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NÉZET- SÉGUIN

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PRO HASKA

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SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS Donnerstag 7.7.2016 Freitag 8.7.2016 4. Abo C Herkulessaal 20.00 – ca. 22.15 Uhr SÉGUIN

UBERT

HASKA

ER

NER

15 / 16 YANNICK NÉZET-SÉGUIN Leitung

ANNA PROHASKA Sopran

SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS

KONZERTEINFÜHRUNG 18.45 Uhr Moderation: Johann Jahn

LIVE-ÜBERTRAGUNG in Surround auf BR-KLASSIK Freitag, 8.7.2016 PausenZeichen: Julia Schölzel im Gespräch mit Yannick Nézet-Séguin

Konzert zum Nachhören (on demand): Eine Woche abrufbar auf www.br-klassik.de 4 Programm Carl Maria von Weber »So bin ich nun verlassen« – »Hier dicht am Quell, wo Weiden stehn« Szene und Kavatine der Euryanthe aus dem 3. Akt der Oper »Euryanthe«

Franz Schubert »Ich schleiche bang und still herum« Romanze der Helene aus dem einaktigen Singspiel »Die Verschworenen«, D 787

Franz Schubert »Welche Nacht hab ich erlebt!« Arie der Anna aus dem 2. Akt des Opernfragments »Die Bürgschaft«, D 435

Carl Maria von Weber »Einst träumte meiner sel’gen Base« – »Trübe Augen, Liebchen, taugen einem holden Bräutchen nicht.« Romanze und Arie des Ännchen aus dem 3. Akt der Oper »Der Freischütz«

Pause

Anton Bruckner Symphonie Nr. 7 E-Dur • Allegro moderato • Adagio. Sehr feierlich und sehr langsam • Scherzo. Sehr schnell – Trio. Etwas langsamer • Finale. Bewegt, doch nicht schnell

5 Programm Widrige Verhältnisse

Schubert, Weber und die Wiener Oper um 1820

Angelika Rahm Franz Schubert (1797–1828) setzte sich Zeit seines Lebens mit dem Musiktheater auseinander – als Schüler des Opernkomponisten und Hofmusikdirektors Antonio Salieri ebenso wie als begeisterter, gut informierter Opernbesucher mit breiten Repertoirekenntnissen und einer Vorliebe für Gluck und Mozart, und schließlich in seinem eigenen Schaffen. Erstaunliche 40 Prozent seiner autographen Hinterlassenschaft füllen Kompositionen für die Bühne, zehn vollendete Werke und sieben Fragmente, von der Zauber- und Maschi- nenoper über das Singspiel bis hin zur durchkomponierten, großen ro- mantischen Oper. Die meisten Bühnenwerke entstanden zwischen 1815 und 1823, darunter die wohl von Schillers gleichnamiger Ballade inspi- rierte, als dreiaktige Oper angelegte, aber unvollendete Bürgschaft von 1816. Drei Jahre später erhielt der nun 22-jährige Schubert auf Vermitt- lung seines Freundes, des Baritons Johann Michael Vogl, den ersten offi- ziellen Auftrag der Hofoper. Das einaktige Singspiel Die Zwillingsbrüder erlebte am 14. Juni 1820 im Kärntnertortheater seine erfolgreiche Urauf- führung und fünf weitere Vorstellungen. Außerdem ging im August 1820 das Melodram Die Zauberharfe mit Musik von Schubert achtmal über die Bühne des Theaters an der Wien. Als kleiner Folgeauftrag der Hof- operndirektion entstanden die beiden Einlage-Arien zu Ferdinand Hérolds Zauberglöckchen mit acht Vorstellungen im August 1821. Mit Ausnahme der Schauspielmusik zu Rosamunde (1823) schaffte es zu Schuberts Leb- zeiten aber kein weiteres seiner Musiktheaterwerke mehr auf die Bühne. Die Ursachen dafür sind komplex und liegen nicht zuletzt in der Wiener Theatersituation um 1820 begründet. Zu dieser Zeit verfügte die österreichische Metropole über fünf Theater: zwei vom Kaiserhaus finanzierte Hoftheater (Burgtheater und Kärntner- tortheater) in der inneren Stadt und drei private Bühnen in den Vor- städten (Theater in der Leopoldstadt, Theater an der Wien und Theater in der Josefstadt). Letztere widmeten sich hauptsächlich der Unterhaltung mit Zauberstücken, musikalischen Possen oder reinem Volkstheater. Seit einer Umorganisation der Hoftheater 1810 blieb das Burgtheater dem deutschen Schauspiel vorbehalten, während im Kärntnertortheater Oper und Ballett gegeben wurden. Zwischendurch allerdings verachtete man auch leichtere Kost nicht. Gemeinsames Problem aller Bühnen war die angespannte, teils prekäre finanzielle Situation sowie die übermächtige 6 Wiener Oper um 1820 Franz Schubert, Ölgemälde von Wilhelm August Rieder (1875)

Zensur im Polizeistaat Metternichs. Getreu dessen Maxime »Die Zensur ist das Recht, die Manifestation von Ideen zu verhindern, die den Frie- den des Staates, seine Interessen und seine gute Ordnung verwirren« und mit dem Anspruch, jeglichen Schaden von Staat, Kirche und Moral ab- zuwenden, überwachte die strenge Zensur jede Form von gesprochenem oder geschriebenem Wort sowie alle Künste. So mussten in jedem Theater alle Stücke (mit oder ohne Musik) vor der Aufführung grundsätzlich ge- nehmigt und zusätzlich bei Bedarf einzelne Stellen, Wörter oder Personen gestrichen oder verändert werden. Dass es bei solchen Vorgaben nahezu unmöglich war, anspruchsvolle Schauspiele und dramaturgisch tragfähige Libretti zu schreiben, liegt auf der Hand. Verstöße jeglicher Art wurden zudem mit hohen Strafen geahndet. Das erfuhr Schubert am eigenen Leib, als er im März 1820 einen geselligen Abend bei seinem Freund Johann Senn verbrachte, einem Dichter und Freigeist mit liberalen Neigungen. 7 Wiener Oper um 1820 Karikatur »Triumph über die Censur« aus dem Jahr 1848. Links im Bild die freie Presse mit dem Licht der Aufklärung, die über den erlegten Drachen »Finsternis« schreitet; im Zentrum des Bildes wird die Zensur zu Grabe getragen. Am Sarg befestigt ist eine Schere, die die Freiheit beschnitt, auf dem Sarg befinden sich ein wohl leeres Tintenfass mit zer- zauster Schreibfeder, eine Blindenbrille und ein Schloss, mit dem die nicht erwünschte Literatur hinter Schloss und Riegel gebracht wurde. In den Sargträgern wurden bekannte Autoren der damaligen Zeit wie Karl Gutzkow porträtiert, die die geistige Schranke mit der Aufschrift »Gedanken-Zollschranke« niedergerissen haben. Der Narr mit der Aufschrift »Karikatur« hat seine Ketten gesprengt und macht ausgelassene Purzelbäume. Der rechts stehende Grenzbote trägt eine Steige mit den verbotenen Büchern der unangepassten Autoren.

