Kultur 한국문화 Ausgabe 1/2012

한국 문화 Kultur Ausgabe 1/2012

SPEZIAL: INTERKULTURELLER AUSTAUSCH

Austausch unter Nachbarn. Berührungspunkte zwischen Süd- und Nordkorea Berlin auf der Insel Anjwa. Als Artist in Residence am Gelben Meer „Korea scheint näher an Deutschland zu liegen als Deutschland an Korea“ Titelbild: © Choe Dong-Ha Erstsemester (WS 2011/2012) der Koreastudien an der Freien Universität Berlin (FU) beim Fotoshooting im Hanbok (traditionelle koreanische Kleidung)

Choe Dong-Ha ist Koreaner der zweiten Generation in Deutsch- land. Er lebt seit 14 Jahren in Berlin und arbeitet als freischaffender Fotograf. Weitere Informationen unter: www.dongha-choe.de Choe Dong-Ha © EDITORIAL

ls sich der Zivildienstleistende Mark Koslik ge- danklich mit einem Auslandsaufenthalt als Au-pair Abeschäftigte, hat er sich mit Kindern singen, aber keineswegs im Stall eines südkoreanischen Ökodorfes Hühner füttern sehen. Dass eine freundschaftliche Umarmung zum Abschied eher ein deutscher denn ein koreanischer Habitus ist, weiß die Studentin Sanja Ströh, seitdem sie ihren männlichen Kommilitonen aus Korea auf diese Weise die Schamesröte ins Gesicht trieb. Wer in einmal 645 Euro für einen großen Cappuccino und einen Bagel bezahlen sollte, weiß, wie hilfreich Fremd- sprachenkompetenz ist, wenn sich der Preis im Ergebnis einer unzweideutigen Verständigung etwa auf ein Hun- dertstel verringert. „Austausch bedeutet, die Weltsicht zu erweitern“, sagt die Künstlerin Prof. Ryu Min Ja im Interview und dürfte damit bei all jenen auf breite Zustimmung treffen, die eine Annäherung mit dem Unbekannten wagen, sich hinausbe- geben in die Welt, sich überraschen lassen. Wir haben mit denen gesprochen, die es wissen müssen – dem Leiter des Goethe-Instituts in Seoul, einem ehemals in Korea tätigen deutschen Botschafter, einer koreanischen Krankenschwes- ter in Deutschland, Austauschschülern und -schülerinnen, -studenten/-studentinnen, -künstlern/ und -künstlerinnen.

Wir wollen zeigen, wie vielseitig Austausch sein kann und auf welchen lebenspraktischen und virtuellen Ebenen er stattfindet – auf Inseln, Schulbänken, Festivals, in Industrie- komplexen oder im Internet.

Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen und ein GLÜCKLICHES JAHR 2012!

Die Mitarbeiter des Koreanischen Kulturzentrums

© Soo Eun Lee 1 INHALT

1 EDITORIAL „Introducing Korea to the World, Making Friends of Korea” von Su-Youn Sin 2 INHALT 27 „Im Einzugsgebiet von Hamburg leben HISTORISCHES ca. 2500 Menschen koreanischer Abstammung.“ 4 Korea und Deutschland um 1900 Interview mit zwei Vertretern der Deutsch-Koreanischen Gegenseitige Wahrnehmung und Bewertung in zeitge- Gesellschaft Hamburg e.V. (DKGH) von Gesine Stoyke nössischen Reiseberichten von Florian David Neuß 29 „Integrierte Koreastudien BA Plus“ 8 eine koreanische Krankenschwester in Neuer Studiengang am Institut für Koreastudien an der Deutschland Freien Universität Berlin von Dr. Stefanie Grote Sie kam als „Fremde“ und wurde zu einer kulturellen Botschafterin ihres Heimatlandesvon Gesine Stoyke KALEIDOSKOP

JUGEND 30 Austausch unter Nachbarn Berührungspunkte zwischen Süd- und Nordkorea 13 Vorfreude auf ein Austauschjahr in von Malte E. Kollenberg Südkorea von Leslie Olesch 33 „DIE KULTUR RÜCKT DURCH EINEN TAN- 14 Das deutsche Youth For Understanding DEMPARTNER VIEL NÄHER ALS DURCH EINE Komitee e.V. VORLESUNG.“ Eine Koreanistik-Studentin berichtet über ihre Lern- 15 „Das Leben der koreanischen Jugend- erfahrungen mit Muttersprachlern von Dr. Stefanie Grote lichen spielt sich in der Schule ab.“ Erfahrungsbericht einer Austauschschülerin in Südkorea 35 안녕하세요[ANNYEONG HASEYO], IHR von Julia Söhnholz HÜHNER! Als Volontär im Ökodorf von Malte E. Kollenberg 17 „Wir möchten bereits Jugendliche an das spannende Land Korea heranführen.“ 38 „ICH STELLE (…) FEST, DASS KOREA IMMER Interview mit Gesche Jin-Ah Saupe, Leiterin des Jugend- MEHR MENSCHEN FASZINIERT.“ austauschprojektes „Building Bridges – Brücken bauen“ Interview mit dem Gründer der Internetplattform von Gesine Stoyke „Meet-Korea“ von Gesine Stoyke

INSTITUTIONEN 41 SPRACHLOS IN KOREA von Thomas Hahn

20 Das Goethe-Institut in Seoul 43 HANBOK Interview mit dem Leiter Dr. Stefan Dreyer Ein Stück koreanische Kultur von Fiona Finke von Dr. Stefanie Grote KUNST UND KULTUR 23 Akademischer Austausch wirkt lange von Anne Schneppen 44 BERLIN AUF DER INSEL ANJWA Als Artist in Residence am Gelben Meer 25 Korea Foundation von Bodo Hartwig

2 48 changeexchange [만남, Mannam] KOREA IM ALLTAG Deutsch-koreanisches Künstlertreffen Interview mit SOOKI Koeppel und Frau Prof. Ryu Min 67 Koreanischer Sprachführer Ja von Dr. Stefanie Grote 68 KOREANISCH AM LSI 51 „Austausch bedeutet, die Weltsicht Was wird da gelernt? von Dorothea Hoppmann zu erweitern.“ Interview mit Frau Prof. Ryu Min Ja 70 Buchtipps von Dr. Stefanie Grote „Sprachkurs Plus Koreanisch“ „Das Korea-Kochbuch“ 52 ERFAHRUNG ALS AUSTAUSCHSTIPENDIATIN IN DEN GOYANG ART STUDIOS UND ALS SCHÜ- 71 Der Geschmack - detailgetreu LERIN AM BUKCHON CULTURAL CENTER nachgezeichnet von Nadine Rennert Interview mit der Illustratorin und Pop-Up Designerin Tina Kraus von Gesine Stoyke 56 „Busan hat sich (…) als Pilgerstätte eines kinobegeisterten Publikums etab- 74 Mutter aus Leidenschaft mit Talent liert.“ fürs Kochen Interview mit Kim Ji-Seok, Gründungsmitglied des Sunkyoung Jung, eine der Autorinnen des Busan International Film Festival von Ansgar Vogt „Korea-Kochbuchs“, im Porträt von Gesine Stoyke

LITERATUR VERANSTALTUNGEN

59 Essay-Wettbewerb 2011 in Deutsch- KOREANISCHES KULTURZENTRUM - RÜCKBLICK land „Meine Eindrücke beim Lesen koreanischer Literatur“ 76 „Moon Tides - Jeju Island Grannies of von Dr. Moon-Ey Song the Sea” Lesung und Fotoausstellung mit Begleitprogramm 60 Prämierter beitrag des Essay-Wett- von Dr. Stefanie Grote bewerbs „Die Universalität menschlicher Grausamkeit“ 78 Südkoreanischer Pop in Berlin von Janis Walter Zweites Konzert der JYJ Europa-Tour 2011 von Theresa Maria Loske 62/63 KOREANISCHE LITERATUR DES 20. JAHR- HUNDERTS - Rezension von Dr. Stefanie Grote KOREANISCHES KULTURZENTRUM - VORSCHAU

PORTRÄT 80 KURSE

64 „Korea scheint näher an Deutschland 81 AUSSTELLUNGEN zu liegen als Deutschland an Korea.“ Interview mit Michael Geier, Botschafter a.D. 82 BUNDESWEITE VERANSTALTUNGEN von Dr. Stefanie Grote JANUAR - MÄRZ 2012

84 IMPRESSUM

3 HISTORISCHES

Korea und Deutschland um 1900 Gegenseitige Wahrnehmung und Bewertung in zeitgenössischen Reiseberichten

