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Fachhochschul-Studiengang Immobilienwirtschaft

„Der Wandel von Sportstadien zu Unterhaltungs- und Wirtschaftszentren“

Verfasst von: Michael Wagenhofer

Betreut von: Mag. Arch. Walter Stelzhammer

Einreichdatum: 31. März 2006

Ich versichere:

• dass ich die Diplomarbeit selbständig verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und mich auch sonst keiner unerlaubten Hilfe bedient habe.

• dass ich dieses Diplomarbeitsthema bisher weder im In- noch im Ausland in irgendeiner Form als Prüfungsarbeit vorgelegt habe.

______i Datum Unterschrift

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Kurzfassung

Diese Arbeit hat das Ziel, den Wandel nachzuvollziehen, den Stadienbauten von ihrer ersten Blüte in der Antike bis zu heutigen, meist Arenen genannten, Unterhaltungs- und Shoppingzentren mit Sportbetrieb beschritten haben. Dazu werden sowohl historische Entwicklungen auf dem Gebiet der Sportbauten als auch heutige Anforderungen an Stadienbauten vergleichend analysiert. Im Kapitel 2 werden die beherrschenden Stadienbauten der griechischen und römischen Antike untersucht, sowie bisherige Definitionen von Stadien und Arenen zusammengetragen. Anschließend werden zwei einflussreiche Stadienprojekte aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, eingehend behandelt. Kapitel 3 widmet sich ausführlich der Finanzierung heutiger Stadienprojekte, basierend auf Projekten, die anlässlich der FIFA WM 2006 in Deutschland und der 2008 in der Schweiz und Österreich entstanden, und analysiert auch anhand der einschlägigen Literatur mögliche Finanzierungsvarianten sowie Einnahmenpotentiale von Stadienbauten. In Kapitel 4 wird, vergleichend eine Analyse des Stadienmarkts in den USA vorgenommen, um Unterschiede zur Situation im europäischen Sport aufzuzeigen. Anhand von Fallstudien werden im Kapitel 5 verschiedene Projekte der letzten zehn Jahre miteinander verglichen und analysiert, um die Entwicklungen des Stadienbaus nachvollziehen zu können.

Im Ausblick in Kapitel 6 werden die Ergebnisse der Untersuchungen nochmals zusammengefasst. Es zeigte sich vor allem, dass Stadien zunehmend nur als Teil von Freizeitparks und Erlebnislandschaften erfolgreich sein können, deren Angebot sich aus Sportveranstaltungen, Konzerten und Shows sowie Einkaufsmöglichkeiten und Dienstleistungen zusammensetzt. Reine Fußballstadien sind auf intensive Nutzung durch Businesskunden angewiesen, da Stadien ohne entsprechende Logeneinnahmen und Randnutzung nur durch ausreichende öffentliche Unterstützung zu finanzieren sind.

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Stichwörter

Stadion – Arena – Geschichte von Stadien – Stadionfinanzierung – Hospitality – Naming Rights – Randnutzung – US-Stadien – EURO 2008 – Fußball

Abstract

The aim of this research paper was to show the change that stadia have undertaken from their first period of significance in ancient Greece and Rome up to today's modern arena and multi purpose entertainment complexes. After the introduction, Chapter 2 deals with ancient types of stadia, as well as an analysis of common definitions of stadia, and puts a spotlight on two projects from the first half of the 20th century that have become synonymous with stadium buildings of the time, for various reasons. Chapter 3 focuses on the financing of stadia and the different ways, which communities, clubs and investors can raise the required amount of money. The earning potentials of modern arenas are also described and analyzed further. In the fourth chapter, US sports stadia are analyzed, to show historical and actual differences in and arenas in Europe and the USA. Chapter 5 deals with typical modern stadium projects that have all been built during the past 10 years. The stadia are introduced and analyzed in case studies that also deal critically with their chances of future economic success. The final chapter summarizes the results of this paper further, and offers an individual outlook to the future of sports facilities and stadium buildings. Modern Stadium buildings can be economically successful, if they are part of an entertainment complex that offers sports, shows, entertainment and shopping areas. Football-only-arenas have to rely heavily on income through corporate boxes and hospitality facilities, since without sufficient corporate revenue, they can only be financed through public means, which will lead to more basic, inexpensive stadiums.

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Keywords

Stadium Buildings/ Stadia – Arena – History of Stadia – Financing of Stadia – Hospitality – Luxury Boxes – Naming Rights – Additional commercial benefits - US- Stadia – EURO 2008 - Soccer

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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung...... 1 2. Die Geschichte von Stadien...... 3 2.1. Stadienbauten der Antike...... 3 2.1.1. Stadien...... 3 2.1.2. Hippodrome...... 6 2.1.3. Amphitheater...... 6 2.1.4. Das flavische Amphitheater - Kolosseum ...... 7 2.1.5. Circusse...... 9 2.2. Definitionen von Stadien ...... 10 2.3. Stilbildende Stadien des 20. Jahrhunderts ...... 13 2.3.1. Das Wiener Praterstadion...... 14 2.3.2. Das Berliner ...... 19 3. Die Finanzierung von Stadien...... 24 3.1. Neue Anforderungen...... 24 3.2. Entwicklung der Finanzierungsformen...... 26 3.3. Die Akteure und deren Motivation bei der Finanzierung von Stadien ...... 28 3.4. Kosten und Einnahmepotentiale neuer Stadien ...... 33 3.4.1. Kosten eines neuen Stadions ...... 34 3.4.2. Einnahmepotentiale von Arenen ...... 36 3.4.3. VIP-Bereich und Hospitality...... 39 3.4.4. "Naming Rights" ...... 43 3.4.5. Sport- und Kulturveranstaltungen ...... 48 3.4.6. Der Konzertmarkt...... 49 3.4.7. Rand- und Mantelnutzung...... 52 4. US-Stadien und der Wettkampf zwischen den Städten ...... 57 5. Case Studies wichtiger Stadionprojekte der letzten 10 Jahre ...... 64 5.1. UEFA Kriterien...... 64 5.2. ArenA...... 66 5.3. Ausgewählte Stadien der EURO 2004 in ...... 70 5.3.1. Braga ...... 70 5.3.2. Lissabon – Estádio da Luz...... 72 5.3.3. Porto – Estádio do Dragao...... 74 5.4. Ausgewählte Stadien des FIFA World Cup 2006 in Deutschland...... 77 5.4.1. Arena "Auf Schalke – Veltins-Arena", ...... 77 5.4.2. Berliner Olympiastadion ...... 81 5.4.3. München ...... 83 5.5. Die Stadien der EURO 2008 in Österreich und der Schweiz ...... 89 5.6. Außereuropäische Stadien ...... 98 5.6.1. Saitama Super Arena, Tokio ...... 98 5.6.2. Reliant Stadium, Houston...... 101 5.6.3. Olympiastadion Beijing 2008...... 103

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6. Ausblick und Nachwort...... 105 7. Executive Summary...... 107 8. Literaturverzeichnis ...... 111 8.1. Verzeichnis der sonstigen Quellen ...... 112 8.2. Internetartikel und –quellen...... 113 9. Tabellenverzeichnis ...... 115 10. Abbildungsverzeichnis...... 116

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1. Einleitung

Das Ziel dieser Arbeit ist es, den Wandel von Sportstadien als reine Sportstätten der Antike zu modernen Arenen mit vielfältigen Unterhaltungs- und Dienstleistungsangeboten darzustellen. Es soll aufgezeigt werden, weshalb Stadien zu ihrer Refinanzierung oft auf Zusatzangebote, die über den Sport hinausgehen, angewiesen sind, und welche städtebaulichen Impulse für die Umgebung durch Stadienbauten ausgelöst werden können.

Anlässlich der kommenden Großereignisse wie der Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland und der EURO 2008 in Österreich und der Schweiz hat das Thema Stadienbau gerade im deutschen Sprachraum in den vergangenen Jahren an Bedeutung und Aktualität gewonnen, und die Projekte in diesen Ländern bilden daher einen Schwerpunkt in der Betrachtung verschiedener Stadienprojekte der vergangenen zehn Jahre, auch da die bisherige wissenschaftliche Bearbeitung dieses Themas sich auf bautechnische und theoretische Aspekte der Finanzierung konzentrierte.

In der Betrachtung möglicher Finanzierungsarten von Sportstadien und der daran jeweilig beteiligten Akteure und der anschließenden Analyse der verschiedenen Einkunftsquellen von Stadien, werden die wichtigsten Arten wie die Notwendigkeit der Randnutzung und der Vermietung von VIP-Logen herausgearbeitet, anhand derer die in Fallstudien behandelten Arenen behandelt und beurteilt werden.

Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel: Das erste Kapitel widmet sich den verschiedenen Stadienbauten der Antike sowie bisher gebräuchlichen Definitionen von Stadien. Als Beispiele für Stadien des frühen 20. Jahrhunderts werden das Wiener Praterstadion und das Berliner Olympiastadion untersucht. Im nächsten Kapitel wird die Finanzierung von Stadien eingehend analysiert, wobei die verschiedenen herkömmlichen und neueren Arten der Finanzierung beleuchtet werden, sowie mögliche Einnahmequellen des Stadions identifiziert und beschrieben werden.

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Anschließend wird vergleichsweise die Entwicklung der Stadienfinanzierung in den USA beschrieben, die aufgrund der unterschiedlichen Situation des professionellen Sports im Vergleich zu Europa einige Unterschiede aufweist.

In Fallstudien werden danach zahlreiche Stadien und Arenen, die weltweit in den vergangenen zehn Jahren errichtet wurden eingehend hinsichtlich ihrer unterschiedlichen Finanzierung und Nutzung anhand der im zweiten Kapitel definierten Punkte analysiert.

Abschließend werden im Ausblick und Nachwort die Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst und ein Blick auf kommende Entwicklungen versucht.

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2. Die Geschichte von Stadien

Die Prototypen für moderne Sportanlagen aller Art sind die Stadien und Hippodrome des antiken Griechenland. In ihnen wurden (soweit bekannt) seit dem 8. Jahrhundert vor Christus Olympische und andere Spiele abgehalten.

2.1. Stadienbauten der Antike

2.1.1. Stadien

Griechische Stadien waren U-förmig gestaltet, wobei sich am geraden Ende die Startlinie befand, die durch Steine oder eine steinerne Schwelle markiert wurde. Derartige Sportstätten wurden in allen Städten erbaut, in denen Spiele abgehalten wurden. Meistens wurden sie, dem griechischen Theater folgend, an einem Hang oder in einer Mulde zwischen zwei Hängen errichtet, sodass sich auf natürliche Weise Sitzplatzreihen mit guter Sicht ergaben, während andere auf flachem Gelände entstanden, wobei die Spielfläche ein wenig abgesetzt war, um weitere Sitzplätze am Rand zu erhalten.1

Solche auf flachem Gelände errichteten Stadien befanden sich beispielsweise in Ephesus, Delphi und Athen. Das Stadion von Delphi war fast 183 m lang und 28 m breit, mit Sitzplatzreihen entlang einer Seite und der Kurve, wobei sich die Plätze der Kampfrichter in der Mitte der Geraden befanden, ähnlich einer modernen Sportstätte. Das Stadion von Athen wurde erstmalig im Jahr 331 v. Chr. erbaut, 160 n. Chr. umgebaut und 1896 für die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit renoviert und nochmals in die heutige Form umgebaut, wodurch bis zu 50.000 Zuseher in 46 Reihen Platz fanden.2

1 Vgl. JOHN/SHEARD (2000): 3f. 2 Vgl. JOHN/SHEARD (2000): 3f.

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An Hügeln erbaute Stadien gab es beispielsweise in Olympia, Theben und Epidauros, und ihre Verwandtschaft mit dem griechischen Theater ist nicht zu übersehen3: sie sind, in ihrer Essenz, verlängerte Theater mit einer Bühne für sportliche Leistungen. Die zivile Bedeutung dieser Sportanlagen kann anhand der Bauten im antiken Olympia ermessen werden. Das antike Olympia bestand aus der Altis (heiliger Hain) sowie den unmittelbar angrenzenden Sportstätten und war schätzungsweise 30 Hektar groß. Die Anlagen beinhalteten einen weitläufigen Komplex von Tempeln und Altären für verschiedene Gottheiten, und waren, zu ihrer Blütezeit, ein Treffpunkt der gesamten griechischen Welt.4 Innerhalb des 456 v. Chr. fertig gestellten Tempels befand sich ab 430 v. Chr. die Zeus-Statue des Phidias - eines der sieben antiken Weltwunder. Ursprünglich gab es nur eine Laufbahn mit einem benachbarten Gymnasion, und am Spielfeldrand eine mit Steinplatten gedeckte Kolonnade5, von wo aus die Zuschauer das Geschehen verfolgten.

Abb. 1: Überreste der Palaistra in Olympia

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Olympische_Spiele_der_Antike, Lesedatum 18.02.2006

3 Vgl. JOHN/SHEARD (2000): 3f. 4 Vgl. JOHN/SHEARD (2000): 3f. 5 Säulengang

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Als die Spiele6 an Bedeutung gewannen, wurden entlang der Längsseiten zwei Tribünen errichtet. Das ausgebaute Stadion bestand aus einer Laufbahn, deren Länge zwischen den noch heute erhaltenen Rillen der Start- und Zielschwellen gemessen, 192,28 Meter, und deren Breite etwa 31 bis 32 Meter betrugen. Sie war von einfachen Graswällen umgeben, auf denen rund 45.000 Zuschauer Platz fanden. Aus Stein war lediglich eine kleine Tribüne errichtet, die den Kampfrichtern und der obersten Priesterin des Heratempels vorbehalten war, die als einzige Frau den Spielen beiwohnen durfte.7 Neben dem Stadion befand sich ein deutlich längeres Hippodrom für Pferde- und Wagenrennen. "In diesen beiden Anlagen lassen sich die embryonalen Formen moderner Stadien und Rennbahnen klar erkennen."8 Die Anlagen von Olympia wurden nach mehreren Ausgrabungen im 19. Jh. freigelegt. Während das Stadion ausgegraben und wiederhergestellt wurde, ist das Hippodrom, vom benachbarten Fluss Alpheios weggespült, nicht erhalten.

Abb. 2: Das Stadion von Olympia heute

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Olympische_Spiele_der_Antike, Lesedatum 18.02.2006

6 die Olympischen Spiele der Antike wurden von 776 v. Chr. bis vermutlich 393 n. Chr. ausgetragen 7 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Olympia_%28Griechenland%29#Das_Stadion, Lesedatum 18.02.2006 8 JOHN/SHEARD (2000): 4

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2.1.2. Hippodrome

Hippodrome waren Abkömmlinge der Stadien, die für Pferde- und Wagenrennen erbaut wurden. Sie waren meist zwischen 192 m und 228 m, manche auch bis zu 400 m lang, maßen 37 m in der Breite, und waren ebenfalls in U-Form erbaut. Ähnlich den Stadien waren sie auch häufig an Hügeln gebaut und umfassten Zuschauertribünen, die mitunter mehreren Hunderttausend Menschen Platz bieten konnten. 9 10

2.1.3. Amphitheater

Während in Griechenland und Kleinasien Stadien auch noch in römischer Zeit errichtet wurden, spielten sie in Italien kaum eine Rolle, da die griechischen Sportkämpfe dort keine kultische Bedeutung hatten und lange als unmoralisch galten. Dennoch errichtete Kaiser Domitian11 in Rom ein Stadion (die heutige Piazza Navona).12 Die militärisch geprägten Römer fanden größeren Gefallen an vergleichsweise blutrünstigeren Unterhaltungsformen wie Kampfspielen und Tierhatzen. Um diese Spektakel zu beherbergen, entwickelten sie eine neue Form des Amphitheaters (griech. amphi = beide, doppelt) - eine runde oder ovale Arena, die auf allen Seiten von stufenweise ansteigenden Sitzrängen umschlossen war, und dadurch einer maximalen Anzahl von Zuschauern eine direkte Sicht auf die Ereignisse auf dem "Spielfeld" ermöglichte.13 "Amphitheater entstanden nach der älteren Forschungsansicht durch die Zusammensetzung zweier halbkreisförmiger Theater, daher auch der Name. Inzwischen geht man davon aus, dass das Amphitheater als Aufführungsstätte von Gladiatorenkämpfen eine vom Theater unabhängige bauliche Entwicklung nahm."14

9 Vgl. JOHN/SHEARD (2000): 4 10 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Hippodrom 11 römischer Kaiser von 81 bis 96 12 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Stadion 13 Vgl. JOHN/SHEARD (2000): 4 14 http://de.wikipedia.org/wiki/Amphitheater

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Die Amphitheater waren im Römischen Reich Schauplatz für Gladiatoren- und Tierkämpfe (munera et venationes), aber auch für große Theateraufführungen und sportliche Wettkämpfe. Mit ihnen wurde nach dem Motto "Brot und Spiele"15 das Volk bei Laune gehalten. Amphitheater hatten öfters eine ausgeklügelte Bühnentechnik, mit der man Aufbauten im Untergrund verschwinden lassen konnte oder waren sogar komplett mit Wasser befüllbar. Bei den meisten Amphitheatern konnte man mit komplizierten Sonnensegeln (vela oder velaria) den Zuschauerraum überdachen.

Zur Zeit Gaius Iulius Caesars wurden Amphitheater in Rom noch aus Holz gebaut und nach den Wettkämpfen wieder abgerissen. Um ca. 27 n. Chr. stürzte solch eine Tribüne aber in Fidenae (östlich von Rom) ein, wobei etwa 50.000 Menschen ums Leben kamen. Dies führte dazu, dass zukünftig Tribünen nur noch auf festem Untergrund gebaut werden durften, bis man schließlich zum Amphitheater überging. In Campanien gab es jedoch bereits in der späten Republik Amphitheater aus Stein. In Pompeji wurde das älteste dieser Art (um 70 v. Chr.) gefunden.16 Bekannte heute noch erhaltene Amphitheater sind beispielsweise in die Arenen in Arles und Nimes (Frankreich) die immer noch für den Stierkampf verwendet werden, Pula (Kroatien) sowie die durch Opernaufführungen berühmte Arena di Verona.

2.1.4. Das flavische Amphitheater - Kolosseum

Das größte und bekannteste Amphitheater ist sicherlich das von 70 bis 82 errichtete Amphitheatrum Flavium, besser bekannt als Kolosseum, dessen antike Bezeichnung sich von den Kaisern der flavischen Dynastie (Vespasian, Titus) herleitet, in deren Herrschaftszeit es errichtet wurde.17 Der Name Kolosseum geht nach überwiegend anerkannter Lehrmeinung auf eine Kolossalstatue des Kaisers Nero zurück, die nach dessen Tod in eine Statue des Sonnengottes Sol umgewandelt und neben dem flavischen Amphitheater aufgestellt wurde. Dieser Colossus, der mindestens bis zum 3. Jahrhundert gestanden hat, dürfte der Arena den Namen gegeben haben.18

15 panem et circenses 16 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Amphitheater 17 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Kolosseum 18 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Kolosseum

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Abb. 3: Das Kolosseum

Quelle: Lexikon der gesamten Technik (1904) von Otto Lueger Das ausgeklügelte Eingangssystem mit seinen über 80 Eingängen, zahlreichen Treppen und umlaufenden Korridoren war stilbildend und ist so bis heute bei Stadionbauten gebräuchlich. Damit war es möglich, das Kolosseum in 15 Minuten mit, nach heutigen Berechnungen, ca. 50.000 Zuschauern zu füllen und es in nur fünf Minuten auch wieder zu leeren. Der lateinische Begriff für dieses System lautete vomitoria (zu vomere: "erbrechen"), weil es von der Bühne aus so aussah, als würden die Besucher aus diesen Öffnungen "ausgespieen".19 Das Kolosseum ist ellipsenförmig gebaut. Seine Breite beträgt 156 Meter, die Länge 188 Meter, der Umfang 527 Meter, die Höhe 48 Meter. Auch der Boden der Arena war elliptisch, mit einer Breite von 54 Metern und einer Länge von 86 Metern. Die runde

19 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Kolosseum

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Form sollte verhindern, dass Gladiatoren, zum Tode Verurteilte oder gejagte Tiere in einer Ecke Schutz suchen konnten. Zudem erlaubte die Ellipse den Zuschauern, näher am Geschehen zu sein als in einer kreisförmigen Arena.20

2.1.5. Circusse

So wie das griechische Stadion in der römischen Adaption zum Amphitheater wurde, führte das Hippodrom zum römischen Circus. Circusse waren U-förmige, hauptsächlich für Pferde- und Wagenrennen genutzte Anlagen in einer lang gestreckten Form mit geradem Abschluss bei den Startboxen und gerundetem Abschluss an der gegenüberliegenden Seite. Die Bahn wurde in der Längsachse durch die Spina, eine mit Statuen und Fresken verzierte niedrige Mauer geteilt. Die Gespanne umrundeten die Spina gegen den Uhrzeigersinn, in der Regel siebenmal. Die Anzahl der gefahrenen Runden wurde durch das Herunternehmen von sieben metallenen Eiern oder Delfinen angezeigt. Das wohl bekannteste Beispiel für einen derartigen Bau ist der im 4. Jh. v. Chr. mit hölzernen Tribünen errichtete Circus Maximus in Rom, der 46 v. Chr. durch einen gleichnamigen steinernen Bau ersetzt wurde. Mit 660 m Länge und 210 m Breite und einem Fassungsvermögen von 250.000 bis 375.000 Zuschauern war dies möglicherweise das größte Stadion, das je gebaut wurde.21 Auch in den römischen Provinzen wurden Circusse erbaut, so beispielsweise in Konstantinopel, Mérida (Spanien, Emerita Augusta) und Trier (Augusta Treverorum).22

Nach der Antike gab es für 1500 Jahre keine nennenswerten Bauten auf dem Gebiet der Sportstadien und –anlagen. Erst mit dem Wiederaufleben der Olympischen Spiele 1896 in Athen, zu deren Zweck das Panathenäische Stadion von 331 v. Chr. renoviert und umgebaut wurde, bekam der Stadionbau wieder eine städtische und gesellschaftliche Bedeutung.

20 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Kolosseum 21 Vgl. JOHN/SHEARD (2000): 5 22 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Circus_Maximus

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2.2. Definitionen von Stadien

"Die Architekturgeschichte des modernen Stadions ist kurz und wenig beeindruckend, doch (…) ist das Stadion im Begriff, die Kultarchitektur dieses jungen 21. Jahrhunderts zu werden. Rechtzeitig zum Jahrtausendwechsel 2000 hat der Stadionbau den Museumsbau als den bevorzugten Prestigebau des 20. Jahrhunderts eindeutig abgelöst – genauso, wie die Opern, Theater und Bahnhöfe, die architektonisch das 19. Jahrhundert prägten und als die Tempel der anbrechenden modernen Zeiten galten, von Kunstmuseen verdrängt worden waren. (…) Der Prioritätswechsel zugunsten des Stadions hat spät, erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts, eingesetzt. Seither verläuft alles massiv und rasant. (…) Städte in aller Welt wetteifern um die Ehre, einen Bau der neuen spanischen Architekturgeneration zu beherbergen. (…) Vor allem aber beginnen die ehrgeizigen Städte in aller Welt und in allen Größen zu wetteifern, wer das bessere Stadion und die schöner bauenden Architekten hat."23

Um den Wandel nachzuvollziehen, den Stadienbauten seit ihrer ersten Blütezeit in der Antike vollzogen haben, sollen hier einige bisher gebräuchliche Definitionen angeführt werden.

Definition 1 (Duden Herkunftswörterbuch, 1963): Stadion s, mit Zuschauerrängen versehenes ovales Sportfeld; "Kampfbahn": Das FW beruht auf einer gelehrten Entlehnung neuester Zeit aus gr. "Rennbahn, Laufbahn". Das gr. Wort ist eigtl. Bezeichnung für ein Längenmaß von etwa 185 m. Die spezielle Bed. "Rennbahn" geht zurück auf die berühmte Rennbahn der altgriechischen Kampfstätte, die gerade die Länge eines "Stadions" (etwa 185 m) hatte. (…)

Definition 2 (Sir Nikolaus Pevsner, John Fleming, Hugh Honour, Lexikon der Weltarchitektur, 1971): Stadion, das (gr. Stadion: Rennbahn, Laufbahn). 1. Das antike S. bestand aus zwei parallelen Geraden und einer Kehre, die Zuschauer saßen auf ansteigenden Rängen um die Lauflinie.

23 TABOR in MARSCHIK et al. (2005): 49

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2. Das moderne S. dagegen ist aus dem Amphitheater der griechischen Antike entwickelt.

Definition 3 (Encyklopedie antiky, 1974): Stadion (gr.), Wettbahn, event. Auf einem Ende halbkreisartig abgerundet, üblicherweise 600 griechische Fuß, d.i. etwa 180 Meter, lang, mit einer durchschnittlichen Breite 100 Fuß (29 - 31 m), manchmal ein Teil des griechischen Gymnasion. Üblicherweise an einem Hang oder in einer Mulde zwischen zwei Hängen errichtet, die treppenförmig zum Zuschauerraum gestaltet wurden. Der Start (aphesis) und das Ziel (terma) wurden mit Steinen oder mit einer Steinschwelle markiert. Außer Wettläufen fanden hier auch andere athletische bzw. Musik- oder Gesangwettbewerbe statt. Berühmt sind Stadien in Olympia (Wettlaufbahn 192,27 m), Delphi, Epidauros, Ephesos (das mit einer Kapazität von ca. 76.000 Zuschauern das größte in der Antike war), auf Delos sowie das sog. Panathenäische Stadion in Athen (177,6 m lang und 33 m breit), das der Mäzen Herodes Attikos im 2. Jh. u. Z. mit Marmorsitzen für etwa 50.000 Zuschauer hatte ausstatten lassen und das für die ersten neuzeitlichen olympischen Spiele im Jahr 1896 rekonstruiert wurde.

Definition 4 (Der Brockhaus in einem Band, 1992): Stadion, das, 1) altgr. Rennbahn für Wettkämpfe; heute eine große Sportanlage, die eine dem altgr. S. ähnliche Kampfbahn enthält. 2) altgr. Wegmaß, 160 m, später 192 m (olymp. S.).

