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Deutscher

Stenografischer Bericht

146. Sitzung

Berlin, Donnerstag, den 17. Dezember 2015

Inhalt:

Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- Dr . Simone Raatz (SPD)...... 14347 B neten Birgit Wöllert und Renate Künast. . . . 14335 A (BÜNDNIS 90/ Wahl der Abgeordneten , DIE GRÜNEN)...... 14348 C Gudrun Zollner und als Schrift- Dr . (CDU/CSU)...... 14349 C führer...... 14335 B (SPD) ...... 14351 B Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- Dr . (CDU/CSU)...... 14352 B nung ...... 14335 B (SPD) ...... 14353 D Absetzung des Tagesordnungspunktes 14. . . 14336 B

Tagesordnungspunkt 5: Tagesordnungspunkt 4: – Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- wärtigen Ausschusses zu dem Antrag der a) Unterrichtung durch die Bundesregie- Bundesregierung: Fortsetzung der Betei- rung: Gutachten zu Forschung, In- ligung bewaffneter deutscher Streitkräf- novation und technologischer Leis- te am NATO-geführten Einsatz Resolute tungsfähigkeit Deutschlands 2015 Support für die Ausbildung, Beratung Drucksache 18/4310 und Unterstützung der afghanischen na- hier: Stellungnahme der Bundesregierung tionalen Verteidigungs- und Sicherheits- Drucksache 18/6830...... 14336 B kräfte in Drucksachen 18/6743, 18/6946...... 14354 D b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Gutachten zu Forschung, Innovation – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß und technologischer Leistungsfähigkeit § 96 der Geschäftsordnung Deutschlands 2015 Drucksache 18/7079...... 14354 D Drucksache 18/4310...... 14336 B (SPD)...... 14355 A Dr . Stefan Kaufmann (CDU/CSU)...... 14336 C Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)...... 14355 D (DIE LINKE) ...... 14339 B (DIE LINKE) ...... 14357 A René Röspel (SPD)...... 14340 C Dr . , Bundesministerin (BÜNDNIS 90/ BMVg...... 14358 A DIE GRÜNEN)...... 14342 B (BÜNDNIS 90/ Dr . Johanna Wanka, Bundesministerin DIE GRÜNEN)...... 14359 B BMBF...... 14343 C Jürgen Hardt (CDU/CSU)...... 14360 C Dr . (DIE LINKE)...... 14346 B (SPD) ...... 14361 C Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 146 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 17 . Dezember 2015 14419

(A) Vizepräsidentin : – Bericht des Haushaltsausschusses (8 .Aus - (C) Vielen Dank, Kollege Fechner . – Ich schließe die Aus- schuss) gemäß § 96 der Geschäftsordnung sprache . Drucksache 18/7087 Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den von Hierzu liegen ein Änderungsantrag und ein Entschlie- den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten ßungsantrag der Fraktion Die Linke sowie zwei Ent- Gesetzentwurf zur Neuordnung des Rechts der Syndi- schließungsanträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen kusanwälte . Es liegt eine Erklärung nach § 31 unserer vor . Geschäftsordnung zu der Abstimmung über den Gesetz- entwurf vor 1). Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen, Platz zu neh- men . Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz emp- fiehlt unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für Drucksache 18/6915, den Gesetzentwurf der Fraktionen die Aussprache 38 Minuten vorgesehen .– Kein Wider- der CDU/CSU und SPD auf Drucksache 18/5201 in der spruch dazu . Dann ist das so beschlossen . Ausschussfassung anzunehmen . Ich bitte diejenigen, die Ich warte noch, bis die SPD Platz genommen hat . dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen? – Wer stimmt dagegen? – ( [SPD]: Wir sitzen nicht gern!) Wer enthält sich? – Der Gesetzentwurf ist damit in zwei- ter Beratung angenommen . Zugestimmt haben CDU/ Ich eröffne die Aussprache . Das Wort hat Marcus Held CSU und SPD, dagegengestimmt haben Bündnis 90/Die für die SPD-Fraktion . Grünen und die Linke . (Beifall bei der SPD) Dritte Beratung Marcus Held (SPD): und Schlussabstimmung . Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben .– Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetz- Kollegen! Meine Damen und Herren! Heute setzen wir entwurf ist angenommen . Zugestimmt haben CDU/CSU nach langen und intensiven Beratungen die EU-Verord- und SPD, dagegengestimmt haben Bündnis 90/Die Grü- nung um und modernisieren das Vergaberecht . Ein guter nen und die Linke . Tag für alle öffentlichen Auftraggeber und Gesellschaften, wenn sie Aufträge im Wert von mehr als 207 000 Euro, in Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Bausachen von mehr als 5 Millionen Euro vergeben wol- Verbraucherschutz zum Gesetzentwurf der Bundesregie- len . Zum Verständnis muss deshalb an dieser Stelle klar (B) rung zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte . betont werden, dass bei allen anderen Vergaben weiter- (D) Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner Be- hin die Landesvergabegesetze gelten . Somit haben wir in schlussempfehlung auf Drucksache 18/6915, den Gesetz- Deutschland nach wie vor insgesamt 17 Vergaberechte . entwurf der Bundesregierung auf Drucksache 18/5563 für erledigt zu erklären . Wer stimmt für diese Beschluss- (Barbara Lanzinger [CDU/CSU]: 16!) empfehlung? – Stimmt irgendjemand dagegen? – Enthält Das sollte vielleicht ein Ansporn für die Zukunft sein, sich jemand? – Niemand . Die Beschlussempfehlung ist diese zu vereinheitlichen . damit einstimmig angenommen . (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Ich hoffe, Herr Luczak, Sie bleiben bei der weiteren Debatte hier, und so lebendig, wie Sie eben waren, müss- Wir hoffen, dass mit der Änderung des Gesetzes gegen ten Sie eigentlich klatschen . Aber gut . Wettbewerbsbeschränkungen auch die Länder animiert werden, in einem ersten Schritt wenigstens ihre Gesetze (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) anzupassen, das heißt, benutzerfreundlicher zu machen Es ist interessant, wie viel ein Berliner in acht Minuten und für mehr Flexibilität zu sorgen . Mit einer entspre- sagen kann . Ich habe gerade umgerechnet, wie lange wir chenden Anpassung würde dafür gesorgt werden, dass Schwaben dazu bräuchten – aber egal . Unternehmen, die Angebote abgeben, sich nicht ständig umstellen müssen, je nachdem in welchem Bundesland Ich rufe den Tagesordnungspunkt 9 auf: die ausschreibende Stelle ihren Sitz hat . – Zweite und dritte Beratung des von der Bun- Konkret bedeuten die im heute vorliegenden Gesetz desregierung eingebrachten Entwurfs eines verankerten Änderungen, dass Auftraggeber künftig Gesetzes zur Modernisierung des Vergabe- wählen können, welches Verfahren sie bei der Ausschrei- rechts (Vergaberechtsmodernisierungsge- bung nutzen . Denn neben dem sogenannten offenen setz – VergRModG) Verfahren stehen das nichtoffene Verfahren, das Ver- Drucksache 18/6281 handlungsverfahren und der sogenannte wettbewerbliche Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- Dialog zur Verfügung – Verfahrensarten, meine Damen schusses für Wirtschaft und Energie (9 .Aus - und Herren, die das Vergaberecht bisher nur unter sehr schuss) engen Voraussetzungen zuließ und die daher leider viel zu selten zur Anwendung kamen . Das alles schafft insge- Drucksache 18/7086 samt mehr Flexibilität; denn der Auftraggeber ist in der Lage, zu entscheiden, wie er ausschreibt, um das für ihn 1) Anlage 6 beste Ergebnis zu bekommen . 14420 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 146 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 17 . Dezember 2015

