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Valerie Matheis

Kunst im Untergrund Die künstlerische Bespielung von U-Bahn-Systemen Moskau - - Wien

Diplomarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades einer Magistra der Philosophie an der Karl-Franzens-Universität Graz

Begutachter: Univ.-Prof. Dr.phil. Johann Konrad Eberlein

Institut für Kunstgeschichte Karl-Franzens-Universität Graz

Graz, 11. September 2013

Ehrenwörtliche Erklärung

Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die Ar- beit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen inländischen oder aus- ländischen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht. Die vorliegende Fassung entspricht der eingereichten elektronischen Version.

Graz, 11. September 2013

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Einleitung ...... 1

I U-Bahn-Kunst. Kunstwerke für U-Bahn-Systeme. Kunstwerke im öffentlichen Raum ...... 3

1 Das Verkehrssystem U-Bahn. Mobilität für die Massen ...... 3 2 Die U-Bahn im Stadtraum ...... 4 3 U-Bahn-Systeme als öffentlicher Raum ...... 7 4 Realisierung von Kunstwerken in U-Bahnsystemen ...... 9

II Moskau ...... 11

1 Geschichte und Bau der Metro ...... 11 2 Kommunikation und Vermittlung des Baus der Metro und ihrer architektonisch-künstlerischen Gestaltung ...... 13 Inszenierung des Metrobaus - die Metro-Propaganda ...... 13 Kommunikation und Vermittlung der Kunst in der Moskauer Metro in der Gegenwart ...... 16 3 Gestaltungskonzept der Metro-Stationen ...... 17 4 Barock bis Moderne - Architektur und Kunst der Metro-Stationen ...... 18 Die erste Bauphase (1932-1935) ...... 19 Zweiter Weltkrieg - Kontinuierlicher Ausbau der Moskauer Metro (1935-1945) ...... 22 Der Höhepunkt des Prunks (1945-1954) ...... 28 Stilistische Neuausrichtung nach Stalins Tod (1955-1970) ...... 32 Die Rückkehr zur stalinistischen Bautradition (1970-1980) ...... 34 Ein Relikt aus der Sowjetzeit ...... 35 Weitere künstlerische Interventionen in der Moskauer Metro ...... 37 5 Zusammenfassung ...... 39

III Stockholm ...... 41

1 Geschichte und Bau ...... 41 2 Gestaltungskonzept der U-Bahn-Stationen ...... 43

III Inhaltsverzeichnis

Architektonische Gestaltung ...... 43 Künstlerische Gestaltung ...... 45 3 Permanente Kunstwerke ...... 48 Die 1950er Jahre ...... 48 Die 1960er Jahre ...... 52 Die 1970er Jahre ...... 54 Die 1980er Jahre ...... 60 Die 1990er Jahre ...... 62 Der Beginn des 21. Jahrhunderts ...... 65 4 Temporäre Kunstwerke ...... 68 5 Werbung ...... 71 6 Finanzierung, Instandhaltung und ...... 72 7 Kommunikation und Vermittlung ...... 73 8 Zusammenfassung ...... 75

IV Wien ...... 78

1 Geschichte und Bau ...... 78 2 Gestaltungskonzept der U-Bahnstationen...... 80 Architektonische Gestaltung ...... 80 Künstlerische Gestaltung ...... 85 3 Permanente Kunstwerke ...... 87 Der Anfang der Kunst in der Wiener U-Bahn in den 1980er Jahren: Die Kunstlinie U3 ...... 87 Kunst in der Wiener U-Bahn ab dem Jahr 2001: Ausweitung auf die Linien U1, U2 und U4 ...... 95 4 Temporäre Kunstwerke ...... 109 5 Vandalismus ...... 111 6 Kommunikation und Vermittlung ...... 112 7 Zusammenfassung ...... 113

V Vergleich ...... 116

1 Motivation, Ziele und Konzept ...... 116 2 Zeitpunkt der Realisierung ...... 117

IV Inhaltsverzeichnis

3 Auswahl der Künstler und Künstlerinnen ...... 118 4 Künstlerische Ausdrucksformen und Orte der künstlerischen Gestaltung ...... 119 5 Themen der Kunstwerke ...... 121 6 Vermittlung ...... 122 7 Fazit ...... 123

Resümee ...... 124

Literaturverzeichnis ...... 127

Abbildungsverzeichnis ...... 143

V Abkürzungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abb. Abbildung bzw. Beziehungsweise dt. deutsch f. folgende Seite ff. folgende Seiten geb. geboren gest. gestorben H. Heft Hg. Herausgeber Jg. Jahrgang o. A. ohne Autor o. J. ohne Jahr o. S. ohne Seite russ. russisch u. a. unter anderem z. B. zum Beispiel

VI Einleitung

Einleitung

Ziel

Zur Ermöglichung einer raschen Mobilität innerhalb des urbanen Raums verfügen heute weltweit viele Städte über U-Bahn-Systeme. Ihre ober- und unterirdischen Bauwerke und Streckenabschnitte üben einen - mitunter sehr starken - Einfluss auf das städtische Umfeld und das Erscheinungsbild der Stadt aus. Als Teil des öffentlichen Stadtraums wurden die U-Bahn-Systeme einiger Städte Schauplätz künstlerischer Bespielung. Ein derartiges Um- feld bietet für die Realisierung von Kunstwerken unterschiedliche Rahmenbedingungen und Herausforderungen. Die vorliegende Arbeit untersucht die künstlerische Gestaltung der U-Bahn-Systeme Moskaus, und Wiens und zielt darauf ab, im Rahmen einer vergleichenden Gegenüberstellung die Möglichkeiten einer künstlerischen U-Bahn- Bespielung zu untersuchen und auszuloten.

Aufbau

Im einleitenden Kapitel der Arbeit wird ein Überblick über die Entwicklung des U-Bahnwesens geboten. Anschließend erfolgt die Erläuterung der Wirkung von U-Bahn- Systemen im städtischen Umfeld, ihre Charakterisierung als Teil des öffentlichen Stadt- raums und die Beleuchtung der Herausforderungen, die sich für Kunstwerke in derartigen öffentlichen Räumen ergeben. Die folgenden Abschnitte widmen sich der Untersuchung der künstlerischen Bespielung der U-Bahn-Systeme in Moskau, Stockholm und Wien. Es werden zu Beginn jeweils die Ge- schichte der U-Bahn und im Anschluss die zugrundeliegenden Motive und Konzepte zur U- Bahn-Gestaltung präsentiert. Danach wird die künstlerische Gestaltung ausgewählter Sta- tionen besprochen. Außerdem wird im Rahmen der Kapitel jeweils untersucht, inwiefern und in welchem Umfang eine Vermittlung des künstlerischen Programms stattfindet. Den Abschluss der Arbeit bildet eine vergleichende Betrachtung der künstlerischen Bespie- lung der drei U-Bahn-Systeme. Aspekte auf denen der Schwerpunkt der Gegenüberstellung liegt, sind zum einen Motivation, Ziele und Konzept, die der Umsetzung von Kunstwerken in der U-Bahn zugrunde liegen, der Zeitpunkt der Realisierung wie auch der Auswahlpro- zess der Künstler und Künstlerinnen. Zum anderen sind es die Art der künstlerischen Aus-

1 Einleitung drucksformen und die Orte, die künstlerisch bespielt wurden, die Themen der Kunstwerke sowie das Vermittlungsprogramm, anhand derer der Vergleich der künstlerischen Pro- gramme Moskaus, Stockholms und Wiens erfolgt.

2 I U-Bahn-Kunst. Kunstwerke für U-Bahn-Systeme. Kunstwerke im öffentlichen Raum

I U-Bahn-Kunst. Kunstwerke für U-Bahn-Systeme. Kunstwerke im öffentlichen Raum

U-Bahn-Systeme durchziehen netzartig urbane Räume - sowohl an der Oberfläche, als auch im Untergrund. Sie sollen rasche Mobilität im öffentlichen Stadtraum ermöglichen und sind vielfach Ort künstlerischer Bespielung. Das vorliegende Kapitel bietet einleitend einen kur- zen Abriss über die Geschichte von U-Bahnen sowie deren Wirkung auf den Stadtraum. Des Weiteren erfolgt ihre Charakterisierung als öffentlicher Raum und die Beleuchtung der geänderten Rahmenbedingungen, die sich für in diesem Umfeld realisierte Kunstwerke ergeben.

1 Das Verkehrssystem U-Bahn. Mobilität für die Massen

Die Anfänge des innerstädtischen Untergrundbahnbaus liegen in der Mitte des 19. Jahr- hunderts in England. Durch große Fortschritte im Bereich der Tunnelbautechnologie wurde die Weiterentwicklung der Bauverfahren seit damals kontinuierlich vorangetrieben. Damit sollte dem konstant zunehmenden Verkehrsaufkommen und den daraus resultierenden negativen Entwicklungen und verkehrstechnischen Problemen innerhalb der Stadtgebiete infolge eines raschen Wachstums und schnellen strukturellen Wandels entgegengewirkt werden. Eine Verbesserung der Mobilität mit der Möglichkeit des schnellen Ortswechsels innerhalb des Stadtgebiets sollte erzielt werden. Die im Rahmen der vorliegenden Arbeit thematisierten innerstädtischen Untergrundbahnen - unter anderem als Subway, Metro, Mass Transit Railway, Tunnelbana oder Underground bezeichnet - zeichnen sich durch Merkmale wie die kreuzungsfreie Betriebsführung in Hoch-, Tief- oder Niveaulage, und einer aus der raschen Zugfolge und hohen Reisegeschwindigkeit resultierenden großen Transportleistung aus. Neben der Entflechtung des innerstädtischen Verkehrs sowie der verkehrstechnischen Anbindung und Erschließung von Wirtschafts- und Wohngebieten ist auch die umweltschonenden Möglichkeit der Verkehrsgestaltung als ein wesentlicher Vor- teil dieses Transportmediums zu nennen.1 Mitte des 19. Jahrhunderts war London zur größten Stadt der Welt angewachsen. Die dar- aus resultierenden massiven Verkehrsprobleme, der sich die Stadt bald gegenüber sah, machten ein innerstädtisches Verkehrsmittel erforderlich, das abseits der überlasteten

1 Hinkel/Treiber/Valenta/Liebsch 2004, 4. 3 I U-Bahn-Kunst. Kunstwerke für U-Bahn-Systeme. Kunstwerke im öffentlichen Raum

Hauptstraßen verlief.2 Die Untergrundbahn stellte hierfür eine geeignete Lösung dar, deren Einführung durch die umfassenden technischen Weiterentwicklungen im Bereich des Tun- nelbaus in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, wie beispielsweise der Erfindung des Schildvortriebs im Jahr 1818 durch Marc Isambard Brunel (geb. 1769, Hacqueville, Frank- reich; gest. 1849, London), möglich wurde.3 Der erste Streckenabschnitt der Londoner U-Bahn, die Metropolitan Line, wurde im Jahr 1863 in Betrieb genommen.4 Sie stellt damit die älteste Untergrundbahn der Welt dar.5 Heute besteht das Londoner U-Bahnnetz aus 11 Linien mit 270 Stationen und einem Streckennetz mit einer Länge von etwa 400 Kilometern (Stand 2013). Jährlich werden circa 1,229 Millionen Fahrgäste transportiert (Stand 2013).6 Eine weitere Stadt, die in Bezug auf den U-Bahn-Bau eine Pionierrolle einnimmt ist Buda- pest. Die Budapester Metro wurde im Jahr 1896 eröffnet und stellte damit die erste U-Bahn auf dem europäischen Festland dar. Kurze Zeit später, in den Jahren 1900, 1901 und 1902, wurden schließlich die U-Bahnen in Paris, New York und Berlin in Betrieb ge- nommen.7

2 Die U-Bahn im Stadtraum

Heute verfügen weltweit zahlreiche Großstädte über innerstädtische U-Bahn-Systeme. Die gestalterische Umsetzung, insbesondere der in Hoch- und Niveaulage verlaufenden Stre- ckenabschnitte und oberirdisch liegenden Stationen, Eingänge und Aufnahmegebäude, übt auf das städtische Umfeld einen weiträumigen Einfluss aus und prägt das Stadtbild mitun- ter entscheidend.8 Die folgende Abbildung zeigt ausgewählte Beispiele hierfür (siehe Abb. 1).

2 Bennett 2005, 32. 3 Hinkel/Treiber/Valenta/Liebsch 2004, 6. 4 Transport for London o. J., o. S. 5 Bennett 2005, 35. 6 Mayor of London/Transport for London 2013, 3. 7 Hinkel/Treiber/Valenta/Liebsch 2004, 4. 8 Dorazin 2011, 221. 4 I U-Bahn-Kunst. Kunstwerke für U-Bahn-Systeme. Kunstwerke im öffentlichen Raum

Abbildung 1: Hector Guimard, Überdachter Eingang zur Pariser Metro, 1913; Fulgence Bi- envenüe, Louis Biette, Maurice Koechlin und Jean Camille Formigé, Viaduc d' Austerlitz über das die Pariser Metro die Seine kreuzt, 1904; Alfred Grenander, Zugangsgebäude zur Berliner U-Bahn-Station Krumme Lanke, 1929 (von links nach rechts) Quelle: RATP/RATP/Capital Transport, Eingang der Pariser Metro/Austerlit-Viadukt/Eingang des U-Bahnhofs Krumme Lanke/Bennett, David, Metro. Die Geschichte der Untergrundbahn, Stuttgart 2005, 50/11 oben/67 unten.

Die nach Entwürfen des französischen Architekten Hector Guimard (geb. 1867, Lyon; 1942, New York City) umgesetzte Gestaltung aus verflochtenen Eisenträgern im Stil des Art Nou- veau (siehe Abb. 1, links), die bei vielen der älteren Stationseingänge der Pariser Metro noch vorhanden ist, stellt heute ein charakteristisches Merkmal der Stadt dar.9 Das Viaduc d' Austerlitz ist eine der Brücken, über die die Pariser Metro die Seine überquert (siehe Abb. 1, Mitte). Da beim Bau der ersten Metro-Linien eine Flussunterquerung als zu risiko- reich eingestuft wurde, erfolgte der Bau mehrerer Brücken zur Seine-Überquerung.10 Von Alfred Grenander (geb. 1863, Skövde, Schweden; gest. 1931, Berlin), der als Architekt der Berliner U-Bahn für die Gestaltung zahlreicher Viadukte und Stationen verantwortlich war, stammt auch die Station Krumme Lanke (siehe Abb. 1, rechts), die viele Bauten der Londoner U-Bahn der 1930er Jahren beeinflusst hat. Im Gegensatz zu den zu Beginn gestal- teten Hochbahn-Bauwerken, die er mit umfangreichen Ornamenten und zahlreichen De- tails ausgestaltete, ist diese in schlichter Betonbauweise errichtete Station ein Beispiel für den späteren Wandel seines Gestaltungsstils, der sich am von Funktionalismus und Schlichtheit geprägten Stil der Bauhaus-Bewegung orientierte.11

9 Bennett 2005, 6 und 51. 10 Bennett 2005, 48 f. 11 Bennett 2005, 65 ff. 5 I U-Bahn-Kunst. Kunstwerke für U-Bahn-Systeme. Kunstwerke im öffentlichen Raum

Neben den oberirdischen Stationsbauten bilden auch die in Tieflage verlaufenden Stre- ckenabschnitte von U-Bahn-Systemen einen Teil des Stadtraums. Die Gestaltung der unter der Erde liegenden U-Bahn-Bauten stellt eine ebenso das visuelle Gesamterscheinungsbild der Stadt beeinflussende Determinante dar. Auch sie kann die Wahrnehmung der Fahrgäs- te der U-Bahn sowie der Stadt im Allgemeinen gegenüber maßgeblichen beeinflussen. Die folgende Abbildung zeigt zwei sehr unterschiedliche Raumlösungen für unterirdische Stati- onen (siehe Abb. 2).

Abbildung 2: Plattformen der 1918 eröffneten New York Subway Station 51st Street; Paul Kramer und Burkhard Schäffer (Gesamtplanung, Baureferat) sowie Franz Ackermann (künstlerische Gestaltung), Ansicht der Stationsplattform des Münchner U-Bahnhofs Georg-Brauchle-Ring, 2003 (von links nach rechts) Quelle: Hinkel, Walter J./Treiber, Karl/Valenta, Gerhard/Liebsch, Helmut, U-Bahnen. gestern - heute - mor- gen. Von 1863 bis 2010, Wien 2004, 342; Holzherr, Florian, Station Georg-Brauchle-Ring, in: Landeshaupt- stadt München - Baureferat (Hg.), U-Bahnhof Georg-Brauchle-Ring, München 2003, Download: http:// www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/baureferat/u-bahn-bau/u-bahn-bau-info.html, 1.8.2013, 7.

Die im Jahr 1918 eröffnete Station 51st Street ist ein typisches Beispiel für die U-Bahn- Stationen des New York City Subway-Netzes (siehe Abb. 2, links). Diese verfügen größten- teils über zwei Außenbahnsteige, eine niedrige Raumhöhe, häufig Säulenreihen entlang der Gleise und Bahnsteige zur Stütze sowie geflieste Wände.12 Einen großen Gegensatz dazu stellt die Münchner U-Bahn-Station Georg-Brauchle-Ring dar. Die im Jahr 2003 eröff- nete Station besteht aus einem hohen, stützenlosen Raum mit einem Mittelbahnsteig. Die Raumhöhe wird durch die Deckenspiegelung zusätzlich optisch vergrößert. Die mit Die große Reise betitelte künstlerische Wandgestaltung stammt vom Künstler Franz Acker-

12 Bennett 2005, 56 ff. 6 I U-Bahn-Kunst. Kunstwerke für U-Bahn-Systeme. Kunstwerke im öffentlichen Raum mann (geb. 1963, Neumarkt-Sankt Veit). Es handelt sich dabei um ein Raster aus Tafeln in unterschiedlichen Farbtönen, zwischen die Abbildungen aus verschieden Großstädten der Welt eingefügt wurden. Die Station stellt den ersten jener neuen U-Bahnhöfe dar, bei dem der künstlerischen Gestaltung beim Stationsbau große Bedeu- tung zukam.13

3 U-Bahn-Systeme als öffentlicher Raum

Nach der Definition Lawrence Weiners (geb. 1942, New York City) ist der öffentliche Raum, „WAS JEDEM MITGLIED DER GESELLSCHAFT OFFEN ZUR VERFÜGUNG STEHT“14 und grenzt sich damit vom privaten Raum, der nur einem spezifischen, beispielsweise über Eigentums- oder Nutzungsrechte festgelegten Personenkreis zugänglich ist, ab. Ende der 1960er Jahre, als eine verstärkte gesellschaftliche und künstlerische Auseinandersetzung mit dem öffent- lichen Raum stattfand, wurde er vor allem als das allen Akteuren einer bürgerlichen Öf- fentlichkeit unbeschränkte und in gleichem Maße zur Verfügung stehende physisch- materielle Territorium definiert. Straßen und Plätze einer Stadt sind Teil dieses öffentlichen Raums und können von diesen Akteuren als Orte zur Fortbewegung, aber auch sozialen Interaktion, der Kommunikation und als Aufenthaltsorte genutzt werden. Später kam es zu einer begrifflichen Ausdehnung, in deren Verständnis dieser nicht über eine gegebene Form verfügt, vielmehr kann er in Besitz genommen, verändert werden. Er tritt nicht nur in seiner materiellen Form, als reguliertes Produkt baulicher Maßnahmen, in Erscheinung, sondern verfügt auch über eine immaterielle Struktur, die aus der Dynamik sozialer Inter- aktionen und politischer Diskurse entsteht.15 Er ist „orte, medien und formate des demo- kratiepolitischen diskurses“16, wie es Richard Kriesche (geb. 1940, Wien) formulierte. Bei Kunst, die im öffentlichen Raum realisiert wird, handelt es sich um Kunst, die sich ab- seits des geschützten kunstinstitutionelle Raums, des „White Cube“, befindet. Im Gegen- satz zum Kunstraum, wo ihnen mit einem gewissen - unterschiedlich hohen - Maß an Tole- ranz begegnet wird, werden Kunstwerke im öffentlichen Raum von einigen Personen als unerwünschte Belästigung gesehen.17 Für andere stellen sie eine willkommene Abwechs- lung dar, die zur Bereicherung und (visuellen) Aufwertung des öffentlichen Raums beitra-

13 Landeshauptstadt München - Baureferat 2010, 30 f. 14 Weiner 2011, 18. 15 Edlinger 2009, 17 und 21. 16 Kriesche 20011, 18. 17 Fenz 2010, 26. 7 I U-Bahn-Kunst. Kunstwerke für U-Bahn-Systeme. Kunstwerke im öffentlichen Raum gen sollen,18 oder ihre über die Funktion einer Stadtmöblierung hinausreichenden inne- wohnenden Provokationen werden als spannende Notwendigkeit wahrgenommen.19 Das Publikum von Kunst im öffentlichen Raum ist ein sehr großes - ein viel größeres als es bei Kunstinstitutionen wie Museen der Fall ist -, es ist jedoch nicht zwingend ein kunstinteres- siertes Publikum. In den meisten Fällen werden Menschen zufällig, ohne sich vorab be- wusst dafür zu entscheiden, damit konfrontiert. In dem von visueller Überladung gekenn- zeichneten urbanen Raum stehen künstlerische Arbeiten im öffentlichen Raum vor der Herausforderung die Aufmerksamkeit dieses Publikums auf sich zu lenken. Mitunter sind sie für die Betrachterin bzw. den Betrachter nicht sofort als Kunstwerke erkennbar und einordenbar, da sie sich in die gängigen ästhetischen Muster des Alltags einfügen und sich innerhalb dieser als Irritation oder Verfremdung erschließen.20 Neben diesen Herausforderungen, denen sich Kunstwerke im öffentlichen Raum gegen- über sehen, müssen sie auch oft hinsichtlich ihrer äußeren Gestaltung material- oder formbezogene Anforderungen erfüllen. Dabei handelt es sich beispielsweise um eine ge- wisse Robustheit und Witterungsbeständigkeit gegenüber Umwelteinflüssen, die sie auf- weisen oder auch bestimmte Funktionen, welche sie übernehmen müssen.

Bezüglich ihres Charakters hat für Kunstwerke im öffentlichen Raum eine Differenzierung zu erfolgen. Auf der einen Seite stehen Kunstwerke, die als künstlerischer Schmuck ver- standen und mit dem Zweck der Dekoration und visuellen Aufwertung des öffentlichen Raums installiert werden.21 Hierzu sind auch beispielsweise die im Rahmen von Kunst am Bau entstandenen Fassadengestaltungen zu zählen, wie sie in Österreich in den 1920er Jahren und verstärkt in den Nachkriegsjahren realisiert wurden.22 In ähnlichem Kontext sind auch die sogenannten Drop Sculptures einzuordnen, die als selbstbezügliche Objekte im Stadtraum zu finden sind. Davon grenzen sich künstlerische Arbeiten ab, in deren Kon- zeption und Ausführung der Realisationsort einbezogen, die sich im Sinne einer Sitespecifi- ty auf diesen beziehen,23 und eine kritische Auseinandersetzung mit diesem darstellen.24

18 Kwon 2002, o. S. 19 Fenz 2010, 26. 20 Fenz 2011, 34 f. 21 Fenz 2011, 27 f. 22 Edlinger 2009, 19. 23 Fenz 2011, 35. 24 Rottmann 2003, o. S. 8 I U-Bahn-Kunst. Kunstwerke für U-Bahn-Systeme. Kunstwerke im öffentlichen Raum

Bauwerken von Verkehrssystemen des öffentlichen Personennahverkehrs, wie die Fußgän- gerpassagen, die Plattformen oder Aufnahmegebäude von U-Bahn-Systemen, stellen ne- ben ihrem Eingriff in das städtische Umfeld auch selbst einen Teil des öffentlichen Raums dar.25 Der Zweck eines Massentransportmittels wie U-Bahnen liegt in der Bereitstellung der Beförderungsleistung. Personen benutzen U-Bahnen, um innerhalb einer Stadt schnell von einem Ort zum anderen zu kommen - ihr vorrangiges Ziel liegt in der Mobilität. Ver- schiedene Verkehrsunternehmen weltweit haben eine künstlerische Bespielung des U-Bahn-Systems umgesetzt. Bei der Realisierung in einem derartigen Umfeld ergeben sich für Kunstwerke die unterschiedlichen genannten Herausforderungen, wie sie auch für den öffentlichen Raum allgemein bestehen. Die Benutzung der U-Bahn erfolgt in der Regel aus dem Bedürfnis der Überwindung räumlicher Distanzen heraus, nicht aus dem Wunsch der Betrachtung von Kunstwerken. Für die Passagiere spielt bei der Inanspruchnahme von U- Bahn-Systemen der Zeitfaktor oft eine große Rolle, ob beim Erreichen eines Zuges, beim Umsteigen, beim Warten auf das Eintreffen des Zuges wie auch beim Verlassen des Zuges oder der Station. Diesem Aspekt kommt im Zusammenhang mit der innewohnenden Prä- senz, der Aufmerksamkeit die ihnen zugeteilt wird bzw. werden kann und den zur Verfü- gung stehenden gestalterischen Möglichkeiten von Kunstwerken in derartigen öffentlichen Räumen eine hervorragende Bedeutung zu.

4 Realisierung von Kunstwerken in U-Bahnsystemen

Neben unterschiedlichen architektonischen Gestaltungskonzepten, die im Rahmen des Baus von U-Bahn-Systemen zur Anwendung kamen, erfolgte bei zahlreichen U-Bahn- Systemen auch die Umsetzung einer temporären und permanenten künstlerischen Bespie- lung. Dafür wurden mitunter sehr unterschiedliche Herangehensweisen gewählt. Ausgehend von den Ausführungen über Art und Wirkungsweise von Kunstwerken im öf- fentlichen Raum sowie den genannten Differenzierungen des künstlerischen Werkcharak- ters wurden, anhand der jeweils spezifischen Herangehensweise, die U-Bahn-Systeme dreier Städte ausgewählt: Die Moskauer Metro, die Stockholmer Tunnelbana und die Wie- ner U-Bahn. Es werden die zugrundeliegenden Ansätze, die für die künstlerische Gestal- tung zur Anwendung kamen herausgearbeitet, ausgewählte künstlerische Werke bespro- chen und abschließend ein Vergleich aller drei Städte vorgenommen. Dabei gilt es die be-

25 Hödl 2011, 10. 9 I U-Bahn-Kunst. Kunstwerke für U-Bahn-Systeme. Kunstwerke im öffentlichen Raum stehenden Möglichkeiten im Rahmen der Umsetzung einer künstlerischen Bespielung von U-Bahn-Systemen zu untersuchen und den Handlungsraum auszuloten.

10 II Moskau

II Moskau

Die Moskauer Metro-Stationen stellen aufgrund ihrer umfangreichen und prunkvollen Ausgestaltung sowie des dahinter stehenden, umfassenden Gestaltungskonzepts ein her- ausragendes Beispiel für die künstlerische und architektonische U-Bahn-Gestaltung dar. Im folgenden Kapitel wird nach einem kurzen Abriss über Baugeschichte sowie Kommunikati- on und Vermittlung des Baus, das Gestaltungskonzept erläutert. Im Anschluss werden aus- gewählte Beispiele von Stationen von der Eröffnung der ersten Metrolinie bis zur Gegen- wart vorgestellt.

1 Geschichte und Bau der Metro

Die Moskauer Metro stellt neben einem zuverlässigen Transportmittel und prunkvollem Monumentalbauwerk auch das bedeutendste Beispiel eines stalinistischen Großbaupro- jekts während der 1930er Jahre dar.26 Die Ernennung Moskaus zur Hauptstadt des Landes im Jahr 1918 löste ein starkes Bevölke- rungswachstum aus, das den Ausbau der Verkehrswege notwendig machte. Außerdem bestanden Vorhaben verschiedener Machthaber wie beispielsweise Stalin oder Breschnew die Stadt in eine Hauptstadt die dem Sozialismus angemessen war, umzubauen.27 1935 wurde vom Zentralkomitee der Kommunistischen Partei ein ausgearbeiteter Generalplan zur Rekonstruktion Moskaus beschlossen. Dieser umfasste neben Großbauprojekten wie dem Bau der Metro oder dem Moskwa-Wolga-Kanal unter anderem den Ausbau der städ- tischen Verkehrswege sowie den Bau von repräsentativen Wohn- und Geschäftsbauten, wie es etwa an der Twerskkaja Uliza geschah.28 Die Entscheidung zum Bau einer Untergrundbahn in der russischen Hauptstadt fiel nach langjährigen Diskussionen und zahlreichen Projektvorschlägen im Rahmen des Juniplenums des Zentralkomitees der kommunistischen Partei der Sowjetunion im Jahr 1931.29 Im sel- ben Jahr erfolgte auch die Gründung der Organisation für die Leitung des Baus der Unter- grundbahn, der Metrostroj (dt.: Metrobau), und im darauffolgenden Jahr begannen die Bauarbeiten.30 Neben dem obersten Bauleiter der Metrostroj sowie dessen Stellvertreter

26 Kucher 1995, 39. 27 Huber 2007, 57 f. 28 Huber 2007, 59 f. und 90 f. 29 Neutatz 2001, 82 f. 30 Neutatz 2001, 89 ff. 11 II Moskau war auch die von Lazar Mojseevič Kaganovič, dem ersten Parteivorsitzenden der Kommu- nistischen Partei und ab 1935 Volkskommissar für Transportwesen, angeordnete Mitarbeit von Nikita Sergeevič Chruščëv von zentraler organisatorischer und technischer Bedeutung. Letzterer war zweiter Parteivorsitzender Moskaus und neben seiner Funktion als Politiker auch ausgebildeter Bergarbeiter. Durch die Zusammenarbeit dieser beiden Männer be- stand eine direkte Verbindung von der Metrostroj zu der obersten Ebene der Partei.31 An technischen Entscheidungen über den Bau der Metro beteiligte sich darüber hinaus auch Stalin.32 Trotz zahlreicher Probleme und Verzögerungen, deren Ursachen insbesondere in der feh- lerhaften Projektierung und Organisation lagen, konnte die erste Linie der Moskauer Metro mit etwa einem Jahr Verspätung am 15. Mai 1935 den regulären Fahrbetrieb aufnehmen.33 Die heutige rote Linie (Linie 1) hatte eine Länge von 11 Km und umfasste 13 Stationen.34

Die bis zur Eröffnung benötigten 776,3 Millionen Rubel für den Bau der Untergrundbahn überstiegen die geplanten Kosten deutlich. Die Kosten wurden vollständig aus öffentlichen Mitteln finanziert. Etwa 4,8 bis 5,8 Prozent davon entfielen auf die architektonische und künstlerische Gestaltung der Stationen und Vestibüle. Der starke Kostenanstieg hatte unter anderem technische und organisatorisch-planerische Ursachen, war aber auch durch das hohe Bautempo bedingt. Zusätzliche Kosten entstanden auch dadurch, dass Stationen nicht wie geplant mit Stuck, sondern teilweise mit Marmor und anderen teuren Materia- lien ausgestaltet wurden und die Grundkonstruktion einiger Stationen, durch politische Vorgaben veranlasst, aufwändiger und größer angelegt werden mussten.35

Heute umfasst das Moskauer Metrosystem zwölf Linien und 185 Stationen (Stand 2012),36 das Netz umfasst insgesamt etwa 305,5 Km und die minimale Fahrzeugfolge beträgt 90 Sekunden.37 Die Moskauer Metro hat derzeit weltweit das viertgrößte U-Bahnsystem und transportiert jährlich etwa 2,3 Milliarden Fahrgäste (Stand 2010)38 und damit die weltweit

31 Kucher 1995, 41. 32 Talbott 1971, 78-83. 33 Neutatz 2001, 112 ff. 34 Hinkel/Treiber/Valenta/Liebsch 2004, 268. 35 Neutatz 2001, 124 ff. 36 2007a, o. S. 37 Moscow Metro 2007a, o. S. 38 Moscow Metro 2007a, o. S. 12 II Moskau größte Anzahl an Passagieren.39 Die untenstehende Abbildung zeigt den aktuellen Netzplan der Moskauer Metro (siehe Abb. 3).

Abbildung 3: Netzplan der Moskauer Metro Quelle: Moscow Metro (Hg.) (2007b), Lines & Stations, , in: Moscow Metro Official Site, , 16.7.2012.

2 Kommunikation und Vermittlung des Baus der Metro und ihrer architek- tonisch-künstlerischen Gestaltung

Inszenierung des Metrobaus - die Metro-Propaganda

Der Bau der Moskauer Metro wurde ab dem Frühjahr 1932 von der sowjetischen Propa- ganda unter den Großprojekten, die zur Unterstreichung des technischen und wirtschaftli- chen Fortschritts in umfangreichen Kampagnen der Bevölkerung präsentiert und bejubelt

39 Bennett 2005, 71. 13 II Moskau wurden, zum prestigeträchtigsten hochstilisiert.40 Es wurde der Bevölkerung Optimismus und die Aufbruchsstimmung in eine neue, bessere Zukunft und mit Propaganda- Sprüchen wie „Das ganze Land baut die Metro“41, „Die beste Metro für die rote Hauptstadt“42 oder „Wir bauen die beste Metro der Welt“43 das Gefühl des Entstehens eines großen gemeinsamen Werkes der gesamten Bevölkerung der Sowjetunion vermit- telt.44 Dies hatte auch den Zweck, das Missverhältnis zwischen dem vermittelten Eindruck und den in der Realität vorherrschenden Mängeln im Wirtschaftsaufbau auszugleichen sowie eine Verbesserung der Stimmung in der Bevölkerung zu erreichen.45 Der modernen Technik wurde in der Sowjetunion ein sehr hoher Stellenwert eingeräumt und von der in der sowjetischen Gesellschaft vorherrschende Technikeuphorie sowie dem Glauben an die Macht der Technik ließ sich auch die breite Bevölkerung anstecken.46 Das von Metrostroj verfolgte Konzept der Öffentlichkeitsarbeit für die Metro umfasste verschiedene Maßnahmen wie beispielsweise die Gründung eines Komitees zur wissen- schaftlichen Unterstützung des Metrobaus, die Popularisierung des Metrobaus durch die Publikation von Broschüren, Büchern und Bildbänden, Werbung mit Plakaten, Vorspannen vor Kinofilmen oder Modellen von Metrostationen, Schautafeln mit Informationen oder Vorträge in Fabriken. In den Zeitungen wurde laufend unter anderem über Baufort- schritte oder die auftretenden technischen Probleme und deren Lösung berichtet sowie Reportagen über Besichtigungs- und Probefahrten und Interviews mit Metrobauern gebracht.47 Darüber hinaus war die Besichtigung der Metrobaustellen in den letzten zwei Jahren vor der Eröffnung Teil des Programms von ausländischen Delegationen, pro- minenten Gästen, Staatsbesuchen, sowjetischen Spitzenfunktionären sowie in- und aus- ländischer Literaten.48 Die Moskauer Bevölkerung wurde auf unterschiedliche Weise aktiv in den Bau der Metro eingebunden. Einerseits geschah dies über die Abhaltung von Subbotniki, bei denen an einem Samstag „freiwillig“49 unbezahlt Arbeit geleistet wurde.50 Die anfangs kleineren

40 Neutatz 2001, 514. 41 Neutatz 2001, 509. 42 Neutatz 2001, 509. 43 Neutatz 2001, 509. 44 Neutatz 2001, 509 f. 45 Neutatz 2001, 513. 46 Neutatz 2001, 509 ff. 47 Neutatz 2001, 517 ff. 48 Neutatz 2001, 521 f. 49 Kucher 1995, 43. 14 II Moskau

Subbotniki wurden später auf Beschluss des Moskauer Parteikomitees in Massensubbotniki ausgeweitet. Insgesamt arbeitete etwa eine halbe Million der Moskauer Bevölkerung im Rahmen dieser Aktionen, bei denen es sich weniger um ein freiwilliges sondern mehr ein angeordnetes und straff organisiertes Mitarbeiten handelte, beim Bau der Metro mit. Die Subbotniki liefen teilweise sehr chaotisch ab und trugen nur wenig zu höherer Produktivi- tät bei. Ihre Bedeutung lag vor allem in der Verfolgung von propagandistischen Zielen, weshalb auch regelmäßig Prominente, beispielsweise wichtige Parteimitglieder wie Chruščëv oder Kaganovič oder auch bekannte Sportler daran teilnahmen.51 Andererseits wurde die Bevölkerung auch über die Übernahme von Patenschaften von Betrieben und Institutionen über Schächte und Distanzen in den Bau eingebunden. Dies geschah auf ganz unterschiedlicher Weise. So zum Beispiel durch die Bereitstellung von dringend benötigten Baumaterialien oder Werkzeugen, die Reparatur von Maschinen oder die Überlassung von ausgebildeten Buchhaltern.52 Auch Moskauer Kinos und Theater übernahmen Patenschaften über Schächte und Siedlungen und stellten beispielsweise Freikarten zur Verfügung oder veranstalteten Sonderaufführungen, Lesungen oder Konzer- te für die Arbeiter und Arbeiterinnen.53 Der Kult um hoch positionierte beteiligte Parteimitglieder, insbesondere Stalin, Kaganovič und Chruščëv, war bedeutender Bestandteil der Propaganda. Während Stalin, der beim Bau eine relativ geringe Rolle spielte, aber trotzdem als Leiter und Initiator des Metrobaus gehuldigt wurde, eher im Hintergrund stand, war es vor allem Kaganovič, der von den Met- robauern und dem Führungspersonal der Metrostroj in Interviews und Berichten geehrt wurde. Dieser trat häufig in der Öffentlichkeit auf, beispielsweise bei Baustellenbesuchen, Versammlungen oder im Rahmen der Subbotniki, und war bei bedeutenderen Bauent- scheidungen eingebunden.54 Zu seinen Ehren wurde die Moskauer Metro auch bis 1955 nach ihm benannt.55 In seiner Rede „Der Sieg der Metro ist ein Sieg des Sozialismus“56 bei der offiziellen Festveranstaltung zur Eröffnung der Metro verglich Kaganovič die Moskauer Metro mit Untergrundbahnen kapitalistischer Systeme. Den größten Unterschied stelle

50 Russ. subbota = Samstag. 51 Neutatz 2001, 534 ff. 52 Neutatz 2001, 539 ff. 53 Osipov/Mar’janovskij 1935, S. 131, zit. n.: Neutatz 2001, 541. 54 Neutatz 2001, 523 ff. 55 Huber 2007, 119. 56 Neutatz 2001, 531. 15 II Moskau deren vorrangiges Ziel der Gewinnerzielung dar, wohingegen die Metro in Moskau insbe- sondere mit dem Ziel gebaut wurde, die Bürger und Bürgerinnen bestmöglich zu versorgen und ihre Fortbewegung zu erleichtern. Im Gegensatz zu U-Bahnen in Städten kapitalisti- scher Länder sei die Erscheinung der Moskauer Metro nicht trostlos, dunkel und einförmig, sondern prunkvoll. Aufgrund der anderen Gesellschaft und Struktur in einem sozialisti- schen Staat sei es möglich, mitunter höhere Kosten in Kauf zu nehmen, dafür jedoch auch eine höhere Bequemlichkeit und Benutzerfreundlichkeit sowie bessere Befindlichkeit si- cherzustellen. Dies beziehe auch künstlerische Aspekte mit ein und es wurde das Ziel ver- folgt, dass die Moskauer Metro, deren Größe die eines Palastes oder Theaters weit über- steige, zur geistigen Beflügelung sowie der Erholung und dem Vergnügen der Bevölkerung beitrage. Aus diesem Grund wurden die Stationen wie Paläste gestaltet, die jeweils eine unterschiedliche Gestaltung aufweisen.57

Kommunikation und Vermittlung der Kunst in der Moskauer Metro in der Gegenwart

Die Webseite der Moskauer Metro ist auf Russisch und Englisch abrufbar. Auf ihrer eng- lischsprachigen Webseite informiert die Moskauer Metro unter dem Punkt Lines & Stations über die einzelnen Stationen. Nach Linien gegliedert sind für alle Stationen Informationen zur Eröffnung, der Stationsgestaltung sowie den verantwortlichen Architekten und Ingeni- euren aufgelistet. Zudem gibt es eine kurze Beschreibung von Architektur und, wenn vor- handen, Kunstwerken. Zu jeder Station sind außerdem mindestens zwei Bilder abrufbar.58 Bei dem Menüpunkt Public Relations Department können unter Projects kurze Beschrei- bungen und Fotografien zu einzelnen Kunst- und Kulturprojekten wie beispielsweise auch der Galerie Metro oder dem Aquarelle-Zug (siehe hierzu ausführlicher das Kapitel „Weitere künstlerische Interventionen in der Moskauer Metro“, 37 ff.) abgerufen werden.59 Eine eigene Publikation oder Broschüren über die architektonische und künstlerische Ge- staltung der Moskauer Metro sowie permanente und temporäre Kunstprojekte in der Met- ro wurden von der Metrogesellschaft in englischer Sprache - zur Information für interes- sierte Touristen, die jedoch nicht über ausreichende Kenntnis der russischen Sprache ver- fügen - nicht veröffentlicht.60 Auch über das Angebot von geführten Rundgängen oder

57 Toržestvennoe zasedanie 1935, 22 f., zit. n.: Neutatz 2001, 532. 58 Moscow Metro 2007b, o. S. 59 Moscow Metro 2007c, o. S. 60 Ustinova 9.1.2013, o. S. 16 II Moskau

-fahrten in russischer oder englischer Sprache zu diesen Themen werden auf der englisch- sprachigen Webseite keine Angaben gemacht.