Plötzlich erschien ein Polizeibeamter zur »Schriften Visitation«. Er wurde fündig und nahm daraufhin Senn zusammen mit Schubert fest, der »gegen den amtshandelnden Beamten mit Verbalinjurien und Beschimp- fungen losgezogen« war. Der Musiker kam am nächsten Tag wieder frei, sein Freund wurde ins Exil nach Tirol abgeschoben. Dem berühmten Komponisten und Dresdner Hofkapellmeister Carl Maria von Weber (1786–1826) setzte die Wiener Zensur auf andere Weise emp- findlich zu. Sie verstümmelte seinenFreischütz für die Premiere am 3. No- vember 1821 im Kärntnertortheater, knapp fünf Monate nach seiner sen- sationellen Berliner Uraufführung, fast bis zur Unkenntlichkeit: Weil das anwesende österreichische Herrscherpaar auch die böhmische Königs- krone trug, wurde aus dem böhmischen Fürsten Ottokar der Ritter Hugo von Weidenhorst. Die berühmte Wolfsschluchtszene fand bei gekürzter Musik in einer hohlen Eiche statt, wo Max und Kaspar ihre Zauberbol- zen fanden, um sie mit der Armbrust abzuschießen, damit kein Knall 8 Wiener Oper um 1820 das Publikum erschreckte. Außerdem strich man zwei zentrale Figuren komplett: Samiel und den Eremiten. Kein Wunder also, dass Teile des Publikums am Ende kopfschüttelnd das Theater verließen. Über die Reak- tionen von Publikum und Kritik gibt es unterschiedlich wohlwollende Berichte. Als Anfang des Jahres 1822 der Freischütz dann doch in seiner ursprünglichen Fassung gezeigt werden konnte, setzte das eine Lawine der Begeisterung in Gang. Die populären Chöre und Arien der Oper pfiffen in Wien selbst die Spatzen von den Dächern. Vielleicht war dies ja der Intervention der neuen Theaterleitung zu verdanken. Kaiser Franz I. hatte sich nämlich entschieden, die defizitäre Hofoper zu verpachten, an keinen Geringeren als den reichen und mächtigen Impresario Domenico Barbaja (1778–1841), Mentor von Gioachino Rossini und seit 1815 Leiter des Teatro San Carlo in Neapel. Zusätzlich übernahm Barbaja im Dezem- ber 1821 (bis 1828) die Führung des Kärntnertortheaters wie auch des Theaters an der Wien. Bereits am 29. November erschien in der Wiener Allgemeinen Theaterzeitung die Notiz, die neue Theaterleitung habe Weber einen Auftrag für eine neue Oper erteilt und der »rühmlich bekannte Ton- setzer« Schubert sei auch aufgefordert worden, eine Oper (Fierrabras)

Figuren für ein Papiertheater zu Carl Maria von Webers Der Freischütz

9 Wiener Oper um 1820 Carl Maria von Weber, Gemälde von Caroline Bardua (1821) zu schreiben. Um seinem Unternehmen den nötigen Anfangsschwung zu geben, plante Barbaja zusätzlich eine Rossini-Saison und befeuerte (be- wusst oder unbewusst) die bereits latente Spaltung des Publikums. Die Folge war eine geradezu irrationale Fehde zwischen Anhängern der deut- schen und Parteigängern der italienischen Oper. Während der vom 13. April bis 8. Juli 1822 stattfindenden Rossini-Wochen, bei denen in Anwesenheit des Komponisten sechs seiner Opern gespielt wurden, verfiel Wien end- gültig dem Rossini-Fieber, das über zwei Jahre lang anhalten sollte. Am 25. Oktober 1823 hob sich für die erste der beiden von Barbaja be- stellten deutschen Opern, Webers Euryanthe, zum ersten Mal der Vor- hang. Obwohl das Kärntnertortheater für die prächtige Ausstattung keine Kosten und Mühen gescheut und die Titelrolle mit dem Publikums- liebling Henriette Sontag besetzt hatte, konnte das Werk den durch die Freischütz-Sensation hochgespannten Erwartungen nicht gerecht werden. »Geklatscht wurde und gelärmt. Aber das alles nur von dem Parterre und den Galerien. In den Logen rührten sich nur wenige Hände«, beschrieb der Korrespondent der Dresdner Abendzeitung die Publikumsreaktion. Und die Allgemeine Theaterzeitung bemängelte: »Was ein Opernbuch 10 Wiener Oper um 1820 Henriette Sontag, Gemälde von Paul Delaroche (1831) ganz vorzüglich nötig hat, nämlich: eine lichtvolle, leicht verständliche Entwicklung der Handlung, geht demselben sehr empfindlich ab.« Ein Urteil, das sich bis heute gehalten hat. Die wohl vernichtendste Polemik zu Euryanthe stammt aus der Feder von Franz Grillparzer: »Solche Musik ist polizeiwidrig, sie würde Unmenschen bilden, wenn es möglich wäre, dass sie nach und nach allgemein Eingang finden könnte. Diese Oper kann nur Narren gefallen, oder Blödsinnigen oder Gelehrten, oder Stra- ßenräubern oder Meuchelmördern.« Wurde Franz Schubert ein unmittelbar Geschädigter des mäßigen Er- folgs der Euryanthe? Lag es an der Streichung der kaiserlichen Zuwen- dungen für das Jahr 1824, oder gab es für das Verschwinden seines Auf- tragswerks aus der Programmplanung der Hofoper einen ganz banalen, pragmatischen Grund? Das Textbuch zur heroisch-romantischen Oper Fierrabras hatte Joseph Kupelwieser verfasst, Bruder von Schuberts Ma- lerfreund Leopold und »Theatersekretär« (Chefdramaturg) des Kärntner- tortheaters. Eine einflussreiche Stellung, aus der er sich im November 1823 jedoch fluchtartig zurückzog – unhaltbar geworden aufgrund einer außer- ehelichen Affäre mit einer Schauspielerin. Schubert jedenfalls beklagte 11 Wiener Oper um 1820 Moritz von Schwind: Lünette in der Wiener Staatsoper zu Werken Franz Schuberts (1869): links der Erlkönig und Der Wanderer, in der Mitte ein Ausschnitt aus der Oper Die Ver- schworenen oder Der häusliche Krieg, rechts Der zürnenden Diana und Der Fischer. sich am 31. März 1824 bei Leopold Kupelwieser: »Die Oper [das Textbuch] von Deinem Bruder (der nicht sehr wohl tat, dass er vom Theater weg- ging) wurde für unbrauchbar erklärt und mithin meine Musik nicht in Ansprache genommen. Die Oper [das Libretto] von Castelli, Die Verschwo- renen, ist in Berlin von einem dortigen Compositeur komponiert, mit Beifall aufgenommen worden. Auf diese Art hätte ich also wieder zwei Opern umsonst komponiert.« Hier irrte Schubert doppelt. Erstens brachte es die Vertonung von Castellis Text durch Georg Abraham Schneider auf nur zwei Vorstellungen, und zweitens erzielte sein eigenes, direkt vor Fierrabras entstandenes, einakti- ges Singspiel Die Verschworenen großen Erfolg – allerdings erst post- hum: Die konzertante Uraufführung fand im März 1861 im alten Wiener Musikverein statt, ein halbes Jahr später hielten Die Verschworenen ihren umjubelten Einzug in die Wiener Hofoper am Kärntnertor. Im enthu- siastisch applaudierenden Publikum der Uraufführung saß der Maler Moritz von Schwind. »Welch ein Reichtum von Talent und Instinkt für das Dramatische«, staunte er über seinen Freund Schubert, »mit einiger Erfahrung wäre er hinter Weber nicht zurückgeblieben.« Wohl in Erin- nerung an dieses Ereignis und als gutes Omen setzte er Schubert in der am 25. Mai 1869 eröffneten neuen Hofoper (heute die Wiener Staatsoper) ein Denkmal: Eine der von ihm gemalten Lünetten im Foyer zeigt eine Szene aus den Verschworenen. Tatsächlich aber sollte es noch weit über hundert Jahre dauern, bis 1990 mit Fierrabras erstmals eine Schubert- Oper im Haus am Ring in Szene ging. 12 Wiener Oper um 1820 HAUPTSPONSOR

UNTERSTÜTZT

DANIEL HARDING DIRIGENT

ANNETTE DASCH SOPRAN ELISABETH KULMAN MEZZOSOPRAN ANDREW STAPLES TENOR GERALD FINLEY BARITON

SYMPHONIEORCHESTER UND CHOR DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS

LUDWIG VAN BEETHOVEN: LEONOREN-OUVERTÜRE NR. 3 C-DUR OP. 72B : NACHTLIED OP. 108 FÜR CHOR UND ORCHESTER : SYMPHONIE NR. 9 D-MOLL OP. 125

SONNTAG 17. JULI 2016 20.00 UHR

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602172_0_KaO2016_130x200_4c_Götterfunke_ANZ_Z0.indd 1 16.03.16 09:29 Carl Maria von Weber: Euryanthe Große heroisch-romantische Oper in drei Aufzügen

