SWR2 Musikstunde

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SWR2 Musikstunde SWR2 MANUSKRIPT SWR2 Musikstunde Das Verlagshaus Simrock Vom Wein- und Musikalienhandel zum Global Player (3) Mit Jan Ritterstaedt Sendung: Mittwoch, 05. April 2017 Redaktion: Bettina Winkler Produktion: SWR 2017 Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. Service: SWR2 Musikstunde können Sie auch als Live-Stream hören im SWR2 Webradio unter www.swr2.de Kennen Sie schon das Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert. Jetzt anmelden unter 07221/300 200 oder swr2.de SWR2 Musikstunde vom 03.04. bis 07.04.2017 Mittwoch, 05. April 2017 Mit Jan Ritterstaedt Das Verlagshaus Simrock Vom Wein- und Musikalienhandel zum Global Player (3) Signet Heute mit Jan Ritterstaedt. Herzlich willkommen! In dieser Woche geht es bei uns um die wechselvolle Geschichte des Verlagshauses Simrock und seiner vielfältigen Beziehungen zu verschiedenen Komponisten. Gestern hat uns Ludwig van Beethoven gezeigt, dass man einen Verleger besser nicht hintergehen und zu lange hinhalten sollte. In der heutigen Musikstunde stehen zunächst harmonische Töne an - ehe es dann wieder kracht im Gebälk zwischen Verleger und Komponist Indikativ Der Musikverlag von Nikolaus Simrock erlebte im Jahr 1832 seinen ersten Generationswechsel: sein zweitältester Sohn Peter Joseph übernahm direkt nach dem Tod des Vaters die Leitung des Bonner Verlages. Sein älterer Bruder Joseph hatte sich da bereits durch seinen "offenen Lebensstil", wie es heißt, und seine sehr stark ausgeprägte Künstlernatur für diesen Job disqualifiziert. Der damals 40-jährige Peter Joseph hatte dagegen schon 1812 einen eigenen Musikalienhandel in Köln eröffnet und war natürlich vom Vater intensiv im eigenen Betrieb ausgebildet worden. Ihm sagt man ein lebhaftes Temperament, aber auch eine gewisse Verschlossenheit gegenüber anderen nach. Dennoch gelang es ihm praktisch nahtlos an den Vater anzuknüpfen und gleich eine wichtige Beziehung zu intensivieren: die zu Felix Mendelssohn Bartholdy. Schon ein Jahr vor dem Generationswechsel hatten beide sich persönlich kennen gelernt und dabei verabredet, dass der Verlag Simrock drei Kirchenmusiken für Chor- und Solostimmen mit Orgel Opus 23 herausbringen sollte. Dem folgt bald Weiteres: am 23. Januar 1832 bietet Felix Mendelssohn Bartholdy dem Verlag Simrock zur Publikation an (ich zitiere aus einem Brief des Komponisten): ein Quintett für Streichinstrumente (2 Violinen, 2 Bratschen und Baß) in Stimmen und (wenn Sie wollen) 4händig arrangirt, ferner ein Heft von sieben oder acht Stücken für Klavier allein unter dem Titel Romanzen für's Pianoforte Hinter diesen "Romanzen" verbirgt sich nichts Geringeres als das erste Heft der berühmten "Lieder ohne Worte". Musik3.1 Felix Mendelssohn Bartholdy Sechs Lieder ohne Worte op. 19b MWV SD 5 1. Andante con moto Matthias Kirschnereit, Klavier Berlin classics 0300639BC, LC 06203 3'16'' Lieder ohne Worte - rein instrumentale Charakterstücke für das Klavier nach Art eines Liedes - mit dieser zutiefst romantischen Gattung hat Felix Mendelssohn Bartholdy ein Stück Musikgeschichte geschrieben. Gleichzeitig gelang damit dem frisch gebackenen Verleger Peter Joseph Simrock ein echter Coup: 12 Louis d'Or hatte der Komponist für das Werk bekommen, eingenommen hat der Verleger ein Vielfaches davon. Die Kunden rissen sich um die Lieder ohne Worte und auch die weiteren Hefte davon, zu denen sich der Komponist immer wieder angespornt gefühlt hat. In diesem Zusammenhang kommt es sogar zu etwas gar nicht Alltäglichem im Geschäftsleben zwischen Verleger und Komponist: Peter Joseph Simrock zahlt Mendesslohn Bartholdy freiwillig ein Extra-Honorar von 1000 Talern. Natürlich fühlt sich der so Geehrte besonders geschmeichelt und antwortet postwendend im Stile eines echten Gentleman: Indem ich hiermit wieder unsere Korrespondenz anfange, muß ich ihnen vor allem noch einmal danken für die große Freundlichkeit, die sie mir in Cöln erwiesen haben. Es ist das erste Mal, daß mir ein Verleger seine Zufriedenheit mit dem Erfolg meiner Kompositionen bezeigt, und diese Sache an sich würde mich schon aufs lebhafteste erfreut haben; umso mehr aber die freundliche und ausgezeichnete Art, mit der Sie mir diese Zufriedenheit ausgesprochen, und für die ich Ihnen immer verbunden bleiben werde. Diese Zeilen sind weit mehr als bloße Höflichkeit: Mendelssohn Bartholdy hat Wort gehalten und blieb dem Verleger Peter Joseph Simrock auch weiterhin treu, was die Erstausgabe seiner Werke im deutschsprachigen Raum anbelangt. Darunter findet sich neben einer Klavierfantasie auch die Vertonung des 115. Psalms, eine