Buch«, München. Platz in seinem Leben ein. (…) So- portiert wurde. Und Sophie las an- sein, wenn sich Menschen hier bei phie hat viel von Peters und Uschis schließend aus dem Abschieds- uns weiterhin empören über Frem- 462 Seiten, 19 Euro 90. Toleranz und Vertrauen aufnehmen brief eines 14 jährigen Jungen, der denfeindlichkeit, über Ungerech- können und das als Grundlage ge- mit den Worten beginnt: ›Wenn der tigkeit und Krieg.«

8 BEILAGE · MÄRZ/APRIL 2010 antifa AUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN BAYERN

Widerständig und geduldig Neu erschienener Bericht Ein »Nacht-und- Abschied von Emma Engelhardt aus Schwarzenbach a. d. Saale Nebel«-Gefangener Im 88. Lebensjahr verstarb am hat sie erzählt, wie sie und Alfred Henk Verheyen, geboren 1925 28. Dezember 2009 Emma En- beim Spaziergang leise sangen und in Berchem-Antwerpen, wurde gelhardt aus Schwarzenbach. sie die Lieder der Arbeiterbewe- 1943 als Mitglied einer Wider- Weit über ihren Heimatort und gung lernte, wie sie als Schwarzhö- standsgruppe von Schülern mit die Region Hof hinaus hat sie rer Radio London oder Moskau 23 Gleichaltrigen verhaftet. Zeichen gesetzt für ein wider- lauschten und beim Fronturlaub ih- Von diesen überlebten nur acht ständiges Leben. res Mannes die Schwarzenbacher ihren Weg durch deutsche Ge- Genossen besuchten. fängnisse und KZs. Verheyen Auszeichnungen und Würdigun- Dieses zarte Pflänzchen bekam kam nach Verhören und Folte- gen dafür gab es zum Teil erst spät, feste Wurzeln, aus ihnen erwuchs rungen in Antwerpen in die KZs aber immerhin gab es sie: Ehrun- Emmas Lebensbaum und seine Esterwegen, Groß-Rosen, und gen durch die Heimatgemeinde für starken Äste hießen; Friede und schließlich nach Flossenbürg ihr bürgerschaftliches Engage- Gerechtigkeit, Solidarität und Mit- und wurde von dort auf einen ment, vom DGB die Hans-Böck- gefühl, Verständnis und Toleranz. Todesmarsch getrieben. Am ler-Medaille. Ein besonderes Nie wieder Krieg, nie wieder Fa- 23. April 1945 befreite ihn bei Denkmal setzte ihr postum das Emma Engelhardt † schismus – der Schwur der überle- Cham die US-Army. Seine Be- »Schwarzenbacher Amts-Blatt«, benden KZ-Häftlinge von Buchen- richte darüber sind nun als die »Heimatzeitung für die bayeri- Böhmen auf. Nach ihrem Schulbe- wald wurde für Emma Engelhardt Buch neu erschienen: sche Stadt Schwarzenbach-Saale«. such ging sie als Dienstmädchen eine Lebensmaxime. Es widmete Emma eine ganze, mit bei reichen Leuten in Stellung. An- 1945 ging die Freude über Frie- »Henk Verheyen, Als belgischer vielen historisch-dokumentari- fang der 40er-Jahre lernte sie Al- den und Befreiung einher mit Sor- ›Nacht & Nebel-Gefangener‹ durch schen Fotos illustrierte Seite. »Das fred Engelhardt kennen und lieben. gen und Not. Ihr Ehemann sollte die Emslandlager ins KZ Flossen- Leben der anderen« lautete die Mitten im Zweiten Weltkrieg 1941 noch bis Ende der 40er-Jahre in bürg«, Pahl-Rugenstein Verlag, 205 Überschrift, und in der Unterzeile wurde geheiratet. 1943 kam Sohn Kriegsgefangenschaft bleiben und S., 16,90 Euro. Bestellung über: wurde resümiert: »Emma Engel- Manfred zur Welt, 1953 Sohn für das tägliche Leben fehlte oft www.arge-kz-flossenbuerg.de, Mail: hardt packte an, setzte sich ein Le- Klaus. Emma zog zur Familie ihres das Allernötigste. (…) Wie Millio- [email protected] ben lang für die Rechte und Inter- Mannes nach Schwarzenbach, nen anderer Frauen dieser Genera- essen der Schwachen, Benachtei- fand Arbeit in der Fallschirmfabrik tion musste der Kampf ums Über- ligten und Unterdrückten ein«. in Hof. Doch diese Ehe mit dem leben organisiert werden. Fall- tatorischen Fähigkeiten hatten vie- Über weite Teile wurde dort im ehemaligen KZler und damaligen schirme wurden nun nicht mehr ge- le Menschen sie ins Herz geschlos- Wortlaut wiedergegeben, was Em- Wehrmachtssoldaten Alfred En- braucht und sie war froh Arbeit in sen, sondern weil sie geduldig zu- mas Sohn Klaus Bruno bei der gelhardt sollte ihr Leben nachhal- der Porzellanfabrik Kronester zu hören konnte, weil für sie kein Pro- Trauerfeier am Heimatort über das tig verändern. Mit ihm lernte sie, finden. Diese Verbindung sollte bis blem zu klein war, weil sie hartnä- Leben seiner Mutter berichtet hat- mitten in der Nazidiktatur eine ins Rentenalter halten. Die Porzel- ckig nach Lösungen suchte.« te. Hier einige Auszüge: neue, andere Welt kennen. Sie be- linerinnen und Porzelliner wurden 1981 geht Emma Engelhardt in »Nur wenige Jahre nach dem er- gegnete Menschen, die anders wa- ihre zweite große Familie. Ihre Rente, kurz danach stirbt ihr Mann. sten großen Krieg wurde Emma in ren, die nicht mit dem Strom Kolleginnen und Kollegen wählten Emma bleibt in der Region und der gerade gegründeten Tschecho- schwammen. Keine Helden des sie zur Betriebsrätin und dann zur darüber hinaus weiterhin enga- slowakischen Republik geboren. Widerstandes, aber mit widerstän- Betriebsratsvorsitzenden.« giert: »Als Vorsitzende der Vereini- Sie wuchs in einem kleinen Dorf in dischen Ideen und Gedanken. Oft 1956 wird die KPD verboten, gung der Verfolgten des Nazire- Alfred Engelhardt wird 1958 wie- gimes«, so das »Amts-Blatt«, »war der einmal mehrere Monate einge- sie aktiv daran beteiligt, dass sich Wir gratulieren ... sperrt. Es folgen die 60er-Jahre, in unserer Region eine Kultur ge- Erstarrtes bricht auf, Menschen be- gen Rechtsextremismus und Aus- ... natürlich allen unseren »Ge- (88), Neubiberg; Anni Multerer wegen sich: Kampf gegen Not- länderfeindlichkeit entwickelt hat. burtstagskindern«. Sie sämtlich (84), Bad Wörishofen; Werner standsgesetze und Neonazis, Em- Sie war stolz darauf, dass auf ihre aufzuführen, würde allerdings Grube (80), München; Renate ma und ihr Mann sind dabei, als Anregung hin die Schwarzenba- den Rahmen der antifa spren- Müller (80), München; Heinz Ti- sich 1968 die DKP neu konstitu- cher Hauptschule den Namen der gen. Stellvertretend seien des- scher (80), Bayreuth; Mutter iert. Im Betrieb kommen Anfang Geschwister Scholl erhielt. Sie in- halb hier die Kameradinnen und Christina (70), München; Man- der 60er-Jahre die ersten »Gastar- itiierte die alljährliche Gedenk- Kameraden zwischen 60 und 80 fred Dresel (65), Nürnberg; Ursu- beiter« an. Dazu Klaus Bruno En- stunde am 27. Januar und die Ent- genannt, die einen »runden« Ge- la Böhm (60), Regensburg; Hans gelhardt: »Emma überwand alle stehung und Entwicklung der Ge- burtstag haben bzw. hatten – Keller (60), München. Sprachbarrieren. Sindicato, traba- denkstätte ›Langer Gang‹ ist eng und alle über 80. Herzlichen jadores und capitalista gehörten zu mit ihrem Namen verbunden.« Glückwunsch! April: Viktoria Kern (83), Penz- ihrem festen Sprachschatz, wenn berg, Jahre; Ilona Denke (81), sie mit Händen und Füßen redend Redaktion: Ernst Antoni März: Heinz Buchta (96), Bam- München, Jahre; Gertrud Heupel den Neuankömmlingen den Ge- VVN-BdA Bayern berg; Franz Meisl (92), Augsburg; (70), Freising; Eduard Günther gensatz von Kapital und Arbeit und Frauenlobstr. 24, 80337 München Gustav Olschewski (88), Rothen- (65), München; Wolfgang Ziller die Notwendigkeit gewerkschaftli- Tel.: (089) 531786 burg o.d.T.; Ludwig Fraundorfer (65), Schweinfurt. Fax: (089) 5389464 cher Organisation zu erklären ver- E-Mail: [email protected] suchte. Doch nicht wegen ihrer agi-