Marcus Held (A) Aber auch qualitative Merkmale können künftig be- werden, dass mit der Sollregelung das Personal für die (C) sondere Bedeutung erlangen, nämlich dann, wenn der jeweilige Strecke tatsächlich auch übernommen wird . Auftraggeber definiert, welche Kriterien zu welchen Anteilen bei der Vergabeentscheidung Berücksichtigung (Beifall bei der SPD sowie der Abg . finden sollen. Soziale Kriterien und Umweltkriterien Dr . [CDU/CSU]) können dabei besondere Berücksichtigung finden, was Meine Damen und Herren, ein ganzes Stück Arbeit ein absolutes Novum im Vergaberecht ist . in den letzten Monaten liegt hinter uns . Vielen Dank an (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten alle, die zu diesem guten Ergebnis beigetragen haben . Es der CDU/CSU) ist ein gutes Ergebnis für die Auftraggeber, für die Auf- tragnehmer, für die Qualität, für die sozialen und für die Wir haben darüber hinaus im Ausschuss in entspre- Umweltstandards hier in Deutschland, aber auch überall chenden Protokollnotizen und im Entwurf der Verord- dort in der Welt, wo wir als Deutsche einkaufen . nung zu diesem Gesetz konkretisiert, dass wir diese und weitere Kriterien in der Praxis künftig gestärkt sehen wol- Herzlichen Dank . len, nämlich eine nachhaltige und verantwortungsvolle (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Beschaffung sowie die Einhaltung der ILO-Kernarbeits- der CDU/CSU) normen, beispielsweise zur Beseitigung der Zwangsar- beit, aber auch zur Bekämpfung der Kinderarbeit . Vizepräsidentin Claudia Roth: Um in Erfahrung zu bringen, ob die vereinbarten Ziele Vielen Dank, Marcus Held .– Nächster Redner in der auch erreicht wurden, werden wir spätestens nach drei Debatte: Michael Schlecht für die Linke . Jahren prüfen, ob es zu Verbesserungen in der Praxis ge- kommen ist und ob sich die Änderungen im Vergaberecht (Beifall bei der LINKEN) tatsächlich positiv ausgewirkt haben . Für Menschen mit Behinderungen und gesundheit- Michael Schlecht (DIE LINKE): lichen Einschränkungen ist es uns als SPD besonders Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau wichtig, qualitativ hochwertige Leistungen der berufli- Präsidentin! Die EU-Richtlinien zur öffentlichen Auf- chen und medizinischen Rehabilitation zu haben . Des- tragsvergabe ermöglichen im Grundsatz, soziale, ökolo- halb haben wir klargestellt, dass zahlreiche Vergaben gische und vor allem auch beschäftigungspolitische Ziele in diesem Bereich auch in Zukunft nicht der Ausschrei- als vergaberelevant zu behandeln und bei Kostenerwä- bungspflicht unterliegen werden. gungen gleichberechtigt heranzuziehen . Leider wird dies in dem vorliegenden Gesetzentwurf vollkommen unge- (B) (Beifall bei der SPD sowie der Abg . Barbara nügend getan . Dies ist ein Gesetzentwurf des „Könnte“, (D) Lanzinger [CDU/CSU]) bestenfalls des „Sollte“ . Das „Sollte“ gilt übrigens auch Es ist aber dringend erforderlich, meine Damen und für die von Ihnen vorhin so lobend erwähnte Regelung Herren, dass unsere großen bundeseigenen Gesellschaf- beim Schienenpersonenverkehr . Dadurch ist in keiner ten, wie etwa die BA oder auch die Rentenversicherung Weise sichergestellt, dass die Arbeitsplätze gesichert Bund, mit gutem Beispiel vorangehen und auf entspre- sind . Das ist eine kleine, graduelle Verbesserung, aber chende soziale Kriterien bei der Vergabe pochen . mehr nicht . Für zwingende Regelungen gilt in diesem Gesetz: Fehlanzeige! All die von mir genannten Veränderungen im Verga- berecht sind ein großer Fortschritt; denn bisher durfte bei Die öffentliche Vergabe in Deutschland hat ein Volu- allen Vergaben immer nur der günstige Bieter den Zu- men von circa 400 Milliarden Euro im Jahr . Das sind im- schlag erhalten . merhin 17 Prozent des deutschen Sozialproduktes . Damit kann man Steuerungswirkung entfalten; denn damit las- Das Vergaberecht, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist sen sich ganz erhebliche Anreize für die Unternehmen in in Bewegung, und es wird auch in Zukunft in Bewegung diesem Land setzen . Welche Anreize müssten mit einem bleiben, allein schon, weil sich die Rechtsprechung re- Vergabegesetz vor allem gesetzt werden? Aus meiner gelmäßig verändert . Auch deshalb werden wir die weite- und unserer Sicht müsste, um die Durchsetzung sozialer ren Details in einer Verordnung regeln . Wenn ich „wir“ Ziele abzusichern, vor allen Dingen klar geregelt werden, sage, dann deshalb, weil wir heute beschließen wollen, dass öffentliche Aufträge in Zukunft nur noch an Auf- dass diese Verordnung dem Parlamentsvorbehalt unter- tragnehmer, die der Tarifbindung unterliegen, vergeben liegt . Wir können deshalb im Hause regelmäßig kontrol- werden dürfen, und zwar zwingend . lieren, ob es durch die entsprechenden Vorgaben zu Ver- änderungen kommt . (Beifall bei der LINKEN) (Beifall bei der SPD sowie der Abg . Dies ist deshalb so bedeutsam, weil heute nur noch Dr . Herlind Gundelach [CDU/CSU]) 50 Prozent der Beschäftigten in unserem Land unter dem Schutz eines Flächentarifvertrages arbeiten . Gerade auch Zum Abschluss möchte ich meiner Freude Ausdruck bei Auftragnehmern von öffentlichen Aufträgen ist das verleihen, dass künftig nicht mehr die Arbeitnehmerin- nicht der Fall . nen und Arbeitnehmer darunter leiden müssen, wenn im Eisenbahnverkehr öffentliche Aufträge an andere Dienst- Weil viel zu viele Beschäftigte wie im Frühkapitalis- leister vergeben werden . Auf Forderung des Bundesrates mus ihren Lohn vom Chef diktiert bekommen, liegen die und der SPD-Bundestagsfraktion konnte sichergestellte Reallöhne je Beschäftigten im Vergleich zum Jahr 2000 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 146 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 17 . Dezember 2015 14421