3 Gestaltungskonzept der Metro-Stationen

Die Leitung von Metrostroj nannte in ihrem Abschlussbericht verschiedene Grundprinzi- pien, die beim Bau der Moskauer Metro realisiert werden konnten. Eines dieser Gestal- tungsprinzipien, das bei dem Großteil der Stationen umgesetzt werden konnte, war bei- spielsweise die Ausstattung mit Mittelbahnsteigen. Ein weiteres war die weiträumige Anle- gung der Stationen, mit hohen Decken und breiten Bahnsteigen. Besondere Bedeutung besaß auch die Beleuchtung der Stationen. Diese sollten hell sein, mit einem sanften Über- gang von Tageslicht zu künstlichem Licht. Für die Ausgestaltung wurden polierter Marmor, Granit und andere kostbare Materialien herangezogen, was mit deren Beständigkeit und leichterer Pflege argumentiert wurde.61 Der Marmor wurde aus dem Ural, von der Krim, der 1931 gesprengten Christ-Erlöser-Kathedrale sowie weiteren zum Zweck der Beschaf- fung von Baumaterial zerstörten Kirchen (insgesamt mehr als 50)62 beschafft.63 Um eine leichte Wiedererkennung und damit bessere Orientierung zu ermöglichen, weist jede Sta- tion eine individuelle Architektur auf und auch die oberirischen Vestibüle wurden jeweils individuell gestaltet.64

Ende 1932 wurde für die architektonische Gestaltung der Zugangspavillons und der Metro- Stationen ein Wettbewerb ausgeschrieben, an dem sich zahlreiche bekannte Künstler und Architekten beteiligten. An den Einreichungen sind auch die damals vorherrschenden Aus- einandersetzungen zwischen Traditionalisten und Vertretern des Konstruktivismus er- kennbar. So orientierten sich die Projektvorschläge von Künstlern wie Iwan Fomin (geb. 1872, Orel; gest. 1936, Moskau) und Dmitrij Tschetschulin (geb. 1901, Schostka, ; gest. 1981, Moskau) an klassizistischen Vorbildern, wohingegen die Entwürfe von Nikolaj A. Ladowskij (geb. 1881, Moskau; gest. 1941, Moskau) oder Nikolaj D. Kolli (geb. 1894, Mos- kau; gest. 1966, Moskau) moderne Einflüsse zeigen. Schließlich mussten aufgrund des Er-

61 Neutatz 2001, 607 ff. 62 Večernjaja Moskva, 17.6.1993, zit. n. Kucher 1995, 42. 63 Egorov 1995, 4, zit. n.: Neutatz 2001, 136 und 609. 64 Neutatz 2001, 609. 17 II Moskau folgs der Traditionalisten die modernen Konzepte überarbeitet werden.65 Für die Gestal- tung der Zugangspavillons und Stationen wurden von Kaganovič Richtlinien vorgegeben und auch im Nachhinein wurden zahlreiche Änderungen veranlasst. Anschließend wurden die Entwürfe vom Parteikomitee beurteilt. Neben Funktionalität bestand die Forderung der Parteiführung für die Gestaltung darin, in einem klaren Gegensatz zu Untergrundbahnen in kapitalistischen Systemen, deren Architektur als eine rein zweckorientierte Industriearchi- tektur gesehen wurde, zu stehen und die Überlegenheit des sozialistischen Systems auszu- drücken. Die Metro sollte eine Kombination aus Bequemlichkeit, Schönheit sowie künstle- rischem und architektonischem Wert darstellen, um eine geeignete Repräsentation für die „Hauptstadt des Sozialismus“66 zu sein.67 Mit der architektonischen Gestaltung sollte das Gefühl der Passagiere, sich unter der Erde zu befinden, überwunden werden.68 Die Modelle einiger Metro-Stationen Moskaus wurden auf Weltausstellungen prämiert. So wurden auf der Pariser Weltausstellung 1937 beispielsweise die Stationen Sokol’niki, Kras- nye vorota oder Kropotkinskaja mit dem Grand Prix ausgezeichnet. Letzterer wurde auch ein zweites Mal auf der Brüsseler Weltausstellung 1958 der Grand Prix verliehen.69

4 Barock bis Moderne - Architektur und Kunst der Metro-Stationen

Von den 1930er Jahren bis in die Gegenwart haben sich der Baustil und das Konzept der architektonischen und künstlerischen Gestaltung der Stationen und Zugangspavillons der Moskauer Metro mitunter stark verändert. Für den überwiegenden Teil galt die Vorgabe, durch die Art der Gestaltung zu erreichen, dass sich die Passagiere wohler fühlen. Durch die mitunter sehr prunkvolle Ausstattung und aufwändige Gestaltung sollte der gesamten Bevölkerung der Zugang zu palastähnlicher Architektur und Kunstwerken ermöglicht wer- den.70 Die im Rahmen des folgenden Abschnitts näher besprochenen Stationen und Kunstwerke wurden ausgewählt, um die architektonischen und künstlerischen Konzepte der verschie- denen Bauphasen der Moskauer Metro zu illustrieren. Bei den einzelnen Bauabschnitten handelt es sich um eine grobe Gliederung des Baus der Moskauer Metro, die an Hand von

65 Huber 2007, 121. 66 Neutatz 2001, 610. 67 Neutatz 2001, 610. 68 Tosuna 1952, 7, zit. n.: Neutatz 2001, 610. 69 Moscow Metro 2007d, o . S . , Moscow Metro 2007e, o. S. und Moscow Metro 2007f, o. S. 70 Neutatz 2007, 532. 18 II Moskau herausragenden architektonischen und künstlerischen Gestaltungsmerkmalen sowie wich- tigen historischen Ereignissen erfolgte.

Die erste Bauphase (1932-1935)

Ein Teil der 1935 eröffneten U-Bahnhöfe und U-Bahnsteige waren in einem dekorativen Stil prunkvoll ausgestattet. Die Ausleuchtung der Korridore erfolgte mit Lustern, die flächen- mäßig großzügig angelegten Bahnsteige wirken saalartig und wurden unter anderem mit Marmor und bunten Fliesen gestaltet.71 Im Vergleich zu den palastartig anmutenden Met- ro-Stationen der Ringlinie, die in den Nachkriegsjahren entstand (siehe hierzu ausführlicher den Abschnitt „Der Höhepunkt des Prunks (1945-1954)“, 28 ff.), wirken die im ersten Bau- abschnitt ausgeführten Metro-Stationen jedoch eher schlicht. Die Architektur der einzel- nen Stationen unterscheidet sich deutlich voneinander und auch innerhalb der Stationen erfolgte eine Kombination von Stilelementen verschiedener Epochen.72

Kropotkinskaja

Die Station Kropotkinskaja wurde von den Architekten Alexei Duschkin (geb. 1904, Kharkiv, Ukraine; gest. 1977, Moskau) und Jakob G. Likhtenberg (geb. 1899, Brest; gest. 1982, Moskau) entworfen. Sie war Teil des ersten Bauabschnitts und wurde 1935 eröffnete.73 Wegen des nebenan geplanten Palasts der Sowjets trug die Station über zwei Jahrzehnte lang den Namen Dworez Sowjetow (dt.: Palast der Sowjets) und hätte direkt mit diesem verbunden werden sollen, weshalb der Mittelgang, der zu einem Foyer des Palastes ge- worden wäre, breiter als bei den übrigen Stationen angelegt wurde.74 Die Station verfügt über einen Mittelbahnsteig, der durch zwei Säulenreihen in einen breiteren Haupt- und zwei schmale Seitengänge gegliedert ist (siehe Abb. 4, linkes und mittleres Bild). Die Säulen setzen direkt, ohne Basis, auf dem Boden an, haben zum Großteil einen zehneckigen Schaft, auf das ein ebenso zehneckiges Kapitell aufgesetzt ist. Darauf setzt mittig positio- niert ein gemauerter, in weiß gefasster und ebenso zehneckiger Teil an, der das Verbin- dungsglied zwischen Säule und Decke darstellt, welches sich nach oben hin verbreitert und in einer Sternform an der Decke abschließt (siehe Abb. 4, rechts). Die Sternform ist doppelt mit abgetreppten Rahmen umfasst, die einander in der Mitte sowie an den Seiten jeweils

71 Hinkel/Treiber/Valenta/Liebsch 2004, 268. 72 Neutatz 2001, 610. 73 Moscow Metro 2007f, o. S. 74 Huber 2007, 126. 19 II Moskau berühren und sich dadurch in Rhomben zusammenfügen und auf diese Weise in eine De- ckengliederung übergehen. In der Mitte wird die Säulenreihe mit zehneckigem Schaft durch jeweils zwei Säulen mit viereckigem Schaft und Kapitell durchbrochen. Der Verbin- dungsteil dieser vier Säulen ist ebenso viereckig, verbreitert sich nach oben hin und die jeweils gegenüberliegenden Teile gehen in der Mitte an der Decke ineinander über. Alle Säulen sind, mit Ausnahme eines schmalen, in dunklem Marmor gestalteten Teils, wo diese am Boden aufsetzen, wie auch die Seitenwände, mit weißem Marmor eingefasst. Der Bo- den ist abwechselnd mit rosafarbenen und grauen Granitplatten im Schachbrettmuster ausgelegt. Die Station wird indirekt mit im Säulenkapitell verborgenen Lampen beleuchtet, was ihr einen festlichen Eindruck verleiht.75

Abbildung 4: Alexei Duschkin und Jakob G. Likhtenberg, Mittelgang, Bahnsteig und Säulen- detail der Station Kropotkinskaja, 1935 (von links nach rechts) Quelle: Latinak, Philippin (2007), Kropotkinskaya, , in: Moscow Metro Official Site, , 25.7.2012.

Neben zweifacher Auszeichnung des Modells dieser Station auf einer Weltausstellung wurden die beiden Architekten Alexei Duschkin und Jakob G. Likhtenberg gemeinsam mit den übrigen für diese Station und die Vestibüle verantwortlichen Ingenieuren und Archi- tekten 1941 mit dem Stalin-Preis der UDSSR für Architektur und Konstruktion ausgezeich- net.76

75 Moscow Metro 2007f, o. S. 76 Moscow Metro 2007f, o. S. 20 II Moskau

Ochotny Rjad

Ebenso im Rahmen der ersten Bauphase entstand die von den Architekten Jurij A. Rewkowskij77, N. Borow78 und G. Zamskij 79 entworfene und 1935 eröffnete Station Ochot- ny Rjad.80 Sie liegt im historischen Zentrum Moskaus und stellt bis heute einen der wich- tigsten Knotenpunkte innerhalb des Moskauer U-Bahnsystems dar. Aufgrund ihrer Gestal- tung bildet sie das Kernstück der ersten U-Bahnlinie.81 Sie ist heute noch weitgehend im Originalzustand, es wurden jedoch, wie auf den beiden folgenden Fotografien (siehe Abb. 5) zu sehen, die auf die Decke gerichteten Stehlampen durch kugelförmigen Deckenhänge- leuchten ersetzt.82 Eine weitere Abbildung (siehe Abb. 6) zeigt eine Queransicht mit Blick durch die Durchgänge.

Abbildung 5: Jurij A. Rewkowskij, N. Borow und G. Zamskij, Originalzustand und aktuelle Ansicht der Station Ochotny Rjad, 1935 (von links nach rechts) Quelle: Institution of Cicil Engineers, Ansicht des Bahnsteigs in der Station Okhotny Ryad, in: Bennett, David, Metro. Die Geschichte der Untergrundbahn, Stuttgart 2005, 70; Shestakov, Anatoliy (2007), Okhotniy Ryad, , in: Moscow Metro Official Site, , 15.8.2012.

Die architektonische Gestaltung dieser Station sticht unter anderem aufgrund der massi- ven Pfeiler und dadurch räumlichen Trennung von Mittel- und Seitengängen unter den übrigen der ersten Bauphase hervor, wenngleich sie weniger prunkvoll als jene Anfang der 1950er Jahre entstandenen Stationen ist. Die paarweise angeordneten Pfeiler zwischen

77 Die Lebensdaten dieses Architekten waren nicht auffindbar. 78 Die Lebensdaten dieses Architekten waren nicht auffindbar. 79 Die Lebensdaten dieses Architekten waren nicht auffindbar. 80 Moscow Metro 2007g, o. S. 81 Huber 2007, 124. 82 Huber 2007, 125. 21 II Moskau denen breite, arkadenartige Gänge zu den Bahnsteigen führen, sind achteckig und mit weißem und grauem Marmor verkleidet. Die Mittelhalle ist mit einem Tonnengewölbe und einer Kassettendecke überspannt. Die Wände an den Bahnsteigen sind mit Keramikfliesen gestaltet und der Boden ist mit grauen und schwarzen Granitplatten im Schachbrettmuster ausgelegt. Insbesondere die Deckengestaltung verleiht dieser Station einen sehr prunkvol- len Charakter.

Abbildung 6: Jurij A. Rewkowskij, N. Borow und G. Zamskij, Ansicht durch die seitlichen Durchgänge in der Station Ochotny Rjad, 1935 Quelle: Terziev, Alexander, Prospekt Marska, in: Berezin, Valentin/Terziev, Alexander/Filatovich, Vladimir, Moscow Metro. A Pictorial Guide, Moscow 1980, 19.

Zweiter Weltkrieg - Kontinuierlicher Ausbau der Moskauer Metro (1935-1945)

Die Mosaiken und Fresken der im Rahmen des zweiten Bauabschnitts entstandenen und im September 1938 eröffneten Teile der Moskauer U-Bahn sind durch den sozialistischen Realismus geprägt und verweisen mit der Darstellung von verschiedenen Helden auf mili- tärische Erfolge oder die vermeintlichen Errungenschaften im Aufbau des neuen Gesell- schaftssystems. Außerdem wurden in den Darstellungen verschiedene Künstler, wie bei- spielsweise der Dichter Puschkin, verherrlicht.83

Majakowskaja

Die nach dem russischen Dichter Wladimir Majakowski (geb. 1893, Bagdadi, heutiges Ge- orgien; gest. 1930, Moskau) benannte und ebenso von Alexei Duschkin entworfene Station Majakowskaja, entstand im zweiten Bauabschnitt und wurde 1938 eröffnet. Eine Büste des

83 Hinkel/Treiber/Valenta/Liebsch 2004, 268 ff. 22 II Moskau

Dichters ist im Eingangsvestibül aufgestellt. Auch diese Station besitzt einen Mittelbahn- steig und ist durch zwei Pfeilerreihen in einen breiten Haupt- und zwei schmale Seitenteile gegliedert. Die schmalen Pfeiler sind an den in die Mitte und nach Außen zeigenden Seiten an den Ecken in der unteren Hälfte mit rot-braunem marmoriertem Stein gesäumt. An al- len vier Pfeilerflächen sind kannelurenähnliche, senkrechte Furchen aus rostfreiem Edel- stahl angebracht. Diese verbinden sich jeweils zu Bögen, sodass einerseits der Hauptgang in einzelne Abschnitte gegliedert wird und andererseits auch die Durchgänge zu den Seiten bogenförmig sind. In diesen Durchgängen werden die Edelstahl-Furchen von dunklem marmorierten Stein gesäumt. Die Seitenwände sind mit Diorit und Marmor in aneinander- gesetzten, kleinen, quadratischen Steinplatten gestaltet. Der Boden weist eine Musterung mit weißem Marmor sowie grauem und rotem Granit auf.84 Durch die arkadenähnlichen Reihen mit schlanken Pfeilern ist der Raumeindruck von Offenheit und Weite geprägt. Die untenstehende Abbildung zeigt einen Blick in den mittleren Gang des Bahnsteigs, einen Querschnitt des Gangs sowie eine Detailansicht auf den Bahnsteig und ein Deckenmosaik (siehe Abb. 7, von links nach rechts).

Abbildung 7: Alexei Duschkin, Mittelgang, Querschnitt sowie Detailansicht auf Bahnsteig und Deckenmosaik von Alexander Deineka der Station Majakowskaja, 1938 (von links nach rechts) Quelle: Latinak, Philippin (2007), Majakowskaja, , in: Moscow Metro Official Site, , 25.7.2012; Bylinkin, N. P., Querschnitt der Station Majakowskaja, in: Huber, Werner, Moskau - Metropole im Wandel. Ein architektonischer Stadtführer, Köln-Weimar-Wien 2007, 131; Terziev, Alexander, Mayakovskaya, in: Berezin, Valentin/Terziev, Alexander/Filatovich, Vladimir, Moscow Metro. A Pictorial Guide, Moscow 1980, 48.

84 Moscow Metro 2007h, o. S. 23 II Moskau

Das Gewölbe im Mittelteil der Station wird in jedem Abschnitt von einer ovalen Kuppel unterbrochen. Diese werden wiederum in der Mitte von ovalen Öffnungen durchbro- chen, in denen vom russischen Künstler Alexander Deineka (geb. 1899, Kursk; gest. 1969, Moskau) gestaltete Mosaike mit dem Titel 24 Stunden in dem Land der Sowjets angebracht sind.85 Diese Kuppeln unterstreichen durch die Öffnung nach oben die Weite des Raum- eindrucks. Die untenstehende Abbildung zeigt eine Auswahl der Mosaike (siehe Abb. 8). Die insgesamt 36 Kuppelmosaike haben die Eroberung des Luftraums durch den Menschen zum Inhalt. Sie zeigen Aspekte der sowjetischen Luftfahrt und Industrie sowie auch unter- schiedliche Sport- und Freizeitaktivitäten.86 Alle Mosaiken haben die Darstellung aus der Froschperspektive sowie den Ausblick auf den Himmel gemeinsam.

Abbildung 8: Alexander Deineka, Auswahl der Deckenmosaike, 1938 Quelle: Bee Flowers (o.J.), Mayakovskaya, , , , 25.7.2012.

Über die Seitengänge wölbt sich ein Tonnengewölbe mit Kassettendecke. Die Seitengänge werden durch jeweils eine Reihe von Hängelampen ausgeleuchtet. Die Beleuchtung der Station des Mittelgangs erfolgt über eine Reihe den Rand der ovalen Deckenöffnungen säumenden Lampen, die nach oben gerichtet sind und die Mosaike beleuchten. Jeweils vier Lampen befinden sich verdeckt über den Durchgangsbögen. Heute steht die Station, deren Modell, wie bereits erwähnt, bei der Weltausstellung 1938 in New York den Grand Prix gewann, unter Denkmalschutz.87

85 Moscow Metro 2007h, o. S. 86 Huber 2007, 130. 87 Huber 2007, 130. 24 II Moskau

Teatralnaja

Eine weitere Station, deren Gestaltung im Rahmen dieses Kapitels als Beispiel herangezo- gen wird, ist die Station Teatralnaja. Diese unter anderem vom Architekten Iwan A. Fomin gestaltete Station wurde 1938 eröffnet. Mit der Gestaltung sollte an die Theater, wie bei- spielsweise dem berühmten Boljschoi Theater, oder Festsäle der Stadt erinnert werden.88 Das Eingangsvestibül (siehe Abb. 9, links) weist Ähnlichkeit mit antiken Tempelbauten auf. An der Gebäudevorderseite wird der mehrfach abgetreppte, hellgelbe Dachüberhang von einer Reihe von sechs schwarzen Pfeilern getragen, die durch eine zweite Reihe von Pilas- tern ergänzt wird. Dieses markante Aufnahmegebäude beeinflusst durch seine Größe und Gestaltung das Erscheinungsbild des umliegenden Stadtraumes.

Abbildung 9: Iwan A. Fomin et al., Zugangspavillon und Mittelgang der Station Teatral- naja, 1938 (von links nach rechts) Quelle: Shestakov, Anatoliy/Akul'shin, Alexandr (2007), Teatral’naya, , in: Moscow Metro Official Site, , 16.8.2012.

Die Station selbst ist dreischiffig, vorwiegend in weißem Marmor gefasst und der Mittel- gang der Station (siehe Abb. 9 und Abb. 10, rechts und links) ist mit einem Tonnengewölbe mit Kassettendecke überspannt. In vier der Reihen von Vertiefungen sind Flachreliefs des georgischen Bildhauers Nataliia I. Danko (geb. 1892, Tiflis; gest. 1942, Irbit, Russland) an- gebracht. Die beiden äußeren Reihen haben abwechselnd eine kleine Skulptur einer ste- henden Figur und einen Kranz, bei jenen beiden in der Mitte ist in jedem zweiten Feld ebenfalls ein Kranz angebracht, die übrigen Felder wurden freigelassen. An beiden Seiten

88 Huber 2007, 129. 25 II Moskau und Enden werden die Durchgänge zu den Bahnsteigen, deren Tonnengewölbe ebenso mit Kassettendecken ausgestaltet sind, sowie die Treppen zu den Zugängen von Blendsäulen mit Kanneluren und niedrigen schwarzen Sockeln flankiert. Auch die Tonnengewölbe der Bahnsteige sind mit Kassettendecken gestaltet (siehe Abb. 10, rechts). Der Boden ist mit schwarzen und grauen Granitplatten im Schachbrettmuster ausgelegt. Die Beleuchtung erfolgt in der gesamten Station mit Hängelampen sowie im Mittelgang zusätzlich noch mit zweiarmigen Wandleuchten.89

Abbildung 10: Iwan A. Fomin et al., Risszeichnung des Mittelgangs und Bahnsteig der Station Teatralnaja, 1938 (von links nach rechts) Quelle: Shestakov, Anatoliy, Teatral’naya, , in: Moscow Metro Official Site, , 16.8.2012; Minkus, M./Pekareva N., Risszeichnung des Mittelgangs der Station Teatralnaja, in: Huber, Werner, Moskau - Metropole im Wandel. Ein architektoni- scher Stadtführer, Köln-Weimar-Wien 2007, 130.

Elektrozawodskaja

Einige der während des Zweiten Weltkriegs eröffneten Stationen stehen in ihrer Gestal- tung thematisch in Verbindung mit dem Krieg. Auf den Marmorreliefs an der Wand und den Deckenmosaiken der Station Nowokuznezkaja sind beispielsweise die Rüstungsindust- rie sowie Soldaten der Roten Armee im Kampf dargestellt.90 In der Station Awtozawodska- ja ist das Hauptthema der Wand- und Deckengestaltung die Verteidigung des Vaterlandes und die Arbeit des sowjetischen Volkes während des Krieges.91 Im Gegensatz zu den Stationen Nowokuznezkaja oder Awtozawodskaja, die beide im Jahr davor und daher ebenso während des Krieges eröffnet wurden, weist die Gestaltung der 1944 fertiggestellten, unter anderem von Vladimir A. Shchuko (geb. 1878, Tambov; gest.

89 Moscow Metro 2007i, o. S. 90 Moscow Metro 2007j, o. S. 91 Moscow Metro 2007k, o. S. 26 II Moskau

1939, Moskau) und Vladimir G. Gelfrejch (geb. 1885, St. Petersburg; gest. 1967, Moskau) entworfenen Station Elektrozawodskaja keine Verbindung zum Krieg auf. Die nach einem nahegelegenen Elektrokombinat benannte Station, ist, wie die meisten Stationen, drei- schiffig und die Tonnengewölbe stützen sich auf breite, viereckige Pfeiler, deren Ecken nach Innen gestülpt sind (siehe Abb. 11, rechts). Die Pfeiler sind oben mit weißem und an den Sockeln mit schwarzem Marmor verkleidet und in der oberen Hälfte sind insgesamt zwölf Flachreliefs angebracht, die vom russischen Künstler Gregorii I. Motovilov (geb. 1884, Kostroma; gest. 1963, Moskau) gestaltet wurden und die harte Arbeit in den Fabriken, in der Landwirtschaft und im Transportwesen zeigen.92

In das Deckengewölbe des Mittelgangs sind in sechs Reihen 316 runde Einbau- Deckenleuchten mit Glühlampen eingelassen. An der den Bahnsteigen zugewandten Seite der Pfeiler werden im oberen Teil Lüftungsschächte mit dekorativen bronzenen Gittern verdeckt (siehe Abb. 11, Mitte). Die Lüftungsgitter sind mit Hammer-und-Sichel-Symbolen versehen und es sind an ihnen zweiarmige Wandleuchten befestigt. Neben den Wand- leuchten werden die Bahnsteige zusätzlich noch mit Deckenhängeleuchten beleuchtet. Die Außenwände sind mit rotem georgischen Marmor verkleidet. Der Boden ist mit schwarzen und grauen Granitplatten im Schachbrettmuster ausgelegt und wird von einem Ornament- band aus rosafarbenem und gelbem Marmor mit Wellenmuster vor schwarzem Hinter- grund umrahmt.93 Der Zugang zur Station erfolgt über einen hexagonalen Pavillon (siehe Abb. 11, links), der mit einer Kuppel überspannt ist. An der Außenfassade befindet sich eine Figurengruppe des Bildhauers Matvej G. Manizer (geb. 1891, St. Petersburg; gest. 1966, Moskau), die die Erbauer der Metro zeigt. Im Inneren sind die Wände mit rotem Marmor ausgekleidet und in den Zwickeln der mit Kassettendecken versehenen Gewölbebögen sind sechs Medaillons mit Flachreliefs angebracht, ebenso von Gregorii I. Motovilov geschaffen, die für die Elekt- rizität bedeutende Wissenschaftler zeigen (Michail Lomonossow, Pawel Jablotschkow, Ale- xander Popow, William Gilbert, Benjamin Franklin und Michael Faraday).94

92 Moscow Metro 2007l, o. S. 93 Moscow Metro 2007l, o. S. 94 Moscow Metro 2007l, o. S. 27 II Moskau

Durch die Deckengestaltung, die der gesamten Station einen weiten, hellen Eindruck ver- leiht, sowie die Flachreliefs der Eingangshalle wird in zweifacher Weise auf das nahegele- gene Elektrizitätswerk Bezug genommen.

Abbildung 11: Vladimir A. Shchuko und Vladimir G. Gelfrejch, Mittelgang, Bahnsteig und Eingangshalle der Station Elektrozawodskaja, 1944 (von links nach rechts) Quelle: Popov, Alexander (2007), Elektrozavodskaya, , in: Moscow Metro Official Site, , 16.8.2012.

Der Höhepunkt des Prunks (1945-1954)

Der Fokus beim Ausbau der Moskauer Metro lag in den Nachkriegsjahren auf dem Bau der Ringlinie, deren Stationen zwischen 1950 und 1954 eröffnet wurden. Sie stellt sowohl bau- geschichtlich als auch in Bezug auf die künstlerische und architektonische Gestaltung einen Höhepunkt dar. Die Ringlinie verbindet einen Großteil der bestehenden U-Bahnlinien so- wie sieben von insgesamt neun Moskauer Fernbahnhöfen. Die U-Bahnstationen sind im Stil des Barock ausgestaltet. Sie verfügen unter anderem über Mosaiken, Stuckatur, Kronleuch- terreihen und Glasmalereien und übertreffen in ihrem Prunk die Gestaltung der Stationen der übrigen Linien aus vorangegangenen Bauphasen.95 Die Stationsgestaltung ist stark vom Sieg im Großen Vaterländischen Krieg, dem Krieg gegen Deutschland von 1941 bis 1945, geprägt und wie bereits beim Baubeginn der Metro wurde sie auch in der Nachkriegszeit für Propagandazwecke verwendet und zur Demonstration der Stärke des Landes für die am Krieg und dessen Folgen stark leidende Bevölkerung.96

95 Hinkel/Treiber/Valenta/Liebsch 2004, 268 ff. 96 Huber 2007, 133. 28 II Moskau

Zur Illustration der architektonischen und künstlerischen Ausgestaltung der Metro- Stationen der Ringlinie wurde als Beispiel die Station Komsomolskaja ausgewählt. Diese 1952 eröffnete Station ist eine der am prunkvollsten ausgestatteten und verfügt über den größten Querschnitt.97 Der Architekt Aleksej Schtschusew (geb. 1873, Chișinău, Moldawi- en; gest. 1949, Moskau) und der russische Künstler Pawel Korin (geb. 1892 in Palech, gest. 1967 in Moskau) waren für die architektonische und künstlerische Gestaltung verantwort- lich und wurden dafür 1951 mit dem Staatspreis der UDSSR ausgezeichnet.98 Die Rolltreppe der Station Komsomolskaja wird mit drei zwischen den Rolltreppen positio- nierten Reihen an aufrechten, länglichen Lampen beleuchtet (siehe Abb. 12). Auf einem rechteckigen, braunen Sockel mit goldener Umrandung ist die braune, mit goldfarbenem Muster verzierte Halterung, befestigt. Die Fassung der Leuchten ist goldfarben und oben mit einem breiten sowie einem schmalen, goldfarbenen Blätterkranz abgeschlossen.

Abbildung 12: Aleksej Schtschusew, Rolltreppe der Station Komsomolskaja, 1952 Quelle: Novosti Photo Library, Rolltreppe der Station Komsomolskaja, Bennett, David, Metro. Die Geschichte der Untergrundbahn, Stuttgart 2005, 71.

Architekt Schtschusew gestaltete diese Station zu einer „Ruhmeshalle für die Leistungen der Sowjetarmee im Zweiten Weltkrieg“99 aus. Beide Seiten des Mittelgangs sind durch Arkaden mit achteckigen, hohen, hellgelben Marmorpfeilern mit aufgesetzten, geprägten Kapitellen abgeschlossen (siehe Abb. 13). Die Gestaltung mit schlanken Pfeilern steht im Gegensatz zum bei den übrigen Stationen angewendeten Bauschema mit breiten Stütz- mauern und Durchgängen zu den Bahnsteigen. Die darüber liegenden Bögen sind mit et-

97 Huber 2007, 134. 98 Moscow Metro 2007m, o. S. 99 Huber 2007, 135. 29 II Moskau was dunklerem Marmor eingefasst und der Boden wurde mit grauen Granitplatten ausge- legt.100

Abbildung 13: Aleksej Schtschusew, Mittelgang und Bahnsteig der Station Komsomolskaja, 1952 Quelle: Mark Thomas Photography, Komsomolskaja, in: Bennett, David, Metro. Die Geschichte der Unter- grundbahn, Stuttgart 2005, 72; Latinak, Philipp (2007), Komsomol‘skaya, , in: Moscow Metro Official Site, , 16.8.2012.

Das den Mittelgang überspannende Tonnengewölbe ist mit Stuckverzierungen und Mosai- ken ausgestaltet. Die dazwischen sichtbare Wand weist eine hellgelbe Farbe auf. Die seit- lich über den Säulen positionierten Mosaike und Flachreliefs von S. Kazakov101 und A. Sergeev102 zeigen Abbildungen von Waffen unterschiedlicher Epochen.103 Auf der folgen- den Abbildung (siehe Abb. 14) ist eine Detailansicht einer Lampe mit Deckenmosaik (siehe Abb. 14, links) sowie zwei der Seiten-Mosaike (siehe Abb. 14, Mitte und rechts) zu sehen. Die Lampe ist in der Mitte eines Mosaiks, dessen Mittelpunkt ein roter Stern, von dem gol- dene Strahlen ausgehen, bildet, in der Decke verankert.

100 Moscow Metro 2007m, o. S. 101 Die Lebensdaten dieses Architekten waren nicht auffindbar. 102 Die Lebensdaten dieses Architekten waren nicht auffindbar. 103 Moscow Metro 2007m, o. S. 30 II Moskau

Abbildung 14: Detailansicht einer Lampe mit Deckenmosaik und zwei der Seiten-Mosaike des Gewölbes der Station Komsomolskaja, 1952 Quelle: Bee Flowers (o. J.), Komsomolskya, , , , , in: Bee Flowers, , 14.8.2012.

In der Mitte des Gewölbes befinden sich entlang des Ganges acht in Email gestaltete Mosa- ikfelder des Künstlers Pawel Korin. Fünf davon zeigen Bilder der russischen Heerführer Alexandr Newskij, Dmitrij Donskoj, Kuzma Minin und Dmitrij Pozharsky, Alexandr Suworow sowie Mikhail Kutuzow. Die übrigen drei Mosaike sind dem Sieg im Großen Vaterländi- schen Krieg gewidmet, wobei nur mehr das Bild Sowjetische Soldaten beim Reichstag in seiner originalen Form erhalten ist. Die Mosaike Die Präsentation des Banners der Garde und Siegesparade wurden mehrmals geändert und infolgedessen schließlich durch die Mo- saike Lenin spricht auf dem Roten Platz sowie Siegestriumph ersetzt.104 Die Mosaike verfü- gen durchgehend über einen goldenen Hintergrund. Auf der folgenden Abbildung (siehe Abb. 15) sind zwei der Mittel-Mosaike, die bedeutende russische Heeresführer zeigen (sie- he Abb. 15, linkes und mittleres Bild), sowie jenes Mittelmosaik, welches Lenin, der am Roten Platz spricht, zeigt, zu sehen (siehe Abb. 15, rechts).

104 Moscow Metro 2007m, o. S. 31 II Moskau

Abbildung 15: Pawel Korin, Auswahl der Mittel-Mosaike mit Abbildungen von russischen Heeresführern vom Gewölbe der Station Komsomolskaja Quelle: Bee Flowers (o. J.), Komsomolskya, , , , in: Bee Flowers, , 14.8.2012.

Die Beleuchtung erfolgt durch die großen, golden verzierten Luster (siehe Abb. 14, links) sowie an den Gewölbeseiten verdeckt angebrachte Lampen. Die hohen, schlanken Pfeiler, die farbliche Gestaltung sowie die Beleuchtung lassen den Raum im Gegensatz zu anderen Stationen weiter und größer erscheinen.

Stilistische Neuausrichtung nach Stalins Tod (1955-1970)

Der Tod Stalins 1953 markiert das Ende der prunkvollen architektonisch-künstlerischen Ausgestaltung der Moskauer Metro-Stationen.105 Nach Stalins Tod kam es 1955 unter Chruschtschow zu einer Neuausrichtung der sowjetischen Architektur. Der Schwerpunkt lag zu dieser Zeit auf dem Wohnungsbau. Die neu entstandenen Metro-Stationen sind im Gegensatz zu den nach dem ursprünglichen Baukonzept geschaffenen Stationen nicht prunkvoll ausgestaltet und aufwendig geplant, da hierfür weder die finanziellen noch die zeitlichen Ressourcen vorhanden waren. Es mussten mit der Metro die neu entstandenen Plattenbau-Wohnsiedlungen rasch erschlossen werden. Bei den in den 1960er und 1970er Jahren entstandenen Metro-Stationen wurde ein standardisiertes Konzept für die architek- tonische Gestaltung verwendet und sie hatten einen modernen, reduzierten, von Nützlich-

105 Hinkel/Treiber/Valenta/Liebsch 2004, 268 ff. 32 II Moskau keit geprägten Stil. Häufig unterschieden sich die Stationen nur durch die Farbe der Wände oder Säulen.106

Als Beispiele für diesen Bauabschnitt wurden die 1963 eröffnete Station Schtscholkowskaja (siehe Abb. 16, links) und die 1974 eröffnete Station Beljajewo (siehe Abb. 16, rechts) aus- gewählt. Diese beiden Stationen verfügen über die gleiche Architektur und unterscheiden sich allein in der Farbe des Marmors der Säulen, der bei der Station Schtscholkowskaja dunkelgrün und bei der Station Beljajewo weiß ist, sowie in der Wandgestaltung. Ist diese bei Ersterer mit gelben Metallplatten gefasst, wurde sie bei Zweiterer etwas aufwändiger mit weißen Keramikfliesen und daran angebrachten Wandbildern aus geprägtem Alumini- um und Stahl gestaltet, die Szenen russischer Märchen zeigen und die Konstruktionsdaten der Metro-Station einrahmen, wobei diese hier das einzige Mal in einer Station genannt werden.107

Abbildung 16: Mittelgänge der Stationen Schtscholkowskaja und Beljajewo (von links nach rechts) Quelle: Akul'shin, Alexandr (2007), Shchelkovskaya, und Shestakov, Anatoliy (2007), Belyaevo, , in: Moscow Metro Official Site, , 16.8.2012.

Anzumerken ist jedoch, dass trotz engen zeitlichen Rahmens und knappen finanziellen Mit- teln für die Stationsgestaltung die traditionellen Materialien Marmor und Granit verwen- det und künstlerische Werke für die Wandgestaltung eingesetzt wurden, wenn auch in viel geringerem Umfang als in den vorangegangenen Bauphasen.