antifa BEILAGE · MÄRZ/APRIL 2010 9 AUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN BERLIN

Berlin: Antifa-Jour fixe Weiter nach 65 Jahre Befreiung gelungenem Start »Wer nicht feiert, hat verloren!« Wir waren ja schon sehr ge- spannt, ob unsere neue Veran- Berlin feiert in Treptow den 9. Mai staltungsreihe vom Berliner Pu- blikum auch über die Reihen der Unter diesem Motto laden die Fest ein fester Termin im Kalen- VVN-BdA-Mitglieder hinaus an- Basisorganisation 8. Mai der der der russischsprachigen genommen wird. Schließlich soll Berliner VVN-BdA und Freundin- Community in Berlin gewor- sie das neue »Schaufenster« des nen und Freunde aus Antifagrup- den. Natürlich ist für Essen Berliner Landesverbands sein. pen am 9. Mai zu einem und Trinken gesorgt. Darüber deutsch-russisch-internationa- hinaus wird es eine Hüpfburg Aber schon nach der zweiten Ver- len antifaschistischen Volksfest und Spiele für Kinder und anstaltung, es diskutierten Hein- in den Treptower Park, unweit Führungen zum sowjeti- rich Fink mit Jana von der Antifa des sowjetischen Ehrenmals, schen Ehrenmal geben. Friedrichshain über die geschichts- ein. Das Fest beginnt am relativierenden Pläne der neuen Sonntag um 11 Uhr auf schwarz-gelben Bundesregierung, Der 9. Mai wird in der ehemaligen dem Parkplatz Rosengar- die Programme gegen Rechtsextre- Sowjetunion und in anderen Län- ten an der Puschkinallee. mismus in Pogramme gegen »Ex- dern als Tag des Sieges über den tremismus« umzuwidmen, können deutschen Faschismus gefeiert. Infos: www.9-MAI.tk wir feststellen: Unser Antifa-Jour Die 2000-köpfige Besucherschar Kontakt:vvn-bda- fixe wird angenommen. Über 60 im letzten Jahr zeigte, dass die Er- [email protected] Besucher waren beim zweiten Ma- innerung an unsere Befreier, die oder über das Berliner VVN- le in das Café Sibylle gekommen, Soldaten und Soldatinnen der Ro- BdA Büro um der Diskussion zu lauschen und ten Armee, in Berlin von vielen sich auch engagiert zu Wort zu mel- Menschen hochgehalten wird. Am 8. Mai zum Sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park den. Zahlreiche Musikerinnen und Musiker haben am 9. Mai ihr Er- Am 8. Mai lädt die VVN-BdA Faschismus am sowjetischen scheinen angekündigt, auch ehe- Treptow um 17.00 Uhr zu ihrer Ehrenmal ein. Ein Abend mit malige Widerstandskämpfer und traditionellen Gedenkveranstal- der Berliner VVN-BdA ... deutsche Angehörige der Roten tung zum Tag der Befreiung vom Infos: www.bda-treptow.de Armee. Und nicht zuletzt ist das Antifa-Jour Fixe Postengerangel und Anschläge ... immer am 3. Montag Bewegung in der Berliner Naziszene im Monat. Mit Gelassenheit und Genugtu- kung, ist seit Januar 2010 unter den noch stattfand, blieb den Neonazis ... immer ab 18.30 Uhr. ung konnten Antifaschistinnen Neonazikadern der Hauptstadt so als Räumlichkeit wieder einmal ... immer im Café Sibylle. und Antifaschisten in den letz- etwas wie Aufbruchstimmung zu nur ihr Schulungszentrum der ten Monaten die von Zerstrit- vernehmen. Besonders schickt sich NPD-Zentrale in Berlin-Köpenick. Café Sibylle tenheit und Führungsschwäche dabei die Berliner NPD an, den ei- Zuvor war die NPD mit ihren Ver- Karl-Marx-Allee 72, Berlin geprägten Vorgänge bei den or- genen Laden wieder in Ordnung suchen gescheitert, andere Räume U 5 zwischen Strausberger ganisierten Neonazis Berlins bringen zu wollen. Auf die überra- für ihr Treffen zu gewinnen. In den Platz und Weberwiese verfolgen. schende Ankündigung von Jörg letzten Jahren hatten Antifagrup- Hähnel, im Spätsommer beim für pen und die »Mobile Beratung ge- Die Massenaustritte aus dem Lan- Oktober oder November 2009 an- gen Rechtsextremismus« (MBR) Am 15. März wird der Autor und desverband der NPD, das spätere gekündigten Landesparteitag nicht einiges unternommen, um in den Liedermacher Wolfgang Herzberg Verbot der Kameradschaft »Front- mehr für den Vorsitz des Verbandes Rathäusern, unter Gastronomen unter dem Motto »Überleben heißt bann 24«, die schwachen Ergebnis- kandidieren zu wollen, folgte zu- (Fortsetzung auf Seite 11) Erinnern« von der Lebensge- se der rechten Parteien bei den nächst betretenes Schweigen. Hä- schichte seiner Tante, der Ausch- Bundestagswahlen im September misches Gefeixe war lediglich aus Redaktion: Dr. Hans Coppi witz-Überlebenden Florence Sin- 2009 und die Querelen um den dem Umfeld von Hans-Joachim Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin gewald, berichten und seine Le- rechten Multifunktionär und NPD- Henry zu vernehmen, der Ende Fe- Tel.: (030) 29784178 Fax: (030) 29784378 sung durch eigene Lieder und Ge- Landesvorsitzenden Jörg Hähnel bruar 2009 als Vizevorsitzender der Internet: http://berlin.vvn-bda.org dichte abrunden. standen hier nur exemplarisch für Berliner NPD die rechtsextreme E-Mail: [email protected] Übrigens: Bekannt wurde der eine krisengeschüttelte und fast Partei mit Dutzenden anderen ver- 1944 als Sohn jüdisch-deutscher ausschließlich mit sich selbst be- lassen hatte - als Reaktion auf den Wir bitten sehr um Spenden Emigranten im britischen Leicester schäftigte Neonaziszene. Führungsstil von Hähnel. für die Berliner VVN-BdA geborene Autor und Publizist auch Als habe das Gerede von den gu- Als der lang angekündigte und Postbank Berlin als Rocktexter für die DDR-Kult- ten Vorsätzen im neuen Jahr doch kurzfristig einberufene Landespar- Konto-Nr: 315 904 105 band PANKOW. nicht nur eine pathologische Wir- teitag Anfang Februar dann doch BLZ: 100 100 10