Michael Schlecht (A) kaum höher als damals . Das ist in einem Land wie Es gäbe viele Details, die man jetzt erwähnen könnte, (C) Deutschland wirklich ein Skandal . zum Beispiel die Frage der Kontrolle bei Auftragsweiter- gabe . Es müsste zum Beispiel sichergestellt sein, dass, (Beifall bei der LINKEN) wenn Subunternehmer eingeschaltet werden, von denen Was wir brauchen, ist eine Umkehr . Mit der Neuordnung auch die Kriterien für die Auftragsvergabe eingehalten der Vergabe wäre ein wichtiger Schritt möglich gewesen . werden . Diesbezüglich sind in diesem Gesetzentwurf Hier hätte eben der Grundsatz festgeschrieben werden keine hinreichenden Kontrollen vorgesehen. Ich finde es müssen: Kein öffentlicher Auftrag an Unternehmen ohne auch merkwürdig, dass, obwohl hier zum Teil das Hohe- Tarifbindung! lied der Gleichstellung von Frauen gesungen wird, zum Beispiel, wenn es um Aufsichtsräte geht, dieser Gesetz- (Marcus Held [SPD]: Rechtsgrundlage!) entwurf zum Vergaberecht keinerlei Impulse zur Förde- Es kann doch nicht sein, dass Beschäftigte, die mittels rung der Gleichstellung von Frauen und Männern enthält . öffentlicher Aufträge zur öffentlichen Daseinsvorsorge beitragen, nicht selten selbst zu einem Fall für die öffent- Danke schön . liche Daseinsvorsorge werden . Schauen Sie sich doch (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg . einfach einmal die vielen Fälle an, zum Beispiel die de- Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- saströsen Löhne der Dozenten von Integrationskursen . NEN]) Es gibt noch viele andere Fälle; ich kann sie hier gar nicht alle aufzählen . Vizepräsidentin Claudia Roth: Ich weiß, dass jetzt der Einwand kommt, dass diese Koppelung an die Tarifbindung bei der Vergabe nicht mit Vielen Dank, Kollege Schlecht . – Nächste Rednerin dem EU-Recht vereinbar sei . Jedoch: Der Europäische in der Debatte: Dr .Herlind Gundelach für die CDU/ Gerichtshof wendete sich jüngst selbst von seiner rest- CSU-Fraktion . riktiven Rechtsprechung in dem unseligen Rüffert-Urteil, (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- das vor Jahren ergangen ist, ab . Er tut dies gerade auch ordneten der SPD) im Geist der mittlerweile in Kraft getretenen EU-Richtli- nie über die Auftragsvergabe . Im jüngsten Urteil zur Re- gio Post bestätigt der EuGH, dass der vergabespezifische Dr. Herlind Gundelach (CDU/CSU): Mindestlohn von 8,70 Euro im rheinland-pfälzischen Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Tariftreuegesetz europarechtskonform ist . Das sind mi- Bereits in der ersten Lesung habe ich in meiner Rede nimale Fortschritte, die man zumindest lobend erwähnen festgehalten, dass ich den Regierungsentwurf insgesamt (B) muss . als sehr gelungen empfinde. Komplimente liegen einem (D) (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) gebürtigen Schwaben ja eigentlich nicht, aber ich möchte es hier trotzdem noch einmal ausdrücklich wiederholen . Das Problem ist natürlich, dass das nicht ausreichen wür- de, um eine allgemeine Tarifbindung europarechtlich So war es uns als Abgeordneten des Deutschen Bun- durchzusetzen . destages möglich, sehr präzise und sorgfältig an De- Die deutsche Bundesregierung hat in Europa aber tailfragen zu arbeiten . In dem Zusammenhang möchte sehr viel bewegt . Sie hat eine solche Durchsetzungs- ich mich auch ganz ausdrücklich beim Koalitionspartner kraft . Mir ist aber nicht zu Ohren gekommen, dass diese bedanken . Ich denke, wir haben bei diesem Gesetzent- Bundesregierung in den letzten fünf, sechs, sieben Jah- wurf sehr gut, sehr nüchtern und sachlich zusammenge- ren irgendwann einmal versucht habe, auf europäischer arbeitet . Ebene dieses unsoziale Urteil, dieses Rüffert-Urteil, in (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und dem die Tarifbindung sozusagen als europarechtswidrig der SPD) hingestellt wurde, durch entsprechende politische Pro- zesse in Europa zu korrigieren . Ich sage Ihnen: Sie hat Einige der wichtigsten Punkte waren und sind für das nicht getan, weil sie das nicht will; sie will eher, dass mich auch die Inhalte dessen, was wir unter interkom- europarechtspolitische Regelungen dazu führen, dass wir munaler Zusammenarbeit verstehen; denn der eigentli- in Deutschland einen Niedriglohnsektor haben; und das che Zweck des Vergaberechts ist es ja, sicherzustellen, finde ich wirklich verwerflich. dass öffentliche Aufträge möglichst wettbewerblich und damit transparent vergeben werden . Die Kooperation (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abge- von zwei oder mehreren Kommunen zur gemeinsamen ordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- Erbringung einer öffentlichen Leistung fällt wie bisher NEN – Marcus Held [SPD]: Seit wann kön- nicht unter das Vergaberecht . § 108 des Gesetzentwurfes nen denn Gesetze Urteile ändern?) definiert auf Grundlage von Artikel 12 der Europäischen Ob in Zukunft tatsächlich mehr beschäftigungspoliti- Richtlinie über die öffentliche Auftragsvergabe hier eine sche, soziale und ökologische Kriterien in die Auftrags- Anwendungsausnahme . Daraus folgt, dass Kommunen, bedingungen aufgenommen werden, wird dem Willen die nach einem kooperativen Konzept zusammenarbei- oder Unwillen der jeweiligen Entscheidungsträger vor ten, die öffentliche Leistung, die erbracht werden soll, Ort überlassen . Wenn es dann doch einmal diese schönen nicht nur nicht ausschreiben müssen, sondern dass dies Kriterien in einem Auftragstext geben sollte, bleibt offen, der Öffentlichkeit in der Regel auch gar nicht bekannt ob ihre Einhaltung am Ende überhaupt kontrolliert wird . wird . 14422 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 146 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 17 . Dezember 2015