»Mit Recht hat Eduard Hanslick auf die Ver- Entstehungszeit wandtschaft zwischen Euryanthe und Lohen- 1822–1823 Libretto grin hingewiesen und festgestellt, dass Weber Helmina von Chézy nach mit diesem Werk die romantische Oper nach einer französischen einer Richtung entwickelte, an die Wagner nur Erzählung aus dem 13. Jahr- hundert, die sie bereits anzuknüpfen brauchte.« (Rudolf Kloiber). Schon 1804 übersetzt und inhaltlich zeigen sich Parallelen: So neidet in Friedrich Schlegel in seiner beiden Opern ein intrigantes Paar dem edlen, Sammlung romantischer Dichtungen des Mittelalters »guten« Paar Liebesglück und soziale Stellung. veröffentlicht hatte In Helmina von Chézys schwülstiger Dichtung Uraufführung mit »Happy End« verbünden sich Eglantine und 25. Oktober 1823 im Wiener Kärntnertortheater Lysiart gegen Adolar und seine holde Braut unter der Leitung des Euryanthe. Kern der Intrige bildet das Geheim- Komponisten mit der nis um den Selbstmord von Adolars Schwester, 17-jährigen Henriette Sontag in der Titelpartie die ihrem Leben mit einem vergifteten Ring ein Lebensdaten des Ende gesetzt hat. Weil Eglantine Euryanthe das Komponisten dunkle Geheimnis entlockt und sich den Ring Vermutlich 18. oder 19. November (getauft am aus der Gruft holt, sieht sich Adolar verraten. 20. November) in Eutin Im einsamen Wald will er rachedurstig seine (Holstein) – 5. Juni 1826 Braut töten, als ihn eine Schlange angreift. Eury- in London anthe rettet ihn und wird daraufhin von Adolar zwar verschont, aber im Wald alleine zurück- gelassen. Die folgende Szene, in der Euryanthe

Euryanthe und Adolar mit Schlange im Wald Illustration zur Dresdner Aufführung mit der Sängerin Wilhelmine Schroeder- Devrient (um 1824) 14 Carl Maria von Weber »Euryanthe« den Tod erfleht, bildet den Höhe- punkt und die Peripetie der durch- komponierten Oper. Weber gestal- tet die Arie mit seinen in die Zu- kunft weisenden Neuerungen und schuf ein kleines musikalisches Kunstwerk, das nur für Streicher, ein solistisch geführtes Fagott und Flöte instrumentiert ist. Das Fa- gott stimmt seine Klage an, die wie in einem zarten Echo von der Flöte übernommen wird. Die von der Tonart g-Moll verstärkte tiefe Trau- rigkeit erinnert an die vergleich- bare Situation Paminas in der Zau- berflöte. »So bin ich nun verlassen«, deklamiert Euryanthe im dramati- schen, unbegleiteten Rezitativ und blickt um sich, nimmt die Natur wahr, die Quelle, die die Streicher illustrativ mit 16tel-Folgen pianissimo rieseln lassen, den Mond mit seinem sanften Licht, bevor ein weiteres Fagott- Solo in die G-Dur-Kavatine: »Hier dicht am Quell, wo Weiden stehn« mündet, mit der Euryanthe ihre Vision vom bevorstehenden Tod und der posthumen Rehabilitierung beschwört.

Rezitativ und Kavatine der Euryanthe

So bin ich nun verlassen, Hier dicht am Quell, wo Weiden stehn, So muss ich hier erblassen Die Sterne hell durchschauen, Im öden Felsental, Da will ich mir den Tod erflehn, In Einsamkeit und Qual! Mein stilles Grab mir bauen. Was rieselst du im Haine, Wohl kommt auch er einst weit daher, Du Quelle, mildiglich? Und findet kaum die Stätte mehr; Was blickst mit goldnem Scheine, Dann rauscht ihm sanft die Weide zu: So lieblich, Mond, auf mich? Sie fand von Lieb und Leide Ruh! Nicht sieget deine Pracht Die Blum im Taue spricht: Ob meiner Leiden Nacht. Nein! Sie verriet dich nicht! Wo irr ich hin? Helmina von Chézy Ach, nirgend hin! Die ganze Welt ist öd und leer, Mir blühet keine Heimat mehr! 15 Carl Maria von Weber »Euryanthe« Franz Schubert: Die Verschworenen D 787 Singspiel in einem Akt

»Die Klage der deutschen Tonsetzer geht meistens Entstehungszeit dahin: ›Ja, wir möchten gerne Opern in Musik Februar bis April 1823 Libretto setzen, schafft uns nur Texte dazu!‹ Hier ist einer, Ignaz Franz Castelli meine Herren!« Zu diesem Vorwort veröffent- Uraufführung lichte der Schriftsteller und Redakteur des Wiener 1. März 1861 im alten Wiener Musikverein unter Conversationsblattes Ignaz Franz Castelli 1823 der Leitung von Johann im Almanach Dramatisches Sträußchen seinen Herbeck Einakter Die Verschworenen. Das Werk basiert Lebensdaten des Komponisten auf zwei Theaterstücken des griechischen Komö- 31. Januar 1797 in Wien – diendichters Aristophanes (Lysistrata und Die 19. November 1828 in Wien Weibervolksversammlung). Der Ort der Hand- lung ist aus dem antiken Griechenland ins Mit- telalter, auf die Burg des Grafen von Lüdenstein, verlegt, der mit seinen Männern zum Kreuzzug ins Heilige Land aufgebrochen ist. Seit einem Jahr sind sie bereits unterwegs – sehr zum Leid- wesen ihrer Frauen, die die Heimkehr ihrer Gat- ten ersehnen. Die lange Abwesenheit lässt sie schließlich eine Verschwörung aushecken: Bei der Rückkehr ihrer Männer wollen sie diese durch einen kollektiven Ehe- und Liebesstreik dazu zwingen, nie wieder in den Krieg zu ziehen. Nach einem Verrat, einer klugen Überlistung und einer kleinen Intrige lenken schließlich beide Sei- ten ein – und die Ritter bleiben fortan zu Hause. Schuberts Singspiel beginnt mit einem Duett samt gesprochenem Dialog zwischen der Zofe der Gräfin und dem Pagen des Grafen, der vorausge- eilt ist, um die Heimkehr seines Herrn anzukün- digen. Sie setzen sich gegenseitig – und damit auch das Publikum – über die Vorgeschichte ins Bild. Helene, die junge Nichte der Gräfin, tritt nun »trübsinnig mit gesenktem Haupte« auf, sie verzehrt sich nach ihrem Mann, der am Tag nach der Hochzeit in den Heiligen Krieg gezogen war. Ihre Klage, die Romanze »Ich schleiche bang und still herum«, setzte Schubert einfühlsam 16 Franz Schubert »Die Verschworenen« in bewegende Musik. Begleitet von gedämpften Streichern, Klarinetten und Fagotten besingt Helene in f-Moll ihre Sehnsucht, ihren Seelen- schmerz, wobei die Erste Klarinette wie ein sie umschmeichelnder Duettpartner agiert. Ist es die Stim- me des fernen Geliebten? Wenn Helene am Ende fleht »O bleib nicht länger fern«, moduliert die Musik zu den Worten »Du meines Lebens Stern«, wie von einem Hoff- nungsstrahl erhellt, nach F-Dur.