10 BEILAGE · MÄRZ/APRIL 2010 antifa AUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN BERLIN Alarmierendes aus Zossen Von der Polizei geduldet verhöhnen Neonazis Opfer des Faschismus – Von Hans Coppi Nachdem ich am 27. Januar an in Plötzensee ermordet worden. Ih- der Gedenkfeier für die Opfer re Namen, Geburtsdaten, Berufe des Nationalsozialismus im Bun- und ihr Verfolgungsschicksal hall- destag teilgenommen hatte, ten an diesem Abend über den Zos- fuhr ich nach Zossen. Immer sener Marktplatz. wieder hatte ich in den letzten Ein für mich völlig unerwartetes Jahren von Nazi-Aktivitäten in Echo kam von der anderen Seite dieser nur 20 Kilometer südlich des Platzes. Dort hatten sich etwa von Berlin gelegenen Kleinstadt 20 Neonazis versammelt. Sie stör- gehört und gelesen. Wenige Ta- ten massiv das Gedenken mit Tril- ge zuvor war auf das im Frühjahr lerpfeifen, Tröten, riefen in 2009 eröffnete Haus der Demo- Sprechchören »Nieder mit der ro- kratie ein Brandanschlag verübt ten Pest«, »Nationaler Sozialis- worden. Um so mehr war ich ge- mus, jetzt, jetzt, jetzt«, »Juden raus spannt, wie dort der Gedenktag aus Palästina« und andere Parolen. begangen wird. Auch »Lügen, Lügen« wurde skandiert, als Haftstätten, Deporta- Dem Aufruf der Bürgerinitiative tions- und Sterbeorte verlesen wur- »Zossen zeigt Gesicht für Demo- den. Auf einem Video ist zu sehen, Zossen am Abend des 27. Januar, dem Tag der Opfer des Naziregimes. kratie« waren über 160 Bürgerin- wie Nazis den »Kühnengruß« zei- Bilder: Björn Kietzmann nen und Bürger sowie Antifaschi- gen – den rechten Arm nach oben sten aus Brandenburg und Berlin und zwei Finger zum V gespreizt. chen wollte, erklärten die von mir doch am 27. Januar in Zossen an- gefolgt. Mitglieder der Bürgerin- All dies spielte sich vor den Augen angesprochenen Polizisten, dass ders erlebt und den Innenminister itiative hatten in den letzten Jahren der Polizei ab, die sich nicht veran- sie nicht wüssten, wer es ist und in einem offenen Brief am 31. Ja- gemeinsam mit Jugendlichen re- lasst sah, diese verfassungsfeindli- wie er zu erreichen sei. Meine Fra- nuar aufgefordert, das Fehlverhal- cherchiert und Biografien von 76 chen Handlungen zu unterbinden ge, warum sie die Nazis gewähren ten der Polizei auszuwerten und Frauen und Männern aus Zossen und auch nicht einschritt, als wäh- ließen, blieb unbeantwortet. Ein Schlussfolgerungen zu ziehen. Bis zusammengetragen. Sie waren von rend der gesamten Veranstaltung Polizist aus Zossen erklärte mir, jetzt, während ich das schreibe, 1933 bis 1945 verhaftet, misshan- Opfer des Naziregimes an einem dies sei eine öffentliche Veranstal- sind drei Wochen verstrichen, habe delt und gedemütigt, in Lagern und staatsoffiziellen Gedenktag ver- tung und Bürger, die eine andere ich noch keine Antwort von dem Zuchthäuser weggesperrt, in Kon- höhnt wurden. Ein für mich un- Meinung hätten, könnten dies auch Innenminister erhalten. zentrations- und Vernichtungsla- glaublicher Vorgang! kundtun. Auch er sah keinen Im Reichstag erneuerte am 27. gern, in Brandenburg-Görden und Als ich den Einsatzleiter spre- Grund, dagegen einzuschreiten. Januar der Präsident des Deutschen Das »tolerante Brandenburg« stel- Bundestages das Versprechen, le ich mir anders vor. »dass wir das, was in der Vergan- Nachdem der Brandstifter des genheit geschehen ist, nicht ver- Hauses der Demokratie festge- gessen. Wir wissen um die Ver- nommen worden war, las ich zwei pflichtung, jede Form von Hass, In- Tage später auf der Website des toleranz, Diskriminierung, Aus- Brandenburger Innenministeri- grenzung und Antisemitismus ent- ums, der Fahndungserfolg signali- schieden zu bekämpfen«. In Zos- siere, dass der rechtsextremen Sze- sen war diese Botschaft bei den Zu- Auch das ne in Brandenburg kein Spielraum ständigen offensichtlich nicht an- am 27. Januar. gelassen werde. Dies habe ich je- gekommen.

(Fortsetzung von Seite 10) übernimmt der in Berlin bisher un- turfreundejugend in Friedrichs- bekannte 45-jährige Uwe Meenen, Anschlagserie der Nazis hain, das Kubiz in Weißensee so- und anderen möglichen Vermietern der zuletzt in Bayern Parteikarrie- wie zwei alternative Hausprojekte von geeigneten Sitzungsräumen re machte. Dem Vorstand gehören im Wedding. die Sensibilität gegenüber Neona- neben den beiden ehemaligen Lan- Bereits im Dezember startete be- Schon Mitte Januar dieses Jah- zis zu erhöhen. desvorsitzenden Jörg Hähnel und sonders im Bezirk Neukölln eine res hatten nach Informationen der Außer über die Zusammenset- Eckart Bräuniger auch Sebastian bis dahin nicht gekannte rechte An- Antifa Hohenschönhausen rund 50 zung des neuen NPD-Landesvor- Schmidtke sowie Dietmar Tön- schlagserie gegen linke Stadtteillä- Neonazis bei einer im Rathaus standes drang wie gewöhnlich we- hardt an. Schmidtke ist seit Jahren den, Bars, Büros und Nachbar- Lichtenberg ausgerichteten »Lan- nig von den Geschehnissen des Anmelder von Neonazidemos in schaftszentren, darunter auf die gen Nacht der Politik« versucht, NPD-Treffens an die Öffentlich- Berlin und aktiv in der Kamerad- Chile-Freundschaftsgesellschaft »das Rathaus zur Angstzone zu keit. Doch schon aus diesen Infor- schaftsszene, Tönhardt ist der frü- »Salvador Allende«, das Büro der machen« und Antifaschistinnen mationen wird die weitere Annähe- here Chef der Berliner DVU, deren Grünen, die Galerie Olga Benario sowie Antifaschisten einzuschüch- rung der NPD an militante Jungna- Bedeutung in der Hauptstadt aller- und die Bar Tristeza. Ebenso be- tern. zis aus Berlin deutlich. Den Vorsitz dings weiter gegen null tendiert. troffen waren die Räume der Na- Lothar Bassermann

antifa BEILAGE · MÄRZ/APRIL 2010 11 AUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN HAMBURG