106 Huber 2004, 25 und Hinkel/Treiber/Valenta/Liebsch 2004, 268 ff. 107 Moscow Metro 2007n, o. S. und Moscow Metro 2007o, o. S. 33 II Moskau

Die Rückkehr zur stalinistischen Bautradition (1970-1980)

Ab Ende der 1970er Jahre wurde der Fokus wieder verstärkt auf die architektonische und künstlerische Gestaltung der Metro-Stationen gelegt. Diese weist nun wieder größere Indi- vidualität auf und in ihrer Erscheinung lässt sie sich mit Stationen früherer Bauphasen ver- gleichen, obwohl sie sich in ihrer Formensprache deutlich von jenen unterscheiden.108

Serpuchowskaja

Die 1983 eröffnete Station Serpuchowskaja (siehe Abb. 17, links) wirkt schlicht und mo- dern. Die gebogenen Pfeiler sind mit weißen und grauen Marmor- sowie Metallplatten eingefasst und an der Decke wurde keine Gestaltung vorgenommen, sondern allein die Beleuchtung angebracht. Die Wände der Bahnsteige sind mit weißem Marmor eingefasst und die auf gleichfarbigen aufgesetzten Marmorplatten angebrachte Stationsbezeichnung ist mit Ornamenten und kleinen Flachreliefs hervorgehoben.109

Awiamotornaja

Im Jahr 1979 wurde die Station Awiamotornaja (siehe Abb. 17, rechts) eröffnet. Thema der architektonischen und künstlerischen Gestaltung dieser Station ist die Luftfahrt. Der Mit- telgang ist durch zwei Arkadenreihen, deren Pfeiler, wie auch die Wände der Bahnsteige, mit hellem Marmor eingefasst sind. Auf die Decke des Tonnengewölbes ist eine Fläche mit viereckigen, eloxierten, goldenen Pyramiden aufgesetzt, die durch die unterschiedlichen Prägungen und Art der Zusammenfügung und Beleuchtung an einen funkelnden Sternen- himmel erinnern. An den Rändern und durch die kleinen freigelassenen Löcher zwischen den Pyramiden tritt die dahinter verdeckt angebrachte Beleuchtung hervor. Am Ende des Mittelgangs befindet sich eine Metallskulptur.110 Durch die imposante Deckengestaltung wird die Stationshalle mit warmem Licht erleuchtet und es wird ihr ein nahezu sakraler Charakter verliehen. Trotz moderner Gestaltung stellt diese Station eine Verbindung zu prunkvollen Stationen früherer Bauabschnitte, wie den Stationen Ochotny Rjad oder Kom- somolskaja, her.

108 Huber 2007, 141. 109 Moscow Metro 2007p, o. S. 110 Moscow Metro 2007q, o. S. 34 II Moskau

Abbildung 17: Mittelgänge der Stationen Serpuchowskaja und Awiamotornaja Quelle: Shestakov, Anatoliy (2007), Serpukhovskaya, in: Moscow Metro Official Site, , 16.8.2012; Solomatin, W., Metrosta- tion “Awiamotornaja”, in: Gejdor, T., Moskau, Sankt Petersburg 2004, 217.

Die letzten zwei Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts weisen kaum Veränderungen im Baustil der Metrostationen auf, wobei die Gründe vor allem darin liegen, dass einerseits die Ent- würfe nach wie vor von denselben Architekten bei dem für die Planung der Metro verant- wortlichen Unternehmen Metrogiprotrans erstellt wurden und sich andererseits die Pla- nung und bauliche Umsetzung der Metro-Stationen in einem jahrelangen Prozess voll- zieht.111 Ein gutes Beispiel hierfür ist auch die prunkvolle Gestaltung der 2003 eröffneten Station Park Pobedy an der Arbatsko-Pokrowskaja-Linie (siehe hierzu ausführlicher den Abschnitt „Ein Relikt aus der Sowjetzeit“, 35 ff.).112

Ein Relikt aus der Sowjetzeit

Die mit 85 Metern unter der Erdoberfläche am tiefsten liegende Station Park Pobedy (dt.: Siegespark) wurde nach dem nahe gelegenen Siegespark benannt. Sie wurde 2003 von dem damaligen Bürgermeister Moskaus, Jurij Lushkow, rechtzeitig zu den jährlichen Feiern zum Sieg im Zweiten Weltkrieg im Siegespark eröffnet.113 Sie verfügt über zwei parallel angelegte Stationshallen, deren Ausgänge jeweils nicht zu sehen sind (siehe Abb. 18). An zwei der Stirnseiten der Hallen, wo für gewöhnlich die Rolltreppen nach oben führen, be- findet sich lediglich eine Wand aus glänzendem Marmor. Die beiden Stationen sind in der Mitte über Treppen und eine kleine Brücke, die über die Gleise führt, miteinander verbun-

111 Huber 2004, 25. 112 Moscow Metro 2007r, o. S. 113 Huber 2004, 25. 35 II Moskau den. Nur die südliche Stationshalle verfügt über ein Vestibül, von dem die Passagiere über die mit 126 Metern längste Rolltreppe der Moskauer Metro in die Stationshalle gelangen. Der Ausgang der nördlichen Halle ist in Planung, die vorgesehene Stelle ist derzeit in schwarzem und grauem Marmor gefasst.114

Abbildung 18: Die fast identischen Stationshallen der Station Park Pobedy - die nördliche und die südliche Halle (von links nach rechts) Quelle: Rusow, Alexander, Die zwei fast identischen Säle der Metrostation , in: Huber, Werner, Das Vaterland im Untergrund, in: Hochparterre - Zeitschrift für Architektur und Design, Jg. 17, H. 6-7, 2004, 24.

Die breiten, nach Innen gebogenen Pfeiler der beiden Stationen sind in glänzendem wei- ßen und braunen Marmor gestaltet. Sie verfügen über einen Sockel und werden oben durchgehend von einem geschwungenen Balken in hellem Marmor abgeschlossen. An die- sem setzt, etwas nach Innen versetzt, das die Halle überspannende, weiß verputzte Ton- nengewölbe an. Der Boden ist mit im Schachbrettmuster angeordneten, glänzenden, grau- en und schwarzen Granitplatten ausgelegt. Der einzige Unterschied zwischen den beiden Hallen ist, dass die Farben der Innen- und Außenseiten der Pfeiler vertauscht sind. Die Be- leuchtung der beiden Stationshallen erfolgt indirekt über am Balken angebrachte Lam- pen.115 Die beiden bunten, emaillierten Wandbilder an zwei der Stirnseiten der Hallen wurden von dem georgischen Künstler Surab Zereteli (geb. 1934, Tiflis) gestaltet.116 Der Träger des Staatstitels Künstler des Volkes schuf aufgrund der Favorisierung von Jurij Lush- kow während dessen Regierungszeit zahlreiche Skulpturen für den öffentlichen Raum Moskaus. Viele seiner staatstragenden Werke sind auch in dem ihm von der Stadt Moskau

114 Moscow Metro 2007r, o. S. 115 Moscow Metro 2007r, o. S. 116 Huber 2004, 25 und Reichert 23.9.2012, o. S. 36 II Moskau

überlassenen Haus eingerichteten Museum zu sehen.117 Das Wandbild in der nördlichen Halle thematisiert den Krieg gegen Napoleon von 1812, den sogenannten Vaterländischen Krieg, und jenes in der südlichen Halle den Krieg gegen Deutschland von 1941 bis 1945, den Großen Vaterländischen Krieg.118 Thematisch korrespondierend mit dem nahegelege- nen Siegespark und dem sich ebenfalls in der Nähe befindlichen Zentralmuseum des Gro- ßen Vaterländischen Krieges kann mit diesen beiden Bildern dieser zwei für die russische Geschichte bedeutenden Ereignisse gedacht werden.119 Das Gestaltungskonzept der Station Park Pobedy schließt noch einmal an die stalinistische Metro-Bautradition an. Der bereits 1986 begonnene Bau musste wegen finanzieller Grün- de bald eingestellt werden und konnte erst Ende der 1990er Jahre wieder aufgenommen werden. Ungeachtet der Änderungen der Linienpläne wurde die Station wie ursprünglich geplant als Doppelstation umgesetzt. Aus diesem Grund werden derzeit von den insgesamt vier Gleisen der zwei Stationshallen, die ursprünglich zur Erleichterung des Umstiegs auf die einst geplante neue Linie vorgesehen waren, nur zwei genutzt. Die übrigen zwei Gleis- tröge sind vorrübergehend noch leer.120

Weitere künstlerische Interventionen in der Moskauer Metro

Neben der architektonischen und künstlerischen Gestaltung der Zugangspavillons und Sta- tionen wurden bzw. werden von der Metro Moskau weitere künstlerische Interventionen in der und/oder über die Moskauer Metro ermöglicht. Darüber hinaus wurden auch zwei Metro-Züge, einerseits mit Kunstwerken, andererseits mit Poesie, gestaltet. Im Folgenden werden zwei dieser Projekte kurz vorgestellt.

Die Galerie Metro

Im Jahr 2005 wurde mit der Galerie Metro in der Station Wystawotschnaja die erste Foto- galerie der Moskauer Metro eröffnet (siehe Abb. 19, links). In dem Gang über den Schienen der Station wurde dauerhaft eine Galerie eingerichtet, deren Ausstellungen mehrmals jähr- lich wechseln. In der ersten Ausstellung wurden Fotografien des Künstlers Yury Rost (geb. 1939, Kiew), einem Fotografen und Journalisten der Zeitung Nowaja Gaseta, gezeigt. Sie

117 Reichert 23.9.2012, o. S. 118 Moscow Metro 2007r, o. S. und Huber 2004, 25. 119 Huber 2007, 144. 120 Huber 2004, 25. 37 II Moskau hatte den Titel Presentation of the World. Die darauf folgende Ausstellung hatte den Titel Birds und zeigte ebenfalls Werke von Yury Rost.121

Der Aquarelle-Zug

Anlässlich des Internationalen Kindertages gestaltete die Schule für Aquarelle-Technik von Sergey Andrijaka (geb. 1958, Moskau) einen Aquarelle-Zug, der im Jahr 2007, dem Jahr des Kindes in Moskau, auf der Arbatsko-Pokrovskaya-Linie in Betrieb genommen wurde. Insge- samt sind im Inneren des fünf Wagen umfassenden Zuges 35 Bilder zu sehen, 15 von dem russischen Künstler Sergej Andrijaka und 30 von seinen Schülern und Schülerinnen (siehe Abb. 19, Mitte). Die Wägen wurden speziell angefertigt, um genügend Ausstellungsfläche und entsprechende Sitzmöglichkeiten zu liefern.122 Die Innenwände der Waggons sind in den Farben Rot, Blau, Grau, Olivgrün und Braun ausgemalt. Für die Präsentation der Werke verfügt ein Teil der Waggons nur jeweils auf einer Seitenwand nach Innen gerichtete Sitz- plätze. An der gegenüberliegenden Wand sind in goldenen Rahmen die Bilder positioniert. Diese Art der klassischen Werkpräsentation korrespondiert mit dem künstlerisch- architektonischen Stil der Stationsgestaltung der Moskauer Metro. Im übrigen Teil der Waggons sind beide Wände mit Sitzmöglichkeiten ausgestattet. An der Außenseite wurde jeder der Waggons des Aquarelle-Zuges individuell mit Blumenmotiven gestaltet (siehe Abb. 19, rechts). Auf der Webseite der Moskauer Metro kann der genaue Fahrplan dieses Zuges abgerufen werden.123 Mit dieser mobilen Ausstellung wurde das Ziel verfolgt, die Aufmerksamkeit der Passagiere anlässlich des Internationalen Kindertages und des Jahres der Kinder in Moskau auf Kinder und deren Bedürfnisse zu lenken. Darüber hinaus soll durch die helle, bunte Farbgebung sowohl der Innen- und Außenwände der Waggons als auch der im Aquarelle-Zug präsen- tierten Bilder - entsprechend der ursprünglichen Gestaltungsprämisse für die Metro- Stationen - eine Steigerung des Wohlbefindens der Passagiere erzielt werden.124

121 Moscow Metro 2007s, o. S. 122 Moscow Metro 2007t, o. S. 123 Moscow Metro 2007t, o. S. 124 Moscow Metro 2007t, o. S. 38 II Moskau

Abbildung 19: Die Galerie Metro sowie eine Innen- und eine Außenansicht des Aquarelle- Zugs (von links nach rechts) Quelle: o. A. (2007), “Metro” gallery, und “Aq- uarelle” Train, , in: Moscow Metro Official Site, , 17.8.2012.

5 Zusammenfassung

Der Bau der Moskauer Metro stellte ein Prestigeprojekt des sowjetischen Systems dar, mit dessen Umsetzung das Ziel verfolgt wurde, sich bewusst von U-Bahnen kapitalistischer, westlicher Städte, wie beispielsweise London oder New York, abzuheben.125 Es handelt sich bei der Moskauer U-Bahn um ein typisches Beispiel für monumentale, sozialistische Archi- tektur. In ihrer Monumentalität lässt sie sich beispielsweise mit den im Rahmen der Neu- gestaltung der Twerskaja Uliza entstandenen Repräsentationsbauten oder dem zwischen 1949 und 1953 entstandenen Bau der Staatlichen Universität Moskau vergleichen.126 Die architektonische und künstlerische Gestaltung der Moskauer U-Bahn dient vor allem ideologischen Zwecken und verfolgt das Ziel, mehr Wohlbefinden während der U- Bahnfahrt bei den Passagieren zu bewirken und ihnen das Gefühl zu nehmen, sich unter der Erde zu befinden. Wie bereits bei der Planung argumentiert und in der Eröffnungsrede von Kaganovič ausgeführt, wird mit der künstlerischen und architektonischen Gestaltung der Metro vorrangig das Ziel verfolgt, zum Vergnügen und zur Erholung der Passagiere bei- zutragen, deren Leben zu erleichtern und Inspiration zu liefern.127 Von Anfang an galt die Prämisse, „Paläste für das Volk“ zu schaffen, und damit der Bezeichnung „Hauptstadt des Sozialismus“128 gerecht zu werden. Die Gestaltung dieser unterirdischen Paläste sollte nicht einförmig, sondern für jede Station unterschiedlich und von kreativer Entfaltung gekenn-

125 Neutatz 2001, 532 und Bennett 2005, 68. 126 Huber 2007, 82 und 164. 127 Toržestvennoe zasedanie 1935, 22 f., zit. n.: Neutatz 2001, 532. 128 Neutatz 2001, 610. 39 II Moskau zeichnet sein.129 Architektonische Gestaltung und Kunstwerke der Moskauer U-Bahn- Stationen wirken dabei als aus einem Gesamtkonzept entstammend, dessen Einzelheiten aufeinander abgestimmt und zu einem stimmigen Ganzen zusammengefügt wurden. Der Schwerpunkt lag in der Vergangenheit insbesondere auf der architektonischen Gestal- tung der Stationen. Außerdem wurden in zahlreichen Stationen künstlerische Arbeiten, wie Skulpturen, Mosaiken oder anderen Wandgestaltungen in die Stationen eingebunden. In- haltlich thematisieren diese künstlerischen Arbeiten Lenin, bedeutende Ereignisse der rus- sischen Geschichte, wie beispielsweise den Sieg des Großen Vaterländischen Krieges oder andere Siege des sowjetischen Heeres, technische Errungenschaften der Sowjetunion oder berühmte russische Künstler, wie zum Beispiel den futuristischen Dichter Wladimir Ma- jakowski, nach dem die Metro-Station Majakowskaja benannt ist. In einigen Stationen, wie beispielsweise Teatralnaja, Elektrozawodskaja, Awiamotornaja oder Park Pobedy nehmen architektonische Gestaltung und künstlerische Werke konkret Bezug auf den jeweiligen Standort der Station, die Umgebung und Geschichte. In vielen Fällen beziehen sich Architektur und Kunstwerke jedoch allgemein auf das Land oder die Stadt, wie zum Beispiel die Mosaike der Station Komsomolskaja.

Die in der von der Metro Moskau initiierte Galerie Metro präsentierten Fotografien stehen in keinem Zusammenhang mit der Stadt, dem Land oder seiner Bevölkerung und stellen eine Auswahl von nicht speziell für diesen Ort aufgenommenen Fotografien dar.130 Demge- genüber entstanden die Werke für den Aquarelle-Zug speziell für dieses Projekt und aus Anlass des Jahres des Kindes und sollen Kinder und ihre Bedürfnisse ins Bewusstsein der Passagiere rücken. Darüber hinaus soll die Gestaltung der Waggons auch an die sie umge- bende Schönheit erinnern und zu ihrer Entspannung beitragen.131 Die in der Moskauer Metro gezeigten Kunstwerke enthalten demnach entweder einen pat- riotisch geprägten Bezug zur Stadt, Land oder Bevölkerung und ihrer Geschichte oder verfolgen ästhetische, dekorative Zwecke und sollen zu einer Verschönerung von Stationen, Eingangsgebäuden und Waggons beitragen.

129 Toržestvennoe zasedanie 1935, 22 f., zit. n.: Neutatz 2001, 532. 130 Moscow Metro 2007s, o. S. 131 Moscow Metro 2007t, o. S. 40 III Stockholm

III Stockholm

Die Stockholmer U-Bahn-Stationen verfügen über ein sehr umfangreiches künstlerisches Programm. 94 der insgesamt 100 U-Bahn-Stationen der Stockholmer Metro werden zurzeit künstlerisch bespielt.132 Aus diesem Grund wird sie auch als die „längste Kunstgalerie“133 der Welt bezeichnet. Obwohl momentan keine Netzerweiterung durchgeführt und neue Stationen gebaut werden, werden trotzdem weiterhin laufend Künstler und Künstlerinnen beauftragt, Kunstwerke für Bahnhöfe der Stockholmer U-Bahn zu schaffen. Einerseits wer- den neue Kunstwerke zu alten Stationen hinzugefügt und andererseits in einigen Stationen temporär Kunstwerke präsentiert, sodass es zu einer laufenden Erweiterung und Verände- rung der präsentierten Kunstwerke kommt.134

1 Geschichte und Bau

Trotz einer Bevölkerungszahl von zum damaligen Zeitpunkt nur etwa 350.000 wurde in Stockholm der Bau einer U-Bahn bereits um 1900 diskutiert und es existierten schon erste Vorschläge und Pläne für eine unterirdisch geführte Bahn. Grund hierfür waren die, durch die geographische Lage Stockholms - die Stadt Stockholm liegt an der Mündung des Mälar- sees in die Ostsee und erstreckt sich über mehrere Inseln - bedingten, immer größer wer- denden Schwierigkeiten für den öffentlichen Verkehr.135 Bereits 1933 wurde in Stockholm eine Untergrundbahn eröffnet, wobei es sich hierbei um den Ausbau einer vorhandenen Straßenbahnstrecke handelte. Der neue, unterirdisch verlaufende Abschnitt betraf die Strecke zwischen den Stationen Slussen bis Skanstull und führte zu den südlichen Vororten. Die Behörden entschieden sich schließlich im Jahr 1941 gegen den weiteren Ausbau der Untergrund-Straßenbahn und für den Bau einer tatsächlichen U-Bahn, mit dem jedoch erst im August 1945, nach Ende des Zweiten Weltkriegs, begonnen werden konnte. 1950 wur- den schließlich die ersten Stationen der späteren grünen Linie, eröffnet. Heute besitzt die Stockholmer Tunnelbana drei Stammlinien - eine blaue, eine rote und eine grüne Linie - die sich im Stadtzentrum in dem Metro-Hauptbahnhof T-Centralen kreuzen.136 Jede dieser drei Stammlinien ist zusätzlich in zwei bis drei weitere Linien unterteilt, die an den Stationen

132 Andersson 10.6.2013, o. S. 133 Benett 2005, 78. 134 AB Storstockholms Lokaltrafik 2012a, 2. 135 Schwandl 2004, 84. 136 Söderström 1988a, 14. 41 III Stockholm rund um die zentrale Station T-Centralen auf derselben Strecke verlaufen, dann jedoch auseinanderlaufen. Dadurch gibt es insgesamt sieben verschiedene Linien, bezeichnet mit T 10 und T11 (blaue Linie), T13 und T 14 (rote Linie) sowie T 17, T 18 und T 19 (grüne Linie). Die folgende Abbildung zeigt den Netzplan der Stockholmer Metro (siehe Abb. 20).

Abbildung 20: Netzplan der Stockholmer Metro Quelle: AB Storstockholms Lokaltrafik (Hg.), The Metro System, Stockholm 2012b, Download: , in: Storstockholms Lokaltrafik, , 8.1.2013.

Das Stockholmer U-Bahnnetz umfasst heute 100 Stationen (Stand 2012)137 und es werden jährlich etwa 322 Millionen Passagiere (Stand 2012)138 befördert. Betrieben wird die Stockholmer Metro heute von der regionalen Verkehrsgesellschaft AB Storstockholms Lokaltrafik (abgekürzt SL, dt.: Großstockholmer Lokalverkehr139), welche wiederum vollständig im Besitz des Stockholms läns landsting, dem Stockholmer Provinzial-

137 AB Storstockholms Lokaltrafik 2012a, 10. 138 AB Storstockholms Lokaltrafik 2012a, 42. 139 Schwandl 2004, 84. 42 III Stockholm landtag, steht.140 Das öffentliche Schienennahverkehrssystem in der Provinz Stockholm (Stockholms län) sticht im europaweiten Vergleich durch sein großes, gutes ausgebautes Netz hervor. Neben der Tunnelbana umfasst das Nahverkehrssystem auch den Pendeltåg (Vorortzug), die Lokalbana (Straßenbahn), und den Bus.141 Diese unterschiedlichen Ver- kehrsbetriebe wurden 1967 durch die Gründung der AB Storstockholms Lokaltrafik in einer Gesellschaft vereint.142

2 Gestaltungskonzept der U-Bahn-Stationen

Architektonische Gestaltung

Von den insgesamt 100 Stationen liegen 49 unterirdisch. Bezüglich der Form der unterirdi- schen Stationen ist eine Veränderung im Verlauf der Zeit erkennbar.143 Insbesondere die frühen Stationen der 1930er und 1950er Jahre im Zentrum Stockholms wurden häufig nur knapp unter der Erdoberfläche und mittels offener Bauweise gebaut, wodurch sich bezüg- lich architektonischer Gestaltung und räumlicher Konzeption große Einschränkungen erga- ben.144 Die meisten der in den 1950er und 1960er Jahren eröffneten Stationen verfügen nur über eine schmale Plattform in Quaderform ohne trennende Wand, wodurch die ge- samte Plattform gut überblickt werden kann. Die Felswände wurden mit Betonflächen aus- gekleidet und verfliest. Aufgrund der Fliesenverkleidung werden sie auch als „Badezim- mer“-Stationen bezeichnet.145 An der 1952 eröffneten Station Hötorget ist die für die in den 1950er Jahren eröffneten U- Bahnhöfe typische Bauweise gut erkennbar (siehe Abb. 21).146 Sie verfügt über eine längli- che, quaderförmige Plattform deren Wände und Pfeiler mit hellblauen Fliesen ausgekleidet sind. Hötorget stellt auch eine jener Stationen dar, in denen erst nachträglich, ab den 1980er Jahren Kunstwerke installiert wurden. Die schwedische Bildhauerin Gun Gordillo (geb. 1945, Lund, Schweden), die vorwiegend mit Neonleuchten arbeitet,147 schuf auch für die Decke des Mittelgangs der Plattform dieser Stockholmer U-Bahn-Station eine Lichtin- stallation aus Neonleuchten, die 1998 eingeweiht wurde. Entlang der gesamten Länge der

140 AB Storstockholms Lokaltrafik 2012a, 8. 141 AB Storstockholms Lokaltrafik 31.1.2011, o. S. 142 Schwandl 2004, 84. 143 Söderström 1988b, 26 ff. 144 Söderström 1988c, 35 f. 145 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 11. 146 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 11. 147 Gordillo o. J.a, o. S. 43 III Stockholm

Plattform wurden insgesamt 103 unterschiedlich gewundene Neonröhren in fünf verschie- denen Weißtönen angeordnet.148 In Verbindung mit den hellblauen Fliesen an den Seiten- wänden sowie den Säulen wird der Station dadurch ein helles Erscheinungsbild verliehen. Die durch das Werk vermittelte Dynamik korrespondiert mit der Bewegung der ein- und ausfahrenden Züge.

Abbildung 21: Gun Gordillo, Deckenbeleuchtung der Station Hötorget, 1998 Quelle: Gordillo, Gun (o. J.b), subwaystation, hötorget, , in: Gun Gordillo, , 1.7.2013.

In späteren Bauperioden wurden die Stationen auch größtenteils tief unter der Erde ange- legt. Sie wurden aus selbst tragenden Felsschichten herausgebrochen und es entstand die für die Stockholmer Metro charakteristische höhlenartige Struktur. Die grob gearbeiteten Stationswände wurden zum Schutz vor Steinschlag und austretendem Wasser mit einer aufgesprühten, fünf bis sieben Zentimeter dicken Betonschicht verkleidet. Dadurch bleiben die Konturen der Felsen sichtbar, Kanten und Ecken werden jedoch weicher.149 Die An- wendung dieser Baumethode wurde insbesondere aus Zeit- und Kostengründen forciert, da die Anbringung der Wandverkleidung vergleichsweise viel Zeit in Anspruch nahm und es darüber hinaus häufig notwendig war, während dessen den gesamten Verkehr in der Stati- on zu sperren.150 Ein außerdem aus dieser Bauweise resultierender technischer Vorteil dieser Stationen ist die Diffusion von Geräuschen durch den groben Fels, die gemeinsam mit den Schalldämmungselementen eine Umgebung mit niedrigem Geräuschpegel schaf-

148 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 9. 149 Bennett 2005, 78 und Söderström 1988, 36 und 50. 150 Söderström 1988b, 28. 44 III Stockholm fen.151 Beispiele für in dieser Bauweise ausgeführte U-Bahnhöfe sind unter anderem die Stationen Masmo und T-Centralen der blauen Linie (siehe hierzu ausführlicher das Kapitel „Die 1970er Jahre“, 54 ff.).

Künstlerische Gestaltung

Erste Initiativen für die künstlerische Stationsgestaltung

Bereits während der 1940er Jahre wurde, in erster Linie unter den Künstlern und Künstle- rinnen, die Möglichkeit der Integration von Kunst in der Metro diskutiert.152 Vor allem auch Vertreter der Konkreten Kunst, Mitglieder der Gruppe „1947 års män“ (dt. die Männer von 1957), angeführt von Olle Bonniér (geb. 1925, Los Angeles), Pierre Olofson (geb. 1921, Pa- ris; gest. 1996, Stockholm) und Lennart Rodhe (geb. 1916, Stockholm; gest. 2005, Stock- holm) brachten unterschiedliche Vorschläge für die künstlerische Gestaltung der geplanten U-Bahn-Stationen ein, die auch in Treffen mit dem damaligen Chefarchitekten der Stock- holmer Metro diskutiert wurden.153 Trotz der breiten öffentlichen Diskussion gab es auch in der ersten Hälfte der 1950er Jahre, als bereits erste Stationen in Betrieb waren und der Bau der Station T-Centralen der roten und grünen Linie, die als zentraler Punkt des U-Bahnnetzes vorgesehen war, bereits beinahe abgeschlossen war, noch keine Entschei- dung über die künstlerische Bespielung.154 Die beiden schwedischen Künstlerinnen Siri Derkert (geb. 1888, Stockholm; gest. 1973, Lidingö, Schweden) und Vera Nilsson (geb. 1888, Jönköping; Schweden, gest. 1979, Stockholm) wandten sich diesbezüglich auch mehrfach an den Vorstand der Verkehrsbetriebe und Mitglieder des Stadtrates.155 Ihre Bemühungen führten schließlich dazu, dass im Jahr 1955 von der Kommunistischen und der Sozialdemokratischen Partei jeweils ein Antrag im Stockholmer Stadtrat die künstleri- sche Gestaltung von U-Bahn-Stationen betreffend eingebracht wurde.156 Dieses Anliegen erhielt von allen politischen Parteien Unterstützung und führte zur Ausschreibung eines Wettbewerbs für die künstlerische Ausgestaltung des U-Bahnhofs T-Centralen im März 1956 (siehe hierzu ausführlicher das Kapitel „Die 1950er Jahre“, 48 ff.). Zahlreiche Kunst- werke wurden in den darauffolgenden Jahren auf den Bahnsteigen wie auch der Verteiler-

151 Söderström 1988b, 31. 152 AB Storstockholms Lokaltrafik 2012, 3. 153 Stensman 1988a, 74 f. 154 Stensman 1988a, 77. 155 Bennett 2005, 78. 156 Stensman 1988a, 78 f 45 III Stockholm ebenen dieser Metro-Station, die bis heute jene mit den meisten Kunstwerken der gesam- ten Linie bildet, installiert.157

Das Kunst-Engagement der AB Storstockholms Lokaltrafik heute

Heute befinden sich in 94 der 100 Stationen permanente Kunstwerke, nur sechs der Stati- onen werden derzeit nicht künstlerisch bespielt.158 Bei der präsentierten Kunst handelt es sich um künstlerische Werke in Form von Skulpturen, Reliefs, Mosaiken, Malereien, Instal- lationen oder Aufschriften von ungefähr 140 verschiedenen Künstlern und Künstlerinnen. Kunstwerke von mehreren 100 weiteren Künstlern und Künstlerinnen wurden bis zum heu- tigen Zeitpunkt temporär in der Metro präsentiert.159 Auf ihrer Webseite argumentiert die regionale Verkehrsgesellschaft AB Storstockholms Lokaltrafik (2012), dass Kunst dazu beiträgt, dass die Stationen als schöner und sicherer wahrgenommen werden. Außerdem wird über die Kunstwerke den Stationen eine jeweils eigene Identität verliehen, wodurch die Orientierung im U-Bahnnetz erleichtert wird. Zu- dem ist das Unternehmen der Meinung, dass die Kunst in der Metro die Verringerung von Sachbeschädigungen und Vandalismus fördert160. Dem muss jedoch der Umstand entgegen gestellt werden, dass es trotz des umfangreichen künstlerischen Programms in den Stock- holmer U-Bahn-Stationen zu zahlreichen Sachbeschädigungen in Form von Graffiti ge- kommen ist (siehe hierzu ausführlicher das Kapitel 3.6, .42 f.).161 Neben der künstlerischen Gestaltung der Stationen der Stockholmer Metro wurden mitt- lerweile auch Bahnhöfe anderer Transportsysteme, wie beispielsweise dem Bus- oder S- Bahn-Netz künstlerisch bespielt.162

Die SL Art Group

Innerhalb der AB Storstockholms Lokaltrafik ist heute die sogenannte SL Art Group für die Kunst in den Transportsystemen verantwortlich und entscheidet über neue Kunstwerke, Renovierungen und temporäre Kunstausstellungen.163 Die SL Art Group besteht aus sechs Mitgliedern: drei Architekten bzw. Architektinnen (zwei davon sind bei der AB Storstock- holms Lokaltrafik angestellt, eine/r hat eine beratende Funktion inne) sowie drei Künstler

157 Bennett 2005, 78. 158 Andersson 13.2.2013, o. S. 159 AB Storstockholms Lokaltrafik 15.4.2010, o. S. 160 AB Storstockholms Lokaltrafik 28.5.2013a, o. S. 161 Söderström 1988d, 161. 162 AB Storstockholms Lokaltrafik 28.5.2013a, o. S. 163 AB Storstockholms Lokaltrafik 28.5.2013a, o. S. 46 III Stockholm und Künstlerinnen (Kunstberater bzw. -beraterinnen).164 Nachdem die Entscheidung über einen Ort, an dem ein/mehrere Kunstwerk/e permanent installiert werden soll/en, oder eine konkrete Auftragsvergabe gefällt wurde, schlagen die Kunstberater bzw. -beraterinnen verschiedene Künstler und Künstlerinnen vor, die ihrer Ansicht nach dafür geeignet erscheinen.165 Von diesen werden zwei bis drei ausgewählt und eingeladen - ge- gen Bezahlung - Vorschläge auszuarbeiten, von welchen wiederum eine Künstlerin oder ein Künstler mit der Realisierung ihrer bzw. seiner Einreichung beauftragt wird.166 Für die tem- porären Kunstwerke läuft der Auswahlprozess der Künstler und Künstlerinnen in ähnlicher Form ab.167 Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, dass Künstler und Künstlerin- nen - unabhängig von Wettbewerbsausschreibungen - eigenständig Kunstprojekte einrei- chen.168 Handelt es sich um große Projekte, kommt aufgrund von gesetzlichen Regulierun- gen eine andere Vorgehensweise zur Anwendung. Es erfolgt die Ausschreibung eines offe- nen Wettbewerbs und häufig wird auch beispielsweise eine eigene Webseite eingerich- tet.169 Auch wenn derzeit keine neuen Stationen gebaut werden - die letzten neuen Statio- nen wurden im Jahr 1994 eröffnet - werden kontinuierlich neue permanente Kunstwerke in bereits bestehenden Stationen der Stockholmer Metro installiert. Dies erfolgt in der Re- gel im Rahmen von Renovierungs- oder Umbauarbeiten. Darüber hinaus werden auch lau- fend auf temporären Präsentationsflächen für Zeiträume von höchstens einem Jahr neue künstlerische Arbeiten in der Metro gezeigt.170 In den folgenden zwei Abschnitten werden ausgewählte Werke, die in den Stockholmer U- Bahn-Stationen sowohl permanent installierte, als auch temporär präsentiert wurden, be- sprochen.

164 Andersson 13.2.2013, o. S. 165 Berglund 11.6.2013, o. S. 166 Andersson 13.2.2013, o. S. und Berglund 11.6.2013, o. S. 167 Andersson 13.2.2013, o. S. 168 Berglund 11.6.2013, o. S. 169 Berglund 11.6.2013, o. S. und Andersson 10.6.2013, o. S. 170 Andersson 13.2.2013, o. S. und AB Storstockholms Lokaltrafik 2012, 2. 47 III Stockholm

3 Permanente Kunstwerke

Die 1950er Jahre

Erster Wettbewerb für Kunstwerke für die Stockholmer U-Bahn

Im März 1956 wurde von der AB Stockholms Spårvägar, der Stockholmer Straßenbahnge- sellschaft, die die Metro zum damaligen Zeitpunkt betrieb (später wurde diese zur AB Stor- stockholms Lokaltrafik umgebildet) der erste prämierte Wettbewerb für die künstlerische Gestaltung der drei Stationen T-Centralen, und Slussen ausgeschrieben. Insge- samt wurden 156 Vorschläge eingebracht. Die Jury, die neben Künstlern und Künstlerinnen auch aus Politikern und Politikerinnen bestand, entschied an 27 dieser Einreichungen Prei- se zu verleihen und wiederum 16 davon sollten tatsächlich realisiert werden. Die endgülti- ge Entscheidung zur Umsetzung der ausgewählten Vorschläge lag jedoch bei der Stock- holmer Straßenbahngesellschaft.171

T-Centralen der roten und grünen Linie

Realisierungsprozess

Der U-Bahnhof besteht heute aus zwei Stationen. Die Station, die von Zügen der grünen und roten Linie befahren wird, wurde 1957 eröffnet und verfügt über zwei Plattformen. Der U-Bahnhof für die Züge der blauen Linie wurde in den 1970er Jahren eröffnet (siehe hierzu ausführlicher das Kapitel „T-Centralen der blauen Linie“, 56 f.).172 Der U-Bahnhof T- Centralen der roten und grünen Linie stellt die erste der Stationen der Stockholmer Metro dar, die künstlerisch bespielt wurde und es handelt sich um die einzige der in den 1950er Jahren erbauten Stationen, bei der Kunstwerke von Beginn an integriert wurden.173 Bei den übrigen in diesem Jahrzehnt eröffneten Stationen wurden Kunstwerke ab den 1980er Jah- ren hinzugefügt.174 Aus Kostengründen wurden von den im Wettbewerb von 1956 eingebrachten Vorschlägen alle für Gamla Stan und Slussen vorgesehenen ausgeschlossen und ausschließlich Vor- schläge für die obere und untere Plattform sowie die Schalterhallen von T-Centralen umge-

171 Söderström 1988e, 82 ff. 172 AB Storstockholms Lokaltrafik 24.10.2011a, o. S. 173 AB Storstockholms Lokaltrafik 2012a, 3 und AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 11. 174 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 11. 48 III Stockholm setzt.175 Im Rahmen der im Vorfeld des Wettbewerbs geführten Diskussionen wurde ein ganzheitlicher Ansatz zur Stationsgestaltung vorgeschlagen. Bei diesem sollten Künstler und Künstlerinnen frühzeitig mit Architekten und Architektinnen zusammenarbeiten, um eine harmonisches künstlerisches Ganzes zu schaffen, das geeignet für die Funktionen der Station ist. Entgegen dieser Anregungen wurde eine Reihe verschiedener Kunstwerke, un- ter Anwendung unterschiedlicher Techniken, ohne Berücksichtigung des Gesamteindrucks, realisiert. Es sollten so viele Werke wie möglich einbezogen werden und die Künstler und Künstlerinnen schufen unabhängig voneinander, ohne genaue Kenntnis der übrigen Arbei- ten, ihre Werke. Aufgrund des zeitlichen Drucks konnte außerdem die gewünschte Koope- ration von Künstlern und Künstlerinnen, Architekten und Architektinnen sowie Ingenieuren nicht umgesetzt werden.176

Die ersten Kunstwerke in der Station

Für die künstlerische Gestaltung von T-Centralen der grünen und roten Linie wurden schließlich zwölf Künstler und Künstlerinnen beauftragt auf den beiden Stationsebenen Werke zu realisieren, wovon vier von ihnen in Paaren arbeiteten. Von den Künstlern und Künstlerinnen, die sich von Beginn an für die künstlerische Bespielung der Stationen einge- setzt hatten, konnten lediglich Siri Derkert und Vera Nilsson ihre Werke realisieren.177 Je- nes von Siri Derkert wird neben weiteren ausgewählten Kunstwerken im Zuge dieses Ab- schnitts näher besprochen.

Die beiden schwedischen Künstler Erland Melanton (geb. 1916, Arvika, Schweden; gest. 1968, Täby, Schweden) und Bengt Edenfalk (geb. 1924, Karlskrona, Schweden) schufen eine Wandgestaltung für eine der Seiten der oberen Stationsplattform. Bei ihrem mit Kla- ravagnen (Name eines Stadtteils bzw. Bezeichnung für die Sternbilds des Großen Wagens) betitelten Werk handelt es sich um ein abstraktes Muster aus gepressten, farbigen Glasprismen (siehe Abb. 22, links). Dominiert wird das Muster von der Farbe hellblau. Ebenso von den Künstlern gestaltete Schilder mit der Stationsbezeichnung sind in regel- mäßigen Abständen in das Wandbild eingefügt.178

175 Söderström 1988e, 88 und Söderström 1988f, 289. 176 Söderström 1988e, 88 und Söderström 1988g, 170 f. 177 Söderström 1988e, 88 f. 178 Söderström 1988e, 90. 49 III Stockholm

Der Künstler Anders Österlin (geb. 1926, Malmö; gest. 2011, Malmö) und die Designerin Signe Persson-Melin (geb. 1925, Malmö) wurden für die Gestaltung der Wände hinter den U-Bahn-Schienen auf der anderen Seite der Plattform beauftragt. In die mit weiß glasierten Klinkern ausgekleideten Wänden wurden verschiedene, in unterschiedlichen Farben ge- staltete Zeichen und Symbole eingefügt (siehe Abb. 22, Mitte).Bei diesen handelt es sich von den Künstlern frei entworfene Formen, mitunter sind es Abwandlungen antiker Sym- bole. Durch die unterschiedlichen Materialien, aus denen die Fliesen, aus denen sich die Symbole und Zeichen zusammensetzen, hergestellt wurden, wurde ein reliefartiger Ein- druck erzeugt. Wie auch die Künstler der Wandgestaltung der gegenüberliegenden Seite haben auch Anders Österlin und Signe Persson-Melin die Stationsbezeichnung in ihr Werk miteinbezogen. Während das Werk ersterer heute starke Abnutzungserscheinungen und Beschädigungen aufweist, ist letzteres bis heute in gutem Zustand.179

Abbildung 22: Obere Plattform der gemeinsamen Station T-Centralen der roten und grünen Linie: Erland Melanton und Bengt Edenfalk, Klaravagnen, 1958; Anders Österlin und Signe Persson-Melin/Siri Derkert, Wandgestaltung/sog. Kvinnopelare (dt. Frauenpfeiler), 1957; Egon Möller-Nielsen, Sitzelement, 1957 (von links nach rechts) Quelle: Gerdén, Anna, T-Centralen, in: AB Storstockholms Lokaltrafik (Hg.), Art in the , Stockholm 2012a, Download: , 10.1.2013, 3; Olsson, Lennart, T-Centra-len, in: Söderström, Göran (Hg.), Art goes underground. Art in the Stockholm metro, Stockholm 1988, 80 f.; AB Storstockholms Lokaltrafik (Hg.) (24.10.2011a), Konsten på T-Centralens tunnelbanestation, , in: Storsto-ckholms Lokaltrafik, , 1.7.2013.

