Ausstellungen Und Tagungen Mit Kolonialem Hintergrund in Wien 1939/1940
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AUSSTELLUNGEN UND TAGUNGEN MIT KOLONIALEM HINTERGRUND IN WIEN 1939/1940 AFRIKANER/INNEN UND AFRIKAVORSTELLUNGEN IN ÖSTERREICH IN DER NEUZEIT 712 749 Seminar für österreichische Geschichte Univ.-Doz. Dr. Walter Sauer Universität Wien vorgelegt von: Mag. Ingrid Oppenauer Wintersemester 2002/2003 Nachwort vom November 2015 INHALT EINLEITUNG ........................................................................................................................... 3 DER DEUTSCHE KOLONIALREVISIONISMUS ................................................................ 5 Exkurs: Der Reichskolonialbund ........................................................................................... 8 DIE REICHSTAGUNG DES REICHSKOLONIALBUNDES IN WIEN VOM 16. BIS 19. MAI ........................................................................................... 13 Exkurs: „Kolonialfrage und Rassengedanke“ ...................................................................... 21 DIE DEUTSCHE KOLONIALAUSSTELLUNG DES REICHSKOLONIALBUNDES IN DER NEUEN BURG IN WIEN (1940) ..................................................................................................................... 26 SONDERSCHAU „OSTMARKDEUTSCHE ALS FORSCHER UND SAMMLER IN UNSEREN KOLONIEN“ (1939 / 1940)....................................................... 31 Exkurs: Die „Ostmarkafrikaforscher“................................................................................... 32 SCHLUSSBEMERKUNGEN ................................................................................................ 40 ABKÜRZUNGEN................................................................................................................... 41 QUELLEN UND LITERATUR ..............................................................................................42 NACHWORT ......................................................................................................................... 46 ANHANG: ABBILDUNGEN ................................................................................................ 48 2 EINLEITUNG „Uns Ostmarkdeutschen liegt koloniales Verständnis sozusagen im Blute. Waren es doch unsere Vorfahren, die sich von ihrem im Westen gelegenen Heimatboden loslösten, ostwärts zogen und die Kolonisation der Ostmark bewerkstelligten. Immer und immer wieder zog es Ostmarkdeutsche hinaus in ferne Länder. Es sei nur an die kolonisatorischen Bestrebungen Österreichs in Ostindien im 18. Jahrhundert erinnert.“1 Dr. Rudolf Amon, Gauverbandsleiter des Reichskolonialbundes Wien, eröffnete mit diesen programmatischen Worten den Führer zur Deutschen Kolonialausstellung in der Wiener Hofburg im Jahre 1940. Zweck dieser Ausstellung war es, die Forderung Deutschlands nach Rückgabe seiner ehemaligen Kolonien zu unterstreichen und dem Wiener Publikum die Kolonialgebiete näher vorzustellen. Dazu gehörten neben Gebieten in Asien die afrikanischen Länder Deutsch-Ostafrika (heute Tansania), Deutsch-Südwestafrika (heute Namibia), Kamerun und Togo. Die Wiener Schau war nur eine von vielen, die zwischen 1896 und 1940 in den verschie- densten Städten Deutschlands stattfanden.2 Die Ausstellungen dienten Propagandazwecken für die deutsche Kolonialbewegung und haben das Bild von Afrika und den AfrikanerInnen im gesamten Großdeutschen Reich nicht unwesentlich geprägt. Ursprünglich war die Veranstaltung in Wien schon für den Zeitraum vom 6. Mai bis 4. Juni 1939 im Wiener Messepalast geplant gewesen.3 Im Archiv des Museums für Völkerkunde befindet sich ein Manuskript4 des Gauverbandes Wien des Reichskolonialbundes mit einem Vorentwurf. Angestrebt wurde, „einen umfassenden Überblick über die deutschen kolonialen Leistungen zu geben und die Notwendigkeit eigenen deutschen Kolonialbesitzes sowie die Bedeutung von Kolonien für das Mutterland zu veranschaulichen.“5 Zum Leidwesen der Wiener Kolonialbündler war die Ausstellung kurzfristig nach Dresden verlegt worden.6 Erst im Jahre 1940 konnte dieser „Markstein in der kolonialen Aufklärungsarbeit in Wien“7 in der 1 DEUTSCHE KOLONIALAUSSTELLUNG des Reichskolonialbundes in der Neuen Burg in Wien (Wien 1940) 7. 2 ARNOLD Stefan, Propaganda mit Menschen aus Übersee – Kolonialausstellungen in Deutschland, 1896 bis 1940. In: DEBUSMANN Robert / RIESZ Janos (Hg.), Kolonialausstellungen – Begegnungen mit Afrika? (Frankfurt 1995) 1 – 24, hier: 1. Im oben genannten Zeitraum fanden in Deutschland circa 50 Kolonialausstellungen statt. 3 ARCHIV DES MUSEUMS FÜR VÖLKERKUNDE, Direktionsakten 39/45b. Ich möchte mich an dieser Stelle bei Frau Dr. Margit Krpata, Archivarin am Museum für Völkerkunde, für ihre Unterstützung beim Finden und Kopieren von Akten herzlich bedanken. 