Ohnsorg-Theater: Wolfgang Rose ehrt Widerstandsausstellung im Foyer Antifaschistinnen Ausführliche Dolumentation lockte ins Hamburger Rathaus

Im Hamburger Ohnsorg-Theater Bis zum 14. Februar war im Foy- wohl noch etliche Polizei- und Pro- pe um Helmuth Hübener wird do- veranstaltete die Gewerkschaft er des Hamburger Rathauses ei- zessakten ausgewertet werden. kumentiert, Hübener war wohl das ver.di im Januar ihren Neujahrs- ne Ausstellung über den antifa- Außerdem fehlen Sozialdemokra- jüngste Hamburger Opfer der Na- empfang. In seiner Rede warnte der schistischen Widerstand in ten, die im kommunistischen Wi- zijustiz. Er war erst siebzehn Jah- Hamburger ver.di-Vorsitzende Hamburg zu sehen. Gestaltet derstand mitmachten, was z.B. in re alt, als er 1942 in Berlin-Plöt- Wolfgang Rose vor dem Erstarken wurde sie von der KZ-Gedenk- Harburg in erheblichem Maße vor- zensee hingerichtet wurde. Das des Neofaschismus. Geladen wa- stätte Neuengamme. Alles in al- gekommen ist. Aber das war viel- Ausstellungselement zur Hübe- ren auch Mitglieder der VVN- lem war es eine gelungene und leicht eine Harburger Besonder- ner-Gruppe wurde von der 15jähri- BdA, Holocaust-Überlebende und ausführliche Dokumentation, die heit. gen Schülerin Semiha Savran aus Widerstandskämpferinnen wie alle Opfergruppen ihrer Bedeu- Einen speziellen jüdischen Wi- Wilhelmsburg bei der Ausstel- Esther Bejarano, Antje Kosemund, tung nach angemessen berück- derstand gab es in Hamburg lungseröffnung im Kaisersaal prä- Elsa Werner und Steffi Wittenberg. sichtigt hat. nicht, es wurden aber Jüdinnen sentiert, die dazu in der Gedenk- Rose würdigte in seiner Rede ihren und Juden gezeigt, die in kommu- stätte Neuengamme geforscht Einsatz gegen alte und neue Nazis. Zum Jahr 1933 wird gesagt, dass nistischen und anderen Gruppen hatte. Mit Blick auf Esther Bejarano die Spaltung der Arbeiterbewe- mitkämpften. Vom Widerstand Es wird gesagt, dass wegen des meinte er: »Es stünde dem Senat gung die Errichtung der Nazidikta- der Bekennenden Kirche wird mit deutsch-sowjetischen Nichtan- der Freien und Hansestadt Ham- tur begünstigt hat, ohne die sonst Recht gesagt, dass er in Nord- griffspakts der kommunistische burg gut an, Sie zur Ehrenbürgerin üblichen einseitigen Schuldzuwei- deutschland nicht existierte. Die Widerstand 1939 zum Erliegen zu ernennen.« hjm sungen an die KPD. Vom Wider- Bekennende Kirche wehrte sich in gekommen ist. Es muß jedoch be- stand der Arbeiterbewegung wer- Norddeutschland dagegen, dass achtet werden, dass die meisten Bezirk Hamburg-Nord: den auch Gruppen aufgeführt, die Nazis in die Kirche hineinre- Männer zum Militär eingezogen über die bisher nur wenig bekannt gierten. Anders verhielt es sich wurden. Außerdem war die Gren- Amt verbietet war, wie Trotzkisten, KPO, SAP und mit den Zeugen Jehovas. Sie wa- ze zu Dänemark geschlossen, von NPD-Infostände andere. Anarchisten fehlen, ob- ren ähnlich wie die Kommunisten wo die Kommunisten vorher ihre wohl es auch von ihnen Wider- in Kleingruppen organisiert und Materialien bezogen. Das Bezirksamt Nord hat mehrere stand gegeben hat. Da müssen druckten Flugschriften. Die Grup- (Fortsetzung auf Seite 13) Anträge der NPD auf einen Info- stand abgelehnt. Grundlage war ein Beschluss der Bezirksversamm- lung Nord, wo es hieß: »Die Be- Gedenken – Filme – Lesung: zirksverwaltung wird aufgefordert, VVN-Termine von März bis Mai bei Anträgen auf Genehmigung Donnerstag, 6. Mai, 19.30 Uhr von Informationsständen insbe- Bürgerhaus Wilhelmsburg, sondere die Sicherheitsaspekte zu Sonntag, 7. März, 11 Uhr Paul Meyer hat zahlreiche Überle- Mengestr. 20 berücksichtigen.« Hintergrund war Friedhof Ohlsdorf, Gräber der bende des Warschauer Auf- Jugendwiderstand in Hamburg: ein Vorfall im Herbst, als in Barm- Valvo-Frauen/Nähe Kapelle 13 stands befragt und zum Teil un- Helmut Hübener und Freunde bek von einem NPD-Infostand aus Gedenkveranstaltung: Blumen veröffentlichtes Archivmaterial Lesung aus Ulrich Sanders eine Passantin verprügelt wurde. für die Valvo-Frauen verarbeitet. Buch »Jugendwiderstand im Bezirksamtsleiter Wolfgang Ko- Am Internationalen Frauentag Krieg«. Semiha Savran im Ge- pitzsch: »Aufgrund der Erfahrun- wollen wir auch an die Zwangs- Montag, 5. April spräch mit dem Autor gen beim letzten Bundestagswahl- arbeiterinnen erinnern. Ostermarsch kampf prüfen wir außerordentlich Rednerin: Traute Springer-Yakar mit anschließendem Friedensfest Freitag, 7. Mai, 11 Uhr sorgfältig bei der Genehmigung Bringt Blumen mit auf dem Großneumarkt Zentrum für Aus- und Fortbil- von Infoständen.« Gegen die NPD dung, Normannenweg 26 führten das »Hamburger Bündnis Montag, 8. März, 19 Uhr Sonntag, 11. April, 17 Uhr Rundgang durch die Ausstel- gegen Rechts«, SPD, GAL und Kulturpalast Billstedt Kino Metropolis im Savoy lung »Jugendwiderstand in Linke am 24. Januar eine Kundge- Die Frau mit den grünen Der Fall Cap Arcona Hamburg: Helmut Hübener und bung am Winterhuder Marktplatz Haaren K. Hermann/G. Klaucke, D Freunde« durch – an der gleichen Stelle, wo Munitionsfabrik. Arbeiter- und 1995, 102 Min. mit Ulrich Sander die NPD einen Stand angemeldet Soldatenrat. Kommunistische Am 3. April 1945 startete die hatte. hjm Partei. Verhaftet unter Stalin. Royal Air Force ihren letzten gro- Samstag, 8. Mai, 11 Uhr Antifaschistischer Widerstand. ßen Luftangriff. Das Ziel der briti- Friedhof Ohlsdorf, gegenüber Redaktion: H.-J. Meyer Erinnerung an Gertrud Meyer schen Flieger: Schiffsansamm- Krematorium, am Mahnmal für lungen in der Kieler und Lübek- die Opfer von Faschismus Nächster Redaktionsschluss ist Sonntag, 11. April. Sonntag, 28. März, 17 Uhr ker Bucht. Was die Angreifer und Krieg Zuschriften bitte an die Kino Metropolis im Savoy nicht wussten: die beiden größ- Nie wieder Faschismus – Landesgeschäftsstelle VVN-BdA Konspirantinnen ten Schiffe, Cap Arcona und nie wieder Krieg Landesvereinigung Hamburg Polnische Frauen im Wider- Thielbeck waren schwimmende Redner: N.N. Hein-Hoyer-Str. 41, 20359 Hamburg, stand 1939 – 1945 KZs. Dieser Irrtum kostete 7000 Musik: Chor Hamburger Ge- Tel.: (040) 314254 E-Mail: [email protected] Paul Meyer, D 2008, 90 Min. Häftlingen das Leben. werkschafter/innen