Definition 5 (Duden, Das Fremdwörterbuch, 1974): Arena (lat.) die; -, …nen: 1, (sandbestreuter) Kampfplatz, Kampfbahn. 2). a) Sportplatz (mit Zuschauersitzen); b) Zirkusmanege; c) (österr.) Sommerbühne. 3. Schauplatz 24

Definition 6 (dtv - Atlas zur Baukunst, 1981): Die Bedeutung des Sports im 20. Jh. Spiegelt sich in der unübersehbaren Zahl von Sportstätten und dem Wetteifer von Städten und Ländern im Bau immer umfangreicher werdender Anlagen. Ähnliche Erscheinungen gibt es nur in der Antike; an sie knüpft der moderne Sport sowohl in den

24 Etymologisch leitet sich die Herkunft des Wortes Arena (lat. (h) arena, -ae, Sand, Sandbahn) von jenem Sand ab, der auf der Kampffläche ausgestreut wurde, um das Blut des vorangegangenen Kampfes aufzusaugen. Vgl. TABOR in MARSCHIK et al. (2005): 72

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Grunddisziplinen als auch in ersten Typen von Sportbauten an (Palaistra, Thermen, Amphitheater).

Definition 7, über die Arena von Verona (Johann Wolfgang v. Goethe, Italienische Reise, 1786): Das Amphitheater ist also das erste bedeutende Monument der alten Zeit, das ich sehe, und so gut erhalten! Als ich hinein trat, mehr noch aber als ich oben auf dem Rande umherging, schien es mir seltsam, etwas großes und doch eigentlich nichts zu sehen. Auch will es leer nicht gesehen sein, sondern ganz voll von Menschen. (…) Nur in der frühesten Zeit tat es seine ganze Wirkung, da das Volk noch mehr Volk war, als es jetzt ist. Denn eigentlich ist so ein Amphitheater recht gemacht, dem Volk mit sich selbst zu imponieren.

Definition 8, ebenfalls über die Arena di Verona (Karl Scheffler, Italien, Tagebuch einer Reise, 1911): Wie mit einem Schlag sinkt die neue Architektur bei diesem Anblick zurück. Dieses antike Bauwerk siegt nicht eigentlich durch höhere architektonische Schönheit, denn es sind ja kaum solche erhalten; man erblickt nur eine große, von außen ruinenhafte, im Innern schmucklose Baumasse. Unwiderstehlich sieghaft wirkt aber die ungeheure Sachlichkeit und zweckvolle Schlichtheit, die grandios erscheinende Vernunft, die Wucht des Wollens und die Selbstverständlichkeit des Gestaltens… Der Renaissancearchitekt dachte von Vorbildern aus, der Baumeister dieser Arena ging von der Sache, vom monumental erfassten Bedürfnis aus. Jener wollte Schönheit, dieser suchte seinen Stil aus der Notwendigkeit zu entwickeln. Die Schönheit der Arena ist, wenigstens jetzt, wo nur noch das Skelett des Bauwerks dasteht, eine Art genialer Ingenieurschönheit.

Definition 10 (Elias Canetti, Masse und Macht, 1960): Die Arena ist nach außen hin gut sichtbar. Ihre Lage in der Stadt, der Raum, den sie einnimmt, ist allgemein bekannt. Man fühlt immer, wo sie ist, auch wenn man nicht an sie denkt. Rufe von ihr dringen weithin. Wenn sie oben offen ist, teilt sich manches vom Leben, das sich in ihr abspielt, der umliegenden Stadt mit. (…) Nach außen, gegen die Stadt, weist die Arena eine leblose Mauer. Nach innen baut sie eine Mauer von Menschen auf. Alle Anwesenden kehren der Stadt ihren Rücken zu. Sie haben sich aus dem Gefüge der Stadt, ihren Mauern, ihren Straßen herausgelöst.

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Stadien zeichnen sich also in erster Linie durch das konstante Spannungsverhältnis zwischen ihren beiden möglichen Zuständen aus: dem Zustand der Leere, und dem Zustand der Fülle. "Das leere und das volle Stadion sind zwei unterschiedliche Architekturformen, genauso wie das leere und das bespielte Spielfeld (…)"25. Das leere Stadion birgt in sich die Erwartungshaltung, was denn am nächsten Spieltag auf dem Spielfeld passieren werde, sowie die Erinnerungen der Zuschauer an vergangene Geschehnisse auf und neben eben diesem Spielfeld, sei es in den letzten Tagen, Wochen, Monate oder auch Jahre. Der Ansicht Goethes26 nach will ein Stadion jedoch "voll mit Menschen" sein, besteht also aus zwei verschiedenen, sich komplementär ergänzenden Massen: der festen Masse des Bauwerks, der eigentlichen Baumasse, sowie der beweglichen, gleichsam fließenden und temporären Füllmasse der Zuschauer.27 In diesem Spannungsfeld wird der Prozess des Auffüllens/Entleerens des Stadions selbst zum Ereignis, das, bedenkt man beispielsweise die Anreise von Massen fremder Fans sowie verschiedenste Vorbereitungsrituale und Begleiterscheinungen, über mehrere Stunden oder manchmal sogar Tage dauern kann, wodurch nicht nur das Stadion und dessen unmittelbare Umgebung, sondern oft die ganze Stadt betroffen sind28.

2.3. Stilbildende Stadien des 20. Jahrhunderts

Nach dem Wiederbeginn des Stadionbaus durch die Olympischen Spiele ab 1896, entstanden auch im deutschen Sprachraum einige Beispiele gelungener Sportstätten. Zwei davon, das Wiener Praterstadion (heute Ernst-Happel-Stadion) und das Olympiastadion von , erlangten, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen, Bedeutung für spätere Bauten und sollen deshalb nachstehend näher behandelt werden

25 TABOR in MARSCHIK et al. (2005): 52 26 siehe oben Definition 8 27 Vgl. TABOR in MARSCHIK et al. (2005).: 53 28 Vgl. TABOR in MARSCHIK et al. (2005).: 55

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2.3.1. Das Wiener Praterstadion

Am 12. November 1928, am 10. Jahrestag des Bestehens der Republik Österreich, wurde der Grundstein des Wiener Stadions feierlich enthüllt. Die Aufschrift auf dem Gründungsstein lautet: "Der Jugend widmet ein Stadion die Gemeinde Wien zur zehnten Jahresfeier der Republik. 12. November 1928".29 Obwohl es bereits während des ersten Weltkriegs Initiativen zum Bau eines Stadions gegeben hatte30, war der eigentliche Anlass zur Realisierung des Stadionbaus die Vergabe der "2. Arbeiterolympiade" an Wien im Jahr 1927.

Der Auftragsvergabe ging ein Wettbewerb voraus, zu dem die Bauherren der Gemeinde Wien vier Architekten eingeladen hatten. Schließlich wurde die Stadionanlage nach Plänen des deutschen Architekten Otto Ernst Schweizer gebaut, der bereits das Franken Stadion von Nürnberg entworfen und erbaut hatte31, und für seine diesbezügliche Leistung bei den Olympischen Spielen von Amsterdam 1928 mit der Goldmedaille für Architektur ausgezeichnet worden war, "was wahrscheinlich die Entscheidung der Wiener Stadtverwaltung für einen deutschen Architekten beeinflusste"32. Schweizer galt darüber hinaus als "unbestrittener Meister des Stahlbetonbaus in Deutschland"33.

"Der Ausschreibungstext forderte eine Gesamtanlage, die stufenweise ausgebaut, eine Vielzahl von Sportarten wie Fußball, Leichtathletik, Schwimmen, aber auch Rad- und Motorradfahren berücksichtigen sollte."34

In mehr als zweijähriger Bauzeit wurden die so genannte Hauptkampfbahn, das Schwimmstadion sowie die im Norden angrenzende Radrennbahn fertig gestellt, wobei die Vorbereitung, Ausschreibung sowie die Planung und Errichtung unter großem Zeitdruck vollzogen wurden. Schweizer schrieb dazu: "Das Tempo des Bauens, des

29 Vgl. MÜLLNER in MARSCHIK et al. (2005).: 175 30 Vgl. NITTNAUS/ZINK (1992) nach MÜLLNER in MARSCHIK et al. (2005): 180 31 Vgl. MÜLLNER in MARSCHIK et al. (2005): 181 32 TABOR in MARSCHIK et al. (2005): 83 33 BOYKEN (1996): 10 zitiert nach MÜLLNER in MARSCHIK et al. (2005): 181 34 MÜLLNER in MARSCHIK et al. (2005): 181

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Vorganges in unserer Zeit,, ist das schnellste, das man bis heute überhaupt erlebt hat."35 Der zur Verfügung stehende Baukredit betrug 66 Millionen Schilling.36

Die Tribünenanlage aus Eisenbeton hatte eine Höhe von fünfzehn Metern und bot Platz für ca. 60.000 Zuseher, die sich auf 9.000 Sitzplätze und Stehplatzränge verteilten. Die Tribünen blieben unüberdacht. Im Zentrum der Hauptkampfbahn befand sich ein Fußballfeld, um das herum Leichtathletikanlagen für Hochsprung, Kugelstoßen und Speerwurf und eine 400-Meter-Aschenbahn sowie eine 130-Meter-Laufbahn für Kurzstreckenbewerbe angelegt wurden. Die Räume unterhalb der Tribünen konnten im Bedarfsfall als Umkleidekabinen genutzt werden.37 Südlich des Stadions in Richtung zur Hauptallee wurde der glockenförmige, so genannte Spiegelteich ausgehoben, der heute durch einen großen Parkplatz, den Pierre- de-Coubertin-Platz, ersetzt ist. Im Westsektor der Stadionanlage wurde die für den Stadionbetrieb benötigte Infrastruktur wie die Ehrenhalle, Verwaltungsräume, Räume für die ärztliche Versorgung, die Polizei und die Presse und die Toilettenanlagen untergebracht. Den damaligen Medienvertretern standen "fünf Telephonsprechzellen" für Journalisten sowie eine Sprecherzelle für Radioübertragungen zur Verfügung.38 Das Schwimmstadion mit 50-Meter-Sportbecken samt Tribünen für 4.000 Zuschauer, einer Sprunganlage sowie zwei weiteren Becken (heutiges Stadionbad, Anm.)gehörte ebenfalls zum Gesamtkomplex des Stadions. Im Norden der Anlage wurde in 40 Tagen Bauzeit eine Radrennbahn aus Beton errichtet, deren Besucherkapazität 10.000 Personen betrug. Aufgrund budgetärer Schwierigkeiten musste auf den Bau der von Schweizer vorgesehenen Freilichtbühne, Tennisplätze und weiterer Übungsplätze für Fußball und Hockey verzichtet werden. Die Errichtung des fehlenden Daches wurde auf die Zukunft verschoben.39

35 BOYKEN (1996): 123 36 Vgl. FRIEDRICH (1931): 15 37 Vgl. MÜLLNER in MARSCHIK et al. (2005): 182 38 Vgl. FRIEDRICH (1931): 15 39 Vgl. MÜLLNER in MARSCHIK et al. (2005): 184 f.

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Die offizielle Eröffnung des Wiener Stadions fand am 11. Juli 1931 mit einem Spiel eines Auswahlteams der Wiener Arbeiterfußballer gegen die Arbeiterfußballer Niederösterreichs statt. Den laufenden Betrieb des Stadions übernahm die "Wiener- Stadion-Betriebs-Gesellschaft m.b.H.", in der die Gemeinde Wien sowie mehrere Wiener Sportvereine vertreten waren. Grund und Bauten verblieben im Eigentum der Gemeinde Wien und wurden der Betriebsgesellschaft zur Nutzung überlassen. Zur besseren Ausnutzung und Kostendeckung des laufenden Betriebs waren auch "Theater- und Musikaufführungen, Feste und Veranstaltungen aller Art" im Stadion geplant.40

Das Wiener Stadion stellte 1931 durch seine auf Funktionalität, gute Sichtverhältnisse und optimaler Raumnutzung abzielende Stahlbetonbauweise einen der modernsten Stadiontypen auf dem europäischen Kontinent dar, und wurde zwei Jahre später bereits als konsequenteste Verwirklichung der "Ideologie des funktionalistischen Bauens" bezeichnet41. Auch seine kurze Entleerungszeit von nur 7-8 Minuten bedeutete damals Rekord. Es markierte einen vorläufigen Höhepunkt der Entwicklung des modernen Sportstättenbaus, der mit den Olympischen Spielen der Neuzeit 1896 begonnen hatte.42 Mit den ergänzenden Sportstätten wie dem Schwimm- und Radstadion, sowie den im Pratergelände angesiedelten Pferderennstrecken und dem Wiener Golfclub galt der Wiener Prater als "größtes Sportgelände der Welt"43.

Vom 19. bis 26. Juli 1931 fanden in den Anlagen des Wiener Stadions die "2. Arbeiter- Olympiade" statt. Während der Spiele fanden 171 Bewerbe statt, an denen 77.166 Sportler und Sportlerinnen aus 19 Ländern teilnahmen, deren Leistungen von über 200.000 Zuschauern auf den Tribünen verfolgt wurden.44

40 Durch die Gründung einer Betriebsgesellschaft und die Abhaltung von zusätzlichen Veranstaltungen zur besseren Kostendeckung wirkt das Konzept der damaligen Betreiber aus heutiger Sicht bereits sehr modern, Anm. 41 Vgl. BECKMANNS SPORTLEXIKON (1933): 2155 zitiert nach MÜLLER in MARSCHIK et al. (2005): 187 42 Vgl. MÜLLNER in MARSCHIK et al. (2005): 187 f. 43 Vgl. PFEIFFER (1932): 289-293 zitiert nach MÜLLER in MARSCHIK et al. (2005): 190 44 Vgl. MÜLLNER in MARSCHIK et al. (2005): 196 f.

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Abb. 4: Wiener Praterstadion

Quelle: http://www.wien.gv.at/spezial/jubilaeum/images/stadion.jpg

Neben dem Arbeitersport mit seinem politischem Anspruch stand das Stadion auch dem so genannten bürgerlichem Sport zur Verfügung: Da erste Länderspiel im Wiener Stadion fand am 13. September 1931 gegen Deutschland statt. Davor waren bereits einige Berufsfußball-Meisterschaftsspiele (im Gegensatz zum amateurhaften Arbeitersport, Anm.) abgehalten worden. In Folge wurde das Praterstadion in seiner Funktion als österreichisches Nationalstadion eine der Heimstätten des "Wunderteams".45

1959 wurde das Wiener Stadion von Theodor Schöll auf eine Kapazität von 92.700 Personen erweitert, gleichzeitig wurde der Spiegelteich in einen Parkplatz

45 Vgl. MÜLLNER in MARSCHIK et al. (2005): 199

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umgewandelt. Durch den Umbau der Steh- in Sitzplätze 1965 wurde der Fassungsraum auf 72.110 Sitzplätze gesenkt. Die einst offene Radrennbahn neben dem Stadion wurde 1977 durch ein (Ferry-Dusika-Stadion) ersetzt. 1985/86 wurde das Stadion mit einer ringförmigen Überdachung versehen, wobei die Konstruktion von Erich Frantl lange zu den größten vorkragenden Spannweiten der Welt zählte.

Abschließend soll noch eine wenig bekannte Tatsache aus der Geschichte des Wiener Stadions beschrieben werden: Am 7. September 1939 erfolgte eine Weisung des Chefs der Sicherheitspolizei, Reinhard Heydrich, an die Stapo-Leitstellen, alle Juden polnischer Staatsangehörigkeit zu verhaften und alle ihre Kinder bis zum Alter von 16 Jahren namentlich zu erfassen. In den folgenden Tagen wurden in Wien daraufhin über 1.000 Männer verhaftet. Da die Wiener Gefängnisse überfüllt waren, wurden die Häftlinge in das Wiener Praterstadion verlegt. Dort mussten sie drei Wochen verbringen, während sie auf ihre Deportation warteten.46 "Die altersmäßige Streuung reichte dabei vom sechzehnten bis über das achtzigste Lebensjahr. Unter den Gefangenen befanden sich beispielsweise auch 125 Männer aus Alteneinrichtungen der Israelitischen Kultusgemeinde."47

In der dritten Woche ihrer Inhaftierung wurde an 440 Männern "Vermessungsarbeiten" der Anthropologischen Kommission des Naturhistorischen Museums durchgeführt. Erst der Fund dieser Daten Ende der 1990er Jahre "ermöglichte es auch diesen Aspekt der Geschichte des Wiener Stadions öffentlich zu machen"48. Auf Initiative des Politikwissenschafters David Forster wurde 2004 eine Gedenktafel in der Ehrenhalle des Stadions angebracht.

Am 30. September 1939 wurden die 1.038 Insassen des Stadions zum Westbahnhof verfrachtet, in Viehwaggons getrieben und in das KZ Buchenwald deportiert.49 Einen Tag später, am 1. Oktober, wurde im Stadion wieder Fußball gespielt, es spielte eine

46 Vgl. SPRING (2003): 163 zitiert nach MÜLLNER in MARSCHIK et al. (2005): 199 f. 47 SPRING (2003): 163 zitiert nach MÜLLNER in MARSCHIK et al. (2005): 200 48 MÜLLNER in MARSCHIK et al. (2005): 203 49 Vgl. SPRING (2003): 167 zitiert nach MÜLLNER in MARSCHIK et al. (2005): 199 f.

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Stadtauswahl von Wien gegen Budapest. "Das Stadion prangt wieder im reichen Flaggenschmuck: 35.000 Schaulustige erfüllen das Riesenoval, ein Bild, das an die großen Zeiten des Wiener Fußballs gemahnt."50

2.3.2. Das Berliner Olympiastadion

1912 bekam die Stadt Berlin den Zuschlag für die Olympischen Spiele 1916 und begann daraufhin, das Kaiser-Wilhelm-Stadion zu errichten. Das vom Architekten Otto March geplante Kaiser-Wilhelm-Stadion mit einer Kapazität von 30.000 Zuschauern wurde als Erdstadion ausgeführt und am 8. Juli 1913 errichtet. Nach dem Ausbruch des ersten Weltkrieges 1914 mussten die Olympischen Spiele 1916 abgesagt werden. Nach dem verlorenen Krieg und dem Ende des Kaiserreichs wurde das Stadion in Deutsches Stadion umbenannt, war aber auch als Grunewald-Stadion bekannt.51

1931 erhielt Berlin neuerlich den Zuschlag für die Ausrichtung der Olympischen Spiele 1936. Werner March, Sohn des Architekten des ursprünglichen Stadions, erhielt daraufhin den Auftrag, das bestehende Deutsche Stadion umzubauen. Nach seiner Wahl zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 ließ sich Adolf Hitler persönlich von March die Pläne zum geplanten Umbau vorlegen. Wegen des zu erwartenden propagandistischen Effekts für das nationalsozialistische Deutschland traf er im Oktober 1933 die Entscheidung für einen Abriss des Deutschen Stadions und zum Neubau des Olympiastadions als Zentrum des so genannten Reichssportfeldes. "Hitler und sein Propagandaminister Goebbels begriffen den Werbewert der Spiele, bei denen der Reichskanzler die Vertreter der gesamten zivilisierten Welt empfangen konnte".52 Auf 120 Hektar entstand ein Sportpark, der alle olympischen Sportarten mit Ausnahme der Ruder- und Segelwettbewerbe beherbergen konnte.53 Das Reichssportfeld beinhaltete den olympischen Platz, das Olympiastadion, das Maifeld, eine Freilichtbühne, das

50 NEUES WIENER TAGBLATT zitiert nach MÜLLNER in MARSCHIK et al. (2005): 203 51 Vgl. http://www.olympiastadion-berlin.de/index.php?id=359 52 VERSPOHL (1976): 240ff. 53 Vgl. http://www.potsdamerplatz.biz/Olympiastadion, http://de.wikipedia.org/wiki/Olympiastadion_Berlin

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Deutsche Sportforum, ein Schwimm-, Hockey- und Reitstadion sowie eine Tennisanlage und mehrere kleine Anlagen. Nach dem Ende der Spiele sollte das Areal auch für politische Massenveranstaltungen genutzt werden, für die Hitler eine Gesamtkapazität von 500.000 Menschen forderte.

Abb. 5: Lageplan des Berliner Reichssportfeldes

Quelle: http://iblalt.ibl.uni-stuttgart.de/aktuell/exkursionen/berlin2002/ps-bericht/bericht-stadion.html

Der ursprüngliche Entwurf Werner Marchs für das Stadion sah einen funktionalen, in Sichtbeton ausgeführten Bau vor, der stark an das 1931 eröffnete Wiener Praterstadion angelehnt war. "Hitler missfiel die moderne Form und die Ausführung derart, dass er sogar überlegte, die Olympischen Spiele abzusagen".54

54 TABOR in MARSCHIK et al. (2005): 78

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Er beauftragte daraufhin seinen Architekten Albert Speer mit Korrekturen, und genehmigte am 14. Dezember 193355 den bereits durch Speer beeinflussten, als „Lösungsvariante B“ bezeichneten dritten Entwurf Marchs. "Hitler wünschte eine Adaption in Richtung römische Klassik, die er für die Repräsentationsbauten im Dritten Reich für verbindlich erklärte".56

Im März 1934 begannen die Abrissarbeiten am Deutschen Stadion. Zum Bauherrn hatte Hitler das Reichsinnenministerium bestimmt. Das neue Olympiastadion wurde zur Hälfte als Erdstadion errichtet, der untere Ring bestand aus 40 Sitzstufen, die 12 m tief in das Erdreich abgesenkt waren. Nur der Oberring, der sich aus 31 Stufen zusammensetzte, befand sich bis zu einer Höhe von 16,5 m über Erdniveau.57 Das gesamte Stadion wurde von einem Ring mit 136 massiven Pfeilern umschlossen.

Von Beginn an standen die Bauarbeiten sowohl unter hohem Druck von Seiten des Bauherren als auch unter terminlichem Druck. Die Baufirmen waren verpflichtet, "nur wirtschaftsfriedliche Arbeiter deutscher Staatsangehörigkeit und arischer Abstammung" 58 zu beschäftigen. Zwischenzeitlich waren auf dem Reichssportfeld mehr als 500 Firmen mit bis zu 2.600 Personen beschäftigt. Nach anhaltenden Konflikten wurde im Februar 1935 Werner March die Bauleitung entzogen. Albert Speer setzte schließlich die gewünschten Korrekturen um.

Um den ästhetischen Vorgaben des Führers zu entsprechen, wurde die Stahlbetonkonstruktion des Olympiastadions in allen sichtbaren Bereichen mit Werksteinen verblendet und mit grauem Muschelkalk verkleidet. "Unter einer dünnen Schicht von Speer-Kosmetik steckte ein sachliches Stahlbetonskelett mit effizientem Zugangssystem."59 Über die Gesamtkosten der Baumaßnahmen gib es keine genauen Angaben, jedoch sollen mindestens 27 Millionen Mark dafür aufgewendet worden sein.

55 Vgl. http://www.olympiastadion-berlin.de/index.php?id=361 56 TABOR in MARSCHIK et al. (2005): 56 57 Vgl. http://iblalt.ibl.uni-stuttgart.de/aktuell/exkursionen/berlin2002/ps-bericht/bericht-stadion.html, http://de.wikipedia.org/wiki/Olympiastadion_Berlin, KLUGE (1999) 58 http://www.olympiastadion-berlin.de/index.php?id=362 59 VAN WINKEL in MARSCHIK et al. (2005): 246

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Neben der staatlichen Finanzierung wurden die Bauten des Reichssportgeländes durch Spenden sowie aus Mitteln des Arbeitsbeschaffungsprogramms getragen.60 . Abb. 6: Olympiastadion Berlin – Gesamtansicht 1936

Quelle: http://www.wissen.swr.de/sf/begleit/bg0030/bg0030x/bg0030xx/bg_ns04l.jpg

Das Olympiastadion wurde gemeinsam mit den XI. Olympischen Sommerspielen am 1. August 1936 eröffnet. Die Olympischen Spiele wurden vom nationalsozialistischen Regime zu einer in der Geschichte der Bewerbe beispiellosen Propagandaveranstaltung benutzt, im Versuch, im Licht der Weltöffentlichkeit die Überlegenheit der arischen Rasse zu demonstrieren, und eine Nähe zu antiken Idealen herzustellen. "Nie zuvor und nie seither sind die Olympischen Spiele so dazu missbraucht worden, einer naiven Welt Sand über die tatsächlichen politischen Absichten eines Landes in die Augen zu streuen".61 Zu einem Eklat kam es, als der Führer farbigen Athleten sowohl den Empfang in der Führerloge, den er allen deutschen Siegern zuteil werden hatte lassen,

60 Vgl. http://www.olympiastadion-berlin.de/index.php?id=361, KLUGE (1999) 61 FLAGGE (1984): 13, zitiert nach SCHWARENBERG in MARSCHIK et al. (2005): 155

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verweigerte, und nach dem Sieg des US-Amerikaners James Cleveland "Jesse" Owens im 100-Meter-Sprint, deutlich erbost das Stadion verließ.

Nach dem Ende der Olympischen Spiele wurde das Reichssportfeld 1937 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, und wurde sowohl zu sportlichen als auch politischen Zwecken wie Massenversammlungen genutzt. Während des zweiten Weltkriegs wurden unterirdische Luftschutzbunker errichtet, die auch der Firma Baupunkt als Fabrikationsstätte diente, in der Zünder für Flugzeugabwehrwaffen hergestellt wurden.

Nach Kriegsende wurde die Anlage kurzzeitig von der Roten Armee besetzt, und im Juli 1945 von den britischen Streitkräften übernommen, die in Folge ihr Hauptquartier auf das Areal des Deutschen Sportforums verlegten.62

Das 1966 zum Baudenkmal erklärte Olympiastadion wurde im Vorfeld der Fußballweltmeisterschaft in Deutschland 1974 modernisiert und teilüberdacht. Die neuerlichen Umbauarbeiten für die Fußballweltmeisterschaft 2006 und die heutige Nutzung des Stadions werden in Kapitel 5 behandelt.

62 http://www.olympiastadion-berlin.de/index.php?id=365

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3. Die Finanzierung von Stadien

In diesem Kapitel soll auf verschiedene Möglichkeiten zur Finanzierung von Stadionneubauten eingegangen werden. Basierend auf Projekten, die in Hinblick auf die kommenden Großveranstaltungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz errichtet wurden oder deren Fertigstellung demnächst erfolgt, werden die potentiell beteiligten Akteure an einem Stadionbau und deren unterschiedliche Motivationen dargestellt und verschiedene Vorgangsweisen und Modelle der Finanzierung beleuchtet, sowie jeweilige Vor- und Nachteile aufgezeigt.

