Forschung aktuell Wenn es unter den Maaren brodelt Das Eifelvulkanfeld ist noch lebendig

ie Vulkane der sind weltweit bekannt und für DGeowissenschaftler von großer Bedeutung. Seit der Gründung des » European Geopark« sind die Vulkane nun auch zu einer Attraktion für Ur- lauber geworden. Besucher aus Deutschland, Belgien und den Niederlanden bewundern in zunehmender Zahl die geologischen Schätze, die lange Zeit nur von der Baustoffi ndustrie genutzt wurden. Die Geowissen- schaften und die Faszination, die von der gewaltigen Kraft der Erde ausgeht, sind nun ein populäres Thema. Von den neuen Geo-Touristen als auch von den An- wohnern der Region kommen viele Fragen: Insbeson- dere wollen sie wissen, ob das Vulkanfeld ausgestorben ist oder sich nur in einer Ruhephase befi ndet. Und falls weitere Ausbrüche möglich wären, folgen eine gan- ze Reihe weiterer Fragen: Wo wird es losgehen? Wie wird eine Eruption aussehen? Wird sie groß oder klein sein? Ist das Katastrophen-Szenario in dem Buch »Die Flucht der Ameisen«/1/ realistisch? Die Eifel lässt sich in zwei kleinere Gebiete aufteilen: die Ost-Eifel rund um den Laacher See und die West- Eifel, die sich von der belgischen Grenze circa 50 Ki- lometer bis fast ins Moselletal im Südosten ausstreckt. Geowissenschaftler haben etwa 100 vulkanische Zent- ren in der Ost-Eifel und 250 Zentren in der West-Eifel identifi ziert./2/ 1 Die letzte vulkanische Aktivität in der Ost-Eifel war vor 12 900 Jahren. Damals gab es eine riesige Eruption, die den Laacher See gebildet hat. In der West-Eifel ist das Ulmener , östlich von Gerol- 1 Die Maare in der Vulkaneifel sehen an der Oberfl äche ruhig aus. Hier die Dauner stein, mit zirka 11 000 Jahren sogar noch jünger. Diese Maare: Gemündener Maar im Vordergrund, Weinfelder Maar und Schalkenmehrener Maar. In der Tiefe ist die Temperatur erhöht, was zu Magmabildung und weiterem rezente (aktive) Phase von Vulkanismus fing bereits Vulkanismus führen könnte. Geophysikalische Beobachtungen lassen vermuten, dass vor etwa 700 000 Jahren an, und seitdem gab es ohne das Eifelvulkanfeld noch lebendig ist und sich gegenwärtig nur in einer Ruhephase Zweifel mehrere Ruhephasen von Tausenden von Jah- befi ndet. Doch bis zum nächsten Ausbruch könnten noch einige Tausend Jahre ins ren./2/ Aus geophysikalischen Untersuchungen wissen Land gehen. wir, dass die Temperatur in der Tiefe erhöht ist. Das könnte auch heute zu Magmabildung und weiterem tierenden Vulkanen können wir viel über das wahr- von Alan B. Vulkanismus führen./3/ Des Weiteren sprudeln aus der scheinliche Verhalten von zukünftigen Ausbrüchen ler- Woodland und Tiefe des Laacher Sees Gase, deren isotopische Zusam- nen. Manche Vulkanzentren weisen nur eine einzelne Cliff S. J. Shaw mensetzung ihren Ursprung aus dem Erdmantel belegt. kurzlebige Eruptionsphase auf. Andere haben mehrere Sie kommen also aus dem Quellgebiet für Magmen./4/ Eruptionsphasen und ein längeres Leben gehabt und Anhand dieser Beobachtungen ist zu vermuten, dass bilden sogenannte »Vulkankomplexe«. Ein Ziel unse- das Eifelvulkanfeld noch lebendig ist und sich heute rer Forschung in der Eifel ist es, die zeitliche Entwick- nur in einer Ruhephase befi ndet. Wie lange die Ruhe lung von Vulkankomplexen zu dokumentieren. Diese noch herrscht, ist eine Frage, die niemand genau be- Untersuchungen liefern uns wichtige Informationen antworten kann! über die Dynamik des Magma-Liefersystems in der Tie- fe. Der Rockeskyller Kopf, ein paar Kilometer nördlich Besuch aus den Tiefen des Erdmantels von , ist einer der größten Vulkankomple- Wie und wann ein Vulkan letztendlich ausbricht, xe in der West-Eifel und ist aufgrund der zahlreichen hängt von vielen Faktoren ab. Neben den physikali- Steinbrüche für unsere Forschung gut geeignet. schen und chemischen Eigenschaften eines Magmas Der Vulkankomplex Rockeskyller Kopf hat sich spielen äußere Faktoren wie das Vorhandensein von über drei Ausbruchsphasen gebildet. Die ersten vul- Wasser oder die Nähe zur Erdoberfl äche eine entschei- kanischen Ablagerungen sind Pyroklastika. Das sind dende Rolle. Es kann zum Beispiel ein Schlackenkegel Auswürfe des Vulkans bei einer explosiven Erupti- oder ein Maar entstehen [siehe »Maare und Schla- on. Sie sind reich an Nebengesteinsfragmenten un- ckenkegel«, Seite 81]. Das Liefersystem in der Tiefe ist terschiedlicher Größe und weisen auf eine Serie von ebenfalls von Bedeutung, weil es steuert, wie viel Mag- explosiven Eruptionen mit Maar-Charakter hin 2. In ma nach oben befördert wird und wie schnell dieser diesen Schichten findet man auch sogenannte »Oli- Prozess abläuft. Aus der Eruptionsgeschichte von exis- vinbomben«, die aus mehr als 30 Kilometern Tiefe aus