Bei dem von Siri Derkert gestalteten Pfeiler auf der Stationsplattform (siehe Abb. 22, Mit- te), auch als Kvinnopelare (dt. Frauenpfeiler) bezeichnet, handelt es sich um das erste öf- fentliche Werk der Künstlerin. Sie gestaltete alle vier Seiten des eckigen Pfeilers mit Zeich-

179 Söderström 1988e, 90. 50 III Stockholm nungen, die sie in die noch nicht vollständig gehärteten Betonflächen prägte. Diese thema- tisieren vor allem von Frauen geführte ideologische Auseinandersetzungen und zeigen un- ter anderem Darstellungen einer Ruderin, einer Maschinenschreiberin sowie einer Maure- rin.180 Insbesondere aus diesem Grund erhielt der Pfeiler die Bezeichnung „Frauenpfei- ler“.181 Die Zeichnungen wurden in ihrem ursprünglichen Zustand stark von Schatteneffek- ten geformt. Heute sind die Motive jedoch aufgrund des Staubs in den Reliefs sowie der Abnutzung und farblichen Verdunkelung der Flächen nicht mehr gut erkennbar.182 Der Architekt und Bildhauer Egon Möller-Nielsen (geb. 1915, Kopenhagen; gest. 1959, Stockholm) fertigte für die Station Sitzelemente aus bronzefarbenem Kunststein und mit integrierten Heizdrähten an (siehe Abb. 22, rechts). Seit der Versetzung der Sitzelemente im Rahmen von Umbauarbeiten funktioniert jedoch das Heizsystem nicht mehr. Bei den Sitzelementen handelt es sich um längliche geschwungene Bänke mit niedriger Lehne, auf der an allen Seiten eine Sitzmöglichkeit besteht. Die kurzen Seiten sind als Sitzfläche für eine Person vorgesehen, wohingegen die teilweise geschwungene Form der langen Seiten es Passagieren ermöglichen soll, einander zugewandt nebeneinander zu sitzen.183

Der Kunstbeirat der AB Storstockholms Lokaltrafik

Noch bevor die Kunstwerke in T-Centralen der roten und grünen Linie gänzlich fertigge- stellt waren, wurden zwei neue Anträge betreffend der zukünftigen künstlerischen Bespie- lung von U-Bahn-Stationen eingereicht. Die Straßenbahngesellschaft reagierte darauf eher ablehnend.184 Als die Anträge schließlich dem Zentralen Verwaltungsrat vorgelegt wurden, entschied der eingesetzte Untersuchungsausschuss jedoch die Ausschreibung eines neuen Wettbewerbs für mehrere neue Stationen im Jahr 1961.185 Der Zeitraum von dem ersten ausgeschriebenen Wettbewerb 1956 bis zur Einrichtung des Kunstbeirats für die Stockhol- mer Verkehrsgesellschaft durch den Stockholmer Provinziallandtag im Jahr 1971 ist von einer deutlichen Veränderung der Einstellung des Managements der Verkehrsgesellschaft gekennzeichnet. Diese mündete schließlich in dem heute bestehenden ausgeprägten Ein- satz für Beiträge von Künstlerinnen und Künstlern für die öffentlichen Transportsysteme

180 Söderström 1988e, 89 und Söderström 1988g, 172. 181 Söderström 1988g, 172. 182 Söderström 1988e, 89 f. 183 Söderström 1988e, 92. 184 Söderström 1988e, 93 f. 185 Söderström 1988h, 95 f. und Söderström 1988g, 188. 51 III Stockholm und dem großen Stellenwert, den die künstlerische Stationsgestaltung innerhalb der AB Storstockholms Lokaltrafik inne hat.186

Die 1960er Jahre

In den 1960er Jahren wurde ein Großteil der Stationen der roten Linie gebaut. Bei den meisten U-Bahnhöfen handelt es sich um in geschlossener Bauweise errichtete unterirdi- sche Bahnhöfe, nur wenige sind oberirdische Stationen. Im Gegensatz zu den in den 1950er Jahren erbauten U-Bahnhöfen wurden die Betonflächen nicht mit quadratischen („Badezimmer-“) Fliesen ausgekleidet sondern mit rechteckigen Fliesen in Erdtönen.187 Beim Bau der Stationen wurden größtenteils bereits von Beginn an Konzepte zur künstleri- schen Gestaltung integriert. Insgesamt 159 Vorschläge wurden bei dem 1961 ausgeschrie- benen Wettbewerb eingebracht. Was diesen Wettbewerb von jenem aus dem Jahr 1956 unterschied, war der Schwerpunkt, der auf Gesamtlösungen gelegt wurde, die neben den verwendeten Materialien, den Farbschemen für Wände, Decken und Böden auch bei- spielsweise die Werbeflächen einbeziehen sollten. Der Wettbewerb richtete sich diesmal nicht nur an Künstler und Künstlerinnen sondern bezog unter anderem auch Poster- Designer und -Designerinnen oder Architekten und Architektinnen mit ein.188 Zu den Stati- onen, in denen von Beginn an Kunst integriert wurde, zählen unter anderem Östermalm- storg, Mariatorget, Hornstull und Mälarhöjden. Bei Stationen wie Zinkensdamm oder As- pudden erfolgte die künstlerische Gestaltung erst zu einem späteren Zeitpunkt.189

Der schwedische Künstler Berndt Helleberg (geb. 1920, Härnösand, Schweden; gest. 2008, Åkersberga, Schweden) war einer der Gewinner des Wettbewerbs von 1961. Er schuf unter anderem ein mit Altamira betiteltes Werk für die 1964 eröffnete Station Hornstull (siehe Abb. 23, links). Es handelt sich dabei um die vollständige Gestaltung der beiden hinter den U-Bahn-Schienen liegenden Wandflächen mit handgetöpferten, glasierten Ziegeln.190 Die Wandflächen bestehen aus länglichen naturfarbenen Ziegeln, die in vertikalen oder schräg von links unten nach rechts oben verlaufenden Reihen angeordnet sind. In diese Reihen

186 Söderström 1988h, 108 f. und Söderström 1988i, 111 sowie AB Storstockholms Lokaltrafik 28.5.2013a, o. S. 187 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 12. 188 Söderström 1988h, 96 und Söderström 1988g, 188. 189 AB Storstockholms Lokaltrafik 18.3.2010a, o. S. 190 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 14. 52 III Stockholm fügte der Künstler aus weiß und schwarz gefärbten Ziegeln mosaikartig geformte Objekte, die an die prähistorischen Zeichnungen in der in Nordspanien gelegenen Höhle von Altami- ra, erinnern sollen.191

Abbildung 23: Berndt Helleberg, Werk Altamira in der Station Hornstull, 1964; Siri Derkert, Werk Carvings in Natural Concrete in der Station Östermalmstorg, 1965 (von links nach rechts) Quelle: AB Storstockholms Lokaltrafik (Hg.), Art in the Stockholm Metro, Stockholm 2008, Download: , 14.1.2013, 13; Ekestang, Hans, Östermalmstorg, in: Bennett, David, Metro. Die Geschichte der Untergrundbahn, Stuttgart 2005, 81.

Siri Derkert, die bereits in der Station T-Centralen der grünen und roten Linie ein Werk rea- lisiert hatte, wurde ein weiteres Mal für ein Werk für die Stockholmer Metro beauftragt. Sie schuf für die beiden Wände hinter den U-Bahnschienen der 1965 eröffneten Station Östermalmstorg ein mit Carvings in Natural Concrete betiteltes Wandgemälde (siehe Abb. 23, rechts). Das direkt auf den Betonflächen von Derkert in Sandstrahltechnik ausgeführte Werk umfasst eine Serie von Zeichnungen von tanzenden, spielenden und singenden Figu- ren, Karikaturen und Portraits bekannter (überwiegend weiblicher) Personen sowie auch Texte und Notensätze.192 Inhaltlich behandelt die Künstlerin Themen wie Frauenrechte oder Frieden sowie umweltbezogene Fragestellungen. Auch Portraits von Albert Einstein, Frantz Fanon oder Simone de Beauvoir sind Bestandteil des Werkes. Bei den Notensätzen handelt es sich unter anderem um Ausschnitte aus der Marseillaise und der Internationale. Derkerts zwischen den Zeichnungen einfügten Texte haben durch ihren provokativen, zu- fälligen und von hoher Aktualität geprägten Charakter große Ähnlichkeit mit den Graffiti,

191 Museo de Altamira o. J., o. S. 192 Moderna Museet 2013, o. S. und Bennett 2005, 80. 53 III Stockholm die auf dem Werk vermehrt angebracht wurden.193 Sowohl aufgrund der Gestaltung des Kunstwerkes und seines Inhalts als auch wegen der angebrachten Graffiti war das Werk stark umstritten und hat große Diskussionen ausgelöst.194

Die 1970er Jahre

Im Gegensatz zu den 1960er Jahren wurde in den 1970er Jahren nicht der Fels mit Beton- flächen ausgekleidet, sondern es wurde begonnen, die Felswände mit einer 7 bis 8 cm di- cken Betonschicht zu besprühen, wodurch die Formen der Felsen sichtbar blieben und in den Stationen ein höhlenartiger Eindruck entstand. Da es sich dabei um eine wesentlich kostengünstigere Bauweise handelte, konnte mehr Geld für die Realisierung der künstleri- schen Gestaltungskonzepte aufgewendet werden.195 Aufgrund von Befürchtungen, das höhlenartige Erscheinungsbild der Stationen könnte bei den Passagieren negative Empfindungen und Assoziationen gab es jedoch heftige Debat- ten. Aus diesem Grund wurden bei den ersten in dieser Bauweise errichteten Stationen (unter anderem Masmo, Stadion und Tekniska högskolan) farbige Metallgitter in die De- cken eingefügt und an einigen Wänden angebracht, um die Felswände zu verdecken.196 Auf dem Gitter konnten Kunstwerke schnell und einfach befestigt werden und das ursprüngli- che Konzept enthielt sogar die Möglichkeit Werke gruppenweise abzuhängen und nachei- nander in unterschiedlichen Stationen zu präsentieren.197 Beim Bau der blauen Linie wurde hingegen entschieden, die mit Beton besprühten Fels- wände in ihrem Originalzustand zu belassen. Dies war beispielsweise bei den Stationen Rådhuset, Kungsträdgården, Solna centrum, und Tensta der Fall.198

Masmo und Solna centrum

Die 1972 in Betrieb genommene Station Masmo war eine jener Stationen, bei der die mit Beton besprühten Felswände mit Metallgittern verkleidet wurden. Für die künstlerische Gestaltung der Station wurden Lasse A. Andréasson (geb. 1924, Göteborg; gest. 2007199)

193 Söderström 1988h, 98. 194 Moderna Museet 2013, o. S. und Söderström 1988h, 98 ff. 195 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 16. 196 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 16. 197 Söderström 1988g, 202. 198 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 19. 199 Der Sterbeort dieses Künstlers war nicht auffindbar. 54 III Stockholm und Staffan Hallström (geb. 1914, Stockholm; gest. 1976200) beauftragt. Die beiden schwe- dischen Künstler schufen Malereien auf einbrennlackierten Metallplatten, die auf den Me- tallgittern entlang den Wänden hinter den U-Bahnschienen befestigt wurden. Das Fries ist mit Bring the sun down into the Metro betitelt.201 Ausgangspunkt für dieses bildet das Wandfresko Gustav Wasas Einzug in Stockholm am Mittsommertag 1523 aus dem Jahr 1908.202 Es stammt von Carl Larsson (geb. 1853, Stockholm; gest. 1919, Falun, Schweden) und befindet sich in der oberen Treppenhalle des schwedischen Nationalmuseums.203 Die Künstler haben jedoch den ursprünglichen Inhalt von Larssons Gemälde verändert bzw. erweitert. In ihrem Werk hält die den König erwartende Menge lange Seile, an denen die Sonne befestigt ist (siehe Abb. 24, links). Im nächsten Teil des Wandfrieses bringen sie die Sonne hinunter in die U-Bahn-Station.204

Abbildung 24: Lasse A. Andréasson und Staffan Hallström, Werk Bring the sun down into the Metro in der Station Masmo, 1972; Anders Åberg and Karl-Olov Björk, Künstlerische Gestaltung der Station Solna centrum, 1975 (von links nach rechts) Quelle: AB Storstockholms Lokaltrafik (Hg.), Art in the Stockholm Metro, Stockholm 2008, Download: , 14.1.2013, 20 und 16.

Im Gegensatz zur Station Masmo war der 1975 eröffnete U-Bahnhof Solna centrum eine jener Stationen, bei denen entschieden wurde, die besprühten Felswände in ihrem tat- sächlichen Zustand zu zeigen. Das sich über die gesamte Station erstreckende Wandge- mälde (siehe Abb. 24, rechts) wurde von den beiden schwedischen Künstler Anders Åberg

200 Der Sterbeort dieses Künstlers war nicht auffindbar. 201 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 20. 202 Nationalmuseum o. J.a, o. S. 203 Nationalmuseum o. J.b, o. S. 204 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 20. 55 III Stockholm

(geb. 1945205) und Karl-Olov Björk (geb. 1936, Linköping, Schweden) geschaffen und direkt auf die Sprühbetonschicht aufgetragen. Entlang der Wände verläuft ein fast 1000 Meter langer Fichtenwald. Darüber erstreckt sich ein roter Abendhimmel, der auf die Decke über- geht und sich schließlich über die gesamte Stationshalle spannt. An nicht bewaldeten Flä- chen sind Abbildungen eingefügt oder Vitrinen mit Modellen in Wände eingelassen. Diese Abbildungen und Modelle thematisieren beispielsweise die Abwanderung der Bevölkerung aus ländlichen Gebieten Schwedens oder die Zerstörung von Umwelt, Themen die zur Zeit des Baus der Station in den 1970er Jahren hohe Aktualität besaßen.206 Die Wandszenen zeigen unter anderem verlassene Dörfer aus Nordschweden, Umzugswägen, die auf den Weg in den Süden sind, oder abgeholzte Hügel. In den Vitrinen ist neben einer Reihe mo- dellierter Ferienhäuser unter anderem auch die Nachbildung eines Elchs zu sehen.207

T-Centralen der blauen Linie

Bei der blauen Linie handelt es sich um die neueste der drei Hauptlinien der Stockholmer U-Bahn. Der erste Streckenabschnitt, der auch die bereits bestehende Station T-Centralen einschloss, wurde 1975 in Betrieb genommen.208 Wie auch bei der Station Solna centrum wurde auch für diese Station entschieden, die höhlenartige Struktur sichtbar zu lassen. Dadurch unterscheidet sie sich stark von T-Centralen der roten und grünen Linie. Die Wän- de und Decken der Station fügen sich zu einem großen, den gesamten Raum überspan- nenden Gewölbe zusammen. Mit der künstlerischen Gestaltung der Stationsplattform wurde der finnisch-schwedische Maler, Grafiker und Bildhauer Per Olof Ultvedt (geb. 1927, Kemi, Finnland; gest. 2006, Lindigö, Schweden) beauftragt. Der Künstler malte die Oberflä- chen der Station in kräftigem Blau und Weiß aus. Über einen Großteil der Flächen rankt sich ein blaues Blattmotiv (siehe Abb. 25, links), angelehnt an Wandmalereien gotischer Kirchen. Unterbrochen wird das vegetative Muster an manchen Stellen durch eine Spur von Traktorreifen, die sich über einen Teil der Decke zieht.209 In einem Gewölbeteil in der Nähe der Rolltreppen bildete der Künstler die Silhouetten der Arbeiter, die am Bau der Station beteiligt waren, ab. Teilweise auf Baugerüsten stehend sind sie malend, zeichnend,

205 Der Geburtsort dieses Künstlers war nicht auffindbar. 206 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 17. 207 Söderström 1988g, 247. 208 Schwandel 2004, 113. 209 Söderström 1988i, 128. 56 III Stockholm hämmernd oder bei anderen Arbeiten dargestellt (siehe Abb. 25, rechts).210 Einer der Ar- beiter ist im Begriff den berüchtigten § 32, der Arbeitgebern das alleinige Recht gab, die Arbeit zu kontrollieren und zu zuweisen, zu zerschlagen.211

Abbildung 25: Per Olof Ultvedt, 2 Ansichten der künstlerischen Gestaltung der Station T- Centralen der Blauen Linie, 1975 Quelle: Ekestand, Hans, T-Centralen, in: Bennett, David, Metro. Die Geschichte der Untergrundbahn, Stutt- gart 2005, 79; Ribeiro, Kerstin, T-Centralen,in: Söderström, Göran (Hg.), Art goes underground. Art in the Stockholm metro, Stockholm 1988, 179.

Kungsträdgården

Die nach dem gleichnamigen Park im Zentrum Stockholms benannte Station Kungs- trädgården (dt. Königsgarten) wurde im Jahr 1977 eröffnet. Es handelte sich ursprünglich um den Schlossgarten des im 17. Jahrhunderts erbauten Makalös-Palasts, der sich bis zum Brand 1825 an dieser Stelle befand.212 Im Zuge des Baus dieser U-Bahn-Station kam es im Frühjahr 1971 zum sogenannten Ulmen-Krieg, einer erfolgreichen Protestaktion gegen den Bau einer der U-Bahn-Eingänge im Kungsträdgården und der dafür notwendigen Fällung mehrerer Ulmen. In der Folge konnten die Umweltaktivisten die Umplanung des Eingangs erwirken.213

210 Söderström 1988g, 174 und 179. 211 Söderström 1988i, 128 f. 212 Söderström 1988g, 224. 213 Schediwy 2005, 226. 57 III Stockholm

Mit der künstlerischen Gestaltung der Station wurde der schwedische Künstler Ulrik Sa- muelson (geb. 1935, Norrköping, Schweden) beauftragt. Die Umsetzung seines umfangrei- chen und vielfältigen künstlerischen Konzepts in der ebenso in Höhlenform gebauten Sta- tion erfolgte in enger Zusammenarbeit mit dem Stockholmer Stadtmuseum und dem Stati- onsarchitekten. Auch der 1987 eröffnete zusätzliche Stationseingang wurde von Ulrik Sa- muelson gestaltet.214 Die künstlerische Gestaltung dieser Station bezieht einen Großteil des U-Bahnhofs mit ein und nimmt inhaltlich auf unterschiedliche Aspekte der Geschichte des Kungsträdgården und seiner Umgebung Bezug.215 Ein Beispiel für die künstlerische Gestaltung ist ein Abschnitt der Deckenfläche des Gangs, der zu den Stationsplattformen führt. Dieser ist mit einer gemalten Harlekin-Arabeske ge- staltet, mit der an die umliegenden Theater erinnert werden soll. Sie besteht aus rot und weiß gerahmten Fünfecken, die außerdem jeweils in sich noch unterschiedlich gemustert sind (siehe Abb. 26, links außen).216 Abgegrenzt wird diese Deckengestaltung mit einem schwarz-weiß gestreiften Sims. Etwas unter dem Gang gelegen befindet sich an den beiden gegenüberliegenden Seiten jeweils ein Bereich, den der Künstler ebenfalls in sein Gestal- tungskonzept miteinbezogen hat. Über eine Brüstung mit schwarz-weißem Geländer kön- nen die Passagiere hinunter auf eine Zusammenstellung von Abgüssen antiker Statuen und architektonischer Gestaltungselemente, die aus unterschiedlichen Stockholmer Gebäuden, unter anderem dem Schloss Makalös, stammen, blicken (siehe Abb. 26, Mitte links).217 An beiden Seiten wurden außerdem alte Gaslaternen aufgestellt.218 Durch die verdeckte Be- leuchtung der beiden Bereiche von unterhalb des Gangs aus werden einige der ausgestell- ten Stücke stärker hervorgehoben als andere und manche Abschnitte sogar vollständig im Schatten gelassen. Neben weiteren Abgüssen von Statuen (siehe Abb. 26, rechts außen) - in diesem Fall in rot und gelb eingefärbt - und Masken, die über die Station verteilt aufgestellt wurden bzw. an den Wänden der Plattformen hängen, ist auch ein in Stein gegossener Teil des Stamms einer Ulme, Bestandteil des künstlerischen Gestaltungskonzepts (siehe Abb. 26, Mitte

214 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 49. 215 AB Storstockholms Lokaltrafik 24.10.2011b, o. S. 216 Söderström 1988g, 226. 217 Söderström 1988g, 231. 218 AB Storstockholms Lokaltrafik 24.10.2011b, o. S. 58 III Stockholm rechts). Er wurde in einem der Durchgänge aufgestellt und soll an den Ulmen-Krieg erin- nern.219

Abbildung 26: Ulrik Samuelson, Vier Ansichten der künstlerischen Gestaltung der Station Kungsträdgården, 1977 Quelle: Schwandl, Robert, U-Bahnen in Skandinavien. Stockholm, Oslo, Helsinki, København, Berlin 2004, 110; AB Storstockholms Lokaltrafik (Hg.), Art in the Stockholm Metro, Stockholm 2008, Download: , 14.1.2013, 19; AB Storstock- holms Lokaltrafik (Hg.) (24.10.2011b), Konsten på Kungsträdgårdens tunnelbanestation, , in: Storstockholms Lokaltrafik, , 24.6.2013;Stcokholm Transport Archives, Kungsträdgården, in: Söderström, Göran (Hg.), Art goes underground. Art in the Stockholm metro, Stockholm 1988, 142.

Darüber hinaus umfasst das künstlerische Programm auch einen versteinerten Wasserfall, die Wand- und Deckengestaltung auf den Plattformen und Aufgängen sowie die Gestaltung der Wand- und Bodenfliesen. Auf den Stationsplattformen wurde die Decke aus Sicher- heitsgründen zur Verstärkung mit einer Schicht Sprühbeton überzogen, der vom Künstler in dunkelgrün ausgemalt wurde. Mit dünnen Linien wurde darauf markiert, wo die Straßen an der Oberfläche verlaufen und an welchen Stellen im Park der vom schwedischen Bild- hauer Johan Peter Molin (geb. 1814, Göteborg; gest. 1873, Stockholm) geschaffene Brun- nen liegt sowie die während des Baus der Station geretteten Ulmen stehen. Der überwie- gende Teil der Wand- und Deckenflächen wurde jedoch in ihrem ursprünglichen Zustand belassen, sodass der Fels sichtbar ist. Der Übergang zwischen diesen beiden Flächen wird durch ein rot-weiß gestreiftes Tau markiert. Der Großteil der verfliesten Wand- und Boden- flächen besteht aus einem Muster aus rasterförmig verlaufenden roten und weißen Linien,

219 Söderström 1988g, 224. 59 III Stockholm die durch sie gebildeten Quadrate wurden mit grünen Fliesen ausgelegt. (siehe Abb. 26, rechts außen). In manchen der Gänge wurden die Böden mit weißen und schwarzen Flie- sen im Schachbrettmuster ausgelegt.220

Die 1980er Jahre

Bei allen in den 1980er Jahren eröffneten Stationen handelt es sich um mit aufgesprühter Betonschicht errichtete sogenannte Höhlenstationen, wie sie in den 1970er Jahren erst- mals gebaut wurden.221 Um ein ganzheitliches Erscheinungsbild der Stationen zu erhalten, wurden auch bei den in den 1980er Jahren erbauten Stationen - unter anderem Huvudsta, Vreten, Duvbo und Rissne - Künstler und Künstlerinnen frühzeitig in den Gestaltungspro- zess eingebunden. Sie arbeiteten dabei eng mit Architekten und Architektinnen sowie In- genieuren zusammen.222 Der Entwurf des japanischen Bildhauers Takashi Naraha (geb. 1930, Mito, Japan) wurde beim einem weiteren Wettbewerb im Jahr 1978 zur Umsetzung in der Station Vreten aus- gewählt. Der Künstler, der auf Grund des dort vorhandenen schwarzen Steins Diabas nach Schweden übersiedelte, arbeitet häufig mit Kontrasten. Er schuf das mit Himmel auf Kuben betitelte Werk, das aus mehreren Kuben, die aus Wänden, Böden und Decken der Station herausragen, besteht (siehe Abb. 27, rechts). Auf die Kuben ist ein hellblauer Himmel mit weißen Wolken aufgedruckt. Sie bilden dadurch einen Kontrast zu der unterirdischen höh- lenartigen Station.223 An den Eingang der Station positionierte er einen schwarzen Diabase- Kubus. Die Station sowie das Kunstwerk wurden im Jahr 1985 eingeweiht.224

220 Söderström 1988g, 224 ff. 221 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 22. 222 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 24. 223 Söderström 1988g, 262. 224 AB Storstockholms Lokaltrafik 24.10.2011c, o. S. 60 III Stockholm

Abbildung 27: Sture V. Nilsson, Wandgestaltung in der Station Rådmansgatan, 1983; Takashi Naraha, Werk Himmel auf Kuben für die Station Vreten, 1985 (von links nach rechts) Quelle: AB Storstockholms Lokaltrafik (Hg.) (24.10.2011d), Konsten på Rådmansgatans tunnelbanestation, , in: Storstockholms Lokaltrafik, , 17.6.2013.; AB Storstockholms Lokaltrafik (Hg.) (24.10.2011d), Konsten på Vretens tunnelbanestation, , in: Storstockholms Lokaltrafik, , 17.6.2013.

In den 1980er Jahren wurden außerdem in einigen der Stationen aus den 1950er Jahren, wie beispielsweise Rådmansgatan, Bandhagen und Blackeberg, nachträglich neue Kunst- werke installiert.225 So wurde zu Beginn der 1980er Jahre der schwedische Künstler Sture Valentin Nilsson (geb. 1924, Linköping, Schweden) beauftragt, ein Kunstwerk für die 1952 eröffnete Station Rådmansgatan zu schaffen, welches 1983 eingeweiht wurde. Er schuf die Wandgestaltung (siehe Abb. 27, rechts) in der Passage Richtung Tegnérgatan. Ganz in der Nähe dieser Straße befindet sich das Haus, in dem der schwedische Schriftsteller und Künstler Johan August Strindberg (geb. 1849, Stockholm; gest. 1912, Stockholm) zuletzt gewohnt hat. Es ist auch als Blå tornet (dt. blauer Turm) bekannt und beherbergt heute das Strindberg-Museum.226 Auf Emailplatten sind nebeneinander verschiedene Szenen aus Strindbergs Leben abgebildet. Das dominierende Kunstwerk zeigt ein Portrait Strindbergs mit ernstem Gesichtsausdruck vor dem Hintergrund roter Flammen, ein Verweis auf die sogenannte „Inferno-Krise“ des Schriftstellers, die in der Veröffentlichung des Buches In- ferno - Legenden im Jahr 1897 resultierte.227

225 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 24. 226 Söderström 1988g, 186. 227 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 22. 61 III Stockholm

Die 1990er Jahre

In den 1990er Jahren wurden nur zwei neue Stationen eröffnet: Bagarmossen und Skarp- näck. Bei beiden U-Bahnhöfen handelt es sich um in Höhlenbauweise errichtete Stationen mit offenen Pattformen ohne trennenden Felswänden oder Säulen in der Mitte. Beleuch- tung und Hinweisschilder wurden an Deckenschienen angebracht um auf diese Weise die Wirkung des Lichts und der Offenheit zu verstärken. Von Beginn an wurden künstlerische Gestaltung und Architektur der Stationen gemeinsam geplant und umgesetzt.228 Der Schwerpunkt von AB Storstockholms Lokaltrafik lag in den 1990er Jahren eher auf der Verbesserung älterer Stationen (komfortablere Eingänge, Einbau von Liften, Erneuerung der Wandfliesen) - insbesondere bei den Stationen der grünen und roten Linie - als auf dem Bau neuer Stationen. Im Rahmen dieser Maßnahmen erhielten auch viele der Statio- nen Kunstwerke. Hierzu zählen unter anderem die Stationen Alvik, Ängbyplan, Gamla stan, Gubbängen, Hötorget, Svedmyra, Vårby gård und Vårberg. Es wurde hierbei vor allem das Ziel verfolgt, den ansonsten sehr ähnlich aussehenden Stationen jeweils eine eigene Identi- tät zu verleihen und voneinander zu differenzieren. Bei den Kunstwerken handelte es sich häufig um die Gestaltung der Wandverfliesung in den Schalterhallen oder um Skulptu- ren.229

Bagarmossen und Skarpnäck

Für die künstlerische Gestaltung der Station Bagarmossen wurde der Künstler Gert Marcus (geb. 1914, Hamburg; gest. 2008, Stockholm) beauftragt. Die stilistisch reduziert gestaltete Station verfügt über klare Linien, Bodenflächen aus grauem Marmor und zwei langen Rei- hen mit von insgesamt 228 von hinten beleuchteten, mit klaren, transparenten Farben im Siebdruckverfahren bedruckten Glastafeln (siehe Abb. 28, links). Die sich verändernden Farben sollen die Bewegung der Züge darstellen.230 Die Station sowie die künstlerische Gestaltung wurden 1994 eingeweiht.231

228 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 26. 229 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 26. 230 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 29. 231 AB Storstockholms Lokaltrafik 24.10.2011e, o. S. 62 III Stockholm

Abbildung 28: Gert Marcus, Gestaltung der Station Bagarmossen, 1994; Richard Nonas, Skulpturenreihe auf der Plattform der Station Skarpnäck, 1994 (von links nach rechts) Quelle: Marcus, Gert (o. J.), Verk i större omgivning, , in: Gert Marcus, , 16.6.2013; AB Storstockholms Lokaltrafik (Hg.), Art in the Stockholm Metro, Stockholm 2008, Download: , 14.1.2013, 29.

Für die Station Skarpnäck schuf der US-amerikanische Bildhauer Richard Nonas (geb. 1936, New York City) siebzehn geformte Felsblöcke, die sich auf der Fußgängerbrücke befinden, sowie siebzehn bankähnliche Skulpturen, die hintereinander auf der Stationsplattform auf- gestellt sind, geschaffen.232 Der studierte Anthropologe lebte und arbeitete zehn Jahre lang mit amerikanischen Ureinwohnern und -einwohnerinnen in den USA, Kanada und Mexiko. Die Erfahrungen aus dieser Tätigkeit spiegeln sich in seinem kreativen Schaffensprozess wider. Er positioniert seine minimalistischen bildhauerischen Arbeiten aus reduzierten ge- ometrischen Formen in Holz, Stein oder Metall, im Raum und stellt Untersuchungen über denselben an.233 Der Großteil der Oberflächen dieser Station (u. a. Felsdecken und -wände, Bodenfliesen, (Roll-)Treppen und Geländer) ist, inspiriert von der Backsteinarchitektur die- ses U-Bahnhofs, rot gefärbt.234

Alvik

Für die gesamte künstlerische Gestaltung der bereits 1952 eröffneten Station Alvik wurde in den 1990er Jahren der japanisch-schwedische Bildhauer Henjasaj Nobuya Koda (geb. 1947, Ehime, Japan) beauftragt. Er betitelte das künstlerische Thema der Station Meeting of waves und schuf insgesamt fünf Kunstwerke, die alle im Jahr 1999 eingeweiht wurden. Die Intention des Künstlers war es die Passagiere mit seiner künstlerischen Gestaltung an die Umgebung außerhalb der Station zu erinnern.235

232 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 29. 233 Atelier Caler 2009, o. S. 234 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 29. 235 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 29. 63 III Stockholm

Abbildung 29: Henjasaj N. Koda, Drei Werke in der Station Alvik: Fount of daybreak, Snake and iris / Whisper of reeds und Drips from a far away place (von links nach rechts), 1999 Quelle: AB Storstockholms Lokaltrafik (Hg.), Art in the Stockholm Metro, Stockholm 2008, Download: , 14.1.2013, 29; Koda, Henjasaj N. (2007), Alvik underground railwaystation, , in: Henjasaj. N Koda, , 16.6.2013.

Bei Snake and iris (siehe Abb. 29, links) handelt es sich um eine aus fünf Diabase- Felsblöcken bestehende Steinskulptur in der Eingangshalle der Station, deren Gesamtge- wicht 28 Tonnen beträgt. Die Kontaktflächen der Felsblöcke wurden glänzend poliert, wäh- rend die übrigen Teile unbehandelt gelassen wurden. Die mit Whisper of reeds betitelte Gestaltung der Wände an zwei der Aufgänge (ein kleiner Ausschnitt davon ist auch am lin- ken Rand der Abbildung des Werks Snake and iris zu sehen; siehe Abb. 29, links) besteht aus in abstrahierter Form dargestellten Schilfbüscheln in den Farben Weiß, Hellocker und Hellumber.236 Das mit Fount of daybreak betitelte Werk (siehe Abb. 29, Mitte) ist eine großflächige schwarz-weiß Darstellung einer zwischen Iris schwimmenden Schlange. Es befindet sich an der Wand einer der Aufgänge.237 Das Werk Drips from a far away place (siehe Abb. 29, rechts) ist ein Schutzgeländer, das aus zwei sechzehn Meter langen mit einem Schnittmus- ter durchbrochenen Cortenstahl-Platten besteht, die mit zehn Zentimeter Abstand parallel zueinander positioniert sind.238 Der mittlere Teil besteht aus bogenförmigen, an den Enden spitz zulaufenden Einschnitten, die größtenteils kreisförmig angeordnet sind. Die beiden Seitenflächen sind mit leicht auseinanderlaufenden horizontalen Bogenreihen gestaltet.

236 Koda 2007, o. S. 237 Koda 2007, o. S. 238 Koda 2007, o. S. 64 III Stockholm

Darüber hinaus wurde von Henjasaj N. Koda außerdem ein sich über die gesamte Station erstreckendes blau-weißes Bodenmosaik mit dem Titel Ice Scales geschaffen.239

Der Beginn des 21. Jahrhunderts

Obwohl in den letzten Jahren das Netz der Stockholmer U-Bahn nicht durch zusätzliche Stationen erweitert wurde, wurden auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts neue Kunstwerke in den U-Bahnhöfen installiert. Dabei wurden einerseits bereits bestehende durch neue Kunstwerke ersetzt und andererseits auch Orte, die bisher noch über keine Kunstwerke verfügten, künstlerisch bespielt. Dies geschah meistens im Zuge von Renovierungsarbei- ten.240 Die in den 1990er Jahren ergriffenen Maßnahmen zur Installation von Kunstwerken in den U-Bahn-Stationen im Rahmen der Umrüstung älterer Stationen wurden zu Beginn des 21. Jahrhunderts fortgesetzt. Davon betroffene Stationen sind unter anderem die U-Bahnhöfe Råcksta, Högdalen und . Im Fall der Station Sundbybergs centrum war es not- wendig einige der Kunstwerke zu ersetzen und zu ergänzen, bei der Station Danderyds sjukhus sind diese Maßnahmen bereits vollständig umgesetzt. In den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts wurden außerdem an den Routen T 14 der roten Linie sowie T 18 der grünen Linie umfangreiche Renovierungsarbeiten durchgeführt, wodurch ältere Stationen wie Fruängen oder Blåsut Kunstwerke erhalten haben. Wichtiger Teil der Maßnahmen zur künstlerischen Bespielung der Bahnhöfe der Stockholmer U-Bahn in den 2000er Jahren sind insbesondere auch die temporären Kunstausstellungen (siehe hierzu ausführlicher das Kapitel „Temporäre Kunstwerke“, 68 ff.).241

Högdalen und Liljeholmen

Für die Bahnsteige des oberirdischen U-Bahnhofs Högdalen, der im Jahr 1954 erstmals in Betrieb genommen wurde, hat die schwedische Künstlerin Brigitta Muhr (geb. 1961, Sundsvall, Schweden) insgesamt drei rote Tulpen aus Bronze mit jeweils 2,5 Meter Höhe geschaffen (siehe Abb. 30, links). Sie wurden im Jahr 2002 auf der Stationsplattform instal- liert.242 Die drei Tulpenskulpturen verfügen über grüne Stängel und Blätter sowie rot und

239 Koda 2007, o. S. 240 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 30. 241 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 32. 242 Muhr o. J., o. S. 65 III Stockholm schwarz lackierte Blütenblätter und Stempel.243 Die Stängel sind leicht geneigt und ihre Blütenblätter sind zum Teil schon geöffnet. Der Titel des Werkes, Uppväxter (dt.: auf-/heranwachsen), unterstreicht das Stadium des Aufblühens, in dem sich die Tulpen befinden.

Abbildung 30: Brigitta Muhr, Werk Uppväxter auf der Plattform von Högdalen, 2002; Leif Bolter, 2 Ansichten der Stationsgestaltung von Liljeholmen, 2004 (von links nach rechts) Quelle: Muhr, Birgitta (o. J.), Uppväxter, , in: Brigitta Muhr, , 14.6.2013; AB Storstockholms Lokaltrafik (Hg.), Art in the Stockholm Metro, Stockholm 2008, Download: , 14.1.2013, 34 und 35.

Um die Durchlässigkeit und die Durchflutung des Lichts durch die Stationsarchitektur zu erhalten, arbeiteten bei der Neugestaltung der 1964 erstmals in Betrieb genommenen Sta- tion Liljeholmen der schwedische Künstler Leif Bolter (geb. 1941, Stockholm) und die Archi- tekten eng zusammen.244 In beide Seiten des Spitzdachs wurde je eine Oberlichte einge- fügt, damit mehr Tageslicht nach unten auf die Plattform dringen kann. Durch die in den Glasscheiben eingefügten Glasprismen wird das einfallende Sonnenlicht gebrochen (siehe Abb. 30, Mitte). Leif Bolters hat in dieser Station außerdem eine Reihe von Säulen gestaltet (siehe Abb. 30, rechts). Am oberen Ende der Säulen ist ein Teil eingefügt, der aus nach oben hin auseinanderlaufenden Streben besteht. Optisch zusammengehalten werden die- se durch einen schmalen Säulenteil mit etwas größerem Durchmesser als die restliche Säu- le, der das Verbindungsglied zu den Stahlträgern der Decke darstellt, unter denen die Säu-

243 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 30. 244 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 35 und AB Storstockholms Lokaltrafik 24.10.2011f, o. S. 66 III Stockholm len positioniert sind. Der durch die Streben umschlossene offene Innenraum wird von oben mit Licht durchleuchtet, dessen Farbe innerhalb eines Tages zwischen Grün, Blau, Violett, Gelb und Rot wechselt.245 Die Kunstwerke wurden im Jahr 2004 eingeweiht.246

Danderyds sjukhus

In der 1978 erstmals in Betrieb genommenen Station Danderyds sjukhus befanden sich an den Wänden hinter den U-Bahn-Schienen bis zu den Umrüstungsarbeiten Werke vier ver- schiedener Künstler bzw. Künstlerinnen. Als Beispiel wurde jenes von Susann Brännström (geb. 1956, Stockholm) ausgewählt (siehe Abb. 31, links), welches im Jahr 1990 eingeweiht wurde.247 Auf der an der Wand angebrachten, für die Kunstwerke vorgesehenen langgezo- genen, rechteckigen, hellgrauen Fläche positionierte die Künstlerin Platten verschiedener geometrischer Formen. Diese sind wiederum größtenteils in sich in geometrischen Formen, in den Farben Weiß, Hell- und Dunkelblau, Gelb und Rot gegliedert. Einige der Formen sind auch außerhalb der rechteckigen Fläche angeordnet, wodurch die Form des Rechtecks auf- gebrochen und geöffnet wird. Im Jahr 2007 mussten die Kunstwerke aufgrund von Sachbe- schädigung entfernt werden.248

..