Aristophanes, Sohn des Philippos, aus Athen Griechische Skulptur

Romanze der Helene

Ich schleiche bang und still herum, Ach! Was die Liebe einmal band, Das Herz pocht mir so schwer, Soll nie sich trennen mehr; Das Leben deucht mich öd und Was suchst du in dem fremden Land, stumm, Und weit dort über’m Meer? Und Flur und Burg so leer! Wenn dort auch bunt’re Blumen blühn Und jede Freude spricht mir Hohn, Kein Herz wird heißer für dich glühn, Und jeder Ton ist Klageton, O bleib nicht länger fern, Ist der Geliebte fern, Du meines Lebens Stern! Trübt sich der Augenstern! Ignaz Franz Castelli

17 Franz Schubert »Die Verschworenen« Franz Schubert: Die Bürgschaft D 435 Oper in drei Akten, Fragment

Nachdem Franz Schubert im August 1815 Schil- Entstehungszeit lers Ballade Die Bürgschaft als Lied für Sing- 2. Mai – Spätsommer 1816 Libretto stimme und Klavier (D 246) vertont hatte, wandte Textdichter unbekannt, er sich neun Monate später erneut der Thematik Text wohl nach Schillers einer wahren Männerfreundschaft zu. Diesmal gleichnamiger Ballade Uraufführung sollte sie als Stoff für eine Oper dienen, deren 7. März 1908 anlässlich Komposition Schubert allerdings im dritten Akt eines Konzerts des Wiener abbrach. Schubertbundes Lebensdaten des Die Handlung folgt im Kern, aber nicht vollstän- Komponisten dig, Schillers Ballade: Möros, der bei Schiller nach 31. Januar 1797 in Wien – einer Überarbeitung des Gedichts zu Damon 19. November 1828 in Wien wurde, wird nach dem vereitelten Anschlag auf Dionysios, den tyrannischen König von Syrakus, zum Tode verurteilt. Sein treuer Freund Thea- ges stellt sich für 24 Stunden – bei Schiller sind es drei Tage – als Bürge und Geisel zur Verfü- gung, damit Möros zu Hause seine letzten Dinge ordnen kann. Sollte er nicht rechtzeitig zurück- kehren, würde Theages an seiner Statt sterben. Theages’ Ehefrau Anna durchlebt in dieser span- nungsreichen Zeit einen Albtraum (2. Akt, 2. Sze- ne), in dem sie als Zeugin seiner Kreuzigung ge- peinigt aus dem Schlaf gerissen wird. Ihre Arie »Welche Nacht hab ich erlebt!«, ein musikali- scher Höhepunkt der Oper, steht in c-Moll. Dem kurzen rezitativischen Andante-Teil folgt das dramatisch angelegte, dreiteilige Allegro agitato. Angst und Verzweiflung der Protagonistin, die von den Streichern, Oboen, Fagotten und drei Posaunen mehr getrieben als begleitet wird, ent- laden sich in hoher rhythmischer Energie.

18 Franz Schubert »Die Bürgschaft« Die Bürgschaft, ein Lithographie-Zyklus mit sechs Blättern von Joseph Trentsensky; hier das fünfte Blatt mit dem Zitat Damons, der seinen als Pfand zurückgelassenen Freund Theages gerade noch vor dem Galgen retten kann: »Mich, Henker, ruft er, erwürget, / Da bin ich, für den er gebürget«.

Arie der Anna

Welche Nacht hab ich erlebt! Die Donner und Blitze haben’s Ihr Unsterblichen dort oben, verkündet, Ihr greift schrecklich in mein Dort ist’s beschlossen! Schicksal! Und unten im finstern Reich, Ach! Ich seh ihn schon gekreuzigt, Da steht die Parze mit der Schere Er ist’s, Theages ist’s! An seinem Lebensfaden, Dieses Ungewitter sagt es himmel- Rasch ist’s getan, erschütternd, Unwiederbringlich ist’s getan! Die Ewigen wollen es, Textdichter unbekannt

19 Franz Schubert »Die Bürgschaft« Carl Maria von Weber: Der Freischütz Romantische Oper in drei Aufzügen

Sie ist der Inbegriff der deutschen romantischen Entstehungszeit Oper: Webers Vertonung der Geschichte vom 2. Juli 1817 – 13. Mai 1820 Libretto Jäger Max, der die Tochter des Erbförsters und Friedrich von Kind nach der das Anrecht auf dessen Nachfolge nur durch gleichnamigen Volkssage im einen erfolgreichen Probeschuss erringen kann. Gespensterbuch von Johann August Apel und Weil ihn aber seine Treffsicherheit verlassen hat, Friedrich Laun (1810) lässt er sich vom Jägersburschen Kaspar überre- Uraufführung den, teuflische »Freikugeln« zu gießen. Beim Pro- 18. Juni 1821 im Königlichen Schauspielhaus Berlin unter beschuss mit der letzten Freikugel trifft Max seine der Leitung des Komponisten Braut Agathe, die aber – Dank der ihr vom Ere- Lebensdaten des miten geschenkten, geweihten Rosen – überlebt. Komponisten Vermutlich 18. oder Zur Strafe soll Max verbannt werden, aber der 19. November (getauft am Eremit erhebt Einspruch: Max soll nach einem 20. November) in Eutin Probejahr Agathe zur Frau erhalten, und der Pro- (Holstein) – 5. Juni 1826 in London beschuss wird abgeschafft. Während der Vorbereitungen zur Uraufführung des Freischütz erhielt Weber im März 1821 vom Berliner General-Intendanten Graf Brühl brief- lich die Bitte, der fertigen Oper eine Arie oder Kavatine für die Sängerin Johanna Eunicke hin- zuzufügen: »Ehe in der vierten Szene die Braut- jungfern kommen, müsste Ännchen in einem hei- teren Liede sich bemühen, die traurige Stim- mung zu verscheuchen, die sich Agathens be- meistert hat.« Also lieferte der Librettist Text nach, und Weber komponierte am 28. Mai 1821 die wirkungsvolle Szene des Ännchen mit obli- gater Viola. Darin reagiert die Freundin auf Aga- thes angstvolle Schilderung des nächtlichen Alb- traums. Zunächst hält sie in der Romanze »Einst träumte meiner sel’gen Base« keck mit einer Gruselgeschichte dagegen, die – ebenso effekt- voll wie ironisch – hauptsächlich von einem auf- geregten Streichertremolo begleitet wird, um sich nach dramatischer Steigerung in einer banalen Pointe aufzulösen. Mit der nachfolgenden Arie »Trübe Augen, Liebchen, taugen einem holden 20 Carl Maria von Weber »Der Freischütz« Bräutchen nicht« wechselt die Stim- mung. Den heiter-tänzerischen 6/8- Takt stimmt die Solo-Viola an und sekundiert dann der Sängerin bei deren Trost und Zuspruch, dabei schließen sich den sie begleitenden Streichern erst nach und nach die Holzblasinstrumente und Hörner an. Die eingängige Melodie geriet, so Weber, »recht kehlgerecht« für die berühmte Tochter des befreundeten Operntenors Friedrich Eunicke. Ännchen bemüht sich, Agathe aufzuheitern Kupferstich von Johann Axmann nach Johann Heinrich Ramberg

Romanze und Arie des Ännchen

Einst träumte meiner sel’gen Base, Der Geist war: Nero, der Kettenhund! Die Kammertür eröffne sich, Du zürnest mir? Und kreideweiß ward ihre Nase, Doch kannst du wähnen, Denn näher, furchtbar näher schlich Ich fühle nicht mit dir? Ein Ungeheuer Nur ziemen einer Braut nicht Tränen! Mit Augen wie Feuer, Mit klirrender Kette; Trübe Augen, Es nahte dem Bette, Liebchen, taugen In welchem sie schlief, Einem holden Bräutchen nicht. (Ich meine die Base Dass durch Blicke Mit kreidiger Nase) Sie erquicke Und stöhnte, ach! so hohl, Und beglücke, Und ächzte, ach! so tief; Und bestricke, Sie kreuzte sich, rief, Alles um sich her entzücke, Nach manchem Angst- und Das ist ihre schönste Pflicht. Stoßgebet: Lass in öden Mauern Susanne! Margareth! Susanne! Büßerinnen trauern, Margareth! Dir winkt ros’ger Hoffnung Licht! Und sie kamen mit Licht, Schon entzündet sind die Kerzen Und – denke nur! – und Zum Verein getreuer Herzen! (Erschrick mir nur nicht!) Holde Freundin zage nicht! Und – (graust mir’s doch!) – und Friedrich von Kind 21 Carl Maria von Weber »Der Freischütz« Ruhe und Weite

