Heile Welt Nationalpark? Tagung 2018 in Drübeck
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SCHRIFTENREIHE AUS DEM NATIONALPARK HARZ - BAND 17 Heile Welt Nationalpark? Tagung 2018 in Drübeck Heile Welt Nationalpark? Tagung 2018 in Drübeck Herausgegeben von der Nationalparkverwaltung Harz Schriftenreihe aus dem Nationalpark Harz Band 17 Zitiervorschlag: NATIONALPARKVERWALTUNG HARZ (2019) (Hrsg.): Heile Welt Nationalpark? Schriftenreihe aus dem Nationalpark Harz, Band 17. 84 Seiten. Impressum Schriftenreihe aus dem Nationalpark Harz ISSN 2199-0182 Herausgeber: Nationalparkverwaltung Harz Lindenallee 35 38855 Wernigerode www.nationalpark-harz.de Für den Inhalt der Artikel sind ausschließlich die jeweiligen Autoren verantwortlich. Redaktion: Nationalpark Harz Dr. Kathrin Baumann Titelfoto: Dr. Kathrin Baumann 1. Auflage 2019 INHALT | 3 Inhalt Vorwort 4 Nationalparke als Käseglocken? Ergebnisse aus der naturwissenschaftlichen Forschung KATHLEEN PREISSLER, VANESSA SCHULZ, SEBASTIAN STEINFARTZ, Leipzig Das Bedrohungspotential von Amphibien-Chytridpilzen für die Charakterart Feuersalamander – Fokus Nationalpark Harz 5 OLE ANDERS, St. Andreasberg Nationalparks – Eine Chance für den Luchs? 14 HERWIG ZANG, Goslar Langzeitstudien an Kleinhöhlenbrütern im Harz 19 KATHRIN BAUMANN, Wernigerode Neuartige Veränderungen der Vegetation und der Libellenfauna in den Mooren des Harzes ‒ Grenzen der Schutzmöglichkeiten eines Nationalparks 25 PETER MEYER, Göttingen Natürliche Dynamik mitteleuropäischer Fichtenwälder unter dem Einfluss des Klimawandels am Beispiel der Waldforschungsfläche Bruchberg im Nationalpark Harz 34 Rechtliche Rahmenbedingungen für Nationalparke – Hilfe oder (zu) enges Korsett? MANFRED GROSSMANN, Bad Langensalza Nationalpark und Natura 2000 – ein Widerspruch? Umsetzung der Natura 2000-Erhaltungsziele im Nationalpark Hainich (Türingen) 44 KATHRIN BAUMANN, Wernigerode & CAREN PERTL, St. Andreasberg Auswirkungen der Naturdynamik auf den Erhaltungszustand von Fichtenwäldern (FFH-LRT 9410) und dort vorkommender wertgebender Arten der Vogelschutzrichtlinie im Nationalpark Harz 53 GUNTER KARSTE, Wernigerode Zonierung in Nationalparken – zeitweise notwendig oder ein Dauerzustand zur Legitimation ständigen Tuns? 60 Mensch und Nationalpark – ein Widerspruch in sich? JOSEF WANNINGER, Grafenau Borkenkäfer am Lusen: eine Geschichte von Wald und Mensch 68 GERHARD TROMMER, Lehre Über Klanglandschaft und Naturstille im Nationalpark Harz 75 4 | VORWORT Vorwort Nationalparke mit ihrer Prämisse „Natur Natur sein lassen“ Die Tagung „Heile Welt Nationalpark?“ widmete sich diesen sind besonders wirkungsvolle Instrumente des Naturschutzes. drei Temenfeldern. So analysiert die naturwissenschaftliche Dennoch stellen diese Gebiete keine „Käseglocken“ dar – auch Forschung die Auswirkungen äußerer Einflüsse auf ausgewählte sie sind von äußeren Einflüssen betroffen, wie z. B. Klimaver- Biotope und Arten und zeigt die Grenzen der Schutzmög- änderungen, atmosphärischen Stoffeinträgen, Einwandern von lichkeiten von Nationalparken auf. Ein zweiter Vortragsblock teilweise invasiven Arten inklusive pathogener Organismen. behandelte die rechtlichen Rahmenbedingungen und stellte an praktischen Beispielen die Frage, ob diese immer nur hilfreich Besonders der Klimawandel ist inzwischen auch im Harz mit sind oder auch problematisch sein können. Die etwas provokan- aller Deutlichkeit angekommen und äußert sich in einer gera- te Frage „Mensch und Nationalpark – ein Widerspruch in sich?