Aufgrund der deutlich besseren Datenlage sowie des ungleich höheren wirtschaftlichen Stellenwerts des Fußballsports und der Professionalisierung der Liga liegt der Schwerpunkt der Betrachtungen auf deutschen Stadien, wobei die Eigenheiten der schweizerischen und österreichischen Arenen in den Case Studies behandelt werden.

3.1. Neue Anforderungen

Mit der Vergabe der Fußballweltmeisterschaft 2006 (FIFA World Cup 2006) nach Deutschland und der kurz darauf erfolgten Vergabe der Europameisterschaft 2008 (EURO 2008) nach Österreich und in die Schweiz hat in den letzten Jahren im deutschen Sprachraum eine gewaltige Entwicklung im Stadionbau eingesetzt.63 Bedingt durch die Großveranstaltungen mussten zahlreiche Städte, um sich als Austragungsort des Turniers zu bewerben, ihre bestehenden Stadien entweder modernisieren, oder entschieden sich entweder zu einem Abriss und Neubau an gleicher Stelle, oder zu einem Umzug und damit Neubau an anderer Stelle, manchmal in unmittelbarer Nachbarschaft des alten Stadions (z.B. München, Gelsenkirchen, Salzburg, Innsbruck).

Viele bestehenden Stadienanlagen waren bereits alt, boten nur geringen Komfort, und waren damit nicht in der Lage, den 2006 in Deutschland, respektive 2008 in Österreich und der Schweiz zu erwartenden Ansturm von Akteuren, Zuschauern und vor allem

63 Vgl. VORNHOLZ (2001): 5

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auch Medien angemessen zu bewältigen, und die veranstaltenden Staaten, Länder und deren Städte im gewünschten Ausmaß zu repräsentieren.

"Bis jetzt waren Stadien weiter nichts als eine schlichte Betonschüssel mit einem schlechten Ruf… welche gerade zwanzig Mal im Jahr genutzt wird und somit 90% seines Lebens ungenutzt herumliegt." (Rod Sheard, Chefdesigner bei HOK+LOBB)64

So mussten Stadien sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Sicht aufgerüstet werden – auch beim Stadion haben sich die Kundenerwartungen, auch bedingt durch die vorangegangenen Sportgroßveranstaltungen mit ihren modernen, neuen, in Asien teils sehr futuristischen Bauten, erhöht. Wie Studien der UFA Sports GmbH zeigen, ist das größte Anliegen der Zuschauer die Sicherheit in den Stadien.65 Diesem Wunsch wurde mit entsprechenden Anforderungen seitens der internationalen Verbände entsprochen. Darüber hinausgehend hat aber auch der Komfortwunsch der Besucher zugenommen: Die Zuschauer erwarten, auch durch den in den vergangenen Jahren gestiegenen Komfortlevel anderer Freizeitangebote wie beispielsweise Kinocenter, eine optimale Sicht auf das Spielfeld, auf bequemen, überdachten Sitzplätzen, sowie eine intensive Erlebnisatmosphäre mit moderner Licht- und Tontechnik. Auch ein verbesserter Service und ein umfangreiches Cateringangebot stehen auf den ermittelten Wunschlisten weit oben.66

Eine besonders wichtige Gruppe von Konsumenten stellen hierbei die Personen dar, die besonders exklusiven Service wünschen. Diese Kunden, meistens Geschäftskunden, erwarten erstklassigen Komfort und Catering, um im VIP-Bereich in teils luxuriös ausgestatteten Logen und Business Seats eine besondere Verbindung aus Sport, Unterhaltung und der Pflege von Geschäftskontakten zu erleben. Das Geschäft mit den Logen ist vor allem aufgrund der hohen erzielbaren Mieten ein wichtiger Faktor eines Stadionum- oder -neubaus.

64 PROVOOST (2000): 51 65 UFA-Fußball-Studie "European Football" (2000), zitiert nach VORNHOLZ (2001): 8 66 Vgl. VORNHOLZ (2001): 8

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Die Stadien müssen den Besuchern daher jenen Komfort und Service bieten, die diese von anderen Freizeiteinrichtungen gewöhnt sind, und sich daher stark an den emotionalen Bedürfnissen und dem Verhalten der Besucher orientieren, um den Wandel zu einem Erlebniszentrum zu vollziehen. "Den Besuchern soll durch eine entsprechende Ausgestaltung der Umgebung, durch kommunikative Animation (z.B. durch Videotafeln) sowie eine lockere Atmosphäre ein angenehmer und interessanter Aufenthalt geboten werden. Dadurch sollen die Besucher zu einem längeren Verweilen und zu höheren Ausgaben im Stadion angeregt werden". 67 Die Ausgestaltung der Stadien orientiert sich daher an Vorbildern wie Freizeitparks oder Einkaufszentren. Auch bieten sich durch ein neues Stadion eindeutig verbesserte Vermarktungsmöglichkeiten: die bisherigen Stadien boten nicht vorhandene oder zu kleine VIP-Bereiche, die die Zuschauereinnahmen beeinträchtigten, sowie mangelhafte Vermarktungsmöglichkeiten hinsichtlich Werbung oder Catering. Insgesamt führten diese ungünstigen Rahmenbedingungen zu verminderten Einnahmen für die Stadionbetreiber.68

3.2. Entwicklung der Finanzierungsformen

Die Finanzierung von Freizeiteinrichtungen war lange Zeit traditionell Aufgabe der öffentlichen Haushalte, da die Versorgung der Bevölkerung mit einem ausreichenden Angebot an Sportstätten als Teil der staatlichen Zuständigkeit im Rahmen gemeinnütziger Leistungen für seine Bürger verstanden wurde.69 Bund, Länder und Gemeinden kümmerten sich um große Teile der Infrastruktur im Freizeit- und Eventbereich und waren die klassischen Träger der Finanzierung. "Die Aufgabe des Staates ist es, öffentliche Güter bereitzustellen unter Berücksichtigung theoretischer Überlegungen staatlicher Allokationspolitik".70

67 VORNHOLZ (2001): 9 68 Vgl. VORNHOLZ (2005): 36 69 Vgl. VORNHOLZ (2001): 10 70 BISTOPOULOS (2005): 10

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Außerdem wurde und wird die öffentliche Subventionierung von Freizeitangeboten mit verteilungs- und sozialpolitischen Zielen argumentiert: "Der Freizeitsektor als bedeutender Lebensbestandteil soll nicht allein einer kleineren, reichen Gruppe, sondern allen Bewohnern zugänglich sein. (…). Falls die Einnahmen nicht zur Deckung der Kosten ausreichten, wurden diese subventioniert, d.h. die Leistungen wurden zu sozialen Preisen angeboten. Bei kostendeckenden und damit höheren Preisen wären gesellschaftliche Gruppen mit geringem Einkommen vom Konsum der Freizeitangebote ausgeschlossen. Daher ist die öffentliche Hand gefordert, die Möglichkeiten des gleichen Zugangs (…) direkt oder indirekt zu verbessern".71

Es stellt sich jedoch unter nun, in Zeiten von leeren Kassen bei den Gemeinden72, geänderten Voraussetzungen, die Frage, ob eine Finanzierung von Fußballstadien durch den Staat überhaupt noch tragbar ist: "Im Endeffekt ist der Steuerzahler durch Steuererhöhungen oder Einsparungen in anderen öffentlichen Bereichen der Leidtragende, der eine Stadioninvestition der öffentlichen Hand tragen muss".73 Zum anderen ist ein steigendes Interesse von Investoren an der Errichtung von Freizeiteinrichtungen festzustellen. Dieser Markt ist aufgrund der unsicheren Lebenszyklen und des hohen Investitionsbedarfs mit hohen Unsicherheiten verbunden, die für Investoren ein hohes betriebswirtschaftliches Risiko darstellen. Dies ist zum einen auf die starke Heterogenität des Marktes zurückzuführen, auf der anderen Seite sind es sehr individuelle Objekte, die sich darüber hinaus durch eine mangelnde Drittverwendung auszeichnen, oder deren Drittverwendungsfähigkeit mit sehr hohen Zusatzkosten verbunden ist.74 Angesichts der unterschiedlichen Interessen von privaten und öffentlichen Investoren hat sich die spezielle Finanzierung des Public-Private-Partnership (PPP) entwickelt, wobei die Vorteile des "Public" -Sektors in der Entlastung des öffentlichen Haushalts und der Ausnutzung privaten Know-hows liegen, und der "Private" -Sektor durch rasche

71 VORNHOLZ (2001): 11 72 Vgl. DIETL (2002): 113 73 BISTOPOULOS (2005): 10 74 Vgl. VORNHOLZ (2001): 12

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administrative Verfahren sowie finanzielle Beteiligung oder zumindest Besicherung durch die öffentliche Hand profitiert. Innerhalb dieses Spektrums ergeben sich somit verschiedenste Formen der Finanzierung, die von der rein öffentlichen über die Spielarten der PPPs bis zu einer rein privaten Finanzierung reichen.

3.3. Die Akteure und deren Motivation bei der Finanzierung von Stadien

Die folgende Abbildung stellt die bei der Finanzierung von Freizeit- und Sporteinrichtungen betroffenen Interessengruppen dar:

Abb. 7: Interessengruppen bei kommerziellen Freizeiteinrichtungen

Anbieter

weitere öffentliche Investoren Hand

Kreditinstitute

Quelle: eigene Darstellung, nach VORNHOLZ (2001)

Potentielle Anbieter von kommerziellen Freizeiteinrichtungen sind, wie bei jeder anderen Gewerbeimmobilie, in erster Linie daran interessiert, eine marktgerechte Rendite für ihre Investition zu erhalten. Daher ist für eine optimale Investitionsentscheidung ähnlich der Errichtung eines Einkaufszentrums oder einer

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Büroimmobilie eine umfassende Branchen- und Marktanalyse notwendig.75 Dazu sind in einer Standortanalyse vor allem der Mikro- und Makrostandort der Immobilie sowie das Wettbewerbsumfeld zu beurteilen. Weiters ist die quantitative sowie qualitative Nachfrage in der Region zu erheben. Abschließend muss aufgrund einer Rentabilitätsrechnung über die verschiedenen Alternativen entschieden werden. 76

Bei der Dimensionierung eines neuen Stadions sollte in allererster Linie das Zuschauerpotential des Vereins, der darin zukünftig seine Heimspiele austragen soll, sowie auf ein ausreichendes Nachfragepotential für andere Kultur- und Sportevents zu achten.77

Beim Bau der Stadien für Großveranstaltungen sind jedoch meist Mindestkapazitätserfordernisse gegeben, so mussten sich Österreich und die Schweiz beispielsweise dazu verpflichten, Veranstaltungsorte mit einer Kapazität von 30.000 Zuschauern zu errichten, ungeachtet der sonst niedrigen Besucherzahlen der Vereine, die diese Bauten bespielen oder bespielen werden. Dieses Problem der sehr unterschiedlichen Auslastung wird in Salzburg, Innsbruck und Klagenfurt durch die Errichtung temporärer Tribünen und Umbauten bewältigt. Daher war es notwendig, bereits in der Konzeption auf den zur EURO 2008 erfolgenden Umbau und danach folgenden Rückbau Bedacht zu nehmen, was aber auch die Errichtungskosten erhöhte. Die österreichischen Stadien stellen in der vergleichenden Betrachtung der Projekte in Deutschland, der Schweiz und Österreich jedoch einen Sonderfall dar: "Die Finanzierung der Stadien in Österreich erfolgt vorwiegend durch die öffentliche Hand, wobei je ein Drittel der Kosten auf den Bund, die Länder und Städte aufgeteilt werden. Währenddessen wird der Stadionneubau in der Schweiz vorrangig mittels privater Gelder finanziert".78

75 Vgl. VORNHOLZ (2001): 14 76 Vgl. HOPFGARTNER (2003): 60ff. 77 Vgl. VORNHOLZ (2001): 15 78 WITSCHEK (2005): 52

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In allen anderen Fällen "muss die Stadionkapazität dem Besucherpotential und der Besucherhäufigkeit für die einzelnen Events angepasst werden, wobei sich ausreichende Kaufkraft und Einzugsgebiet nur in Großstädten oder Ballungsräumen ergeben wird".79

Aufgrund der hohen Kosten einer neuen Arena versucht der Errichter oft, weitere Eigenkapitalgeber zu akquirieren. Dabei kommen einerseits Investoren in Betracht, die sich aufgrund erwarteter Renditen am Projekt beteiligen, aber auch Unternehmen, die ein wirtschaftliches Interesse am Bau und Betrieb haben können. Bei der Gestaltung der Finanzierung hat der Hauptinvestor oder Bauherr daher die Aufgabe, die von dem Projekt profitierenden Unternehmen zu identifizieren, und in weiterer Folge von den Vorteilen einer finanziellen Beteiligung zu überzeugen. Während der Bauphase sind dies vor allem die Bauunternehmen und die für das technische Equipment der Immobilien zuständigen Ausrüster. "Weiterhin besteht die Möglichkeit, dass zukünftige Einnahmeströme, die durch den Betrieb entstehen, bei der Stadionfinanzierung in einen Kapitaleinsatz umgewandelt werden".80 Dabei ist vor allem an die Lieferanten von Energie und Wasser sowie F&B81 zu denken, da sich für sie durch den Betrieb der Anlage eine zusätzliche Nachfrage ergibt. Gegen eine langfristige Abnahmegarantie könnte ein finanzielles Engagement z.B. in Form eines Contracting-Modells erreicht werden. Zusätzlich kann durch langfristige Partnerschaften mit Sponsoren eine langfristige Sicherung von Einnahmeströmen erreicht werden. Eine höhere Eigenkapitalquote in Verbindung mit langfristig gesicherten Einnahmen erleichtert auch eine meist notwendige Fremdfinanzierung der noch nicht durch private oder öffentliche Mittel abgedeckten Errichtungskosten.

Die öffentliche Hand erhält durch den Bau und den Betrieb von Sport- und Freizeiteinrichtungen sowohl einen Imagegewinn als auch finanzielle Vorteile, wobei zwischen direkten, indirekten und induzierten Effekten unterschieden werden kann: Die direkten ökonomischen Effekte entstehen durch den Bau und den Betrieb des Stadions, da positive Wertschöpfungseffekte in Form neuer Arbeitsplätze und erhöhter

79 VORNHOLZ (2001): 15 80 VORNHOLZ (2001): 16 81 Food and Beverage

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Steuereinnahmen ausgelöst werden. Die indirekten Effekte betreffen die Auswirkungen auf Zulieferer und die durch die Anlage ausgelösten weiteren Umsätze wie bezogene Waren und Dienstleistungen, außerdem werden auch für die regionale Tourismusindustrie zusätzliche Frequenzströme ausgelöst. Induzierte Effekte ergeben sich dadurch, dass ein Teil der durch die direkten und indirekten Auswirkungen des Stadions anfallenden Einkommen in der Region wieder ausgegeben werden.82 83

Abb. 8: Auswirkungen eines Stadions für Gemeinden

Stadionbedingte Ausgaben

Personalausgaben Besucherausgaben Sachausgaben

direkte und indirekte Auswirkungen

Erhöhung der Einkommen in und außerhalb der Region

induzierte Effekte

Quelle: eigene Darstellung, nach VORNHOLZ

82 Vgl. VORNHOLZ (2001): 17 f. 83 In der Betrachtung der Stadien in den USA wird unten noch näher auf induzierte Effekte eingegangen, Anm.

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Neben rein wirtschaftlichen Aspekten können Stadien auch das Image und Ansehen der Gemeinde fördern und so zu einem Instrument des Stadtmarketings im Standortwettbewerb werden.

Eine von Stararchitekten entworfene Arena wird auch zu einer architektonischen Ikone84 und spielt im internationalen Städtewettbewerb eine bedeutende Rolle, weshalb beispielsweise die Entwürfe von Herzog & de Meuron zur Allianz Arena in München "bereits seit Jahren in Form von Entwurfskizzen und Modellen auf internationalen Immobilenmessen und Architekturausstellungen zirkulierten".85

Gleichzeitig stellen der Bau und Betrieb einer neuen Arena eine hohe Investition sowie laufende Kosten dar, die zu zukünftigen finanziellen Belastungen der öffentlichen Hand führt. Angesichts der vorher aufgezeigten positiven Effekte sind Gemeinden und Länder jedoch häufig zu einem Stadionengagement bereit, ohne welches die Projekte meist gar nicht realisierbar wären. "Die Beteiligung einer Kommune am Stadionbau basiert (aber) in mancher Hinsicht nicht auf diesen ökonomischen Überlegungen, sondern ist emotional begründet".86

Keinesfalls emotional verklärt ist die Sichtweise der Kreditinstitute. Für sie ist der Markt für Sport- und Freizeitimmobilien noch ein vergleichsweise junges Geschäftsfeld, was auch mit der oben beschriebenen Entwicklung der Finanzierungsformen zu tun hat. Das vergleichsweise hohe Risiko einer Stadioninvestition sowie die Langfristigkeit der benötigten Finanzierung führen dazu, dass Banken, wieder analog zu Gewerbeimmobilien, nur dann zu Kreditvergaben bereit sind, wenn gezeigt werden kann, dass das Projekt einen zur planmäßigen Bedienung des Fremdkapitals hinreichenden Cash Flow erwirtschaftet. Die Kreditinstitute stellen daher mit Hilfe von Modellrechnungen und eigener Marktanalysen eine Prognose über die zukünftigen Kosten und Einnahmepotentiale auf. "Die Grundlage hierfür sollten die

84 Vgl. ZINGANEL/ZILLNER in MARSCHIK ET AL. (2005): 374 85 ZINGANEL/ZILLNER in MARSCHIK ET AL. (2005): 374 86 VORNHOLZ (2001): 18

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vorsichtigen Annahmen eines Bankers Case sein".87 Bei der Finanzplanung werden sie, im Unterschied zu den Investoren und Initiatoren, die zukünftigen Einnahme- und Kostenentwicklungen daher deutlich zurückhaltender beurteilen. Dies betrifft sowohl die ungewissen Perspektiven der Vereinseinnahmen als auch die prognostizierten Erträge aus anderen Events und der Rand- und Mantelnutzung. Die Stadien werden meist über Zeiträume von bis zu 25 Jahren finanziert, in denen das Fremdkapital zurückzuzahlen ist. Die unsicheren Renditeerwartungen ergeben sich dabei vor allem aus den wirtschaftlichen Risiken sportlicher Misserfolge, wobei ein Abstieg für die Investition das größte Risiko bedeutet.88 Die hohen Unsicherheiten sowie immer noch ungenügende Erfahrung mit Stadionprojekten haben dazu geführt, dass sich Banken nur unter sehr restriktiven Bedingungen, wie einem ausreichend hohen Eigenkapitalanteil und der Besicherung des Schuldendienstes, meist über Bürgschaften der Länder und Gemeinden, an der Finanzierung von Stadien beteiligen.

3.4. Kosten und Einnahmepotentiale neuer Stadien

Die kurz aufeinander folgende Austragung der weltgrößten Fußballturniere in Deutschland 2006 und in Österreich und der Schweiz 2008 haben einen regelrechten Investitionsboom in den betroffenen Ländern ausgelöst. Die durch das internationale Rampenlicht notwendig gewordenen Modernisierungen, Um- und Neubauten boten die Möglichkeit, die bestehenden Stadien in "mehr oder minder multifunktionale Arenen mit angenehmen Tribünenplätzen und attraktiven Veranstaltungsangeboten zu verwandeln".89 Die Gemeinsamkeiten aller für die Welt- oder Europameisterschaften gebauten neuen Projekte lassen sich anhand von drei großen Trends90 im Stadionbau der letzten Jahre festmachen: a.) Gestiegene Anforderungen der Zuschauer, die genau wie in anderen Freizeiteinrichtungen höherwertigen Komfort, der sowohl das Platzangebot (überdachte,

87 VORNHOLZ (2005): 36 88 Vgl. VORNHOLZ (2005): 36-39, sowie VORNHOLZ(2001): 18 ff. 89 VORNHOLZ(2001): 21 90 sB – Sportstättenbau und Bäderanlagen 4/2005: 22

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bequeme Sitzplätze mit guter Sicht auf das Spielfeld) als auch den Service (vielfältige Catering- und Hospitalityangebote für alle Ansprüche) beinhaltet. b.) Zunehmende Kommerzialisierung des Sports, die auch zur stärkeren Vermarktung von Vereinen und Stadien geführt hat. Um neue Einnahmepotentiale zu erschließen, ist daher Flexibilität und Multifunktionalität der Stadien gefordert, um vielfältige Veranstaltungen aus den Bereichen Sport, Kultur und Unterhaltung durchführen zu können, die wiederum für die Refinanzierung benötigt werden. Durch verschiedene Randnutzungen können weitere Einnahmen erzielt werden. 91 c.) Die im vorigen Abschnitt beschriebene Veränderung der Finanzierung von Stadienbauten von "klassisch"92 zu "modern"93, die aufgrund der gestiegenen Errichtungskosten sowie sinkender Investitionsbereitschaft der öffentlichen Hand vollzogen wurde. Um Stadien betriebswirtschaftlich führen zu können, muss auch die Dimensionierung an die Marktgegebenheiten angepasst werden. "Durch Anpassungen an die veränderten Finanzierungskonzepte ist es (…) teilweise zu einer kleineren als der ursprünglich geplanten Variante gekommen. Andere Projekte, die zunächst mit dem Einsatz privater Mittel geplant waren, wurden letztlich rein öffentlich finanziert (z.B. in oder Berlin)".94

3.4.1. Kosten eines neuen Stadions

Die Investitionskosten für ein neues Stadion setzen sich aus drei Teilen zusammen – Grundstückskosten, Baukosten und Infrastrukturkosten. Die direkten Grundstückskosten sind oft zu vernachlässigen, da der Grund oder das alte Stadion der Stadt gehören. Die Baukosten umfassen sowohl die Ausgaben im Zusammenhang mit der Projektentwicklung als auch die eigentlichen Baukosten selbst. Sie sind abhängig von Größe und Ausstattung des Stadions, "wobei ein reines Fußballstadion die

91 Vgl. VORNHOLZ (2001): 21 92 rein öffentliche Finanzierung 93 Errichtung mit Beteiligung privater Investoren, PPP, oder auch rein private Finanzierung 94 VORNHOLZ (2001): 21

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geringsten Kosten aufweist".95 Werden weitere Einnahmen benötigt, fallen durch die Schaffung der benötigten Infrastruktur für die Erschließung weiterer Einnahmequellen wie z. B. eines VIP-Bereichs oder erweiterten Caterings auch höhere Kosten an. Wird eine Multifunktionalität des Stadions, die bisweilen vom bisherigen Eigentümer oder der Gemeinde zur Auflage gemacht wird, angestrebt, ist eine frühest mögliche Einbindung der zukünftigen Betreiber und Veranstalter notwendig, um konzeptionelle Fehler96 und vor allem Kosten zu vermeiden. Drittens können Infrastrukturkosten entstehen, wenn eine Anbindung des Stadions an die öffentliche Verkehrsinfrastruktur und Versorgung zu erfolgen hat.

"Stadien beanspruchen einen enormen Klumpen städtischen Raums. Ein wichtiges Stadion an einem Ort außerhalb der Stadt zu setzen heißt Autobahnausfahrten, Verkehrskontrolle, Kreisel und große infrastrukturelle Veränderungen hinzuzufügen."97

Hier kann jedoch meist mit einer Unterstützung seitens der Länder und Gemeinden gerechnet werden, beziehungsweise stellt die Übernahme der Infrastrukturkosten den Beitrag der öffentlichen Hand zum Stadionprojekt dar. 98 Ein Beispiel für ein derartiges öffentliches Engagement ist die Allianz-Arena in München, wo die notwendigen Infrastrukturmaßnahmen wie den Ausbau der Autobahn, der U-Bahn und weiterer Straßenanbindungen in Höhe von mindestens 300 Mio. Euro von der öffentlichen Hand übernommen wurden.99

Die jährlichen Aufwendungen für Zins- und Tilgungszahlungen fallen je nach Eigentümerstruktur unterschiedlich aus. Falls der Verein nicht Eigentümer des Stadions ist, hat er eine Pacht an den Eigentümer, überwiegend die Gemeinde, zu bezahlen, die "an den Gesamtaufwendungen der Erstliga-Vereine im Durchschnitt nur einen Anteil

95 VORNHOLZ (2001): 22 96 Dies betrifft beispielsweise notwendige Infrastruktur für Auf- und Abbau sowie die Durchführung von Veranstaltungen wie z.B. akustische oder elektrische Ausstattung. 97 PROVOOST (2000): 179 98 Vgl. VORNHOLZ (2001): 20 ff. 99 Vgl. BISTOPOULOS (2005): 21

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von knapp 3 v. H."100 hat. Ist nach einem Neubau der Verein direkt an der Stadionfinanzierung beteiligt, betragen die jährlichen Zins- und Tilgungszahlungen "rund 10 bis 15 Prozent des Fremdkapitals". 101

Zu den weiteren Kosten zählen die Aufwendungen für den Spielbetrieb, dazu Geschäftsführungs- und Betriebskosten sowie Wartung und Instandhaltung des Stadions. Ähnlich anderen Freizeitanlagen wird hier mit bis zu jährlich 2 Prozent der Investitionssumme zu rechnen sein. Bei der Durchführung von weiteren Sport- und Kulturevents hängen die Kosten davon ab, ob es sich um Eigen- oder Fremdveranstaltungen handelt – bei eigenverantwortlich durchgeführten Veranstaltungen liegen die Bruttoeinnahmen höher, es entstehen aber auch höhere Kosten und vor allem Risiken. 102

3.4.2. Einnahmepotentiale von Arenen

Ein neues Stadion ermöglicht neue Vermarktungs- und Einnahmepotentiale, wovon nach den Einnahmequellen zwischen Erlösen aus Ligasport, weiteren Sport- und Kulturveranstaltungen sowie den Einnahmen aus der Randnutzung unterschieden werden kann. Die folgende Abbildung stellt die in Zusammenhang mit Arenen stehenden Einnahmeströme dar.