Von Florian David Neuß

Als der Journalist Siegfried Genthe (1870 - 1904) in Korea waren „Zivilisation“ (문명, Munmyeong) im Auftrag der Kölnischen Zeitung von der Küste und „Aufklärung“ (개화, Gaehwa). des Gelben Meeres nach Korea kam und in den Als Mitglied der sogenannten ,,Gaehwa-dang“ ersten Junitagen 1901 Incheon erreichte, hatten (개화당, Aufklärungspartei) gehörte Yu Kil-chun bereits einige Reiseschriftsteller vor ihm über zu denjenigen, die sich für weitreichende Refor- Korea geschrieben. Viele waren es zwar nicht, men einsetzten. Sie forderten Koreas Öffnung für aber ihre Berichte reichten aus, der deutschen Außenhandel, westliche Technologie und Wissen- Leserschaft einen zweifelhaften Eindruck vom schaft. Während das allgemeine Bild westlicher „geheimnisvollen, unbekannten“ Korea zu ver- Ausländer traditionell von Geringschätzung mitteln. geprägt war, versuchte Yu Kil-chun, dieses zu Foto: Soobin Ahn Foto: revidieren, indem er in der Einleitung des ,,Seoyu Florian Neuß, aufge- Reiseberichte waren in Deutschland überaus Gyeonmun“ schrieb: wachsen in Hamburg, erfolgreich. Seit Anfang des 19. Jahrhunderts interessierte sich stieg das Interesse an Bildungsreisen beim Adel schon früh für ostasi- „Wenn man über diese Dinge nach- und gehobenen Bürgertum nach immer weiter atische Kampfkunst denkt, ist es offensichtlich, dass es un- entfernten Zielen. Eine regelrechte „Fern-Sehn- und Philosophie. Er ter den westlichen Menschen mit den studierte am Asien- sucht“ nach orientalischen und fernöstlichen Afrika-Institut der Ländern und Kulturen erfasste dann im Laufe des roten Haaren und den blauen Augen Universität Hamburg Jahrhunderts alle gesellschaftlichen Schichten. welche gibt, die herausragende Fähig- Koreanistik, Religi- Genthe bereitete sich anhand der Reisebeschrei- onswissenschaften keiten und Wissen besitzen, sodass, und Sport. Ausgelöst bungen seiner Vorgänger intensiv auf seinen entgegen meiner früheren Ansicht, durch seine Erfahrun- Besuch vor und erwartete dementsprechend das gen bei verschieden Schlimmste. nicht alle als Barbaren zu bezeichnen Austauschprojekten sind.“ zwischen Südkorea Der Koreaner Yu Kil-chun (1856 - 1914), Verfasser und Deutschland, In erster Linie kamen westliche Kultur und Wis- setzte er seinen For- des in mehrfacher Hinsicht außergewöhnlichen schungsschwerpunkt Buches ,,Seoyu Gyeonmun“ (서유견문, 西遊見 senschaft aber indirekt, durch die Vermittlerrolle auf die historische 聞), ,,Beobachtungen einer Reise in den Westen“, , nach Korea. So waren westliche und Beziehung beider war im Vergleich zu Genthe in einer gänzlich japanische Einflussnahme auf Korea miteinander Länder. Diesbezüglich anderen Ausgangsposition. Das Bedürfnis seiner gekoppelt. befasste er sich vor war für viele Reformwillige das „glänzende“ allem mit Reisebe- Landsleute nach Informationen über Europa und richten, da diese einen Amerika entsprang einer Notwendigkeit, denn Vorbild, dem es nachzueifern galt, und so wurden spannenden Eindruck Korea befand sich in einem radikalen Wandlungs- viele Veränderungen auch nach diesem Modell von der gegenseiti- prozess. vollzogen. Es verwundert also nicht, dass Yu gen Wahrnehmung Kil-chun seine Reisen und Studienaufenthalte zu- vermitteln und gleich- nächst 1881 in Japan begann. Er profitierte dort zeitig Rückschlüsse Nach Beendigung der strikten Isolierungspolitik auf den jeweiligen im Jahr 1876 sah sich der koreanische Königshof von den Erfahrungen des Japaners Fukuzawa historischen Kontext nun mit einer gänzlich neuen Weltordnung kon- Yukichi (1835 - 1901), der bereits 1869 mit seinem ermöglichen. frontiert. Doch weder König Kojong (1852 - 1919) Buch ,,Seiyō jijō“ (西洋事情), „Verhältnisse im noch seine Beamten hatten genügend Kenntnis- Westen“, ein umfassendes Werk der japanischen se über die internationale Lage. Deutschland war, Aufklärungsbewegung schuf. Es bildete die Basis aus koreanischer Sicht, zunächst ein Vertreter für Yu Kil-chuns ,,Seoyu Gyeonmun“. des Westens. Das bedeutete, dass Deutschland Im Jahr 1883 wurde Yu Kil-chun als Begleiter ei- Bestandteil eines allgemeinen, symbolhaften ner Amerikamission ausgewählt. Dadurch erhielt Begriffs war, der für Modernität stand. Die er die Möglichkeit, seine Studien, über Japan bedeutenden Schlagwörter am Ende des 19. hinaus, im Westen fortzuführen. Jahrhunderts in Ostasien und schließlich auch Schließlich kehrte er im Dezember 1885 nach

4 ausgedehnten Reisen über Europa nach Korea zurück. 1835 und 1914 wurden dreizehn Bücher von deutschsprachigen Seine eigenen Erfahrungen mit dem Ausland mischte er mit Reisenden über Korea veröffentlicht, und in achtzehn Berich- Informationen anderer Bücher. Mit direkter Unterstützung von ten über Asienreisen finden sich Kapitel über das Land. Damit Fukuzawa Yukichi wurde das ,,Seoyu Gyeonmun“ schließlich im standen diese Veröffentlichungen einer immensen Vielfalt von Jahr 1895 mit einer Stückzahl von 1000 Kopien herausgebracht. China- und Japanberichten gegenüber. Diese wurden umgehend an hochgestellte Beamte und ein- flussreiche Reformer verteilt – mit erheblichen Auswirkungen. Welchen Eindruck deutsche Leser bekamen, hing nicht selten Es war nicht nur das erste koreanische Buch, das auf moderne von der persönlichen Einstellung der Reiseschriftsteller ab, wie Weise gedruckt wurde, es verband auch zum ersten Mal die sie auf die fremde Kultur reagierten und daraufhin ein bestimm- klassischen chinesischen Schriftzeichen und Hangeul (한글), das tes Bild kreierten. Neben der Anhäufung von wissenswerten koreanische Alphabet. Fakten wurde das Koreabild maßgeblich von Allgemeinaussa- gen über die „Wesensart der Koreaner“ beeinflusst. Ein Jahr bevor sich die erste Zeitung in Korea dauerhaft etab- lieren konnte, bildete das ,,Seoyu Gyeonmun“ die am weitesten Es ist außerdem bezeichnend für die Zeit, dass einige Reisebe- verbreitete Einführung über den Westen und den Aufklärungs- richterstatter die Vorstellung der Rasseneinteilung als Instru- gedanken. Das Buch diente zukünftig als Bezugsquelle, auf des- ment für ihre Beurteilung fremder Völker einbezogen. Dadurch sen Basis Erklärungen der neuen westlichen Begrifflichkeiten in transportierten sie stereotypische Bilder, die sie mit charakteri- redaktionellen Arbeiten stattfanden. Somit wurde dem ,,Seoyu sierenden Adjektiven zu festigen wussten. Gyeonmun“ eine Schlüsselstellung in dem Versuch Koreas Ein gutes Beispiel dafür, wie diese „Klassifizierungen“ in Korea zuteil, den Westen in seiner Fremdheit zu erfassen. Deutsch- angewandt wurden, findet sich beim Reiseschriftsteller Ernst land ging zunächst innerhalb der Allgemeinwahrnehmung des von Hesse-Wartegg (1854-1918). Gleich nachdem dieser 1894 Westens unter. koreanischen Boden betrat, genügte ihm in Busan ein Blick, um die unterschiedliche Rassenzugehörigkeit der Asiaten auseinan- Aber welches Interesse hatte Deutschland an Korea? Heutzuta- derzuhalten. Während er erkannte, dass Europäer fälschlicher- ge mag Korea einen festen Platz im Bewusstsein der Deutschen weise dazu neigen, „alle drei Nationen (Koreaner, Chinesen und haben. Diverse Austauschprogramme, die innerhalb dieser Japaner, Anm. d. Autors) in einen Topf zu werfen“, finden sich Ausgabe des „Kultur Korea“-Magazins vorgestellt werden, unter- auch bei ihm stark vereinfachte Unterscheidungsmerkmale: streichen dies. Doch anfänglich hielt sich das deutsche Engage- ment für Korea in weitaus engeren Grenzen. Trotz des offiziellen „Wie die schlitzäugigen, hageren, gelben Chinesen, so un- Freundschafts- und Handelsvertrages, der am 26. November terscheiden sich auch die dunkleren, kräftigeren Koreaner in 1883 zwischen Korea und Deutschland abgeschlossen und am auffälliger Weise von den kleinen, sehnigen, flinken Japanern.“ 28. Juni 1884 im Berliner Reichstag mehrheitlich angenommen wurde, schien Korea, im Gegensatz zu Japan und China, sowohl Bei Ernst von Hesse-Wartegg blieben die Koreaner von Anfang politisch, als auch kommerziell wenig attraktiv gewesen zu sein. an befremdlich und sogar minderwertig. Besonders bei seinen Beschreibungen der koreanischen Frauen sind chauvinistische Hervorzuheben ist eine Debatte vom 26. Juni 1884 im deut- und rassistische Töne nicht zu übersehen: schen Reichstag über die Aufnahme diplomatischer Beziehun- gen zu Korea. Sowohl Regierung als auch Opposition sprachen „Eine grosse Menge neugieriger Koreaner umdrängte den Lan- sich für einen Handelsvertrag mit Korea aus. Einige, wie bei- dungsplatz von Kukan, seltsame, durchwegs weissgekleidete spielsweise der Abgeordnete der Deutschen Freisinnigen Partei Gestalten, nur Männer und Kinder, keine Weiber. Mehr noch als Kapp, forderten mehr: „Der nächste Schritt ist, dass wir auf der in den Städten scheinen in den Dörfern die Frauen die Begeg- Grundlage des Handelsvertrags allmählich unsere politischen, nung mit den Männern zu vermeiden, erst recht, wenn diese wirtschaftlichen und kaufmännischen Beziehungen zu Korea Europäer sind. Wo immer hier und auf dem Ritt nach Tong-nai pflegen und erweitern.“1 Außerdem wurde ein Gesetz über die Frauen auf den Strassen oder in den Gärten meiner aus der Subventionierung überseeischer Dampferlinien nach Korea Ferne gewahr wurden, liefen sie in die Häuser und verhüllten besprochen. Dieser Gesetzesantrag scheiterte aber an den ihre Gesichter, und das war schade, denn mein Feldstecher liess Gegenstimmen, die wirtschaftliche Vorteile in „einem so wenig mich darunter recht hübsche Wesen entdecken, freilich mit entwickelten Land wie Korea“ als illusorisch abtaten. Auch etwas zu stark ausgeprägtem mandschurischen, fast möchte Bismarck betonte: „Ich wiederhole, dass in Korea kein Interesse ich sagen tungusischem Typus – breite Köpfe, niedrige Stirne, für uns steckt, welches eine Schwächung unserer chinesischen hervortretende Backenknochen und schiefgestellte Augen; aber Beziehungen werth wäre.“ 2 bei jungen, sonst hübschen Wesen vergisst man leicht diese Rassendefekte.“ Dieses zurückhaltende Interesse an Korea spiegelte sich auch in der Anzahl der vorhandenen Reiseberichte wider. Zwischen Abgesehen von den rein äußerlichen Merkmalen, die als Teil