Abbildung 31: Susann Brännström, Wandgestaltung für Danderyds sjukhus, 1990; Klara Källström, Wandgestaltung für Danderyds sjukhus, 2008; (von links nach rechts) Quelle: AB Storstockholms Lokaltrafik (Hg.) (24.10.2011g), Konsten på Danderyds sjukhus tunnelba-nestation, , in: Storstockholms Lokaltrafik, , 14.6.2013.

An Stelle der entfernten Kunstwerke wurde im Jahr 2008 an beiden gegenüberliegenden Wänden hinter den U-Bahn-Schienen die Arbeit der jungen schwedischen Fotokünstlerin

245 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 35. 246 AB Storstockholms Lokaltrafik 24.10.2011f, o. S. 247 AB Storstockholms Lokaltrafik 24.10.2011g, o. S. 248 AB Storstockholms Lokaltrafik 24.10.2011g, o. S. 67 III Stockholm

Klara Källström (geb. 1984, Östersund, Schweden) installiert (siehe Abb. 31, rechts). Es handelt sich um Fotoabzüge auf Emailplatten, die aneinandergefügt, auf derselben längli- chen Rechteckfläche wie die ursprünglichen Werke, angeordnet sind. In ihrem Werk kom- biniert die Künstlerin wartende Passagiere einerseits und Baumstämme von außerhalb der Station andererseits. Vor weißem Hintergrund sind auf unterschiedlichen Höhen astlose Baumstämme, angeordnet, die jeweils lange, nach schräg rechts oben fallende, schwarze Schatten, werfen. Dazwischen stehen wartende Personen, die durchgehend in Grüntönen eingefärbt sind und ebenso Schatten werfen, die nicht menschlichen Schatten gleichen, sondern die ident mit jenen der Bäume sind. Das Werk wird von den parallel angeordneten Baumstämmen sowie Schatten der Bäume und Personen dominiert, wodurch die vertikale Achse sowie die steigende Diagonale des Werkes betont werden. Die wartenden Personen sind jeweils in unterschiedlichen Posen gezeigt.249

4 Temporäre Kunstwerke

Im Rahmen ihres Kunstengagements legt die AB Storstockholms Lokaltrafik den Schwer- punkt insbesondere auch auf zeitgenössische Kunst. In vielen Fällen würden diese Kunst- werke aufgrund der der verwendeten Materialien und Techniken langfristig den Umge- bungsbedingungen der Metro-Stationen nicht standhalten. Außerdem ist das Unterneh- men bestrebt weiterhin Künstlern und Künstlerinnen die Möglichkeit zu geben, ihre Kunst im öffentlichen Raum der Metro zu präsentieren, obwohl derzeit keine neuen U-Bahn- Stationen gebaut werden. Daher werden in sechs Stationen temporäre Ausstellungen ge- zeigt, die ein bis vier Mal pro Jahr wechseln.250 Bei diesen temporär präsentierten Arbeiten handelt es sich in zu einem Großteil um bereits bestehende Kunstwerke, die nicht speziell für die Stockholmer U-Bahn geschaffen wurden.251 Die in den temporären Ausstellungen präsentierten Werke korrespondieren mitunter inhaltlich miteinander und behandeln ein gemeinsames Thema. Um die Künstler und Künstlerinnen nicht einzuschränken, werden von der SL Art Group jedoch keine Themen vorgegeben. Es wird lediglich versucht inner- halb der Art der ausgestellten Kunstwerke zu variieren, beispielsweise nicht hintereinander

249 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 6. 250 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 38. 251 Berglund 6.8.2013, o. S. 68 III Stockholm zwei Ausstellungen mit Dokumentarfotografie zu zeigen.252 Im Folgenden werden in vier der Stationen temporär präsentierte Werke näher besprochen.

Slussen und Odenplan

In der Station Slussen werden seit dem Jahr 1990 temporär Schwarz-Weiß-Kunstwerke zwischen Reklametafeln auf den Wänden hinter den U-Bahn-Schienen präsentiert. Ein Künstler dessen Werk in diesem Rahmen bereits im ersten Jahr in der Stockholmer U-Bahn zu sehen war ist Örjan Wallert (geb. 1949, Hägersten, Schweden).253 Die in wenigen breiten schwarzen Strichen ausgeführten Zeichnungen zeigen überlebensgroße Figuren in kauern- der Haltung (siehe Abb. 32, links). Teilweise verdecken sie mit einer ihrer Hände ihr Gesicht oder haben ihren Kopf ganz von den Passagieren abgewandt.

Abbildung 32: Örjan Wallert, Temporäre Wandgestaltung in der Station Slussen, 1990; Sandra Backlund, Temporäre Ausstellung ihrer Arbeiten in der Station Odenplan, 2005 (von links nach rechts) Quelle: AB Storstockholms Lokaltrafik (Hg.), Art in the Stockholm Metro, Stockholm 2008, Download: , 14.1. 2013, 42 und 41.

Seit dem Jahr 1996 sind in der Station Odenplan in einem großen, zentral in der Station positionierten Schaukasten Werke von Studenten und Studentinnen verschiedener schwe- discher Kunst- und Design-Universitäten zu sehen mit dem Ziel den Passagieren die Arbei- ten der jungen Generation an Künstlern und Künstlerinnen zu präsentieren.254 Im Jahr 2005 war einige Monate lang eine Auswahl der Kreationen der schwedischen Designerin Sandra Backlund (geb. 1975, Umeå, Schweden) zu sehen (siehe Abb. 32, rechts). Die mitt-

252 Berglund 11.6.2013, o. S. 253 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 42 und 51. 254 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 38. 69 III Stockholm lerweile international erfolgreiche Designerin ist insbesondere für ihre skulptural anmu- tenden Strickmodelle bekannt, wie sie auch in der Station Odenplan zu sehen waren.255

Skanstull und Zinkenstamm

In der Station Skanstull wird seit dem Jahr 2004 auf vier Monitoren in der südlichen Schal- terhalle abwechselnd Videokunst verschiedener Künstler und Künstlerinnen gezeigt.256 Die folgende Abbildung zeigt das Werk Jesper Justs (geb. 1974, Kopenhagen) mit dem Titel No man is an island welches 2008 in dieser Station gleichzeitig auf allen vier Bildschirmen ge- zeigt wurde (siehe Abb. 33, links). Das bereits 2002 entstandene Video zeigt einen jungen Mann, gespielt von jenem Schauspieler, den Just in einigen seiner Videos als Protagonisten einsetzt, der auf der Stufe einer einen Platz einrahmenden Mauer sitzt. Er ist zu Tränen gerührt, da ein Mann mittleren Alters für ihn improvisiert über den anfangs leeren Platz tanzt. Dazu ist Jazzmusik zu hören. Der konkrete Auslöser dieser Situation sowie das Ende bleiben ungelöst. Carolina Corbetta (2004) bezeichnet Justs Videos als Episoden tragikomi- scher Inszenierungen, in denen die männlichen Protagonisten mit den unterschiedlichen Möglichkeiten ihrer eigenen Identität und geschlechterbezogenen Rolle experimentie- ren.257 Wie auch in diesem Video bleiben die Beziehungen der Darsteller zueinander in Filmen Justs meist ungelöst.258 Eliza Williams (2008) ist der Meinung, dass die Videos von Jesper Just, die alles andere als lebensnah sind, eine bewusste Ambiguität enthalten, die eine emotionale Resonanz ermöglichen, und spricht von einer über reines Erzählen hinaus- gehenden Bedeutung.259

255 Young 31.1.2008, o. S. 256 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 50. 257 Corbetta 2004, o. S. 258 Barry 2006, o. S. 259 Williams, 2008, o. S. 70 III Stockholm

Abbildung 33: Jesper Just, No man is an island in der Station Skanstull, 2008; Thomas Hen- riksson, Spring Birches in der Station Zinkenstamm, 2008 (von links nach rechts) Quelle: AB Storstockholms Lokaltrafik (Hg.), Art in the Stockholm Metro, Stockholm 2008, Download: , 14.1. 2013, 38 und 39.

In der Station Zinkenstamm werden seit dem Jahr 1998 auf den Wänden hinter den U-Bahnschienen zwischen Reklametafeln Farbdrucke künstlerischer Arbeiten ausgestellt.260 2008 wurde der Farbdruck eines Ölbildes des schwedischen Künstlers Thomas Henriksson (geb. 1964, Stockholm) (siehe Abb. 33, rechts) präsentiert.261 Das mit Spring Birches beti- telte, 2007 entstandene Werk gehört zu der Serie Weather Paintings und zeigt eine Reihe, parallel angeordneter, dünner, weiß-grauer Birkenstämme vor grün-blauem Hintergrund. Der Künstler schafft vorwiegend großformatige Bilder und nimmt in dieser Serie eine äs- thetische Bearbeitung des Wetters vor.262 Eine Reihe von Bildern zeigt beispielsweise Wol- ken in unterschiedlicher Farbe, Form und Größe und lässt aus tiefschwarzen Wolken in rechteckiger Form bunte Farbe regnen oder präsentiert sie vor grünem Himmel.263 Das querformatige Werk, das in der Stockholmer Metro zu sehen war, wird durch die unregel- mäßig nebeneinander angeordneten, annähernd geradlinigen Birkenstämme von Vertikali- tät dominiert. Von den Bäumen sind ausschließlich die Stämme sichtbar - Äste, Krone oder Wurzeln bleiben verborgen.

5 Werbung

Die Anbringung von Werbung ist in den Stationen der Stockholmer U-Bahn grundsätzlich erlaubt. Es wurde jedoch bereits in den 1950er Jahren ein politischer Entschluss gefasst, dass einige der Stationen komplett frei von Werbung auf den Wänden hinter den Gleiskör-

260 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 48 und 53. 261 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 38. 262 Rump 16.5.2008, o. S. 263 Rump 16.5.2008, o. S. 71 III Stockholm pern sein sollten. Beispiele für Stationen, in denen sich ausschließlich Kunstwerke und kei- ne Werbung befinden sind die obere Plattform von T-Centralen der roten und grünen Linie (eröffnet 1957), Östermalmstorg (eröffnet 1965), Hornstull (eröffnet 1964) und Kungs- trädgården (eröffnet 1977) (zu diesen Stationen siehe auch ausführlicher die Abschnitte über diese in den Kapiteln „T-Centralen der roten und grünen Linie“, 49 ff., „Die 1960er“, 52 ff., und „Kungsträdgården“, 57 ff.).264

6 Finanzierung, Instandhaltung und Graffiti

Die künstlerische Bespielung der Stockholmer U-Bahn-Stationen wird gänzlich über Steuer- gelder finanziert. Die Höhe der zugeteilten Finanzmittel, die für die künstlerische Stations- gestaltung zur Verfügung stehen, ist nicht durch einen vorab definierten Prozentsatz der Bausumme bestimmt.265 Dies wurde von vielen Gebietskörperschaften Schwedens - darun- ter auch der Stockholms läns landsting, dem Stockholmer Provinziallandtag - für unter- schiedliche Bereiche, wie den Wohnbau oder dem Bau von Schulen und Krankenhäusern, eingeführt.266 Im Fall der Finanzierung der künstlerischen U-Bahn-Gestaltung kommt keine derartige Regelung zur Anwendung, sondern die verfügbaren finanziellen Mittel sind voll- ständig von den jeweils Verantwortlichen abhängig. Im Durchschnitt handelt es sich um einen Prozentsatz von etwas über 2 % der gesamten Baukosten, die bei einer Station für Kunstwerke ausgegeben werden, was in etwa demselben standardmäßigen Anteil ent- spricht, der vom Stockholms läns landsting für die künstlerische Gestaltung von beispiels- weise Krankenhäusern zugewiesen wird.267 In Bezug auf die notwendigen Instandhaltungsmaßnahmen hat sich gezeigt, dass die Flie- sen, mit denen die Stationen der 1950er und 1960er Jahre ausgekleidet wurden, eine hö- here Beständigkeit aufweisen im Vergleich zu den Höhlenstationen, wo unter anderem durch das Eindringen von Feuchtigkeit oder Kalkablagerungen größere Beschädigungen verursacht wurden als in anderen Station ähnlichen Alters. Bei den verwendeten Fliesen besteht jedoch das Problem, dass die für Austauscharbeiten notwendigen Materialien häu-

264 Andersson 13.2.2013, o. S. 265 Söderström 1988d, 157. 266 Stensman 1988b, 163. 267 Söderström 1988d, 157 f. 72 III Stockholm fig nicht mehr produziert werden oder eine Neuanfertigung mit sehr hohen Kosten ver- bunden wäre.268 In Zusammenhang mit der Durchführung von Instandhaltungsmaßnahmen in den Statio- nen stellt sich auch die Frage der Aktualität der Kunstwerke. Viele der Werke sind in Bezug auf ihren Inhalt zeitlos oder verlieren auch nach mehreren Jahrzehnten nicht an Aktualität. Bei anderen Stationen besitzen die behandelten Themen heute möglicherweise nur mehr geringe oder gar keine Relevanz oder auf Bezug genommene Personen oder Ereignisse sind den Passagieren kein Begriff mehr, wie dies bei Siri Derkerts Werk Carvings in Natural Con- crete in der Station Östermalmstorg der Fall sein könnte (siehe hier ausführlicher den Ab- schnitt hierrüber im Kapitel „Die 1960er Jahre“, 52 ff.).269 Es stellt sich jedoch die Frage, ob Werke dieser Art, mit Verweis auf historisch bedeutsame Ereignisse oder Persönlichkeiten, nicht aufgrund ihrer Möglichkeit der allgemeinen Erinnerungsfunktion, die sie erfüllen können, von Bedeutung sind. Zugleich kann hierbei auch wieder der mögliche Verlust der Wahrnehmung der Kunstwerke durch ihre Permanenz als fortwährende Herausforderung, der sich permanente Kunstwerke im öffentlichen Raum gegenübersehen, angeführt wer- den. Da die AB Storstockholms Lokaltrafik bestrebt ist, die U-Bahn möglichst sauber zu halten, wird versucht die häufig auftretenden Beschädigungen von Kunstwerken und anderen Sta- tionsflächen durch Vandalismus in Form von verunstaltenden Graffiti schnellstmöglich zu entfernen, um dadurch auch einer größeren Verbreitung derselben entgegen zu wirken.270

7 Kommunikation und Vermittlung

Die Vermittlung der Kunst in der Stockholmer Metro erfolgt im Rahmen eines umfassen- den Programms. In den Stationen ist jeweils neben jedem Kunstwerk eine Tafel angebracht, auf der in schwedischer Sprache eine kurze Werkbeschreibung, der Namen der Künstlerin bzw. des Künstlers sowie das Entstehungsjahres zu finden ist.271 Ein Beispiel einer solchen Tafel ist auch auf der Abbildung von Thomas Henrikssons Werk Spring Birches zu sehen (siehe Abb. 33, rechts, linker Bildrand). Außerdem liegen im Büro der AB Storstockholms Lokaltrafik

268 Söderström 1988d, 158. 269 Söderström 1988d, 157. 270 Söderström 1988d, 161. 271 Andersson 13.2.2013, o. S. 73 III Stockholm verschiedene kostenlose Broschüren mit Informationen zur Geschichte der Kunst und den Kunstwerken in der Stockholmer Metro in schwedischer und englischer Sprache auf.272 Informationen über die Kunst in der Stockholmer Metro sind in schwedischer und engli- scher Sprache auch über die Webseite der AB Storstockholms Lokaltrafik abrufbar. Die schwedische Webseite bietet umfassende Informationen über die realisierten Kunstprojek- te. Es erfolgt die Präsentation eines Kurzfilms über die Kunst in den Stationen der Stock- holmer Metro.273 Außerdem sind Informationen zu den geführten Rundgängen und einem Parcours, der es interessierten Personen ermöglichen soll die Kunstwerke der Stockholmer U-Bahn selbstständig zu entdecken, abrufbar.274 Weiters wird auch ein historischer Über- blick über die verschiedenen, vom Bau der ersten U-Bahn-Station bis in die Gegenwart rea- lisierten Kunstprojekte gegeben.275 Abschließend ist eine Auflistung aller Stationen, an de- nen sich Kunstwerke befinden bzw. Kunstprojekte durchgeführt werden bzw. wurden ab- rufbar. Es sind jeweils Informationen zu den Künstlern und Künstlerinnen, Werkbeschrei- bungen sowie Fotografien der Werke zu finden.276 Die Informationen auf der englischsprachigen Webseite sind weniger detailliert. Unter dem Menüpunkt Art guide wird ein Überblick über Kunstprojekte in den öffentlichen Verkehrs- systemen der Provinz Stockholm, insbesondere in der U-Bahn, gegeben und es gibt die Möglichkeit, die unter anderem im Büro der AB Storstockholms Lokaltrafik aufliegenden Informationsbroschüren herunterzuladen.277 In einem Unterpunkt wird über Kunst und Architektur der U-Bahnstationen berichtet und ein weiterer Kurzfilm über die Kunst in der Stockholmer U-Bahn präsentiert. In einem weiteren Unterpunkt sind Informationen über die kostenlos angebotenen Führungen zur Kunst in der Stockholmer U-Bahn abrufbar.278 Bemühungen, aufgrund des großen Interesses aus dem Ausland, die englische Webseiten- informationen über die Kunst in der Stockholmer Metro zu erweitern, blieben bisher er- folglos.279

272 Andersson 13.2.2013, o. S. 273 AB Storstockholms Lokaltrafik 18.3.2010b, o. S. 274 AB Storstockholms Lokaltrafik 28.5.2013b, o. S. und AB Storstockholms Lokaltrafik 24.8.2010, o. S. 275 AB Storstockholms Lokaltrafik 18.3.2010c, o. S. 276 AB Storstockholms Lokaltrafik 24.10.2011h, o. S. 277 AB Storstockholms Lokaltrafik 28.5.2013a, o. S. 278 AB Storstockholms Lokaltrafik 15.4.2010, o. S. 279 Andersson 13.2.2013, o. S. 74 III Stockholm

Die geführten Rundgänge werden in schwedischer Sprache das ganze Jahr über einmal wöchentlich angeboten, von Juni bis August gibt es zusätzlich auch drei Mal pro Woche Führungen in englischer Sprache.280 Außerdem wurden zwei Bücher über die Kunst in der Stockholmer Metro publiziert: In „Stockholm Under“281 wurde anlässlich des fünfzigjährigen Bestehens der U-Bahn ein Re- sümee über die Entwicklung der künstlerischen Gestaltung der Stationen der Stockholmer Metro gezogen. Die zweite Publikation beinhaltet einen umfassenden Überblick über die Kunst in den Stationen, umfangreiches Bildmaterial und auch Hintergrundinformationen über den Entwicklungsprozess der künstlerischen U-Bahn-Gestaltung. Beide Bücher sind unter anderem im Büro der Verkehrsgesellschaft zu kaufen und letzteres wurde aufgrund des großen Interesses an der künstlerischen Gestaltung der Stockholmer Metro auf inter- nationaler Ebene auch in englischer Übersetzung mit dem Titel „Art goes underground. Art in the Stockholm Metro“282 veröffentlicht.283

8 Zusammenfassung

Die Stationen der Stockholmer Metro, der sogenannten Tunnelbana, verfügen über eine sehr vielfältige und umfangreiche künstlerischen Gestaltung. Bis zum heutigen Zeitpunkt wurden in 94 der insgesamt 100 U-Bahn-Stationen Stockholms künstlerische Arbeiten rea- lisiert.284 Die ersten Stationen der heute drei Hauptlinien umfassenden U-Bahn wurden im Jahr 1950 eröffnet. Bereits wenige Jahre später erfolgte die erstmalige Umsetzung von Kunstwerken in einer der Stationen. Die Initiative zur künstlerischen Gestaltung der U-Bahn-Stationen ging insbesondere von verschiedenen Künstlern und Künstlerinnen, vor allem einer Gruppe von Vertretern des Konkretismus sowie den beiden Künstlerinnen Siri Derkert und Vera Nilsson aus, die Möglichkeiten der Realisierung bereits in den 1940er Jahren diskutierten. Auch von anderen Seiten, wie Angehörigen unterschiedlicher politischer Parteien wurde dieses Anliegen unterstützt. Dies führte schließlich dazu, dass zwei diesbezügliche Anträge in den Stockholmer Stadtrat eingebracht wurden, die von allen Parteien Unterstützung erhielten und zur Ausschreibung des ersten Wettbewerbs für Kunstwerke für die Stock-

280 AB Storstockholms Lokaltrafik 4.6.2012, o. S. 281 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 54. 282 AB Storstockholms Lokaltrafik 15.4.2010, o. S. 283 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 54. 284 Andersson 13.2.2013, o. S. 75 III Stockholm holmer Metro im Jahr 1956 führten. Zwölf Künstler und Künstlerinnen wurden ausgewählt ihre Werke in der Station T-Centralen der roten und grünen Linien zu realisieren.285 Nach der Einbringung zweier weiterer Anträge sowie der Ausschreibung eines zweiten Wettbe- werbs wurde 1971 ein Kunstbeirat eingerichtet, der die Stockholmer Verkehrsgesellschaft hinsichtlich der künstlerischen Gestaltung der Stationen beraten sollte.286 Heute obliegt innerhalb der AB Storstockholms Lokaltrafik der SL Art Group die Verantwortung über neue Kunstwerke, temporäre Kunstausstellungen oder Renovierungsmaßnahmen zu ent- scheiden. Die Realisierung der künstlerischen Gestaltung der Stationen wird von der AB Storstockholms Lokaltrafik insbesondere damit begründet, dass die Installation von Kunst- werken dazu beitragen, dass die Stationen als schöner und sicherer wahrgenommen wer- den.287 Mit der künstlerischen Bespielung der Stockholmer Metro demnach vordergründig das Ziel der optischen Aufwertung der Metro, sie wird vor allem im Sinne einer Dekoration und Verschönerung verstanden. Außerdem ist das Verkehrsunternehmen der Meinung, dass die künstlerische Gestaltung in der U-Bahn zur Reduzierung von Sachbeschädigung und Vandalismus beiträgt und die Stationen als sicherer wahrgenommen werden.288 Neben den zahlreichen permanenten Kunstwerken, die in den Stationen der Stockholmer Tunnelbana zu sehen sind, werden in sechs U-Bahnhöfen auch temporäre Ausstellungen realisiert. Obwohl zurzeit keine neuen Stationen in Bau sind, soll dadurch weiterhin Künst- lern und Künstlerinnen die Möglichkeit geboten werden, Werke in der Metro zu realisie- ren.289 Die mit der Umsetzung ihrer Vorschläge beauftragten - größtenteils schwedischen - Künst- lern und Künstlerinnen, behandeln in ihren Werken mehrfach die Zerstörung der Umwelt oder thematisieren gesellschafts-politische Themen (wie z. B. in den Stationen Östermalm- storg oder Solna centrum). Auch erfolgt die Integration von Elementen der Natur in ihre Gestaltung (wie z. B. in den Stationen Alvik oder Högdalen), um den Fahrgästen ihre natür- liche Umgebung in diesem urbanisierten, technischen, oft unterirdischen Umfeld in Erinne- rung zu rufen. Manche der realisierten künstlerischen Programme beziehen sich konkret auf die Umgebung der Station, wie es beispielsweise bei den Stationen Kungsträdgården oder Rådmansgatan der Fall ist. Durch die mitunter sehr umfangreiche und weitgreifende

285 Stensman 1988a, 74 f. und Bennett 2005, 78. 286 Söderström 1988h, 108 f. und Söderström 1988i, 111. 287 AB Storstockholms Lokaltrafik 28.5.2013a, o. S. 288 AB Storstockholms Lokaltrafik 28.5.2013a, o. S. 289 AB Storstockholms Lokaltrafik 2008, 38. 76 III Stockholm künstlerische Gestaltung konnte vielen der Stationen ein jeweils charakteristisches Er- scheinungsbild, eine eigene Identität verliehen werden. Dadurch wird eine Erleichterung der Orientierung der Passagiere innerhalb des U-Bahnnetzes ermöglicht. Dies stellt ein weiteres Ziel der AB Storstockholms Lokaltrafik im Rahmen ihres Kunstengagements dar.290 In der Vielzahl der über die Jahrzehnte hinweg kontinuierlich umgesetzten künstlerischen Arbeiten in der Stockholmer Tunnelbana sowie auch im umfangreichen Vermittlungspro- gramm manifestiert sich der hohe Stellenwert den die Kunst innerhalb der AB Storstock- holms Lokaltrafik innehat.

290 AB Storstockholms Lokaltrafik 28.5.2013a, o. S. 77 IV Wien

IV Wien

Entlang des Wiener U-Bahnnetzes wurden seit der erstmaligen Beauftragung der künstleri- schen Gestaltung einer U-Bahn-Station beim Bau der Linie U3 in den 1980er Jahren zahlrei- che Werke nationaler und internationaler Künstler und Künstlerinnen sehr vielfältig in Ma- terial, Technik und Ausdrucksform realisiert. Die größte Anzahl an Kunstwerken wurde in den Stationen der Linie U3 installiert, weshalb sie den Beinamen „Kunstlinie“291 erhalten hat. Im folgenden Kapitel werden nach einem kurzen Abriss über Planungsgeschichte und Bau der U-Bahn sowie einer Einführung über das architektonische und künstlerische Ge- staltungskonzept der Stationen ausgewählte realisierte permanente und temporäre künst- lerische Arbeiten besprochen.

1 Geschichte und Bau

Trotz der bereits um die Jahrhundertwende hohen Bevölkerungszahl wurde mit dem Bau der Wiener U-Bahn im Vergleich zu anderen Städten Europas relativ spät begonnen. Es entstanden zwar bereits früh Pläne, die erste Teilstrecke der Wiener U-Bahn wurde jedoch aufgrund wirtschaftlicher und parteipolitischer Probleme sowie der beiden Weltkriege erst 1978 offiziell eröffnet.292 Während der gesamten zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wur- den Planungen für schnelle, schienengebundene Verkehrssysteme durchgeführt, die unter anderem auch Unterpflaster- und Tunneltrassen umfassten. Zur Umsetzung kam dann um 1900 der Bau der Wiener Stadtbahn, welche die Basis für die heutigen Streckennetze der U- als auch der S-Bahn bildete. So bestehen die U-Bahnlinien U4 und U6 in großen Teilen aus der ehemaligen Stadtbahn. Als Alternative zur U-Bahn kam es in den 1960er Jahren zum Bau der kostengünstigeren Unterpflasterstraßenbahn.293 Im Jahr 1968 erfolgte schließlich der Gemeinderatsbeschluss über das Grundnetz der U-Bahn, das die Linien U1, U2 und U4 umfasste. Im Jahr darauf wurde mit den Bauarbeiten am Karlsplatz begon- nen.294 Die offizielle Eröffnung der U-Bahn erfolgte im Jahr 1978 mit der Inbetriebnahme der ersten Teilstrecke der Linie U1.295 1982 kam es, nach dreizehnjähriger Bauzeit, zur Fer-

291 Brauner 2011, 7. 292 Geets 11.08.2012, o. S. 293 Stadt Wien o. J., o. S. 294 Wiener Linien GmbH & Co KG 2012a, 3. 295 Hinkel/Treiber/Valenta/Liebsch 2004, 204. 78 IV Wien tigstellung des U-Bahn-Grundnetzes.296 Die folgende Abbildung zeigt den aktuellen Netz- plan der U-Bahn (siehe Abb. 34).

Abbildung 34: Netzplan der Wiener U-Bahn Quelle: Wiener Linien GmbH & Co KG (Hg.) (2012b), Schnellverbindungen, Download: , in: Wiener Linien, , 8.7.2013.

Das Wiener U-Bahnnetz umfasst heute fünf Linien - U1, U2, U3, U4 und U6 - mit insgesamt 101 Stationen (Stand 2012) und transportiert jährlich etwa 444,4 Millionen Fahrgäste (Stand 2012).297 Eine U5 gibt es bis zum heutigen Zeitpunkt im Wiener U-Bahnnetz nicht, da die Pläne dafür immer wieder verworfen wurden.298 Betrieben wird die U-Bahn von den Wiener Linien, bei der es sich um eine hundertprozen- tige Tochtergesellschaft der Wiener Stadtwerke Holding AG handelt. Dadurch ist die Stadt

296 Wiener Stadtwerke Holding AG 2013, o. S. 297 Wiener Linien GmbH & Co KG 2012a, 9. 298 Johann Hödl, in: Geets 11.08.2012, o. S. 79 IV Wien

Wien mittelbarer Eigentümer der Wiener Linien. Neben der U-Bahn umfasst das von diesen betriebene Personennahverkehrssystem auch die Straßenbahnen und Stadtbusse.299

2 Gestaltungskonzept der U-Bahnstationen

Architektonische Gestaltung

Die Wiener Stadtbahn: Otto Wagners Gesamtbauwerk als Vorläufer der U-Bahn

Erst zwei Jahre nach Baubeginn der Wiener Stadtbahn wurde im Jahr 1894 Otto Wagner (geb. 1841, Wien-Penzing; gest. 1918, Wien) als verantwortlicher Architekt mit der Gestal- tung aller Hochbauten, der Unterbauten, wie auch der Möblierung, der Einbauten und der Beleuchtung der Stadtbahn beauftragt. Eine einheitliche Behandlung der gesamten archi- tektonischen Gestaltung sollte dabei im Mittelpunkt stehen.300 Von den von Otto Wagner im Jugendstil errichteten, vorwiegend in den Farben Weiß und Grün gestalteten Stadt- bahn-Bauten wurde ein Großteil in das U-Bahn-Liniensystem integriert. Ein Beispiel hierfür ist die ehemalige Stadtbahn-Station Stadtpark die heute vollständig Teil der gleichnamigen Haltestelle der Linie U4 ist (siehe Abb. 35, 4 Ansichten links). Viele von Otto Wagners Stadtbahn-Bauten prägen das Stadtbild Wiens - vor allem die Stationsgebäude, darunter die bereits genannte Station Stadtpark sowie die ehemaligen Stadtbahn-Pavillons am Karlsplatz (siehe Abb. 35, links), oder die Stadtbahn-Bögen an der Wiener Gürtel Straße.301 Aus diesem Grund stehen 18 dieser historischen Otto-Wagner-Stationen unter Denkmal- schutz.302 Die bereits genannte Station Stadtpark sowie die ebenso an der Linie U4 liegen- de Haltestelle Schönbrunn stellen die einzigen Stationen dar, die heute noch nahezu im Originalzustand erhalten sind und nach wie vor ihre ursprüngliche Funktion erfüllen.303 Demgegenüber wurden bei der Stadtbahn-Station Karlsplatz, die mit ihren zwei einander gegenüber positionierten Aufnahmegebäuden nicht dem von Wagner angewandten Grundtypus entsprach, starke Veränderungen vorgenommen.304 Sie wurden abgetragen und nach einer Restaurierung leicht versetzt wieder aufgebaut.305 Lediglich einer der um- fangreich mit Ornamenten versehenen Pavillons dient heute noch teilweise als Eingang zur

299 Wiener Linien GmbH & Co KG 2013a, o. S. 300 Dorazin 2011, 222 f. 301 Stadt Wien 30.5.2013, o. S. 302 Hödl 2012, 8. 303 Dorazin 2011, 269. 304 Dorazin 2011, 270 f. 305 Hödl 2009, 245. 80 IV Wien

U-Bahn, wobei sich dieser an der Gebäude-Rückseite befindet. Der andere Pavillon wurde zu einem Kaffeehaus umfunktioniert.

Abbildung 35: Otto Wagner, Ehemaliger Stadtbahn- und heutiger U-Bahn-Pavillon Karls- platz und vier Ansichten ehemaligen Stadtbahn- und heutigen U-Bahn-Station Stadtpark im Jahr 2013, 1899 (von links nach rechts) Quelle: Eigene Aufnahmen.

Die 1. Ausbauphase der U-Bahn (1969-1982): Das Gestaltungskonzept der Architekten- gruppe U-Bahn ZT GmbH

Nach dem Gemeinderatsbeschluss zum Bau der U1, der U2 und der U4 im Jahr 1968 und dem Baubeginn am Karlsplatz im darauffolgenden Jahr erfolgte schließlich 1970 die Aus- schreibung eines Architekturwettbewerbs unter österreichischen Architekten und Archi- tektinnen für die Gestaltung der U-Bahn-Linien. Das Architektenteam Heinz Marschalek (geb. 1935, Wien), Georg Ladstädter (geb. 1936, Wien), Bert Gantar (geb. 1935, Wien) und der Architekt Wilhelm Holzbauer (geb. 1930, Salzburg), die beide als Gewinner des Wett- bewerbs hervorgingen, schlossen sich anschließend zur sogenannten Architektengruppe U- Bahn ZT GmbH (AGU) zusammen und wurden in den folgenden Jahren mit der Durchfüh- rung des Großteils der gestalterischen Aufgaben im Rahmen des U-Bahn-Baus beauf- tragt.306 Ein für alle Stationen einheitliches Gestaltungssystem, das flexibel an die jeweiligen örtli- chen Gegebenheiten adaptiert werden konnte, bildete die grundlegende Idee des von der AGU ausgearbeiteten Planungskonzepts. Eines der darin enthaltenen Entwurfsprinzipien,

306 Dorazin 2011, 226 f. 81 IV Wien war ein Paneelsystem für die Bahnsteige, Passagen und Stiegen.307 Weitere wesentliche Bestandteile ihres Konzepts waren Pavillon-Eingangsbauten im Straßenniveau sowie die strenge Trennung von Bahnsteigen und Gleisbereichen.308 Letzteres erfolgte durch Licht und Materialität, mit gut beleuchteter, heller und farbiger Gestaltung der für die Fahrgäste vorgesehenen Bereiche sowie farblich dunkleren, roh belassenen Gleisbereichen. Ebenso Teil ihres Gesamtgestaltungssystems war das Informations- und Leitsystem. Die jeweilige Linienfarbe - Rot für die U1, Violett für die U2, Orange für die U3, Grün für die U4 und Braun für die U6 - prägen durch ihre über die Informationselemente hinausgehende Ver- wendung neben den weißen Paneelflächen das gesamte visuelle Erscheinungsbild der Sta- tionen.309 Ein Beispiel für die Umsetzung des Gestaltungskonzepts der AGU ist die 1978 eröffnete Station Reumannplatz. Sie zeigt das typische Erscheinungsbild der in der ersten Ausbauphase realisierten Stationen (siehe Abb. 36, links).

Die weiteren U-Bahn-Ausbauphasen

In der zweiten Ausbauphase der Wiener U-Bahn (1982-2000), die den Bau der U3 und der U6 umfasste,310 wurde das Bau-Konzept der AGU, basierend auf im Rahmen der Bauarbei- ten der ersten Ausbauphase gewonnenen Erfahrungen, überarbeitet und weiterentwickelt, die Grundprinzipien wurden jedoch beibehalten.311 Teil der dritten Ausbauphase (2000-2010) waren die Verlängerungen der Linien U1 und U2.312 Einem einheitlichen Liniendesign entsprechend wurde bei den fünf neuen Stationen der U1 das AGU-Konzept fortgesetzt. Für die zwölf neuen Stationen, die im Rahmen der U2-Verlängerung vorgesehen waren, erfolgte im Jahr 2000 die Ausschreibung eines zwei- ten Architekturwettbewerbs. Als Sieger dieses europaweiten, zweistufigen Wettbewerbs gingen die Architekt Katzberger ZT GmbH und die Architekt Moßburger ZT GmbH hervor. Die von ihnen realisierten Stationen zeichnen sich durch eine minimalistische Formenspra- che aus und verfügen über eine zurückhaltende Architektur, die sich durch verstärkte Transparenz und Offenheit sowie den konsequenten Einsatz von Tageslicht charakterisie- ren lässt (siehe Abb. 36, Mitte und rechts). Diese Gestaltungselemente verdeutlichen die Weiterentwicklung der früheren architektonischen Konzepte und bilden die identitätsstif-

307 Hinkel/Treiber/Valenta/Liebsch 2004, 204. 308 Dorazin 2011, 228 f. und 230 f. 309 Hinkel/Treiber/Valenta/Liebsch 2004, 204. 310 Stadt Wien o. J., o. S. 311 Dorazin 2011, 230 f. 312 Stadt Wien, o. J., o. S. 82 IV Wien tenden Kernelemente der Gestaltung der Linie, die durch durchgängig stationsübergrei- fend einheitlich gestaltete Fußböden, Rolltreppen, Decken, Lifte, Stiegen und Ausbauele- mente, sowie der übernommenen optischen Trennung von hell gestalteten Bereich für die Fahrgäste und dunklen Gleisbereichen zusammengehalten werden. Es handelt sich bei der von Moßburger und Katzberger umgesetzten Gestaltung demnach nicht um eine Neukon- zeption, sondern eine Weiterentwicklung früherer architektonischer Konzepte.313

Abbildung 36: Architektengruppe U-Bahn ZT GmbH, Plattform der Station Reumannplatz, 1978; Architekt Katzberger ZT GmbH/Architekt Moßburger ZT GmbH, Ansichten der Statio- nen Schottenring und Praterstern, 2008 (von links nach rechts) Quelle: Barowski, Winfried, Station Reumannplatz, in: Wiener Linien GmbH & Co KG, (Hg.), Wiener U-Bahn- Kunst. Moderne Kunstwerke - Archäologische Funde - Zeitlose Architektur, Wien 2011, 239 oben; Eigene Aufnahmen (Mitte und rechts).

Derzeit befindet sich die Wiener U-Bahn in der 4. Ausbauphase (2010-2019), in der die Ver- längerung der Linie U2 fortgesetzt sowie der Ausbau der Linie U1 durchgeführt wird.314 Bezüglich der architektonischen Gestaltung werden die bewährten Konzepte der Vergan- genheit in adaptierter Form fortgeführt. Das von Otto Wagner bei der Wiener Stadtbahn begonnene Gestaltungskonzept der Aufnahmegebäude in Pavillonform sowie das durch- gehende Liniendesign wurde von allen Architekten der U-Bahn beibehalten. Sie wurden damit kennzeichnend für die Wiener U-Bahn. Trotz der durchgehend angestrebten Konti-

313 Dorazin 2011, 233 ff. 314 Stadt Wien o. J., o. S. 83 IV Wien nuität verfügt sie jedoch auch über deutlich differenzierte architektonische Elemente, die charakteristische Merkmale des U-Bahn-Systems bilden.315

Integration archäologischer Funde

Der Bau der Wiener U-Bahn wurde von Beginn an von archäologischen Forschungen be- gleitet. Bei einigen Stationen wurde beschlossen, die entdeckten archäologischen Funde in die U-Bahnhöfe zu integrieren.316 Neben den Stationen Stephansplatz, wo die im 18. Jahr- hundert zugeschüttete, aus dem 13. Jahrhundert stammende Virgilkapelle beim Bau freige- legt und in das Bauwerk einbezogen wurde,317 oder Simmering, bei der die archäologische Befunde sowie Schotterreste der beim Bau entdeckten mittelalterlichen Simmeringer Hauptstraße in einer Vitrine präsentiert werden,318 war dies unter anderem auch bei der Station Stubentor der Fall.