12 BEILAGE · MÄRZ/APRIL 2010 antifa AUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN HAMBURG

Schüler zeichnen Lebensweg nach 90 Jahre Kapp-Putsch Gedenken an Erinnerung an den siegreichen Harburger Generalstreik 500 jüdische Frauen Zur Erinnerung an den Kapp- Kommandeure des dort Am 27. Januar, dem Tag der Putsch und den gelungenen Ge- stationierten Pionierba- Befreiung von Auschwitz neralstreik vor 90 Jahren finden taillons verhaftet worden durch die Sowjetarmee, fand in Harburg Veranstaltungen waren, beschloss er, zu- in Neugraben am früheren statt. Die Harburger VVN-BdA nächst hier »Ordnung zu Ortsamt Süderelbe eine Ge- hat dafür zu einem »Ratschlag« schaffen«, und mar- denkstunde statt. eingeladen. Näheres ist bei der schierte am Abend des 14. VVN-BdA Hamburg zu erfahren. März in die Stadt ein. Der Hier erinnert eine Tafel an etwa Zugang zur Kaserne wur- 500 jüdische Frauen, die in ei- Am 13. März 1920 putschte das de ihm jedoch verwehrt, nem Außenlager des KZ Neuen- Militär. Reichspräsident Ebert und seine Truppe musste in gamme am Falkenbergsweg un- die Regierung Scheidemann (SPD) der Mittelschule in Heim- tergebracht waren. Sie gehör- flüchteten. Mit »Hakenkreuz am feld an der Woellmerstra- ten zu einem Transport von Stahlhelm« und »schwarz-weiß- ße Quartier nehmen. 1500 Frauen, die in Auschwitz rotem Band« marschierte die Ma- Am 15. März wurde zum Arbeiten selektiert wurden rinebrigade Ehrhardt in Berlin ein. diese Schule von einer und im Juli 1944 in Hamburg Es zeichnete sich eine neuartige großen Zahl teils bewaff- eintrafen. Koalition ab, die später »Harzbur- neter Arbeiter belagert. Die Jüdinnen am Falken- ger Front« heißen sollte. Auf den Es kam zu einer Schieße- bergsweg stammten fast alle Schild gehoben wurde ein völlig rei, elf Arbeiter, ein Lehr- aus der Tschechoslowakei. unbekannter Mann namens Wolf- ling, ein Schüler und ein Karl-Heinz Schultz vom Freun- gang Kapp, treibende Kräfte waren Soldat des Pionierbatail- deskreis KZ-Gedenkstätte Neu- jedoch Militärs wie General von lons wurden getötet. engamme berichtete aus dem Ludendorff und General von Lütt- Auch auf Seiten der Bal- Leben von Zuzana Glaserová, witz. Die Heimfelder Schule, in der sich die Put- tikumer gab es Tote. das im vorigen Jahr Schülerin- Nach einem Generalstreik, der schisten verschanzt hatten. Bild: hjm Schließlich mussten die nen des Neugrabener Gymnasi- von den drei Arbeiterparteien SPD, Putschisten kapitulieren. ums erforscht hatten. Für sie USPD und KPD unterstützt wurde, den wenigen Städten, wo die Put- Berthold versuchte wohl zu flie- wurde damals vor dem Haus, in war nach wenigen Tagen der Spuk schisten nicht nur durch den Streik, hen, wurde aber entdeckt und von dem sie arbeiten musste, ein zu Ende. Die von Wehrminister sondern auch militärisch besiegt der Menge gelyncht. Stolperstein verlegt. Ihre Sta- Gustav Noske (SPD) aus der Taufe wurden. In der Nähe von Stade war Die Nazis machten Flieger- tionen waren Prag, Theresien- gehobene Reichswehr hatte bei der ein Trupp »Baltikumer« statio- hauptmann Berthold zum Märty- stadt, Auschwitz und Hamburg, Niederschlagung der revolutionä- niert, reguläre Einheiten und Frei- rer. Alljährlich fanden im März in dort zunächst im Freihafen am ren Arbeiterbewegung funktio- corps, die im Baltikum gegen die Harburg pompöse Berthold-Feiern Dessauer Ufer und im Septem- niert, vor den Putschisten von Sowjetmacht gekämpft hatten und statt. In den Kämpfen nach der No- ber 1944 am Falkenbergsweg. Rechts gefiel sie sich in wohlwol- nun demobilisiert werden sollten. vemberrevolution hatten Offiziere Im Februar 1945 wurden die lender Zurückhaltung. Noske war, Dieser Landsknechthaufen unter Tausende von Arbeitern erschos- Frauen nach Hamburg-Tief- zu tiefem Bedauern seines Freun- dem Kommando des Fliegerhaupt- sen. Dass es auch mal umgekehrt stack verlegt. Dort kam Zuzana des Ebert, nun nicht mehr zu halten manns Berthold schloss sich dem kommen konnte, hat das konserva- Glaserová am 20. März bei ei- und musste seinen Hut nehmen. Putsch an und setzte sich in Rich- tive Harburg dem »roten Pöbel« bis nem Luftangriff ums Leben. Sie Die Arbeiterstadt Harburg vor tung Hamburg in Marsch. Als Bert- heute nicht verziehen. war erst 19 Jahre alt. Das KZ den Toren Hamburgs gehörte zu hold erfuhr, dass in Harburg die Hans-Joachim Meyer Neuengamme und die Hambur- ger Außenlager wurden dann evakuiert. Endstation für die Widerstandsausstellung Wir bitten um Spenden Hamburg liegt vorne: Frauen war Bergen-Belsen, wo (Fortsetzung von Seite 12) 3191 Stolpersteine viele an Fleckfieber,Typhus und für die Hamburger VVN-BdA! Hunger starben. Wie viele der Vom Widerstand des Krieges Spendenkonto: VVN-BdA Hamburg In ganz Hamburg wurden bis Fe- 500 Frauen Bergen-Belsen werden die kommunistische Orga- Haspa, BLZ 200 505 50 bruar diesen Jahres insgesamt 3191 überlebt haben, blieb bis heute nisation um Bästlein, Jacob und Kto-Nr. 1206/127 183 Stolpersteine verlegt, mit denen der unbekannt. Abshagen sowie die Weiße Rose Kölner Künstler Gunter Demnig Einige der Frauen besuchten Hamburg dargestellt. Ein opposi- nigen Menschen geleistet wurde. vielen Opfern der Nazi-Diktatur später Hamburg, einerseits tioneller Kreis um den Industriel- Genannt werden Gertrud Meyer wieder einen Namen an ihren ehe- Stätte des Grauens, anderer- len Heinrich Thörl fehlt, einem und Ursel Hochmuth von der VVN- maligen Wohn- und Arbeitsorten seits der Erleichterung, denn ehemaligen Mitglied des »Stahl- BdA. So forderten die Ausstel- gegeben hat. Schon lange ist Ham- sie waren Auschwitz entron- helms«. Die Nazis warfen ihm vor, lungsmacher aus der Gedenkstät- burg die Stadt mit den meisten Stol- nen. Ihre Erlebnisse sind im Vi- einen Verein »zur Vernichtung Al- te Neuengamme, dass die Forde- persteinen, was auch ein zwiespäl- deo »Hamburg, das war die ter Kämpfer« gegründet zu haben. rung des ehemaligen Senatsspre- tiges Gefühl hinterlässt: nicht nur Wende« aufgezeichnet, das die Zum Schluss wird bedauert, chers Erich Lüth befolgt wird: Stolz, sondern auch Trauer über die KZ-Gedenkstätte Neuengam- dass die Erforschung des Wider- Schreibt die Geschichte des Ham- Vielzahl der Opfer im ehemaligen me anbietet. hjm standes anfangs nur von sehr we- burger Widerstandes. hjm »Mustergau Hamburg«. hjm

