27.11.2020 Hermeskeiler Landwirt plant Energie-Alm

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Erneuerbare Energien Wenn Rinder im Solarpark grasen 27. November 2020 um 15:51 Uhr | Lesedauer: 4 Minuten

Viehhaltung und erneuerbare Energien kombinieren - das wollen Landwirt Markus Eiden (Zweiter von rechts) und Planer Hans-Josef Spang (Zweiter von links) mit ihrer Energie-Alm in möglich machen. Mit im Bild: Stadtbürgermeisterin Lena Weber und ihr Stellvertreter René Treitz (rechts). Foto: Markus Eiden

Hermeskeil. In Hermeskeil plant ein Landwirt eine Art Pilotprojekt. Mit Partnern will er den ersten Solarpark der Region bauen, wo parallel Strom erzeugt wird und Vieh weiden kann. Die Idee dahinter: Der Landwirtschaft soll so keine Fläche verloren gehen.

Von Christa Weber

Landwirtschaft und erneuerbare Energien – beides gehört für Landwirt Markus Eiden schon länger zusammen. Neben seinem Kellerjakobshof in Hermeskeil, wo er Milchvieh hält, betreibt er seit 2011 eine Biogasanlage. Mit der dort anfallenden Wärme werden unter anderem Schulen, Bäder und das Rathaus in Hermeskeil über ein Nahwärmenetz versorgt.

https://www.volksfreund.de/region/konz-saarburg-hochwald/hermeskeiler-landwirt-plant-energie-alm_aid-54873009 1/4 27.11.2020 Hermeskeiler Landwirt plant Energie-Alm Das Projekt Nun will der Landwirt „einen weiteren Schritt machen“. Mit der Firma Enagra aus Monzelfeld (Kreis Bernkastel-Wittlich) plant er eine Photovoltaik(PV)-Anlage am Hermeskeiler Stadtrand. Das Besondere am Projekt „Energie-Alm“: Eiden will seine eigenen Rinder unter und zwischen den Solarmodulen grasen lassen.

HINTERGRUND

Landesweites Interesse an Kraft der Sonne

Laut der Energieagentur Rheinland-Pfalz sind größere Solarparks zurzeit ein landesweit stark nachgefragtes Thema. Projektierer, Unternehmen und Stromversorger suchten vermehrt nach geeigneten Flächen – insbesondere in der Eifel und im Hunsrück. Gründe für das verstärkte Interesse seien die im Vergleich zu anderen regenerativen Energien günstigen Kosten für Investition, Betrieb und Rückbau der Anlagen. Zudem lasse sich der Strom dort immer günstiger produzieren.

In der Verbandsgemeinde (VG) Hermeskeil gibt es laut Verwaltung derzeit neben dem Projekt Eiden/Enagra Anfragen für einen Solarpark bei . In der VG Saarburg-Kell laufen Planungen für PV-Freiflächen-Anlagen bei Kell am See und , weitere Anfragen gibt es für Kell am See und . Auch bei der VG Konz gingen vermehrt Anfragen ein. Dort liegt der Fokus bislang jedoch auf PV-Anlagen auf Dächern öffentlicher Gebäude und Einrichtungen der Werke.

Für die technische Planung ist Enagra-Geschäftsführer Hans-Josef Spang zuständig. Das Ziel sei, erklärt er, „eine Fläche zur Stromerzeugung zu nutzen, ohne dass sie der Landwirtschaft verloren geht“. Die Module mit den Zellen, die die Sonnenenergie in Strom umwandeln, sollen mit bis zu 20 Grad Neigung in einer Höhe von 1,50 Meter (vorne) und 3,60 Meter (hintere Kante) installiert werden. So passen laut Spang die Kühe bequem darunter. „Wir sind Feuer und Flamme für das Projekt. Nach meiner Kenntnis gibt es so etwas bisher noch nicht in der Region“, sagt der Planer, dessen Unternehmen deutschlandweit Solar- und Windenergie- Anlagen projektiert. Ob Eiden und Enagra die PV-Anlage mit einer Leistung von 15 Megawatt später gemeinsam betreiben, sei noch offen. Der erzeugte Strom soll jedenfalls „vollumfänglich“ ins öffentliche Netz eingespeist werden.