100 VORNHOLZ (2001): 23 101 VORNHOLZ (2001): 23 102 Vgl. VORNHOLZ (2001): 24

36

Abb. 9: Geplante Einnahmeströme für das neue Stadion

103

Bei vielen Stadionprojekten wird zwischen einer Besitz- und Betriebsgesellschaft unterschieden. Die Besitzgesellschaft ist der Investor und plant, finanziert und baut das Stadion, während die Betriebsgesellschaft das Stadion gegen eine Pacht mietet und Veranstaltungen durchführt bzw. das Stadion an Veranstalter weiterer Kultur- und Sportevents weitervermietet.104

103 Quelle: nach VORNHOLZ (2001): 25 104 Vgl. VORNHOLZ (2001): 25

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Abb. 10: Modell einer PPP-Finanzierung

Potentielle Eigenkapitalgeber

Sicherheiten Investoren Verein Öffentliche Hand

Gesellschafter Fremdkapital Besitzgesellschaft Banken

Vertrag Sicherheiten Betriebsgesellschaft Öffentliche Hand Pachtvertrag

Ligasport Sport- und Randnutzung Einnahmequellen: Kulturevents

Quelle: Eigene Darstellung, nach VORNHOLZ, GROBOVSCHEK

Nachstehend werden die einzelnen Einnahmearten separat betrachtet. Der wirtschaftliche Erfolg eines Stadions hängt in erster Linie von der Nachfrage und damit der Anzahl der Veranstaltungen und Besuchern ab. Als absolut wichtigstes Kriterium "wird die Durchführung von regelmäßigen Ligasportveranstaltungen angesehen"105, wobei sich die jeweilige Sportart regional unterscheidet. So beherrscht in Europa der Fußball die Stadien, wohingegen in auch Rugbyspiele in großen Stadien stattfinden, und in den USA hauptsächlich (American) Football und Baseball die dominierenden Sportarten in Arenen sind. Durch diese regelmäßigen106 Ligasportveranstaltungen wird die Grundauslastung erreicht. Wie die vergangenen Jahre

105 VORNHOLZ (2001): 27 106 bei nur einem das Stadion bespielenden Verein üblicherweise im 2-Wochen-Rhythmus; Anm.

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gezeigt haben, ist durch ein neues Stadion ein spürbarer Zuwachs bei den Besucherzahlen zu beobachten, die Auslastung der Stadien ist teilweise deutlich angestiegen, auch der Eintrittspreis konnte gesteigert werden.107 Mittelfristig kann allerdings durch den Neugiereffekt108 ein nachlassendes Interesse an der Anlage erwartet werden. Vorhandener sportlicher Erfolg kann darüber hinaus auch zu weiteren Spielen (nationale und internationale Pokalspiele oder Freundschaftsspiele) und dadurch zu weiteren Einnahmen führen. Der (Fußball) Sport stellt somit nicht nur die Haupteinnahme des Stadions dar, sondern gleichzeitig die Grundlage für die kostendeckende Vermarktung des Stadions – nur mit einem erfolgreichen und nachgefragten Angebot können Sponsoren, Investoren als auch Hospitality109- und VIP- Kunden angezogen werden.

3.4.3. VIP-Bereich und Hospitality

Gerade die Betreuung der Kunden während eines Fußballspiels spielt aus ökonomischer Sicht für die Stadienbetreiber eine immer wichtigere Rolle, da die hierdurch erzielten Einnahmen in keinem Verhältnis zu den sonstigen Ticketeinnahmen stehen – Logenplätze, Business Seats oder Skyboxen110 werden üblicherweise im Paketpreis für ein oder mehrere Jahre angeboten, und sind erheblich teurer als konventionelle Zuschauerplätze.111 "Durch die Möglichkeit der Preisdiskriminierung ergibt sich die Möglichkeit, die Konsumentenrente der zahlungskräftigeren Zuschauer abzuschöpfen".112

107 Vgl. DFL "Die wirtschaftliche Situation im Lizenzfußball 2004" zitiert nach VORNHOLZ (2005): 11 108 Der sog. Neugiereffekt ist bei Sport- und Freizeitanlagen häufig zu beobachten: Durch eine neue Anlage steigt das Besucheraufkommen zunächst erheblich, um dann aber nach einigen Jahren wieder abzunehmen; Vgl. VORNHOLZ (2001): 11 109 von Hospitality, engl. Gastfreundschaft, alle Maßnahmen, die zur Betreuung des Kunden vor, während und nach einer Veranstaltung dienen, um ihm den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen; Anm. 110 im obersten Rang eines Stadions gelegene, oft verglaste Logen; Anm. 111 Vgl. BISTOPOULOS (2005): 51 f. 112 VORNHOLZ (2001): 29

39

Abb. 11: VIP-Bereich

Logen Business-Seats

Zielgruppe Große und mittelständische Unternehmer und Unternehmen Privatpersonen Angebot Logen mit eigenem Personalisierte Sitzplätze Catering, Zugang zur auf der Haupttribüne, Pressekonferenz, Parkplätze Restaurant-Catering, Zugang zu Business-Club zusätzliche ganzjährige Verwendung Optionsrecht für weitere Aktivitäten der Loge als Konferenz- Veranstaltungen oder Veranstaltungsraum, Incentives

Preis Ab rund 50.000 € p.a. ab rund 5.000 € p.a.

113

Der Kauf von Logen oder Business-Seats ist mit höchstem Komfort und besonderem Service (z.B. VIP-Restaurant) für die Besucher verbunden. Die Logenbesucher genießen luxuriös ausgestattete beheizte Räumlichkeiten mit eigener Bewirtung, Garderobe und meist auch eigenen Parkplätzen. Überdies bestehen Zusatzangebote wie beispielsweise der Besuch der Pressekonferenzen. Die Zielgruppe bei den Logen sind große und mittelständische Unternehmen, während Business Seats vornehmlich ein Angebot für wohlhabende Privatpersonen sind. "Wer sich beispielsweise eine Loge für die Spiele der Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland sichern will, muss hierfür je nach deren Lage und Größe sowie der Wertigkeit der Spiele zwischen 99.000 und 210.000 Euro investieren".114 Logen stehen den Mietern üblicherweise auch unter der Woche außerhalb der Spielzeiten zur Verfügung, wo sie für Kundenveranstaltungen oder Konferenzen genützt werden können. Aufgrund des niedrigeren Preises steht den Mietern der

113 Quelle: eigene Darstellung 114www.stadionwelt.de/stadionwelt_business/index.php?template=news&stadionname=&stadt=&news_id =380

40

Business-Seats ein geringeres kostenloses Angebot zur Verfügung. Durch den VIP- Bereich kann zusätzlich die Bindung der Sponsoren an den Verein verbessert werden. Die Hospitality- Studie der UFA Sports GmbH belegt, dass Logenplätze zu 80% von Geschäftsfreunden oder Kunden von Logenmietern frequentiert werden. Hospitality kommt daher in erster Linie als Instrument für Business-to-Business Kommunikation zum Einsatz, und wird dort sehr geschätzt, was die Überschussnachfrage bei einigen Vereinen beweist. 115

Die Einladung von Kunden in eine private Loge bietet eine gute Möglichkeit, Geschäftskontakte zu knüpfen und zu vertiefen. Darüber hinaus sind die anfallenden Kosten für die Unternehmen Werbungskosten und daher zum Teil steuerlich abzugsfähig. Der VIP-Bereich stellt zudem eine Möglichkeit dar, um in anderen Bereichen des Stadions preisgünstige Eintrittskarten anbieten zu können, somit erfolgt eine "stadioninterne Quersubventionierung, da die Stehplätze mitfinanziert werden".116 "Die Stimmungskanonen auf den Rängen heizen auch den profitableren Logenplätzen ein – in der Amsterdam ArenA wird der Klang der Hardcore-Fans in verstärkter Form in den VIP-Bereich übertragen".117

Die folgende Abbildung zeigt die Einnahmepotentiale der verschiedenen Zuschauerbereiche der Arena AufSchalke. Die Besucher der 72 Logen und auf den 1.400 Business-Seats haben zwar nur einen geringen Anteil an den Zuschauerzahlen, weniger als 5%, doch erzielt der VIP-Bereich aber rund 40% der Zuschauereinnahmen.118

115 Vgl. Ufa Sport GmbH Studie (2005) 116 Vgl. VORNHOLZ (2001): 30 117 PROVOOST (2000): 34 118 Vgl. VORNHOLZ (2001): 30

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Abb. 12: Zuschauereinnahmen FC Schalke 04

Im Vergleich zu Tribünensitzplätzen erfordert der Bau von Logen aber auch höhere Kosten und Ausgaben. Diese bestehen sowohl in der höherwertigen Ausführung der Logen (Ausrüstungskosten des Bereichs wie Catering-Infrastruktur und Grundausstattung) als auch in Alternativkosten, da die zu den Logen gehörenden durchschnittlich 10 Sitzplätze nicht mehr verkauft werden können. Der Betrieb des VIP- Bereichs ist mit zusätzlichen Kosten wie das im Preis enthaltene Catering, Security und Reinigung verbunden.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass VIP-Bereiche sich sowohl für die Stadionbetreiber als auch für die Mieter lohnen – den überdurchschnittlichen Einnahmen für den Veranstalter stehen die geschäftliche Nutzung durch die Logenmieter gegenüber, die die Möglichkeit nutzen, "attraktiven Profifußball in Verbindung mit Anbahnung von Geschäftsabschlüssen und der Pflege von Geschäftskontakten zu bringen".119

119 BISTOPOULOS (2005): 52

42

Durch die Logen wird ein Stadion in seiner gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Akzeptanz aufgewertet und ist diesbezüglich eine Alternative zum Golfplatz geworden.

3.4.4. "Naming Rights"

Eine wichtige Einnahmequelle des Stadions besteht in intensiveren Werbemöglichkeiten. Über technische Einrichtungen wie Videoleinwände, Stadionmonitore und elektronische Werbetafeln können durchgehend Werbespots ausgestrahlt werden, während sich das Stadion selbst als Bühne für Firmen- und Projektpräsentationen anbietet. Eine weitere Form, (Werbe-) Einnahmen für Stadioninvestitionen zu generieren ist der Verkauf der Namensrechte am Stadion. Diese im amerikanischen Spitzensport seit längerem verbreitete Praxis kam 2001 nach dem Abriss und darauf folgenden Neubau des alten Hamburger Volksparkstadions erstmals im deutschen Sprachraum zur Anwendung. Der Hamburger SV verkaufte die Namensrechte des neuen Stadions für umgerechnet 15 Mio. € für 5 Jahre an den Internetanbieter AOL – aus dem wurde die AOL Arena.120 Für die Gemeinden oder Vereine als Stadionbetreiber ergeben sich beträchtliche zusätzliche Einnahmen. So bezahlte die Versicherungsgesellschaft Allianz für die Namensrechte am 2005 eröffneten neuen Münchner Stadion, das folglich Allianz Arena genannt wurde, 90 Mio. € über 15 Jahre, das Energieversorgungsunternehmen RheinEnergie seinerseits zahlte 15 Mio. über 5 Jahre, um dem neuen Kölner Stadion seinen Namen zu verleihen. Eine Einschränkung des Werbewertes der Investition ergibt sich für die Namensgeber in der Zeit der Fußballweltmeisterschaft im Juni 2006: aufgrund der strengen Werbebestimmungen des veranstaltenden Weltfußballverbandes FIFA dürfen während des Turniers WM-Stadien keine kommerziellen Namen tragen. Die betroffenen Stadien (AufSchalke, , Frankfurt, , Hannover, München, Köln) müssen für die Dauer der WM auf "FIFA WM Stadion" und den jeweiligen Austragungsort umbenannt werden.

120 Vgl. BORGMANN/FLOHR in MARSCHIK et al. (2005): 309f.

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In den USA ist der Verkauf von "Naming Rights" seit den Neunzigerjahren des 20. Jahrhunderts gängige Praxis, wobei die bezahlten Summen dem Markt entsprechend höher sind. Ende 2000 bezahlte etwa das IT-Unternehmen CMGI umgerechnet 130 Mio. € für das Recht, die Arena des Football-Teams der New England Patriots in Boston für 15 Jahre nach sich benennen zu dürfen121, und der Energieversorger Reliant musste für das Sponsoring des Reliant Stadium, das Footballstadion der Houston Texans, der Reliant Arena (Veranstaltungshalle) sowie des Messegeländes von Houston $300 Mio.122 bezahlen. In Europa hat der FC Arsenal London anlässlich des Baus seines 2006 eröffnenden neuen Highbury-Stadions mit der Fluglinie Emirates den bis jetzt lukrativsten Vertrag abgeschlossen, die Fluggesellschaft bezahlt erstmals im europäischen Raum über 100 Millionen € für die "Naming Rights". "Es ist ein Symbol für unternehmerischen und gesellschaftlichen Stolz geworden, und die Firmen wollen so in ihre Gemeinde investieren. Diese Eigentümer müssen neue Spielstätten schaffen, um im Wettbewerb mitzuhalten."123

Die Höhe der Erträge aus dem Verkauf der Namensrechte für Stadien richtet sich jeweils nach der Kaufkraft und der Medienkonzentration in der Region124, der Attraktivität der Mannschaft die im Stadion ihre Heimspiele bestreiten soll, sowie den zu erwartenden Werbewerten für die Namensgeber, die vor allem aus der begrifflichen Verbindung zwischen dem Unternehmen und dem Stadion und der infolgedessen häufigen medialen Nennung des Firmennamens bestehen.

Für AOL stellte sich das Sponsoring des Hamburger Stadions als großer Erfolg heraus: "Das Unternehmen verbuchte durch die Namensübernahme geschätzte fünf Milliarden zusätzlicher Medienkontakte, und gewann für seinen Mut, als erster Konzern einen Stadionnamen zu kaufen, sogar den Innovationspreis beim Internationalen Sponsoring Award eines Fachverbandes."125

121 Vgl. BORGMANN/FLOHR in MARSCHIK et al. (2005): 313 122 wobei der Vertrag über 30 Jahre abgeschlossen wurde, Anm. 123 PROVOOST (2000): 71 124 Vgl. BISTOPOULOS (2005): 27 125 BORGMANN/FLOHR in MARSCHIK et al. (2005): 311

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Bei dem Verkauf oder der Verpachtung des Stadionnamens ergeben sich auch einige Risiken für den Stadionbetreiber. Zum einen bildet der Name einer Arena ein langjähriges Identifikationsgefühl für die Fans, die an Traditionen festhalten wollen, und sich durch den Verlust eines gewohnten Namens vor den Kopf gestoßen fühlen. So kam es auch 2001 in Hamburg zu Auseinandersetzungen. Das Identifikationsproblem dürfte allerdings weniger gegeben sein, wenn ein neuer Stadionkomplex an einem neuen Standort entsteht, e.g. in München, wo die alte Heimstätte des FC Bayern und des TSV 1860 München, das Olympiastadion bestehen bleibt, als wenn ein Neubau an gleicher Stelle erfolgt.126 Auch gibt es nur eine begrenzte Zahl von Unternehmen, die sich diese Art des Sponsorings leisten können und wollen.

Eine weitere unerwartete Schwierigkeit kann entstehen, wenn der Namensgeber in finanzielle Schwierigkeiten gerät. 2001 musste der Vertrag des Baseballteams der Houston Astros mit dem Energieversorger Enron im Wert von $100 Mio. über 30 Jahre aufgelöst werden, da Enron im Dezember im Zuge des Bilanzfälschungsskandals Konkurs anmelden musste. Im Februar 2002 erlangten die Houston Astros die Verfügungsgewalt über ihren Stadionnamen wieder, und begannen, sich nach einem Ersatz für Enron umzusehen, den sie schließlich in der Minute Maid Co., einem Saftproduzent und Tochterunternehmen von Coca-Cola, fanden. Nach einem Vertragsabschluss im Wert von $170 Mio. über 28 Jahre konnten die Astros ihre Position gegenüber dem vorigen Verkauf sogar verbessern, und bestreiten ihre Heimspiele nun im Minute Maid Park. 127

Zu einem weiteren geplatzten "Naming Rights Deal" kam es 2001 in der National Football League, als der Internet Service Provider PSINet, seit 1999 um $105,5 Mio. für eine Laufzeit von 20 Jahren Namenssponsor des Stadiums der Baltimore Ravens, Konkurs anmelden musste. Die Organisation der Ravens konnte schließlich die

126 Vgl. BORGMANN/FLOHR in MARSCHIK et al. (2005): 311 127 Vgl. WATERMAN – "The Naming Game": 2, in PanStadia International Quarterly Report Vol.10 No.2, November 2003

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Namensrechte an ihrem Stadium um $5,9 Mio. von PSINet zurückkaufen.128 Nunmehr spielen sie im M&T Bank Stadium, wobei gerade in den USA ein Trend zu Finanzdienstleistungsunternehmen als Namensgeber zu beobachten ist.

Auch in Österreich gibt es bereits zwei Beispiele für "Naming Rights": das 2003 eröffnete Fill Metallbaustadion in Ried, Heimat des SV Ried, sowie seit 18. Februar 2006 die UPC Arena in Graz. Das 1997 eröffnete Grazer Stadion war ursprünglich nach Arnold Schwarzenegger benannt worden. Nachdem der inzwischen zum kalifornischen Gouverneur aufgestiegene Filmschauspieler im Dezember 2005 die Hinrichtung des verurteilten Mörders Stanley Williams durchführen ließ und nicht aussetzte, war in seiner Heimatstadt heftige Kritik an ihm aufgekommen, wobei auch die Umbenennung des Stadions gefordert wurde. Schwarzenegger untersagte in der Folge der Stadt Graz das Recht auf die Verwendung seines Namens, worauf die Grazer Stadtregierung einen Aufruf an Firmen startete, die an einem Namenssponsoring für das Stadion interessiert waren. Den Zuschlag erhielt schließlich die Kabelbetreibergesellschaft UPC Telekabel, die über 10 Jahre kolportierte 200.000 € p.a. zahlen wird.129

Für zukünftige Stadionbauten wird der Verkauf der Namensrechte, sogar bereits vor Baubeginn, ein essentieller Bestandteil einer erfolgreichen Umsetzung des Projektes sein. Auch wenn die erste Welle des Verkaufs der Namensrechte, besonders in Deutschland, beendet zu sein scheint, ist doch die Bedeutung der "Naming Rights" inzwischen unbestritten.

128 Vgl. WATERMAN – "The Naming Game": 2, in PanStadia International Quarterly Report Vol.10 No.2, November 2003 129 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/UPC-Arena

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Tabelle 1: Beispiele für Namensrechte europäischer Stadien

alter Branche Stadt Verein neuer Name Stadionname Namensgeber

Hamburg HSV Volksparkstadion AOL Arena IT Telekom Veltins Arena/ Gelsenkirchen Schalke 04 Bier AufSchalke RheinEnergie Köln 1. FC Köln Müngersdorfer Stadion Energie Stadion

Frankfurt Arena Bank

Hannover AWD Arena Finanzdienstleister

FC Bayern/ TSV München Olympiastadion Allianz Arena Versicherungen 1860 Ulrich Haberland Leverkusen BayArena Pharma Stadion

Wolfsburg Vfl Wolfsburg Neubau Autobau

Dortmund Signal Iduna Park Versicherungen

Nürnberg 1.FC Nürnberg Frankenstadion Easy Credit- Stadion Bank

Fortuna Düsseldorf Düsseldorf LTU Arena Reiseveranstalter (3.Liga)

Arnold Schwarzenegger Graz Sturm Graz/ GAK UPC Arena IT Telekom Stadion

Ried SV Josko Ried HomeLife Arena Fill Metallbaustadion Metallbau

London Arsenal Highbury Emirates Stadium Fluglinie

Bolton Bolton Wanderers Neubau Reebok Stadium Sportartikel

Quelle: Eigene Darstellung, Recherche der Vereinshomepages

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3.4.5. Sport- und Kulturveranstaltungen

Für viele Stadionneubauten reichen die aus dem Ligasport zu erwartenden Einnahmen nicht für die Refinanzierung der Investitionen aus, so dass zusätzliche Einnahmequellen erschlossen werden müssen. Die Alternative dazu wäre, die Dimensionierung und Kapazität des Stadions entsprechend den tatsächlich zu erwarteten Einnahmen anzupassen, und somit ein kleineres Stadion zu bauen.

Zusätzliche Veranstaltungen im Stadion können helfen, die Finanzierung sicherzustellen. "Die Veranstaltungen können die Auslastung verbessern, sie allein aber nicht sichern."130 Diese zusätzlichen Veranstaltungen können aus dem Sport-, Unterhaltungs- und Kulturbereich kommen, wobei das Spektrum von Unternehmensveranstaltungen und Firmenmessen bis hin zu Kirchentagen sehr breit gefächert ist. Neben vielen kleineren Events wie Tagungen und Seminaren, die zwar einen kleineren Deckungsbeitrag leisten, sollen doch vor allem größere Events wie die Vermietung für Konzerte einen Beitrag zum Schuldendienst leisten. Aufgrund der benötigten Zuschauerzahl sind aber jährlich nur wenige Events realistisch.

Zwingend notwendig ist für die Durchführung der Events eine flexible Gestaltung und bauliche Konzeption des Stadions, die unter dem Schlagwort "Multifunktionalität" bekannt geworden ist. Durch diese Multifunktionalität soll die Auslastung der Arenen erhöht und insgesamt ein höherer Cash Flow erzielt werden, um den Schuldendienst zu bedienen, sie führt aber notwendigerweise zu höheren Investitionskosten. "Durch die Multifunktionalität steigen die Baukosten teilweise überproportional an, (…) und so erhöht sich auch das Finanzierungsrisiko."131 Die Durchführung von Events erfordert zusätzliche Investitionen in Ver- und Entsorgung und Fluchtwege sowie für Bühnen und Statik. Auch ein Ansteigen der Betriebskosten ist zu erwarten, da wohl nicht alle Kosten an die Eventveranstalter weiterverrechnet werden können.132

130 VORNHOLZ (2001): 45 131 VORNHOLZ (2001): 46 132 Vgl. VORNHOLZ (2005): 15

48

So kann beispielsweise in der Arena AufSchalke der Rasen unter einer Seitentribüne herausgefahren werden, um die Verwendungsmöglichkeiten der Arena zu erhöhen, und andererseits den Rasen zu schützen. Auf dem vom Rasen befreiten Untergrund lassen sich verschiedenste Veranstaltungen im Show- und Sportbereich wie Opernaufführungen, Konzerte oder Motocross- und Crash-Car-Events133 durchführen, die neben der Miete auch durch die Berichterstattung in den Medien wieder einen Werbeeffekt für das Stadion erzielen.

Eine höhere Auslastung des Stadions durch zusätzliche Kultur- und Sportveranstaltungen hängt wesentlich vom Management des Betreibers ab. Hierzu ist ein Betriebs- und Marketingkonzept, das die Besonderheiten des lokalen Marktes berücksichtigt notwendig. Dies beinhaltet gerade im Bereich der Konzerte und Großveranstaltungen die erfolgreiche Einbindung der regionalen Veranstalter, wie oben beschrieben, idealerweise bereits in der Planungsphase.

3.4.6. Der Konzertmarkt

Wenn Künstler eine Stadiontour bestreiten, ist in der Regel eine überregionale Konzert- und Künstleragentur mit der Organisation beauftragt, die bei lokalen Veranstaltern und Stadienbetreibern nach verfügbaren Kapazitäten sowie Konditionen anfragt. Aufgrund der begrenzten Anzahl von Konzerten einer Tournee wählt der Gesamtveranstalter die Veranstaltungsorte nach den für ihn günstigsten Kalkulationen.134

Eine Einschränkung besteht hinsichtlich der tatsächlich durchführbaren Anzahl von Events: es gibt nur wenige Gruppen und Stars, deren Zuschauerpotential für ein Stadionkonzert ausreicht, somit ist die Anzahl der möglichen Shows begrenzt, wobei die in Frage kommenden Künstler auch nicht jedes Jahr auf Tournee gehen. So finden im Wiener Ernst-Happel-Stadion durchschnittlich etwa vier Konzerte während der

133 2005 beispielsweise im Rahmen der Sendung "TV Total" übertragen 134 Vgl. VORNHOLZ (2005): 15f.

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Open-Air-Saison statt135, im Münchner Olympiastadion ebenso drei bis vier, und im Londoner Wembleystadion136 vor seinem Abriss bis zu zehn und mehr Konzerte.137

Zu einem Wettbewerb zwischen den Stadien kann es unter zwei Gesichtspunkten kommen: nach Kapazität und nach Mietkonditionen. Zwischen Stadien verschiedener Größenklassen wie beispielsweise einem Stadion mit rund 30.000 Zusehern und einem Stadion mit 50.000 besteht keine Konkurrenz, da jeder Künstler eine bestimmte zu erwartende Zuschauerzahl hat. Daher werden in der entsprechend benötigten Stadiengröße jene Orte ausgewählt, die im Verhältnis zur Kapazität den höchsten Gewinn für den Veranstalter erzielen. Selten wählen Künstler einzelne Veranstaltungsorte aus künstlerischen Gründen aus, wobei die Konkurrenz in diesem Fall auch entfällt. Daher findet die Konkurrenz um Konzerte nur innerhalb einer ähnlichen Stadionkapazität statt. Entscheidend sind hier die lokale Kaufkraft sowie das regionale Einzugsgebiet. Hier können nun die spezifischen Eigentumsverhältnisse eine wichtige Rolle spielen: Unter vergleichbaren Rahmenbedingungen haben überwiegend öffentlich gestützte Stadien den Vorteil, dass sie nicht rein betriebswirtschaftlich kalkulieren müssen, und daher den Mietpreis privater Arenen unterbieten, oder sogar auf eine Miete verzichten und beispielsweise die LTU Arena in Düsseldorf zum Betriebskostenpreis anbieten können.138 Als direkter Konkurrent der privat finanzierten und daher auf die Erwirtschaftung einer marktorientierten Rendite angewiesenen Arena AufSchalke/ Veltins Arena in Gelsenkirchen kann die LTU Arena daher vor allem bei Events, die vermutlich nicht ausverkauft werden, zu "Dumpingpreisen" angeboten werden. Bei Konzerten, von denen zu erwarten ist, dass sie ausverkauft werden, oder wenn die zu erwartende Nachfrage das Angebot sogar übersteigen sollte, würde der Veranstalter

135 Vgl. www.stadthalle.at 136 Im Wembleystadion werden als "Nationalstadion" keine Ligaspiele durchgeführt, daher konnten mehr Konzerte durchgeführt werden, zusätzlich ist der Londoner Markt bedeutend wichtiger für Musiker als beispielsweise Wien, wo ebenfalls keine regelmäßigen Ligaspiele stattfinden. 137 Vgl. VORNHOLZ (2001): 48 138 Vgl. Kölner Stadtanzeiger v. 25.01.2005, Open-Air Konzert in Köln, S.21, zitiert nach VORNHOLZ (2005): 17

50

im direkten Vergleich aufgrund der um etwa 6.000 Personen höheren Zuschauerkapazität und der daraus folgenden höheren Gesamteinnahmen wohl dennoch die Arena AufSchalke wählen, es sei denn die Betreiber der LTU Arena würden gänzlich auf die Stadionmiete verzichten, was sie, wie oben gezeigt, aufgrund ihrer öffentlichen Finanzierung leichter verkraften kann. Aufgrund der unterschiedlichen Eigentümerverhältnisse kann es in der Konkurrenz auf dem Konzert- und Eventmarkt demgemäß zu Wettbewerbsverzerrungen kommen, die zu Lasten der privaten Stadionbetreiber gehen.