4 Ebd. 39/45a – u. 5 Ebd. 39/45b. 6 Ebd. 39/437a. 7 DEUTSCHE KOLONIALAUSSTELLUNG 7. 3 Hofburg eröffnet werden. Vergleicht man allerdings den Führer8 durch die Schau mit dem geplanten Konzept, stellt man eine thematische Schwerpunkverlegung und eine Verkürzung – wahrscheinlich auch eine Folge des Krieges – fest. Diese für 1939 geplante Ausstellung hätte eine in Wien vom 15. bis 18. Mai 1939 stattfindende Tagung des Reichskolonialbundes umrahmen und begleiten sollen. Wahr- scheinlich als Ersatz dafür wurde im Dezember 1939 im Naturhistorischen Museum in Wien statt einer ursprünglich geplanten Polenausstellung9 eine Sonderschau mit dem Titel Ostmarkdeutsche als Forscher und Sammler in unseren Kolonien eröffnet. Offizieller Anlass war die Fünfzigjahrfeier des Naturhistorischen Museums in Wien. Der nationalsozialistische Direktor des Naturhistorischen Museums Hans Kummerlöwe schreibt in seinen Geleitworten: Die Schau „will und kann keine Kolonialausstellung im Sinne großer Maßstäbe und Leistun- gen sein. Wohl aber will sie auf engem Raume den Nachweis liefern, daß am bisherigen deutschen Kolonialschaffen vor und nach dem Weltkriege die Ostmark sehr erheblich Anteil hat, und daß sie auch auf diesem Gebiete durch die Tat der gesamtdeutschen Einheit gedient hat.“10 Meine Seminararbeit setzt sich mit diesen beiden Ausstellungen und der damit zusammen- hängenden Tagung des Reichskolonialbundes in Wien auseinander. Ich möchte das Bild von Afrika und den AfrikanerInnen, das diese drei Veranstaltungen präsentieren, untersuchen. Um die zeitgeschichtlichen Hintergründe besser verstehen und erfassen zu können, werde ich mich davor mit der Kolonialgeschichte Deutschlands, besonders mit der Entwicklung des Kolonialrevisionismus zwischen den Weltkriegen, und mit dem offiziellen Träger dieser revisionistischen Kolonialpolitik der Nationalsozialisten, dem Reichskolonialbund be- schäftigen. Meine Arbeit gliedert sich daher in zwei Teile. Teil eins besteht in einer kurzen Darstellung des deutschen Kolonialrevisionismus und des Reichskolonialbundes. Im zweiten Teil möchte ich auf die drei Veranstaltungen und das von ihnen transportierte Afrikabild näher eingehen. Neben verschiedenen Bibliotheken in Wien habe ich das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, das Österreichisches Staatsarchiv, das Wiener Stadt- und Landesarchiv und das Archiv des Wiener Museums für Völkerkunde benutzt. 8 DEUTSCHE KOLONIALAUSSTELLUNG des Reichskolonialbundes in der Neuen Burg in Wien (Wien 1940). 9 TESCHLER – NICOLA Maria / BERNER Margit, Die Anthropologische Abteilung des Naturhistorischen Museums in der NS – Zeit. Berichte und Dokumentation von Forschungs– und Sammlungsaktivitäten 1938 – 1945 (Wien 1998). In: www.nhm-wien.ac.at/NHM/Anthro/pdf_rtf/senatsber.pdf 10 FÜHRER durch die Sonderschau „Ostmarkdeutsche als Forscher und Sammler in unseren Kolonien.“ Ein Anteil der Ostmark an der Erforschung und Erschließung der deutschen Kolonialgebiete (Wien o. J.) 3. 4 DER DEUTSCHE KOLONIALREVISIONISMUS „Der Caprivi-Zipfel, der Bismarck-Archipel, die Lüderitzbucht – ein paar geographische Namen, das ist alles, was auf den Landkarten noch an das deutsche Kolonialreich erinnert.“11 Im Vergleich zum Kolonialbesitz der Engländer, Franzosen und Portugiesen war das deutsche Kolonialreich klein, unbedeutend und von kurzer Dauer. 35 Jahre lang – von 1884 bis 1919 – war Deutschland im Besitz der Kolonien Deutsch-Südwestafrika, Togo, Kamerun, Deutsch- Ostafrika, Kiautschou und einiger Inseln in der Südsee. In deutscher Diktion handelte es sich dabei nicht um Kolonien sondern um Schutzgebiete. Damit wollte man behaupten, dass es Deutschland im Gegensatz zu allen anderen Kolonialmächten nicht um die Ausbeutung, sondern um den Schutz der überseeischen Gebiete und deren EinwohnerInnen ging. Die zeitliche „Verspätung“ des deutschen Kolonialismus erklärt Uwe Timm12 einerseits mit der territorialen Zersplitterung Deutschlands und andererseits mit dem Fehlen einer Flotte. Schon bald nach Anbruch des Ersten Weltkrieges verlor Deutschland seine Kolonien: Togo, Kiautschou und die Südseeinseln 1914, Deutsch–Südwestafrika 1915, Kamerun 1916. Nur in Deutsch–Ostafrika leisteten die deutschen Schutztruppen unter ihrem Kommandeur Paul von Lettow-Vorbeck bis 1918 Widerstand. Dieser Verlust bedeutete aber nicht, dass die Kolonien aus dem Blickfeld der deutschen Politik und der öffentlichen Diskussion verschwanden. Ganz im Gegenteil, es setzte ein „Kolonialismus ohne Kolonien“13 noch während des Krieges ein. Man träumte den alten Traum von einem Deutsch-Mittelafrika,14 das nicht nur Kamerun, den französischen Kongo und Deutsch-Ostafrika zusammenschließen, sondern auch durch eine Vereinbarung über Belgisch-Kongo und Portugiesisch-Angola Deutsch-Südwestafrika mit diesem deutschen mittelafrikanischen Großreich von Ozean zu Ozean verbinden sollte. Selbst nach der militärischen