groß angelegte Komposition für Chor und Orchester. Musik3.2 Felix Mendelssohn Bartholdy Der 115. Psalm op. 31 MWV A 9 1. Nicht unserm Namen, Herr La Chapelle Royale Collegium Vocale Ensemble Orchestral de Paris Ltg. Philippe Herreweghe Harmonia mundi HMC 901272, LC 07045 4'58'' Ein ganz besonderer Vertrauensbeweis Mendelssohn Bartholdys gegenüber dem Verleger Peter Joseph Simrock war die Herausgabe der zwei großen Oratorien des Komponisten: Paulus und Elias. Ein solch üppig besetztes und abendfüllendes Werk war natürlich für den Verlag eine echte Herausforderung: musste er doch jede Solo- Gesangsstimme, jede Chorstimme, jede Orchesterstimme einzeln stechen lassen - und das teilweise noch während das Werk gerade seine erste Probenphase durchlief. Natürlich kam es dabei immer wieder zu Korrekturen und Anpassungen, im Fall des Elias sogar zur Neukomposition einzelner Nummern nach der Uraufführung. Die fand am 26. August 1846 auf dem Musikfestival in Birmingham statt. Die erste deutschsprachige Aufführung erfolgte dann ziemlich genau ein Jahr später in Köln. Solche Termine waren für die Verleger immer außerordentlich wichtig. Denn spätestens dann sollten die Partitur und das gedruckte Aufführungsmaterial fertig und gleichzeitig auch in den Musikalienhandlungen am Uraufführungsort erhältlich sein. Die zahlreiche Gesangsvereine der Zeit sollten das Werk schließlich möglichst bald nachsingen können. Dazu musste dann auch ein Klavierauszug angefertigt werden, ggf. auch noch Bearbeitungen für weitere Besetzungen für die Hausmusik. Das alles hat vom Timing her bei Mendelssohn Bartholdys Elias nicht ganz geklappt. Noch bis in den September 1847 hinein korrespondieren Peter Joseph Simrock und der Komponist in engem Abstand miteinander, werden die letzten Metronomangaben vereinheitlicht, kleine Ungenauigkeiten zwischen Partitur, Stimmen und Klavierauszug berichtigt. Dann ein letzter Brief von Mendelssohn Bartholdys Frau Cécile. Darin heißt es, dass ihr Mann wegen Krankheit vierzehn Tage ans Bett gefesselt gewesen sei. Er lasse noch ausrichten, dass die "Correctheit und Ausstattung" des Druckes ihm nichts zu wünschen übrig lässt. Dreizehn Tage nach diesem Brief stirbt der umtriebige Felix Mendelssohn Bartholdy an den Folgen mehrerer Schlaganfälle. Musik3.3 Felix Mendelssohn Bartholdy Elias op. 70 MWV A 25 Nr. 26 Es ist genug! Petteri Salomaa, Elias Orchestre des Champs Elysées Ltg. Philippe Herreweghe Harmonia mundi HMC 901463, LC 07045 5'58'' Der plötzliche Tod von Felix Mendelssohn Bartholdy hat auch seinen Freund und Kollegen Robert Schumann tief getroffen. Nicht zufällig erhielt der erste Sohn der Schumanns den Vornamen Felix. Kennen gelernt hatten sich beide Musiker im Jahr 1835 in Leipzig. In genau das gleiche Jahr fällt auch der erste Kontakt Schumanns zum Verlag Simrock in Bonn. Zufall? Vielleicht, aber Mendelssohn Bartholdy schätzte den Verleger ja sehr und könnte Schumann an Peter Joseph Simrock weiter vermittelt haben. Auf der anderen Seite war Schumann damals noch als Redakteur für seine Neue Zeitschrift für Musik tätig. Ab dem Jahr 1835 hatte er auch verstärkt Verlagsprodukte von Simrock besprochen. So ist es nicht verwunderlich, dass er ihm irgendwann auch eigene Werke ans Herz legen wollte. Interessanterweise bot der Komponist dem Bonner Verleger Simrock vorzugsweise "rheinische" Musikstücke an. Am 27. Mai 1842 schreibt Schumann aus Leipzig an Simrock: Hochverehrtester Herr, von meinen Liedern, die hier viel gesungen werden, wünschte ich, dass sie auch am Rhein bekannt würden. Vielleicht haben sie Lust, eines der angezeigten Hefte, oder beide, in Verlag zu nehmen, was mich freuen würde. Ich benutze die Gelegenheit mich ihrem freundlichen Andenken zu empfehlen und hoffe sie bald einmal, vielleicht noch diesen Herbst, am Rhein zu begrüssen. Hochachtungsvoll, ihr ergebener Dr. Robert Schumann Das Treffen am Rhein fand dann allerdings erst drei Jahre später statt. Dennoch griff der Verleger sofort zu und das Rheinland wurde mit drei wunderschönen, zweistimmigen Gesängen aus Schumanns Feder bedacht.: Wenn ich ein Vöglein wär, Herbstlied und Schön Blümlein. Mit ihren schönen Sopranstimmen beglücken uns Felicity Lott und Ann Murray, für den harmonischen Unterbau ist Pianist Graham Johnson zuständig. Musik3.4 Robert Schumann Drei Duette op. 43 1. Wenn ich ein Vöglein wär (aus Des Knaben Wunderhorn) 2. Herbstlied (Mahlmann) 3. Schön Blümlein (Reinick) Felicity Lott, Sopran Ann Murray, Sopran Graham Johnson, Klavier Hyperion CDJ33110, LC 07533 5'59'' Es sollte allerdings noch eine Weile dauern bis Peter Joseph Simrock diese
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