Dr. Herlind Gundelach (A) Weil es sich dabei aber oftmals um Aufträge mit teil- hat schon darauf hingewiesen –, einen sogenannten Zu- (C) weise erheblichem Volumen handelt, an denen selbstver- stimmungsvorbehalt für die Verordnung im Gesetz zu ständlich auch Private ein Interesse hätten, steht diese verankern . Konkret haben wir es so geregelt, dass die Form der Zusammenarbeit zwischen Kommunen immer Verordnung dem Bundestag nach der Verabschiedung im wieder in der Kritik und wird auch von der privaten Wirt- Kabinett zugeleitet werden muss und dass der Bundestag schaft zu Recht hinterfragt . So beschäftigte sich auch dann drei Sitzungswochen Zeit hat, darüber zu entschei- bereits das OLG Koblenz noch vor unserer nationalen den, ob die vorgesehenen Änderungen eine Beschäfti- Umsetzung mit der Definition von Zusammenarbeit bei gung des Bundestages erforderlich machen . Wenn nicht, interkommunalen Kooperationen . läuft das Verfahren wie üblich weiter . Auch wir haben uns deswegen in unseren Beratungen Auch haben wir die Bundesregierung gebeten, uns intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt . Denn in nach drei Jahren einen aussagefähigen Bericht zuzulei- der Begründung zu § 108 Absatz 6 Nummer 1 wird da- ten, ob sich die neue Struktur bewährt hat und ob gege- rauf verwiesen, dass sich die Anforderungen an die Zu- benenfalls Änderungen vorgenommen werden müssen . sammenarbeit zwischen den öffentlichen Auftraggebern Unser Änderungsantrag enthält neben diesem Parla- aus Artikel 12 sowie Erwägungsgrund 33 der Richtlinie mentsvorbehalt eine weitere, entscheidende Änderung, ergeben und dass diese Zusammenarbeit grundsätzlich mit der der Deutsche Bundestag einer Anregung des auf einem kooperativen Konzept beruhen muss . Leider Bundesrats nachkommt – auch darauf hat der Kolle- enthalten weder Artikel 12 noch der Erwägungsgrund 33 ge Held schon hingewiesen –: Bei der Vergabe von öf- weitergehende Definitionen des Begriffs „Zusammenar- fentlichen Aufträgen über Personenverkehrsleistungen beit“ . im Eisenbahnverkehr ändern wir die Kannbestimmung Deshalb haben wir uns in der Koalition nach einem des Regierungsentwurfs zur Übernahme von Arbeit- intensiven Beratungsprozess auf eine Protokollnotiz ver- nehmerinnen und Arbeitnehmern, die beim bisherigen ständigt, die auch Grundlage der Beschlussempfehlung Betreiber beschäftigt waren, in eine Sollbestimmung . des federführenden Ausschusses ist . Ich möchte daraus Dadurch werden den Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh- zitieren: mern ausdrücklich die Rechte gewährt, auf die sie An- spruch hätten, wenn ein Übergang des Betreibers gemäß So weist der Erwägungsgrund 33 der Richtli- § 613 a BGB erfolgen würde . nie 2014/24/EU darauf hin, dass die von den ver- schiedenen teilnehmenden Stellen erbrachten Wir erreichen durch die von uns gefundene Regelung, Dienstleistungen nicht notwendigerweise identisch dass in verantwortungsvoller Weise ein Gleichgewicht sein müssen, sondern sich auch ergänzen können . zwischen den Belangen der Arbeitnehmerinnen und Ar- (B) Allerdings sollte die Zusammenarbeit auf einem beitnehmer, dem Erhalt von Wettbewerb sowie effizien- (D) kooperativen Konzept beruhen, in dem sich die ten Verkehrsdienstleistungen erhalten bleibt . Um dies ge- Teilnehmer verpflichtet haben, einen Beitrag zur ge- währleisten zu können, haben wir festgehalten, dass die meinsamen Ausführung der öffentlichen Dienstleis- Übernahme auf diejenigen Arbeitnehmerinnen und Ar- tung zu leisten; dazu kann als Teil auch ein etwaiger beitnehmer beschränkt sein soll, die für die Erbringung Finanztransfer zwischen den teilnehmenden öffent- der übergehenden Verkehrsdienstleistungen unmittelbar lichen Auftraggebern gehören . erforderlich sind . Ich denke, diese Protokollnotiz kann einen wichtigen Außerdem – auch das möchte ich betonen – bleibt es Beitrag zur sachgerechten Ausführung des § 108 leisten . grundsätzlich möglich, dass ein öffentlicher Auftragge- Im Übrigen erwarten wir im kommenden Jahr auch noch ber von der Anordnung zum Personalübergang abweicht . ein Urteil des EuGH, das hoffentlich weiteren Aufschluss Dafür müssen allerdings nachvollziehbare und vor allen geben wird . Dingen justiziable Gründe vorliegen . Ein solcher Fall kann zum Beispiel darin liegen, dass der Zuschnitt des Diese Ausführungen zur interkommunalen Zusam- Personenverkehrsnetzes in Bezug auf Bedarf und Quali- menarbeit machen klar, dass der Teufel wie so oft im De- fikation ganz erheblich vom Status quo des Bestandsnet- tail steckt . Hinzu kommt, dass wir bei der Novellierung zes abweicht . des Vergaberechts eine Strukturreform vollziehen . Denn viele Details des Vergabeverfahrens im Oberschwellen- Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Novellierung des bereich – und nur dafür ist ja der Bund zuständig – wer- Vergaberechts ist ein wichtiger Schritt zu mehr Transpa- den ihren Niederschlag in der Vergabeverordnung, der renz, weniger Bürokratie und mehr Anwenderfreundlich- Sektorenverordnung, der Verordnung über die Vergabe in keit . Wir geben den öffentlichen Auftraggebern in vielen den Bereichen Verteidigung und Sicherheit sowie in der Bereichen Rechtssicherheit, beispielsweise wenn sie im Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen finden. Sinne der Nachhaltigkeit mit Vorbildcharakter vorange- VOL und VOF wurden aufgegeben . Sie wurden zum Teil hen wollen . Das Gesetz geht, wie ich bereits sagte, in die in das Gesetz integriert bzw . sollen in die erst im Entwurf richtige Richtung . Aber vor allem in Bezug auf Transpa- vorliegende Verordnung integriert werden . renz, eine größere Anwenderfreundlichkeit und weniger Bürokratie geht sicherlich noch etwas mehr . Dabei handelt es sich keineswegs nur um Verfahrens- fragen, sondern durchaus auch um materielle Inhalte, wie Wir vollziehen eine Strukturreform, aber keinen Sys- unsere Diskussionen ergeben haben; denn, wie gesagt, temwechsel; denn das Kaskadensystem bleibt bestehen . wir betreten mit der jetzigen Struktur Neuland . Deshalb Teile der Verordnungen sind ins Gesetz gezogen worden . haben wir uns auch dazu entschieden – der Kollege Held Aber bei Bauleistungen werden wesentliche Details wei- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 146 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 17 . Dezember 2015 14423

Dr. Herlind Gundelach (A) ter in der VOB, der Vergabe- und Vertragsordnung für das finde ich wirklich traurig –: Sie haben diese Chance (C) Bauleistungen, geregelt . Ich hoffe, dass die nächste No- nicht genutzt . vellierung des Vergaberechts den Systemwechsel dann vielleicht in Gänze vollziehen wird . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN) Liebe Kolleginnen und Kollegen, enden möchte ich Noch schlimmer: Sie haben diese Chance wider bes- mit einem Punkt, den ich ebenfalls in der ersten Lesung seres Wissen nicht genutzt . Denn wenn Sie den Experten angesprochen habe und auf den Kollege Held auch schon zugehört hätten, die wir hier im Deutschen Bundestag eingegangen ist . Wir haben in Deutschland 15 Län- im Rahmen einer Anhörung befragt haben – spätestens der-Vergabegesetze mit durchaus unterschiedlichen Re- dann –, hätte Ihnen klar werden müssen, wie viel Nach- gelungen . Bayern ist das einzige Bundesland, das kein besserungsbedarf es in Bezug auf Ihren Gesetzentwurf eigenes Gesetz dazu hat; das glaubt man kaum . noch gegeben hätte . (Marcus Held [SPD]: Jeder wie er will! – (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Dr . [SPD]: Seehofer entschei- sowie bei Abgeordneten der LINKEN) det!) Ich möchte Ihnen nur einige Beispiele aus der Anhö- Im Hinblick auf mehr Anwenderfreundlichkeit und rung nennen: Sie hätten zum Beispiel bei den sozialen weniger Bürokratie wäre es schön, irgendwann nur noch Dienstleistungen nachbessern müssen . Hier geht um ein ein Vergabegesetz zu haben, an dem sich Bund und sensibles Beziehungsverhältnis zwischen den Mitarbei- Länder gemeinsam orientieren, und zwar für die Ver- tern bei den sozialen Dienstleistern auf der einen Seite gabe im Oberschwellenbereich wie für die Vergabe im und ihren Klienten auf der anderen Seite . Es kommt hier Unterschwellenbereich, die ja den Löwenanteil der öf- elementar auf die Qualität der Betreuung und auf die fentlichen Vergaben darstellt . Die zunehmende und vom Kompetenz sowie die Erfahrungen der Mitarbeiterinnen EU-Recht auch geforderte elektronische Vergabe könnte und Mitarbeiter an . Sie hätten die Chance gehabt, mit hierfür einen Anreiz bieten . Dann hätte man statt 16 ver- Ihrer Vergabepolitik stärker auf die Qualität und weni- schiedener Masken und Softwarelösungen nur noch eine ger auf Preiswettbewerb und damit auf Lohndumping zu einzige . Für die Anbieter gibt es nämlich keine Bundes- setzen . ländergrenzen . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ich bedanke mich herzlich . und bei der LINKEN – Dr .Matthias Bartke [SPD]: Haben wir doch! Lesen Sie einmal den (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Gesetzentwurf!) (B) (D) Ich frage mich ganz ehrlich: Wie stark muss die Rück- Vizepräsidentin Claudia Roth: meldung der Expertinnen und Experten in der Breite Vielen Dank, Frau Dr .Gundelach .– Nächste Redne- eigentlich sein, damit Sie sich endlich bewegen? Vom rin in der Debatte: Katharina Dröge für Bündnis 90/Die DGB über die Caritas, die Diakonie und die AWO bis Grünen . zu den kommunalen Vertretern: Sie alle haben Ihnen zu diesem Gesetzentwurf einen Nachbesserungsbedarf auf- geschrieben, doch von Ihnen kommt nichts . Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): (Marcus Held [SPD]: Sie haben noch nicht Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen einmal § 130 gelesen! In § 130 steht es!) und Kollegen von der Union und der SPD! Bei der Re- form des Vergaberechts, die Sie hier heute beschließen Sie hätten bei den ökologischen und sozialen Krite- wollen, hätten Sie eine wirklich große Chance gehabt . rien, bei den zwingenden Ausschlussgründen, bei der Bei der Vergabepolitik hätten Sie die Chance gehabt, ein interkommunalen Zusammenarbeit und bei den Wehr- Stück mehr zu gestalten, wie die Wirtschaft in Deutsch- dienstleistungen nachbessern müssen . land funktioniert . Sie hätten die Chance gehabt, mit der (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Vergabepolitik eine Wirtschaft zu fördern, die auf Um- und bei der LINKEN) weltschutz, auf Nachhaltigkeit und auf faire und soziale Arbeitsbedingungen setzt . Diese Chance hat Ihnen die Doch überall kommt von Ihnen nichts . Europäische Union mit ihren Richtlinien explizit einge- Zwei meiner Vorredner haben hier noch einmal das räumt . Sie hat an vielen Stellen Möglichkeiten geschaf- Thema Landesvergabepolitik erwähnt . Es ging um die fen, dass die Mitgliedstaaten in ihren Vergabegesetzen Möglichkeit, eigene Landesvergabegesetze zu entwi- ökologische, soziale oder menschenrechtliche Kriterien ckeln . Auch hier schränken Sie den Spielraum der Lan- stärken . desgesetzgeber ein, obwohl die rot-grüne Landesregie- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – rung von Nordrhein-Westfalen einen eigenen Antrag im Dr .Matthias Bartke [SPD]: Das ist doch eins Bundesrat eingebracht hat und einer der Vorreiter war . zu eins umgesetzt!) ( [SPD]: Und Hessen? Was macht Schwarz-Grün in Hessen?) Sie hätten die Chance gehabt, Unternehmen stärker zu fördern, die auf Qualität und nicht einfach auf den nied- Ihre Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hat das noch rigsten Preis setzen . Doch ich muss heute feststellen – gefeiert, Ihr Arbeitsminister Guntram Schneider hat ein 14424 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 146 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 17 . Dezember 2015