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in einer Glimmerprobe. Gröbere Kristallfragmente der gleichen Mineralien treten auch in bestimmten Abla- gerungsschichten auf. Bei einem ein Zentimeter großen Kristall dunklen Glimmers ergab sich ein Alter von circa 640 000 Jahren. Er ist damit deutlich älter als die feine- ren Glimmerkristalle aus der . Offenbar gab es ein früheres Stadium von Magmabewegung unter dem Ro- ckeskyller Kopf, das in der Tiefe durch Kristallisation ste- cken geblieben ist. Erst etwa 160 000 Jahre später kam es zum vulkanischen Ausbruch auf die Erdoberfl äche.

Ausbrüche unterschiedlicher Stärke Die Dauer dieser ersten Ausbruchsphase lässt sich nicht genau bestimmen. Jedoch lassen sich mehrere Zeiträume nachweisen, in denen die vulkanische Ak- tivität zur Ruhe kam. In dieser Zeit wurden die Abla- gerungen teilweise abgetragen (erodiert). 4 Nach einer längeren Ruhephase entstand ein neues Ausbruchs- zentrum circa einen Kilometer südwestlich. Dies sig- nalisiert den Beginn einer zweiten Eruptionsphase. Die Ablagerungen dieser Phase bestehen vor allem aus Schlacke, die viel weniger Nebengesteinsfragmente ent- 2 Zeugen der dem Erdmantel kommen 3. Diese Fremdkörper oder hält, was für einen anderen Charakter des Ausbruchs ersten vulkani- Xenolithe hat das aufsteigende Magma von der Kanal- spricht. Im Gelände fi nden sich Hinweise auf weniger schen Aktivität im wand abgerissen und bis zur Oberfl äche mitgeschleppt. explosive Spalteruptionen und kleinere Lavabrunnen. Vulkankomplex Solche Vorkommen sind ein Beweis dafür, dass das Nach dieser Phase kam eine längere Unterbrechung, Ro cke skyller Kopf sind diese Schich- Magma auch vom Erdmantel stammt und durch par- während der auf den vulkanischen Ablagerungen ein ten von Pyroklasti- tielles Aufschmelzen von Mantelgesteinen entstanden Wald gewachsen ist. Die Nadelbäume in diesem Wald ka oder Tephra, die ist. Solche Funde sind auch ein Hinweis dafür, dass das haben einen Durchmesser von 25 bis 30 Zentimetern vor etwa 480 000 Magma direkt aus dem Mantel gekommen sein muss erreicht. 5 Die dritte und letzte Ausbruchphase er- Jahren aus dem und sich nicht lang in einer Kammer in der Erdkrus- eignete sich auf der Südseite des von Phase zwei ent- Erdinneren an die te aufgehalten haben kann. Denn Xenolithe lösen sich standenen Vulkans und vernichtete den Wald in der Oberfl äche ge- in weniger als ein paar Tagen im umgebenden Magma unmittelbaren Nähe. Diese neue Eruption führte zur schleudert wurden. auf, da zwischen beiden kein chemisches Gleichge- Bildung eines Schlackenkegels. 6 Diese Phase endete wicht besteht. Diese chemische Wechselwirkung un- damit, dass der Krater sich mit Schlacke und einem tersuchen wir im Millimetermaßstab im Labor, um die Lavastrom füllte, der zuvor im Krater gestaut und auf Kontaktzeit (und Abschätzung der Aufstiegsdauer des eine Mächtigkeit von 15 Metern angewachsen war. Magmas) eingrenzen zu können. Obwohl keine »Olivinbomben« in den Ablagerun- Auf dem Weg nach oben fängt das Mag- gen der zweiten und dritten Ausbruchsphasen ge- ma zu kristallisieren an. In den Ablagerun- funden wurden, kann man anhand der chemischen gen findet man Pyroxen-Kristalle (ein Zusammensetzung der Laven schließen, dass diese Kalzium-Eisen-Magnesium-Silikat) und Magmen auch aus dem Erdmantel stammen und mehr dunklen Glimmer (Biotit). Prof. Jens oder weniger schnell zur Oberfl äche befördert wurden. Hopp, ein Kollege von der Universität Das Fehlen von Xenolithen ist möglicherweise darauf Heidelberg, hat ein Kristallisationsalter zurückzuführen, dass die Wände der Förderkanäle in von etwa 480 000 Jahren bestimmt. der Tiefe bereits mit kristallisiertem Magma abgedeckt Zugrunde liegt die sorgfältige Analyse waren oder dass das Magma langsam genug aufstiegt, der Argon-Isotopenzusammensetzung um die Bruchstücke vollständig aufl ösen zu können.