antifa BEILAGE · MÄRZ/APRIL 2010 13 AUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN NIEDERSACHSEN

Bergen-Belsen am 18.April Gedenkzug erneut in Hannover »Nichts ist vergessen »Zug der Erinnerung« in erweiterter Form und Niemand!« Auch der zweite Aufenthalt des Zugs der Erinnerung in Hanno- Anlässlich des 65. Jahrestages ver vom 8. bis 12. November der Befreiung des Konzentrati- war ein großer Erfolg. Rund 80 onslager Bergen-Belsen geden- Schulklassen besuchten die ken wir am 18. April der über Ausstellung. 20 000 sowjetischen Kriegsge- fangenen, die hier unter men- In dem erweiterten Bereich schenunwürdigen Bedingun- »Schuld und Schulden« wurden gen ihr Leben lassen mussten. dort an Beispielen die Einnahmen Zum Schutz vor der Eiseskälte vorgerechnet, die der Reichsbahn konnten sie sich nur in Erdhöh- durch die Transporte zuflossen und len eingraben. Sie wurden er- die von den Deportierten aufzu- mordet oder starben elend an bringen waren. Grundlage dafür Hunger, Kälte und Seuchen. war ein jüngst erstelltes Gutachten, das im Zug vorgestellt wurde. Der Sowjetischer Solda- bisherige Umgang der Bundesre- publik Deutschland und der Deut- tenfriedhof, Hörsten, schen Bahn als Rechtsnachfolgerin 18. April, 13.30 Uhr der Reichsbahn mit dieser Ge- schichte wird so noch einmal pla- Salomon Finkelstein (r.) bei der Eröffnung. Bild: rwk Sprechen werden Mechthild stisch ins Bewusstsein gerufen. Hartung, VVN-BdA Nds. e.V., Der letzte Teil der Ausstellung Die Ausstellung wurde von Se- lebender Zeitzeuge ergreifende Illia Riaboi, Veteranenratvor- war wie immer örtlichen Initiativen bastian Wertmüller (DGB-Regi- Worte an die versammelten etwa sitzender Rote Armee, Hanno- vorbehalten. Auf mehreren Tafeln onsvorsitzender) eröffnet. Er und 150 Zuhörer. ver, Bruno Mahlow, VVN-BdA wurden hier Gedenkstätten in Han- nach ihm Hans-Rüdiger Minow Auch diesmal umrahmte ein um- Berlin, NN, DGB Nord–Ost– nover vorgestellt: Die Gedenkstät- fangreiches Begleitprogramm den Niedersachsen, Jugendliche te Ahlem als Ort der wechselvollen Lücken in Aufarbeitung Aufenthalt. Auch im Rahmen die- des Internationalen Work- Geschichte als Israelitische Gar- ses Programms war das Auftreten camps Bergen-Belsen tenbauschule, -Gefängnis von Salomon Finkelstein ein her- Rezitation: Jörg Lorenz und KZ; das Entbindungslager in vom Verein Zug der Erinnerung ausragendes Ereignis. Finkelstein, Musikalischer Beitrag: Uwe Langenhagen-Godshorn, in dem wiesen nachdrücklich auf die abso- Jahrgang 1922, berichtete in der In- Pitz (Euphonium), Maria rund 300 Säuglinge und Kleinkin- lut ungenügende geschichtliche tegrierten Gesamtschule Linden Helmberger-Noss (Gesang) der von Zwangsarbeiterinnen Aufarbeitung der Problematik der aus seinem Überleben im Ghetto elend zugrunde gingen und der Deportationen und die Frage der von Lodz, in vielen Arbeitslagern, Es laden ein: VVN-BdA Nds Bahnhof Fischerhof in Hannover- Opferentschädigung durch die of- in Auschwitz, Mittelbau Dora, Ra- e.V. und DGB N-O-Nds. Linden, von dem aus von 1941 bis fiziellen Stellen hin. Danach rich- vensbrück und den dazwischen lie- 1944 die Deportationszüge rollten. tete Salomon Finkelstein als über- genden Todesmärschen. rwk

Die »Grenzen und Perspektiven »Nur ein Schrei nach Liebe?« antirassistischer Pädagogik« soll- 13. Antifaschistische Sozialkonferenz ten mit Professor Dr. Wolfram Stender von der Fachhochschule Die nun schon traditionelle Kon- scheinungsbilder extrem rechter den Frauenanteil zeige. Hannover ausgelotet werden. Er ferenz, die alljährlich in Hanno- Jugendszenen. Er arbeitete heraus, Die Möglichkeiten antirassisti- schlug zunächst vor, den Versuch ver anlässlich des Jahrestags dass es keine normierte rechte Sze- scher Fanprojekte untersuchte eine einer antirassistischen Pädagogik der Befreiung von Auschwitz ne mehr gibt, dass moderne Neona- Gruppe unter dem Titel »Tatort durch das Ziel einer »nichtrassisti- 1945 und in Erinnerung an die zis vielmehr erfolgreich versu- schen Praxis« zu ersetzen. Weiter- Machtübergabe an chen, an verschiedene Jugendkul- Für antirassistische hin setzte er sich dafür ein, den 1933 durchgeführt wird, wandte turen anzudocken, was sich zum Blickwinkel von dem offenen Ras- sich diesmal dem jugendlichen Beispiel auch an der Übernahme Pädagogik sismus der extremen Rechten auf Neofaschismus zu, seinen Ursa- von »linken« Gesten bei den Auto- den »sekundären Rassismus« in chen, Szenen und Konzepten. nomen Nationalisten zeigt. Stadion – Neonazis im Fußballsta- der Mitte der Gesellschaft auszu- Aus einer geschlossenen Bewe- dion«. Die Leitung hatte Aljoscha dehnen, dessen Vorurteile vorwie- In seinem einleitenden Vortrag gab gung entwickle sich mehr und Langfort vom Arbeitskreis »96 gend in kultureller Verbrämung Michael Weiss vom Antifaschisti- mehr ein vielfältiges Netzwerk. Fans gegen Rassismus«. Fazit im transportiert würden. Er machte schen Pressearchiv und Bildungs- Mit dem schwindenden Zwang zur abschließenden Plenumsbericht: das an einer Filmsequenz deutlich, zentrum e.V. Berlin (APABIZ) un- Normierung ändere sich auch die Die Prävention darf nicht erst da die er mit Zitaten des Bundesbank- ter dem Titel »Des Nazis neue soziale Zusammensetzung, was beginnen, wo für die Polizei Ge- direktors Thilo Sarrazin verglei- Kleider« einen Überblick über Er- sich zum Beispiel in einem steigen- waltprävention beginnt. chen ließ. rwk