Da viele der Stadionprojekte der letzten Jahre auf Multifunktionalität ausgelegt sind, und aufgrund ihrer Finanzierungsstruktur auf zusätzliche Erlöse aus Konzerten und Showevents angewiesen sind, ist mit einem Ansteigen der Konkurrenz zwischen den einzelnen Stadien und in Folge niedrigeren Eventmieten zu rechnen. Für viele der Projekte sind daher geringere Einnahmen als projektiert zu erwarten. In der folgenden Tabelle ist die durchschnittliche Verteilung der Einnahmen eines Konzertes in einem Stadion abgebildet.

Tabelle 2: Kalkulation eines Stadionkonzertes

5%

15% Miete inkl. NK

örtlicher Veranstalter Künstler, 50% Konzertagentur Kosten vor Ort

30%

Quelle: Eigene Darstellung, nach Daten aus VORNHOLZ:(2005)

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3.4.7. Rand- und Mantelnutzung

Durch eine Um- oder Neugestaltung eines Stadions kann auch die unmittelbare Umgebung eine neue ökonomische Bedeutung erhalten. Unter den verschieden Nutzungsarten in und rund um die Arena kann zwischen vereinsnahen und vereinsfernen Randnutzungen unterschieden werden.139 Zu den vereinsnahen Nutzungen zählen z.B. Fitness- und Rehabilitationseinrichtungen, die von den Sportlern genutzt werden, aber auch anderen Kunden zur Verfügung stehen. Bestehende Hospitalityangebote wie VIP-Logen stehen den Mietern an spielfreien Tagen als Konferenzräumlichkeiten oder exklusive Veranstaltungsorte zur Verfügung, können aber auch für Kongresse, sowie Privat- und Firmenveranstaltungen vermietet werden. Begleitend wird auch das Cateringservice zur Verfügung gestellt.

Vereinsferne Randnutzungen sind Immobilien rund um das Stadion, die nicht im direkten Zusammenhang mit dem Sportbetrieb stehen. Dies können etwa Hotels und Büroimmobilien sein, wie auch Einkaufszentren und Freizeitangebote. Auch durch Parkhäuser und –plätze können abseits des Spielbetriebs zusätzliche Erlöse erzielt werden. Im Baseler St. Jakob Park, dem 2001 erbauten ersten Stadion der Architekten Herzog& de Meuron, wurde die Mantelnutzung eines Stadions revolutioniert. So wurde erstmals in einem Stadionbau der Raum unter den Tribünen entsprechend genutzt. Im St. Jakob Park sind nun sowohl ein Einkaufszentrum als auch eine Altersresidenz untergebracht, wobei den Seniorinnen und Senioren 107 verschieden große Wohnungen zwischen der 4. und der 9. Etage zur Verfügung stehen.140

Das alte Highbury Stadion in Nord-London, bis 2006 Heimstätte des FC Arsenal, wird nach dem Umzug des Vereins in das neue Emirates Stadium umfangreichen Umbaumaßnahmen unterzogen. Die West- und Osttribünen werden zu exklusiven Wohnungen umgebaut und das ehemalige Spielfeld zu einer Parkanlage gestaltet, wobei

139 Vgl. VORNHOLZ (2001): 49f. 140 Vgl. http://www.baselunited.ch/default.aspx?code=19&group=sjp

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unter dem Spielfeld Garagen für die Bewohner geschaffen werden.141 Der gesamte Komplex wird unter dem Namen "The Stadium, Highbury Square" als hochpreisiges, exklusives Wohnhausdevelopment vermarktet. Dies stellt eine bisher neue Art der Nachnutzung eines alten Stadions dar.

Abb. 13: The Stadium, Highbury Square

Quelle: http://www.thestadium-highbury.com/stadium_main.htm

Aus Investorensicht werden kommerzielle Randnutzungen für die Finanzierung des Stadions vor allem aufgrund der oben gezeigten hohen Unsicherheiten der Einnahmen aus Ligasport und zusätzlichen Veranstaltungen benötigt.142 Die wirtschaftliche Nutzung der Randflächen generiert ein von Sport und Shows unabhängiges Einkommen des Stadionkomplexes.

141 Vgl. http://www.thestadium-highbury.com/stadium_main.htm, 142 Vgl. VORNHOLZ (2001): 50f.

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Abb. 14: Das Stadion als Entertainmentkomplex

Veranstaltungen Randnutzung • Sport • Restaurant, Hotels, • Sport- und Büros Kulturevents • Entertainment- • Tagungen, Messen, angebote Kongresse • Parkplätze

STADION

Kommunale Funktion Ökonomische Bedeutung • Attraktive • Sicherung der Großveranstaltungen Finanzierung durch • Renommee durch zusätzliche Verein/ Stadion Einnahmen • Soziale Bedeutung • Ermöglichung von durch Schaffung eines Großveranstaltungen Stadtteilzentrums

Quelle: Eigene Darstellung, nach VORNHOLZ, GROBOVSCHEK

Anhängig von der Art der Randnutzung ergeben sich unterschiedliche Einnahmepotenziale: So sollen einerseits zusätzliche Einzelhandels- und Cateringangebote die Aufenthaltsdauer der Zuschauer in und um die Arenen verlängert werden, um die dort getätigten Ausgaben zu erhöhen. Andererseits werden durch Freizeit- und Entertainmentangebote zusätzliche Besucher angesprochen, die möglicherweise nicht zum Fußball oder zu Konzerten gehen würden. Im Innsbrucker Tivoli Neu ist z.B. eine Kletterhalle im Mantel des Stadions untergebracht. Weiter Beispiele für Rand- und Mantelnutzungen sind Altersheime (St. Jakob Park, Basel),

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Schulen, Shopping Center, Firmensitze, Gastronomieangebote, Hotels (BayArena, Leverkusen) und zusätzliche Freizeiteinrichtungen.143

"Ziel bleibt es (…) dass rund um die Uhr oder zumindest solange als möglich eine entsprechende Auslastung gewährleistet wird, denn dann entsteht ein optimaler Nutzen."144Wird ein Einkaufszentrum oder Kinocenter im Stadionkomplex oder in unmittelbarer Umgebung integriert, wie beispielsweise das Stadion Center Wien in der Nähe des Ernst-Happel-Stadions, ergeben sich auch unter der Woche und Abends Einnahmen, die den Cash Flow der Immobilie erhöhen und für den Schuldendienst verwendet werden können, sowie die Rendite der Investition verbessern.145

Zusätzlich kann das Stadion mit einem vielfältigen Mix an Unterhaltungs- und Gastronomiebetrieben zu einem Stadtteilzentrum werden und verbessert so die Angebotssituation und in Folge die Lebensqualität der umliegenden Anwohner.146 "Selbstverständlich rechtfertigt sich dann solch ein Projekt schneller, indem es sowohl sozial als auch betriebswirtschaftlich (…) Sinn macht"147 Gerade bei öffentlich errichteten Arenen kann ein neues Stadion wichtige Impulse zur Neugestaltung eines Stadtviertels liefern. In Wien wird anlässlich der EURO 2008 die U-Bahn Linie bis zum Stadion und in weiterer Folge darüber hinaus verlängert, sowie ein Einkaufszentrum, das Stadion Center, errichtet, welches die Nahversorgung des umgebenden zweiten Wiener Gemeindebezirks verbessern soll. Zu einer kommerziell erfolgreichen Nutzung solcher Rand- und Mantelangebote ist allerdings eine ausreichend gute öffentliche und private Erreichbarkeit des Stadions eine Grundvoraussetzung, da das Stadiongelände für die Anbieter der Komplementärnutzungen einen attraktiven Standort bieten muss.

143 Vgl. GROBOVSCHEK (2005): 52 144 GROBOVSCHEK (2005): 52 145 Vgl. VORNHOLZ (2001): 50 146 Vgl. GROBOVSCHEK (2005): 34 147 GROBOVSCHEK (2005): 51

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Den Chancen der Randnutzung stehen jedoch auch Risiken gegenüber. So besteht eine Konkurrenz zu den anderen Einnahmequellen des Stadions aus Veranstaltungen sowie zu bereits bestehenden Angeboten im Umfeld der Stadien.148 Die primäre Einkommensquelle der Stadien bilden die Erlöse aus dem Ligasport und aus zusätzlichen Veranstaltungen. Sie schaffen somit die Rahmenbedingungen für jegliche komplementäre Nutzung und dürfen durch diese nicht beeinträchtigt werden. So gehen die Termine der Heimspiele und Veranstaltungen in der Planung des Betreibers im Falle von Terminüberschneidungen eventuellen Seminaren oder Tagungen in den VIP- Bereichen vor. Auch Einzelhandelsimmobilien im Stadionbereich werden durch den regulären Stadionbetrieb eingeschränkt, da sie an Spieltagen nur beschränkt besucht werden können, und die Parkmöglichkeiten der Einkaufenden durch die Stadionbesucher anderweitig benutzt werden. Eine weitere Konkurrenzsituation kann sich im Zusammenhang mit bereits bestehenden gleichartigen Angeboten am Ort des Stadions ergeben. Daher ist bereits in der Planungsphase, ähnlich der Planung eines Einkaufszentrums, in einer Branchen- und Marktanalyse zu eruieren, ob und in welchen Branchen noch genügend Potential für weitere Anbieter besteht. So können beispielsweise bei Hotels und Kongresszentren bereits regionale Überkapazitäten bestehen, so dass nicht a priori von einem erfolgreichen Betrieb ausgegangen werden kann. "Im Stadion von Genua hat man eine darunter liegende Ladenpassage inzwischen wieder zugemauert."149

Gerade in der Randnutzung des Stadions zeigt sich die nahe Verwandtschaft von Arenen mit anderen Gewerbeimmobilien wie Freizeitparks und Einkaufszentren, wobei der Sport die Hauptattraktion darstellt, der durch vielfältige zusätzliche Angebote abgerundet wird. "Die Halle wird Teil eines Spektakels, sie ist Teil einer Shopping Mall. Die Familie will an ihrem freien Samstag etwas zusammen unternehmen, doch alle haben unterschiedliche Interessen. So geht der Mann zum Fußball, die Frau zum Gartencenter nebenan, und die Kinder düsen ab in den riesigen 50-Meter-Ball-Pool von McDonalds." Rein Jansma, Stadionarchitekt150

148 Vgl. VORNHOLZ (2001): 51 149 BECKER in MARSCHIK et al. (2005): 343 150 PROVOOST – "The Stadium. The Architecture of Mass Sports": 146

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4. US-Stadien und der Wettkampf zwischen den Städten

"Die Errichtung von Sportstätten hat in den USA drei klar differenzierte Phasen durchlaufen, die sich oft schon in den Bezeichnungen der Stadien manifestieren"151

So spielte beispielsweise das Baseballteam der Philadelphia Phillies von 1887 bis 1938 in der Baker Bowl, die nach ihrem Eigentümer und Bauherrn William Baker benannt war. Zwischen 1938 und 1970 spielte das Team im Shibe Park, der ursprünglich für das Team der Philadelphia Athletics von dessen Eigentümer Ben Shibe errichtet worden war. Anfänglich waren also die Klubbesitzer für den Bau von Stadien verantwortlich, da sie eine mögliche Einnahmequelle darin sahen. In den Anfangsjahren des Baseball wurden die Spiele in Parks oder auf öffentlich zugänglichen Wiesen ausgetragen.152 Mit der Umzäunung des Spielfeldes konnten die Klubeigentümer so erstmals Eintrittsgelder verlangen.153

1971 ersetzte das aus öffentlichen Mitteln errichtete Veterans Stadium den Shibe Park, wobei der Name von der Stadtverwaltung Philadelphias ausgewählt wurde, um patriotische Gefühle hervorzurufen. Meist waren es nicht mehr die Teams, sondern die Verwaltungen der Städte und Bundesstaaten, die den Namen eines Stadions festlegten, da sie auch das Geld zu ihrer Errichtung zur Verfügung gestellt hatten.154

2004 wurde das Veterans Stadium nach seinem Abriss durch den neu errichteten Citizens Bank Park ersetzt. Obwohl die Stadt Philadelphia und der Bundesstaat Pennsylvania etwa zwei Drittel der Baukosten trugen, hatte das Team der Phillies die "Naming Rights" am Stadion um $ 95 Mio. an eine lokale Bank verkauft.155

151 LEEDS in MARSCHIK et al. (2005): 395 152 Daher trugen viele der frühen Sportstätten "Park" oder "Field" in ihrem Namen. Die erste Stätte, die den Namen Stadion trug war das 1923 erbaute Yankee Stadium, Anm. 153 Vgl. LEEDS in MARSCHIK et al. (2005): 396f. 154 Vgl. LEEDS in MARSCHIK et al. (2005): 397 155 Vgl. LEEDS in MARSCHIK et al. (2005): ebenda

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Während professionelle Sportteams in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in privat finanzierten Stätten spielten, engagierte sich die öffentliche Hand bei der Errichtung von großen Stadien, die der Abhaltung olympischer Spiele dienen sollten. Ende der 1920er Jahre setzte sich Los Angeles mit dem LA Memorial Coliseum bei der Bewerbung um die Spiele 1932 gegenüber dem Mitbewerber Cleveland mit seinem Municipal Stadium durch. Das nutzlos gewordene Stadion von Cleveland wurde zur Heimstätte des Baseballteams der Cleveland Indians, die allerdings nur widerwillig ihre neue Heimstätte bezogen.156

Die erste Stadt, die ein Stadion mit dem Ziel erbaute, ein professionelles Sportteam zu beherbergen war Milwaukee. Das County Stadium sollte die Boston Braves zum Umzug nach Milwaukee bewegen. Die Umsiedlung der Braves 1953 war die erste Übersiedlung eines Baseballteams seit 1903.157

Hier zeigt sich bereits der fundamentale Unterschied zwischen dem US-Sportgeschehen und dem europäischen Fußball: da die professionellen Ligen in den USA keinen sportlichen Abstieg vorsehen, und gewissermaßen Team-Lizenzen158 an die Eigentümer der Teams vergeben, ist es durchaus üblich, dass Teams ihre Heimatstadt wechseln. In Europa ist dies noch unvorstellbar, da der sportliche Auf- und Abstieg Teil des Sports ist. Zu sehr sind die einzelnen Vereine in ihren Gemeinden verwurzelt und es steht zu bezweifeln, ob eine Mannschaft an ihrem neuen Standpunkt eine genügende Akzeptanz erhalten würde. Zusätzlich gibt es kaum Städte, die über kein eigenes Fußballteam verfügen, und daher am Umzug einer Mannschaft interessiert sein könnten.

"Die Beziehung zwischen Städten und Sportteams veränderte sich erst im Jahr 1958, als die Brooklyn Dodgers nach Los Angeles umzogen. (…) Wenn selbst die Dodgers Brooklyn verließen159, dann konnte keine Stadt mehr mit Sicherheit annehmen, dass

156 Vgl. LEEDS – "Sieger und Verlierer im Spiel der Stadien" in MARSCHIK et al. (2005): 398 157 Vgl. LEEDS - ebenda 158 daher auch der häufig verwendete Begriff des "Sports Franchise", Anm. 159 Die Brooklyn Dodgers waren sportlich erfolgreich, verfügten über eine große Anhängerschaft und waren im Jahrzehnt vor ihrem Umzug da profitabelste Baseballteam der USA, Anm.

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ihre Teams keine Abwanderungspläne wälzten."160Als Konsequenz wurde ab den 1950er Jahren fast jede Sportstätte mittels Geldern der öffentlichen Hand erbaut.

Die Sportligen des Landes, sei es die NFL, MLB, NBA oder NHL161 haben gewissermaßen Monopole errichtet, die nicht nur die Teilnahme an der Liga beschränken, sondern auch die Zahl der Franchisenehmer unter jener der Städte belassen, die daran interessiert wären, ein professionelles Team zu beherbergen.

Daher sind die Stadtverwaltungen gezwungen, sich ständig gegenseitig zu überbieten, um vielleicht eine NFL-Franchise zu erhalten. Den wichtigsten Bestandteil dieser Bewerbungen bildet zumeist die Errichtung eines neuen Stadions.162 Zwischen 1998 und 2004 wurden allein in der NFL 15 neue Stadien mit Gesamtkosten von nahezu 5 Milliarden $ errichtet.163.

Bei Baseball und Eishockey lässt sich eine umgekehrte Entwicklung beobachten: die beiden Sportarten sind im Zuge einer Expansionswelle Ende der 1990er Jahre wohl bereits über ihre Grenzen hinaus gestoßen, und besitzen aktuell Lizenznehmer in beinahe allen größeren Städten der USA und Kanadas. Als Folge dessen ist es erheblich schwieriger geworden, für finanziell angeschlagene oder gar bankrotte Teams Städte zu finden, die bereit sind, sie aufzunehmen.164

Ökonomisch erscheint es schwer nachvollziehbar, weshalb Städte sich dazu entschließen, Sportteams anzusiedeln. Aus dem Stadion selbst ergeben sich für die Gemeinden keine ausreichenden Erlöse, um deren Finanzierung zu rechtfertigen: meist zahlen die Teams eine Miete an die Gemeinde, oder die Stadt erhält einen Anteil der Einnahmen aus Ticketverkäufen, Parkplätzen, VIP-Logen und Konzessionen. Eine

160 LEEDS in MARSCHIK et al. (2005): 398 161 National Football League, Major League Baseball, National Basketball Association und National Hockey League, Anm. 162 Vgl. LEEDS in MARSCHIK et al. (2005): 399 163 Vgl. SPIROU in MARSCHIK et al. (2005): 424f. 164 Vgl. LEEDS in MARSCHIK et al. (2005): 399

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Schätzung geht davon aus, dass einer Stadt aus dem Betrieb eines Stadions jährliche Verluste von $ 7 bis 8 Mio. erwachsen. 165 Anders als private Unternehmen kann die Bedeutung einer Arena für eine Stadt jedoch auch in der Schaffung von Arbeitsplätzen und höheren Einkommen für die Bürger bestehen.

Zur Berechnung dieser in Abb. 4 als induzierte Effekte bezeichneten Auswirkungen eines neuen Stadions wird meist der so genannte Multiplikator-Effekt herangezogen. Dieser Effekt tritt dann auf, wenn Firmen aufgrund der durch ein neues Stadion erwarteten steigenden Umsätze neue Mitarbeiter einstellen. Der neue Angestellte kann in der Folge sein Gehalt ausgeben, oder ansparen. Statistische Erhebungen zeigen, dass US-Bürger etwa 90% jedes Zusatzeinkommens wieder ausgeben.

Die zusätzlichen Ausgaben aus einem Dollar zusätzlichen Einkommens werden in der Wirtschaftsliteratur als geringfügiger Konsumanreiz (marginal propensity to consume, MPC) bezeichnet. Wenn dieser MPC 90% also 0,9 beträgt, ergibt sich für die übrigen Bewohner der Stadt ein Zusatzeinkommen in Höhe von eben diesen 90% des Neuangestellten, welches wiederum zu 90% ausgegeben wird. Diese Kettenreaktion erhöht den ursprünglichen Betrag ständig. Der Faktor, um den das anfängliche Einkommen vergrößert wird, wird als Multiplikator bezeichnet, und errechnet sich nach folgender Formel:

1 / 1- MPC 166

Je größer die zusätzlichen Konsumausgaben, desto höher ist der Multiplikator, bzw. je mehr gespart wird, desto kleiner wird der Multiplikator. Bei einem MPC von 0,9 ergibt sich ein Multiplikator von 10, d.h. das ursprünglich erzielte Einkommen wird für die Gemeinde um das Zehnfache erhöht.

165 QUIRK/FORT (1992) zitiert nach LEEDS in MARSCHIK et al. (2005): 401 166 Vgl. SAMUEL/NORDHAUS: 536 zitiert in VINCENA (2005): 29

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"Aufgrund dieses Multiplikators kann also der Verpflichtung eines Sportvereins, die eine nur geringfügige direkte Wirkung besitzt, zumindest theoretisch eine enorme generelle Auswirkung auf die ökonomischen Verhältnisse der Stadt zukommen."167

Es kann allerdings davon ausgegangen werden, dass der Multiplikator die Kettenreaktion aus ursprünglicher Investition und daraus folgenden Ausgaben massiv überbewertet.168 Die entscheidende Annahme des Multiplikatoreffekts liegt nämlich darin, dass sämtliche Einnahmen und Ausgaben auch tatsächlich in jener Stadt anfallen, in der das Team spielt. Diese Hypothese lässt sich bereits bei Großstädten wie Los Angeles oder New York kaum aufrechterhalten, bei Franchises in kleineren Städten wie z.B. Indianapolis oder Green Bay ist sie völlig unwahrscheinlich.169

So kommen die Wirtschaftswissenschafter Noll und Zimbalist zur Schlussfolgerung, dass sich der Multiplikator eines Teams in einer mittelgroßen Stadt auf etwa 1,5 beläuft.170 Weiters eine Studie von Robert Baade und Richard Dye über die Auswirkungen von Stadienbauten auf neun Innenstädte der USA abschließend: "In fünf der neun Städte haben Stadien und Profiteams einen signifikant negativen Einfluss, und in den übrigen vier Städten kann bezüglich der Variablen Stadion und Profisportklub kein (…) Einfluss auf das Einkommen der Städte nachgewiesen werden. In keinem einzigen Fall ergibt sich eine signifikant positive Korrelation zwischen Stadion und Profisport einerseits und den städtischen Einnahmen als Teil der regionalen Einnahmen andererseits."171

Doch ein Sportteam und die damit verbundenen Investitionen in Stadien und der Revitalisierung oder Neuschaffung von Stadienvierteln stellen für amerikanische Städte

167 LEEDS in MARSCHIK et al. (2005): 403 168 Vgl. SPIROU in MARSCHIK et al. (2005): 427ff. 169 Vgl. LEEDS in MARSCHIK et al. (2005): 404 170 Vgl. NOLL/ ZIMBALIST (1997): 55-91 171 BAADE/DYE zitiert nach SPIROU in MARSCHIK et al. (2005): 430

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sicherlich oft ein Prestigeobjekt dar, zu deren Erlangung Verluste in Kauf genommen werden. Die Einnahmen zur Finanzierung des Baus von Sportarenen kommen vorrangig aus Steuern und Anleihen. Diese werden meist eigens für diese Stadionbauten zusätzlich eingehoben. Mögliche Arten waren etwa Immobilien- und Verkaufssteuern (Cincinnati, Tampa), Einkünfte aus Sportlotterien (Baltimore), Hotel- und Motel-Steuern (Chicago, Detroit, Nashville, St. Louis), Zuschläge auf Mietwagen (Chicago, Detroit, Houston), Steuern auf Merchandisingprodukte und Eintrittskarten (Nashville), Alkohol- und Zigarettensteuern (Cleveland) und Steuern auf Essen in Restaurants (Detroit).172

Im Streben, die passende Steuer zu finden, sind Gemeinden einigen Schwierigkeiten ausgesetzt: Einige Belastungen wie Verkaufs- oder Verbrauchssteuern belasten sowohl die Produktion als auch den Konsum im Gemeindegebiet. So gibt es zwei verschiedene Ansätze zur geographischen Einhebung von Verkaufssteuern173: Die Stadtverwaltung von Milwaukee betrieb zur Errichtung eines Stadionneubaus die Ausweitung der Verkaufssteuer auf Milwaukee und fünf umliegende Gemeinden, da gerade Sportteams überproportional viele Fans aus den Vorstädten und dem Umland anziehen. Die Stadt Seattle ging den umgekehrten Weg, in dem sie die Errichtung des neuen Safeco Fields teilweise durch eine Steuer für Gastronomiebetriebe im Bezirk King County, in dem Seattle liegt, finanziert.174

Einige Gemeinden finanzierten ihre Arenen zumindest teilweise durch die Erhöhung der Steuern, die auf Mietwagen und Übernachtungen eingehoben werden. Diese Maßnahmen scheinen besonders attraktiv, da es sich hierbei um Belastungen handelt, die üblicherweise von Touristen getragen werden, und dadurch an andere Gemeinden übertragen werden können.175 Doch zeigt das Beispiel von Dallas eine mögliche Problematik auf: Um das neue Stadion der Dallas Cowboys (mit) zu finanzieren, wollte Dallas County eine Erhöhung der Übernachtungssteuer auf 18 %, den höchsten Wert

172 Vgl. NOLL/ZIMBALIST (1997): 1-54 173 Vgl. LEEDS in MARSCHIK et al. (2005): 407f. 174 Vgl. LEEDS in MARSCHIK et al. (2005): 408 175 Vgl. LEEDS in MARSCHIK et al. (2005): 408

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der USA, worauf der ortsansässige Kosmetikkonzern Mary Kay drohte, seine Konferenzen, deren Teilnehmerzahl 53.000 pro Jahr betragen, zukünftig nicht mehr in Dallas County abzuhalten.176

Aufgrund der hohen Baukosten für Stadien und Sportarenen werden von Städten und Gemeinden zusätzlich zu den erwähnten Steuererhöhungen noch Anleihen ausgegeben, wobei staatliche und städtische Anleihen in den USA von der Bundesbesteuerung ausgenommen sind. Das erlaubt es den Lokalregierungen, Anleihen aufzulegen, deren Renditen unter dem marktüblichen Wert liegen, wodurch sie auch niedrigere Zinssätze zahlen müssen.