5 eines rassenideologischen Verständnisses eingeordnet werden Literatur über Korea negativ vorgeprägt. Diesen Eindruck von konnten, waren es die angeblichen Charaktereigenschaften der den Zuständen des Landes konnte er aber durch eigene Erfah- Koreaner, die häufig Grund für die ausländischen Reisenden rungen nachträglich revidieren: waren, kritische Bemerkungen zu äußern. Dabei kreuzten sich nicht selten jene Eigenschaften, die unangenehm auffielen und „Nach den Schilderungen der wenigen Bücher, die es über als Beweis für die niedrige Stellung der Koreaner in der Welt Korea gibt, war ich auf das Schlimmste gefaßt: Ungeziefer, Gerü- gewertet wurden, mit denen, die direkte Auswirkungen auf den che aller Art und jede nur erdenkliche Unbequemlichkeit. Aber Reiseverlauf der Ausländer hatten. wieder einmal war es mir versagt, das Martyrium zu durchleben, Ein gutes Beispiel hierfür bietet Rudolf Zabel (1876-?). Sein das manche Reisende das Geschick haben überall zu finden, Koreabuch ,,Meine Hochzeitsreise durch Korea während des wohin sie nur ihren Fuß setzen.“ Russisch-Japanischen Krieges“ erschien 1906. Zabel und seine Frau reisten mit einer Gruppe von koreanischen Trägern. Diese Im Gegenteil war Genthe regelmäßig angenehm „enttäuscht“, hatten sich um das Reisegepäck inklusive Schreibmaschine, Fo- wenn er z.B. über seinen Besuch in koreanischen Klöstern be- toapparat und Truthühner zu kümmern. Zabel hatte sichtliche richtete. Im Gegensatz zu seinen Erwartungen erwiesen sich die Schwierigkeiten, diese Gruppe unter Kontrolle zu halten, und Gebäude als geräumige, zweckdienliche und verständig ange- er hatte „noch niemals Träger gehabt, die so ungeschickt waren legte Häuser und Hallen, in denen es sogar Baderäume gab. […] wie diese Koreaner.“ Um den zeitlichen Ablauf seiner Reise zu gewährleisten, wusste sich Zabel dann folgendermaßen zu „Die Reisenden, die bisher nach mehr oder weni- helfen: ger oberflächlicher Bekanntschaft mit dem Lande „Einer bei solchen Gelegenheiten bereits zur Gewohnheit – oder den Vertragshäfen – über Korea geschrie- gewordenen Energie und diversen mehr oder weniger tempe- ben haben, scheinen mir in diesem Punkte den rierten Fußtritten verdankte ich es schließlich, daß das unnütze Eingeborenen bitter unrecht zu tun, wenn sie sie Chor von Trägern bereits um 8 Uhr so weit ist, daß alles aufge- für eines der unreinlichsten Völker der Erde halten. packt und zum Abmarsch bereit ist.“ […] Auch in ihrer persönlichen Reinlichkeit sind Die Fähigkeit, sich aus dem Selbstverständnis der eigenen kul- die Koreaner weit besser, als ihr Ruf sie macht.“ turellen Prägung lösen und sich damit andersartigen Kulturen Im Vergleich zu den deutschen Reiseberichten fällt auf, dass öffnen zu können, besaßen nur wenige Koreareisende. Siegfried die Beschreibungen im ,,Seoyu Gyeonmun“ durchweg infor- Genthe gehörte zu diesen Ausnahmen. mativ und sachlich, dadurch aber auch distanziert blieben. Die Der Umgang Genthes mit einer ähnlich gelagerten Situation wichtigsten Länder des Westens – Deutschland wurde ebenfalls wie die von Zabel zeigt, in welcher Weise die vermeintliche Faul- ein Kapitel gewidmet - wurden alle nach dem gleichen Schema heit, durch einen anderen Blickwinkel betrachtet, eine totale vorgestellt. Persönliche Anmerkungen oder gar kritische Bewer- Bedeutungsverschiebung erfährt. Im Gegensatz zu Zabel bezog tungen waren allerdings rar. Gänzlich fehlten solche Passagen, Genthe die westlichen Gesellschaften selbstkritisch mit ein und die auf die Befindlichkeiten des Autors hinwiesen und damit ordnete sich den Gegebenheiten im fremden Land unter. Rückschlüsse auf dessen Seelenleben in Bezug auf das Erleben der Fremde zulassen würden. Deutlich wird, dass seine Miss- „Man lebt hier im fernen Osten, wo der einzige, allen gemein- billigungen, sofern sie überhaupt ausgedrückt wurden, stets same Reichtum, dessen auch der ärmste Bettler sich rühmen mit sittlich-moralischen Aspekten zusammenhingen. Eine der kann, Zeit ist; Zeit, die wir raschlebigen Barbaren des Westens wenigen Ausnahmen, bei denen Yu Kil-chun Kritik an Deutsch- schon zu einem Geldbegriff gestempelt haben, als ob man sein land äußerte, findet sich in seiner Beschreibung von Berlin, und Leben damit verlängern oder bereichern könnte, wenn man mit ausgerechnet eines der größten Klischeebilder der Deutschen der Zeit geizt. […] Und der fremde Reisende muß sich diesen bietet hierfür Anlass: morgenländischen Anschauungen schon anpassen, wenn er mit seinen Leuten auf friedlichem Fuße leben will.“ „Die Menschen dieses Landes mögen, ohne Unterschied zwischen Mann und Frau, das Bier und im Vergleich zu anderen Es ist beachtenswert, dass Korea hier einmal nicht als rück- Ländern konsumieren sie sehr viel mehr. Es braucht nur jeden ständiges Land gegenüber der überlegenen Wirtschaftsmacht Tag Nachmittag zu werden, da stehen schon betrunkene Men- des Westens abgestuft wurde. Genauso wenig erschienen die schen dicht beieinander auf der Straße und singen Lieder oder Koreaner, auf diese Weise dargestellt, wie unfähige und minder- summen vor sich her. Obendrein urinieren die betrunkensten wertige Menschen, denen man damit drohen musste, sie mit sogar an der Straßenseite und skandalöse Sitten dieser Art sind dem Lederriemen zu verprügeln, damit sie das Marschtempo zahlreich. Außerdem ist unzüchtiges Verhalten weit verbreitet. einhalten, so wie es Zabel schilderte. Pornografische Bilder werden in Geschäften öffentlich verkauft.“ Genthe war bezeichnenderweise durch die damals vorhandene

6 Wenn von dem unsittlichen Verhalten der Deutschen beim hohen Alkoholkonsum und dem öffentlichen Auftreten der Prostituierten abgesehen wird, war das Deutschlandbild Yu Kil- chuns durchgehend positiv. Die Sauberkeit der Straßen und de- ren Ordnung fanden auffallend oft Erwähnung. Auch das Wort Gyumo (규모), also Ausmaß oder Größe, fand häufig Verwen- dung im Zusammenhang mit architektonischen Leistungen. Die hohe Qualität der Universitäten und der hohe Bildungsgrad der Menschen wurden gewürdigt. Allerdings blieb das Deutsch- landbild auch undifferenziert. Begegnungen zwischen dem Autor und Deutschen wurden grundsätzlich nicht thematisiert. Deutsche wurden an keiner Stelle mit bestimmten Merkmalen charakterisiert. Das ,,Seoyu Gyeonmun“ war also kein Reisefüh- rer mit praktischen Tipps, welcher dazu einlud, den Westen zu bereisen, und es gab auch keinerlei Angaben, die auf eventuelle Schwierigkeiten oder gar Gefahren hingewiesen hätten. Es kann vielmehr als Zeugnis der Aufklärungsbewegung verstanden werden. Durch den Vergleich mit dem Ausland und der daraus resultierenden Notwendigkeit, Reformen einzuleiten, diente es als aussagekräftiges Material gegen die konservativ ausgerich- teten Anhänger des orthodoxen Konfuzianismus.

Somit war das Motiv des koreanischen Reiseberichts grundsätz- lich von dem der deutschen verschieden. Während Korea sich darum bemühte, das eigene Land durch Reformen in Bezug auf die internationale Situation neu zu definieren, war Deutschlands Interesse vor allem von wirtschaft- lichem und politischem Nützlichkeitsdenken bestimmt. Korea war diesbezüglich wenig erfolgversprechend für Deutschland. Bibliografie: Deutsche Reiseberichte zielten außerdem zu großen Teilen dar- auf, das Bedürfnis der Leserschaft nach Abenteuer und Exotik zu Bitterli, Uwe: Die „Wilden“ und die „Zivilisierten“, Grundzüge einer Geistes- beantworten. und Kulturgeschichte der europäisch-überseeischen Begegnung, München Ein wirksamer Kulturaustausch zwischen Korea und Deutsch- 1976. land hätte gleichberechtigt zueinander stehende Völker vor- Bräsel, Sylvia (Hrsg): Genthe, Siegfried: Korea : Reiseschilderungen, Mün- chen 2005. ausgesetzt. Die freundschaftlichen Beziehungen beider Länder Bräsel, Sylvia: Begegnung der Kulturen. Mono- oder Dialog? Zum Korea- festigten sich also erst später. Als Ausnahme in diesem Zusam- bild in deutschsprachigen Reisebeschreibungen der Jahrhundertwende. menhang sind die wenigen Deutschen zu sehen, die in Korea als In: Wierlacher, Alois (Hrg.): Jahrbuch Deutsch als Fremdsprache, Band 25, Einzelpersonen wirkten und für ein weitgehend positives Bild München 1999, S. 77-102. der Deutschen sorgen konnten. Deuchler, Martina: Confucian Gentlemen and Barbarian Envoys, the Ope- ning of Korea, 1875-1885, Seattle, London 1977. Eckert, Carter J. (u.a.): Korea Old and New. A History, Korea 1990. Eggert, Marion/Plassen, Jörg: Kleine Geschichte Koreas, München 2005. Hesse-Wartegg, Ernst von: Korea. Eine Sommerreise nach dem Lande der Morgenruhe 1894, und Leipzig 1895. Kim, Jang-Soo: Korea und der „Westen“ von 1860 bis 1900, Die Beziehun- gen Koreas zu den europäischen Großmächten, mit besonderer Berücksich- tigung der Beziehungen zum Deutschen Reich, Frankfurt am Main 1986. Kindermann, Gottfried-Karl: Der Aufstieg Koreas in der Weltpolitik, Mün- chen 2005. Kneider, Hans-Alexander: Deutsch-koreanische Beziehungen. Von ihren Anfängen bis zum Jahre 1945, in: Köllner, Patrick (Hrsg.) Korea 1996. Politik, 1 Kim, Jang-Soo: Korea und der „Westen“ von 1860 bis 1900. Die Beziehun- Wirtschaft, Gesellschaft. Institut für Asienkunde, Hamburg 1996. gen Koreas zu den europäischen Großmächten, mit besonderer Berücksich- Ŏm U-oh (Hrsg.): Yu Kil-chun: Seoyu Gyeonmun, Seoul 1976. tigung der Beziehungen zum Deutschen Reich, Frankfurt am Main 1986, S. Schmid, Andre: Korea between Empires, 1895 – 1919, New York 2002. 48. Yi Kwangnin: Hanguk gaehwa sasang yeongu, Seoul 1979. 2 Kneider, Hans-Alexander in: Köllner, Patrick (Hrsg.): Korea 1996. Politik, Zabel, Rudolf: Meine Hochzeitsreise durch Korea während des Russisch- Wirtschaft, Gesellschaft. Institut für Asienkunde, Hamburg 1996, S. 30. Japanischen Krieges, Geibel 1906.