Abbildung 37: Teil der alten Stadtmauern am Zugang Dr.-Karl-Lueger-Platz zur Station und Ansicht des Zwischengeschosses mit zwei weiteren Teilen der Stadtmauern Quelle: Eigene Abbildungen.

Die 1991 eröffnete U3-Station wurde genau auf der Höhe erbaut, auf der sich die ehemali- gen Stadtmauern befanden. Beim Bau der U-Bahn Mitte der 1980er Jahre wurden gut er- haltene Reste und Fundamente dieser alten Schutzmauer freigelegt und in die Architektur der Station integriert.319 Der Stationszugang vom Dr.-Karl-Lueger-Platz führt direkt neben dem meterdicken historischen Mauerwerk zur U-Bahn (siehe Abb. 37, links). In das Vertei-

315 Dorazin 2011, 235. 316 Steinbauer 2011, 9. 317 Hödl 2011a, 184 ff. 318 Hödl 2011a, 214 ff. 319 Hödl 2011a, 198. 84 IV Wien lergeschoss wurden zwei weitere Teile der alten Stadtmauer integriert (siehe Abb. 37, rechts).

Künstlerische Gestaltung

Mit der Beauftragung von Kunstwerken für die U-Bahn wurde von den Wiener Linien beim Bau der U3 in den 1980er Jahren begonnen - bei den in der ersten Ausbauphase realisier- ten Linien wurde darauf vollständig verzichtet. Die Initiative ging vom für die architektoni- sche Gestaltung der Station Volkstheater beauftragten Architekten Kurt Schlauss aus.320 Sein Gestaltungskonzept stellte im Gegensatz zu jedem der AGU die Konstruktion in den Vordergrund und ließ diese in den resultierenden offenen, hallenartigen Stationsräumen weitgehend unverkleidet.321 Bereits in der von ihm zuvor gestalteten U2-Station Schotten- tor konzipierte er zur Auflockerung der starren Stations-Geometrie an der Stirnseite des Raumes eine große Glasvitrine zur Realisierung von wechselnden Ausstellungen von Absol- venten und Absolventinnen der Akademie der bildenden Künste Wien.322 Für die Station Volkstheater initiierte er die Überlassung der gesamten großen Halle zur künstlerischen Gestaltung dem Maler Anton Lehmden (geb. 1929, Nitra, Slowakei), die schließlich im Jahr 1987 beauftragt wurde.323 Dies stellte den Beginn der künstlerischen Bespielung der Wie- ner U-Bahn dar, die aufgrund der positiven Rezeption rasch ausgeweitet wurde. Bis zum Jahr 2000 wurden ausschließlich in Stationen der Linie U3 Kunstwerke realisiert - mittler- weile wurde über die Hälfte der Stationen dieser Linie permanent künstlerisch bespielt, was zur Etablierung der Linie U3 als sogenannten „Kunst-Linie“324 des Wiener U- Bahnnetzes geführt hat. Danach erfolgte eine Ausweitung der künstlerischen Gestaltung auch auf die Linien U1, U2 und U4. Die Integration von Kunst in die Stationen erfolgte teil- weise nachträglich, zu einem Großteil jedoch im Rahmen des Um- oder Neubaus von Stati- onen bereits in der Phase der Bauplanung, wie dies bei einem Großteil der Stationen der U3 der Fall war.325 Mit der Installation von Kunstwerken in den Stationen wird von den Wiener Linien das Ziel einer über deren funktionale Eigenschaften hinausgehende ästhetische Aufwertung zu

320 Hödl 2011b, 14 f. 321 Dorazin 2011, 229 und Hödl 2011, 15. 322 Hödl 2011b, 15. 323 Hödl 2011b, 15 und Schmied 2011, 118. 324 Brauner 2011, 7. 325 Hödl 2011b, 15.ff. 85 IV Wien erreichen.326 Es soll in den Stationen durch die künstlerische Bespielung eine Atmosphäre geschaffen werden, die zu einer Steigerung des Wohlgefühls der Fahrgäste führt.327 Gleich- zeitig ist für das Unternehmen bei der Realisierung von Kunstwerken in der U-Bahn deren Bezug zu ihrer Umgebung entscheidend. Die sogenannte Sitespecifity wird als zentrales Kriterium hervorgehoben. Ausschlaggebend war bei den Entscheidungen über die umzu- setzenden Werke für das Unternehmen die den künstlerischen Arbeiten zugrunde liegende Idee sowie ob es zum jeweiligen Ort, zu dessen Umgebung und Geschichte passt. Aus die- sem Grund wurde in keinem Fall ein bereits bestehendes Kunstwerk angekauft, sondern immer für vorab klar definierte Bereiche Kunstwerke in Auftrag gegeben.328 Die künstleri- sche Bespielung sollte in gut begründeten Stationsbereichen realisiert werden. Es werde nicht durch die Installation von Kunstwerken die Schaffung einer kunstgalerieähnlichen Erscheinung angestrebt, wird von den Wiener Linien betont.329 Einschränkungen für die künstlerische Freiheit bestehen, da vom Unternehmen die Konfrontation mit beispielswei- se temporären politischen Inhalten oder sittlichen und religiösen Debatten wie auch die potentielle Gefährdung durch die Materialbeschaffenheit vermieden beziehungsweise ausgeschlossen werden sollen. Abgesehen davon umfassen die umgesetzten Werke ein breites Spektrum unterschiedlicher künstlerischer Ausdrucksformen und verwendeter Ma- terialien und Techniken.330 Heute sind in über 15 Stationen des Wiener U-Bahnnetzes mehr als 22 Kunstwerke installiert.331 Abzüglich der 18 denkmalgeschützten Stadtbahn-Stationen ist damit etwa jede vierte Station künstlerisch bespielt.332 Die Auswahlverfahren, die zur Anwendung kamen bzw. kommen sind unterschiedlich. Teilweise erfolgt die Ausschreibung eines offenen Wettbewerbs, in andern Fällen wird ein bestimmtes künstlerisches Konzept für einen konkreten Ort realisiert. Bei der Jury- Zusammensetzung wurde großer Wert auf den Einbezug von Kunstfachleuten, den be- troffenen Architekten und Architektinnen sowie Fahrgast- und Bezirksvertretern und - vertreterinnen gelegt. Die Umsetzung erfolgt bereits seit vielen Jahren zu einem Großteil in Kooperation mit der KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien GmbH, einer der Kulturabtei-

326 Günter Steinbauer, in: Wiener Linien GmbH & Co KG 2013b, o. S. 327 Wiener Linien GmbH & Co KG 2013b, o. S. 328 Hödl 2011, 18 f. 329 Steinbauer 2012, 4. 330 Hödl 2011, 18 f. 331 Wiener Linien GmbH & Co KG 2011, 287. 332 Hödl 2012, 8. 86 IV Wien lung der Stadt Wien nahestehenden Institution.333 Diese hat die Aufgabe, den öffentlichen Raum Wiens mit temporären und permanenten künstlerischen Arbeiten zu beleben und dadurch die Identität der Stadt und einzelner Stadtteile zu stärken sowie als Ort des kultu- rellen und gesellschaftspolitischen Diskurses wiederzubeleben. Kunst im öffentlichen Raum wird von der KÖR GmbH nicht als Dekoration verstanden, vielmehr soll sie die unter ande- rem die Möglichkeit der Auseinandersetzung mit verschiedenen Inhalten und radikalen ästhetischen Zeichensetzungen bieten.334 Für die Wiener Linien ist die KÖR GmbH in bera- tender Funktion tätig und liefert in einigen Fällen auch die Ideen für künstlerische Gestal- tungen.335 Die Realisierung von Kunstwerken für die U-Bahn durch die Wiener Linien, die nach Ein- schätzungen des Unternehmens von den Passagieren gut aufgenommen wird, wurde dar- über hinaus auch von dem etablierten Kunstpublikum sehr positiv bewertet und mit der Verleihung des Preise „Kunstmediator 2004“ sowie des Anerkennungspreises des Mae- cenas im Jahr 2007 gewürdigt.336 In den folgenden zwei Abschnitten erfolgt die Besprechung ausgewählter Werke, die in den Stationen der Wiener U-Bahn sowohl permanent installiert, als auch temporär präsen- tiert wurden.

3 Permanente Kunstwerke

Der Anfang der Kunst in der Wiener U-Bahn in den 1980er Jahren: Die Kunstlinie U3

Volkstheater

Der österreichische Maler und Grafiker Anton Lehmden, ein Vertreter der Wiener Schule des Phantastischen Realismus, schuf für die Station Volkstheater ein mit Das Werden der Natur betiteltes Werk, das wie die Station selbst im Jahr 1991 eingeweiht wurde (siehe Abb. 38, links). Diese Station unterscheidet sich hinsichtlich ihrer Architektur - in diesem Fall erfolgte die Gestaltung durch Architekt Kurt Schlauss337 - von den übrigen Stationen der U3. Es handelt sich um eine Großraumstation bei der konstruktive Elemente vom Ar- chitekten in den Vordergrund gerückt wurden und die Stahlbetonkonstruktionen sichtbar

333 Hödl 2011, 19 f. 334 KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien GmbH o. J.c, o. S. 335 Hödl 2011, 19 f. 336 Hödl 2011, 22 f. 337 Die Geburtsdaten dieses Architekten sind nicht auffindbar. 87 IV Wien bleiben, wodurch dem Raum ein hallenartiger Charakter verliehen wird.338 Das von den Wiener Linien beauftragte Werk sollte den Titel Entwicklungsgeschichte der Natur auf Er- den: Entstehung des Universums aus dem Urknall haben. Die von Anton Lehmden umge- setzte künstlerische Lösung umfasste die Gliederung der zu gestaltenden Flächen in drei Teile. Er trennte die naturgeschichtliche Entwicklung der Erde, die er gestalterisch an den flächenmäßig größeren Seitenwänden umsetzte, vom Urknall und dessen Folgen, dessen künstlerische Darstellung an der Stirnseite der Stationshalle erfolgte.339 Für die Umsetzung des eine Fläche von insgesamt 360 m2 umfassenden Werks wählte er die Technik des Mo- saiks, wobei durch die Verwendung kleinformatiger Steine und die in diesem Fall beste- hende Unmöglichkeit der Werkbetrachtung aus der Nähe der malerische Charakter bei Lehmdens Arbeit erhalten blieb.340 Die Mosaike der linken Seite zeigen von Wasser um- spülte grüne Erdflächen mit sichtbaren geologischen Schichten. Im Gegensatz dazu weisen die Tafeln der rechten Seite, die die Evolution zum Inhalt haben, mit der Darstellung zahl- reicher Tierarten eine größere Dynamik auf (siehe Abb. 38, rechts). Die Darstellung des Urknalls im Mittelmosaik wird farblich von unterschiedlichen Blautönen und Weiß domi- niert. Insgesamt verwendete Lehmden für seine Gestaltung helle Farbtöne, vorrangig, Blau, Grün und Braun.

338 Dorazin 2011, 260. 339 Schmied 2001, 118 ff. 340 Schmied 2001, 121. 88 IV Wien

Abbildung 38: Anton Lehmden, Bahnsteighalle der Station Volkstheater mit dem Mosaik Das Werden der Natur und Detailansicht einer Tafel der rechten Seite, 1991 (von links nach rechts) Quelle: Messaros, Hannes/Weihs, Manfred, Das Werden der Natur, in: Wiener Linien GmbH & Co KG, (Hg.), Wiener U-Bahn-Kunst. Moderne Kunstwerke - Archäologische Funde - Zeitlose Architektur, Wien 2011, 117/121.

Westbahnhof und Landstraße

Eines der beiden im Jahr 1993 in der Wiener U-Bahn installierten Werke ist die mit Circa 55 Schritte durch Europa betitelte Wandskulptur in der Verbindungspassage zwischen der Linie U3 und U6 in der Station Westbahnhof, die von Adolf Frohner (geb. 1934, Großin- zersdorf, Niederösterreich; gest. 2007, Wien) stammt (siehe Abb. 39, links).341 Entlang ei- ner 40 Meter langen Wand behandelte der Künstler die geistige und kulturelle Entwicklung des Kontinents Europa bis zum 21. Jahrhundert. Frohner, der sich unter anderem am Wie- ner Aktionismus beteiligte, gestaltete sein dreidimensionales Wandwerk unter Verwen- dung verschiedener Materialien und unterschiedlicher Techniken.342 Eine Wandteil aus Nitrostastahl mit Säulen davor bildet den Abschluss seines Werks auf der rechten Seite (siehe Abb. 39, links, rechte Bildhälfte), ein Verweis des Künstlers auf die Abstraktion und die Kühle der Gegenwart. Gegenstück zum rohen, unbehauenen Stein als Symbol für die Urzeit auf der linken Seite bildet eine neben den Säulen am Boden positionierte glatte schwarze Kugel als Zeichen für Rationalität und Perfektion.343 Zusätzlich erfolgte eine Ver- tonung des Kunstwerks durch speziell für Frohners Werk komponierte, avantgardistische Musik der Improvisations-Jazzband Reform Art Unit des Wiener Musikers Fritz Novotny

341 Ronte 2011, 111 f. 342 Wiener Stadtwerke AG 24.10.2006, o. S. und Ronte 2011, 110 ff. 343 Ronte 2011, 115. 89 IV Wien

(geb. 1940, Wien-Döbling). Zum Schutz vor Zerstörung durch Beschädigungen und Vanda- lismus wurde bei Restaurierungsarbeiten ein etwa ein Meter hohes Schutzgeländer aus Sicherheitsglas angebracht.344

Abbildung 39: Adolf Frohner, Werk Circa 55 Schritte durch Europa in der Station West- bahnhof, 1993 (links); Hofstetter Kurt, Videoinstallation Planet der Pendler mit den drei Zeitmonden auf der Plattform der Linie U3 der Station Landstraße und Detailansicht eines Bildschirms, 1993 (Mitte und rechts) Quelle: Eigene Aufnahmen (links und Mitte); Hofstetter Kurt (o. J.), planet of the commuters with the three time-moons, , in: Hofstetter Kurt, , 18.7.2013 (rechts).

Das zweite im Jahr 1993 in der Wiener U-Bahn realisierte Werk schuf der österreichische Künstler Kurt Hofstetter (geb. 1959, Linz), bekannt als Hofstetter Kurt, für die Plattformen der Linien U3 und U4 sowie der S-Bahn der Station Landstraße. Es handelt sich dabei um eine Realzeit-Videoinstallation, die mit Planet der Pendler mit den drei Zeitmonden betitelt ist. Das Werk besteht einerseits aus einer Videokamera mit Mikrofon, die, für die Passagie- re unsichtbar, über dem Verbindungsgang zwischen den Bahnsteigen angebracht ist. Diese nimmt die sich über den im Schachbrettmuster ausgelegten Boden bewegenden Fahrgäste auf. Weiterer Bestandteil von Hofstetters Arbeit sind vier quadratische Monitore, die auf den zwei U-Bahn sowie den zwei S-Bahn-Plattformen montiert sind (siehe Abb. 39, Mitte). Auf diesen werden die Videoaufnahmen zeitgleich übertragen.345 Aus der Verwendung eines Fischaugen-Konverters resultiert die runde Form des Videobildes (siehe Abb. 39, rechts). Um diese kreisen drei computergesteuerte Zeitmonde und zeigen die Ortszeit an.

344 Wiener Stadtwerke AG 24.10.2006, o. S. 345 Gehrmann 2011, 135 f. 90 IV Wien

Das Bild des Gangs erscheint so wie ein Planet in einem computergenerierten Univer- sum.346 Die Pendler stellen die Zeit dar, von der sie selbst angetrieben werden - ihre Schrit- te sind tickend zu hören-, und bestimmen durch die täglich während gleicher Zeiträume zurückgelegten Wege die Konstellation der Monde. Hofstetter assoziiert die scheinbar end- losen, parallelen Bewegungen der Pendler in dem Verbindungsgang mit Bewegungen eines Pendels, dessen Schwingungen immer langsamer werden, je länger das Pendel ist. Ein un- endlich langes Pendel würde daher still stehen. Mit zwei parallelen Metallstäben und ei- nem Kreis, die unter den Monitoren angebracht sind, wird diese Unendlichkeit vom Künst- ler angedeutet.347 Ausgangspunkt und Vorläufer für Planet der Pendler mit drei Zeitmonden war das zuvor von Hofstetter 1989 geschaffene Hofstetter Pendel-Uhrwerk, das 1993 ein österreichisches Patent erhielt. Dieses besteht aus einem Monitor, der neben seiner Funktion als Ziffern- blatt auch als Empfangs- und Wiedergabegerät audiovisueller Botschaften fungieren kann. Anstelle der Ziffern sind zwölf Planeten sind im Kreis angeordnet und zeigen durch ihr je- weiliges Aufleuchten die Uhrzeit an.348 Bei Planet der Pendler mit den drei Zeitmonden handelt es sich um das erste permanente Computerkunstwerk im öffentlichen Raum in Österreich, das aus der Kooperation der Wie- ner Linien mit den Österreichischen Bundesbahnen entstand. Letztere wurden für dieses Werk im Jahr 1996 in Kopenhagen mit dem internationalen Brunel Award Commendati- on/Art at Railway für Design im Bahnwesen ausgezeichnet, der anschließend an den Künst- ler weitergegeben wurde.349

Schweglerstraße

In der Station Schweglerstraße wurde im Jahr 1994 das mit Tele-Archäologie betitelte Werk des südkoreanischen Komponisten und Künstlers Nam June Paik (geb. 1932, Seoul; gest. 2006, Miami Beach) eingeweiht. Der auch als „Vater der Videokunst“350 bezeichnete Künst- ler war einer der Ersten, der den Fernsehapparat als Medium in seiner künstlerischen Ar- beit einsetzte.351 Durch seine Verbindung von Avantgarde und Populärkultur schaffte er einen Übergang zwischen E-Kunst und U-Kunst, wobei er seinen konzeptionellen Kern be-

346 Hofstetter Kurt o. J., o. S. 347 Hofstetter Kurt o. J., o. S. und Gehrmann 2011, 135 f. 348 Gehrmann 2011, 136. 349 Gehrmann 2011, 138. 350 Daniels 2004, o. S. 351 Daniels 2004, o. S. 91 IV Wien wahrte.352 In der Installation Tele-Archäologie kombinierte Paik, wie auch bereits in frühe- ren Werken, alte technische Objekte, die dokumentarisch einen Teil der Mediengeschichte darstellen, mit neuartigen Videos. Der dadurch entstehende Gegensatz von neuen und alten Objekten und Techniken, bildet den ästhetischen Reiz seiner Werke.353 Paiks Werk für die Wiener U-Bahn ist Teil eines im Rahmen des Baus der Station von den Wiener Linien Kooperation mit dem Technischen Museum Wien realisierten Kunstprojekts zum Thema Transportwesen. Die von ihm geschaffene Skulptur ist ein mit Ziegeln ummau- erten U-Bahn-Waggon, der auf einem alten U-Bahn-Drehgestell befestigt ist und im Begriff zu sein scheint, in einen schwarzen zu fahren (siehe Abb. 40, links). Bei den Ziegeln handelt es sich um alte, seltene Ziegel österreichischer oder ungarischer Ziegeleien aus dem Wiener Ziegelmuseum. Bei einigen von ihnen sind Prägungen, beispielsweise von Wappen, zu sehen. In die Mauerflächen wurden verschiedene Elektrotechnik-Teile, darun- ter Platinen, Monitore oder Tastaturen, eingesetzt, die sich aufgrund ihrer technoiden Be- schaffenheit deutlich von den roten Ziegeln abheben. Das alte Telefon, das an der Frontsei- te des Waggons eingelassen wurde, kann als Symbol für vergangene Perioden - es er- scheint wie die Urzeit - der Telekommunikation gelesen werden. Die Objekte, denen auf- grund ihrer Funktionsuntüchtigkeit und Nutzlosigkeit etwas Antiquiertes anhaftet, erschei- nen wie Fundgegenstände aus vergangener Zeit, wodurch die Installation eine nostalgische Komponente erhält, die auch durch den Werktitel Tele-Archäologie ausgedrückt wird. Auch bei den Ziegeln handelt es sich, durch den Umstand, dass es sich um seltene Exemplare handelt sowie die Tatsache, dass sie das älteste von Menschen vorgefertigte Baumaterial darstellen, um Geschichtsträger.354 In den beiden rundbogigen Öffnungen an der Frontseite und der dem Gang zugewandten Seitenwand des Waggons befinden sich hinter Glasscheiben auf Regalen übereinander an- geordnete insgesamt 39 Fernsehgeräte. Heute sind ihre Bildschirme schwarz, die Geräte reihen sich durch die fehlende Funktion und den nicht mehr vorhandenen Nutzen zu den übrigen Elektronik-Teilen. Ursprünglich wurden jedoch auf den Monitoren mit Videobän- dern drei verschiedene Programme abgespielt, die in der für ihn charakteristischen Vi- deoästhetik entwickelt worden waren. Es handelte sich um eine rhythmische Abfolge schneller Videosequenzen, die von der Sammlung des Technischen Museum Wien, der

352 Zahradnik 2011, 104. 353 Zahradnik 2011, 107 f. 354 Zahradnik 2011, 105. 92 IV Wien urbanen Atmosphäre von Wien sowie den Einrichtungen der Baustelle der U-Bahn inspi- riert wurden. Diese Videobänder können heute wegen Defekten und mangelnder Ersatztei- le für die Anlage nicht mehr abgespielt werden, wodurch ein wesentlicher Teil der Installa- tion verloren ist. Der Titel des Werks und seine Aussage werden dadurch bestätigt und der Aspekt der Geschichtlichkeit, über den neuen Medien verfügen wird hervorgehoben. Durch kurze Innovationszyklen, sich rasch verändernde Techniken und die Abhängigkeit von bestimmten Abspielgeräten wird der vergängliche Charakter der Medienkunst ver- deutlicht.355

Abbildung 40: Nam June Paik, Skulptur Tele-Archäologie in der Station Schweglerstraße, 1994; Exponate auf dem Technischen Museum Wien in den Schachtbereichen der Station Schweglerstraße, 1994 (von links nach rechts) Quelle: Eigene Aufnahmen.

Neben Nam June Paiks Installation werden außerdem verschiedene Exponate des Techni- schen Museum Wien, wie Räder einer Lokomotive, einem Propeller, einem Mini Cooper oder einem Kleinflugzeug im Untergeschoss der Station ausgestellt (siehe Abb. 40, rechts).356 Weiters wurden an den Wänden des Gangs in Richtung des Ausgangs Benedikt- Schellinger-Gasse 22 verschiedenfarbige Portraits wichtiger österreichischer Physiker, Techniker und Erfinder angebracht (zwei dieser Portraits sind am rechten Bildrand des lin- ken Bildes von Abb. 40 zu sehen).

355 Zahradnik 2011, 105 f. 356 Hödl 2011, 173 ff. 93 IV Wien

Simmering und Enkplatz

Für den Vorplatz der Station Simmering schuf der österreichische Bildhauer Gottfried Kumpf (geb. 1930, Annaberg, Salzburg) die Skulptur Froschkönig, die auf einer Halbkugel aus Stahl in einem runden Brunnen steht (siehe Abb. 41, links). Bei der Skulptur handelt es sich um einen bemalten, 300 Kilogramm schweren Bronzeguss. Sie wurde im selben Jahr wie die Station selbst eingeweiht. Diese Plastik einer bekannten Märchenfigur ist charakte- ristisch für Kumpf, der neben Plakatserien oder Briefmarken auch bereits zahlreiche Skulp- turen für den öffentlichen Raum geschaffen hat. Bei diesen wie auch bei seinen Malereien überwiegen Tiere als Hauptmotive.357 Der Froschkönig steht als selbstbezügliches Objekt auf dem Vorplatz - die Verbindung zur Umgebung, wie sie von den Wiener Linien gefordert wird (siehe hierzu ausführlicher das Kapitel „Künstlerische Gestaltung“, 85 ff.),358 fehlt in diesem Fall.

Abbildung 41: Gottfried Kumpf, Skulptur Froschkönig auf dem Vorplatz der Station Simme- ring, 2000; Kunstwerk Belle Etage an der Decke des Stationsschachts bei dem Ausgang Gottschalkgasse der Station Enkplatz, 2000 (von links nach rechts) Quelle: Kumpf, Guni/Kolp, Paul, Froschkönig-Brunnen/Belle Etage, in: Wiener Linien GmbH & Co KG, (Hg.), Wiener U-Bahn-Kunst. Moderne Kunstwerke - Archäologische Funde - Zeitlose Architektur, Wien 2011, 158/150 oben.

Ebenfalls im Jahr 2000 wurde die Arbeit der beiden Künstlerinnen Ilse Haider (geb. 1965, Salzburg) und Mona Hahn (geb. 1968, Frankfurt/Main) realisiert, die als Atelier Haider- Hahn bereits für unterschiedliche Wettbewerbsbeteiligungen zusammenarbeiteten. Ihr Werk mit dem Titel Belle Etage befindet sich, von den Wiener Linien vorgegeben, an der

357 Pechlaner 2011, 158 ff. 358 Hödl 2011b, 18. 94 IV Wien

Decke des etwa 17 Meter hohen Stationsschachts bei dem Ausgang Gottschalkgasse der U3-Station Enkplatz im 11. Wiener Gemeindebezirk Simmering (siehe Abb. 41, rechts). Der Anbringungsort und die Raumhöhe können eine geringere Wahrnehmung des Werks durch die Fahrgäste zur Folge haben. Die vom Atelier Haider-Hahn inszenierte Farbfotografie, ein farbiges Diapositiv mit den Maßen 7 x 4,5 Meter, das sich in einem Leuchtkasten befindet, zeigt drei Bewohner und eine Bewohnerin des Bezirks Simmering, die von ihrem Gemein- debau-Balkon hinunter blicken. An zwei der Bildränder ragen die Gebäude eines großen Gemeindebaus in die Luft. Durch den blauen Himmel, der sich über ihnen erstreckt, wird die Höhe des Stationsschachts zusätzlich betont und perspektivisch in Anlehnung an baro- cke Deckengestaltungen fortgeführt. Die Künstlerinnen entschieden sich für einen Ge- meindebau, da die umfangreichen Gemeindebautätigkeiten für den Bezirk Simmering prä- gend sind. Die älteren Bewohner und die ältere Bewohnerin konnten durch ihr Alter einen Großteil des daraus resultierenden kontinuierlichen Wandels verfolgen. Mit dem von ihnen gewählten Titel Belle Etage beziehen sie sich ironisch auf die Beletage, das vornehm ausge- stattete Geschoss eines Wohnhauses.359

Kunst in der Wiener U-Bahn ab dem Jahr 2001: Ausweitung auf die Linien U1, U2 und U4

Museumsquartier

Die in Museumsquartier umbenannte Station Mariahilferstraße war eine der Stationen, deren Bahnsteige im Zuge der Verlängerung der U2 für den Einsatz von Langzügen umge- baut werden mussten. Während dieser Umbauphase brachte der österreichische Zeichner und Bildhauer Rudi Wach (geb. 1934, Hall in Tirol) bei den Wiener Linien den Vorschlag ein, die Station, in deren unmittelbarer Umgebung sich zahlreiche Museen, Galerien und ande- re Kulturinstitutionen befinden, künstlerisch zu bespielen. Die zugrunde liegende Idee war, die Passagiere auf die umliegenden Museen einzustimmen.360 Wach schuf für die Station Museumsquartier einen mit Lauf der Geschöpfe betitelten Werkzyklus, der Zeichnungen, ein Bronzerelief sowie drei Bronzeskulpturen umfasst und mit der Neueröffnung der Station im Jahr 2001 eingeweiht wurde.361 An den Wänden der beiden gegenüberliegenden Bahnsteige wurden achtzehn großformatige Bleistiftzeichnun- gen auf weißem Hintergrund in flachen Rahmen angebracht. Die überlebensgroßen Figu-

359 Schrage 2011, 146 ff. 360 Maurer (P.) 2011, 55. 361 Maurer (P.) 2011, 54 f. 95 IV Wien ren verfügen über überdimensionierte Hände oder Füße, die sich in beschwörender oder tänzerischen Stellung befinden, und Körper in gewundenen, gekrümmten oder verrenkten Haltungen oder dynamischen Bewegungen - die Verbindung zum Unbewussten, zum My- thos und Archetypischen ist erkennbar. Insgesamt sind sieben weibliche und sechs männli- che Figuren abgebildet sowie zwei Tierdarstellungen und drei symbolhafte Darstellungen. Die Zeichnungen auf dem Bahnsteig, an dem die Züge Richtung Karlsplatz halten, themati- sieren mit Die Geburt, Der Lebensbaum, Die Gabenbringende (siehe Abb. 42, Mitte), Der Alternde oder Die Tanzende (siehe Abb. 42, links, linke Bildseite, und Mitte) den Auf- und Untergang sowie das Miteinander des Lebens.362 Auf diesem Bahnsteig befindet sich neben den Zeichnungen außerdem ein mit Der Jubilierende betiteltes Bronzerelief, das sich über die komplette den Gleisen zugewandte Seite des Mittelpfeilers eines der Aufgänge er- streckt (siehe Abb. 42, links, rechte Bildseite). In der Figur des tanzenden, laufenden, mit erhobenen Armen das Licht begrüßend und bejubelnden Jubilierenden kulminieren die Darstellungen. Die Oberfläche des Reliefs ist rau und bewegt. Mit dieser Darstellung einer männlichen Figur ist die Anzahl der weiblichen und männlichen Figuren auf den Bahnstei- gen gleich. Mit Figuren wie Der Lichtbringer, Die Erdmutter oder Der Hirte beziehen sich die Zeichnungen des gegenüberliegenden Bahnsteigs auf die Schöpfung.363

362 Maurer (P.) 2011, 56 ff. 363 Maurer (P.) 2011, 58 f. 96 IV Wien

Abbildung 42: Rudi Wach, Ansicht der Stationsplattform mit der Zeichnung Die Tanzende (links) und dem Bronzerelief Der Jubilierende (rechts), Zeichnung Die Gabenbringende und Skulptur Lebenskeim aus dem Zyklus Lauf der Geschöpfe in der Station Museumsquartier, 2001 (von links nach rechts) Quelle: Wiener Linien/Wiener Linien/Prufer, Alexandra, Lauf der Geschöpfe, in: Wiener Linien GmbH & Co KG, (Hg.), Wiener U-Bahn-Kunst. Moderne Kunstwerke - Archäologische Funde - Zeitlose Architektur, Wien 2011, 59 oben/58 unten/56 rechts.

Für die Verteilerebene schuf der Künstler drei hohe Bronzeskulpturen, die über glatte, glänzende Oberflächen sowie kantige oder geschwungene Formen verfügen. Mit den Be- zeichnungen Tor des Verborgenen, Lebenskeim (siehe Abb. 42, rechts) und Wächter, Wachs tragen auch die Plastiken, wie auch die Zeichnungen und das Bronzerelief, sprechende Ti- tel. Wachs Werke sind geprägt von allegorischen und symbolhaften Gestalten, archaischen mensch-tierischen Wesen wie auch christologischen, heidnischen und kultischen Themen. Der Titel des Werks für die Wiener U-Bahn, Lauf der Geschöpfe, stellt einen Verweis auf den Kern seines künstlerisches Schaffens dar und ist als der naturgegebene Lauf der Welt und die Entwicklung der Menschen, die von einem göttlichen Schöpfer vorbestimmt wird, zu verstehen.364

U2-Lüftungsbauwerk am Schmerlingplatz

Bereits beim Bau wurde zum Zweck der Sicherheit und der Orientierungshilfe bei Nacht von den Wiener Linien die künstlerische Gestaltung des Lüftungsbauwerks der U2 am Wes- tenende des Schmerlingplatzes eingeplant. Auf dem kleinen begrünten Platz zwischen Fahrbahnen und Straßenbahngleisen hat das Gebäude über eine exponierte Lage.365

364 Maurer (P.) 2011, 55 f. 365 Maurer (L.) 2011, 61. 97 IV Wien

Es wurde für die Lüftungsanlage ein von Cécile Nordegg366 und Jonathan Berkh367 ur- sprünglich für eine Ausstellung im Unteren Belvedere erarbeitetes Konzept in adaptierter Form umgesetzt. Es handelte sich um eine Ausstellung in der Mittelalter- und Barock- sammlung im Jahr 2004, für die das Künstler-Duo große Tücher und Papiere mit struktu- rierten Farbflächen, in kräftigen Tönen, gestaltete, die harmonierend oder kontrastierend bei den mittelalterlichen und barocken Werken drapiert wurden.368 Die Künstlerin und der Künstler, die seit 1992 als Nordegg & Berkh zusammenarbeiten, konzentrieren sich in ihrer künstlerischen Arbeit auf die Raumgestaltung mit Farben und Licht.369

Abbildung 43: Cécile Nordegg und Jonathan Berkh, Lüftungsanlage der U2 am Schmerling- platz mit dem Kunstwerk Jahreszeiten und Detailansicht der Stoffbahnen, 2005 Quelle: Barowski, Winfried, Jahreszeiten, in: Wiener Linien GmbH & Co KG, (Hg.), Wiener U-Bahn-Kunst. Mo- derne Kunstwerke - Archäologische Funde - Zeitlose Architektur, Wien 2011, 36 oben ; Eigene Aufnahme.

Der das Straßenniveau überragende Teil des rechteckigen Lüftungsbaus der U2 mit den Maßen 5,5 x 14,5 x 3,3 Meter ist mit Glasflächen ummantelt. Im entstandenen Zwischen- raum montierten Nordegg & Berkh auf Stangen mit Acrylfarben und Tusche gestaltete Baumwollstoffbahnen (siehe Abb. 43, links und rechts). Zum Schutz vor dem Verblassen wurden die Stoffbahnen mit UV-Schutzlack behandelt. Die mit Jahreszeiten betitelte Ge- staltung besteht aus verschiedenen Farbflächen, wobei die Farben Blau, Grün, Gelb, Oran- ge und Rot dominieren. Größtenteils sind die stark strukturierten Flächen gegeneinander abgegrenzt, nur in wenigen Fällen gehen sie ineinander über. Durch die Raffungen der Stoffbahnen entstehen unterschiedliche Schatteneffekte (siehe Abb. 43, rechts). In der

366 Die Geburtsdaten dieser Künstlerin waren nicht auffindbar. 367 Die Geburtsdaten dieses Künstlers waren nicht auffindbar. 368 Maurer (L.) 2011, 60 f. 369 Maurer (L.) 2011, 64 f. 98 IV Wien

Nacht wird die Wirkung des Kunstwerks mittels Beleuchtung durch am Boden befestigte Neonröhren und die isolierte Lage des Baus verstärkt (siehe Abb. 43, links). Die Einweihung der Arbeit erfolgte im Jahr 2005.370

Karlsplatz Westpassage

Die Station Karlsplatz, bei der sich drei der Wiener U-Bahnlinien kreuzen, stellt mit einer Frequenz von etwa 200.000 Passagieren pro Tag eine der meist benutzten Stationen des U- Bahn-Systems dar. Neben den Bahnhöfen Wiens bildet sie einen wichtigen öffentlichen Verkehrsknotenpunkt.371 Bestandteil umfangreicher Maßnahmen zur Neugestaltung und damit Aufwertung des Wiener Karlsplatzes war auch die Erweiterung und Umgestaltung der Westpassage des U-Bahnhofs. Es wurde entschieden, dass diese Passage, initiiert durch Architekt Kurt Schlauss, im Gegensatz der restlichen Bereiche der U-Bahn, in denen Wer- bung erlaubt ist, durchgehend werbefrei bleibt und ein Ort signifikanter künstlerischer Zei- chensetzung werden sollte. Auf Initiative des Beirats für Kunst im Öffentlichen Raum Wien wurde im Jahr 2005 vom Wissenschaftszentrum Wien in Kooperation mit den Wiener Li- nien ein geladener intentionaler Wettbewerb für die künstlerische Gestaltung der West- passage ausgerichtet. Der kanadische Medienkünstler Ken Lum (geb. 1956, Vancouver) wurde von der Jury als Sieger ausgewählt und mit der Umsetzung seines Beitrags beauf- tragt.372 Der als Sohn chinesischer Einwanderer in Vancouver geborene Ken Lum betitelte sein für die Karlsplatz-Westpassage 2005/2006 errichtetes Medienkunstwerk mit Pi. Bei dieser, durch das Verhältnis eines Kreisumfang zu seinem Durchmesser definierten Zahl handelt es sich um eine irrationale, transzendente Zahl mit unendlich vielen Dezimalstellen, ohne wiederholendes Muster. Neben ihrer zentralen Funktion für Kreis- und Kugelberechnungen findet π auch über die Normalverteilung Verwendung in der Statistik. Die Zahl, die für den gesamten Installationszyklus titelgebend ist, ist als universelles Symbol für die Welt lesbar und bildet dadurch das alle Werkteile übergreifende Element. Die im mittleren Wandbe- reich der Passage positionierte Visualisierung der Zahl π bildet das Zentrum der Arbeit Lums. Nach der Abbildung der mathematischen Definition ist der Wert als fixierte Zahlen- folge mit 478 Stellen nach dem Komma auf eine mehrteilige verspiegelte Glaswand geätzt

370 Maurer (L.) 2011, 62 ff. 371 Renier 2011, 41. 372 Bruckschwaiger/Schöny/w.hoch2wei 2006, 3. 99 IV Wien

(siehe Abb. 44, links und Mitte). Anschließend erscheinen auf einer LED-Anzeige die letzten zehn Kommastellen, die von einem Computerprogramm laufend aktuell berechnet wer- den.373 Weitere vierzehn dieser verspiegelten Glaspaneele sind an den Wänden der Westpassage angebracht. Die von ihm kombinierte Verwendung von Text und statistischem Zahlenmate- rial bezeichnet Lum als Factoids. Bei diesen kann es sich einerseits um zählbare Tatsachen als auch andererseits trivialisierte Informationen, Beschreibungen oder Mutmaßungen, handeln.374 Unter geätzten Inschriften befinden sich LED-Anzeigen, die über ein digitales Netzwerk eingespielt, sich ständig aktualisierende Daten visualisieren.375 Grundlage der Veränderungen der Zahlen ist im Vorfeld sozialwissenschaftlich erhobenes statistisches Datenmaterial und darauf basierende mathematische Prognosemodelle sowie die Algo- rithmen, die mit diesen verknüpft sind. Erarbeitet wurden diese Daten von dem Sozialfor- schungsinstitut SORA. Einmal jährlich werden die Algorithmen einer Überprüfung unterzo- gen.376 Die sozialen, ökonomischen oder globalen Tatsachen, mit denen die Passagiere konfrontiert werden, basieren auf Schätzungen, mathematischen Annäherungen oder Be- obachtungen, wobei sich je nach den von Ken Lum ausgewählten Kategorien unterschiedli- che statistische Erfassungsprobleme ergeben. Factoids wie „Unterernährte Kinder welt- weit“ stellen komplexe, präzise erhobene Datensätze dar. Dagegen handelt es sich bei Pa- neelen wie „Verliebte in Wien heute“ um Mutmaßungen oder grobe Schätzungen. Manche der präsentierten Tatsachen, wie zum Beispiel „Angefallene Müllmenge in Wien seit 1. Jänner“ oder „Weltbevölkerung“ werden bereits lange statistisch erfasst.377 Weitere prä- sentierte Tatsachen sind beispielsweise „Landminenopfer seit 1. Jänner“ oder „HIV- Infektionen weltweit seit 1. Jänner“, aber auch „Entlehnte Bücher in Wien seit 1. Jän- ner“.378 Es wird der Verweis auf die Differenz globaler und lokaler Bezüge deutlich. Das Factoid „Verzehrte Schnitzel in Wien seit 1. Jänner“ (siehe Abb. 44, rechts) verfügt neben dem Lokalbezug auch über eine ironische Komponente.