Mit dieser bewussten Verschuldung der städtischen Haushalte in Form von Anleihen werden die Belastungen durch das neue Stadion jedoch endgültig an zukünftige Steuerzahler weitergereicht. Im Negativfall kann es sogar dazu kommen, dass die Bevölkerung einer Stadt, wie in Seattle oder Pittsburgh, aufgrund der sinkenden Lebensdauer von Sporteinrichtungen noch jahrelang Rückzahlungen für Sportstätten leisten müssen, die lange nicht mehr existieren.177

Im Wettbewerb der Städte um Sportlizenzen, Stadien, Image und Bekanntheit siegen, ökonomisch betrachtet, nur die Sportteams und deren Eigentümer, die mit geringen finanziellem Aufwand zu neuen Stadien kommen. Städte und Gemeinden sind aus Prestigegründen und zur Erhöhung der Standortqualität beinahe gezwungen, mit großem finanziellen Aufwand neue Stadien zu errichten, um ein professionelles Team zu beherbergen oder die Abwanderung eines bestehenden Teams zu verhindern.

Ökonomische Effekte aus diesen Stadioninvestitionen rechtfertigen die damit im Zusammenhang stehenden Ausgaben meist nicht.

176 Vgl. AYALA nach LEEDS in MARSCHIK et al. (2005): 408f. 177 Vgl. LEEDS in MARSCHIK et al. (2005): 409f.

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5. Case Studies wichtiger Stadionprojekte der letzten 10 Jahre

5.1. UEFA Kriterien

"Fünfsternestadion und Viersternestadion sind die höchsten Klassifizierungen für europäische Fußballstadien durch den europäischen Fußballverband UEFA. Hierfür müssen umfangreiche Kriterien erfüllt sein. Die Auszeichnung als Fünfsternestadion ist Voraussetzung, damit in einem Stadion ein Champions-League-Finale ausgetragen werden kann. Um ein UEFA-Pokal-Finale austragen zu können, muss ein Stadion mindestens als Viersternestadion klassifiziert sein".178

Die Kriterien, anhand derer der Europäische Fußballverband Stadien mit vier oder fünf Sternen bewertet, sind:

¾ Ein Fünfsternestadion muss mindestens 50.000, ein Viersternestadion mindestens 30.000 Zuschauer fassen. ¾ Alle Sitze müssen eine Lehne haben (d. h. Sitzschalen statt Holzbänke). ¾ Das Spielfeld muss 105 x 68 Meter groß sein. ¾ Ein Zaun vor den Zuschauertribünen ist nicht erlaubt. ¾ Erstklassige Umkleidungsräume für beide Vereine und die Schiedsrichter ¾ Ein direkter geschützter Bereich zwischen den Umkleidekabinen und dem Spielfeld muss den beiden Vereinen und den Schiedsrichtern geboten werden, ebenso private, direkte und geschützte Bereiche vor dem Stadion. ¾ Angemessene und geeignet ausgerüstete Räume für den Dopingtest ¾ Angemessene und geeignet ausgerüstete Räume für die UEFA-Delegation, - Schiedsrichter und -Beobachter ¾ Eine Flutlichtanlage mit mindestens 1.400 Lux in Richtung des Spielfeldes und mindestens 1.000 Lux in Richtung der anderen Bereiche des Stadions sowie ein Notfallsystem, das den Spielbetrieb trotz eines Stromausfalles aufrechterhält.

178 http://de.wikipedia.org/wiki/F%C3%BCnfsternestadion, Lesedatum 18.02.2006

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¾ Modernes und effizientes öffentliches Kommunikationssystem ¾ Ein Überwachungssystem ¾ Ein Kontrollzentrum für die Überwachung des Stadions mit Monitoren und Sicherheitssystemen ¾ Akzeptable sanitäre Einrichtung ¾ Möglichkeiten für Kameras, Arbeitsplätze für Journalisten, Fernsehstudios ¾ VIP-Logen und -Räumlichkeiten ¾ Internationaler Flughafen in der Nähe ¾ Ausreichend Übernachtungsmöglichkeiten in der Umgebung 179

179 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/F%C3%BCnfsternestadion

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5.2. Amsterdam ArenA

Die Amsterdam ArenA wurde 1997 eröffnet. Das Einzugsgebiet von Amsterdam mit 2,5 Mio. Menschen im Umfeld sowie die dichte Besiedelung der Niederlande boten ideale Grundlagen für die Verwirklichung eines derartigen Großprojekts.180

Abb. 15: Amsterdam ArenA – Außenansicht

Quelle: http://images.world66.com/amsterdam_arena_galleryfull

Die Amsterdam ArenA war das erste Stadion, das über ein verschließbares Dach verfügte, und damit die erste wirkliche Multifunktionsarena in Europa. Das Dach besteht aus einer Stahl-Glas-Konstruktion und hat eine Gesamtfläche von 33.625 m². Davon lassen sich wiederum 26.028 m² durch zwei bewegliche Teile (jeweils 40 x 118 m, 520 Tonnen) in 20 Minuten öffnen. Das Stadion kann somit mit seiner Variabilität und seinen vielfältigen (Event-)Nutzungsmöglichkeiten als Prototyp für jedes ihm folgende Stadion, ob teil- oder komplett überdacht, bezeichnet werden.

180 GROBOVSCHEK (2005): 70

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Die Bauphase der Amsterdam "ArenA" begann im Dezember 1993, und wurde im April 1996 abgeschlossen. Die Kosten von 127 Mio. € wurden durch öffentliche Gelder sowie private Investoren finanziert. Den größten Anteil an der Finanzierung hatten acht Partnerunternehmen mit beschränkter Haftung.

Die privaten und institutionellen Geldgeber der ArenA sind:

¾ Philips Niederlande, ¾ Bouwcombinatie Stadion Amsterdam (Zusammenschluss von Bauunternehmen), ¾ die Grolsch Brauereien, ¾ KPN Telekom, ¾ Amsterdam Rai, ¾ ABN-AMRO Bank, ¾ Coca Cola Niederlande ¾ und die Niederländische Staatslotterie.181

Diese Firmen haben auch das alleinige Werbe-, Nutzungs- und Lieferrecht für die ArenA erworben.

Die Hauptnutzer des Stadions mit seiner Kapazität von 51.859 Zuschauern sind der FC Ajax Amsterdam, die niederländische Nationalmannschaft sowie die Footballmannschaft der Amsterdam Admirals. Darüber hinaus wird die Arena noch von den Firmen MOJO , einem Konzertveranstalter und ID&T (Dance Events) genutzt.182

Als Nationalstadion und nationaler Veranstaltungsort ersten Ranges "gab es im Vorfeld nie eine Diskussion, ob dieses Riesenprojekt gebaut wird oder nicht. Die (…) genannten Partner fanden sich in diesem Falle hauptsächlich aus dem Grund ein, um anderen

181 Vgl. GROBOVSCHEK (2005): 71 182 Vgl. PARTECKE in STADIONWELT 3/2004: 87

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Firmen oder Gesellschaften nicht die Möglichkeit zu geben, die exklusiven Nutzungsrechte dieses nationalen Aushängeschildes zu nutzen".183

Das Amsterdamer Stadion verfügt über 83 Logen, davon 8 Skyboxen sowie 1.995 Business-Seats. Der Miteigentümer Philips stattete die ArenA mit zwei riesigen Videowürfeln mit einer Bildfläche von 50 m² aus.

Mit der ersten Arena neuer, geschlossener Bauart waren die Betreiber der Amsterdam ArenA auch die ersten, die mit Problemen mit dem Rasen des Stadions zu kämpfen hatten, die das Resultat mangelnder Sonneneinstrahlung und Durchlüftung waren. Diese Problemstellung zeigte sich trotz durch die Erkenntnisse aus der ArenA angeregter Verbesserungen in der Rasenentwicklung in jedem folgenden überdachten Stadion. Im Durchschnitt muss der Rasenbelag im Stadion zwischen zwei und fünfmal pro Saison ausgetauscht werden.184 Ähnlich dem Salzburger Stadion wird wohl auch die ArenA in absehbarer Zeit auf Kunstrasenbetrieb umstellen.

Die Zusatznutzung in der Amsterdam ArenA hatte ebenfalls Pioniercharakter, neben sportlichen Events, der Nutzung als Klettergarten oder als "Winter Wonderland" und Konzerten finden und fanden auch Partys für mehr als 30.000 Menschen statt. Seit der Eröffnung 1996 haben mehr als 16 Mio. Menschen die ArenA besucht. Dank einer Innovation der Betreiber steht den Veranstaltern und Besuchern der durchschnittlich 60 jährlichen Zusatzveranstaltungen nun auch ein abtrennbarer Hallenbereich in der Kurve der Arena, als "ArenA Amphi" mit Platz für 1.000 bis 12.000 Personen zur Verfügung.

Das Management der Arena, das auch als erstes Stadion Europas die bargeldlose Zahlung über eine ArenA-Karte eingeführt hatte, gründete die Consultingfirma "Amsterdam ArenA Advisory", und berät andere europäische Großstädte und Vereine bei neuen Stadienbauten.

183 GROBOVSCHEK (2005): 71 184 Vgl. PARTECKE in STADIONWELT 3/2004: 85 f.

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Abb. 16: Amsterdam ArenA - Innenansicht

Quelle: Stadionwelt

Das Stadion liegt inmitten des zur gleichen Zeit errichteten ArenA Boulevards, einem ausgedehnten Shopping- und Unterhaltungsbezirk, der zu einem neuen Stadtteil im Südosten Amsterdams geworden ist. In unmittelbarer Nähe befinden sich das größte Kinocenter Amsterdams, zwei Musikhallen und mehrere Einkaufszentren. Bis 2007 sind die Errichtung eines exklusiven Hotels und zweier 150 m hoher Büro- und Wohntürme geplant, sowie ein weiterer Ausbau der Metro. "Alles in allem haben wir uns vorgenommen, der Broadway von Amsterdam zu werden".185

Insgesamt kann der Komplex der Amsterdam ArenA als die gelungenste Verbindung einer Sportstätte mit Eventnutzung und Stadterneuerung bezeichnet werden.186

185 PROVOOST (2000): 129 186 Vgl. GROBOVSCHEK (2005): 71 f.

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5.3. Ausgewählte Stadien der EURO 2004 in Portugal

5.3.1. Braga

Ein Aufsehen erregendes Stadion entstand für die Fußballeuropameisterschaft 2004 im portugiesischen Braga. "Nie in der Geschichte der Architektur (…) wurde einem Sportbau so viel Aufmerksamkeit und Bewunderung entgegengebracht, wie diesem 30.000-Zuschauer-Stadion, das an einem Ende in einem Berg steckt und auf dem anderen zu der wunderschönen Landschaft hin offen ist".187

Abb. 17: Estádio Municipal de Braga

Quelle: http://www.vitruvius.com.br/entrevista/soutomoura/01soutomoura.jpg

187 TABOR in MARSCHIK et al. (2005): 49

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Das vom portugiesischen Architekten Eduardo Souto Moura entworfene Stadion ist im Besitz der Stadtverwaltung von Braga und wurde auch zur Gänze mit öffentlichen Mitteln errichtet. Um das am Nordhang des Monte Castro erbaute Stadion mit den charakteristischen Tribünen entlang der Seitenlinien aus dem Stadtberg zu hauen, wurden mehr als eine Mio. Kubikmeter Granit abgetragen. Das Estádio Municipal ist ein reines Fußballstadion, das sogar auf zwei der vier Tribünen verzichtet, um seine aus der Umgebung wachsende Form ausspielen zu können. "Keine Mantelnutzung, pure Form".188 Zusätzliche Veranstaltungen sind vorläufig keine vorgesehen. Unter dem Spielfeld befindet sich ein zweigeschossiges Parkhaus.189 Das Stadion von Braga diente im Rahmen der Fußballeuropameisterschaft EURO 2004 in Portugal als Austragungsort für zwei Gruppenspiele, während der Saison trägt der SC Braga seine Heimspiele im Estádio Municipal aus.

Abb. 18: Stadion von Braga - Innenansicht

Quelle: http://www.halloem.de/stadien/braga.jpg

188 TABOR in MARSCHIK et al. (2005): 52 189 Vgl. sB 02/2004: 28 f.

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Trotz der hoch gelobten, reduzierten Form dieses Stadions und seines architektonischen Wertes muss die Entscheidung der Stadt- und Kommunalverwaltungen, eher ein landschaftliches Kunstwerk als ein funktionales Stadion errichten zu lassen, kritisiert werden. Aufgrund der im Vergleich zu den übrigen zur Europameisterschaft in Portugal errichteten Stadien hohen Errichtungskosten von 83,7 Mio. € und den höchsten Kosten/Zuschauer aller zehn Stadienprojekte (siehe Tab.5) fallen die mangelnde Nachnutzung und nicht vorhandene Multifunktionalität besonders auf. Es steht zu befürchten, dass das Estádio Municipal seine Kosten niemals einspielen wird. Ohne die vollständige Finanzierung durch die öffentliche Hand hätte dieses Stadion so wohl nie erbaut werden können, und es bleibt abzuwarten, ob durch das Stadion, das laut dem Magazin "Architecture"190 den Status einer nationalen Sehenswürdigkeit errungen hat, angezogene Touristen die erlittenen Verluste aus Errichtung und Betrieb aufwiegen können.

5.3.2. Lissabon – Estádio da Luz

Im Gegensatz zur "Stadionskulptur" von Braga entstanden zur Europameisterschaft in Portugal auch zwei Stadien, die eher dem Amsterdamer Vorbild folgend auf Multifunktionalität setzen. Zusätzlich entstanden diese Stadien auch in den beiden größten Städten Portugals, und waren daher auch von den Gemeinden mit Eignung für Konzerte und Shows "bestellt" worden. Das Estádio da Luz in Lissabon hat eine Kapazität von 65.272 Zuschauern. Die Errichtungskosten, die aus Mitteln der öffentlichen Hand und des Vereins SL Benfica finanziert wurden, betrugen 118,7 Mio. €. Damit war das Lissabonner Stadion nicht nur das größte, sondern auch das teuerste Stadionprojekt der EURO 2004. Das Stadion ist im Bereich der Tribünen teilüberdacht, wobei jede der vier Seitentribünen halbkreisförmig überdacht wurde, und die Ränder zu den Ecken des Stadions in weiß abgedeckt wurden. Die Dachkonstruktion mit ihren roten Bogen ist auch das optisch auffälligste Detail der Arena.

190 Juni 2004, zitiert nach TABOR in MARSCHIK et al. (2005): 49

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Abb. 19: Estádio da Luz – Außenansicht

Quelle: EURO 2004, S.A.

Das Estádio da Luz wurde von Damon Lavelle von HOK SVE, einem der größten Architekturbüros auf dem Gebiet der Stadionbauten, entworfen, und wurde von der UEFA als Fünf-Sterne-Stadion ausgezeichnet. Das Stadion besteht aus sieben Geschossebenen, wovon drei auf die Tiefgaragen entfallen. Auf 45.000 m² Fläche sind neben 156 Logen und Hospitalityeinrichtungen ein Einkaufs- und Dienstleistungszentrum, mehrere Themenrestaurants und Gastronomiebetriebe, Konferenzsäle, ein Museum, ein Fitnessklub sowie Büroräumlichkeiten des Klubs untergebracht.191 Mit seiner vielfältigen Nutzbarkeit für Sport und Unterhaltung sowie seiner erfolgreichen kommerziellen Randnutzung ist das Estádio da Luz ein gelungenes Stadionneubauprojekt, das auch als Vorbild für andere Städte herangezogen werden kann.

191 Vgl. STADIONWELT 02/2004: 16

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Abb. 20: Da Luz Stadion – Innenansicht

Quelle: http://www.stadiumguide.com/lisboa.htm

5.3.3. Porto – Estádio do Dragao

Auch wenn die Stadt Porto mit dem Antas-Stadion bereits über ein großes Stadion mit einer ausreichenden Anzahl von Sitzplätzen verfügte, wurde es als nicht mehr zeitgemäß empfunden und sollte anlässlich der bevorstehenden Fußball- Europameisterschaft 2004 durch eine neue Arena ersetzt werden.192

Das Estádio do Dragao in Porto ist mit 50.106 Zuschauern das drittgrößte Stadion, das anlässlich der EURO 2004 errichtet wurde. Die Errichtungskosten betrugen 96,7 Mio. €, die durch die öffentliche Hand sowie vom FC Porto, dem Eigentümer des "Do Dragao" in Fremdfinanzierung getragen wurden. Als Folge musste das Drachenstadion als Multifunktionsarena erbaut werden, um die benötigten Einnahmen zur Rückzahlung des Kredites erzielen zu können. Das Stadion beherbergt nun unter anderem ein Einkaufszentrum und zahlreiche gastronomische Einrichtungen. Im Zuge umfangreicher Stadtgestaltungsmaßnahmen in Porto, so wurde anlässlich der Europameisterschaften

192 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Drachenstadion

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unter anderem eine U-Bahn gebaut, wurde auch das Viertel des neuen Stadions umgestaltet. Das Estádio do Dragao wurde von Manuel Salgado entworfen.

Abb. 21: Estádio do Dragao, Porto

Quelle: EURO 2004, S.A.

Abb. 22: Estádio do Dragao – Innenansicht

Quelle: http://www.in.gr/news/Reviews/Review534204/assets/Dragao.jpg

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Die nach hinten offene Dachkonstruktion geht zwar eindeutig zu Lasten von mehr Sitzplätzen und schützt nicht alle Zuschauer vor Regen, gibt dem Stadion aber sein charakteristisches Erscheinungsbild.193 Dieser Ansicht kann vor allem bei den Vorgaben, die das Stadion aufgrund der Refinanzierung erfüllen müssen wird, gefolgt werden. Ob dem Stadion sein ästhetisch sicherlich ansprechendes "charakteristisches Erscheinungsbild" den Verzicht auf einige tausend Sitzpläne über die Lebensdauer ersetzt, bleibt zu bezweifeln.

Tabelle 3: Stadien der EURO 2004 in Portugal

Baukosten in Mio. Neubau/ Kosten/ Stadt Stadionname Kap. € Renovierung Eigentümer Zuschauer Lissabon Estádio da Luz 65272 118,7 Neubau SL Benfica € 1.818,54 Estádio Jose Lissabon Alvalade XXI 50300 79,0 Neubau Sporting Club € 1.570,58 Porto Estádio Dragao 50106 97,8 Neubau FC Porto € 1.951,86

Guimaraes Estádio D. Alfonso Renovierung/ Henriques 34000 26,4 Ausbau SC Vitoria € 776,47

Aveiro Estádio Aveiro Camara Municipal Municipal 31498 43,3 Neubau (Stadt Aveiro) € 1.374,69 Assoc. Faro Intermunicipal Estádio Algarve 30305 34,0 Neubau Loulé/ Faro € 1.121,93

Coimbra Estádio Cidade de Camara Municipal Coimbra 30216 36,2 Neubau (Stadt Coimbra) € 1.198,04

Braga Estádio Municipal Camara Municipal de Braga 30200 83,1 Neubau (Stadt Braga) € 2.751,66 Renovierung/ Porto Estádio do Bressa 30000 45,2 Ausbau Boavista FC € 1.506,67

Estádio Municipal Leiria Dr. Magalhaes Renovierung/ Camara Municipal Pessoa 29771 48,1 Ausbau (Stadt Leiria) € 1.615,67

Quelle: Eigene Erstellung, Daten aus STADIONWELT 02/2004, wikipedia

193 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Drachenstadion

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5.4. Ausgewählte Stadien des FIFA World Cup 2006 in Deutschland

5.4.1. Arena "Auf Schalke – Veltins-Arena", Gelsenkirchen

"Wenn die 53.000 und vierzig Fans in der ehemaligen Grubenarbeiterstadt Gelsenkirchen die neue Arena AufSchalke verlassen, eines der modernsten Stadien Europas, dann rollt auch der Rasen mit hinaus – oder war gar nicht erst herinnen. Denn in nur 96 Stunden sollen in dieser Arena drei verschiedene Megaevents durchgezogen werden können, je nach Bedarf mit oder ohne Überdachung, und bei den meisten wäre der Rasen nur im Weg: beim Oktoberfest, bei Popkonzerten oder Opern, bei Biathlon oder Supercross. Nur bei einem Fußballmatch kommt der Rasen noch zu seinen Ehren. Danach wird er wieder hinaus gefahren – zu seinem eigenen Schutz, zu seiner Regeneration und Pflege. Und vor allem auch, weil er der Vermarktung des Stadions hinderlich ist".194

Abb. 23: Veltins Arena AufSchalke – Außenansicht mit vorgelagertem Rasen

Quelle: www.fussballportal.de

194 ZINGANEL/ ZILLNER in MARSCHIK ET AL. (2005): 365

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Die nach den Plänen des Düsseldorfer Architekturbüros HPP (Hentrich-Petschnigg & Partner) entworfene, 2001 eröffnete Arena AufSchalke wurde damals oft als das modernste Stadion der Welt bezeichnet, und gilt auch beinahe 5 Jahre nach Eröffnung noch als richtungsweisend. Schalke nutzte alle Erkenntnisse aus der 1997 eröffneten Amsterdam ArenA, die durchaus als direkter Vorgänger bezeichnet werden kann.195 Mit der Arena Auf Schalke, oder, wie sie seit der Saison 2005/06 auch bekannt ist, Veltins-Arena, bildete erstmals, zumindest im deutschen Sprachraum, der Sport nicht mehr den alleinigen Mittelpunkt eines Stadions, man könnte auch von einer im deutschen Sprachraum erstmaligen Vereinnahmung eines Sportbaus durch die Eventkultur sprechen.

Abb. 24: Arena AufSchalke – Innenansicht mit Rasen

Quelle: http://www.rag-immobilien.de/riag/presseservice/images/schalke1_02.jpg

Das rund 15, 4 Hektar große Baugrundstück liegt im "Berger Feld", dem geographischen Mittelpunkt der Stadt Gelsenkirchen. Die gesamte überbaute Fläche

195 Vgl. Stadionwelt 10/2005 - "Im Schatten des Würfels": 46

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beträgt ca. 41.000 m². Neben der Hauptnutzung als Fußballarena mit ungefähr 52.000 Zuschauersitzplätzen (je nach Ausnutzung) lässt sich, je nach benötigter multifunktionaler Nutzung das in einem Betontrog angelegte Rasenspielfeld auf Rollen unter der Südtribüne hindurch ins Freie fahren, oder das Dach über der Spielfläche schließen. Der den Rasen beinhaltende Trog hat die Abmessungen 118 * 79 m. Die Arena hat die Grundform eines Rechtecks, an dessen vier Seiten jeweils in 2 Ränge aufgeteilte Tribünen dicht am Spielfeld liegen, und ist 225 m lang sowie 187 m breit. Die Höhe zwischen dem Spielfeld und der Oberkante des Daches beträgt 53,50 m..196

Die Baukosten von 191 Mio. € wurden komplett aus privatwirtschaftlichen Mitteln finanziert, was im europäischen Stadionbau eine absolute Ausnahme darstellt. (Wobei nicht unerwähnt bleiben darf, dass das Land Nordrhein-Westfalen eine Ausfallsbürgschaft in Höhe von etwa 92 Mio. €, also beinahe der Hälfte übernommen hat, Anm. d. Autors). Auch wurden die Zuschauereinnahmen der nächsten 15 Jahre in Form einer Anleihe in Höhe von 75 Mio. € an den englischen Investor Stephen Schechter & Co. Ltd. abgetreten. Die jährlichen Zinsleistungen, die der Verein als gleichzeitiger Besitzer und Betreiber zu erbringen hat, betragen 14 Mio. €197. Um diese Summe aufzubringen, muss das Stadion daher entsprechend intensiv genutzt werden: 400 Veranstaltungen finden deshalb jährlich in der Arena statt, wobei die Bandbreite von Hochzeiten in einer hauseigenen Kapelle bis zu Opernaufführungen reicht. Neben den zweiwöchentlichen Heimspielen des FC Schalke 04 in der deutschen finden in unregelmäßigen Abständen auch Länderspiele sowie internationale Endspiele wie z.B. das Endspiel der UEFA Champions League 2004 statt. Hier wurde auch ein internationaler Besucherrekord für aufgestellt. Zu den ungewöhnlicheren Veranstaltungen zählen eine Station des Biathlon Weltcups im geöffneten Stadion oder ein Crash-Car Rennen im Rahmen einer Fernsehsendung, die beide hier abgehalten werden konnten. Die vielseitige Nutzung erfordert einige Kompromisse: Das binnen 30 Minuten verschließbare Dach bildet zwar eine bemerkenswerte technische Errungenschaft, die

196 Vgl. s+B 02/2002: 76ff. 197 Quelle: FC Schalke 04, Jahresabschlüsse

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zur Multifunktionalität der Arena entscheidend beiträgt, jedoch ist die Öffnung so klein, dass die Sonne auch an starken Tagen die Arena nicht durchfluten kann. Mit ihrer auf den Komfort der Zuschauer und multifunktionale Eventtauglichkeit abgestimmten Architektur erschweren diese Arenen die Erhaltung des Rasens am Spielfeld. "Das Dach schützt zwar die Zuschauer und Athleten vor Wettereinflüssen, doch der Rasen, dem frische Luft, Sonne und Regen fehlen, verdorrt"198 und muss daher in regelmäßigen Abständen erneuert werden.

Abb. 25: Arena AufSchalke – Biathlonbewerb

Quelle: www.veltins-arena.de

Zu den interessanten kleinen Maßnahmen der Finanzierung gehört in diesem Stadion die so genannte Tausend-Freunde-Mauer: dort können Fans einen symbolischen Arena- Baustein für 250€ erwerben, die innerhalb von 10 Jahren einem Darlehen gleich in Fanshop-Gutscheinen zurückgezahlt werden. Bisher wurden bereits über 6.000 dieser

198 Vgl. Theweleit (2004) zitiert nach ZINGANEL/ ZILLNER in MARSCHIK ET AL. (2005): 368

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Steine verkauft. Auch ein eigener Fond, der sich ausschließlich auf Veranstaltungen in der Arena konzentriert, wurde aufgelegt.