7 7 HISTORISCHES

Eine koreanische Krankenschwester in Deutschland Sie kam als „Fremde“ und wurde zur kulturellen Botschafterin ihres Heimatlandes Von Gesine Stoyke Das erste offizielle Abkommen zwischen der 1960er Jahre stieg die Zahl der koreanischen der Republik Korea und der Bundesrepublik Arbeitsmigrantinnen in Deutschland stetig an. Deutschland über die Anwerbung koreanischer Die Frauen wurden insbesondere aufgrund ihrer Krankenschwestern war erst Anfang der 1970er hohen beruflichen Qualifikationen und ihrer Jahre geschlossen worden – zu einer Zeit, als ausnehmenden Freundlichkeit von Arbeitgebern, bereits viele weibliche Fachkräfte aus Korea von Kollegen und Patienten sehr geschätzt. deutschen Krankenhäusern eingestellt worden waren. Es war übrigens das erste Abkommen Unter den 128 koreanischen Krankenschwestern, dieser Art der Bundesrepublik mit einem Land die im Juni 1966 auf dem Flughafen Frankfurt/ außerhalb des europäisch-mediterranen Rau- Main landeten, befand sich auch Bo-Kyung Moon, mes, was bedeutete, dass Menschen aus einem die heute den Familiennamen Moon-Köhn trägt. völlig anderen Kulturkreis nach Deutschland Damals war sie 20 Jahre alt. Der Flieger aus Seoul eingeladen wurden, um dort zu arbeiten. Von der war ausschließlich mit koreanischen Kranken- Vereinbarung zwischen beiden Staaten profitier- schwestern besetzt, die jeweils einen Dreijahres- te nicht nur die deutsche Seite, der qualifiziertes vertrag für Deutschland abgeschlossen hatten. Personal fehlte, sondern auch die koreanische, denn das vom Koreakrieg (1950 – 53) zerstörte Bis sich Bo-Kyung Moon-Köhn für einen der 128 Land benötigte dringend Kapital für den Aufbau Plätze im Flugzeug nach Frankfurt qualifizierte, seiner Wirtschaft, und gleichzeitig galt es, die hatte sie ein aufwendiges Bewerbungsverfahren hohe Arbeitslosigkeit zu bekämpfen.1 Für die durchlaufen müssen. Sie hatte unendlich viele jungen Frauen selbst war die Arbeitsaufnahme Fragen beantworten, mündliche und schriftli- in Deutschland eine Möglichkeit, ihre Familien in che Tests absolvieren und immer wieder ihren Korea zu unterstützen und ihre Abenteuerlust zu Wunsch, nach Deutschland zu gehen, unter befriedigen, denn zu jener Zeit war es schwierig, Beweis stellen müssen. Denn auf 128 offene Stel- außer Landes zu gehen. Damals entschieden sich len - gerade so viele Arbeitsplätze, wie Personen viele Koreanerinnen für eine Krankenschwes- in eine Passagiermaschine passten - hatten sich ternausbildung, da dies die einzige kostenlose 1200 koreanische Krankenschwestern beworben. Ausbildung in Korea war. Das teure Studium Zunächst hatte die junge Frau gejubelt, als sie war meist den Söhnen vorbehalten. Die jungen unter den erfolgreichen Bewerberinnen war, de- Krankenschwestern, die nach Deutschland gin- ren Name im Radio verlesen wurde. Je näher der gen, finanzierten das Studium ihrer Brüder und Tag der Abreise rückte, desto stärker wurde ihr die Existenz ihrer Familien, indem sie Geld nach jedoch bewusst, was es eigentlich bedeutet, ins Hause schickten. Ausland zu gehen: Es gab dort keine Eltern, keine Verwandten, sie würde völlig auf sich gestellt Schon seit Ende der 1950er Jahre waren Kran- sein. Die wenigen Freundinnen, die ebenfalls eine kenschwestern und Schwesternhelferinnen Zusage erhalten hatten, waren anderen Kranken- über deutsche Ordensgemeinschaften und die häusern zugeteilt worden. Sie beherrschte die deutsche katholische Mission in Korea nach fremde Sprache nicht, und die Menschen würden Deutschland vermittelt worden, um den dortigen anders aussehen. Für sie war es eine Reise in Pflegenotstand abzumildern. Später wurden eine völlig ungewisse Zukunft. Von Deutschland

Foto: privat Foto: die Krankenschwestern auch über koreanische hatte sie dennoch ein positives Bild. In der Schule Schwesternorganisationen, Privatagenturen, Rei- hatte sie Volkslieder wie „Am Brunnen vor dem Gesine Stoyke, Redaktion Kultur sebüros, Fluggesellschaften oder ein deutsches Tore“ und „Röslein auf der Heide“ gelernt, und Korea Krankenhaus in Korea angeworben. Im Laufe dort wurde den koreanischen Schülern auch

8 Die Absolventinnen des Seoul Women’s College of Nursing: Frau Bo-Kyung Moon-Köhn steht in der letzten Reihe (zweite von links) Foto: Hong Kee Moon Hong Kee Foto:

vermittelt, dass die Deutschen sehr ehrlich seien. Damals Kuchen. Als wir nach Hause kamen, fing er an, zu riechen. erzählten die Lehrer ihren Zöglingen: „Wenn die Deutschen Da haben wir ihn zurück ins Geschäft getragen und gesagt: eine Uhr auf der Straße finden, heben sie die Uhr auf, ziehen ‚Das ist kein Kuchen‘. “ Große Probleme bereiteten auch die sie auf und legen sie wieder zurück.“ deutschen Ernährungsgewohnheiten: „In Korea ist es üblich, zu allen Mahlzeiten warm zu essen. Zum Frühstück gibt es In Deutschland angekommen, fühlten sich viele koreanische meist Reis, warme Suppe und einige Beilagen.“ Die trocke- Krankenschwestern in ihren Erwartungen enttäuscht. Zum nen deutschen Brötchen blieben den koreanischen Schwes- einen fiel das Gehalt niedriger aus als erwartet, denn statt tern aber im wahrsten Sinne des Wortes im Halse stecken, des Nettolohns hatte man ihnen bei ihrer Anwerbung den sodass sie mit leerem Magen zur Arbeit gingen und die Bruttolohn mitgeteilt. Und während sie in Korea als Assis- erste Mahlzeit erst mittags zu sich nahmen, wenn es in der tentinnen der Ärzte nur qualifizierte Arbeiten durchführten, Krankenhauskantine warmes Essen gab. Da sie sich abends mussten sie in Deutschland auch die Pflege der Patienten wieder selbst versorgen mussten und nicht wussten, wie wie das Füttern und Waschen übernehmen – eine Aufgabe, sie sich von den deutschen Lebensmitteln ernähren sollten, für die in Korea die Angehörigen verantwortlich waren. Viele ließen sie auch das Abendessen ausfallen. Viele nahmen fühlten sich deshalb von der neuen Tätigkeit unterfordert. rapide ab oder entwickelten eine Magenschleimhautent- zündung. Bo-Kyung Moon-Köhn ging es so schlecht, dass Zunächst einmal waren die Schwestern aber vollauf damit sie nicht mehr aufrecht sitzen konnte und ins Krankenhaus beschäftigt, sich an den ungewohnten Alltag zu gewöh- eingeliefert werden musste. nen. Bo-Kyung Moon-Köhn hatte eine Stelle in der Uni- Klinik Mainz erhalten und wurde gemeinsam mit anderen Auch in finanziellen Fragen waren die Krankenschwestern, koreanischen Krankenschwestern im Schwesternwohnheim die in Korea sehr behütet aufgewachsen waren, unerfahren. untergebracht. Nach ihrer Ankunft in Deutschland erhielten Sie hatten keine Vorstellung davon, wie viel das Leben in die jungen Frauen 300 D-Mark ausgehändigt, um sich selbst Deutschland kostet. Jeweils zu Beginn des Monats schickten versorgen zu können. Anfänglich kannten sie den Wert des sie 400 D-Mark ihres Verdienstes von 550 D-Mark zu ihren deutschen Geldes nicht und zogen zum Einkaufen immer Familien in Korea, sodass sie für den Rest des Monats nur mit großen Scheinen los. Nicht nur die Währung, sondern noch 150 D-Mark übrig hatten. So kam es, dass sie zum Mo- auch das fremdartige deutsche Warenangebot sorgte natsende hin nicht einmal mehr ein Stück Gurke oder eine für Verwirrung: „Der Handkäse sah aus wie koreanischer Flasche Cola oder Selters kaufen konnten und bis zum Erhalt