373 Bruckschwaiger/Schöny/w.hoch2wei 2006, 7. 374 Schöny 2011, 30 und Bruckschwaiger 2006, 6. 375 Bruckschwaiger 2006, 5 und Schöny 2011, 28. 376 Schöny 2011, 30. 377 Bruckschwaiger 2006, 6. 378 Bruckschwaiger/Schöny/w.hoch2wei 2006, 8 f. 100 IV Wien

Abbildung 44: Ken Lum, Drei Ansichten des Werks Pi in der Station Karlsplatz, 2005/2006 Quelle: Missauer, Nora, Pi, in: Wiener Linien GmbH & Co KG, (Hg.), Wiener U-Bahn-Kunst. Moderne Kunst- werke - Archäologische Funde - Zeitlose Architektur, Wien 2011, 33 (links); Eigene Aufnahmen (Mitte und rechts).

Durch die Verspiegelung der Paneele werden Passanten und Passantinnen beim Vorüber- gehen auf ihr eigenes Spiegelbild aufmerksam und bei der Betrachtung performativ in das Werk miteinbezogen und mit der jeweils ausgegebenen Zahl verschränkt.379 Daraus ent- steht eine Dreieckssituation mit der Betrachterin bzw. dem Betrachter, deren bzw. dessen Spiegelung sowie dem Factoid als Eckpunkten. In dem dadurch entstehenden Erfahrungs- raum findet sich das Publikum in einem Reflexionszusammenhang wieder, in dem die Ver- knüpfung der Frage nach der eigenen Identität mit persönlichen Einstellungen zu sozialen, ökologischen und ökonomischen Veränderungen erfolgt.380 An der Abzweigung der Passage, die in Richtung Secession führt, positionierte der Künstler eine freistehende, einsehbare, ovale Vitrine (siehe Abb. 44, Spiegelung im mittleren Bild). Mit den ausgestellten Objekten wird die Arbeitssituation in einer Bibliothek zitiert. Ver- schiedene lexikalische und statistische Handbücher, Ausdrucken oder Broschüre sind ne- beneinander aufgestellt, übereinander gestapelt oder liegen aufgeschlagen, teilweise mit Markierungen versehen, auf dem Tisch. Sie stammen aus dem Zeitraum von 1888 bis 2006 und behandeln beispielsweise auch die Lehre von Archimedes, auf der die Zahl Pi basiert, oder das mathematische Dilemma der „Quadratur des Kreises“. Kern dieser Simulation einer Recherche zu Zahlen und bestimmten Daten bilden die Themen der Migration Bevöl- kerungsentwicklung, wozu durch aktuelle Standardwerke über die demographische und

379 Bruckschwaiger 2006, 5. 380 Schöny 2011, 33. 101 IV Wien statistische Wertberechnung übergeleitet wird. Es wird eine Auswahl an Publikationen von Statistikinstituten, internationalen inter- und nongouvernementalen Organisationen wie auch unabhängigen Forschungseinrichtungen gezeigt. Zu wichtigsten internationalen Re- ports zählen der International Migration Outlook Annual Report 2006 der OECD und der World Migration 2005. Costs and Benefits of International Migration der IOM.381 An einer Seite wurde in weißer Schrift ein Einführungstext zu dem Werk in deutscher und englischer Sprache auf der Glasscheibe angebracht. Außerdem befinden sich, ebenso in weißer Schrift, am unteren Scheibenrand Erläuterungen zu den ausgestellten Objekten. Ein Verweis auf das für die Installation zentrale Motiv der numerischen Darstellung erfolgt durch eine über dem Eingangsbereich der Hauptpassage angebrachte großformatige LED- Anzeige mit 14-stelligem Zählwerk hinter verspiegeltem Glas, die permanent neue Zahlen- kombinationen visualisiert.382

Taborstraße

Für den rechten Teil des Zugangsgebäudes zur U2-Station Taborstraße in der Novaragasse schuf die österreichische Künstlerin Ingeborg Strobl (geb. 1949, Schladming, Österreich) die mit ein Garten (zum Beispiel) betitelte Fassadengestaltung (siehe Abb. 45, links). Hinter dieser aus 56 Emailplatten bestehenden, mit unterschiedlichen Pflanzendarstellungen ver- sehenen großflächigen Arbeit befindet sich ein Brandrauchentlüftungsschacht. Das Werk besitzt eine Höhe von 26 Metern und eine Breite von 4,5 Metern und wurde im Jahr 2008, kurz vor der Station selbst, eingeweiht.383 Mit ihrer Arbeit nimmt Strobl Bezug auf zwei frühere Bezeichnungen der Novaragasse: von 1797-1812 hieß diese Gartengasse und von 1812-1862 Gärtnergasse. Sie setzt sich darin künstlerisch mit den fundamentalen Veränderungen auseinander, die die Gasse in den verschiedenen Jahrhunderten durchlaufen hat.384 Bereits zu einem frühen Zeitpunkt hat- ten sich in dieser Gasse zahlreiche Gärtner angesiedelt, was zu ihrer einstigen Bezeichnun- gen geführt hat.385 Als Vorlage für die Pflanzendarstellungen wurden von der Künstlerin Holzschnitte aus dem 19. Jahrhundert herangezogen. Außerdem ist in Ingeborg Strobls Arbeit ein Verweis auf die Novara-Expedition enthalten. Diese fand 1857-1859 statt und

381 Bruckschwaiger 2006, 6 und Bruckschwaiger/Schöny/w.hoch2wei 2006, 9. 382 Schöny 2011, 31. 383 KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien GmbH 2008, 1 f. 384 Maurer (L.) 2011, 67. 385 Kisch 1888, o. S., zit. n.: Maurer (L.) 2011, 68. 102 IV Wien stellt die erste große, von der österreichischen k. k Marine durchgeführte naturwissen- schaftliche Forschungsreise und Weltumsegelung dar.386 Bei ihrer Rückkehr brachte die Fregatte zahlreiche Exponate aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen, darunter etwa 26.000 zoologischer Art, mit.387

Abbildung 45: Ingeborg Strobl, Fassadengestaltung ein Garten (zum Beispiel) neben dem Zugang Novaragasse der Station Taborstraße, Informationstafel an der Wand des Eingangs Novaragasse, Detailansicht der Emailplatten und Behälter mit Informationsbroschüren beim Ausgang Taborstraße/Obere Augartenstraße, 2008 (im Uhrzeigersinn) Quelle: Eigene Aufnahmen.

In ihrer Arbeit verknüpft die Künstlerin diese unterschiedlichen inhaltlichen Komponenten und schafft ein Symbol für politisches ökologisches Bewusstsein inmitten des urbanen Raums, welches sich auf den Wert lokaler Lebensmittel, charakteristische Merkmale loka- ler Pflanzen oder den Wert eines privaten Nutzgartens bezieht.388 Die von ihr ausgewähl- ten Pflanzen, darunter rote Johannisbeere, Wegerich oder schwarzer Holunder, könnten alle in Wien gedeihen.389 Durch Strobls permanente künstlerische Installation erhält das

386 Maurer (L.) 2011, 67. 387 Wiener Linien GmbH & Co KG o. J., 10. 388 KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien GmbH 2008, 1. 389 REDAKTION 15.5.2008, o. S. 103 IV Wien

Stadtbild eine vitalisierende Komponente und es erfolgt eine Akzentuierung in dieser klei- nen Seitengasse.390 Als Hintergrund der Fassadenverkleidung wählte Strobl für die unteren zwei Drittel Violett, für das obere Drittel Weiß. Die Pflanzen sind in Weiß bzw. Schwarz aufgedruckt. Mit der das Werk dominierenden Farbe Violett korrespondiert das Werk farblich mit der Linien- Farbe der U2. Das für das Kunstwerk verwendete Material Email wird aufgrund des Um- standes, dass es keine Patina ansetzt und selbstreinigend die optische Strahlkraft dauer- haft behält, von den Wiener Linien bevorzugt für die Ausgestaltung von U-Bahn-Stationen herangezogen.391 Auf einer um die Ecke des Werks im Stationszugangsbereich montierten Tafel ist eine Schautafel mit Schwarz-Weiß-Abbildungen der Pflanzen inklusive einer deutschen und eng- lischen Beschreibung sowie der lateinischen Bezeichnung und eine kurze Werkbeschrei- bung abgedruckt (siehe Abb. 45, rechts oben). Außerdem sind bei dem anderen Ausgang der Station Informationsbroschüren in deutscher und englischer Sprache verfügbar (siehe Abb. 45, unten Mitte).

Praterstern

Für die Verbindungspassage zwischen U1 und U2 in der Station Praterstern, die auch an die Oberfläche zum Wiener Prater führt, schuf die österreichische Künstlerin Susanne Zemros- ser (geb. 1962, St. Veit/Glan, Kärnten) ein Emailgemälde mit dem Titel Einen Traum träu- men und ihn mit anderen teilen (siehe Abb. 46, links). Sie ging als Siegerin eines 2006 von den Wiener Linien ausgeschriebenen offenen Wettbewerbs hervor, der eine Wandgestal- tung suchte, die zu dem Besuch des Wiener Praters anregt, als Einstimmung dient und zu einer gefühlsmäßigen Verkürzung des Wegs durch den Gang beiträgt. Nach einer Entste- hungszeit von etwa zwei Jahren wurde Zemrossers Werk über den Wiener Wurstelprater im Jahr 2008 eingeweiht. Das Wandgemälde setzt sich aus nebeneinander angeordneten schmalen Paneelen zusammen und umfasst insgesamt eine Höhe von 2,5 Metern und eine Länge von etwa 50 Metern. Das Werk stellt damit das größte Emailgemälde der Welt dar und wurde aus diesem Grund auch im Guinessbuch der Rekorde aufgenommen.392

390 KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien GmbH 2008, 1. 391 KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien GmbH 2008, 2. 392 Maurer (P.) 2011, 47 ff. 104 IV Wien

Abbildung 46: Susanne Zemrosser, Emailgemälde Einen Traum träumen und ihn mit ande- ren teilen in der Verbindungspassage zwischen Linie U1 und U2 in der Station Praterstern und Detailansicht der Wurstelfrau Liss, 2008 (von links nach rechts) Quelle: Eigene Aufnahmen.

Mit ihrer durch „Leichtigkeit, Schwerelosigkeit, dem Hineinfließen in eine Welt des Zau- bers, der Poesie und Heiterkeit“393 geprägten, sich durch eine kindlich-naive Bildsprache auszeichnende Arbeit zielt Zemrosser darauf ab, den vorrübergehenden Personen „eine gute Stimmung mitzugeben“394.395 Im Mittelpunkt ihres Werks steht die Wurstelfrau Liss, die die Passagiere zu einer Reise entlang des roten Fadens einladen und abschließend gut gelaunt in den Prater entlassen soll (siehe Abb. 46, rechts).396 Dieser rote Faden verbindet die bunten Figuren und Objekte, unter ihnen Drachen, Bälle, Clowns, Pferde oder ein Grammophontrichter, die über die weiße Bildfläche zu fliegen oder schweben scheinen.397 Viele der abgebildeten Elemente stellen einen Verweis auf den alten Prater dar, wie zum Beispiel die Seiltänzer und die Luftakrobaten.398 Auch das Riesenrad oder die Achterbahn, die das Bild des Wiener Praters noch heute prägen, sind zu sehen.

Stadlau

Der österreichische Bildhauer und Fotograf Werner Feiersinger (geb. 1966, Brixlegg, Tirol) erhielt von den Wiener Linien den Auftrag am Ausgang Richtung Kaisermühlenstraße für einen der Brückenpfeiler der in Hochlage errichteten Station Stadlau eine Nepomuk-Figur

393 Zemrosser 2008, o. S. 394 Zemrosser 2008, o. S. 395 Maurer (P.) 2011, 48. 396 Zemrosser 2008, o. S. 397 Maurer (P.) 2011, 48 f. 398 Zemrosser, 2008, o. S. 105 IV Wien zu schaffen (siehe Abb. 47, rechts). Bei Nepomuk handelt es sich um den Schutzheiligen der Brücken. Er ist außerdem auch Patron der Schifffahrt sowie der Beichtväter und Pries- ter. Neben dem heiligen Christophorus und dem heiligen Florian, die unter anderem Rei- sende beziehungsweise gegen Feuer schützen, ist er der in Österreich am häufigsten dar- gestellte Schutzheilige. Seine Attribute sind das Kreuz, der Sternenkranz um den Kopf so- wie die Friedenspalme und er wird traditionellerweise in seiner Funktion als Priester dar- gestellt.399

Abbildung 47: Johann Brokoff, Nepomuk-Statue auf der Prager Karlsbrücke, 1683; Werner Feiersinger, Zwei Ansichten der Skulptur Nepomuk auf einem Tragpfeiler an der Ostseite des Stationsgebäudes des U-Bahnhofs Stadlau, 2010 (von links nach rechts) Quelle: Feiersinger, Werner/Barowski, Winfried/Media Wien, Nepomuk/Nepomukstatue von der Karlsbrücke in Prag/Nepomuk, in: Wiener Linien GmbH & Co KG, (Hg.), Wiener U-Bahn-Kunst. Moderne Kunstwerke - Archäologische Funde - Zeitlose Architektur, Wien 2011, 74/73/77 oben.

Vorbild für Feiersingers Gestaltung ist die Nepomuk-Skulptur des Bildhauers Johann Bro- koff von 1683, die auf der Prager Karlsbrücke steht (siehe Abb. 47, links). Der Künstler übernimmt jedoch nur deren Umriss, den er aus einem roten lackierten Stahlrohr nachbil- det (siehe Abb. 47, Mitte). Mit seiner Arbeit bezieht sich der Künstler auf die Verbindung der beiden Städte, hebt in der Nähe der Richtung Norden und Osten laufenden Bahnstre- cken, deren heute wieder enge Beziehung hervor. Eine Verbindung der früheren geistigen Funktion des Heiligen mit der heutigen Sicherungs- und Stützfunktion wird durch den

399 Maurer (P.) 2011, 73 ff. 106 IV Wien

Durchmesser des verwendeten Stahlrohrs hergestellt, der derselbe ist, wie jener der als Stützen an Stiegen zwingend vorgeschriebenen Handläufe.400 Feiersingers Skulptur, die 2010, im selben Jahr wie die Station selbst eingeweiht wurde, zeichnet sich durch Leichtigkeit und ihr zeichnerisches, graphisches Erscheinungsbild aus, wodurch sie einen Gegensatz zu dem voluminösen Pfeiler bildet. Wie auch bei der Figur selbst ist auch bei der vom Künstler gewählten grün lackierten Schrift ein Verweis auf kul- turelle Traditionen enthalten. Bei dem verwendeten Schrifttypus handelt es sich um eine Variation jener auf der Trajanssäule in Rom (siehe Abb. 47, Mitte). Dies stellt einen Verweis auf die mediengeschichtlich wichtige Rolle, die öffentlichen Bekundungen auf Pfeilern und Säulen zukommt, dar. Die von Feiersinger gewählte Umsetzungsform würde auch die seri- elle Produktion möglich machen, wodurch ein Bezug zur Vorbildfunktion, die die Prager Nepomuk-Figur innehat, hergestellt wird.401

Karlsplatz oberes Zwischengeschoss

Ein weiteres Werk für die Station Karlsplatz wurde vom österreichische Künstler Peter Kog- ler (geb. 1959, Innsbruck) für das über dem Kreuzungsbereich des U1- und des U2- liegende sogenannte obere Zwischengeschoss, das als Verteilerebene fungiert, über die der Zugang zu den Linien U1 und U2 möglich ist, geschaffen. Es handelt sich um eine raum- greifende Wandinstallation (siehe Abb. 48, links und rechts).402 Die im Jahr 2012 einge- weihte künstlerische Arbeit stellt ein weiteres Projekt dar, das aus der langjährigen Koope- ration der Wiener Linien mit der KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien GmbH entstand.403 Die Bild- und Formensprache Peter Koglers, der national wie international bereits ver- schiedene Werke für die Bereiche Kunst am Bau und Kunst im öffentlichen Raum geschaf- fen hat - so auch beispielsweise die Wandinstallation für die Grazer Bahnhofshalle im Jahr 2003 - besteht aus prägnanten, wiederkehrenden Motiven, die sich aus abstrakten und organischen Formen, wie Ameise, Gehirn oder Röhre zusammensetzen.404 Das Motiv der Wandgestaltung des Karlsplatz-Zwischengeschosses setzt sich aus schmalen und breiten hellgrauen Röhren vor weißem Hintergrund zusammen, die in alle Richtungen streben. Diese computergenerierten Röhrenformen fügen sich zu einem Netzwerk zusam-

400 Maurer (P.) 2011, 74. 401 Maurer (P.) 2011, 76 f. 402 Loreth/Mauracher/Zöchling 2012, 21. 403 Hödl 2012, 8. 404 Renier 2011, 42. 107 IV Wien men, dass sich über die gesamten Wandflächen spannt und darauf zielt, das reale Raumge- füge virtuell zu öffnen und zu erweitern.405 Die vom Künstler gewählten Farben sind auf die niedrige Raumhöhe des Geschosses abgestimmt und das Wandmotiv fügt sich mit der aus den 1970er Jahren stammenden Architektur zu einem Ensemble zusammen, deren Charak- ter erhalten bleibt.406 Die Installation besteht aus insgesamt 193 Glaselementen, die im Siebdruckverfahren bedruckt wurden und greift räumlich auch auf die Stiegen- und Roll- treppenwände über.407 Die netzwerkartigen Verzweigungen der Röhrenformen korrespon- dieren mit dem komplexen Geflecht von Bewegungs- und Raumschleusen, das aus Stiegen, Rolltreppen, Passagen, Tunnels und Gleisen der U-Bahn-Stationen und dem Linien-Netz gebildet wird. Indem sie diese weitgehend verborgen bleibenden unterirdischen Verkehrs- strukturen in symbolische Bilder übersetzt, erhält die Installation Koglers eine spiegelbildli- che Funktion.408 Seine Arbeit im Karlsplatz-Zwischengeschoss ist, wie auch seine übrigen Arbeiten, im schnellen Vorbeigehen gut lesbar, verfügt aber dennoch über Überlagerungen verschiedenster Referenzsysteme.409 Zur Information über Koglers Werk wurde auf einer an einer der Wände montierten Tafel ein Informationstext über die Installation abgedruckt, daneben steht auch die publizierte Informationsbroschüre zur freien Entnahme zur Verfügung (siehe Abb. 48, rechts).

Abbildung 48: Peter Kogler, Zwei Ansichten der Gestaltung des Zwischengeschosses der Station Karlsplatz, 2011 (von links nach rechts) Quelle: Eigene Aufnahmen.

405 Fuchs 2012, 12 und Renier 2011, 44. 406 Renier 2011, 44. 407 Loreth/Mauracher/Zöchling 2012, 21. 408 Fuchs 2012, 12. 409 Renier 2011, 42. 108 IV Wien

4 Temporäre Kunstwerke

Neben der kontinuierlichen Realisierung permanenter Kunstwerke entlang der Linien der Wiener U-Bahn wurden auch zahlreiche temporäre künstlerische Arbeiten umgesetzt. Den Anfang bildete die Glasvitrine in der Station Schottentor, die 1981 auf Initiative des Archi- tekten Kurt Schlauss Absolventen und Absolventinnen der Akademie der bildenden Künste Wien für die Präsentation wechselnder Ausstellungen zur Verfügung gestellt wurde.410 Seit dem Jahr 2008 werden dort wieder Arbeiten von Studierenden der Akademie wie auch anderen Künstlern und Künstlerinnen präsentiert. Ein Beispiel hierfür ist die mit Drei Chine- sen in der Qinghai-Tibet Bahn betitelte Arbeit der Künstlerin Barbara Krobath (geb. 1959411), die den Konflikt zwischen Tibet und China zum Thema hat, und die im Jahr 2008 in der Vitrine präsentiert wurde (siehe Abb. 49, Mitte).412

Viele der temporären Kunstwerke, wie jenes von Barbara Krobath, wurden in Zusammen- arbeit mit der KÖR Kunst im öffentlichen Raum GmbH realisiert. Bei diesen handelt es sich jeweils um in Auftrag gegebene Werke und es erfolgt nicht der Ankauf von bereits beste- henden künstlerischen Arbeiten.413 Ebenso wird die Bedeutung der Werkinhalte sowie des Bezugs zur Umgebung der künstlerischen Arbeiten hervorgehoben.414 Die umgesetzten Kunstwerke weisen eine große Bandbreite an unterschiedlichen Materialien und Aus- drucksformen wie beispielsweise Plakaten, Zeitungen, Videos oder Lichtinstallationen auf. In einigen Fällen wurden die künstlerischen Arbeiten nicht ausschließlich in U-Bahn- Stationen realisiert, sondern erstreckten sich auch auf andere Bereiche des öffentlichen Raums.415 Dies war beispielsweise bei der von den Künstlern Oliver Ressler (geb. 1970, Knittelfeld) und Martin Krenn (geb. 1970, Wien) realisierten Plakatserie Die Neue Rechte - Materialien für die Demontage, die im November 1995 an 36 Standorten im Wiener Stadt- raum sowie verschiedenen U-Bahn-Stationen affichiert wurde (siehe Abb. 49, links). Aus- gangspunkt ihrer Arbeit war die im Jahr davor erschienene Publikation Die selbstbewusste Nation, die den Versuch der Verbreitung neurechten Ideenguts und der Etablierung des

410 Hödl 2011b, 15. 411 Der Geburtsort dieser Künstlerin war nicht auffindbar. 412 KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien GmbH o. J.a, o. S. 413 KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien GmbH o. J.b, o. S. 414 KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien GmbH o. J.c, o. S. 415 KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien GmbH o. J.b, o. S. 109 IV Wien

Begriffs der „Neuen Rechten“416 von nationalkonservativen Autoren und Autorinnen dar- stellte. In der Plakatserie wurden neurechten Äußerungen ausgewählte kritische Positio- nen gegenübergestellt.417

Abbildung 49: Oliver Ressler und Martin Krenn, Plakat aus der Serie Die Neue Rechte - Ma- terialien für die Demontage in einer Wiener U-Bahn-Station, 1995; Barbara Krobath, Arbeit Drei Chinesen in der Qinghai-Tibet Bahn in der Vitrine in der Station Schottentor, 2008; Oliver Hoelzl_ LIVIL, Werkpräsentation im Red Carpet Showroom Karlsplatz in der Station Karlsplatz, 2013 (von links nach rechts) Quelle: Ressler, Oliver, Die Neue Rechte – Materialien für die Demontage, , in: Installations, videos and projects in public space by Oliver Ressler, , 24.7.2013; KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien Gmbh (Hg.) (o. J.d), Barbara Krobath, Drei Chinesen in der Qinghai-Tibet Bahn, 2008, , in: KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien, , 24.7.2013; Olivier Hölzl/LIVIL (2013), Wien Karlsplatz/RC Showroom , in: OLIVIER HOELZL_LIVIL, , 24.7.2013.

Ein aktuelles Beispiel für temporäre Kunst in der Wiener U-Bahn ist der im Mai 2013 eröff- nete Red Carpet Showroom in der Station Karlsplatz. Oliver Hoelzl (geb. 1979, Innsbruck) alias LIVIL war der erste Künstler, dessen Werk in der auf Initiative von Roter Teppich für junge Kunst, einem langfristigen Förderungsprojekt für junge Künstler und Künstlerin- nen,418 eingerichteten Ausstellungsfläche auf der Umsteigeplattform zwischen den Linien U1, U2 und U4 präsentiert wurde (siehe Abb. 49, rechts). Bei dem großformatigen Werk handelt es sich um eine Art Scherenschnitt mit der Darstellung einer Menschengruppe, der

416 Ressler o. J., o. S. 417 Ressler o. J., o. S. 418 Roter Teppich – Verein zur Förderung junger Kunst o. J., o. S. 110 IV Wien von hinten mit blauem Licht beleuchtet wird. Die Ausstellungen werden zunächst alle zwei Wochen, ab nächstem Jahr wöchentlich wechseln.419

5 Vandalismus

Neben der größtenteils positiven Rezeption des künstlerischen Engagements der Wiener Linien im Bereich des U-Bahn-Systems, gibt das Unternehmen auch an, dass sich die Reali- sierung von Kunstwerken auch in Bezug auf Vandalismus als positiv erwiesen hat. In den Bereichen, die über eine künstlerische Gestaltung verfügen und bei denen qualitativ hoch- wertige Materialien zum Einsatz kamen, verzeichnete das Verkehrsunternehmen signifi- kant weniger Beschädigungen durch Vandalismus.420

Abbildung 50: Verein Graffiti Union, Eines der Pieces von Styl’s and Characters an der U- Bahn-Stützmauer in der Paltaufgasse in der Nähe der Station Ottakring, 1998 Quelle: Wiener Linien, Styl’s and Characters, in: Wiener Linien GmbH & Co KG, (Hg.), Wiener U-Bahn-Kunst. Moderne Kunstwerke - Archäologische Funde - Zeitlose Architektur, Wien 2011, 90.

Die Beauftragung von vier Graffiti-Pieces im Jahr 1997 an einer U-Bahn-Stützmauer in der Nähe der U3-Endstation Ottakring stellen einen Versuch des Entgegenwirkens zukünftiger Beschädigungen durch Besprayungen der U-Bahnbauten und -Züge von Seite der Wiener Linien dar. Graffiti erlangten vor allem nach Ende des Jahres 1970 als New York Subway- Graffiti weltweit Bekanntheit. In der Folge wurden auch in Wien, neben den Zügen der Österreichischen Bundesbahnen, häufig die Züge und die Bauwerken der U-Bahn gesprayt, was zu großen Konflikten und zahlreichen strafrechtlichen und zivilrechtlichen Verfahren führte. Eines der realisierten Pieces zeigte einen jungen Graffiti-Writer nach Fertigstellung

419 Stadt Wien 17.5.2013, o. S. 420 Hödl 2011b, 20. 111 IV Wien des Schriftzugs „Ottakring“ (siehe Abb. 50). Insgesamt zehn junge Sprayer gestalteten die vier Graffiti. Von ihren Honoraren wurde die Hälfte von den Wiener Linien als Beitrag zur Schadenswiedergutmachung einbehalten. Heute sind die originalen Graffiti nicht mehr erhalten. Sie wurden aufgrund des unzulänglichen Maueruntergrunds beschädigt und durch neue ersetzt. Jedoch auch diese weisen bereits wieder Schäden auf.421

6 Kommunikation und Vermittlung

In den Stationen wurde neben oder auf einem Großteil der Kunstwerke ein Informations- text zu der Künstlerin bzw. dem Künstler sowie dem jeweiligen Werk angebracht. Beispiele für derartige Informationstafeln sind auf den Abbildungen zu Ingeborg Strobls Werk ein Garten (zum Beispiel) sowie Peter Koglers Installation im Karlsplatz-Zwischengeschoss zu sehen (siehe Abb. 45, rechts oben, und Abb. 48, rechts). Bei Ersterem wurde die Tafel um die Ecke des Werks an der Wand des Zugangsbereichs der Station angebracht, bei Letzte- rem befindet sie sich direkt auf einem der Glaspaneele der Installation. Der Umfang der präsentierten Informationen variiert je nach Werk. Während bei manchen Arbeiten nur sehr knapp über die Künstlerin bzw. den Künstler und ihre bzw. seine Arbeit informiert wird, erfolgt bei Werken wie beispielsweise Pi von Ken Lum oder Der Planet der Pendler mit drei Zeitmonden von Kurt Hofstetter eine detailliertere Werkbeschreibung. Die auf den Tafeln abgedruckten Informationen sind in der Regel in deutscher und in englischer Spra- che vorhanden. Eine Ausnahme bildet unter anderem Rudi Wachs Werk in der Station Mu- seumsquartier. In einer der in der U2-Linien-Farbe violett gefärbten Vitrinen, die an den Wänden der Bahnsteige montiert sind und in denen normalerweise Fahrpläne, Verkehrsli- nienpläne oder ähnliche Informationen für Fahrgäste ausgehängt werden, erfolgt eine kur- ze Beschreibung von Rudi Wachs Werkzyklus nur auf Deutsch. Für einige der Kunstwerke wurden darüber hinaus auch Informationsfolder produziert, die in, in der Regel neben der Arbeit angebrachten, durchsichtigen Plexiglas-Behältnissen für interessierte Passagiere zur freien Entnahme verfügbar sind. Beispiele hierfür sind wieder auf den Abbildungen der Werke Ingeborg Strobls und Peter Koglers zu sehen (siehe Abb. 45, unten Mitte, und Abb. 48, rechts). Im Fall von Ingeborg Strobls Werk ein Garten (zum Beispiel) bei der Station Taborstraße befinden sich die Broschüren nicht bei dem betref- fenden, sondern bei dem am anderen Stationsende liegenden Aufgang Taborstraße/Obere

421 Schrage 2011, 86 und 89 ff. 112 IV Wien

Augartenstraße. Die Folder enthalten einerseits unter anderem detaillierte Werkbeschrei- bungen, Hintergrundinformationen über die Intention der Künstlerin bzw. des Künstlers, die Umsetzung des Werks wie auch die Geschichte der Station sowie eine kurze Biographie der Künstlerin bzw. des Künstlers. Andererseits beinhalten sie umfangreiches Bildmaterial bestehend beispielsweise aus Werkansichten, Abbildungen von den Aufbauarbeiten oder den Eröffnungsfeierlichkeiten. Die Folder sind jeweils zweisprachig, in deutscher und engli- scher Sprache, verfasst.422 In manchen Fällen, wie beispielsweise anlässlich der Eröffnung von Peter Koglers Installati- on, erfolgt auch über die Unternehmenswebseite eine kurze Information über die Umset- zung künstlerischer Werke in der Wiener U-Bahn.423 Anlässlich des 20-jährigen Jubiläums der sogenannten „Kunst-Linie“424 U3 wurde im Jahr 2011 unter dem Titel „Wiener U-Bahn-Kunst. Moderne Kunstwerke - Archäologische Funde - Zeitlose Architektur“425 von den Wiener Linien ein Bildband über die künstlerische Gestal- tung der U-Bahn-Stationen herausgebracht. Kern dieser Publikation bilden die Beschrei- bungen der einzelnen Kunstwerke inklusive Informationen über Künstler und Künstlerin- nen sowie umfangreichem Bildmaterial. Ein weiterer Abschnitt hat die archäologischen Funde, die im Rahmen des U-Bahn-Baus entdeckt wurden, zum Inhalt. In einem abschlie- ßenden Kapitel erfolgt ein Abriss über die Planungsgeschichte und die architektonischen Konzepte der Wiener U-Bahn. Der Publikation angefügt sind eine DVD, die eine filmische Dokumentation der Kunstinstallationen in der U-Bahn enthält, sowie zwei CDs mit musika- lischen Interpretationen zu jedem Kunstwerk, die als assoziativer Hintergrund beim Lesen des Buches dienen sollen.426 Die Publikation des Buches erfolgte in deutscher Sprache, eine fremdsprachige Übersetzung wurde bis zum heutigen Zeitpunkt noch nicht veröffentlicht.

7 Zusammenfassung

In Wien nahm die architektonische Gestaltung der U-Bahn von Beginn an einen großen Stellenwert ein. Das Konzept Otto Wagners für die Wiener Stadtbahn, auf der das spätere U-Bahnnetz basierte, wurde von den jeweils für die gestalterischen Aufgaben verantwortli-

422 Wiener Linien GmbH & Co. KG, o. J., o. S. und Wiener Linien GmbH & Co. KG, 2012a, o. S. 423 Wiener Linien GmbH & Co KG 2013b, o. S. 424 Brauner 2011, 7. 425 Wiener Linien GmbH & Co KG 2011, o. S. 426 Steinbauer 2011, 9. 113 IV Wien chen Architekten weitergeführt und die Umsetzung eines einheitlichen Gestaltungssystems angestrebt. Mit der Umsetzung einer permanenten künstlerischen U-Bahn-Gestaltung wurde erst in der zweiten Ausbauphase begonnen. Den Anfang bildete die Beauftragung Anton Lehmdens mit Werken für die Bahnsteighalle der Station Volkstheater im Jahr 1987. Von diesem Zeitpunkt an wurde von den Wiener Linien eine Reihe von nationalen und interna- tionalen Künstlern mit der Umsetzung von permanenten Kunstwerken für die U-Bahn be- auftragt. Zu Beginn handelte es sich dabei ausschließlich um die Stationen der Linie U3, wo die Konzeptionierung der künstlerischen Gestaltung größtenteils bereits im Rahmen der Bauphase erfolgte. Aufgrund der zahlreichen entlang dieser Linie realisierten Arbeiten wird diese auch als sogenannte „Kunst-Linie“427 des Wiener U-Bahnsystems bezeichnet. Ab dem Jahr 2001 erfolgte schließlich die Ausweitung der Installierung von Kunstwerken auch auf andere Linien des Netzes. Bei diesen erfolgte die Beauftragung ebenso zu einem Großteil bei Stationsneu- oder -umbauten, nur selten nach Abschluss der Bauarbeiten. Bis zum heu- tigen Zeitpunkt wurden in mehr als 15 U-Bahn-Stationen über 22 permanente Kunstwerke realisiert.428 Daneben werden auch bei den U-Bahn-Bauarbeiten entdeckte archäologische Funde in die Stationen integriert, wie zum Beispiel Teile der freigelegte alten Stadtmauer in der Station Stubentor. Für die Auswahl der Kunstwerke kamen unterschiedliche Verfahren zur Anwendung. Von offenen Wettbewerben, wie beispielsweise für die Werke in der Westpassage der Station Karlsplatz oder die Verbindungspassage im U-Bahnhof Praterstern bis hin zur Umsetzung einer bestimmten künstlerischen Idee an einem speziellen Ort wie im Fall von Rudi Wach bei der Station Museumsquartier. In manchen Fällen, wie bei dem Werk Belle Etage des Ateliers Haider-Hahn in der Station Enkplatz wurde von den Wiener Linien der für die künstlerische Bespielung vorgesehene Ort ganz konkret vorgegeben. Durch die künstlerische Gestaltung wird von den Wiener Linien das Ziel verfolgt, eine äs- thetische Aufwertung der Stationen und damit ein gesteigertes Wohlgefühl der Passagiere zu erreichen. Besonders bei den Werken Anton Lehmdens, Susanne Zemrossers oder Peter Koglers wurde diese Zielsetzung deutlich umgesetzt. Von den Wiener Linien wird außerdem die Wichtigkeit des Bezugs der künstlerischen Arbeit zu der jeweiligen Umgebung hervor-

427 Brauner 2011, 7. 428 Wiener Linien GmbH & Co KG 2011, 287. 114 IV Wien gehoben und als zentrales Kriterium für die Werkauswahl genannt. Bei manchen der reali- sierten Werke ist ein Ortsbezug enthalten - unter anderem bei Hofstetter Kurts Planet der Pendler mit den drei Zeitmonden oder Ingeborg Strobls ein Garten (zum Beispiel). Bei ande- ren Arbeiten wurde dies weniger bis gar nicht umgesetzt, so beispielsweise beim Frosch- könig-Brunnen. Manche Werke, wie Nam June Paiks Installation in der Station Schwegler- straße, haben allgemein die U-Bahn und deren Bau sowie die Stadt Wien zum Inhalt. Eini- gen Werken ist das Thema der Natur, deren Entwicklungsgeschichte und Veränderung, gemeinsam, so zum Beispiel bei Anton Lehmdens Werk Das Werden der Natur oder Adolf Frohners Wandskulptur Circa 55 Schritte durch Europa. Bei zwei der besprochenen Werke, Pi und Planet der Pendler mit den drei Zeitmonden, werden die Passanten und Passantinnen zu einem Bestandteil der künstlerischen Arbeit. Durch die Spiegelung in den Glaspaneelen bzw. die Übertragung ihrer Bewegungsströme von der Verbindungspassage auf die Monitore auf den Plattformen kommt es zu einer In- teraktion. Bei beiden handelt es sich um permanente Kunstwerke, die jedoch von einer laufende Veränderung geprägt sind - insbesondere bei Ken Lums Arbeit wird dies durch die kontinuierliche Aktualisierung der Daten besonders deutlich. Trotz dieses Umstandes ist es jedoch auch bei diesen Werken möglich, dass bei mehrmaligem Passieren die ihnen zuge- teilte Aufmerksamkeit abnimmt.429 Neben permanenten Werken werden auch temporäre künstlerische Arbeiten in der U-Bahn realisiert, zum ersten Mal bereits im Jahr 1981, auf Initiative des Stations- Architekten Kurt Schlauss. Danach erfolgte die Umsetzung vor allem durch die KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien GmbH. Der im Mai 2013 eingeweihte, auf Initiative des Pro- jekts Roter Teppich für junge Kunst realisierte Red Carpet Showroom in der Station Karls- platz stellt die jüngste Umsetzung von Kunst dar.

429 Fenz o. J., o. S. 115 V Vergleich

V Vergleich

In den vorangegangenen Abschnitten der vorliegenden Arbeit wurde die künstlerische Ge- staltung der U-Bahn-Systeme der drei Städte Moskau, Stockholm und Wien betrachtet. Ausgehend von der Motivation, die der Umsetzung einer künstlerischen U-Bahn- Gestaltung zugrunde lag, über die Konzepte, die zur Anwendung kamen und künstlerischen Arbeiten, die zur Realisierung ausgewählt wurden, über die Art der Vermittlung des künst- lerischen Programms sind große Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten erkennbar. Die Besonderheiten, Unterschiede und Übereinstimmungen der realisierten künstlerischen Programmen in der Moskauer Metro, der Stockholmer Tunnelbana sowie der Wiener U-Bahn werden abschließend in der folgenden vergleichenden Betrachtung einander ge- genübergestellt.