Wenngleich die Stadt Gelsenkirchen nur knapp 130.000 Einwohner hat, liegt die Bedeutung dieses Stadions weit höher, können doch, durch die Lage an der Autobahn A2 (Ost-West-Verbindung des Ruhrgebietes), an die 5 Mio. Leute als potenzielle Kunden angesehen werden. Im Stadionareal befinden sich 14.000 Parkplätze. Zentral im Ruhrgebiet platziert, sind 90% der oben genannten Menschen im Umkreis von 20 Kilometern zu finden.199 Der enorme Einzugsraum sowie die mangelnde Konkurrenz geben den Betreibern die Sicherheit der Auslastung200, auch das erfolgreiche Abschöpfen des first-mover-Effekts201 ist gelungen, das nächste annähernd vergleichbare Objekt ist die 2005 errichtete LTU-Arena (ca. 40 km entfernt), die allerdings von der Kapazität nicht mithalten kann. Auch die von Grobovschek202 als einzig fehlendes Ausstattungsdetail eingemahnte Hotelanlage ist im Zuge der Vorbereitungen auf die FIFA Fußball Weltmeisterschaft 2006 bereits im Bau und soll rechtzeitig zu den Spielen im Juni fertig gestellt sein.203

5.4.2. Berliner Olympiastadion

Das Berliner Olympiastadion wurde anlässlich der Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland neuerlich (siehe Kapitel 3.3) saniert und umgebaut. Die Ausschreibung konnte das Architektenteam gmp, von Gerkan, Marg und Partner für sich entscheiden, die auch die WM-Stadien in Köln (RheinEnergie-Stadion) und Frankfurt (Commerzbank-Arena) entworfen haben. Die wesentlichste Änderung besteht in der neuen "lichtdurchlässigen, 26 Mio. € schweren Dachkonstruktion"204, die neben einer 150.000-Watt-Soundanlage auch eine Lichtanlage enthält, welche die alten

199 Vgl. GROBOVSCHEK (2005): 67 200 Vgl. GROBOVSCHEK (2005): 67 201 die Arena AufSchalke war mit ihrem Angebot seit ihrer Eröffnung 2001 in Deutschland weitgehend ohne vergleichbare Konkurrenz 202 Vgl. GROBOVSCHEK (2005): 69 203 Stand Jänner 2006, Anm.d.Autors 204 SCHULTE in STADIONWELT 04/2004: 66f

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Flutlichtmasten ersetzt. Das Spielfeld wurde um 2,65 m abgesenkt, was zusätzliche Sitzreihen mit 1.600 Plätzen ermöglichte.

Abb. 26: Olympiastadion Berlin – Neu

Quelle: http://www.olympiastadion-berlin.de/uploads/pics/ZS05-50.jpg

Das Olympiastadion in Berlin verfügt im Bereich der früheren Ehrentribüne sowie im Umgang zwischen Ober- und Unterrang nach dem Umbau über 113 Logen, darunter auch die frühere Führerloge. Die durch die VIP-Logen erzielten Einnahmen dienen auch der Rückzahlung der Baukosten. Von den 242 Mio. Euro an Errichtungskosten entfallen 196 auf den Bund, die übrige Summe auf private Investoren wie das Bauunternehmen Walter Bau AG als Generalübernehmer, das auch zusammen mit dem Verein Hertha BSC je 37,45% an der Betreibergesellschaft Olympiastadion GmbH hält, und auf das Land Berlin, das für die ausstehende Summe eine Ausfallsbürgschaft übernommen hat. Zusätzliche Einnahmen sollen auch durch einen Verkauf der Namensrechte erzielt werden, derzeit kann nach zwischenzeitlichen Verhandlungen mit dem koreanischen Elektronikkonzern Samsung aber noch kein derartiger Abschluss vermeldet werden.

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Eine Auflage der Umgestaltung war die Erhaltung der Tauglichkeit des Stadions für Leichtathletikwettbewerbe. Aufgrund der markanten, in den Vereinsfarben gehaltenen Laufbahn ist nun auch diese Zusatznutzung zu den regelmäßigen Heimspielen im Fußball und Football weiterhin möglich. Berlin hat auch inzwischen durch das neue Stadion den Zuschlag für die Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2009 erhalten. Der Umbau des Berliner Olympiastadions war ein Prestigeprojekt des Landes, und durfte sich somit hoher öffentlicher Unterstützung an den Sanierungs- und Umbaukosten erfreuen, ist allerdings aufgrund der investierten etwa 20% privater Mittel, dennoch an ökonomische Vorgaben gebunden. "Die private Betreibergesellschaft ist Konzessionär für 13 plus acht Jahre. Da heißt es Geld verdienen(…)! " Alexander Görbing, Walter Bau AG205

5.4.3. Allianz Arena München

Die Münchener Allianz Arena war das zweite Stadionprojekt der Schweizer Stararchitekten Herzog/ de Meuron206. Im nördlich von München gelegenen Stadtteil Fröttmaning entstand von Herbst 2002 bis April 2005 das modernste Stadion Deutschlands, und das einzige, das über drei Ränge verfügt. Die ursprüngliche Dimensionierung der Arena mit 66.000 Zuschauern wurde nach einer Aufstockung der Stehplatzkapazität Anfang 2006 auf 69.901 Zuschauern angehoben.207 Mit den von der öffentlichen Hand getragenen Infrastrukturkosten beliefen sich die Errichtungskosten der Allianz Arena auf ca. 340 Mio. Euro, davon 286 Mio. reine Baukosten. Damit stellt das modernste Stadion Deutschland auch mit Abstand das teuerste dar (siehe Tab. 4). Die Betreibergesellschaft, die sich jeweils zur Hälfte im Besitz der beiden Heimvereine FC Bayern München und TSV 1860 München befindet, brachte die benötigte Summe über einen langfristigen Kredit der EuroHypo AG in Höhe von 225 Mio. Euro auf, weitere 75 Mio. brachte der FC Bayern als Gesellschafterdarlehen ein. Die Naming Rights am Stadion wurden für 90 Mio. Euro über 15 Jahre an die Allianz Versicherung, die in München ihren Hauptsitz hat, verkauft.

205 SCHULTE in STADIONWELT 04/2004 "Wir haben keinen Hauptstadtbonus": 69 206 nach dem St.-Jakob-Park in Basel, Anm. 207 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Allianz_Arena

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Die Bedienung des Schuldendienstes sowie die Tilgung soll über die laufenden Einnahmen des Stadions, in erster Linie aus dem Logen-, Business- und Hospitalitybereich erfolgen.208

Abb. 27: Allianz Arena

Quelle: http://www.euroluftbild.de/

Um diese Vorgaben erfüllen zu können, verfügt die Allianz Arena zwischen dem Mittel- und Oberrang über einen Logenring mit 106 Logen zwischen 18 und 51 m² Größe, die zu einer jährlichen Miete von 90.000 bis 265.000 Euro über eine Vertragslaufzeit von fünf Jahren angeboten werden. "Die Nachfrage (…) ist immens und übersteigt laut Betreiber das Angebot bereits jetzt um das Vierfache".209 Neben den Logen besteht das Businessangebot der Allianz Arena noch aus den VIP- Bereich auf der Haupttribüne, in dem weitere 2.200 Businessplätze zur Verfügung stehen. Der herkömmliche Besucher wird auf 6.500 m² Gastrofläche bedient. Das Management der Arena hat, vergleichbar den Vorbildern in Amsterdam und AufSchalke, die

208 Vgl. DIENER in STADIONWELT 03/2004: 77 209 DIENER in STADIONWELT 03/2004: 80

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bargeldlose Zahlung über eine Arena-Karte eingeführt. Unter der so genannten Esplanade verfügt die Allianz-Arena über das mit 9.800 Stellplätzen größte Parkhaus Europas. Das auffälligste Merkmal der Arena ist jedoch sicherlich die schwebend wirkende Fassade. Die 64.000 m² große Außenfläche ist mit 2.874 rautenförmigen, durchsichtigen Luftkissen bedeckt, die beleuchtet werden können. Nachts kann die Arena dann in den drei Varianten rot – FC Bayern, blau – 1860 München und weiß für neutrale Anlässe strahlen. Abb. 28: Allianz Arena - Innen

Quelle: http://www.stadionwelt.de Da die Allianz Arena auch aufgrund der bestehenden Veranstaltungs-Konkurrenz in München, der Erbbaurechtsvertrag mit der Stadt München gestattet je 17 Heimspiele der beiden Vereine sowie nationale und internationale Pokalspiele, auf reinen Fußballbetrieb angewiesen ist, kann angesichts der großen Nachfrage nach den Businessangeboten der Arena von einem beispielhaften Fußballstadion gesprochen werden, das aufgrund seiner auf Fußballerlebnis ausgerichteten Bauweise die europaweit geringste Distanz zwischen Zuschauerrängen und Spielfeld aufweist.

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Im ersten Jahr seines Betriebs wurden dennoch diverse Mängel festgestellt:210 so kann es aufgrund eines Windsoges passieren, dass Regen auf Teile der Ränge fällt. In der Winterpause 2005/2006 wurden, um den Komfort weiter zu steigern die Eingänge mit Toren versehen, welche bei Spielen geschlossen sind. Dadurch bläst der Wind während der Spiele nicht mehr so stark über die Zuschauerränge. Aufgrund der ungewöhnlich hohen Schneelasten während des Winters verschoben sich zwei tonnenschwere Stützplatten auf der Esplanade des Stadions wegen eines defekten Gleitlagers um zwei Zentimeter. Auch die so genannte "Stadionaffäre", im Zuge derer der ehemalige Geschäftsführer, Karl-Heinz Wildmoser jun. sowie der Geschäftsführer der österreichischen Baufirma Alpine, Dietmar Aluta-Oltyan, zu Haft- und Geldstrafen verurteilt wurden211, warf ein negatives Licht auf die Arena

Trotz all dieser Schwierigkeiten kann der Arena aufgrund ihrer Eckdaten und von Beginn an hohen Auslastung eine sowohl sportlich als auch wirtschaftlich erfolgreiche Zukunft vorausgesagt werden.

210 Vgl. KURIER "Das brüchige Schmuckstück", 13.03.2006 211 Vgl. dpa-Artikel vom 06.02.2006 "Münchner Stadion Affäre: Alpine-Chef verurteilt"

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Tabelle 4: WM Stadien FIFA World Cup 2006 Deutschland

Baukosten in Neubau/ Kosten/Zusc Stadt Stadionname Mio. € Kapazität Ausbau hauer

München Allianz Arena 344,0 69.901 Neu € 4.921,25 Berlin Olympiastadion 242,0 74.220 Um-/Ausbau € 3.260,58 Gelsenkirchen Veltins Arena 192,0 61.524 Neu € 3.120,73

Frankfurt Commerzbank Arena 126,0 52.300 Neu € 2.409,18 Köln RWE Stadion 119,5 50.997 Neu € 2.343,28 Zentralstadion 116,0 44.345 Neu € 2.615,85 Hamburg AOL Arena 97,0 55.000 Neu € 1.763,64 Hannover AWD Arena 65,0 49.000 Neu € 1.326,53 Nürnberg Frankenstadion 56,0 44.833 Um-/Ausbau € 1.249,08 Gottlieb Daimler Stuttgart Stadion 51,6 57.000 Um-/Ausbau € 905,26 Kaiserslautern Fritz Walter Stadion 48,3 48.500 Um-/Ausbau € 995,88 Dortmund Westfalenstadion 35,0 81264,0 Um-/Ausbau € 430,70

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Tabelle 5: Stadionneubauten Deutschland

Gelsen- Düssel- Stadt München kirchen Frankfurt Berlin dorf Hamburg Leipzig Commerzbank Olympia- Zentral- Stadionname Allianz Arena Veltins Arena Arena stadion LTU Arena AOL Arena stadion Fertigstellung 2005 2001 2005 2004 2005 2001 2004

Verein FC Bayern / Eintracht Fortuna Stadt 1860 München FC Schalke Frankfurt Hertha BSC Düsseldorf HSV Leipzig Waldstadion Eigentümer FC Schalke Frankfurt Stadt Stadt Stadion Gmbh über GmbH GmbH Stadt Berlin Düsseldorf HSV Leipzig Baukosten in Mio. € 344 190 126 196 218 97 116 Kapazität 69.901 61.524 52.300 74.220 51.500 55.000 44.345 Stehplätze 10.400 10.000 9.300 10.000 6.000 10.000 Logen Anzahl 106 83 74 76 35 50 16 Logen Kapazität 1.374 1.217 1.000 1.256 300 1.000 493 Business Seats 2.200 2.180 2.200 4.226 1.266 2.100 1.379 Gastro-Fläche 6.500 6.480 3.400 4.000 2.000 Parkplätze 11.480 16.850 815 22.000 212

212 Quelle: Eigene Darstellung, Homepages der einzelnen Stadien, wikipedia

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5.5. Die Stadien der EURO 2008 in Österreich und der Schweiz

Nach dem Zuschlag für die EURO 2008 sah das Pflichtenheft der UEFA acht Stadien mit einer Mindestkapazität von je 30.000 gedeckten Sitzplätzen vor, für das Eröffnungs- und Finalspiel Stadien mit je 50.000 Sitzplätzen. Die je vier nationalen Standorte sind Basel, Bern, Genf und Zürich in der Schweiz sowie Innsbruck, Klagenfurt, Salzburg und Wien als österreichische Spielorte. In der Finanzierung der Stadien gingen die beiden Austragungsländer einen sehr unterschiedlichen Weg. Während die österreichischen Stadien ausschließlich durch die öffentliche Hand finanziert wurden, erfolgte die Stadienfinanzierung in der Schweiz hauptsächlich aus Mitteln privater Investoren.213 Die Investoren erwerben das weitere Nutzungsrecht der Stadien, um ihre Investitionen zu refinanzieren. Das 2001 errichtete Basler Stadion, der St.-Jakobs-Park, wurde, nachdem das Land mit Baurecht vom Kanton zur Verfügung gestellt wurde, durch eine Partnerschaft von Credit Suisse, der Winterthur Versicherung, der SUVA Versicherung und einem Pensionsfonds finanziert. Die Kosten der für die Europameisterschaft benötigten Aufstockung trugen die Stadt und der Kanton Basel. Das Stadion wird über eine Kapazität von 42.500 Zuschauern verfügen und kostete mit dem Umbau 150 Mio. Euro. Der St.-Jakobs-Park war das erste Stadion, das von den Schweizer Architekten Herzog/ de Meuron geplant wurde, und seine Rand- und Mantelnutzung sind seitdem Vorbild für neue Stadienprojekte in ganz Europa. Der Komplex beinhaltet einen Fitnessklub, ein Einkaufszentrum und Büroflächen im Stadionmantel sowie eine Altersresidenz214, und wird dadurch rund um die Uhr benutzt. Das Stadion ist multifunktional und wird auch für Shows und Konzerte genutzt.

213 Vgl. WITSCHEK (2004): 52 214 Vgl. EURO 2008 Dossier Stadien: 79

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Abb. 29: St. Jakobs Park, Basel

Quelle: EURO 2008 Dossier

Der Neubau des Wankdorf-Stadions in Bern wurde größtenteils von den Investoren Winterthur, Coop, SUVA und Credit Suisse sowie aus Bundes- und kantonalen Sportbautenerrichtungsfonds finanziert. Das Bauland stand und steht in kommunalem Eigentum und wurde in einem Baurechtsvertrag zur Verfügung gestellt. Das 2005 eröffnete "Stade de Suisse Wankdorf Bern" bildet den Mittelpunkt städteplanerischer Maßnahmen im Bezirk Wankdorf, neben dem Stadium wurden auch noch ein 17.000 qm² großes Einkaufszentrum, Bürogebäude, Veranstaltungsflächen und zwei Schulen erbaut, die die ganzjährige Auslastung des Komplexes sicherstellen sollen. Zusätzlich ist auf dem Dach die größte Solaranlage der Schweiz installiert, die einen Teil der benötigten Energie liefert. Die Gesamtinvestitionskosten der Umgestaltung von Bern- Wankdorf betrugen über 205 Mio. Euro. Das Multifunktionsstadion, das auch als Veranstaltungsort und als Konzertarena genützt wird, besitzt 13 Logen und wird zur EURO 2008 über eine Kapazität für 42.000 Zuschauer verfügen. Das Stadion soll sich durch die geplanten Einnahmen und Mieten refinanzieren.

Das Genfer Stade de Genève ist ebenfalls ein Multifunktionsstadion mit 30.000 überdachten Sitzplätzen. Das 2003 eröffnete Stadion ist Teil des neuen Entertainment- und Shoppingviertels La Praille im Westen Genfs, der neben den Stadionanlagen auch

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über Büroflächen, ein Hotel sowie ein Einkaufs- und Erlebniszentrum auf 32.000 m² umfasst. Das Stadion selbst wird auch als Veranstaltungsort für Shows und Konzerte dienen, und bietet 22 Logen und 1.500 Businessplätze. Finanziert wurde das Stade de Genève als Public Private Partnership, wobei Credit Suisse und Jelmoli (größtes Schweizer Warenhaus) zwei Drittel der benötigten 175 Mio. Euro einbrachten, und der öffentliche Sektor (Kanton und Stadt Genf, Bund, Stadt Lancy) das restliche Drittel. Wie die Stadien in Basel und Bern soll sich auch der Komplex La Praille mit dem Stadion über erzielte Mieten und Einnahmen aus Veranstaltungen und Shows refinanzieren.

Der Problemfall unter den vier ansonsten vorbildlichen Schweizer Stadien war das Stadion in Zürich. In einem Public-Private-Partnership zwischen Credit Suisse und Stadt Zürich Der ursprünglich geplante Neubau des Hardturmstadions wurde aufgrund von Rechtsmitteln, die Anrainer gegen das unter dem Stadion geplante Entertainment- und Shoppingcenter sowie ein angrenzend zu errichtendes Bürohochhaus eingelegt hatten, für die rechtzeitige Errichtung entscheidend verzögert. Ohne diese erweiterte Nutzung wurde jedoch von den Investoren eine zu geringe Rendite erwartet, und das Projekt schließlich auf unbestimmte Zeit verschoben.215 Da die Schweiz und Zürich für die EURO 2008 noch ein weiteres Stadion benötigten, entwickelte die Stadtverwaltung Pläne, das bestehende Letzigrundstadion umzubauen. Die unter großem Zeitdruck errichtete 30.000-Zuschauer-Arena soll nun 2007 eröffnet werden, und wird ebenfalls als Mehrzweckstadion errichtet, in dem Fußball, Leichtathletik sowie Events und Shows stattfinden können. Die Kosten der Umbauarbeiten des Letzigrundstadions tragen nun die Stadt sowie der Kanton Zürich, während die Arbeiten am Hardturmstadion, das laut Betreibern weiter verfolgt wird,216 ruhen. Um den drohenden Gesichtsverlust für die Stadt Zürich abzuwenden, musste die Stadtverwaltung nun für die Ersatzlösung mehr investieren, als ihr Anteil am ursprünglich geplanten Stadion betragen hätte.

215 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Hardturm_%28Stadion%29 216 Vgl. http://www.stadion-zuerich.ch/

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Die Besonderheit der österreichischen Stadien für die EURO 2008 ist die Errichtung zusätzlicher Tribünen für die Dauer des Turniers. Da österreichische Fußballklubs für ihre Heimspiele nur in seltenen Fällen eine Kapazität von 30.000 oder mehr Zuschauern benötigen, wurde die benötigte Aufstockung auf Turniergröße in dreien der Austragungsorte – Innsbruck, Salzburg, Klagenfurt – zur Vermeidung der Überdimensionierung217 bereits in die ursprüngliche Konstruktion miteinbezogen. Das Wiener Ernst-Happel-Stadion, Österreichs einziges Fünfsternestadion (siehe Kap. 5.1) und größtes Stadion der EURO 2008, wird anlässlich der Fußballeuropameisterschaft umfangreich saniert und um VIP-Logen, Videomonitore und zusätzliche Tribünen erweitert. Die 14,9 Mio. Euro der Sanierungs- und Umbauarbeiten werden je zur Hälfte durch den Bund und die Gemeinde getragen.218 Die Stadt Wien nutzt die Großveranstaltung für umfangreiche städteplanerische Impulse in der unmittelbaren und mittelbaren Umgebung des Stadions. So wird die U-Bahn- Linie U2 durch den Bezirk Leopoldstadt bis zum Stadion und darüber hinaus verlängert, und gegenüber dem Stadion wird bis Herbst 2007 das Stadion Center, ein neues Einkaufszentrum mit 21.000m² Verkaufsfläche, das die Nahversorgungssituation des Bezirks verbessern soll, errichtet.219 "Planungsstadtrat DI Rudolf Schicker: 'Wien setzt in der Leopoldstadt neue Maßstäbe in der Stadtentwicklung. Um die Traditionsgebiete Messe, Krieau, Stadion und weiter Richtung Donau entsteht entlang der zukünftigen U2 ein moderner Stadtteil mit vielen neuen Wohnungen, zahlreichen Arbeitsplätzen in hochwertigen Büros und den dazu gehörenden Freizeit- und Einkaufsmöglichkeiten.' "220

Die drei übrigen österreichischen Stadien werden nach der EURO 2008 wieder verkleinert. "In den Wettbewerben für die Stadien waren immer ein basis- und ein EM- taugliches Stadion gefordert."221

217 Vgl. WIMMER (2006) 218 Vgl. WITSCHEK (2004): 52 f. 219 Vgl. http://www.stadioncenter.at 220 http://www.u2stadt.at/projekte_stadioncenter.html 221 ISOPP in profil immobilien extra, 2/2006: 4f.

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Das Innsbrucker Stadion Tivoli-Neu wurde im Jahr 2000 eröffnet und fasst im Ligabetrieb 15.200 (Sitzplatz) Zuschauer. Es wurde als multifunktionelle Arena erbaut und wird auch für Konzerte und Großveranstaltungen genutzt. Im am Stadtrand von Innsbruck gelegenen Stadionkomplex ist eine 10.000 m² große Passage mit Büroräumlichkeiten, Einkaufsmöglichkeiten, einem Fitnessklub und einer Kletterwand integriert, die eine permanente Nutzung des Stadions gewährleistet. "Die Entwicklung geht klar in Richtung einer wetterunabhängigen Ganzjahresimmobilie".222 Stadien sind für Albert Wimmer, Architekt der Stadien in Innsbruck, Salzburg und Klagenfurt, in erster Linie ein Ort der Begegnung, ein Nukleus mit Ausstrahlung, der die mittelalterliche Marktplatzfunktion übernimmt, aber auch eine Signetwirkung für die Stadt und die unmittelbare Umgebung des Stadions hat.223 Er betont allerdings auch, das Stadien als Unternehmen verstanden werden müssen, um sie erfolgreich betreiben zu können, mit einer Aufgliederung in Besitz- und Betriebsgesellschaft.224

Abb. 30: Tivoli-Neu, Modell nach Umbau

Quelle: http://www.stadionwelt.de/stadionwelt_stadien/images/news/innsbruck_25_01_2006_1.jpg

222 WIMMER (2006) 223 Vgl. WIMMER (2006) 224 Vgl. WIMMER (2006)

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Im Dezember 2005 begannen die Umbauarbeiten zur Aufstockung. Dazu wird an drei Seiten des Stadions nach einer Dachanhebung um siebzehn Meter ein zweiter Rang gebaut, in dem angemietete Tribünen aufgestellt werden. "Ähnlich einer Brückenhebung werden Türme aufgebaut, und dann wird alles auf einmal hydraulisch gehoben"225, so Albert Wimmer. Der zweite Rang wird eine Fassade aus Glas und Stahlgewebe erhalten. Die Kosten der Umbaumaßnahmen werden statt der ursprünglich geplanten 23 Mio. Euro aufgrund des hohen Stahlpreises rund 30 Mio. betragen.226

Ähnlich wird im Salzburger Stadion vorgegangen werden. Das 2003 eröffnete Stadion in Wals-Siezenheim verfügt über eine Kapazität von 18.800 Plätzen und wird zur EURO 2008 ebenfalls auf 30.000 Sitzplätze aufgestockt. Die Errichtungskosten der "Basisversion" des Stadions betrugen 44 Mio. Euro, die Umbauarbeiten zur Aufstockung wurden mit weiteren 15 Mio. Euro veranschlagt227, sollen aber nach neueren Schätzungen über 20 Mio. Euro betragen.228 Ähnlich wie in Innsbruck wird auch hier das Dach um zehn Meter angehoben, um einen zweiten Rang zu errichten. Abweichend von Innsbruck sollen allerdings auf Betreiben von Red Bull, des neuen Eigentümers des Heimatvereins, die Tribünen nach dem Turnier nicht wieder rückgebaut werden, und das Stadion als 30.000er-Arena erhalten bleiben. Aufgrund der grenzüberschreitenden Fanströme und der dank Red Bull in Österreich einzigartigen Eventstimmung bei den Heimspielen nähert sich Salzburg der 10.000-Abonnenten- Marke, und hat damit auch für die Zeit nach der EURO 2008 eine notwendige Grundauslastung erreicht. Die Verringerung der Distanz zwischen Zuschauern und Spielfeld in den drei österreichischen Stadien soll "Atmosphäre durch Kompaktheit" schaffen, wo Akustik und Licht wie am Theater in einen Gesamteindruck münden. 229

225 ISOPP in profil immobilien extra (2006): 5 226 Vgl. Kurier v. 10.09.2005, S. 25 227 Vgl. EURO 2008 Dossier Stadien: 38 228 Vgl. http://www.stadionwelt.de/stadionwelt_stadien/index.php?template=news&stadionname=Stadion Wals-Siezenheim&stadt=Salzburg&news_id=712 229 Vgl. WIMMER (2006)

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Abb. 31: Klagenfurt Wörtherseestadion – Modell

Quelle: Albert Wimmer ZT-GmbH

Der einzige wirkliche Neubau für die EURO 2008 ist das Stadion in Klagenfurt. Das Wörtherseestadion, das zu seiner Eröffnung über 32.000 überdachte Sitzplätze verfügen wird, bildet den Mittelpunkt eines neu errichteten Sportparks in Klagenfurt, der neben einer Fußballakademie auch über ein Ballsportkompetenzzentrum sowie zahlreiche Trainings- und Fitnesseinrichtungen verfügen wird. Die Herausforderung für den Architekten Wimmer bestand darin, einen Baukörper zu entwerfen, "der nach dem Rückbau von 30.000 auf 12.000 Sitzplätze sein Erscheinungsbild beibehalten wird"230. Nach der EURO 2008 werden der Oberrang und das untere Drittel der Blechfassade abmontiert, und das Dach und die Außenhaut um zehn Meter heruntergesetzt231. Die Front mit den VIP-Logen bleibt bestehen, die zusätzlichen Tribünen sollen in anderen Sportstätten weiter benutzt werden. Die Errichtungskosten des gesamten Sportparkgeländes betragen 66,5 Mio. Euro232, und werden zu je einem Drittel von Bund, Land Kärnten und Stadt Klagenfurt getragen, " wobei das Drittel der Stadt ebenfalls vom Land finanziert wird"233. Nach Verzögerungen während der Ausschreibungsphase erfolgte im Jänner 2006 der Spatenstich für die Arbeiten an der Wörtherseearena.