Katharina Dröge (A) eigenes Tariftreue- und Vergabegesetz in NRW zu sei- dere versucht, diesen Gesetzentwurf, der für Deutschland (C) nem Projekt gemacht, und Sie als SPD schränken hier wirklich wesentlich ist, durch eine besondere und in diesem Entwurf des Vergaberechtsmodernisierungsge- setzes den Spielraum der Länder wieder ein . (Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, was nun?) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – – lassen Sie mich doch bitte ausreden – vielleicht etwas Marcus Held [SPD]: Im Gegenteil!) schiefe Wahrnehmung der Situation in einen Schrank zu Dass ich mit dieser Kritik recht habe, bestätigen Sie stellen, in den er nicht gehört . doch eigentlich selbst . Sie haben nämlich im Ausschuss Dieser Gesetzentwurf ist ausgewogen und nachhaltig, mit großem Brimborium eine Protokollnotiz vorgelesen, und er ordnet in Deutschland etwas, was dringend geord- mit der Sie versuchen, klarzustellen, was Sie mit diesem net werden muss . Gesetzentwurf eigentlich gemeint haben . (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten (Marcus Held [SPD]: Ich habe das Gefühl, der CDU/CSU) Sie beschäftigen sich heute das erste Mal mit dem Gesetzentwurf! Im Ausschuss gab es eine Er ordnet eine gute Vergaberechtspolitik, bei der es im- Stellungnahme von 48 Sekunden von den merhin um etwa 12 Prozent unseres Bruttoinlandpro- Grünen!) duktes geht . In Deutschland werden jährlich öffentliche Aufträge im Umfang von circa 300 Milliarden Euro ver- Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Wenn Sie selbst schon geben . Dafür brauchen wir klare und eindeutige Regeln . Zweifel haben, wie der Gesetzentwurf zu verstehen ist, Frau Dröge, diese Regeln haben wir mit diesem Gesetz- dann ändern Sie ihn und dann lesen Sie nicht irgendeine entwurf . Protokollnotiz im Wirtschaftsausschuss vor, die mit ins Plenum überwiesen, aber mit Sicherheit keine Rechtsver- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten bindlichkeit haben wird . Das ist nur eine Beruhigungspil- der CDU/CSU) le für die Zweiflerinnen und Zweifler aus den eigenen Wir wollen, dass das Vergaberecht in Deutschland ein- Fraktionen – mehr nicht . facher und anwenderfreundlich wird und dass vergleich- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bare Sachverhalte, die bisher mehrfach unterschiedlich und bei der LINKEN) geregelt worden sind, einheitlich geregelt werden . In- sofern ist die Modernisierung dieses Vergaberechts für Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU/CSU und öffentliche Auftraggeber und Unternehmen ein richtiger SPD, ich kann Ihnen nur sagen: Angesichts der Tragwei- Weg, um mehr Flexibilität bei der Vergabe öffentlicher (B) te dieses Gesetzentwurfs, angesichts der Milliardensum- Aufträge zu erreichen . (D) men, um die es bei der öffentlichen Vergabe geht, und angesichts der Chancen, die die Europäische Union Ih- Natürlich sind die Struktur und der Inhalt des deut- nen explizit eröffnet hat, muss ich feststellen: Ihr Gesetz- schen Vergaberechts in der Vergangenheit schon immer entwurf ist unzureichend und lückenhaft . Er ist mutlos, sehr komplex gewesen . Wer sagt das nicht! Aber diese Reform – das sage ich noch einmal – ist ausgewogen . (Widerspruch bei der CDU/CSU und der Dieser Gesetzentwurf findet überwiegend sehr positive SPD) Resonanz . und Sie haben die Chance verpasst, auf ökologische, so- ( [CDU/CSU]: Richtig!) ziale und faire Vergabekriterien zu setzen . Das ist nicht die Politik, die Sie hier machen sollten . Vielleicht nutzen Dies ist umso bemerkenswerter, als die Beteiligten in Sie in ein paar Jahren die Chance, sich selbst zu korri- diesen Prozess zum Teil sehr unterschiedliche Positionen gieren . eingebracht haben . (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Michaela Noll [CDU/CSU]: Genau!) und bei der LINKEN – Dr . Auch die Vertreter des Bundesrates, liebe Frau Dröge, [CDU/CSU]: Da muss sie selber lachen! – haben die wesentlichen Inhalte dieses Regierungsent- Marcus Held [SPD]: Frohe Weihnachten!) wurfes bestätigt und werden über den Entwurf morgen abschließend beraten . Wir werden sehen, mit welchem Vizepräsidentin Claudia Roth: Erfolg . Vielen Dank, Katharina Dröge . – Jetzt hat für die Bun- Zu diesem neuen Vergaberecht ist aber auch zu erwäh- desregierung der Parlamentarische Staatssekretär Uwe nen, dass die Reform wegweisend ist . Sie ist besonders Beckmeyer das Wort . im Hinblick auf die neue Struktur des Vergaberechtes (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten wegweisend . Alle wesentlichen Regelungen der neuen der CDU/CSU) EU-Vergaberichtlinie werden künftig in einem Gesetz, dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, ver- ankert . Damit wird erstmals der Ablauf des gesamten , Parl . Staatssekretär beim Bundes- Vergabeverfahrens im Gesetz klar und deutlich vorge- minister für Wirtschaft und Energie: zeichnet . Ich bin sehr zuversichtlich, dass der Bund den Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Ländern mit diesem Gesamtpaket aus Gesetz und Ver- Herren! Der eine redet von Frühkapitalismus, und die an- ordnung ein Vorbild sein wird . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 146 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 17 . Dezember 2015 14425