“ dezu dramatischen Waldentwicklung, die sich zunächst in den stand hinter den Vorträgen des dritten Blocks. Wäldern des Nationalparks, seit dem Dürrejahr 2018 aber auch in allen Wirtschaftswäldern im gesamten Mittelgebirge zeigt. Im Nationalpark gelten dabei eigene gesetzliche Regelungen, Andreas Pusch aber das Schutzgebiet ist darüber hinaus in übergeordnete Leiter des Nationalparks Harz rechtliche Rahmenbedingungen eingebunden. Dies kann u. a. zu Zielkonflikten zwischen dem Zulassen der natürlichen Dyna- mik und dem Schutz nutzungsabhängiger Biotope oder Arten führen. Der Mensch stellt die unterschiedlichsten Anforderungen an den Wald und damit auch an einen Waldnationalpark: Wäh- rend lange Zeit ruhige Erholung in schöner Natur im Vorder- grund stand, verstärkt sich der Wunsch nach Events und Spaß, zunehmender Individualverkehr verlärmt die Natur. Gleichzeitig besteht Dissens in der Frage, wie die Natur rechts und links der Wege aussehen sollte – wild wie ein Nationalpark oder aufgeräumt wie die Kulturlandschaft, an die sich die Menschen gewöhnt haben? PREISSLER, K.; SCHULZ, V.; STEINFARTZ, S.: BEDROHUNGSPOTENZIAL VON AMPHIBIEN-CHYTRIDPILZEN | 5 KATHLEEN PREISSLER, VANESSA SCHULZ, SEBASTIAN STEINFARTZ, Leipzig Das Bedrohungspotenzial von Amphibien- Chytridpilzen für die Charakterart Feuersalamander – Fokus Nationalpark Harz 1. Der Feuersalamander (Salamandra salamandra) für Adulti bieten. Vereinzelt wurden jedoch auch Populatio- 1.1 Verbreitung nen in feuchten Nadelwäldern nachgewiesen (MEYER 2004, Deutschland beherbergt 20 einheimische Amphibienarten. Un- THIESMEIER 2004, THIESMEIER & GÜNTHER 2009). Wie bei ter den 14 Froschlurchen und sechs Schwanzlurchen ist keine allen Amphibien hängt die Aktivität u. a. stark von den Wetter- Art so beliebt wie der Feuersalamander. Durch seine schwarz- bedingungen ab. In kalten Wintermonaten verweilen Feuersa- gelbe Färbung zählt er zu den auffälligsten und populärsten lamander in ihren Winterquartieren (Höhlen, Stollen, etc.) und Lurchen Deutschlands. Die Art Salamandra salamandra wird werden erst mit steigenden Temperaturen und Niederschlags- durch 14 Unterarten in weiten Teilen Europas repräsentiert. mengen aktiv. Gut beobachten lassen sich Feuersalamander vor Davon finden sich in Deutschland zwei Unterarten, die nomino- allem in feuchten Nächten im Frühjahr und Herbst. typische (gefleckte) Form (Salamandra salamandra salamandra) und die gestreifte Form (Salamandra salamandra terrestris; siehe Abb. 1). Deutschland beherbergt einen bedeutenden Teil der Weltpopulation des Feuersalamanders, wodurch eine besondere Verantwortung für dessen Erhaltung besteht [1]. Der Feuersa- lamander ist hier überwiegend in den Mittelgebirgen besonders im Westen und Südwesten des Landes zu finden. Vom Huns- rück über das Rothaargebirge bis hin zum Solling, im Schwarz- wald und in der Schwäbischen Alb ist diese Charakterart in hohen Dichten anzutreffen (THIESMEIER 2004, SCHULTE et al. 2013, WESTERMANN 2015). 