230 ISOPP in profil immobilien extra (2006): 6 231 Vgl. ISOPP in profil immobilien extra (2006): 6 232 Vgl. http://www.woertherseestadion.at/ 233 http://www.woertherseestadion.at/content/30.htm#faq01

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Für Albert Wimmer stellt die Schaffung von "Stätten, wo Emotionen ausgelebt werden (können)", ähnlich einem mittelalterlichen Marktplatz, eine Aufgabe der öffentlichen Hand dar.

Die österreichischen Stadionprojekte sind neue Beispiele für Flexibilität im Stadienbau, durch ihre erstmalige Aufstockung und den danach folgenden Rückbau können sie in Zukunft für andere Stadien als Vorbilder herangezogen werden. Bis auf die Stadien in Wien und Salzburg, die nach der EURO 2008 in ihrer erweiterten Form bestehen bleiben sollen, ist allerdings die Nachhaltigkeit der Investitionen zu hinterfragen. Allerdings wäre es wirtschaftlich und sportlich nicht zu vertreten gewesen, aus öffentlichen Mitteln drei neue Stadien mit einer dauerhaften Kapazität von 30.000 Zuschauern zu erbauen, die anschließend nicht ausreichend genutzt würden.

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Tabelle 6: Stadien der EURO 2008

Kosten in Kosten/ Stadt Stadionname Kapazität Eigentümer Mio. € Zuschauer

Basel St. Jakob Park 42.500 Privat 150 3.529 Bern Stade de Suisse 42.000 PPP 203 4.833 Genf Stade de Genève 30.000 PPP 175 5.833 Zürich Letzigrund 30.000 Stadt 69 2.300

Innsbruck Tivoli Neu 30.000 Stadt 37 1.233 Klagenfurt Wörtherseestadion 32.000 Stadt 40 1.250 Salzburg Wals 30.000 Stadt 59 1.967 Ernst-Happel-Stadion - Wien nur Umbau 52.000 Stadt 15 288

Quelle: Eigene Darstellung

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5.6. Außereuropäische Stadien

5.6.1. Saitama Super Arena, Tokio

Die in einem Vorort Tokios gelegene Saitama Super Arena wurde vom amerikanischen Architekturbüro Ellerbe-Becket entworfen. Die 2000 eröffnete Arena war Spielort der FIFA Weltmeisterschaft 2002 in Japan und Südkorea.

Abb. 32: Saitama Super Arena – Außenansicht

Quelle: http://www.sportsvenue-technology.com/projects/saitama/images/saitama_superarea3.jpg

Die im Eigentum der Präfektur von Saitama stehende Mehrzweckhalle besticht vor allem durch ihre unvergleichliche Variabilität. Das Gebäude ist mit seinen beweglichen Tribünen in der Lage, sich den jeweils erforderlichen Kapazitätsbedürfnissen anzupassen. "Ein ganzer Tribünenblock mit kompletter Infrastruktur - Technik, Restaurants, Shops und Sanitäranlagen - ist frei beweglich und lässt sich je nach

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Veranstaltung und Publikumsansturm justieren".234 Der Moving Block genannte, 15.000 Tonnen schwere Tribünenblock mit einer Kapazität von 9.200 Zuschauern kann in 20 Minuten über 70 m weit verschoben werden.

Abb. 33: Moving Block -System

Quelle: http://www.saitama-arena.co.jp/e/img/img_facility/moving.gif

Durch die dadurch erreichte Multifunktionalität eignet sich die Arena für Veranstaltungen von 5.000 bis 36.500 Zuschauern, von Sport bis zu Konzerten. Der Komplex beinhaltet zusätzlich ein Kulturzentrum, ein John Lennon Museum sowie einen Fitnessklub. Der Architekt betont, dass die Bauherren ein Gebäude wünschten "wie ein Schweizer Armeemesser"235, und diese Anforderungen wurden, auch im Vergleich mit anderen Multifunktionsstadien, erfüllt. Diese innovative Bauweise konnte allerdings nur verwirklicht werden, da die Lokalregierung diese Arena zum Prestigeobjekt auf der Höhe der technischen Machbarkeit erhoben hat, was sich auch in den hohen Gesamterrichtungskosten von $ 700 Mio. widerspiegelt.

Mit der Saitama Super Arena wurde sicherlich das immer noch bautechnisch fortschrittlichste Sportgebäude der Welt verwirklicht, die vielseitige Verwendbarkeit

234http://moderntimes.orf.at/web/Beitrag/beitrag9057.html?SendungsID=366&BeitragsID=1586&Archiv =yes 235 Vgl. http://www.ellerbebecket.com/portfolio_template_124.html#specs

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gewährleistet die ganzjährige Auslastung. Angesichts der Gesamtkapazität von 36.500 Zuschauern erscheinen die Baukosten von 700 Mio. $ doch trotz der konkurrenzlosen Multifunktionalität als unangemessen hoch. Die Arena wird sicherlich in bautechnischer Hinsicht als Vorbild für folgende Stadien herangezogen werden, aufgrund der enormen Kosten wird sie aber wohl einzigartig bleiben.

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5.6.2. Reliant Stadium, Houston

Im Zuge der Bewerbung um eine NFL Franchise verpflichtete sich die texanische Stadt Houston dazu, ein neues Stadion mit einer Kapazität von 70.000 Zuschauern zu errichten. Das 2002 eröffnete Reliant Stadium ist das erste und weiterhin einzige Stadion mit einem (innerhalb von 10 Minuten) verschließbarem Dach der NFL. Die Errichtungskosten, die vom Bezirk Harris County (geographischer Bezirk um die Metropole Houston) getragen wurden, betrugen $325 Mio. Die "Naming Rights" wurden an den Energieversorger Reliant als Teil eines Sponsoringdeals über den Reliant Park, ein ganzes Areal von Einrichtungen wie einer Konzert- und Veranstaltungshalle, dem alten Stadion von Houston, dem Astrodome236 sowie einem Messegelände, um $ 300 Mio. über 32 Jahre verkauft. Im Reliant Park finden an 350 Tagen im Jahr Veranstaltungen statt.

Abb. 34: Reliant Stadium, Texas

Quelle: http://www.sportsvenue-technology.com/projects/harris/harris4.html

236 der im Zuge der Folgen des Hurrikans Katrina im September 2005 als Notunterkunft von Flüchtlingen aus New Orleans diente, und somit wieder in den Blickpunkt der Öffentlichkeit rückte, Anm.

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Die Hauptmieter des Reliant Stadiums sind das Footballteam der Houston Texans sowie die Houston Livestock Show and Rodeo237, zusätzlich finden weitere Veranstaltungen und große Konzerte statt. Im Jahr 2004 wurde hier das Finale der NFL, die Superbowl XXXVIII abgehalten, welche das größte Einzelsportereignis der Welt ist. Die Arena verfügt über 7.000 Business-Sitze und hat 166 Logen mit Platz für jeweils 16-22 Personen zu Hospitalityzwecken sowie zahlreiche Restaurants und Bars. An den Komplex angeschlossen befinden sich Parkplätze für bis zu 26.000 Fahrzeuge.238

Das Reliant Stadium ist seit seiner Eröffnung 2002 immer noch das modernste Stadion der USA, und verbindet Sport, Unterhaltung und wirtschaftliche Zusatznutzung auf vorbildliche Weise.

Abb. 35: Reliant Stadium, Houston – Innenansicht

Quelle: http://ww.reliantpark.com

237 Die jährliche Besucherzahl von Rodeoveranstaltungen im Reliant Stadium beträgt 2 Mio.

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5.6.3. Olympiastadion Beijing 2008

Das von den Schweizer Stararchitekten Herzog/de Meuron entworfene Nationalstadion von Peking wird die Eröffnungs- und Schlusszeremonie sowie die Leichtathletikwettbewerbe der Olympischen Sommerspiele 2008 in Peking beherbergen. Die geplante Kapazität beträgt 100.000 Zuschauer, sie soll nach den Olympischen Spielen auf 80.000 reduziert werden.

Durch die Form, die an ein Vogelnest erinnert, erhielt das neue Olympiastadion in Peking auch recht bald seinen Spitznamen "Birds Nest", da die Struktur des Baus wie verflochtene Zweige aussehen. Die Konstruktion aus gewundenen Stahlträgern soll mit Luftkissen aus EFTE-Folie gefüllt werden.

Abb. 36: Nationalstadion Beijing (Modell)

Quelle: Herzog & de Meuron

Im Dezember 2003 fand die Grundsteinlegung für das künftige Nationalstadion in Peking statt. Doch schon im Juli 2004 wurde der Bau aus Kostengründen durch die Investoren-Gruppe, die sich aus einem Konsortium der CITIC (China Internation Trust and Investment Corp.) und der Beijing State-owned Asset-Management Group zusammensetzt, gestoppt. Die veranschlagten Baukosten waren zu diesem Zeitpunkt auf rund 470 Mio. US-Dollar angestiegen. Nach einer beschlossenen Umgestaltung zur

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Kostenreduktion wegen des weltweiten Stahlpreisanstiegs, (für die geplante Zweigkonstruktion werden 40.000 Tonnen Stahl benötigt, Anm.) und fünf Monaten Baustopp wird nun zwischenzeitlich wieder am neuen Olympiastadion in Peking gearbeitet. Das ursprünglich als verschließbar geplante Dach wurde durch eine günstigere Teilüberdachung ersetzt. Im Stadionkomplex wird ein Erlebnis- und Einkaufszentrum entstehen, das Shops, Restaurants, Kino-Center, einen Fitnessklub und Parkplätze beinhalten soll. Trotz der staatlichen Unterstützung und seines Sonderstatus als dem Repräsentationsbau der Olympischen Spiele wurde im Nationalstadion eine befürchtete Kostenexplosion vermieden, was zwar überraschen mag, doch angesichts verlustbringender olympischer Vorgängerstadien ökonomisch sinnvoll erscheint. Mit der geplanten Eröffnung 2007 wird das Nationalstadion in Peking allein aufgrund seines spektakulären Äußeren dennoch zu den bedeutendsten Sportbauten der Welt zählen, aufgrund der ergriffenen Adaptionen wohl auch zu den finanziell erfolgreicheren.

Abb. 37: Nationalstadion Beijing – Innenansicht (Rendering)

Quelle: http://www.bjghw.gov.cn/forNationalStadium/b11/xiaoguo/304.jpg

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6. Ausblick und Nachwort

Die Veränderung von Stadien von Stätten, die der Abhaltung von sportlichen und politischen Veranstaltungen dienen, zu heutigen, in einen Komplex aus Freizeit- und Unterhaltungsangeboten integrierten Multifunktionsstadien war in erster Linie ökonomisch bedingt. Die Errichtung von Stadien verteuerte sich hauptsächlich aufgrund verstärkter Sicherheitsauflagen und aus, vor allem durch den Vergleich mit anderen Freizeitangeboten wie Shoppingcenter und Multiplexkinos, gestiegenen Komfortansprüchen der Zuschauer. Die Gemeinden, die bisher die Träger der Stadienerrichtung darstellten, können die benötigten Summen oft nur noch mit der Hilfe privater Investoren bewältigen. Um die Refinanzierung der privaten Investitionen zu gewährleisten, sind die Errichter und Betreiber auf zusätzliche Erlöse aus der Immobilie angewiesen, da die Ticketerlöse oft nicht ausreichen. Daher werden verschiedene Nutzungsmöglichkeiten in den Gebäudemantel integriert, und das Stadium in einen Komplex aus Einkaufs- und Unterhaltungsangeboten eingegliedert. Vielerorts entstehen aus städteplanerischen Maßnahmen neue Wohn- und Unterhaltungsbezirke um das Stadion. Zu den wichtigsten langfristigen Einnahmequellen des neuen Stadions gehört die Vermietung von VIP-Logen und Business-Seats zu Geschäftszwecken, die einen überproportionalen Anteil der Zuschauereinnahmen darstellt.

Der tatsächliche ökonomische Erfolg der Stadieninvestitionen der vergangenen Jahre wird noch eingehender zu analysieren sein, um beurteilen zu können, wie die Finanzierung von Stadien sich entwickeln wird. Aufgrund ständig steigender Qualitätsansprüche seitens der Zuschauer wird die Zukunft des Stadienbaus sicherlich eine noch höhere technische Ausstattung der Arenen mit höchstem Komfort bis zu jedem einzelnen Sitzplatz beinhalten. Öffentlich errichtete Stadienprojekte können diesen Standard, auch aufgrund einer immer geringeren Lebensdauer von Stadienbauten, nicht halten und sind daher auf private Investoren angewiesen. Sollten die Investitionen in einen Stadionkomplex sich als wirtschaftlich nicht sinnvoll erweisen, werden die privaten Investoren sich in Zukunft davon zurückziehen, was zu weniger gut ausgestatteten da aus (begrenzten) öffentlichen Mitteln errichteten Sportstätten führen wird.

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7. Executive Summary

Das Ziel dieser Arbeit war es, den Wandel von Sportstadien von ihrem ersten Höhepunkt in der Antike bis zu ihrem gegenwärtigen Status quo darzustellen. Es zeigte sich vor allem bei der Betrachtung der Finanzierung von Sportstätten, dass diese mit öffentlichen Mitteln allein oft nicht mehr errichtet werden können, außer sie dienen der Abhaltung einer Großveranstaltung und ihre Errichtung steht daher im regionalen und auch nationalem Interesse, wie die in Kapitel 5 behandelten Stadien der Euro 2008 in Österreich, die Projekte der EURO 2004 in Portugal aber auch das Berliner Olympiastadion und die asiatischen Stadien in Peking und Tokio.

Abgesehen von Stadien und Arenen, die zu Sportgroßveranstaltungen erbaut werden, und oftmals Impulse zu größeren städteplanerischen Maßnahmen geben, kann die öffentliche Hand keine oder nur sehr eingeschränkte Stadienprojekte finanzieren und ist daher auf die Mithilfe privater Investoren angewiesen. Diese engagieren sich in Formen einer PPP zur Stadionerrichtung und anschließenden marktgerechten Weiterverwertung des Stadionkomplexes. Das wichtigste Kriterium eines neu errichteten Stadions ist der Hauptmieter, ein Verein der über ein ausreichendes Publikumsinteresse verfügt, um das Stadion regelmäßig zu füllen. Da kaum ein Stadion sich allein aus den Zuschauereinnahmen refinanzieren kann, sind die Stadienbetreiber auf zusätzliche Einkünfte aus der Arena angewiesen. Als wichtigste Einkommensquelle stellten sich dabei die langfristigen Mieterlöse für VIP- Logen, Business-Seats und Hospitalityflächen heraus, deren Angebot sich vornehmlich an Geschäftskunden zu Repräsentationszwecken wendet. Zunehmende Bedeutung erwirbt auch die aus den USA übernommene Praxis des Verkaufs der Namensrechte am Stadion, die ebenfalls langjährige Einkünfte sichert. Eine weitere verbreitete Einkommensquelle stellt die Abhaltung von Zusatzveranstaltungen wie sportliche und kulturelle Events sowie Konzerten dar, wobei so genannte Multifunktionsstadien auch aufgrund der zusätzlich benötigten Ausstattung auch deutlich höhere Gesamtkosten als reine Fußballstadien verursachen. Als Vorbilder für die multifunktionale Nutzung eines Stadions können hier besonders die Amsterdam ArenA und die Arena Auf Schalke bezeichnet werden, das wahrscheinlich vielseitigste Stadion der Welt, die Saitama Arena in Japan, wird wohl aufgrund der hohen Kosten ein Experiment bleiben.

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Viele der behandelten Stadienimmobilien sind darüber hinaus auf Einkünfte aus Randnutzungen des Stadions wie Einkaufszentren, Fitnesseinrichtungen und Unterhaltungsangeboten angewiesen, um die Frequenz der Stadienbesucher zu erhöhen. Da Stadien oft auch im sie umgebenden Viertel wichtige stadtplanerische Impulse auslösen, sind sie heute meistens Teil eines revitalisierten oder neu entwickelten Einkaufs- und Unterhaltungsbezirks, der auch die ganzjährige Nutzung der Stadieneinrichtungen garantieren soll. Die Verwertung der neu geschaffenen Flächen soll die Refinanzierung sicherstellen. Nur noch selten kann es sich ein Stadionprojekt leisten, offensichtlich kaum Rentabilitätserfordernissen entsprechen zu müssen, wie das anlässlich der EURO 2004 errichtete, öffentlich finanzierte Stadion in Braga, das zwar als Fußballstadion genutzt wird, doch mit seiner betont reduzierten Form ohne jegliche Mantelnutzung eher als architektonische Attraktion denn als Sportstätte einzuschätzen ist.

Angesichts der enormen (auch institutionellen) Investitionen im Stadionbereich ist jedoch zu erwarten, dass der Trend zur Errichtung eines Stadions in einem Komplex mit vielfältigen Unterhaltungsmöglichkeiten ein wirtschaftlich erfolgreiches Modell darstellt, und sich in städtischen wie suburbanen Lagen fortsetzen wird.

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Text des Executive Summaries in englischer Sprache

This paper's objective was to document the change that sport stadia have undertaken since their early bloom in ancient Greece and Rome up to their modern status quo. Especially when dealing with the financing of stadiums and arenas, local communities cannot bear the financial burden of building stadiums on their own, except when building stadiums to host large international sporting events like the Olympic Games or the World Cup. Examples of such arenas that are covered in the case studies in chapter 5 include the Austrian stadiums for EURO 2008, most of the Portuguese stadia for EURO 2004 or the Berlin and the National Stadium in Beijing. To be able to build stadiums for other purposes than staging international events, communities have to rely on private investors to take part in the financing of stadium projects. The private investors and the local community then often form a public-private-partnership to construct and operate an arena. The private investors then have the right to rent out the stadium's multifunctional outlets to refinance their investments.

The most important tenant of a new arena is the home team, which should have a sufficient following to sell season tickets, corporate luxury boxes that allow businesses to entertain clients and business seats. The long-term rental of corporate boxes which are also frequently used for incentives or hospitality purposes is the most profitable source of income of new arenas. The US inspired practice of selling a stadium's naming rights to a sponsor is also becoming more and more common with European arenas, although the market for potential name sponsors is small. Another usual source of income from stadium properties is revenue from additional events like concerts and other sports, but the competition for concerts will only increase, as more multi-purpose- stadia, that cost considerably more than football-only-arenas and depend on the additional income to be refinanced, are being built. Positive examples for such multi- purpose stadiums are the Amsterdam ArenA and AufSchalke Arena. The Saitama Super Arena near Tokyo, probably the most versatile stadium venue worldwide, will probably remain the only one of its kind, due its very high construction costs of $700 million for a 35.000-seat-arena.

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Most of the covered stadiums also need revenue from secondary usage of the property such as retail stores, restaurants, hotels and office buildings. Since arenas often serve as a catalyst for urban redevelopment in surrounding areas, they often become a centre of revitalized or newly established entertainment districts and housing and office developments. This leads to an even higher frequency of stadium visitors, thus increasing profitability.

Special stadium projects like the publicly financed Estádio Municipal in Braga, built for EURO 2004, that are architecturally unique, but apparently don't have to fulfil profitability requirements have become rare.

In view of the fact that over the last ten years, many private and institutional investors have been spending enormous sums on the construction of stadium and entertainment properties, it can be expected that the trend towards a combination of sports, shopping and amusement offers will continue and represents an economically viable model for future stadiums and arenas in urban and suburban areas.

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8. Literaturverzeichnis

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8.1. Verzeichnis der sonstigen Quellen

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Wimmer, Albert, Arch., Persönliches Gespräch, Architekt der Stadien in Innsbruck, Salzburg und Klagenfurt; Gespräch geführt am 26.04. 2006 im Büro Albert Wimmer ZT, Wien

8.2. Internetartikel und –quellen http://de.wikipedia.org/wiki/Allianz_Arena, Lesedatum 10.03.206 http://de.wikipedia.org/wiki/Amphitheater, Lesedatum 18.02.2006 http://de.wikipedia.org/wiki/Circus_Maximus, Lesedatum 18.02.2006 http://de.wikipedia.org/wiki/F%C3%BCnfsternestadion, Lesedatum 18.02.2006 http://de.wikipedia.org/wiki/Hardturm_%28Stadion%29, Lesedatum 13.03.2006 http://de.wikipedia.org/wiki/Hippodrom, Lesedatum 18.02.2006 http://de.wikipedia.org/wiki/Kolosseum, Lesedatum 18.02.2006 http://de.wikipedia.org/wiki/Olympia_%28Griechenland%29#Das_Stadion, Lesedatum 18.02.2006 http://de.wikipedia.org/wiki/Olympiastadion_Berlin, Lesedatum 27.02.2006 http://de.wikipedia.org/wiki/Olympische_Spiele_der_Antike, Lesedatum 18.02.2006 http://de.wikipedia.org/wiki/Stadion, Lesedatum 18.02.2006 http://de.wikipedia.org/wiki/UPC-Arena, Lesedatum 02.03.2006 http://iblalt.ibl.uni-stuttgart.de/aktuell/exkursionen/berlin2002/ps-bericht/bericht- stadion.html, Lesedatum 27.02.2006 http://moderntimes.orf.at/web/Beitrag/beitrag9057.html?SendungsID=366&BeitragsID =1586&Archiv=yes, Lesedatum 01.03.2006 http://www.baselunited.ch/default.aspx?code=19&group=sjp, Lesedatum 02.03.2006 http://www.ellerbebecket.com/portfolio_template_124.html#specs, Lesedatum 16.03.2006

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http://www.olympiastadion-berlin.de/index.php?id=359, Lesedatum 27.02.2006 http://www.potsdamerplatz.biz/Olympiastadion, Lesedatum 27.02.2006 http://www.stadioncenter.at, Lesedatum 17.02.2006 http://www.stadion-zuerich.ch/, Lesedatum 13.03.2006 http://www.thestadium-highbury.com/stadium_main.htm, Lesedatum 02.03.2006 http://www.u2stadt.at/projekte_stadioncenter.html, Lesedatum 08.03.2006 http://www.woertherseestadion.at/, Lesedatum 17.03.2006

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9. Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Beispiele für Namensrechte europäischer Stadien ...... 47 Tabelle 2: Kalkulation eines Stadionkonzertes...... 51 Tabelle 3: Stadien der EURO 2004 in Portugal...... 76 Tabelle 4: WM Stadien FIFA World Cup 2006 Deutschland ...... 87 Tabelle 5: Stadionneubauten Deutschland...... 88 Tabelle 6: Stadien der EURO 2008 ...... 97

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10. Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Überreste der Palaistra in Olympia...... 4 Abb. 2: Das Stadion von Olympia heute ...... 5 Abb. 3: Das Kolosseum ...... 8 Abb. 4: Wiener Praterstadion...... 17 Abb. 5: Lageplan des Berliner Reichssportfeldes...... 20 Abb. 6: Olympiastadion Berlin – Gesamtansicht 1936 ...... 22 Abb. 7: Interessengruppen bei kommerziellen Freizeiteinrichtungen...... 28 Abb. 8: Auswirkungen eines Stadions für Gemeinden...... 31 Abb. 9: Geplante Einnahmeströme für das neue Stadion ...... 37 Abb. 10: Modell einer PPP-Finanzierung...... 38 Abb. 11: VIP-Bereich ...... 40 Abb. 12: Zuschauereinnahmen FC Schalke 04...... 42 Abb. 13: The Stadium, Highbury Square ...... 53 Abb. 14: Das Stadion als Entertainmentkomplex...... 54 Abb. 15: Amsterdam ArenA – Außenansicht...... 66 Abb. 16: Amsterdam ArenA - Innenansicht ...... 69 Abb. 17: Estádio Municipal de Braga...... 70 Abb. 18: Stadion von Braga - Innenansicht...... 71 Abb. 19: Estádio da Luz – Außenansicht ...... 73 Abb. 20: Da Luz Stadion – Innenansicht...... 74 Abb. 21: Estádio do Dragao, Porto...... 75 Abb. 22: Estádio do Dragao – Innenansicht ...... 75 Abb. 23: Veltins Arena AufSchalke – Außenansicht mit vorgelagertem Rasen...... 77 Abb. 24: Arena AufSchalke – Innenansicht mit Rasen ...... 78 Abb. 25: Arena AufSchalke – Biathlonbewerb ...... 80 Abb. 26: Olympiastadion Berlin – Neu ...... 82 Abb. 27: Allianz Arena...... 84 Abb. 28: Allianz Arena - Innen ...... 85 Abb. 29: St. Jakobs Park, Basel...... 90 Abb. 30: Tivoli-Neu, Modell nach Umbau...... 93 Abb. 31: Klagenfurt Wörtherseestadion – Modell...... 95 Abb. 32: Saitama Super Arena – Außenansicht ...... 98 Abb. 33: Moving Block -System ...... 99 Abb. 34: Reliant Stadium, Texas...... 101 Abb. 35: Reliant Stadium, Houston – Innenansicht...... 102 Abb. 36: Nationalstadion Beijing (Modell) ...... 103 Abb. 37: Nationalstadion Beijing – Innenansicht (Rendering)...... 104

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