Parl. Staatssekretär Uwe Beckmeyer (A) Diese Reform ist nachhaltig . Im Vergabeverfahren Wettbewerbsbeschränkungen, sprich: GWB, regelt die (C) finden sich soziale, ökologische und innovative Aspekte, Grundsätze der Vergabe . Öffentliche Aufträge und Kon- die bei der Vergabe öffentlicher Aufträge künftig stärker zessionen werden unter Beachtung der Grundsätze der Berücksichtigung finden werden. Welche Nachhaltig- Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit im Wett- keitskriterien verlangt werden, darüber entscheidet, mei- bewerb und transparent vergeben . Aspekte der Qualität, ne sehr geehrten Damen und Herren, der Auftraggeber; Innovation sowie soziale und umweltbezogene Kriteri- denn je strenger die Vorgaben im Hinblick auf eine nach- en – das wurde schon erwähnt, aber ich erwähne es noch haltige Beschaffung ausfallen, desto bürokratischer wer- einmal, Frau Dröge und auch Herr Schlecht – können den natürlich in der Tendenz die Regelungen und desto bei der Vergabe berücksichtigt werden . Das steht alles schwieriger die Kontrolle . in § 128 GWB: Auftragsausführung . Ich kann es Ihnen gerne vorlesen, wenn Sie das möchten; ich habe es dabei . (Barbara Lanzinger [CDU/CSU]: Genau!) Ich komme zum Schluss . Diese Reform ist auch so- (Beifall bei der CDU/CSU) zial – das, was der Kollege Held, vorgetragen hat, ist Ich persönlich hätte mir gewünscht, dass man den richtig –: Wir haben erreicht, dass es bei einem Betrei- Aspekt der Qualität vielleicht noch stärker betont . Das berwechsel im Schienenpersonenverkehr keine Proble- ist leider nicht möglich gewesen . Dabei kommt es letzt- me gibt, und wir haben das Ganze auf einen guten Weg endlich – auch das wurde schon ausgeführt – auf die gebracht . Auch da gibt es endlich Klarheit . Ausschreibung an, also wie genau die Ausschreibung Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit . formuliert wird . Das heißt, der öffentliche Auftraggeber hat es in der Hand, die Kriterien so zu gestalten, dass (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten letztendlich die Qualitätskriterien ausschlaggebend für der CDU/CSU) den Zuschlag sein können und sogar sollten .

Vizepräsidentin Claudia Roth: (Klaus Barthel [SPD]: Das machen wir jetzt Vielen Dank, Kollege Beckmeyer . – Die nächste Red- in Bayern auch, Frau Lanzinger!) nerin: Barbara Lanzinger für die CSU/CDU-Fraktion . – Natürlich . (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- Die Leistungsbeschreibung gibt die Wertungsmaßstä- ordneten der SPD – Dr . Herlind Gundelach be vor, auf deren Grundlage der Zuschlag erteilt wird . [CDU/CSU]: Aber die Fraktion heißt immer Man muss dazusagen: Bisher war im GWB die Leis- noch andersrum!) tungsbeschreibung nicht explizit enthalten . Sie ist jetzt (B) – Aber Frau Lanzinger kommt aus Bayern . neu darin aufgenommen worden . Bisher war sie nur in (D) der VOB enthalten . Barbara Lanzinger (CDU/CSU): Zurück zum § 97 GWB: „Mittelständische Interessen Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kol- sind … vornehmlich zu berücksichtigen“, heißt es darin . legen! Sehr geehrte Damen und Herren, auch wenn nicht „Leistungen sind in der Menge aufgeteilt“ und in Form mehr sehr viele da sind! Wie wichtig das Vergaberecht von Fachlosen zu vergeben . Eine Zusammenfassung der für die Wirtschaft und die öffentlichen Auftraggeber ist, Lose kann und darf erfolgen, wenn wirtschaftliche oder haben die sehr intensiven Beratungen mit Vertretern der technische Gründe dies erfordern, zum Beispiel bei einer Verbände gezeigt . Auch innerhalb der Koalition waren offensichtlich nicht sinnvoll reduzierbaren Komplexität sehr viele Gespräche notwendig . Ich denke, sie waren des Gesamtauftrags, einem nachweisbar deutlich erhöh- sehr konstruktiv . ten Mängelrisiko bei einer Teil- oder Fachlosvergabe Noch einmal zum Hintergrund . Wir mussten das sowie einer nachweislich erhöhten Gefahr, dass der Ge- Vergaberecht im Oberschwellenbereich überarbeiten . samtauftrag bei einer Teil- oder Fachlosvergabe insge- Grundlage hierfür ist das EU-Richtlinienpaket zur Mo- samt nicht sachgerecht ausgeführt werden kann . dernisierung des Vergaberechts, das im April letzten Jah- res in Kraft getreten ist und innerhalb von zwei Jahren Vizepräsidentin Claudia Roth: umgesetzt werden muss . Die EU-Reform und dement- Frau Lanzinger, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder sprechend auch die deutsche Umsetzung zielen darauf ab, -bemerkung vom Kollegen ? das Vergaberecht innerhalb der EU stärker zu vereinheit- lichen. Die Vergabeverfahren sollen insgesamt effizien- ter, anwenderfreundlicher und flexibler werden. Ich den- Barbara Lanzinger (CDU/CSU): ke, wir haben es in den intensiven Beratungen der letzten Ja, wenn er will . Monate geschafft, gute und ausgewogene Ergebnisse zu erzielen . Wichtig war uns vor allem, dass wir so weit wie (Heiterkeit und Beifall bei der SPD) möglich eine Eins-zu-eins-Umsetzung vornehmen, damit wir eine größtmögliche Vereinheitlichung haben . Klaus Ernst (DIE LINKE): Viele Punkte wurden schon genannt . Deshalb gehe ich Danke, Frau Lanzinger . Er will . jetzt nur noch kurz auf die Aspekte ein, die von besonde- rer Bedeutung für den Mittelstand, das Architektenwe- Frau Lanzinger, ich habe noch einmal nachgeschaut: sen und die Bauwirtschaft sind . § 97 des Gesetzes gegen Ihr habt 25 Minuten Redezeit in dieser Debatte . 14426 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 146 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 17 . Dezember 2015