Zu Anton Bruckners Siebter Symphonie

Jörg Handstein Die Luft im Konzertsaal Entstehungszeit scheint zu schimmern. September 1881– September 1883 Dann schwingen die Violoncelli und ein Horn Widmung in die Höhe, dem Licht entgegen. Was folgt, ist König Ludwig II. von reiner Gesang und nochmals Gesang. So hat Bayern Uraufführung noch keine Symphonie begonnen, auch nicht 30. Dezember 1884 in bei Bruckner. Und doch spürt man mit den er- Leipzig mit dem Gewand- sten Tönen, dass diesen magischen Anfang kein hausorchester unter der Leitung von Arthur Nikisch anderer Komponist ersonnen haben kann. Kaum Lebensdaten des hatte er am 3. September 1881 die letzte Seite der Komponisten Sechsten geschrieben, machte er sich schon an 4. September 1824 in Ansfelden / Oberösterreich – die Siebte. Man darf sogar vermuten, dass man- 11. Oktober 1896 in Wien che Idee schon während der Arbeit an der Sech- sten reifte. Dort hatte Bruckner, nach vielen »mol- ligen« Werken, mit A-Dur erstmals eine Kreuz- Tonart verwendet. Sie verleiht vor allem dem ersten Satz strahlende, scharf konturierte Farben. Nun ging er noch einen Schritt weiter in diese Richtung: E-Dur folgt ordnungsgemäß dem Ton- artenspektrum. Allerdings war diese Tonart in der Orchestermusik selten, und eine bedeutende E-Dur-Symphonie gab es schon gar nicht (es sei denn die kurz zuvor entstandene Erste von Bruck- ners Lieblingsschüler Hans Rott). Plante Bruckner eine Art »Fortsetzung« der Sech- sten? Es fällt auf, dass sein Aufbruch in tonal sonnigere Gefilde mit einer Verbesserung seiner Lebensumstände einherging: Nach Jahren finan- zieller Enge verdiente er prächtig und wohnte sehr schön (und umsonst) im Haus eines reichen Bewunderers. Man achtete ihn als Professor und Komponist von Kirchenmusik. Im Vorjahr hatte er seine erste Urlaubsreise unternommen. Was dem 57-Jährigen jetzt nur noch fehlte, war eine Frau und die Anerkennung als Symphoniker. Dass seine Symphonien in Wien einen schweren 22 Anton Bruckner Siebte Symphonie Anton Bruckner, Ölgemälde von Hermann von Kaulbach (1885)

Stand hatten, verdankte Bruckner nicht zuletzt seiner Begeisterung für Wagner. Als »Hochderselbe« 1875 öffentlich verkündete: »Einen haben wir noch, dessen Gedanken an Beethoven heranreichen, einen«, setzte ihn der einflussreiche Kritiker und Wagner-Feind Eduard Hanslick end- gültig auf seine Abschussliste. In derselben Zeit zog er sich mit seiner »Wagner-Symphonie«, also der Dritten, auch den Unwillen der Wiener Philharmoniker zu.

Obwohl nicht einmal für die Sechste eine Aufführung in Aussicht stand (nur die Mittelsätze spielten die Philharmoniker, und das erst 1883), fuhr Bruckner unverdrossen fort mit der Siebten. Als sie nach zwei Jahren fertig war, propagierte sie der Pianist und Bruckner-Schüler Josef Schalk mittels Klavierauszug. Immerhin gewann er damit den genialen Dirigen- ten Arthur Nikisch, Kapellmeister am Leipziger Stadttheater, der es nun 23 Anton Bruckner Siebte Symphonie Gustav Veith: Vogelschau von Wien, Feder- und Sepiazeichnung (um 1880)

»als eine Ehrensache« ansah, die E-Dur-Symphonie mit seinem Orchester aufzuführen. Es handelte sich um das ebenso traditionsreiche wie konser- vative Gewandhausorchester. So bemängelte die Allgemeine Deutsche Mu- sikzeitung dessen »Absperrung gegen die neuere Kunst«. Doch der charis- matische Nikisch schlug für Bruckner eine Bresche und brachte nach einer schwierigen Probenphase am 30. Dezember 1884 das Werk gut über die Bühne. Es war kein eindeutiger Erfolg, aber Bruckner durfte sich doch freuen, dass »zum Schluß eine 1/4tel Stunde applaudiert wurde«. Die Münchner Erstaufführung unter Hermann Levi (dem Uraufführungs- Dirigenten des Parsifal) am 10. März 1885 brachte dann einen Durch- bruch auf der ganzen Linie: Bruckner wurde gefeiert, und Levi erhob sogar sein Glas auf »den größten Symphoniker nach Beethovens Tod«. Gleich darauf malte ihn Hermann Kaulbach mit Imperatoren-Miene – als sei er gewohnt, zu siegen und zu herrschen. Die Wiener Aufführung, der nun nichts mehr im Wege stand, versuchte Bruckner jedoch zu ver- hindern: Er hatte Angst vor der ätzenden Tinte von »Hanslick et Con- sorten«. Nicht ganz zu Unrecht, denn als die Philharmoniker das Werk 1886 dann doch spielten, sprach Hanslick von einer »symphonischen Rie- senschlange«, und ein anderer Kritiker ekelte sich »vor dem Modergeruch, der aus den Mißklängen dieses verwesungssüchtigen Kontrapunktes in unsere Nasen dringt«. Den Siegeszug von Bruckners Siebter konnten sie jedoch nicht aufhalten. 24 Anton Bruckner Siebte Symphonie Ob Riesenschlange oder nicht, das Hauptthema des ersten Satzes win- det sich durch nicht weniger als 24 Takte. Ein melodisch derart lang ausgesponnenes Anfangsthema ent- spricht kaum den symphonischen Vorgaben. Bruckner setzt hier nicht auf Bausteine und deren Verarbei- tung, sondern auf Melodie und Ent- faltung. Anders als in der Sechsten, die prägnante Motive und Rhyth- men sehr dicht auf- und nebenein- anderschichtet, strömt die Musik einfach dahin, gleichsam ihrem natürlichen Fluss überlassen. Man kann sich tragen lassen, muss nicht konzentriert auf mehreren Ebenen hören, wie eben bei der Sechsten. Dennoch ist das Thema äußerst durchdacht und kunstvoll gebaut: Der hoch aufsteigende Dreiklang (der nicht zufällig die so genannten »Naturtöne« ausspielt) evoziert schon die räumliche Weite der gesamten Symphonie. Der sodann engräumig um- kreiste Quintton sorgt dagegen für melodische Expressivität. Ein tonlei- terfernes, wundersam ans Herz gehendes ›c‹ bildet den Dreh- und Angel- punkt, genau in der Mitte des Themas. Allein diese schlichte, aber den Hörer sofort in ihren Zauberkreis ziehende Melodie mag die Popularität dieser Symphonie erklären. Doch wenn schon das erste Thema reinster Gesang ist, was bleibt dann für das zweite zu tun? Dort bringt ja Bruckner immer eine »Gesangsperiode«. Hier regt sich nun symphonische Bewe- gung: Das Thema gleitet durch verschiedene Tonarten, wird immer wie- der neu beleuchtet, kontrapunktiert, gedreht und gewendet. Das Melos intensiviert sich und entwickelt eine beträchtliche Sogkraft, die das dritte Themenfeld herbeizieht. Obwohl hier, typisch für Bruckner, motorisch kreisende Kräfte wuchten, treibt es ebenfalls melodische Blüten. Die Durch- führung ist weder von motivischer Arbeit noch von dramatischen Kon- flikten geprägt. Mit dem nach unten gespiegelten Dreiklangsmotiv be- ginnend, schweben die Themen herbei, wie aus fernen Lichtsphären, und ziehen vorüber wie ein bewegtes Landschaftsbild. Eine dunkle, plötzlich hereinbrechende Wolkenwand, ein c-Moll-Feld, das wie das »Aufbrausen einer Orgel« (Renate Ulm) klingt, schiebt sich drohend dazwischen. Dann erscheint endlich die komplette Hauptmelodie, von hohen Geigen kon- 25 Anton Bruckner Siebte Symphonie König Ludwig II. von Bayern Widmungsträger der Siebten Symphonie von Anton Bruckner Gemälde von Gabriel Schachinger (1887) trapunktisch umrankt und schweifend durch liebliche Klangbezirke. Den Eintritt der Reprise, sonst das groß inszenierte Ereignis in einem Sym- phoniesatz, bemerkt man kaum. Mit einer wunderlichen Halbtonrückung ist das E-Dur wieder da, aber die Entfaltung des melodischen Materials läuft weiter wie in der Durchführung. Es fehlt die Emphase des aus Arbeit erzielten Ergebnisses, die seit Haydn und Beethoven der Form eingeschrie- ben ist. Letztlich setzt dieser ganze großartige Satz Zwänge außer Kraft – Ökonomie, Effektivität, Tempo – die oft unser Leben stressen: Er »ent- schleunigt« die zielorientierte Dynamik der Sonatensatzform. Vielleicht fand Hanslick diese Symphonie auch deshalb so »verderblich«, weil sich in ihrer Ruhe ein Angriff auf das abendländische Arbeitsethos verbirgt. Auf jeden Fall liefert Bruckner einen Gegenentwurf zur Sechsten, die straff und komplex rhythmisiert ist und so auch eine gewisse Unruhe vermit- telt. Es fehlt sogar der übliche Bruckner-Rhythmus »drei gegen zwei«! Mit dieser schlichten, gelösten Ruhe geht auch die seltene Tonart einher: E-Dur verbindet sich oft mit Idyllen, lichten Träumen, auch (vor allem bei Wagner) mit Liebe, Glück und Erlösung. 26 Anton Bruckner Siebte Symphonie Hatte Bruckner in der Sechsten erstmals ein weihevolles, emphatisch aus- gesungenes Adagio in das Zentrum der Symphonie gestellt, so dehnt er es nun, der neuen Weiträumigkeit angepasst, in noch größere Dimensio- nen. Und da der erste Satz schon Züge eines langsamen Satzes hat, dros- selt er Sehr feierlich und sehr langsam nochmals das Tempo. Dunkel und schwer, in cis-Moll, senkt sich die erste Phrase herab, kontrastierend dazu, in süffigen Streichern, steigt das zweite wichtige, ja entscheidende Motiv eine Terz nach oben. In Bruckners Te Deum taucht dieses Motiv wieder auf, mit dem Text »non confundar in aeternum« (»in Ewigkeit werde ich nicht untergehen«), so dass wohl auch hier eine religiöse Bedeutung mit- schwingt. Ein zweiter Themenkomplex in bewegterem Dreivierteltakt weckt eher irdische Konnotationen, etwa die nostalgische Erinnerung an einen schönen Tanz. Nach der variierenden und intensiv durchführen- den Wiederholung dieses ganzen Abschnitts folgt, wie üblich, die Reprise des Hauptthemas. Doch nun erfüllen die Violinen den dunklen Klang- raum mit einer glühenden Emphase, die zu einer überwältigenden, wag- nerisch-sinnlichen Steigerungswelle anschwillt und so dem Terz-Motiv zum triumphalen Durchbruch verhilft. Es landet in C-Dur, der reinsten Tonart, von cis-Moll denkbar weit abgelegen. Diese Flut von Licht bringt, genau in der Mitte der Symphonie, ihren absoluten Höhepunkt. Dort an- gelangt, soll Bruckner vom Tod Richard Wagners (am 13. Februar 1883) erfahren haben. Es folgt jedenfalls unmittelbar jener Trauerchoral »zum Andenken an den Hochseligen, heißgeliebten, unsterblichen Meister«, den Bruckner den Wagner-Tuben anvertraut. Unendlich bedrückend sinkt das gerade noch sonnenhell umstrahlte Terz-Motiv zurück ins Dunkel. Doch so kann für Bruckner der Satz nicht enden …