1.2 Lebensweise Abb. 1: Die beiden Unterarten des Feuersalamanders (unten: S. salamandra Feuersalamander weisen einen biphasischen Lebenszyklus auf. salamandra; oben: S. s. terrestris). Foto: S. Steinfartz. Zu Beginn ihres Lebens, in der sogenannten Larvalphase, sind sie strikt ans Wasser gebunden, bevor sie an Land gehen und fortan rein terrestrisch leben. Lediglich zur Larvenablage kehren sie kurzzeitig wieder zum Gewässer zurück. Eine reproduktive Besonderheit des Feuersalamanders ist die Larviparie, d.h. das Absetzen lebender Larven durch das Weibchen. Die Ablage der entwickelten Larven erfolgt vornehmlich in strukturierten, fisch- freien Bächen (FREYTAG 1955, THIESMEIER 2004) (Abb. 2) und in einigen Populationen auch in Tümpeln (WEITERE et al. 2004, STEINFARTZ et al. 2007, REINHARDT et al. 2013, KRAUSE et al. 2015). Das typische Habitat besteht aus feuchten, quellbach- durchzogenen Laubmischwäldern der kollinen bis submontanen Abb. 2: Typisches Larvalgewässer des Feuersalamanders in einem Buchen- Stufe, welche genügend Versteckmöglichkeiten (Totholz, Steine) Mischwald bei Stecklenberg, Harz. Foto: K. Preißler. 6 | PREISSLER, K.; SCHULZ, V.; STEINFARTZ, S.: BEDROHUNGSPOTENZIAL VON AMPHIBIEN-CHYTRIDPILZEN 1.3 Färbung und Giftigkeit 2.1 Verbreitung Neben der auffälligen, individuellen Körperfärbung produ- Soweit bekannt, spielte Bd, welcher Arten aller Amphibien- zieren die Tiere ein Giftsekret, welches ihnen als Schutz vor Ordnungen befallen kann, bislang keine Rolle für die Be- Hautinfektionen dient und gleichzeitig Fressfeinde abschreckt. standsentwicklung der einheimischen Amphibien, obwohl Das Sekret, hauptsächlich bestehend aus Alkaloiden, Peptiden Nachweise von Bd von vielen deutschen Arten und unterschied- und Sterolen, kann bei Gefahr durch Muskelkontraktionen aus lichen Regionen vorliegen (RASMUSSEN et al. 2012, OHST et al. Giftdrüsen, welche sich beidseitig am Kopf sowie entlang der 2013). Im Jahr 2013 wurde Bsal erstmals an Feuersalamandern Wirbelsäule befinden, abgesondert werden und tödlich auf klei- in den Niederlanden isoliert und beschrieben (MARTEL et al. nere Säugetiere wie etwa Hunde wirken (ERJAVEC et al. 2017, 2013), nachdem es bereits seit Beginn der 2000er-Jahre in einer LÜDDECKE et al. 2018). Feuersalamander verfügen dementspre- niederländischen Population zu drastischen Einbrüchen durch chend über wenige natürliche Feinde. Beobachtungen über Prä- Bsal gekommen war (SPITZEN-VAN DER SLUIJS et al. 2013). Es dation z. B. durch Fuchs, Marder und Wildschwein sind eher die wird vermutet, dass Bsal aus Asien stammt und in Europa über Seltenheit (THIESMEIER & GROSSENBACHER 2014). Obwohl den Tierhandel mit exotischen Amphibien, welche selbst bereits die wissenschaftliche Evidenz bisher aussteht, wird davon aus- Resistenzen ausgebildet haben und somit keine klinischen An- gegangen, dass die Kombination aus auffälliger Körperfärbung zeichen zeigen, unbemerkt eingeschleppt wurde (MARTEL et al. und Giftigkeit ein Hinweis auf eine aposematische Überlebens- 2014, LAKING et al. 2017). Nach den Niederlanden wurde Bsal strategie (Warnfärbung) ist (WELLS 2010). 2013 dann auch an Feuersalamandern in Belgien (MARTEL et al. 2013) und 2015 in Deutschland nachgewiesen,