9 des nächsten Lohns hungerten. Frau Moon-Köhn erzählt: Anfangs arbeitete Bo-Kyung Moon-Köhn auf der Stati- „Wir waren regelrecht unterernährt bzw. einseitig ernährt. on, doch schon nach kurzer Zeit wechselte sie in den OP. Das erkannte man schon an unserer gelblichen Gesichts- Manchmal operierten die Ärzte sogar besonders gern mit farbe. Da rieten uns die deutschen Krankenschwestern: ‚Ihr den koreanischen Schwestern, weil sie genau wussten, wel- müsst nicht immer so viel Geld wegschicken. Ihr müsst le- ches Instrument, welchen Faden und welches Nahtmaterial ben.‘ Danach haben wir angefangen, einen etwas kleineren der jeweilige Chefarzt benutzte. „Da haben wir den jungen Betrag nach Korea zu überweisen und unser eigenes Essen Ärzten sogar manchmal Tipps gegeben, was der Profes- zuzubereiten.“ Sie kauften Gurken und Weißkohl und später sor macht“, erzählt die Koreanerin. Am Anfang war es für auch den teureren Chinakohl und machten ihr eigenes Kim- die koreanischen Schwestern schwierig, mit dem zügigen chi. Später versuchten die Frauen, in den einzelnen Schwes- Laufschritt der deutschen Kolleginnen mitzuhalten, denn ternwohnheimen eigene Läden aufzuziehen, die Zutaten für in Korea herrschte ein eher gemächliches Gehtempo. Sie koreanische Gerichte und Kimchi anboten. Ein Koreaner, der lernten jedoch rasch und rasten dann genauso schnell wie damals von Wohnheim zu Wohnheim ging und seine Waren die deutschen Schwestern über die Gänge. an koreanische Krankenschwestern verkaufte, gelangte zu Wohlstand. Nach zwei Jahren hatten sich die Frauen langsam an das Leben in Deutschland gewöhnt. Erst dann fingen sie an, ihre Trotz ihres knappen Budgets gönnte sich Bo-Kyung Moon- Umgebung näher zu erkunden und Städte wie Rüdesheim Köhn einen Telefunken-Plattenspieler für 100 D-Mark, was zu besuchen. Die Mentalität der Deutschen gefiel Bo-Kyung ein unerhörter Luxus für sie war. Da sie nun kein Geld mehr Moon-Köhn von Anfang an: „Sie sehen nur anders aus, aber für Schallplatten hatte, zeigte ein Ladenbesitzer in Mainz sie sind ähnlich wie die Koreaner: freundlich. Sie waren be- ein Herz und schenkte ihr zwei Single-Platten: die Elisabeth- sonders nett zu uns, weil sie gemerkt haben, dass wir hilflos Serenade und eine Aufnahme der Oper Nabucco. sind. Wenn wir nach dem Weg fragten oder auf einer Feier waren, haben sie uns immer in Schutz genommen. Die Ko- „In meinem Schwesternwohnheim waren 20 koreanische reaner sind da reservierter. Sie würden keine Fremden mit- Krankenschwestern. Ich war die einzige, die einen Platten- nehmen oder mit ihnen feiern wollen.“ Dennoch scheuten spieler hatte. Da haben wir alle die Zimmertüren geöffnet die Schwestern aufgrund der Verständigungsprobleme die und jeden Abend die Elisabeth-Serenade und Nabucco ge- Begegnungen mit Unbekannten im Bus oder auf der Straße: hört. So schöne Musik kannten wir nicht“, erzählt Bo-Kyung „Wenn wir in der Anfangszeit von jemandem angespro- Moon-Köhn lachend. Das abendliche Musikhören wurde chen wurden, sind wir immer weggerannt, weil wir nichts von vielen Tränen begleitet, denn alle jungen Frauen litten verstanden haben und keine Antwort geben konnten.“ Auch unter schrecklichem Heimweh. der offene Umgang der Deutschen zwischen Männern und Frauen sorgte für Unbehagen: „Als wir in einem Tanzcafé in In den ersten drei Monaten arbeiteten die Schwestern Wiesbaden Kaffee trinken wollten, wurden wir von Män- noch nicht im Krankenhaus, sondern erhielten ganztägigen nern angesprochen, die mit uns tanzen wollten. Es war so Deutschunterricht. „Deutschland hat alles bezahlt – das Ge- schwer, nein zu sagen. Wir konnten ja nicht richtig Deutsch halt und den Unterricht“, erinnert sich die Koreanerin dank- sprechen. Das Wichtigste für uns war, diese drei Jahre in bar. „Die Lehrerin war eine nette Frau, zierlich und blond. Deutschland irgendwie zu überstehen. Wir waren erst An- Sie hat uns so geliebt. Die Sympathie war da, und da haben fang 20 und wollten auf keinen Fall schwanger werden.“ wir ganz schnell gelernt.“ Auch als sie bereits im Kranken- haus arbeitete, nahm sie für weitere sechs bis acht Monate An eine Episode erinnert sie sich jedoch gern zurück: „In Ko- am bezahlten Deutschunterricht im Goethe-Institut teil. rea musste man immer einen Sonnenschirm bei sich tragen, Eines Tages kamen deutsche Versicherungsvertreter in das wenn man nach draußen ging, um sich zu schützen. Denn Klassenzimmer, um den Krankenschwestern ihre Produkte braun waren nur die Bauern. Und dieser Sonnenschirm vorzustellen. Sie rieten ihnen, eine Lebensversicherung ab- musste möglichst bunt sein. Das deutsche Schwestern- zuschließen und keine Rentenversicherung, denn „Ihr geht wohnheim lag ungefähr fünf Kilometer vom Krankenhaus ja doch wieder zurück nach Korea.“ Bo-Kyung Moon-Köhn entfernt. Also sind wir 20 koreanischen Krankenschwestern war eine der Wenigen, die sich dennoch für eine Rentenver- diesen Weg immer gemeinschaftlich mit unseren aufge- sicherung entschieden - ein Schritt, den sie bis heute nicht spannten bunten Sonnenschirmen gelaufen. Da fuhren bereut hat. „Zwar wurde einem Teil der anderen Kranken- dann immer Studenten in ihren Autos vorbei, hupten, schwestern bereits ihre Lebensversicherung ausbezahlt, und kurbelten das Fenster herunter und riefen: ‚Hallo, es regnet sie konnten ein Haus oder eine Eigentumswohnung erwer- nicht!‘ - damals muss das für die Deutschen witzig gewesen ben, aber sie haben heute keine Rente. Das ist sehr schade, sein: 20 Koreanerinnen mit Sonnenschirm.“ Auf diese Weise denn diese wäre auch nach Korea ausbezahlt worden, wenn entstanden Freundschaften zwischen Krankenschwestern man seine Adresse hinterließ.“ und deutschen Studenten, aus denen später einige Ehen hervorgingen.

10 Foto: privat Foto:

Bei der koreanischen Teezeremonie im „Seouler Garten“. Frau Bo-Kyung Moon-Köhn wuchs in der Provinzstadt Daegu im Haushalt eines Apothekers und einer Hebamme auf. Sie war die einzige Tochter unter fünf Brüdern. Ihre Kindheit fiel in die Zeit nach dem Koreakrieg (1950-53), die von bitterer Armut geprägt war. Schon früh musste sie lernen, ihren Platz in der Welt zu behaupten. Nach dem Schulabschluss verließ sie ihre Heimatstadt, um sich in Seoul zur Krankenschwester und darüber hinaus zur Hebamme ausbilden zu lassen. Dort erfuhr sie von der Möglichkeit, sich auf eine Stelle in deutschen Krankenhäusern zu bewerben. Im Jahr 1966 brach sie nach Deutschland auf und arbeitete drei Jahre lang in der Uni-Klinik Mainz. Nach einem zweijährigen Aufenthalt in den USA kehrte sie nach Deutsch- land zurück, um eine Stelle im Uni-Klinikum Steglitz, der jetzigen Uni-Klinik Benjamin Franklin, anzutre- ten. Heute ist Berlin zu ihrer zweiten Heimat geworden.

Ihren eigenen Mann lernte Bo-Kyung Moon-Köhn beim schaft vom Klinikum abgeholt und zum Training gebracht, Tischtennis kennen. Schon in Korea war sie Schulbeste bis es dann irgendwann immer mein zukünftiger Mann war, im Tischtennis und hatte bei Turnieren erste und zweite der mich abholte und zurückbrachte. Nach dem Spiel haben Preise geholt. Während ihrer Zeit in Berlin spielte sie in der wir uns regelmäßig zusammengesetzt und unterhalten.“ Bezirksmannschaft von Berlin-Tempelhof. Damals war sie im Irgendwann folgten die Heirat und die Geburt von Sohn Damen-Einzel bereits den ganzen Tag gegen verschiedene und Tochter. Gegnerinnen angetreten und hatte sich schließlich den ersten Preis erkämpft. Da der Bürgermeister von Tempelhof Bis 1977 reisten über 10.000 koreanische Krankenschwes- keine Zeit hatte, um ihr den Wanderpokal zu überreichen, tern und Schwesternhelferinnen nach Deutschland ein. Viele erschien stattdessen ein Vertreter des Bezirksamts. Anschlie- blieben, gingen eine Ehe mit einem koreanischen Gastarbei- ßend lud er sie in ein Lokal ein, und sie kamen ins Gespräch. ter oder einem Deutschen ein oder holten ihre Ehepartner Auch er war ganz neu in Berlin, war nach Bundeswehr und und Kinder aus Korea nach. Die ursprünglich auf drei Jahre Studium nun in den Staatsdienst eingetreten. Sie erzählt: „Er begrenzten Arbeitsverträge wurden in der Regel in unbe- hat dann ebenfalls Tischtennis gespielt und ich auch. Jeden fristete Verträge umgewandelt. Es dauerte nicht lange, bis Dienstag hat mich jemand anders aus der Bezirksmann- sich die Krankenschwestern organisierten und ihre eigenen

11 Kirchengemeinden, Vereine, Frauenorganisationen, Sprach- Wunsch“, resümiert Bo-Kyung Moon-Köhn. schulen und politischen Vereinigungen gründeten. Heute gelten die früheren Schwestern als Beispiel einer gelunge- Das Leben in der Fremde hat auch bei ihr Spuren hinterlas- nen Integration, und 70 Prozent der hier aufgewachsenen sen. Dass sie im Laufe der Zeit deutsche Eigenschaften an- Koreaner der zweiten Generation - viele von ihnen Kinder genommen hat, wird ihr am stärksten bewusst, wenn sie mit ehemaliger Krankenschwestern - verfügen über das Abitur anderen, in Deutschland lebenden Freundinnen nach Korea oder ein abgeschlossenes Hochschulstudium. reist: „Wenn wir in Seoul ins Kaufhaus gehen, sprechen uns die Verkäuferinnen darauf an, dass wir bestimmt nicht in Ko- Ende der 1980er Jahre, als beide Kinder das schulpflichtige rea lebten, weil wir irgendwie anders seien. Wir wollen nicht Alter erreicht hatten und Bo-Kyung Moon-Köhn etwas mehr auffallen, aber wir tun es trotzdem. Denn wir sind rationaler, Zeit für sich hatte, begann auch sie - wie viele ihrer Lands- schneller bei den Entscheidungen, sachlicher.“ leute -, sich für die Vermittlung der koreanischen Kultur in Deutschland einzusetzen. Sie engagierte sich beim größten Auch das Bild der Deutschen von Korea hat sich inzwischen koreanischen Verein in Berlin und lernte, Kulturveranstal- gewandelt. War Frau Moon-Köhn in den 1960er Jahren tungen auf die Beine zu stellen: vom Fundraising über die noch für alle die „arme Koreanerin“, bekommt die frühere Veranstaltungsorganisation bis zur Moderation. Später über- Krankenschwester heute oft zu hören, dass Korea doch nahm sie die Leitung des 1987 gegründeten Koreanischen ein reiches Land sei. Schon lange ist es her, dass sich bei Kulturvereins, eine Aufgabe, die sie zehn Jahre lang mit viel der Frage nach ihrer Herkunft nicht selten dieser oder ein Engagement ausfüllte. Inzwischen ist sie Ehrenmitglied des ähnlicher Dialog entspann: „In Vietnam ist noch Krieg, nicht Vereins und springt nur noch gelegentlich ein, wenn dessen wahr?“ - „Ich komme aber aus Korea.“ - „Aber in Korea ist jetzige Leiterin und Gründerin in Korea ist. doch noch Krieg?“ – „Nein, in Korea ist kein Krieg mehr. Es ist nur geteilt.“ Seit einigen Jahren ist sie hauptsächlich im „Seouler Garten“ in den „Gärten der Welt“ in Berlin-Marzahn aktiv, wo sie Inzwischen verbinden die Deutschen mit Korea eine lange Zeit das alljährlich stattfindende Kirschblütenfest ganze Menge: Über koreanische Firmennamen, Produkte organisierte. Den Kontakt zum „Seouler Garten“ hat sie ihrer wie Autos, Handys oder Flachbildschirme, Elemente der Dolmetschertätigkeit zu verdanken, als der Garten gebaut koreanischen Kultur und die politische Situation auf der wurde: „Damals kamen 24 Koreaner aus Korea, die kein Wort koreanischen Halbinsel sind sie bestens informiert. Dass dies Deutsch sprachen. In den Gesprächen mit der deutschen so ist, ist sicher auch dem Engagement der in Deutschland Baufirma haben ich und ein koreanischer Student von der lebenden, ehemaligen koreanischen Krankenschwestern Technischen Universität (TU) Berlin die Rolle des Dolmet- wie Bo-Kyung Moon-Köhn zu verdanken. schers übernommen. Er hat die technischen Details und ich habe die praktischen Details übersetzt, bin in den Baumarkt gefahren usw.“ 1 Andererseits führte die Abwanderung von qualifiziertem koreani- Nun hat sie die Leitung des Kirschblütenfests abgegeben schen Pflegepersonal zu Engpässen bei der medizinischen Versorgung in Korea. und konzentriert sich ganz auf die Einführung in die kore- anische Teezeremonie, die sie dort bereits zum vierten Mal in Folge mit zwei anderen koreanischen Damen durchführt, die wie sie ehrenamtlich arbeiten. „Sie können sich gar nicht vorstellen, wie viele Anmeldungen über das Internet kommen!“, sagt sie. Besonders beliebt ist die Veranstaltung bei weiblichen Angehörigen ausländischer Botschaften, die gern mit ihren großen Töchtern teilnehmen. Es melden sich jedoch nicht nur Menschen aus Berlin, sondern auch Quellenauswahl: aus Hamburg, Darmstadt oder aus Templin an. Die Teezere- Schmidt-Fink, Ekkehart (2004). Die unbekannte Anwerbung – Vor 40 monie wird von einer Führung durch den „Seouler Garten“ Jahren kamen die ersten Krankenschwestern aus Fernost. In: Klute, Jür- begleitet, bei der Bo-Kyung Moon-Köhn und die anderen gen; Spyrou, Papaspyrou; Schulte, Lioba (Hg.). AGORA – Von der Kohle zum Amphitheater, Münster: LIT Verlag, S. 319 – 320. beiden Ehrenamtlichen erklären, wie die Menschen in Korea http://groups.uni-paderborn.de/wipaed/ASBE/2009/05/25/zuhause- früher lebten und einen Einblick in die koreanische Lebens- erzahlungen-von-deutschen-koreanerinnen/ philosophie geben. Auf diese Weise wird den Gästen ein http://www.seoul.diplo.de/contentblob/3013082/Daten/1045980/ umfassendes Bild von Korea vermittelt. „Die koreanische bergarbeiter_d.pdf Kultur in Deutschland vorzustellen, war immer mein größter http://www.goethe.de/ins/kr/seo/pro/redigiert.pdf