1 Motivation, Ziele und Konzept

In Moskau, wo die für den Bau der Metro verantwortliche Organisation Metrostroj starke Verflechtungen mit den obersten Ebenen der kommunistischen Partei aufwies und sich auch Stalin bei bestimmten Entscheidungen beteiligte, lagen der künstlerischen Gestaltung der U-Bahn insbesondere politische Motive zugrunde. Sie erfolgte auf Initiative beteiligter hoher Parteifunktionäre und hatte vor allem die Erreichung parteipolitische Ziele. Als ein Prestigeprojekt des sowjetischen Systems sollte sich die Moskauer Metro deutlich von U- Bahn-Systemen kapitalistischer, westlicher Städte unterscheiden. Durch eine aufwändige, kostbare Ausstattung und prunkvolle Ausgestaltung sollte ein gesteigertes Wohlgefühl der Passagiere bei der Benützung der Metro erreicht werden und ihnen das Gefühl genommen werden, dass sie sich unter der Erde befinden. Es sollten unterirdische Paläste für die Mos- kauer Bevölkerung geschaffen und damit jeder Bürgerin und jedem Bürger der Zugang zu derartiger Architektur und zu Kunstwerken ermöglicht werden. Bei der Gestaltung der Metro-Stationen wurde in Moskau der Schwerpunkt vor allem auf die architektonische Gestaltung gelegt, in die künstlerischer Werke wie Mosaiken oder Skulpturen integriert wurden. In Stockholm kam die Initiative für die künstlerische Ausgestaltung von U-Bahn-Stationen von Künstlern und Künstlerinnen. Für die Ausschreibung der ersten zwei Wettbewerbe wurden mehrere Anträge diesbezüglich im Stockholmer Stadtrat eingereicht. Die Einstel- lung der Stockholmer Verkehrsgesellschaft AB Storstockholms Lokaltrafik gegenüber der

116 V Vergleich

Umsetzung einer künstlerischen Bespielung der Stationen hat sich vom Zeitpunkt der ers- ten Wettbewerbsausschreibung an bis heute stark verändert. Wohingegen sie zu Beginn der künstlerischen Stationsgestaltung eher ablehnend gegenüber stand, wurde später ein eigener Kunstbeirat eingerichtet. Heute ist die sogenannte SL Art Group für die Kunst in allen Transportsystemen, die vom Unternehmen verwaltet werden, verantwortlich. Die AB Storstockholms Lokaltrafik begründet ihr künstlerisches Engagement damit, dass die U-Bahn-Stationen dadurch als schöner und sicherer wahrgenommen werden. Von Seite des Verkehrsunternehmens wird also vor allem auch die visuelle und dekorative Wirkung der Kunstwerke hervorgehoben, die mit der künstlerischen Gestaltung erzielt werden soll. Die eigene Identität, die den Stationen durch die künstlerische Bespielung verliehen wird, trägt auch zur leichteren Orientierung innerhalb des U-Bahnnetzes bei. Das Unternehmen argumentiert außerdem, dass durch die Kunst in den Stationen Sachbeschädigungen und Vandalismus verringert werden können. In Wien wurde die Beauftragung des ersten Kunstwerks für die U-Bahn vom Architekten der betreffenden Station initiiert und aufgrund der positiven Rezeption erfolgte bald die Ausweitung der künstlerischen Bespielung auf andere Stationen und Linien. Die Wiener Linien zielen mit der Realisierung von Kunstwerken in der U-Bahn auf eine über die funkti- onalen Eigenschaften der Stationen hinausgehende ästhetische Aufwertung ab, die zu ei- nem gesteigerten Wohlgefühl der Passagiere führen soll. Bezüglich der Auswahl der künst- lerischen Arbeiten nennt das Verkehrsunternehmen die Sitespecifity der Werke als zentra- les Kriterium - die dem Kunstwerk zugrundeliegende Idee und der Bezug zur Geschichte und Umgebung des Stationsortes sind von hervorragender Bedeutung. Auch wird vom Verkehrsunternehmen, ebenso wie in Stockholm, die Installation künstlerischer Werke in der U-Bahn damit begründet, dass in Stationen, die über eine künstlerische Bespielung verfügen, wesentlich weniger Beschädigungen durch Vandalismus verzeichnet werden.

2 Zeitpunkt der Realisierung

In Moskau war die künstlerische Stationsgestaltung von Beginn des Metrobaus an in die Planungen integriert und wurde bereits bei der ersten eröffneten Station umgesetzt. Dies wurde auch in späteren Bauperioden beibehalten. Bis auf die Galerie Metro, im Rahmen derer wechselnde Fotoausstellungen präsentiert werden, wurden keine Werke nachträg- lich in den Stationen installiert.

117 V Vergleich

Bei der Stockholmer U-Bahn wurde die Integration von Kunstwerken in die U-Bahn- Stationen ebenso bereits in der ersten Bauphase diskutiert. Die ersten Stationen wurden jedoch ohne künstlerische Bespielung eröffnet, da noch keine endgültige Entscheidung hierüber gefällt worden war. Als der Bau der Station T-Centralen schließlich beinahe abge- schlossen war wurde eine künstlerische Ausgestaltung entschieden. Der U-Bahnhof stellt bis heute jenen mit den meisten Kunstwerke im gesamten Netzwerk dar. Bei vielen in spä- teren Bauphasen errichteten Stationen wurden Konzepte zur künstlerischen Bespielung bereits zu Beginn an integriert. Aber auch nachträglich wurden bzw. werden bis heute viele Kunstwerke in bestehenden Stationen installiert. Dies geschieht unter anderem auch mit dem Argument, dass auf diese Weise weiterhin Künstler und Künstlerinnen die Möglichkeit erhalten, ihre Werke in den U-Bahn-Stationen zu präsentieren, auch wenn zur Zeit keine neuen U-Bahnhöfe in Bau sind. Mit der Umsetzung einer künstlerischen Stationsgestaltung wurde in Wien erst im Zuge der zweiten Ausbauphase begonnen. In dieser wurden zu Beginn ausschließlich bei Statio- nen der Linie U3 künstlerische Arbeiten integriert, später wurde die Installation künstleri- scher Arbeiten auf die Stationen anderer Linien ausgeweitet. Die Planung der künstleri- schen Stationsbespielung erfolgte dabei bis heute größtenteils bereits während der Neu- oder Umbauphasen und nicht im Nachhinein, wie es in Stockholm der Fall ist.

3 Auswahl der Künstler und Künstlerinnen

Die Auswahl der Künstler und Künstlerinnen für die Ausgestaltung der Metro-Stationen in Moskau erfolgte vorwiegend über die Ausschreibung von Wettbewerben. Beeinflusst wur- de die Gestaltung der Stationen von Seite des Verkehrsunternehmens über die Vorgabe von Gestaltungsrichtlinien und die Veranlassung nachträglicher Änderungen. Darüber hin- aus ist anzumerken, dass häufig auch von der Regierung favorisierte Künstler beauftragt wurden. In Stockholm wurden für die Gestaltung vieler Stationen Wettbewerbe ausgeschrieben. Auch heute noch erfolgt bei großen Projekten eine Wettbewerbsausschreibung. Für die Beauftragung der meisten sowohl permanenten als auch temporären Kunstwerke werden hingegen von Mitgliedern der SL Art Group Künstler und Künstlerinnen vorgeschlagenen, von denen zwei bis drei ausgewählt und mit der Ausarbeitung von Vorschlägen beauftragt

118 V Vergleich werden. Eine oder einer davon wird schließlich mit der Umsetzung der Einreichung beauf- tragt. Für den Großteil der in den Stationen der Wiener U-Bahn realisierten Werke erfolgte die Ausschreibung von offenen Wettbewerben für die Auswahl der Künstler und Künstlerin- nen. Bei der Juryzusammensetzung wurde von den Wiener Linien auf die Einbindung von Kunstexperten und -expertinnen, den betroffenen Architekten und Architektinnen sowie Fahrgast- und Bezirksvertretern und -vertreterinnen großer Wert gelegt. Eine wichtige Rol- le im Rahmen des künstlerischen Engagements der Wiener Linien nimmt auch die KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien GmbH ein, die in beratender Funktion tätig ist sowie als Co-Organisator fungiert und in einigen Fällen die Ideen für künstlerische Gestaltungen lie- fert. In manchen Fällen, wie der künstlerischen Stationsgestaltungen von Rudi Wach erfolg- te keine Wettbewerbsausschreibung, sondern es wurde eine konkrete künstlerische Idee für einen speziellen Ort umgesetzt.

4 Künstlerische Ausdrucksformen und Orte der künstlerischen Gestaltung

Die künstlerische Gestaltung der U-Bahn-Systeme aller drei Städte weist eine deutliche Konzentration auf zentral gelegene, stark frequentierte Stationen auf, wobei in Stockholm die künstlerische Bespielung mittlerweile auf den überwiegenden Teil der Stationen aus- geweitet wurde. Außerdem ist ihnen gemein, dass zwar sowohl permanente als auch tem- poräre Kunstwerke realisiert werden bzw. wurden, permanente Kunstwerke jedoch deut- lich überwiegen. Bei den in der Moskauer Metro installierten Kunstwerken handelt es sich zu einem großen Teil um Deckengemälde in Form von Mosaiken. In einigen Stationen wurden außerdem Skulpturen, wie zum Beispiel Büsten russischer Dichter, aufgestellt oder skulpturale Wand- gestaltungen installiert. Die architektonische Gestaltung und Kunstwerke der Stationen wurden in gegenseitiger Abstimmung umgesetzt und fügen sich zu einem Gesamtbild zu- sammen. Mosaiken wurden beispielsweise mit einer Stuckrahmung in die übrige Decken- gestaltung eingebunden und nicht alleinstehend auf einer Stationswand angebracht. Die in der Moskauer Metro realisierten Kunstwerke konzentrieren sich insbesondere auf den Hauptgang der Station, wobei hier vor allem die Decke künstlerisch gestaltet wurde. Au- ßerdem wurden auch mehrfach an den Stirnseiten des Ganges Kunstwerke positioniert. Darüber hinaus erfolgte auch die künstlerische Bespielung von U-Bahn-Zügen, beispiels-

119 V Vergleich weise im Fall des sogenannten Aquarelle-Zugs, und die Einrichtung einer temporären Prä- sentationsfläche für wechselnde Fotoausstellungen. Die Kunstwerke, die in der Stockholmer Metro realisiert wurden, weisen eine große Viel- falt an künstlerischen Ausdrucksformen und angewandten Techniken auf. Wandgestaltun- gen in Form von Mosaiken oder Malereien überwiegen dabei jedoch deutlich. Bei den in den 1950er und 1960er Jahren eröffneten Stationen handelte es sich insbesondere um die Wände hinter den Stationsplattformen oder die Säulen, die künstlerisch bespielt wurden. Diese Wandgestaltungen setzten sich häufig aus Fliesen oder Ziegeln zusammen. Ab den 1970er Jahren erstreckte sich bei den sogenannten Höhlenstationen die Ausgestaltung auf die gesamten Wand- und Deckenflächen der Stationshallen, wie es zum Beispiel bei Per Olof Ultvedts Werk in der Station T-Centralen der Blauen Linie der Fall ist. Weitere künstle- rische Ausdrucksformen, die in den Stationen zu finden sind, sind unter anderem Skulptu- ren, funktionelle Werke, wie Egon Möller-Nielsens Sitzelement, Lichtinstallationen oder Videoarbeiten im Rahmen der temporären Präsentation. Im Vergleich zu Moskau und Wien sticht Stockholm bei der Realisierung temporärer künstlerischer Arbeiten deutlich hervor. Diese sind, insbesondere heute, wo derzeit keine neuen Stationen im Bau sind, wesentli- cher Bestandteil des künstlerischen Engagements. In insgesamt sechs der Stationen wer- den abwechselnd Werke verschiedener Künstler und Künstlerinnen für einen begrenzten Zeitraum präsentiert. Auch die in Wien realisierten künstlerischen Arbeiten zeichnen sich durch eine große Bandbreite an unterschiedlichen Techniken und Ausdrucksformen aus. Es handelt sich da- bei unter anderem um Wandgestaltungen in Form von Mosaiken oder Fliesen- und Email- arbeiten, Skulpturen, Medienkunstwerken oder textilen Raumgestaltungen. Wie im Fall der Arbeiten von Susanne Zemrosser oder Peter Kogler befinden sich die Kunstwerke vorwie- gend in Verbindungspassagen oder -geschossen. Im Gegensatz zu Stockholm und Moskau wurden in Wien auch einige Werke außerhalb der Stationen, beispielsweise an der Fassade des Stationsgebäudes, dem Stationsvorplatz, dem Lüftungsgebäude oder dem Stützpfeiler einer Hochstrecke, umgesetzt. Viele der künstlerischen Bespielungen wurden in Zusam- menarbeit mit der KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien GmbH realisiert. Diese war auch für die Umsetzung des Großteils der temporären Werke in der Wiener U-Bahn verantwort- lich.

120 V Vergleich

5 Themen der Kunstwerke

Die Kunstwerke in der Moskauer Metro beziehen sich inhaltlich insbesondere auf Lenin oder andere politische Persönlichkeiten, zur Unterstreichung deren Bedeutung, technische Errungenschaften und berühmte Künstler des Landes, oder für die russische Geschichte bedeutende Ereignisse, wie der Sieg im Großen Vaterländischen Krieg. Die Darstellungen sind häufig auch ideologisch geprägt. Hinsichtlich des Werkcharakters der künstlerischen Arbeiten besteht ihre Zweck vorrangig in der Dekoration und Ausschmückung der Stations- flächen, in der ästhetischen und visuellen Aufwertung. Bezüge auf den konkreten Ort und die Umgebung der Stationen sind zwar in der Architektur und den Kunstwerken einiger Stationen enthalten, jedoch handelt es sich dabei um einen allgemeinen Verweis und keine kritische künstlerische Auseinandersetzung - dies ist vor allem auch durch die zugrundelie- gende Motivation der Auftraggeber begründet. In Stockholm behandeln die künstlerischen Arbeiten mehrfach gesellschaftspolitische Themen oder die Zerstörung der Umwelt, wie beispielsweise bei Siri Derkerts Frauenpfeiler oder auch dem Wandgemälde Carvings in Natural Concrete oder der Gestaltung der Stati- on Solna Centrum von den Künstlern Anders Åberg and Karl-Olov Björk. Auch die Natur wurde mehrfach in den künstlerischen Arbeiten thematisiert. Viele der in den U-Bahn- Stationen realisierten Arbeiten weisen keinen Bezug zu den jeweiligen Orten auf, Skulptu- ren wie Brigitta Muhrs mit Uppväxter betitelte Tulpenplastiken lassen sich als Drop Sculp- tures charakterisieren. Im Gegensatz dazu bezieht sich die Gestaltung von Stationen wie Kungsträdgården oder Rådmansgatan konkret auf die Geschichte der Stationsumgebung. Zum überwiegenden Teil weisen die in der Wiener U-Bahn realisierten Werke, wie von den Wiener Linien gefordert, einen - mehr oder weniger starken - Bezug auf den jeweiligen Ort auf. Sehr deutlich ist die Sitespecifity beispielsweise bei den Werken Ingeborg Strobls, Hof- stetter Kurts oder Susanne Zemrossers. Im Gegensatz dazu fehlt er bei manchen Werken ganz, wie dem Froschkönig-Brunnen von Gottfried Kumpf. In manchen Werken erfolgt ein Bezug auf die U-Bahn und deren Bau sowie die Stadt Wien im Allgemeinen, so zum Beispiel bei Nam June Paiks Installation. Auch in Wien behandeln einige Werke inhaltlich die Natur und deren Entwicklung und Veränderungen, wie es beispielsweise bei Anton Lehmdens Wandgestaltung der Fall ist.

121 V Vergleich

6 Vermittlung

In Moskau wurde der Bau der Metro zum prestigeträchtigsten Großbauprojekt hochstili- siert und der Bevölkerung in umfangreichen Kampagnen präsentiert. Die umgesetzten Maßnahmen im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit umfasste beispielsweise die Publikation von Broschüren und Bildbänden, die Werbung mit Plakaten oder in Vorspannen von Kino- filmen. Die Metro allgemein, ihr Bau und der Nutzen für die Moskauer Bevölkerung wur- den hierbei thematisiert und es sollte auch insbesondere die Einstellung der Bevölkerung gegenüber dem Bauprojekt verbessert werden. Heute wird ausschließlich auf der Webseite der Moskauer Metro über die künstlerische und architektonische Gestaltung der U-Bahn- Stationen informiert, Broschüren oder Bücher wurden hierzu in jüngster Zeit nicht veröf- fentlicht. Die Vermittlung der künstlerischen Gestaltung der Stockholmer U-Bahn-Stationen erfolgt im Rahmen eines umfangreichen Programms. Neben Tafeln, die in den Stationen neben den Kunstwerken in Schwedischer Sprache kurz über die künstlerische Arbeit informieren, wurden auch verschiedene Informationsbroschüren auf Schwedisch und Englisch veröf- fentlicht, die im Büro des Verkehrsunternehmens aufliegen sowie auf der Webseite herun- terladbar sind. Es werden weiters geführte Rundgänge zur Kunst in der U-Bahn auf Schwe- disch und Englisch angeboten. Auf der Webseite der AB Storstockholms Lokaltrafik wird neben den Broschüren auch ein Video über die künstlerische Gestaltung präsentiert. In Schwedischer Sprache sind darüber hinaus umfangreiche Informationen über die Geschich- te der künstlerischen Gestaltung sowie den Kunstwerken in den einzelnen Stationen ab- rufbar. Die Informationen auf Englisch sind weniger umfangreich. Außerdem wurden zwei Bücher über die Kunst in der Stockholmer U-Bahn publiziert. Eines davon wurde später auch in englischer Übersetzung veröffentlicht. In Wien sind neben den meisten Kunstwerken Tafeln mit Informationen zu den Künstlern und Künstlerinnen und deren Arbeiten angebracht. Hinzu kommen bei manchen der Wer- ke, wie beispielsweise Peter Koglers Raumgestaltung, Broschüren mit detaillierten Infor- mationen zur künstlerischen Arbeit und zusätzlichem Bildmaterial. Nur in manchen Fällen wird auf der Webseite der Wiener Linien über die Kunstwerke in den Stationen informiert. Anlässlich des 20-jährigen Jubiläums der Realisierung von Kunstwerken in der Linie U3 wurde von den Wiener Linien ein Buch über die Kunstwerke in der U-Bahn herausgegeben.

122 V Vergleich

7 Fazit

Mit der Realisierung von Kunstwerken innerhalb des U-Bahn-Systems wird in allen drei besprochenen Städten auf eine Aufwertung und eine Steigerung des Wohlgefühls der Passagiere abgezielt. Die künstlerische Bespielung dient, insbesondere in Moskau und Stockholm, vor allem ästhetischen und dekorativen Zwecken. Damit sind die Möglichkeiten des künstlerischen Ausdrucks hinsichtlich inhaltlicher und formbezogener Aspekte be- grenzt. Den U-Bahn-Systemen aller drei Städte ist außerdem gemein, dass in den zentral gelegenen und stark frequentierten Stationen eine besonders umfangreiche künstlerische Gestaltung umgesetzt wurde. Hinsichtlich der Art und Erscheinung der umgesetzten künst- lerischen Werke unterscheiden sich die U-Bahn-Systeme der drei Städte jedoch deutlich voneinander. Bei den Moskauer U-Bahn-Stationen wurden die architektonische und künst- lerische Gestaltung in starker gegenseitiger Abstimmung realisiert. In Stockholm wurden in vielen Stationen mehrere Werke verschiedener Künstler und Künstlerinnen installiert und darüber hinaus werden in einigen Stationen auch Wechselausstellungen präsentiert um auf diese Weise eine große Anzahl an Werken möglichst vieler verschiedener Künstler und Künstlerinnen präsentieren zu können. Die AB Storstockholms Lokaltrafik stellt auch jenes Verkehrsunternehmen dar, bei dem das künstlerische Engagement am stärksten ist, was durch die organisationale Verankerung und das im Vergleich zu den anderen beiden Städ- ten umfangreichste Vermittlungsprogramm zum Ausdruck kommt. Wien sticht durch die vom Verkehrsunternehmen geforderte und in vielen Fällen auch umgesetzte Sitespecifity der Werke hervor. Außerdem unterscheidet sich die künstlerische U-Bahn-Gestaltung Wiens durch den musealen, kunstgalerieähnlichen Charakter, der in den Stationen Mos- kaus und Stockholms mitunter erzeugt wird. In Wien hat diese eher den Charakter einer künstlerischen Zeichensetzung und symbolischen Markierung bestimmter Bereiche entlang des U-Bahnnetzes.

123 Resümee

Resümee

Liniennetze von U-Bahn-Systemen ziehen sich heute durch viele Städte der Welt und bie- ten die Möglichkeit rascher Mobilität innerhalb des urbanen Raums. Die erste U-Bahn der Welt wurde im Jahr 1863 in London eröffnet. Mit dem Bau einer Un- tergrundbahn sollte eine Minderung der aus dem starken Bevölkerungswachstum resultie- renden massiven Verkehrsprobleme erzielt werden. Die erste U-Bahn auf dem europäi- schen Festland wurde im Jahr 1896 in Budapest eröffnet. In den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts wurden auch die U-Bahnen in Paris, New York und Berlin in Betrieb genom- men. Die ober- und unterirdischen U-Bahn-Bauwerke üben einen weiträumigen Einfluss auf das städtische Umfeld aus und ihre Gestaltung stellt mitunter eine das Erscheinungs- bild der jeweiligen Stadt signifikant prägende Determinante dar. Neben Straße und Plätzen sind auch U-Bahn-Systeme Bestandteil des öffentlichen Raums einer Stadt. Bei diesem handelt es sich um jene Bereiche, die allen Akteuren und Akteurin- nen der Gesellschaft zur Nutzung zur Verfügung stehen. Kunstwerke, die außerhalb von kunstinstitutionellen Räumen – wie Museen und Galerien – im öffentlichen Raum realisiert werden, sehen sich einem sehr breiten, aber nicht zwingend kunstinteressierten Publikum gegenüber. Sie stehen vor der Herausforderung, in einem mitunter von visueller Überla- dung gekennzeichneten Umfeld, die Aufmerksamkeit dieses Publikums auf sich zu ziehen. Hinsichtlich des Werkcharakters von Kunstwerken im öffentlichen Raum kann eine Abgren- zung anhand zwei verschiedener Ausprägungen erfolgen. Bei sogenannten Drop Sculptures handelt es sich um Kunstwerke, die als selbstbezügliche Objekte im öffentlichen Raum ste- hen. Im Gegensatz dazu beziehen sich andere Werke in ihrer Konzeption und Ausführung im Sinne einer Sitespecifity auf den Aufstellungsort. In vielen U-Bahn-Systemen der Welt wurde bzw. wird eine permanente und/oder tempo- räre künstlerisch Bespielung umgesetzt. Von besonderer Bedeutung für Kunstwerke, die in derartigen öffentlichen Räumen realisiert werden, ist der zeitliche Faktor, der bei vielen Passagieren bei der Benützung eine große Rolle spielt.

Als Beispiele für die künstlerische U-Bahn-Bespielung wurden die U-Bahn-Systeme Mos- kaus, Stockholms und Wiens ausgewählt, in denen jeweils sehr unterschiedliche künstleri- sche Gestaltungskonzepte realisiert wurden bzw. werden.

124 Resümee

Die Moskauer Metro zeichnet sich durch eine sehr umfangreiche, prunkvolle Gestaltung vieler Stationen aus. Der Bau der Metro stellte ein Prestigeprojekt des sowjetischen Sys- tems dar. Es wurde darauf abgezielt, sich mit ihrer technischen und gestalterischen Umset- zung bewusst von U-Bahnen westlicher, kapitalistischer Städte abzuheben. Mittels archi- tektonischer und künstlerischer Ausgestaltung sollte in den Stationen eine palastähnliche Atmosphäre geschaffen werden, in der sich die Passagiere wohlfühlen und die ihnen das Gefühl nimmt, sich unter der Erde zu befinden. Architektur und Kunstwerke wurden in Ab- stimmung aufeinander realisiert und fügen sich zu einem stimmigen Gesamtbild zusam- men. Der Schwerpunkt der Stationsgestaltung lag auf der Architektur, in die verschiedene Kunstwerke, insbesondere Deckengestaltungen, integriert wurden. Die Stockholmer Tunnelbana verfügt über ein umfangreiches, vielfältiges künstlerisches Programm. Seit der Installation der ersten Kunstwerke in der Station T-Centralen wurde die künstlerische Bespielung kontinuierlich ausgeweitet und erstreckt sich heute über einen Großteil der Stationen des U-Bahnnetzes, weshalb diese auch als „längste Kunstgalerie der Welt“ 430 bezeichnet wird. Bei den Stockholmer U-Bahn-Stationen stechen insbesondere die sogenannten Höhlenstationen hervor, bei denen in vielen Fällen die gesamten Wand- und Deckenflächen der Stationshalle künstlerisch bespielt wurden. In Wien wurde - das Konzept Otto Wagners weiterführend - von Anfang an der Schwer- punkt auf die Umsetzung eines einheitlichen architektonischen Gestaltungskonzepts für die jeweiligen Linien gelegt. Die Realisierung einer künstlerischen Bespielung erfolgte erst im Rahmen der zweiten Ausbauphase und anfänglich ausschließlich entlang der Linie U3, die aufgrund der großen Anzahl an realisierten Werken den Beinamen „Kunst-Linie“431 er- hielt. Erst später wurde die künstlerische Stationsgestaltung auf andere Linien ausgeweitet. Hinsichtlich der künstlerischen Stationsbespielung wird von den Wiener Linien die Wichtig- keit der dem Werk zugrunde liegende Idee und dessen Bezug zum jeweiligen Ort sowie der Auswahl gut begründeter Stationsbereiche für die Bespielung hervorgehoben. Den künstlerischen Gestaltungskonzepten aller drei U-Bahn-Systeme ist das Ziel gemein, dass durch die künstlerische Bespielung eine Aufwertung der Stationen erreicht werden soll. Mit der Installation von Kunstwerken in den U-Bahn-Stationen wird die Steigerung des Wohlgefühls der Passagiere angestrebt. Neben den in U-Bahn-Systemen bestehenden Um-

430 Benett 2005, 78. 431 Brauner 2011, 7. 125 Resümee feldbedingungen oder der mitunter großen Bedeutung von zeitlichen Faktoren, zählt auch diese Zielsetzung zu den größten Herausforderungen, denen sich Kunstwerke in U-Bahn- Systemen gegenübersehen und die die künstlerischen Möglichkeiten hinsichtlich inhaltli- cher und formbezogener Aspekte einschränken. Die in den präsentierten U-Bahn-Systemen realisierten Kunstwerke - insbesondere jene in Stockholm und Wien - weisen eine große Bandbreite an unterschiedlichen Techniken und künstlerischen Ausdrucksformen auf. Es handelt sich zum Beispiel um Skulpturen, Mosai- ken, funktionale Arbeiten, Fotografien, Emailarbeiten oder Licht- und Medieninstallatio- nen. In Moskau war die künstlerische Gestaltung der Metro von Beginn an Bestandteil des Metrobaus und in die Bauplanungen integriert. In Stockholm wurde die künstlerische Sta- tionsgestaltung zwar von Beginn an diskutiert, die erstmalige Realisierung erfolgte jedoch erst nach Eröffnung der ersten Stationen und in diesem Fall erst knapp vor Fertigstellung des U-Bahnhofs. Erst in späteren Bauperioden, vor allem bei den in Höhlenform gebauten Stationen, wurde die künstlerische Bespielung bereits in die Bauplanungen integriert. In Wien wurden in der ersten Ausbauphase der U-Bahn keine künstlerischen Arbeiten in den Stationen umgesetzt. Als jedoch während der zweiten Ausbauphase beim Bau der U3 da- mit begonnen wurde, erfolgte die Einbindung der künstlerischen Gestaltungskonzepte be- reits in die Planungsphase der Station. Dies wurde auch bei der späteren Ausweitung der künstlerischen Bespielung auf andere Stationen des Netzes beibehalten. Die Konzeptionie- rung der künstlerischen Stationsgestaltung erfolgt in der Regel im Rahmen der Neu- oder Umbauphasen der Stationen und nur sehr selten im Nachhinein, wie es in Stockholm häu- fig der Fall ist. Hinsichtlich des Werkcharakters der realisierten künstlerischen Arbeiten wird von den Wiener Linien ein besonderes Augenmerk auf die Sitespecifity gelegt und gefordert, dass die realisierten Kunstwerke in Bezug zum Ort stehen, zu dessen Geschichte und Umgebung passen. Dies konnte auch - in unterschiedlicher Ausprägung - bei vielen der U-Bahn-Stationen umgesetzt werden. Auch in Moskau und Stockholm stehen die installier- ten Kunstwerke teilweise in Bezug zur Stationsumgebung. Die dekorativen und ästheti- schen Effekte, die mit der Stationsgestaltung realisiert werden sollen, werden bei diesen beiden Städten jedoch besonders deutlich. Durch die Art der künstlerischen Bespielung wurde den Stationen der U-Bahnen Moskaus und Stockholms ein zum Teil musealer, kunstgalerieähnlicher Charakter verliehen.

126 Literaturverzeichnis

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142 Abbildungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Hector Guimard, Überdachter Eingang zur Pariser Metro, 1913; Fulgence Bienvenüe, Louis Biette, Maurice Koechlin und Jean Camille Formigé, Viaduc d' Austerlitz über das die Pariser Metro die Seine kreuzt, 1904; Alfred Grenander, Zugangsgebäude zur Berliner U-Bahn-Station Krumme Lanke, 1929 (von links nach rechts) ...... 5

Abbildung 2: Plattformen der 1918 eröffneten New York Subway Station 51st Street; Paul Kramer und Burkhard Schäffer (Gesamtplanung, Baureferat) sowie Franz Ackermann (künstlerische Gestaltung), Ansicht der Stationsplattform des Münchner U-Bahnhofs Georg-Brauchle-Ring, 2003 (von links nach rechts) ...... 6

Abbildung 3: Netzplan der Moskauer Metro ...... 13

Abbildung 4: Alexei Duschkin und Jakob G. Likhtenberg, Mittelgang, Bahnsteig und Säulendetail der Station Kropotkinskaja, 1935 (von links nach rechts) ...... 20

Abbildung 5: Jurij A. Rewkowskij, N. Borow und G. Zamskij, Originalzustand und aktuelle Ansicht der Station Ochotny Rjad, 1935 (von links nach rechts) ...... 21

Abbildung 6: Jurij A. Rewkowskij, N. Borow und G. Zamskij, Ansicht durch die seitlichen Durchgänge in der Station Ochotny Rjad, 1935 ...... 22

Abbildung 7: Alexei Duschkin, Mittelgang, Querschnitt sowie Detailansicht auf Bahnsteig und Deckenmosaik von Alexander Deineka der Station Majakowskaja, 1938 (von links nach rechts) ...... 23

Abbildung 8: Alexander Deineka, Auswahl der Deckenmosaike, 1938 ...... 24

Abbildung 9: Iwan A. Fomin et al., Zugangspavillon und Mittelgang der Station Teatralnaja, 1938 (von links nach rechts) ...... 25

143 Abbildungsverzeichnis

Abbildung 10: Iwan A. Fomin et al., Risszeichnung des Mittelgangs und Bahnsteig der Station Teatralnaja, 1938 (von links nach rechts)...... 26

Abbildung 11: Vladimir A. Shchuko und Vladimir G. Gelfrejch, Mittelgang, Bahnsteig und Eingangshalle der Station Elektrozawodskaja, 1944 (von links nach rechts) ...... 28

Abbildung 12: Aleksej Schtschusew, Rolltreppe der Station Komsomolskaja, 1952 ...... 29

Abbildung 13: Aleksej Schtschusew, Mittelgang und Bahnsteig der Station Komsomolskaja, 1952 ...... 30

Abbildung 14: Detailansicht einer Lampe mit Deckenmosaik und zwei der Seiten-Mosaike des Gewölbes der Station Komsomolskaja, 1952 ...... 31

Abbildung 15: Pawel Korin, Auswahl der Mittel-Mosaike mit Abbildungen von russischen Heeresführern vom Gewölbe der Station Komsomolskaja ...... 32

Abbildung 16: Mittelgänge der Stationen Schtscholkowskaja und Beljajewo (von links nach rechts) ...... 33

Abbildung 17: Mittelgänge der Stationen Serpuchowskaja und Awiamotornaja ...... 35

Abbildung 18: Die fast identischen Stationshallen der Station Park Pobedy - die nördliche und die südliche Halle (von links nach rechts) ...... 36

Abbildung 19: Die Galerie Metro sowie eine Innen- und eine Außenansicht des Aquarelle- Zugs (von links nach rechts) ...... 39

Abbildung 20: Netzplan der Stockholmer Metro ...... 42

Abbildung 21: Gun Gordillo, Deckenbeleuchtung der Station Hötorget, 1998 ...... 44

144 Abbildungsverzeichnis

Abbildung 22: Obere Plattform der gemeinsamen Station T-Centralen der roten und grünen Linie: Erland Melanton und Bengt Edenfalk, Klaravagnen, 1958; Anders Österlin und Signe Persson-Melin/Siri Derkert, Wandgestaltung/sog. Kvinnopelare (dt. Frauenpfeiler), 1957; Egon Möller-Nielsen, Sitzelement, 1957 (von links nach rechts) ...... 50

Abbildung 23: Berndt Helleberg, Werk Altamira in der Station Hornstull, 1964; Siri Derkert, Werk Carvings in Natural Concrete in der Station Östermalmstorg, 1965 (von links nach rechts) ...... 53

Abbildung 24: Lasse A. Andréasson und Staffan Hallström, Werk Bring the sun down into the Metro in der Station Masmo, 1972; Anders Åberg and Karl-Olov Björk, Künstlerische Gestaltung der Station Solna centrum, 1975 (von links nach rechts) ...... 55

Abbildung 25: Per Olof Ultvedt, 2 Ansichten der künstlerischen Gestaltung der Station T- Centralen der Blauen Linie, 1975 ...... 57

Abbildung 26: Ulrik Samuelson, Vier Ansichten der künstlerischen Gestaltung der Station Kungsträdgården, 1977 ...... 59

Abbildung 27: Sture V. Nilsson, Wandgestaltung in der Station Rådmansgatan, 1983; Takashi Naraha, Werk Himmel auf Kuben für die Station Vreten, 1985 (von links nach rechts) ...... 61

Abbildung 28: Gert Marcus, Gestaltung der Station Bagarmossen, 1994; Richard Nonas, Skulpturenreihe auf der Plattform der Station Skarpnäck, 1994 (von links nach rechts) .... 63

Abbildung 29: Henjasaj N. Koda, Drei Werke in der Station Alvik: Fount of daybreak, Snake and iris / Whisper of reeds und Drips from a far away place (von links nach rechts), 1999 ...... 64

145 Abbildungsverzeichnis

Abbildung 30: Brigitta Muhr, Werk Uppväxter auf der Plattform von Högdalen, 2002; Leif Bolter, 2 Ansichten der Stationsgestaltung von Liljeholmen, 2004 (von links nach rechts) ...... 66

Abbildung 31: Susann Brännström, Wandgestaltung für Danderyds sjukhus, 1990; Klara Källström, Wandgestaltung für Danderyds sjukhus, 2008; (von links nach rechts) ...... 67

Abbildung 32: Örjan Wallert, Temporäre Wandgestaltung in der Station Slussen, 1990; Sandra Backlund, Temporäre Ausstellung ihrer Arbeiten in der Station Odenplan, 2005 (von links nach rechts) ...... 69

Abbildung 33: Jesper Just, No man is an island in der Station Skanstull, 2008; Thomas Henriksson, Spring Birches in der Station Zinkenstamm, 2008 (von links nach rechts) ...... 71

Abbildung 34: Netzplan der Wiener U-Bahn ...... 79

Abbildung 35: Otto Wagner, Ehemaliger Stadtbahn- und heutiger U-Bahn-Pavillon Karlsplatz und vier Ansichten ehemaligen Stadtbahn- und heutigen U-Bahn-Station Stadtpark im Jahr 2013, 1899 (von links nach rechts) ...... 81

Abbildung 36: Architektengruppe U-Bahn ZT GmbH, Plattform der Station Reumannplatz, 1978; Architekt Katzberger ZT GmbH/Architekt Moßburger ZT GmbH, Ansichten der Stationen Schottenring und Praterstern, 2008 (von links nach rechts) ...... 83

Abbildung 37: Teil der alten Stadtmauern am Zugang Dr.-Karl-Lueger-Platz zur Station und Ansicht des Zwischengeschosses mit zwei weiteren Teilen der Stadtmauern ...... 84

Abbildung 38: Anton Lehmden, Bahnsteighalle der Station Volkstheater mit dem Mosaik Das Werden der Natur und Detailansicht einer Tafel der rechten Seite, 1991 (von links nach rechts) ...... 89

146 Abbildungsverzeichnis

Abbildung 39: Adolf Frohner, Werk Circa 55 Schritte durch Europa in der Station Westbahnhof, 1993 (links); Hofstetter Kurt, Videoinstallation Planet der Pendler mit den drei Zeitmonden auf der Plattform der Linie U3 der Station Landstraße und Detailansicht eines Bildschirms, 1993 (Mitte und rechts) ...... 90

Abbildung 40: Nam June Paik, Skulptur Tele-Archäologie in der Station Schweglerstraße, 1994; Exponate auf dem Technischen Museum Wien in den Schachtbereichen der Station Schweglerstraße, 1994 (von links nach rechts) ...... 93

Abbildung 41: Gottfried Kumpf, Skulptur Froschkönig auf dem Vorplatz der Station Simmering, 2000; Kunstwerk Belle Etage an der Decke des Stationsschachts bei dem Ausgang Gottschalkgasse der Station Enkplatz, 2000 (von links nach rechts) ...... 94

Abbildung 42: Rudi Wach, Ansicht der Stationsplattform mit der Zeichnung Die Tanzende (links) und dem Bronzerelief Der Jubilierende (rechts), Zeichnung Die Gabenbringende und Skulptur Lebenskeim aus dem Zyklus Lauf der Geschöpfe in der Station Museumsquartier, 2001 (von links nach rechts) ...... 97

Abbildung 43: Cécile Nordegg und Jonathan Berkh, Lüftungsanlage der U2 am Schmerlingplatz mit dem Kunstwerk Jahreszeiten und Detailansicht der Stoffbahnen, 2005 ...... 98

Abbildung 44: Ken Lum, Drei Ansichten des Werks Pi in der Station Karlsplatz, 2005/2006 ...... 101

Abbildung 45: Ingeborg Strobl, Fassadengestaltung ein Garten (zum Beispiel) neben dem Zugang Novaragasse der Station Taborstraße, Informationstafel an der Wand des Eingangs Novaragasse, Detailansicht der Emailplatten und Behälter mit Informationsbroschüren beim Ausgang Taborstraße/Obere Augartenstraße, 2008 (im Uhrzeigersinn) ...... 103

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Abbildung 46: Susanne Zemrosser, Emailgemälde Einen Traum träumen und ihn mit anderen teilen in der Verbindungspassage zwischen Linie U1 und U2 in der Station Praterstern und Detailansicht der Wurstelfrau Liss, 2008 (von links nach rechts) ...... 105

Abbildung 47: Johann Brokoff, Nepomuk-Statue auf der Prager Karlsbrücke, 1683; Werner Feiersinger, Zwei Ansichten der Skulptur Nepomuk auf einem Tragpfeiler an der Ostseite des Stationsgebäudes des U-Bahnhofs Stadlau, 2010 (von links nach rechts) ...... 106

Abbildung 48: Peter Kogler, Zwei Ansichten der Gestaltung des Zwischengeschosses der Station Karlsplatz, 2011 (von links nach rechts) ...... 108

Abbildung 49: Oliver Ressler und Martin Krenn, Plakat aus der Serie Die Neue Rechte - Materialien für die Demontage in einer Wiener U-Bahn-Station, 1995; Barbara Krobath, Arbeit Drei Chinesen in der Qinghai-Tibet Bahn in der Vitrine in der Station Schottentor, 2008; Oliver Hoelzl_ LIVIL, Werkpräsentation im Red Carpet Showroom Karlsplatz in der Station Karlsplatz, 2013 (von links nach rechts) ...... 110

Abbildung 50: Verein Graffiti Union, Eines der Pieces von Styl’s and Characters an der U- Bahn-Stützmauer in der Paltaufgasse in der Nähe der Station Ottakring, 1998 ...... 111

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