… nach dem überirdisch warmen Schluss des Adagio in Cis-Dur wirft das a-Moll-Scherzo den Hörer schroff in eine andere Klangwelt. Mit Oktave und Quinte ist das Hauptmotiv aus Bruckners Lieblingsintervallen gebaut, die für das »Erhabene« stehen. Nach einem gemütlichen Tänzchen hört sich das nicht an, im vollen Orchester eher wie das Dröhnen und Stampfen mächtiger, eben erhaben wirkender Maschinen der Schwerindustrie. Ist es ein Zufall, dass wiederum ein Terz-Motiv, hier sehr schnell in kreisende Bewegung versetzt, als Antriebsrad fungiert? Diese Art »Heavy Metal« bricht geradezu visionär mit der klassisch-romantischen Ästhetik. Hanslick und Konsorten zogen hier wahrscheinlich entsetzte Gesichter … Die kleine Durch- führung zeigt sehr schön Bruckners »Schnitttechnik« (Renate Ulm), die den Tanz in eine bunt-verspielte Folge wechselnder Klanggestalten verwan- delt. Die hier sehr schnellen Schnitte wirken wiederum sehr modern. Das Trio hat dagegen für einen Tanzsatz ungewöhnlich weite Melodiebögen 27 Anton Bruckner Siebte Symphonie und huldigt damit »gesangvoll« dem Gesamtcharakter der Symphonie. Greift nun das Finale noch einmal ihre Ruhe und ihren langen Atem auf? Krönt es das weiträumige Werk mit einer noch größeren Form? Im Gegenteil: Das Konzept einer Finalsymphonie unterläuft Bruckner hier geradezu – nur in seiner »Nullten« hatte er ein noch kürzeres Finale ge- bracht. Bereits das Hauptthema, eine rhythmisch gestraffte und stark kom- primierte Variante des allerersten Anfangs, zeigt eine erstaunlich gedrängte Geschäftigkeit. Die motivische Substanz passt in zwei Takte, und in einer einzigen, von emsigem Modulieren und Sequenzieren gefüllten Minute ist der erste Themenkomplex schon abgearbeitet. Auch formal überrascht dieser Satz: Er passt so wenig in Bruckners sonst brav beachtetes Sonaten- schema (drei Themen, Durchführung, Reprise), dass Peter Gülke sogar ver- mutet, Bruckner habe einen ursprünglich längeren Satz »rabiat« zusam- mengestrichen. Auf jeden Fall kommt man ziemlich durcheinander, wenn man sich an der üblichen Form orientieren will: Das dritte Thema ist eine bereits durchgeführte Variante des ersten. Der Neubeginn nach der Durch- führung beginnt mit dem zweiten, choralartigen Thema. Die Form selbst wird ungeduldig. Immer wieder, bisweilen tumultuös, bricht durchfüh- rende Aktivität ein. Die echte Reprise des Hauptthemas, das »Endlich daheim«, erscheint so spät gegen Schluss, dass man sie eher als Coda be- zeichnen muss. Aber so kann das Thema stringent und auf kürzestem Wege zur strahlenden Apotheose des Dreiklanges führen. Damit endet das Werk so ungewöhnlich, wie es begonnen hat. Wer möchte da noch behaupten, Bruckner habe neunmal dieselbe Symphonie geschrieben?

»Der Künstler wallt im Sonnenschein, die Tintenbuben hinterdrein.« Karikatur von Otto Böhler mit Anton Bruckner und den bösen Buben Eduard Hanslick, Max Kalbeck und Richard Heuberger 28 Anton Bruckner Siebte Symphonie MAHLER SYMPHONIE NR. 1 SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS YANNICK NÉZET-SÉGUIN „Eine jugendliche, in sich ungemein stimmige und souverän realisierte Interpretation – bewundernswert auch, weil hier von Anfang an der Nerv der Musik getroffen wird. Naturlaut und Wunderhorn-Ton in schönster Vollendung.“

Fono Forum – Empfehlung des Monats Juni 2016

CD 900143 29 Untertitel www.br-klassik.de/label Erhältlich im Handel und im BRshop/www.br-shop.de BR-KLASSIK HIGHLIGHTS IM FERNSEHEN

BAYERISCHES FERNSEHEN

Sonntag, 17. Juli 2016 | 10.00 Uhr Musik aus der Benediktinerabtei Seeon W. A. Mozart: Missa in C, KV 220 (»Spatzenmesse«) Mit Chor und Orchesterakademie des Bayerischen Rundfunks Leitung: Michael Gläser Konzertaufzeichnung aus dem Jahr 2004

Sonntag, 17. Juli 2016 | 20.15 Uhr Klassik am Odeonsplatz 2016 LIVE Ludwig van Beethoven: Leonoren-Ouvertüre Nr. 3 C-Dur, op. 72b Robert Schumann: »Nachtlied«, op. 108 Ludwig van Beethoven: Symphonie Nr. 9 d-Moll, Klassik am Odeonsplatz op. 125 Solisten: Annette Dasch, Elisabeth Kulman, Andrew Staples, Gerald Finley Fernsehmoderation: Maximilian Maier Symphonieorchester und Chor des Bayerischen Rundfunks Leitung: Daniel Harding