14 BEILAGE · MÄRZ/APRIL 2010 antifa AUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN NIEDERSACHSEN

Betroffenheit im Landtag Geschafft: Kein KdF-Museum in Wolfsburg Warnungen eines Die Nachricht hatte im Som- Überlebenden mer 2009 für helle Aufregung gesorgt: NPD-Vize Jürgen Rie- Aus Anlass des 65. Jahrestags ger will in Wolfsburg in einem der Befreiung von Auschwitz Möbelhaus ein »KdF-Museum«, durch die Rote Armee lud der benannt nach der NS-Aktion Landtagspräsident zu einer Ge- »Kraft durch Freude« für ver- denkveranstaltung in den Land- diente Faschisten, einrichten. tag ein. Der »Schulterschluss Wolfsbur- ger Demokraten« von IG Me- Im Zentrum standen die »Erinne- tall, DGB, Kirchen, Parteien rungen eines Überlebenden« von und Initiativen unter Einschluß Salomon Finkelstein. In seiner un- der VVN-BdA mobilisierte da- pathetischen Erzählweise berich- gegen. Junge TeilnehmerInnen der Mahnwache mit VVN-Plakaten. Bild: mecki tete er von seinen Leidenswegen von 1939 bis 1945, Zwangsar- Der breite Protest äußerte sich Braun«. Auch der plötzliche Tod für Demokratieförderung« einzie- beit, Ghettos, Auschwitz, Mittel- in einer großen Demonstration des Nazi-Anwaltes Rieger, der die hen. Das Zentrum soll von der re- bau Dora, und den Todesmär- im September, regelmäßigen Immobilie bereits angemietet hat- nommierten Braunschweiger schen. Mahnwachen am Samstag in der te, half mit, die Pläne zu stoppen. ARuG (Arbeitsstelle Rechtsextre- Eingeleitet hatte er seine Erin- Wolfsburger Innenstadt und in ei- Nun hat die Stadt Wolfsburg die mismus und Gewalt) betreut wer- nerungen mit den sanft ironischen ner von mehr als tausend Bürge- Immobilie zum »normalen Ver- den. Damit hat sich der Wider- Worten, er sei nicht zu solch tie- rinnen und Bürgern unterzeich- kehrswert« erworben. Noch in die- stand der Wolfsburger Bevölke- fen philosophischen Betrachtun- neten Zeitungs-Anzeige: »Wir sem Jahr sollen statt der Nazis ein rung echt gelohnt! gen fähig. Zum Schluss erteilte er sind Wolfsburg. Bunt statt Sozialkaufhaus und ein »Zentrum Alfred Hartung jedoch den versammelten Hono- ratioren und Offizieren noch eine Lektion in Geschichtsbewusst- sein, indem er mit den Worten in Lob für Ausstellung zur Zwangsarbeit die Runde blickte: »Ich sehe hier Spurensuche in Südniedersachsen Wehrmacht!« Danach erinnerte er mit weni- Mitte Januar wurde in Göttingen terstützten zunächst die Stadt Göt- zur Verdeutlichung beitrugen. gen Skizzen und einem ergreifen- die Ausstellung »Auf der Spur tingen und dann auch die angespro- Betonen möchte ich jedoch, dass den Einzelschicksal an die verbre- europäischer Zwangsarbeit – chenen Landkreise diese Tätigkeit es auch eine lohnenswerte Aufgabe cherische Rolle der Wehrmacht Südniedersachsen 1939-1945« auch finanziell. sein wird, politischen Druck für ei- bei den Judenverfolgungen und eröffnet. Schon seit langem hatten die Ge- ne Dauerausstellung in der Region Massenmorden beim Überfall auf schichtswerkstätten Göttingen und Südniedersachsen zu entwickeln. die Sowjetunion. Die unermüdliche Arbeit von Hi- Duderstadt gefordert, mit den von Peter Dürrbeck Reinhold Weismann-Kieser storikern und Kulturwissenschaft- ihnen gesammelten Dokumenten lern brachte die Fakten vor allem Dauerausstellungen einzurichten. aus dem Stadt- und Landkreis Göt- Vor allem in Duderstadt, wo noch Erzählen und Forschen in der Erinnerungswerkstatt tingen und Northeim zutage. Erst eine Originalbaracke, in der als sich die Tatsachen nicht mehr Zwangsarbeiter/innen unterge- Kriegskinder trafen sich in Hameln unter der Decke halten ließen, un- bracht waren, erhalten war. Sie könnte diese Ausstellung beherber- Erzählen und Forschen in der Er- Fremde zu sein oder die Rück- gen. Die Kreisverwaltung wiegelte innerungswerkstatt. Dieser Auf- kehr des Vaters? Welche Res- Artikel für die antifa-Niedersachsen- ab, bis endlich der spätere Eigentü- gabe stellten sich Frauen und sourcen und soziale Hilfen zur Seiten bitte bis zum 8. des Monats mer die Baracke abreißen wollte. Männer, die den Zweiten Welt- Bewältigung standen zur Verfü- in geraden Monaten an [email protected]. Er war jedoch bereit, Teile der Ge- krieg als Kinder oder Jugendli- gung? VVN-BdA bäude einer Arbeitsbeschaffungs- che erlebt haben. In regelmäßi- Welche »Lehren« haben die Be- Landesvereinigung Niedersachsen gesellschaft zu überlassen, die die- gen Abständen trafen sie sich fragten aus ihren Kindheits- und Rolandstraße 16, 30161 Hannover, se einlagerte. über mehrere Monate, erinner- Jugenderfahrungen für sich Tel.: (0511) 331136 Wie das bei einer Eröffnungs- ten sich, tauschten Erfahrungen selbst gezogen? Was haben sie Fax: (0511) 3360221 E-Mail: [email protected]. veranstaltung ist, hat der Erfolg im- aus und ließen sich auf For- an die kommende Generation Das Büro ist i. d. R. Montag bis Frei- mer viele Väter; die örtlichen Poli- schungsprozesse ein. weitergegeben bzw. was wollten tag von 10.00 bis 16.00 Uhr be- tiker hatten vergessen, wie zöger- Wie lässt sich »große« Geschich- sie weitergeben? Als Referent setzt. lich sie zunächst handelten. te im Lebenslauf und in der Bio- wurde Werner Siepmann gewon- Wenn Ihr weiterhin Informationen der Den wirklichen Ausstellungs- grafie von Kindern und der ihrer nen, er erzählt seine Lebensge- VVN-BdA erhalten wollt, teilt uns bit- te nach einem Umzug o.ä. Eure macher/innen ist ein großes Lob Familien wiederfinden? Wie be- schichte nach 1945. neue Adresse mit. Danke! auszusprechen. Ebenso sind die wältigten Kinder (und Erwachse- Die Landesvereinigung freut sich Zwangsarbeiter/innen aus Polen, ne) das Verstecken vor dem Ver- Donnerstag, 25. März, 19 Uhr, über Spenden für ihre Arbeit auf das den Niederlanden, Italien, Ungarn folger, Sterben, Hunger, auf der Sumpfblume, Kleiner Veranstaltungs- Konto 7510-307 bei der Postbank und der ehemaligen Sowjetunion Flucht oder Flüchtling in der saal, Stockhof 2a, Hameln Hannover, BLZ 250 100 30. zu erwähnen, die durch Interviews