https://www.volksfreund.de/region/konz-saarburg-hochwald/hermeskeiler-landwirt-plant-energie-alm_aid-54873009 2/4 27.11.2020 Hermeskeiler Landwirt plant Energie-Alm Weg zum Baurecht Bevor es losgehen kann, muss mit Hilfe der Stadt Baurecht geschaffen werden. Der Hermeskeiler Stadtrat hat diese Woche einstimmig beschlossen, den dazu nötigen Bebauungsplan aufzustellen. Wichtig war den Ratsmitgliedern, dass die Anwohner möglichst wenig beeinträchtigt werden. Zu dem Thema zeigten Eiden und Spang im Rat kurze Videos. Darauf war zu sehen, dass ein großer Teil der etwa elf Hektar großen Solarpark-Fläche am Stadtausgang Richtung Nonnweiler auf zum Wald hin abschüssigem Gelände liegt. „Die Fläche wird daher von den Häusern aus kaum zu sehen sein“, sagt der Landwirt. Zusätzlich soll sie laut Spang durch eine Hecke „abgeschirmt“ werden, deren Höhe der Stadtrat über den Bebauungsplan genau festlege.

Ähnliche Idee in Kell Nicht nur in Hermeskeil, auch in anderen Orten im Raum Konz, Saarburg und Hochwald haben Investoren wegen des Interesses an größeren Solarparks angeklopft (siehe Hintergrund und TV vom 2. November). In Kell am See könnte ein Agri-Solarpark entstehen – mit ähnlichem Ansatz wie in Hermeskeil. Die Solarmodule in Kell sollen allerdings senkrecht und mit jeweils zwölf Metern Abstand aufgestellt werden, damit die Fläche dazwischen als Grünland bewirtschaftet werden kann. „Das funktioniert, aber man muss sehr vorsichtig sein“, weiß Markus Eiden. „Bei uns dagegen ist sogar Rinderhaltung möglich, ohne Schäden an den Solarmodulen zu riskieren.“

Eiden besitzt 300 braune Jersey-Rinder, die kleiner und zahmer seien als die gängigen Milchkuhrassen. „Sie lassen sich gern streicheln – der Park könnte also auch zum Anziehungspunkt für Wanderer werden.“ Etwa 30 Tiere sollen dort weiden. So erledige sich die Pflege quasi von selbst. Im Sommer könnten die Module als Unterstand dienen und den Kühen Schatten spenden.

Mögliche Kritiker Mit einer Bauge nehmigung rechnen die Projektpartner frühestens in zwei Jahren. Aktuell bereiten sie die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange vor. Besonderes Gewicht werde dabei die Haltung der Landwirtschaftskammer haben, sagt Hans-Josef Spang: „Die Kammer sieht herkömmliche PV-Anlagen kritisch, weil die Flächen für mindestens 20 Jahre blockiert sind.“ Konzepte wie in Hermeskeil, die parallel landwirtschaftliche Nutzung erlaubten, erwarte er daher in Zukunft häufiger.

https://www.volksfreund.de/region/konz-saarburg-hochwald/hermeskeiler-landwirt-plant-energie-alm_aid-54873009 3/4 27.11.2020 Hermeskeiler Landwirt plant Energie-Alm Der TV hat bei der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz nachgefragt, wie sie die Kombi- Modelle beurteilt. Von dort heißt es, man sehe auch solche PV-Anlagen trotz der Vorteile für den Landwirt kritisch. Denn der Aufwand für die Bewirtschaftung sei viel höher. Zudem würden ehemalige Ackerflächen für den Betrieb einer PV-Anlage bauplanungsrechtlich zum Sondergebiet erklärt und nach 20 Jahren Nutzung naturschutzfachlich als hochwertiges Dauergrünland eingestuft. „Damit ist die Ackerfläche nie wieder bewirtschaftbar, ohne einen hohen Ausgleich zu erbringen“, kritisiert die Kammer. Ohne erheblichen Aufwand sei dort auch keine intensive Grünlandnutzung mehr möglich.

Die Betriebe seien wegen immer höherer Auflagen und den Folgen des Klimawandels auf einen Zuwachs ihrer Flächen angewiesen. Daher werde jede PV-Anlage „aus agrarstruktureller Sicht äußerst kritisch beurteilt“. Hilfreich wäre, wenn wie im Saarland auch in Rheinland-Pfalz Solarparks auf hochwertigen Naturschutzflächen errichtet werden dürften. Schließlich würden sie ohne größere Eingriffe in den Boden und ohne Versiegelung installiert.

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