12 JUGEND

Vorfreude auf ein Austauschjahr in Südkorea Von Leslie Olesch

Begonnen hat es vor etwa drei Jahren mit dem Austauschprogrammen, und da dies die einzige Lesen von Mangas. 1 Da mir vieles fremd war, be- Organisation ist, die einen Austausch nach Korea gann ich, mich im Internet näher über das Leben anbietet, war natürlich klar, dass ich mich dort in Asien zu informieren. Dabei bin ich auch auf bewerbe. koreanische Musik und Fernsehdramen gestoßen. Da auf dem Internet-Videoportal Youtube viele Nach erfolgreich bestandener Bewerbungsphase, Musikvideos und Dramen aus Korea zu finden die aus einer schriftlichen Bewerbung und einem sind, habe ich einfach einmal ein Video von Girls‘ Auswahlgespräch bestand, gibt es Anfang nächs- Foto: Pictura Foto GmbH Pictura Foto Foto: Generation, einer südkoreanischen weiblichen ten Jahres außerdem noch eine fast einwöchige Leslie Olesch ist 16 Band, angeklickt. Die Musik hat mir direkt gefallen, Vorbereitungstagung mit allen Teilnehmern, die Jahre alt und geht und ich fing an, mehr über K-Pop - koreanische ein Auslandsjahr in einem asiatischen Land ver- auf die Rheingau- Oberschule in Berlin. Popmusik – in Erfahrung zu bringen, indem ich im bringen, mit vielen nützlichen Informationen und Sie ist neugierig und Internet recherchierte. Tipps. Ich bin froh, dass ich mein Austauschjahr liebt es, etwas über mit YFU machen kann. die Welt, Menschen Wenn man sich über K-Pop und koreanische Stars und Sprachen zu lernen. Sie hat sich für informiert, kommt man natürlich nicht an den Leider war ich noch nie in Korea. Ich freue mich ein Austauschjahr in Fernsehdramen vorbei. Also fing ich auch an, aber sehr auf meinen Aufenthalt dort und kann Südkorea entschieden, mir Dramen, wie zum Beispiel „Secret Garden“ 2, es kaum erwarten. Ich hoffe, dass ich während um neue Erfahrungen anzuschauen. Mit meiner Begeisterung habe ich meiner Zeit in Korea viele neue Leute treffen, mein zu sammeln, eine neue Sprache und Kultur sogar meine Umgebung angesteckt. Auch mein Koreanisch verbessern, die Kultur kennenlernen kennenzulernen und jüngerer Brüder und meine Freundinnen fingen und viele neue Erfahrungen sammeln werde. Gelerntes vielleicht nach und nach an, Gefallen an K-Pop zu finden, Sicherlich werde ich mich mit Gleichaltrigen über später im Beruf anzu- sodass die Musik in meinem Freundeskreis inzwi- unsere Kulturen austauschen und ihnen einen wenden. schen weit verbreitet ist. Eindruck vom Leben in Deutschland vermitteln.

Da in letzter Zeit öfter K-Pop-Gruppen Konzerte in Ich möchte andere Perspektiven kennenlernen Europa gegeben haben, war ich begeistert, dass und freue mich auch auf Überraschungen, und die Gruppe JYJ ein Konzert in Berlin gab. Viele Fans ich bin mir sicher, dass die anfängliche Fremd- campierten schon bis zu zwei Tage vorher vor heit schnell überwunden sein wird. Ich kann mir dem Tempodrom, um möglichst gute Plätze zu vorstellen, später Koreanistik zu studieren und bekommen, eine derart große Nachfrage war für eine längere Zeit in Korea zu verbringen, um mein einige sehr unerwartet. Die Stimmung war super, Wissen ständig zu erweitern. und ich hoffe, dass in Zukunft mehr Gruppen nach Deutschland kommen werden. Wenn ich ganz ehrlich bin, kann ich die Magie Koreas, die ich hier in Deutschland nur über Musik Da ich schon länger darüber nachdachte, ein und Medien kennengelernt habe, selbst noch gar Auslandsjahr zu machen, hat es mich gereizt, in nicht richtig begreifen oder erklären. Ich denke, ein anderes Land zu gehen und eine ganz andere dass die Koreaner freundlich sind und hart arbei- Kultur kennenzulernen. Meine Eltern haben mich ten. Wenn auch der technologische Fortschritt gebeten, Informationen über Austauschorganisa- sehr groß ist, so bleibt dennoch die Tradition in tionen und deren Angebote einzuholen und nach großen Teilen bewahrt. einzelnen Kriterien wie Erfahrung, Leistungen und Preis eine Liste zu erstellen. Dabei bin ich Ich freue mich darauf, traditionelle Feiertage, wie im Internet auf YFU, Youth For Understanding, zum Beispiel Chuseok [추석, koreanisches Ernte- gestoßen. YFU hat mehr als 50 Jahre Erfahrung mit dankfest], miterleben zu können. Bis jetzt weiß ich

13 noch nicht, wo genau oder in welcher Familie ich unterge- 1 Manga ist die japanische Bezeichnung für einen Comic. Außerhalb bracht werde, aber ich werde eine High School besuchen, wo von Japan wird sie jedoch auch für aus Japan stammende Comics oder mit Manga-Stilelementen versehene Comics verwendet (http:// der Unterricht ganz normal auf Koreanisch stattfinden wird. de.wikipedia.org/wiki/Manga), (Anm. d. Red.). 2 „Secret Garden“: koreanische TV-Serie, die von November 2010 bis Da ich seit April 2011 einen Sprachkurs Koreanisch besuche, Januar 2011 beim koreanischen Sender SBS ausgestrahlt wurde. Ein bin ich zuversichtlich, dass ich den Unterricht bald verstehe. arroganter und exzentrischer Geschäftsführer eines Konzerns emp- In der Familie werde ich aufgrund praktischer Sprachanwen- findet eine wachsende Anziehung für eine schöne Stuntfrau aus ein- fachem Elternhaus - eine Tatsache, die ihm selbst sehr unangenehm dung schnell Fortschritte machen. Natürlich hoffe ich auch, ist und die er deshalb zu verbergen sucht (http://wiki.d-addicts.com/ tiefe Freundschaften schließen zu können. Ich freue mich sehr Secret_Garden), (Anm. d. Red.). auf meine Zeit in Korea und denke, dass sie ein sehr prägen- des Erlebnis werden wird.

Young Europeans‘ Seminar - Schüler nach Beendigung ihres Austauschjahres in Europa © Deutsches Youth For Understanding Komitee e.V. Understanding Komitee For Youth © Deutsches Das Deutsche Youth For Understanding Komitee e.V.

Das Deutsche Youth For Understanding Komitee e.V. (YFU) ist Rolle ein. Neben China, Indien, Indonesien, Japan und Thai- eine der größten und erfahrensten Schüleraustausch-Orga- land vermittelt YFU Schüleraustauschjahre nach Südkorea. nisationen der Welt. Jedes Jahr entsendet YFU Jugendliche Das Anliegen der Organisation ist es, dass die Austauschschü- aus Deutschland für ein Schuljahr in über 40 Partnerländer lerinnen und Austauschschüler ganz in die fremde Kultur weltweit und nimmt Austauschschüler in Deutschland aus eintauchen und sie von innen heraus verstehen lernen. dem Ausland auf. Dieser Herausforderung hat sich Julia Söhnholz gestellt, die Seit der Gründung im Jahr 1957 haben rund 50.000 Jugendli- im Februar 2010 für ein Jahr nach Südkorea aufbrach. Dort che mit YFU ein Jahr im Ausland verbracht. Als gemeinnützige wurde sie mit zahlreichen kulturellen Unterschieden konfron- Organisation verfolgt YFU keine finanziellen Ziele, sondern tiert, die sie einerseits an ihre persönlichen Grenzen brachten, setzt sich mit seinen Programmen für Völkerverständigung aber anderseits auch bewirkten, dass die Schülerin inzwischen und interkulturelle Bildung ein. nicht mehr von Südkorea loskommt. Was Julia in ihrem Aus- Ein Schüleraustausch bietet die einmalige Chance, dass tauschjahr im südkoreanischen Daegu erlebt hat, beschreibt Angehörige unterschiedlicher Kulturen einander persönlich sie im folgenden Erfahrungsbericht. begegnen und dadurch gegenseitiges Verständnis entsteht. (Abteilung Öffentlichkeitsarbeit YFU) Ein so verstandener Schüleraustausch ist überall auf der Welt möglich und wichtig – nicht nur in den gängigen, meist eng- lischsprachigen Ländern. Weiterführende Informationen unter: Asien nimmt dabei im Jugendaustausch eine immer größere http://www.yfu.de