antifa BEILAGE · MÄRZ/APRIL 2010 15 AUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN SACHSEN Lagerdokumente für Heimatgeschichte Lesung aus Häftlingsbriefen im Zschopauer Schloss Knapp 100 Besucher haben am deutlich. Als »mutige Tat, die 27. Januar aus Anlass des Ge- schwer wiegende Folgen hätte ha- denktages an die Opfer des Na- ben können«, bezeichnete Pascal tionalsozialismus im Zschopau- Ciborra den Beschwerdebrief des er Schloss Wildeck eine Lesung Werksdirektors der Spinnerei in mit Literaturwissenschaftler Venusberg, in dem dieser die Be- Pascal Cziborra verfolgt. Der handlung der jüdischen Frauen an- Holocaustforscher stellte seine prangerte. Bücher vor, die er über die Au- Initiatorin der Veranstaltung war ßenlager Zschopau, Venusberg Sophia Hofmann, nachdem ihr vor und Wilischthal des KZ Flossen- zwei Jahren zufällig das Buch über bürg verfasste. Musik kam vom das KZ-Außenlager Venusberg in Klaviertrio aus Annaberg-Buch- die Hände fiel. »Erst durch das holz und der Yankele-Kapelle Buch wurde mir deutlich, was frü- aus Chemnitz. her in meinem Heimatort gesche- hen ist – und wie wenig wir auch in Häftlingsberichte, Vernehmungs- der DDR darüber wussten.« protokolle und Firmenakten hat »Dem Anlass angemessen« fand Pascal Cziborra ausgewertet und in Pascal Cziborra aus Chemnitz während der Buchlesung. auch Besucherin Claudia Naupert seinen Büchern verarbeitet. Der die Gedenkveranstaltung. »Es ist Autor gab in seiner Lesung einen Jüdische Frauen wurden Ende ken für Junkers in Venusberg ungeheuer wichtig, dass dieser Teil Überblick über die Lager, veran- 1944 und Anfang 1945 in die Au- schuften zu lassen. In den Schilde- unserer Geschichte aufgearbeitet schaulichte dies durch historische ßenlager gebracht, um sie in Fir- rungen wurde die Verzweiflung, wird und die Geschehnisse nicht in Fotos und neuere Aufnahmen und men wie DKW in Zschopau, DKK aber auch die Menschlichkeit und Vergessenheit geraten«, sagte die zitierte die überlebenden Frauen. in Wilischthal und den Venuswer- Solidarität unter den Häftlingen Gelenauerin. Dirk Trautmann Eine Lücke wird nicht hingenommen Atlas zur Geschichte Sachsens darf NS-Zeit nicht ausklammern und beklagte den personellen Engpass seiner Organisation. Nur Seit vier Jahren wird am »Atlas sten in Sachsen 1933 - 1945« will Amtshauptmannschaften/Land- eine VVN-Kameradin, die etwas zur Geschichte und Landeskun- die Verfolgung, Verurteilung und kreise aufzugliedern. Dabei fehlt jünger ist, aber auch noch einer de von Sachsen« gearbeitet, zu Ermordung von Nazigegnern doku- es jedoch an ortskundigen Mitar- Beschäftigung nachgeht, könne einem Drittel ist er fertig ge- mentieren, die Verfolgung, Depor- beitern vor allem in den Gebieten am Projekt mitarbeiten. Trotz des stellt. Jetzt entdeckte Histori- tation und Vernichtung der Juden Aue-Schwarzenberg, Glauchau, hohen Alters der VVN-Mitglieder ker Hans Brenner aus Zschopau sowie Sinti und Roma darstellen, Stollberg, Annaberg und Zwickau gibt es von seiner Kreisorganisa- eine fatale Lücke: Die faschisti- Das System der Konzentrationsla- Neben den Archivstudien sollten tion immer wieder Aktivitäten und sche Diktatur war mit keiner Sil- ger samt Außenstellen aufzeigen auch Literaturlisten über Publika- Denkanstöße. Nicht befriedigen be erwähnt. Verantwortlich ist und schließlich Auskunft geben tionen entstehen, die alle ein- kann die Zusammenarbeit mit der die Sächsische Akademie der über die so genannten Todesmär- schlägigen Erscheinungen seit LINKEN, von den anderen Partei- Wissenschaften, die 125 Karten sche in den letzten Kriegsmona- 1945/46 aufführen sollen. en ganz zu schweigen. über die geschichtliche Ent- ten 1945. In der Diskussion wurde mehr- Die Beratung endete mit der wicklung des Freistaates von Anfang Januar trafen sich im fach auf die intensiven Forschun- Hoffnung auf eine weitere intensi- seiner Entstehung bis zur Ge- PolitikKontor Zwickau ein gutes gen zur Geschichte der NS-Zeit in ve Arbeit an diesem Kartenprojekt genwart herausgeben will – mit Dutzend Heimathistoriker, die Re- der DDR verwiesen, die jedoch und dem Aufruf vor allem an die einer Lücke. gionalgruppe Chemnitz-Erzgebir- auch Mängel und Lücken aufwies. Zwickauer, dieses Vorhaben durch ge-Vogtland, um über den Stand So zum Beispiel gab es keine Pu- aktive Teilnahme zu unterstützen. Brenners erste Interventionen des Kartenwerkes zu beraten. Der blikation über die Verfolgung der Kontakt kann über den Landes- stießen ins Leere. Er scharte eine Einführungsvortrag von Dr. Bren- Zeugen Jehovas, die ja auch Op- sprecher der VVN-BdA Sachsen, Gruppe von Heimathistorikern um ner machte deutlich, dass schon fer des Faschismus waren, oder Peter Giersich, Telefon (03744) sich, die sich das Ziel setzten, die- ein großes Arbeitspensum gelei- es wurden NS-Verfolgte aus den 80883, hergestellt werden. se Lücke auszufüllen und in eh- stet wurde. In Fortschreibung der entsprechenden Listen gestri- Peter Giersich renamtlicher Arbeit die fehlende Arbeitskonzeption von 2007 sol- chen, weil sie sich moralisch oder 126. Karte zu erarbeiten. Die Hi- len nun drei zusammen gehörige politisch unkorrekt verhielten. V.i.S.d.P.: Peter Giersich storikergruppe erarbeitete sich Karten entstehen. Zahlreiche Ar- Der Vorsitzende des Kreisver- Redaktion: Landesvorstand Sachsen ein Konzept, was diese Karte ab- chivalien, vor allem in Chemnitz, bandes Zwickau der Vereinigung Zuschriften bitte an bilden sollte und welche Arbeit- Dresden und Leipzig, wurden der Verfolgten des Naziregimes- VVN-BdA Sachsen schritte nötig sind. Das Projekt schon gesichtet und erfasst. Die Bund der Antifaschisten, Günter Wettiner Platz 10 mit dem Titel »Die terroristische Ergebnisse der Forschungen sind Weigel, schilderte als Gastgeber 01067 Dresden E-Mail: [email protected] Herrschaft der Nationalsoziali- auf die bis 1952 existierenden die Situation im Zwickauer Raum

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