Deutsche Kolonialkartographie

1884-1919

Dissertation

von

Rudolf Hafeneder

II

Deutsche Kolonialkartographie

1884 - 1919

von

Rudolf Hafeneder

D i s s e r t a t i o n zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Ingenieurwissenschaften (Dr.-Ing.) eingereicht bei der Fakultät für Bauingenieur- und Vermessungswesen der Universität der Bundeswehr München am 23. Januar 2008

Promotionsausschuss: Vorsitzender: Univ.-Prof. Dr.-Ing. W. Reinhardt 1. Berichterstatter: Univ.-Prof. Dr.-Ing. K. Brunner 2. Berichterstatter: Univ.-Prof. i.R. Dr.-Ing. A. Schödlbauer

Tag der Prüfung: 13. Juni 2008

III

Vorwort

Hundert Jahre nach dem Eintritt Deutschlands in den Kreis der Kolonialmächte erschien es einigen Autoren angemessen, eine Bestandsaufnahme der deutschen Kolonialzeit vorzuneh- men, z.B. Karlheinz Graudenz (1984), Werner Haupt (1984), Francesca Schinzinger (1984), Hans Georg Steltzer (1984), Wilfried Westphal (1984) und vor allem Horst Gründer (1985), der während seiner Tätigkeit als Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Univer- sität Münster auch in der Kolonialgeschichte geforscht und publiziert hat. Auch einzelne Ge- samtdarstellungen von Fachgebieten wurden seit dem Verlust der Kolonien publiziert, z.B. „Das deutsche Telegraphen-, Fernsprech- und Funkwesen 1899-1924“ des Reichspostministe- riums von 1925. Die Entwicklung der Kolonialkartographie aller deutschen Kolonien von 1884 bis zum Ersten Weltkrieg hat aber bisher weder ein Historiker noch ein kartographischer Experte umfassend dargestellt. Wichtige Beiträge stammen aus der Feder der zeitgenössi- schen Autoren Richard Kiepert (1897), Paul Sprigade/Max Moisel (1914) und Erich Obst (1921) sowie von Wolfgang Pillewizer (Deutsch-Ostafrika: 1941) und Richard Finsterwalder/ E. Hueber (Afrika-Handbuch: 1943). Negative Assoziationen zum „Kolonial“-Thema haben in den letzten fünfzig Jahren offen- sichtlich das Erforschen der Geschichte der deutschen Kolonialkartographie verhindert; ein- zelne Beiträge sind in neuerer Zeit Kurt Brunner, Imre Josef Demhardt, Oskar Albrecht und Jana Moser zu verdanken.

Die umfangreiche Literatur dieser Zeitperiode vom Beginn der deutschen Kolonialzeit (1884) bis zum Ende aller Kolonialträume (1945), die man auf der Suche nach den Spuren der Trigo- nometer, Topographen und Kartographen auszuwerten hat, ist geprägt durch die Neugier und den Eifer der Entdecker, Forscher und Sammler, aber auch durch − den Kolonialenthusiasmus der Autoren, die in dieser Zeit lebten und für die koloniale Idee kämpften, − die Enttäuschung über den Verlust der Kolonien nach dem Ersten Weltkrieg und das Be- streben, die Heldentaten „unserer großen Afrikaner“ zu präsentieren, − die nationalsozialistische Propaganda des Dritten Reichs, die sich das Zurückgewinnen der Kolonien auf die Fahnen geschrieben hat, − marxistisch-leninistische Parolen in der DDR-Literatur (bis 1990), mit denen nach dem Zweiten Weltkrieg der Imperialismus des Kaiserreichs (1871-1918) und dessen Schatten- seiten an den Pranger gestellt werden sollten.

Diese emotional geprägte Grundeinstellung vieler Autoren ist zu berücksichtigen, wenn man aus deren Publikationen die historisch gesicherten Fakten herausarbeiten will. Mit den Schat- ten der Kolonialzeit, den Kolonialskandalen, wird man in der Fachliteratur nicht konfrontiert.

Angesichts der Fülle der Literatur, die während und kurz nach der Kolonialzeit verfasst wor- den ist, waren zunächst diejenigen Zeitschriften-Jahrgänge (1880-1930) auszuwerten, in de- nen man auf fachliche Beiträge stoßen konnte, z.B.: − Geographische Zeitschriften wie „Petermanns Mitteilungen“, „Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin“, „Geographische Zeitschrift“, „Deutsche Rundschau für Geogra- phie und Statistik“. − Geodätische Zeitschriften wie „Allgemeine Vermessungs-Nachrichten“, „Zeitschrift für Vermessungswesen“, „Zeitschrift des R