14 JUGEND

„Das Leben der koreanischen Jugendlichen spielt sich in der Schule ab.“ Erfahrungsbericht einer Austauschschülerin in Südkorea Von Julia Söhnholz Mein Auslandsjahr wollte ich in einem Land mit gänzlich wetteiferten insgeheim um die Gunst der Eltern, um die anderer Kultur und einer neuen Sprache verbringen. Dem- Anzahl der Freunde und um vieles mehr. Wir hatten aber zufolge wählte ich spontan alle asiatischen Länder auf der auch viel Spaß miteinander, und inzwischen habe ich eine Liste von YFU. Speziell nach Südkorea zu gehen, hatte ich japanische Freundin fürs Leben gewonnen. anfangs gar nicht vor. Im Oktober 2009 kam dann der Brief von YFU, auf dem in fett gedruckten Buchstaben „Südko- Daegu ist die drittgrößte und heißeste Stadt in Südkorea. rea“ stand. Warum also nicht? Die Leute dort sprechen Koreanisch mit einem starken Motiviert fing ich an, Koreanisch zu lernen, mich über Dialekt, und es wird ihnen nachgesagt, dass sie warmher- Korea zu informieren und alles vorzubereiten, schließlich ziger sind als die Leute in Seoul. Auch wenn die Haupt- musste ich schon vier Monate später, im Februar 2010, städter Daegu als Provinz bezeichnen, habe ich diese fliegen. Meine Familie und Freunde waren zwar erst ge- Stadt kennen und lieben gelernt und betrachte sie als schockt, dann freuten sie sich aber mit mir. zweite Heimat. Ein paar Monate später saß ich mit drei anderen Deut- Meine Gasteltern waren, wie alle Koreaner, immer sehr schen im Flugzeug nach Seoul und konnte selbst dort beschäftigt, so dass wir uns leider kaum sahen. Sie waren noch nicht ganz begreifen, dass ich für ein Jahr in Südko- den ganzen Tag arbeiten und ich war den ganzen Tag in rea leben würde. der Schule.

Am Flughafen wurde ich von meinem Gastbruder herzlich Apropos Schule: Den ersten Schultag stellt man sich willkommen geheißen, bei dessen Familie ich für eine normalerweise beängstigend vor. Man kennt niemanden Woche in Seoul blieb, um mit den anderen Austausch- und hat Angst davor, keine Freunde zu finden. Für mich schülern am Ankunftsseminar teilzunehmen. war der erste Schultag auch beängstigend, aber in einem In der ersten Zeit verständigte ich mich mit einem Misch- anderen Sinn. Die Mädels – ich war auf einer Mädchen- masch aus Koreanisch und Englisch, wobei ich schnell schule – kreischten bei meinem Anblick, versuchten bemerkte, dass viele Koreaner entweder kein Englisch meine „goldenen“ Haare anzufassen und mit mir Fotos zu konnten oder zu schüchtern waren, sich in der Fremdspra- schießen. Denn in meiner Stadt sind Ausländer, beson- che zu verständigen. Ohnehin kommt man auf Koreanisch ders ausländische Schüler, selten, wobei eigentlich jeder mit den Ausdrücken für „Es schmeckt gut“ und „Ich habe Koreaner mit einem Ausländer befreundet sein und am keinen Hunger“ ganz gut durch. Denn Koreaner drücken liebsten noch so aussehen möchte. Das ist auch der Grund ihre Zuneigung dadurch aus, dass sie einem alle zwei dafür, dass die Koreaner sich so gerne die Haare färben Minuten etwas zu essen anbieten, weil Essen höchste oder sogar die Augen größer operieren lassen. Priorität für sie hat. Statt „Wie geht es dir?“, fragen viele Koreaner: „Hast du schon gegessen?“ Am Anfang genoss ich die Aufmerksamkeit, denn selbst die Leute auf der Straße starrten mir unverhohlen hinter- Aber nun zurück zum Ankunftsseminar: Die Austausch- her oder grüßten mich kichernd mit einem „Hi“. Nach eini- schüler waren ohne Ausnahme weiblich und entpuppten ger Zeit jedoch störte es mich, dass ich nur als Ausländerin sich fast alle als fanatische Fans koreanischer Popmusik. gesehen wurde und nicht als ganz normaler Mensch. Ich entwickelte mich gezwungenermaßen auch zu einem, Schließlich ließ die Aufmerksamkeit nach, und ich stellte da K-Pop nach dem Essen zweitwichtigstes Gesprächsthe- fest, dass ich zwar sehr viele Bekannte, aber kaum richtige ma war, zumindest bei den Mädchen. Freunde hatte. Damit begann eine anstrengende Zeit, Nachdem YFU Korea uns seine interessanten Prinzipien in der ich oft einsam war, an der asiatischen Mentalität vermittelt hatte, kam ich zu meiner eigentlichen Gastfa- verzweifelte und die Schule verfluchte. Denn das Leben milie nach Daegu, bei der ich, zusammen mit der japa- der koreanischen Jugendlichen spielt sich in der Schule nischen Austauschschülerin Koharu, ein Jahr lang leben ab. Das ganze System ist schwer zu erklären, doch meine sollte. „Double homestay“ ist immer so eine Sache. Wir Freundinnen saßen oft bis zehn Uhr abends dort. Ich durf-

15 Julia Söhnholz (re.) ist 16 Jahre alt. Mit der Schüler-Austauschorganisation Youth for Understanding verbrachte sie ein Jahr im süd- koreanischen Daegu. Sie könnte sich vorstellen, später einmal als Journalistin, Dolmetscherin oder Diplomatin zu arbeiten. Foto: privat Foto:

te zwar schon um vier Uhr gehen, blieb aber oft länger, der überwindet später alle Schwierigkeiten mit links, was denn was sollte ich alleine zu Hause machen? Irgendwann bei mir leider nicht eingetreten ist. begann ich, zusammen mit kleinen süßen Grundschülern Taekwondo zu lernen, die zugegebenermaßen größeres Im Oktober feiern die Koreaner Chuseok [추석- Erntedank- Talent als ich vorzuweisen hatten. fest], das größte Fest in Südkorea, an dem sich die ganze Familie trifft, um die Verstorbenen zu ehren. Mich faszi- Je besser ich Koreanisch konnte, desto besser lief alles, nierte besonders die aufregende Mischung aus Tradition und ich lernte meine richtigen Freunde kennen. In der und Moderne, mit der man in Asien oft konfrontiert wird. Schule konnte ich dem Unterricht allerdings bis zum Ende Ein weiteres Highlight meines Austauschjahres war der nicht wirklich folgen, ausgenommen Deutsch, Englisch, Medaillengewinn bei einem landesweiten Taekwondo- Kunst und Sport, da es ansonsten einfach zu anspruchs- Wettkampf. voll war. Stattdessen lernte ich Koreanisch oder nahm mir ein Beispiel an den anderen und schlief während des Und dann wurde es schon langsam Winter in Korea, und Unterrichts. Genau aus diesem Grund kassierte ich von mein Auslandsjahr neigte sich dem Ende entgegen. Auch meinem Mathelehrer die erste Kopfnuss meines Lebens. wenn es kein Partyjahr voller Spaß und Freude war, so war es doch ein einmaliges Erlebnis mit verrückten Erfahrun- Am Wochenende unternahm ich so oft wie möglich etwas gen, warmherzigen Menschen und vielen Herausforde- mit Freunden. Sonntags ging es immer in die Kirche. In rungen. den Sommerferien verreiste ich sogar mit der Kirchenju- In den ersten Monaten zurück in Deutschland fiel mir die gend. Das ist die einzige Zeit im Jahr, in der koreanische Wiedereingewöhnung schwer. Ich verbeugte mich vor Schüler vom Lernen entspannen können. Dafür lasen wir den Lehrern, ich hatte Schwierigkeiten, meine Eltern zu innerhalb eines Tages die ganze Bibel. duzen, und ich schlief fast immer während des Unterrichts Während meine Freundinnen in den restlichen Sommer- ein. Jetzt bin ich wieder ganz auf Deutschland einge- ferien natürlich auch zur Schule gingen, schickte unsere stellt, dennoch lässt mich Korea einfach nicht los. Jeden Gastmutter Koharu und mich auf eine Jugendwanderrei- Samstag besuche ich die koreanische Schule in Frankfurt se, die sich als Bootcamp entpuppte. Denn eines der kore- und fühle mich dort immer wieder in mein Auslandsjahr anischen Prinzipien lautet: Wer in jungen Jahren leidet, zurückversetzt.

16 JUGEND „ Wir möchten bereits Jugendliche an das spannende Land Korea heranführen.

Interview mit Gesche Jin-Ah Saupe, Leiterin des Jugendaustauschprojektes“ „Building Bridges – Brücken bauen“ der Deutsch-Koreanischen Gesellschaft e.V. (DKG e.V.)

Sie führen seit 2008 für die Deutsch-Koreanische Gesell- Vorsitzende von Hangaram e.V.)1 und kam dank dieser schaft e.V. das Jugendaustauschprojekt „Building Bridges Tätigkeit 2005 zur Deutsch-Koreanischen Gesellschaft e.V.. – Brücken bauen“ durch. Was sind die Inhalte und Ziele Zu dieser Zeit wurde ich von deutschen Jugendlichen, die dieses Projekts? Taekwondo betreiben, angesprochen, die sich erkundig- ten, ob es denn die Möglichkeit eines Schüleraustausches Zwei wichtige Ziele sind der Aufbau und die Festigung en- nach Korea gebe. Da jedoch damals nichts Derartiges für ger Beziehungen zwischen jungen Menschen aus Deutsch- Korea zu finden war, haben die Mutter eines Schülers und land und Korea. Unsere Teilnehmer setzen sich offen, aber ich unter der Schirmherrschaft der Deutsch-Koreanischen nicht unkritisch mit dem Umfeld des Gastgebers bzw. des Gesellschaft e.V. begonnen, ein Austauschprogramm Gastes auseinander. Dies fordert und fördert unterschied- für Schülerinnen und Schüler zu planen. Dank Henriette liche Kompetenzen (z.B. sprachliche Fertigkeiten und die Stockert, mit der ich mittlerweile gemeinsam das Projekt Fähigkeit, sich angemessen auf neue Situationen einstellen leite, konnten wir eine koreanische Partnerorganisation zu können). (das MIZY Center [Seoul Youth Center for Cultural Exchan- ges - Jugendzentrum Seoul für kulturellen Austausch], eine Ein Austauschdurchlauf besteht aus zwei jeweils zehntägi- Suborganisation der UNESCO) finden, die von koreanischer gen Aufenthalten in Deutschland bzw. Korea. Die Teilneh- Seite aus den Austausch betreut. Durch die Unterstützung mer wohnen üblicherweise bei der Familie ihrer Gastge- von Hartmut Koschyk (Präsident der DKG e.V., MdB) haben schwister (home stay) und absolvieren ein gemeinsames wir Kontakt zum Bundesministerium für Familie, Senioren, Programm. Sie setzen sich dabei bewusst in „gemischten“ Frauen und Jugend (BMFSFJ) erhalten und werden nun zum Gruppen mit einem Thema von aktueller und generell Teil von diesem Ministerium finanziell gefördert. gesellschaftspolitischer Bedeutung auseinander (z.B. Re- levanz von Grenzen), gestalten einzelne Programmpunkte Im Jahr 2008 fuhren schließlich die ersten deutschen selbstverantwortlich und werten diese aus. Denn es ist Teilnehmer nach Korea. Jährlich findet seitdem ein Besuch unser ausdrücklicher Wunsch, dass diese jungen Menschen statt, und wir freuen uns schon sehr auf unsere korea- mehr über ein „fremdes“ Land, die Menschen, das Leben, nischen Gäste, die während der Osterferien 2012 nach aber auch über sich selbst erfahren. Deutschland kommen werden.