3 »Olivinbomben« sind Gesteine, die vom auf- Ereignis 1-2 steigenden Magma von der Ereignis 1-3 Kanalwand abgerissen und aus mehr als 30 Kilometern Ereignis 1-3 Tiefe mitgeschleppt werden. Sie sind häufi g zu fi nden, wenn der Magmastrom sich mit großer Geschwindigkeit nach oben bewegt. In langsamen Magma- strömen lösen sich Gesteine des Erd- Ereignis 1-1 mantels auf.

4 Dort, wo früher und anders Bau- material abgebaut wurden, erforschen Ereignis 1-1 Mineralogen jetzt die Entstehungsge- schichte der Vulkaneifel. Eingezeichnet sind die Orte, an denen nacheinander Vulkanausbrüche stattfanden.

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Maare und Schlackenkegel

ie Wechselwirkung zwischen steigendem DMagma und dem Grundwasser kann zu gro- ßen Dampfexplosionen führen. Dabei zersplittert das Nebengestein, und Brocken unterschiedlicher Größe werden in die Luft geschleudert. Es bildet sich ein Maar; eine trichterförmige Struktur mit einer umgebenden Wand aus Auswurfprodukten, die als Pyroklastika oder Tephra bezeichnet wer- den. Die Lavamenge in solchen Ablagerungen ist sehr variabel. Häufi g entsteht ein runder See in der Mitte, der recht tief sein kann. 1 Ein Schlackenkegel entsteht durch das Aus- werfen von Magmafetzen, die in der Luft schnell abgekühlt werden. Die abgelagerten Lavapartikel unterschiedlicher Korngrößen bilden schichtweise eine kegelförmige Struktur. 6 Im Vergleich zu ei- nem Maar sind solche Ausbrüche weniger explo- siv, und die daraus resultierenden Ablagerungen enthalten in der Regel nur geringe Mengen an Nebengesteinsfragmenten.