ARD-ALPHA

Sonntag, 10. Juli 2016 | 11.00 Uhr »Auf Flügeln des Gesanges« 70 Jahre Chor des Bayerischen Rundfunks Ein Film von Christian Mößner (2016)

Sonntag, 10. Juli 2016 | 20.15 Uhr 70 Jahre BR-Chor Das Jubiläumskonzert aus dem Herkulessaal der Münchner Residenz Mit Opernchören von Wagner, Verdi u. a. Chor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks Leitung: Mariss Jansons Konzertaufzeichnung vom April 2016

br-klassik.de BR-KLASSIK HIGHLIGHTS IM RADIO

Samstag, 9. Juli 2016 | 11.05 Uhr Meine Musik Zu Gast: Die Sopranistin Hanna-Elisabeth Müller Letztes Jahr begeisterte sie das Münchner Publikum als Zdenka in Strauss’ »Arabella«, nun gibt sie ihr Debüt als Sophie im »Rosenkavalier«. Moderation: Michael Atzinger Hanna-Elisabeth Müller

Samstag, 9. Juli 2016 | 14.05 Uhr »Feuerzauber, Weltenbrand« (2/10) Richard Wagner – Eine Hörbiographie (Wdh.) Bis zum 3. September immer samstags 14.05 Uhr Zweites Kapitel: Provinz-Theater (1834–1839) Von Jörg Handstein

Samstag, 9. Juli 2016 | 18.05 Uhr Festspielzeit: Internationales Kammermusikfestival Utrecht Janine Jansen & Friends U. a. mit Ian Bostridge, Tenor; Martin Fröst, Klarinette; Steven Isserlis, Violoncello und Itamar Golan, Klavier Werke von Edvard Grieg, Max Bruch, Erwin Schulhoff, Johannes Brahms und Bartholdy

Sonntag, 10. Juli 2016 | 10.05 Uhr Symphonische Matinée Zum 80. Geburtstag des Dirigenten David Zinman Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks Robert Schumann: Symphonie Nr. 3 Es-Dur – »Rheinische«; Wolfgang Amadeus Mozart: Klavierkonzert C-Dur, KV 467 (Christian Zacharias, Klavier); Peter Tschaikowsky: Symphonie Nr. 4 f-Moll

br-klassik.de 32 Biographien Anna Prohaska

Bereits mit 17 Jahren gab Anna Prohaska ihr Debüt an der Komischen Oper Berlin in Harry Kupfers Inszenierung von Brittens The Turn of the Screw. Mit 23 Jahren war sie erstmals an der Staatsoper Unter den Linden zu erleben, der sie seit der Spielzeit 2006/2007 als festes Ensemblemitglied angehört. Unter der Leitung von Dirigenten wie , Simon Rattle, Gustavo Dudamel, Philippe Jordan, Ingo Metzmacher und René Jacobs begeistert sie das Publikum dort mit einem breiten Rollenspektrum: als Anne Trulove (The Rake’s Progress), Sophie (Der Rosenkavalier), Oscar (Un ballo in maschera), Ännchen (Der Freischütz), Frasquita (Carmen), Poppea (Agrippina), Euridice (Orfeo ed Euridice) sowie in den Mozart- Partien Susanna, Blonde, Zerlina und Despina. Daneben ist Anna Prohaska ein vielgefragter Gast auf den großen Bühnen der Welt. Bei den Salzburger Festspielen verkörperte sie Zerlina und Despina, an der Mailänder Scala Zerlina und an der Bayerischen Staatsoper Blonde und Adele (Die Fleder- maus). In der Rolle der Inanna wirkte sie dort im Oktober 2012 auch an der Uraufführung von Jörg Widmanns OperBabylon mit. Anna Prohaska widmet sich gleichermaßen der zeitgenössischen wie der Alten Musik. Von brachte sie Mnemosyne nach Friedrich Hölderlin sowie Samothrake auf einen Text von Max Beckmann zur Uraufführung. Auf dem Gebiet der historisch informierten Aufführungspraxis zählen die Academy of Ancient Music und die Akademie für Alte Musik Berlin zu ihren wich- tigsten Partnern, häufig arbeitete sie auch mit Nikolaus Harnoncourt zu- sammen. Daneben gastiert Anna Prohaska regelmäßig bei weltweit füh- renden Symphonieorchestern wie den Wiener und den Berliner Philhar- monikern, dem Lucerne Festival Orchestra, dem London Symphony Or- chestra, dem Los Angeles Philharmonic und dem Boston Symphony Orche- stra. Liederabende führen sie nach Schwarzenberg, Salzburg, Edinburgh, Luzern, Berlin, Wien, London und Amsterdam, begleitet wird sie dabei u. a. von Eric Schneider, Maurizio Pollini und Daniel Barenboim. Das Konzerthaus Dortmund widmete ihr in dieser Saison ein drei Abende umfassendes Porträt. Auf CD ist Anna Prohaska mit ihren Solo-Alben Sirène und Enchanted Forest zu erleben, 2014 erschien ihr Lied-Album Behind the Lines, das sich dem Thema Krieg widmet. Beim Symphonieor- chester des Bayerischen Rundfunks ist die Sopranistin ein gern gesehener Gast. Zuletzt sang sie im September 2015 geistliche Werke von Vivaldi und Bach unter der Leitung von . Außerdem gestaltete sie im Januar 2016, gemeinsam mit Solisten des Symphonieorchesters, ein Konzert mit barocker Kammermusik, u. a. mit Werken von Purcell, Steffani, Händel, Telemann, Bach, Keiser und Buxtehude. 33 Biographien LASSEN SIE UNS FREUNDE WERDEN!

Freunde sind wichtig im Leben eines jeden von uns. Kontakt: Diese Überlegung machten sich musikbegeisterte und engagierte Menschen zu eigen und gründeten Freunde des Symphonieorchesters den gemeinnützigen Verein »Freunde des Sympho- des Bayerischen Rundfunks e. V. nieorchesters des Bayerischen Rundfunks e. V.«. Geschäftsstelle: Ingrid Demel, Sabine Hauser Seine heute über 1000 Mitglieder fördern die heraus- c/o Labor Becker, Olgemöller & Kollegen ragende künstlerische Arbeit des Symphonieorche- Führichstraße 70 sters und seiner Akademie nach Kräften. Der Verein 81671 München trägt dazu bei, den Ruf dieses weltweit berühmten Telefon: (089) 49 34 31 Orchesters weiterhin zu mehren. Mit der finanziellen Fax: (089) 450 91 75 60 Unterstützung der »Freunde« werden Instrumente E-Mail: [email protected] finanziert, Kompositionsaufträge erteilt, Kammermu- www.freunde-brso.de sikkurse abgehalten und jungen Talenten in der Aka- demie eine erstklassige Ausbildung an ihren Instru- * Rechtsverbindliche Ansprüche bestehen jeweils nicht menten ermöglicht. Den »Freunde«-Mitgliedern werden zahlreiche attraktive Vergünstigungen angeboten, von exklusiven Besuchen ausgewählter Proben über be- vorzugte Kartenbestellungen bis hin zu Reisen des Orchesters zu Sonderkonditionen.* Helfen Sie mit als Freund und lassen Sie sich in die Welt der klassischen Musik entführen! Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks

Schon bald nach seiner Gründung 1949 durch Eugen Jochum entwickelte sich das Symphonieorchester zu einem international renommierten Klang- körper, dessen Ruf die auf Jochum folgenden Chefdirigenten Rafael Kubelík, Sir Colin Davis und Lorin Maazel stetig weiter ausbauten. Neben den In- terpretationen des klassisch-romantischen Repertoires gehörte im Rahmen der 1945 von Karl Amadeus Hartmann gegründeten musica viva von Be- ginn an auch die Pflege der zeitgenössischen Musik zu den zentralen Auf- gaben des Orchesters. Seit 2003 setzt Mariss Jansons als Chefdirigent neue Maßstäbe. Von den Anfängen an haben viele namhafte Gastdirigenten wie Erich und Carlos Kleiber, Otto Klemperer, Leonard Bernstein, Günter Wand, Sir Georg Solti, Carlo Maria Giulini, Kurt Sanderling und Wolfgang Sawallisch das Symphonieorchester geprägt. Heute sind Bernard Haitink, Riccardo Muti, Esa-Pekka Salonen, Herbert Blomstedt, Franz Welser-Möst, Daniel Harding, Yannick Nézet-Séguin, Sir Simon Rattle und Andris Nelsons wichtige Partner. Tourneen führen das Orchester durch Europa, nach Asien sowie nach Nord- und Südamerika. Als »Orchestra in Residence« tritt das Orchester seit 2004 jährlich beim Lucerne Festival zu Ostern auf, 2006 wurde es für seine Einspielung der 13. Symphonie von Schostakowitsch mit dem Grammy geehrt. Bei einem Orchesterranking der Zeitschrift Gramophone, für das international renommierte Musikkritiker nach »The world’s greatest orchestras« befragt wurden, kam das Symphonieorchester auf Platz sechs. www.br-so.de facebook.com/BRSO Twitter: @BRSO 35 Biographien 36 Biographien Yannick Nézet-Séguin

Eine Bilderbuchkarriere beförderte den 1975 geborenen Kanadier Yannick Nézet-Séguin in nur wenigen Jahren an die Spitze der jungen Dirigen- tengeneration. Nach seinem Studium am Conservatoire de musique du Québec in Montréal (in den Fächern Klavier, Dirigieren, Komposition und Kammermusik) und am Westminster Choir College in Princeton (Chor- dirigieren) sowie intensiven Anregungen durch Carlo Maria Giulini star- tete er seine Laufbahn in seinem Heimatland. Er ist seit 2000 Künstleri- scher Direktor und Chefdirigent des Orchestre Métropolitain de Montréal und stand am Pult aller großen kanadischen Orchester, bevor er 2004 erst- mals in Europa dirigierte. Großes internationales Aufsehen erregte er 2008, als er bei den Salzburger Festspielen mit Gounods Roméo et Juliette debütierte und das Publikum zu Begeisterungsstürmen hinriss. Im selben Jahr wurde er Musikdirektor des Rotterdams Philharmonisch Orkest, dem er bis Ende der Spielzeit 2017/2018 vorstehen wird. Mit der Leitung des Philadelphia Orchestra übernahm Yannick Nézet-Séguin 2012 ein weiteres prestigeträchtiges Amt. Aufgrund der erfolgreichen Zusammenarbeit wurde sein Vertrag hier bereits bis 2026 verlängert. Darüber hinaus wurde kürz- lich bekannt, dass der begehrte Dirigent zu Beginn der Spielzeit 2020/ 2021 die Nachfolge von James Levine als Musikdirektor der New Yorker Metropolitan Opera antreten wird, an der er 2009 mit Bizets Carmen seinen Einstand gab. Auch von anderen großen Opernhäusern erhält Yannick Nézet-Séguin regelmäßig Einladungen: von der Mailänder Scala, dem Royal Opera House Covent Garden in London, der Nederlandse Opera und der Wiener Staatsoper. 2011 begann er am Festspielhaus Baden-Baden seinen sieben Opern umfassenden Mozart-Zyklus, von dem bisher Don Giovanni, Così fan tutte und Die Entführung aus dem Serail auf CD erschienen sind. Als »Artist in Residence« ist er seit 2013/2014 für drei Spielzeiten dem Konzerthaus Dortmund eng verbunden. Hier stellte er sich außer mit dem Philadelphia Orchestra auch mit dem Chamber Orchestra of Europe und dem London Philharmonic Orchestra vor, dessen Erster Gastdirigent er von 2008 bis 2014 war. Viele weitere renommierte Orchester zählen zu seinen Partnern, darunter die Berliner und die Wiener Philharmoniker und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, mit dem er einen hochgelobten Konzertmitschnitt von Mahlers Erster Symphonie auf CD veröffentlichte. Bei seinem letzten Auftritt in München im Juni 2015 diri- gierte er Haydns e-Moll-Symphonie Hob. I:44 und Brahms’ Ein Deutsches Requiem. Yannick Nézet-Séguin erhielt zahlreiche Ehrungen, u. a. den Royal Philharmonic Society Award und den kanadischen National Arts Centre Award. Musical America kürte ihn zum »Artist of the Year 2016«. 37 Biographien IMW_Anz16_BR_SO_Entw.indd 1 ARD Musikwettbewerb der 6 5 .

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MARISS JANSONS TEXTNACHWEIS Chefdirigent Angelika Rahm und Jörg Handstein: Original- NIKOLAUS PONT beiträge für dieses Heft; Vokaltexte nach den Orchestermanager jeweiligen Notenausgaben; Biographien: Vera Baur (Prohaska, Nézet-Séguin), Archiv Bayerischer Rundfunk des Bayerischen Rundfunks (Symphonieor- Rundfunkplatz 1 chester). 80335 München Telefon: (089) 59 00 34 111 BILDNACHWEIS Historisches Museum der Stadt Wien (Schu- IMPRESSUM bert; Karikatur; Wienansicht); Schloss Herausgegeben vom Bayerischen Rundfunk Bellevue in den Amtsräumen des Bundes- Programmbereich BR-KLASSIK präsidenten (Weber); St. Petersburg, Eremi- Publikationen Symphonieorchester tage (Sontag); Wiener Staatsoper (Schwind); und Chor des Bayerischen Rundfunks Michael Leinert: Carl Maria von Weber mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, REDAKTION Reinbek 1978 (Euryanthe); Royal College of Dr. Renate Ulm (verantwortlich) Music, London (Weber als Dirigent); Wikime- Dr. Vera Baur dia Commons (Aristophanes, Trentsensky, GRAPHISCHES GESAMTKONZEPT Axmann / Ramberg, Kaulbach); Uwe Harten Bureau Mirko Borsche (Hrsg.): Anton Bruckner. Ein Handbuch, Salz- UMSETZUNG burg und Wien 1996 (Levi); Museum von Antonia Schwarz, München Schloss Herrenchiemsee (Ludwig II.); Klaus DRUCK Günzel: Die deutschen Romantiker, Zürich alpha-teamDRUCK GmbH 1995 (Bruckner-Karikatur); © Chris Gonz Nachdruck nur mit Genehmigung (Müller); © Harald Hoffmann (Prohaska); © Astrid Ackermann (Symphonieorchester); Das Heft wurde auf chlorfrei gebleichtem © Marco Borggreve (Nézet-Séguin); Archiv Papier gedruckt. des Bayerischen Rundfunks (Odeonsplatz).

BR-KLASSIK.DE Das neue Klassik-Portal. 41 Impressum

BR-Kl_AZ_KK_Harmonie_RZ.indd 1 26.11.15 16:49 Akademie des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks Sprungbrett zu den Orchestern der Welt

Ausbildungsplätze

4 Violinen 2 Violen 2 Violoncelli 1 Flöte 2 Kontrabässe 1 Oboe 1 Klarinette 1 Trompete 1 Fagott 1 Horn 1 Posaune 1 Pauke mit Schlagzeug

Ausbildung • Instrumentaler Einzelunterricht • Mentales Training A• Kammermusik • Mitwirkung bei Proben und Konzerten des Symphonieorchesters

Erfolg Absolventen der Akademie finden Engagements in renommierten Orchestern im In- und Ausland

Konzerttermine • Donnerstag, 14. Juli 2016, Hubertussaal Schloss Nymphenburg • Samstag, 16. Juli 2016, Festsaal Kloster Seeon

Förderer FREUNDE SYMPHONIE ORCHESTER Die Akademie dankt BAYERISCHER RUNDFUNK e.V.

Kontakt Akademie des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks Geschäftsführung: Christine Reif Hanselmannstraße 20, 80809 München Telefon: 089/3509-9756 Fax: 089/3509-9757 E-Mail: [email protected] www.br-so.de Akademie des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks Sprungbrett 4. Abo C 7./ 8.7. 2016 zu den Orchestern der Welt

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Kontakt Akademie des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks Geschäftsführung: Christine Reif Hanselmannstraße 20, 80809 München Telefon: 089/3509-9756 Fax: 089/3509-9757 E-Mail: [email protected] br-klassik.de www.br-so.de