(A) Barbara Lanzinger (CDU/CSU): – Warum denn zwingend? Wenn Sie alles zwingend vor- (C) Ich habe jetzt nur 4 Minuten . schreiben, glauben Sie, dass es dann noch Wettbewerb und freie Auswahl gibt? Klaus Ernst (DIE LINKE): (Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE Ich meine insgesamt . Meine Bitte wäre: Ist es Ihnen GRÜNEN]: Was heißt denn Wettbewerb?) möglich, in Ihrer verbleibenden Redezeit auf die Argu- Ich will weder Dirigismus noch Sozialismus, sondern ich mente einzugehen, die zum Beispiel von Frau Dröge oder will freie Marktwirtschaft . Das ist der Punkt . auch von meinem Kollegen Schlecht in diese Debatte eingebracht wurden? (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD) (Zuruf von der CDU/CSU: Wo waren denn die Argumente? – Marcus Held [SPD]: Es waren Zweitens . Sie haben nach der Frauenquote gefragt . ja keine!) Dazu sage ich Ihnen deutlich – ich habe das schon in meiner letzten Rede deutlich gemacht –: Eine Frauen- Denn das, was Sie jetzt sagen, ist bekannt . quote hat nichts mit Leistungserbringung zu tun . Man kann doch nicht die Firmen mit einer Frauenquote unter Weil offensichtlich die Kollegen von der SPD die Fra- dem Siegel der Leistungserbringung gängeln . Das hat gen nicht mehr im Kopf haben, was ich verstehen kann – damit überhaupt nichts zu tun . Ich bin nicht dafür . Es ist es ist schließlich der vorletzte Tag dieser Sitzungswo- nicht richtig, so etwas einzuführen . che –, möchte ich sie wiederholen . Ich hätte erstens gerne von Ihnen gewusst, warum es in dieser Koalition nicht Sie haben drittens nach den Protokollnotizen und nach möglich war, zum Beispiel die Frage der Frauenquote vielen anderen Dingen gefragt . Ich habe die ganzen Un- als einem wichtigen sozialen Fortschritt in diesem Lan- terlagen dabei und kann Ihnen das vorlesen . de in das Vergaberecht mit einzubauen . Man hätte zum (Beifall des Abg . Marcus Held [SPD]) Beispiel regeln können – das wäre möglich gewesen –: Wenn öffentliche Aufträge vergeben werden, dann wird Viertens und abschließend zu Ihrer Frage: Dass Sie darauf geachtet, ob das Unternehmen die Richtlinien, die immer auf alle Forderungen eingehen würden, die wir wir im Bundestag beschlossen haben, einhält . Und wenn stellen, und alle Fragen beantworten, würde ich mir auch es sie nicht einhält, dann bekommt es den Auftrag nicht . wünschen . Zweitens frage ich Sie noch einmal ganz bewusst – Danke schön . weil Ihnen diese Frage auch nicht mehr geläufig ist und (Beifall bei der CDU/CSU – Dr . Gesine weil ich einen Gewerkschafter sehe, der den Kopf schüt- (B) Lötzsch [DIE LINKE]: Das machen wir ger- (D) telt –, warum es nicht möglich war, zum Beispiel die ne! – Michael Schlecht [DIE LINKE]: Wenn Tarifbindung zwingend in den Gesetzentwurf aufzuneh- wir mehr Redezeit haben, erklären wir Ihnen men . Dann würde bei der Vergabe eines Auftrages darauf alles! – Zuruf von der SPD – Gegenruf der geachtet, ob die Tarifbindung eingehalten wird . Abg . Dr .Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Aber Wir diskutieren im Bundestag die Stärkung der Tarif- Herr Claus ist netter!) autonomie hoch und runter . Das wäre wirklich einmal ein – Ich bin auch eine Nette – solange Sie mich nicht ärgern . Akt der Stärkung der Tarifautonomie gewesen, die fast 17 Prozent Auftragsvolumen in dieser Republik dazu zu (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der nutzen, die Tarifautonomie, wenn wir sie politisch wol- CDU/CSU und der SPD) len, zu stärken . Mittelständische Interessen sind, wie gesagt, vor- Das alles machen Sie nicht . Jetzt hätte ich gerne die nehmlich zu berücksichtigen . Wir haben das Ganze in Antworten auf diese Fragen; denn Sie haben noch genug Protokollnotizen festgehalten, die sehr wohl verbindlich Redezeit . sind . Wir haben das gestern beschlossen . Sie dürfen mich auch dazu gerne fragen; denn ich habe alle Protokollno- (Beifall bei der LINKEN) tizen dabei und kann sie Ihnen vorlesen, wenn Sie das wünschen . Vizepräsidentin Claudia Roth: (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Frau Lanzinger, bitte . NEN]: Ja, gerne!) – Fragen Sie mich ruhig . Dann habe ich mehr Redezeit . Barbara Lanzinger (CDU/CSU): Das können wir machen . Vielen Dank für Ihre Fragen, Herr Ernst . Wenn Sie genau zugehört hätten, wüssten Sie, dass ich vorhin auf Die vorrangige Berücksichtigung mittelständischer In- § 128 – Auftragsausführung – eingegangen bin . Dabei teressen bei der Losvergabe ist ein wichtiger Punkt . Dazu geht es um die sozialen und umweltbezogenen Kriterien kamen sehr viele Schreiben unterschiedlicher Verbände . bei der Vergabe sowie um die Qualität . Das habe ich be- Wir können festhalten, dass wir beides gleich gewichtet antwortet . haben . So werden die kleinen und mittelständischen Un- ternehmen bei der Losvergabe vornehmlich berücksich- (Michael Schlecht [DIE LINKE]: Aber nicht tigt, ohne dass wir die Komplexität des Gesamtauftrags zwingend!) für größere Unternehmen aus den Augen verlieren . Das Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 146 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 17 . Dezember 2015 14427

Barbara Lanzinger (A) bedeutet ausgewogene Flexibilität für die Auftraggeber – Herr Ernst, da können Sie ruhig lachen . Das ist aber im (C) und dient gleichzeitig der Wahrung der Interessen des Wirtschaftsbereich sehr wichtig . Mittelstandes . Ich möchte – genauso wie beim letzten Mal – mit ei- Wir verschlanken die Struktur des Vergaberechts, in- nem Zitat des kürzlich verstorbenen Altkanzlers Helmut dem wir handhabbarere, flexible Regeln schaffen. Auch Schmidt enden: „Märkte sind wie Fallschirme, sie funk- die Wahlfreiheit wurde schon erwähnt . Ich sage es noch tionieren nur, wenn sie sich öffnen .“ einmal, weil Sie es vielleicht nicht verstanden haben: Of- (Beifall bei der SPD) fenes und nicht offenes Verfahren stehen nun gleichran- gig nebeneinander . Damit können Ausschreibungen noch Ich bedanke mich noch einmal für die gute Zusam- besser an die spezifischen Anforderungen des jeweiligen menarbeit und das gute Miteinander . Ich wünsche Ihnen Auftrags angepasst werden . Diese Wahlfreiheit hat auch alles Gute . Vorteile für die Bieter . Die Angebotserstellung beim (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – nicht offenen Verfahren ist einfacher . Die Unternehmen Marcus Held [SPD]: Und frohe Weihnachten!) können ihre Ressourcen schonen und entscheiden, ob sie teilnehmen oder nicht . Gleichwohl sind Transparenz und Chancengleichheit gegeben; denn jedem nicht offenen Vizepräsidentin Claudia Roth: Verfahren ist ein öffentlicher Teilnahmewettbewerb vor- Danke, Frau Lanzinger .– Letzter Redner in der Debat- geschaltet; das ist ein wichtiger Punkt . te: Dr . Matthias Bartke für die SPD . (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Daneben gibt es eine neue Verfahrensart – das wurde der CDU/CSU) noch nicht erwähnt –, die sogenannte Innovationspart- nerschaft . Hierbei handelt es sich um ein besonderes Ver- gabeverfahren zur Entwicklung und zum anschließenden Dr. Matthias Bartke (SPD): Erwerb innovativer Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen, Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn wenn der bestehende Bedarf nicht durch bereits auf dem wir uns den vorliegenden Gesetzentwurf ansehen, so stel- Markt verfügbare Lösungen gedeckt werden kann . Öf- len wir fest, dass wir einen ziemlich dicken Stapel Papier fentliche Auftraggeber können so langfristige Innova- vor uns haben. In all den Seiten findet sich aber nur ein tionspartnerschaften eingehen . Eines möchte ich dabei einziger Paragraf zu Arbeitsmarkt- und Sozialdienstleis- betonen: Die EU-Vergaberichtlinie wird hinsichtlich tungen, nämlich § 130 . Dieser Paragraf hat es jedoch in wesentlicher Regelungen in diesem Gesetzentwurf nur in sich, und deshalb haben wir Arbeits- und Sozialpolitiker Grundzügen geregelt . Der Teufel steckt im Detail, wie von Anfang an bei diesem Gesetzentwurf mitgeredet . Ich (B) Kollegin Gundelach bereits gesagt hat . freue mich, dass ich als Mitglied des Arbeits- und Sozial- (D) ausschusses zu diesem für uns wichtigen Gesetzentwurf Wir werden in der Vergabeverordnung einiges regeln . hier sprechen darf . Ich danke hier unserem Koalitionspartner, dass er beim Parlamentsvorbehalt mitgegangen ist . So haben wir im Die wichtige Funktion von Arbeitsmarktdienstleis- Parlament noch die Möglichkeit, darüber zu reden, wie tungen und die Monopolstellung der Bundesagentur für künftig die Vergabeverordnung ausgestaltet werden soll . Arbeit machen die große Bedeutung des Vergaberechts Das Wirtschaftsministerium wird sicherlich noch einen für den Arbeitsmarkt unmittelbar deutlich . Daher habe Vorschlag bezüglich des Schwellenwertes bei der Auf- ich kürzlich ein Regionales Einkaufszentrum der Bun- tragsvergabe im Zusammenhang mit Architekten- und desagentur für Arbeit besucht, ein sogenanntes REZ . Ingenieursleistungen unterbreiten . Hier müssen wir den Die Regionalen Einkaufszentren führen im Auftrag der funktionalen Zusammenhang klären . Geht es hier nur um Arbeitsagenturen und Jobcenter Vergabeverfahren durch . Leistungen, die zur Herstellung eines Gebäudes dienen, Wir kamen dabei schnell auf das Thema Qualität zu oder sollen alle Architekten- und Ingenieursleistungen sprechen . Es wurde deutlich, dass auch die Bundesagen- einbezogen werden? Hier müssen wir ganz genau hin- tur für Arbeit den ausdrücklichen Wunsch hat, an quali- schauen; denn wenn wir das zusammenfassen würden, tativ erfolgreiche Träger zu vergeben . Sie hat daher mit käme das einer Absenkung des Schwellenwertes gleich . großer Zufriedenheit aufgenommen, dass die Gewich- Das wollen wir auf gar keinen Fall . Ich denke, darin sind tung der Qualität künftig nicht mehr auf 25 Prozent be- wir uns einig; denn dies wäre ein im Vergleich zur jet- schränkt sein wird . Dazu gehört auch, dass künftig Erfolg zigen Gesetzeslage negativer Paradigmenwechsel . Es ist und Qualität bereits erbrachter Leistungen berücksichtigt wichtig, dass wir all diese Zusammenhänge aufgenom- werden; Frau Lanzinger hat bereits zum Thema Qualität men haben . gesprochen . Das Ergebnis von Arbeitsmarktdienstleis- tungen ist eben nicht materieller Natur . Stattdessen ist Ich fasse zusammen: Wir stärken mit dem vorliegen- die Mitwirkung aller Beteiligten ganz wichtig . Wir haben den Gesetz Qualität und Wettbewerb bei der öffentli- es dabei mit einem hohen Maß an Individualität zu tun . chen Auftragsvergabe . Eine Frauenquote hat nichts mit Es wäre daher schlicht dumm, das Angebot eines Trägers der Leistungserbringung zu tun . Herr Ernst, Sie wollen allein am Preis zu messen . Wer billig zahlt, zahlt doppelt . Zwang ausüben . Ich sage dagegen ganz deutlich: Kann- und Sollbestimmungen lassen der Wirtschaft Luft zum Liebe Frau Dröge, liebe Grüne, in Ihrem Entschlie- Atmen . ßungsantrag beziehen Sie sich weitgehend auf die Forde- rung des Vergabebündnisses . Ich sage Ihnen: Wir haben (Lachen des Abg . Klaus Ernst [DIE LINKE]) uns mehrfach mit dem Bündnis getroffen, und wir ha- 14428 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 146 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 17 . Dezember 2015