Die vulkanischen Ablagerungen vom Rockeskyller 6 Schlackenkegel, wie hier am Rockeskyller Kopf, entstehen Kopf belegen eine lang währende Ausbruchgeschichte, durch das wiederholte Auswerfen von Magmafetzen mit teil- die sich über mehrere Jahrhunderte, wenn nicht Jahr- weise bizarren Formen, die sich schichtweise ablagern und tausende, hinzog. Die Anfangsphase war explosiv und eine kegelförmige Struktur bilden. Im Vergleich zu einem Maar sind solche Ausbrüche weniger explosiv. meist zerstörerisch. Dies ist auf die Wechselwirkung mit dem Grundwasser in der Nähe der Erdoberfl äche Die Autoren Literatur zurückzuführen. Die späteren Ausbruchsphasen waren /1/ im Allgemeinen ruhiger und wahrscheinlich nur von Prof. Dr. B. Alan Woodland, 49, studierte Geowissenschaften Schreiber, U. C. (2006) Die Flucht lokaler Bedeutung. Wenn die Aktivität in der Vulkan- an der University of Illinois und der University of Oregon in den USA. 1989 promovierte er in den Geowissenschaften der Ameisen Shayol, eifel weiter anhält, wird dies einen starken Einfluss an der Northwestern University, Evanston, Illinois. Nach Berlin. Seite 360f. auf die Region haben, auch auf den Geo-Tourismus! zwei kürzeren Forschungsaufenthalten in Clermont-Ferrand, Berücksichtigt man die Altersverteilung der Vulkane, Frankreich, kam er als Alexander-von-Humboldt-Stipendiat /2/ Schmincke, wird der nächste Ausbruch wahrscheinlich irgendwo nach Deutschland an das Bayerische Geoinstitut in Bay- H.-U. (2004) in der Südost-Hälfte des Vulkanfelds stattfi nden. Aber reuth. Er war wissenschaftlicher Angestellter am Mineralogi- Volcanism Sprin- es kann noch mehrere Tausend Jahre dauern, bis wir schen Institut der Universität Heidelberg, wo er sich 1997 ger-Verlag, Heidel- berg. Seite 324 f. so weit sind. ◆ habilitierte. Nach einem Jahr als Assistant Professor für Mineralogie an der University of Alberta, Kanada, erhielte er einen Ruf nach Frankfurt. Seit Herbst 2001 ist er Professor /3/ Ritter, J. R. R. für physikalisch-chemische Mineralogie am Institut für Geo- (2007) The seismic 5 Nach der zweiten Ausbruchsphase kamen die Vulkane für wissenschaften. signature of the längere Zeit zur Ruhe. Das lässt sich aus diesen Funden von Seine Forschungsschwerpunkte sind: kristallchemische Eifel plume In: Ashfl owtuff mit Abdrücken von Baumästen schließen. Offen- Eigenschaften von eisenhaltigen Mineralien bei sehr hohen Ritter, J. R. R. und bar wuchs auf den vulkanischen Ablagerungen ein Nadelwald, Drücken und Temperaturen, chemische und physikalische Christensen, U. R. dessen Stämme einen Durchmesser von 25 bis 30 Zentime- Vorgänge in der tiefen Erde und die Entstehung von Mag- (Eds.) Mantle Plu- tern erreichten. men, die Untersuchung magmatischer Systeme und Vulka- mes – A Multidisci- nologie. plinary Approach Springer-Verlag, Prof. Dr. Cliff S. J. Shaw, 41, studierte Geowissenschaften Berlin, Seite 501f. an der University of London. Nach seiner Promotion in den Geowissenschaften an der University of Western Ontario, /4/ Aeschbach- Kanada, 1994, war er fünf Jahre lang in Deutschland Hertig, A., Kipfer, als Postdoktorand am Bayerischen Geoinstitut, Bayreuth, R., Hofer, M., und an der Universität Göttingen. 2002 kehrte er zurück Imboden, D. M., nach Kanada. Er folgte einem Ruf auf eine Professur für Wieler, R., Si- Petrologie am Department of Geology, University of New gner, P. (1996) Brunswick. Zurzeit ist er DFG-Mercator-Gastprofessor am Quantifi cati on of gas Institut für Geowissenschaften der Goethe-Universität. Sei- fl uxes from the sub- ne Forschungsschwerpunkte sind: Wechselwirkungen zwi- continental mantle: schen Mineralen und Magmen sowohl in der Natur als auch The example of im Experiment, die Dynamik von magmatischen Systemen Laacher See, a maar sowie die Petrologie des Erdmantels. lake in Germany Geochimica Cos- [email protected] mochimica Acta, http://www.geopark-vulkaneifel.de/ngpve/index.php 60, Seite 31 – 41.

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