Dr. Matthias Bartke (A) ben seine Forderungen verstanden . Das aktuellste Papier Dritte Beratung (C) des Vergabebündnisses fordert die Aufnahme von sechs Qualitätskriterien in die Vergabeverordnung . Sie haben und Schlussabstimmung . Ich bitte diejenigen, die dem richtig gehört: in die Verordnung, nicht ins Gesetz . In die Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben .– Verordnung werden wir sie auch einbringen . Das stellt Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Zugestimmt insbesondere wegen des vereinbarten Parlamentsvorbe- haben CDU/CSU und SPD . Dagegengestimmt haben die halts, über den bereits gesprochen wurde, eine klare Ver- Linken und Bündnis 90/Die Grünen . Der Gesetzentwurf besserung dar . ist angenommen . Wir werden in die Verordnung konkrete Qualitätskri- Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Ent- terien einbauen . Dazu gehören Integrationsquoten, Ab- schließungsanträge . Entschließungsantrag der Fraktion bruchquoten, Bildungsabschlüsse und die Zufriedenheit Die Linke auf Drucksache 18/7090 . Wer stimmt für die- des Auftraggebers . Damit greifen wir die Forderungen sen Entschließungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer des Bündnisses unmittelbar auf . Die Bundesagentur für enthält sich? – Der Entschließungsantrag ist abgelehnt . Arbeit begrüßt diese Ergänzung . Endlich kann sie rechts- Zugestimmt hat die Linke, dagegengestimmt haben alle sicher Qualität berücksichtigen . anderen . (Beifall der Abg . Barbara Lanzinger [CDU/ Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die CSU]) Grünen auf Drucksache 18/7091 . Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer Meine Damen und Herren, lieber Herr Schlecht, lieber enthält sich? – Der Entschließungsantrag ist abgelehnt . Klaus Ernst, lassen Sie mich eins einmal ganz deutlich Zugestimmt haben Bündnis 90/Die Grünen und die Lin- sagen: Das Vergaberecht regelt das Vergaberecht . Mit ke, abgelehnt haben ihn CDU/CSU und SPD . dem Vergaberecht lassen sich tarif- und sozialpolitische Missstände nicht beseitigen und lässt sich auch die Frau- Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die enquote nicht einführen . Aber die Botschaft ist klar: Die Grünen auf Drucksache 18/7092 . Wer stimmt für diesen Modernisierung des Vergaberechts bietet die Chance, die Entschließungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer Qualität der Arbeitsmarktdienstleistungen zu verbessern . enthält sich? – Der Entschließungsantrag ist abgelehnt . Das heute von uns zu beschließende Vergaberechtsmo- Zugestimmt hat Bündnis 90/Die Grünen . Dagegenge- dernisierungsgesetz ist ein ausgezeichnetes Gesetz . Nun stimmt haben CDU/CSU und SPD . Enthalten hat sich die muss es durch die Bundesagentur für Arbeit gelebt und Linke . ausgefüllt werden . Ich rufe den Tagesordnungspunkt 10 auf: (B) Meine Damen und Herren, das ist meine letzte Rede (D) in diesem Jahr, ich wünsche Ihnen frohe Feiertage und Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- einen guten Rutsch . richts des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (9 .Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Danke . , Eva Bulling-Schröter, Dr . Dietmar (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU) DIE LINKE Stromsperren gesetzlich verbieten Vizepräsidentin Claudia Roth: Vielen Dank . Das wünschen wir Ihnen natürlich Drucksachen 18/3408, 18/3751 auch . – Ich schließe damit die Aussprache . Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun- die Aussprache 38 Minuten vorgesehen . – Ich sehe kei- desregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur nen Widerspruch . Dann ist das so beschlossen . Modernisierung des Vergaberechts . Der Ausschuss für Ich eröffne die Aussprache wieder mit Marcus Held Wirtschaft und Energie empfiehlt in seiner Beschluss- für die SPD . empfehlung auf Drucksache 18/7086, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 18/6281 in der Aus- (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der schussfassung anzunehmen . Hierzu liegt ein Änderungs- CDU/CSU) antrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 18/7089 vor, über den wir zuerst abstimmen . Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer Marcus Held (SPD): enthält sich? – Der Änderungsantrag ist abgelehnt . Zuge- Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen stimmt hat die Linke . Abgelehnt haben CDU/CSU, SPD und Kollegen! Im Jahr 2014 wurde in Deutschland bei und Bündnis 90/Die Grünen . 352 000 Haushalten eine sogenannte Stromunterbre- chung vorgenommen . Das ist ein trauriger Rekord . Wir Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der beschäftigen uns seit vielen Monaten hier im Plenum des Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzei- Deutschen Bundestags und in den Fachausschüssen mit chen .– Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der diesem Problem . Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung bei Zustim- mung von CDU/CSU und SPD und Gegenstimmen von (Caren Lay [DIE LINKE]: Dank der Anträge Bündnis 90/Die Grünen und Linken angenommen . der Linken!)