Wir möchten, dass sie ihre individuellen Fähigkeiten und Warum finden Sie es so wichtig, gerade bei der Jugend Fertigkeiten (in besonderem Maße auf dem Gebiet der anzusetzen? interkulturellen Kommunikation) erfahren und schulen, um verantwortungsvolle Mitglieder der demokratischen Jugendliche sind oftmals offener und flexibler als Erwachse- Weltgemeinschaft zu werden, welche in der Lage sind, das ne. Wenn man bedenkt, dass diese Generation die Zukunft Weltgeschehen durchdacht und bewusst zu gestalten. wesentlich gestalten wird, dann sollten wir jetzt und hier alle Möglichkeiten nutzen, junge Menschen in ihren Wie kam es zur Gründung des Projektes? Fähigkeiten zu fördern. Je früher sie sich mit einem Thema befassen, z.B. mit Korea, umso stärker wird ihr Bezug dazu Viele Jahre engagierte ich mich auf dem Gebiet der später sein. deutsch-koreanischen Beziehungen (u.a. als Mitglied und

17 Wir möchten bereits Jugendliche an das sie ihre Fähigkeiten und erweitern sie. So müs- spannende Land Korea heranführen, um sie sen sie z.B. Englisch sprechen oder versuchen, schon heute für die Kultur und die Menschen ihr Koreanisch anzuwenden, sie nehmen sich zu sensibilisieren. selbst und die anderen anders wahr und re- flektieren gewisse Sachverhalte intensiver. Ich Wie viele Jugendliche bewerben sich würde behaupten, dass der Großteil der Teil- gewöhnlich, und nach welchen Kriterien nehmer sehr gute Erfahrungen macht. Doch werden sie ausgewählt? Wie viele Schüler auch die Erfahrung der eigenen Grenzen kann Foto: Berlin Cosmopolitan School Foto: nehmen jeweils an dem Austauschprogramm bedeutsam für die Persönlichkeitsentwicklung Gesche Jin-Ah Saupe wurde 1979 in Seoul/ teil? sein: Man muss sich nicht anbiedern und den Korea geboren. Sie anderen immer zu hundert Prozent verstehen; studierte Deutsch und An dem Programm können zehn deutsche und eine Freundschaft kann umso enger sein, je Geschichte auf Lehr- zehn koreanische Jugendliche teilnehmen, die mehr man sich mit Positionen auseinander- amt an der Universität Potsdam und arbeitet in der Regel 12 bis 19 Jahre alt sind. Für das setzen muss, die zunächst vielleicht nicht mit heute als Studienrätin Auswahlverfahren der Koreaner ist das MIZY der eigenen Perspektive übereinstimmen. Das an der Berlin Cosmo- Center [Seoul Youth Center for Cultural Ex- ist für viele Erwachsene schwer genug. Umso politan School. In ihrer changes - Jugendzentrum Seoul für kulturellen besser, wenn man mit diesem Lernprozess früh Freizeit engagiert sie sich für die deutsch- Austausch] bzw. die jeweilige koreanische Part- beginnt. koreanischen Bezie- nerschule verantwortlich. In Deutschland gibt hungen. Sie war unter es eine freie, bundesweite Ausschreibung, und Welche Eindrücke von ihrem jeweiligen Gast- anderem stellvertre- es bewerben sich mittlerweile mehr Jugendli- land sind für die Jugendlichen beider Länder tende Vorsitzende und Vorsitzende des che, als es Plätze gibt. für gewöhnlich am prägendsten? Vereins Hangaram e.V. - eines Vereins für jun- Wichtige Kriterien sind gute Englischkennt- Die jungen Deutschen sind immer wieder von ge Koreaner, die in der nisse, ein hohes Maß an Selbstständigkeit, den Gegensätzen in Korea fasziniert: Tradition zweiten Generation in Deutschland leben Teamfähigkeit, Offenheit und Verantwortungs- und Moderne. Begeistert sind alle von der - sowie Gründungs- bewusstsein. Da es vorkommen kann, dass Höflichkeit und Freundlichkeit der Koreaner. mitglied und Leiterin einzelne Teilnehmer vom regulären Schulalltag Die Sprache interessiert sie auch und vor allem des Forums für junge befreit werden müssen, sollten die schulischen das Essen. Aber auch die Rolle der Frau und Koreaner. Seit 2005 ist sie Mitglied der DKG Leistungen solide bis sehr gut sein. Bewerber, Mutter finden viele spannend. So ein „mütterli- e.V., seit 2010 Mitglied die keinen familiären Bezug zu Korea haben, ches“ Verhalten sind viele in Deutschland nicht des Bundesvorstandes werden bevorzugt, da wir davon ausgehen (mehr) gewohnt. Und natürlich können sich und seit 2008 Projekt- können, dass diese nur begrenzte Möglichkei- zurzeit viele für K-Pop begeistern. leiterin des Jugend- austauschprojektes ten haben, das Land so intensiv kennenzuler- „Building Bridges – nen. Kein Kriterium ist die Schulform oder der Die Koreaner finden allgemein die deutsche Brücken bauen“. finanzielle Hintergrund der Familie. Wer uns Kultur interessant und die Deutschen, wie sie überzeugt, der kann mitkommen. Wir wollen sich verhalten, wie sie auftreten. Deutsche keine soziale „Auslese“ betreiben. Jugendliche wachsen mit einer größeren Selbstständigkeit auf und verhalten sich Welche persönlichen Erfahrungen ziehen entsprechend. Die Äußerung eines koreani- die Jugendlichen beider Länder aus dem schen Brückenbauers ist mir besonders im Austausch? Gedächtnis geblieben: Die Deutschen würden viel besser ihre Vergangenheit (NS-Verbrechen, Generell fördern Begegnungen mit Menschen Diktatur in Deutschland) aufarbeiten, als es die anderer Kulturen die Offenheit und das Selbst- Koreaner von den Japanern kennten. bewusstsein, wenn sich die entsprechenden Personen dieser Herausforderung ohne weite- Welche Chancen birgt ein solcher Jugend- re Vorbehalte stellen. Das ist für das zukünftige austausch für den Ausbau der Beziehungen berufliche Leben und in der heutigen Gesell- zwischen Korea und Deutschland? schaft generell wesentlich. Wenn man einem Menschen in jungen Jahren Viele setzen sich zum ersten Mal ohne die eine Idee anbietet, dann kann diese wie Eltern mit einer für sie vollkommen „fremden“ eine Pflanze über viele Jahre lang wachsen Umgebung auseinander. Aber hier erkennen und gedeihen. Ideen, wie es ein Jugendaus-

18 tauschprojekt „Building Bridges – Brücken bauen“ sein kann, fallen bei Menschen dieses Alters auf fruchtbaren Boden. So können sich Freundschaften, die im Jugendalter geschlossen werden, zu festen und stabilen persönli- chen Beziehungen zwischen Deutschen und Koreanern entwickeln. Diese können letztendlich eine interessante Grundlage für weitere Austauschmöglichkeiten sein. Von den deutschen Teilnehmern verbringt zurzeit eine Schülerin ein ganzes Schuljahr in Korea. Zwei Alumnis2 haben Koreanistik als Nebenfach an der Universität belegt, ein Alumnus hat in Korea ein Praktikum und ein anderer ein Freiwilliges Soziales Jahr absolviert. Umgekehrt haben koreanische Alumnis signalisiert, zum Studieren nach Deutschland zu kommen. Man kann erahnen, wie positiv sich die Teilnahme an „Building Bridges – Brücken bauen“ in ein paar Jahren auf die deutsch-koreanischen Beziehun- gen auswirkt.

Exemplarisch arbeiten wir - das sind das Projektteam und die Teilnehmer selbst - an stabilen und stabilisierenden Verhältnissen im Sinne der interkulturellen Verständigung zwischen Deutschland und Korea. Die bilateralen Bezie- hungen sind ja generell sehr gut. Dazu möchten wir gerne etwas beitragen.

Wie kann man sich für Ihr Programm bewerben?

Es gibt alle zwei Jahre ein Ausschreibungsverfahren. Das nächste endet im ersten Quartal des Jahres 2013. In diesem Jahr beginnen wir die nächste Runde mit dem Besuch in Korea. Im Jahr 2014 kommen die Koreaner nach Deutschland. Dann kann man sich wieder für die nächste Runde bewerben, die 2015 beginnt.

Einzureichen sind ein Bewerbungsschreiben, ein Le- benslauf und ein englischsprachiger Motivationsbrief (an Gesche Jin-Ah Saupe und Henriette Stockert, E-Mail: [email protected]).

Mehr Informationen gibt es unter http://korea-dkg.de. Wir freuen uns auch über jede E-Mail (Anfragen, Anregungen usw.) von Interessierten.

Das Interview führte Gesine Stoyke

1 Zu Hangaram siehe die Kurzbeschreibung zu Frau Gesche Jin-Ah Saupe (Anm. d. Red.). 2 Alumni (lat.: „Zögling“, von alere, „ernähren“, „aufziehen“) ist der Plural von Alumnus. Umgangssprachlich steht „Alumni“ heute für Veranstaltungen und Organisationen, die sich um die Erhaltung der Beziehungen zwischen ehemaligen Auszubildenden, Studierenden und Mitarbeitern bemühen (http://de.wikipedia.org/wiki/Alumni), (Anm. d. Red.).

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Das Goethe-Institut in Seoul Interview mit dem Leiter Dr. Stefan Dreyer

Das Goethe-Institut ist das weltweit tätige Kulturinstitut der Bundesrepublik Deutschland. Zentrale Aufgaben sind die Förderung der deutschen Sprache im Ausland, die Pflege der kulturellen Zusammenarbeit auf internationaler Ebene sowie die Vermittlung eines umfassenden Deutschlandbildes durch Informationen über das kulturelle, gesellschaftliche und politische Leben. © Goethe-Institut

Herr Dr. Dreyer, das Goethe-Institut in Seoul großen und spektakulären Events und Gastspie- wurde bereits 1968 gegründet. Welche le genauso gehören, wie die unscheinbareren, Bilanz ziehen Sie nach 44 Jahren deutscher gleichwohl aber intensiven künstlerischen und Kulturvermittlung in Korea unter dem Aspekt intellektuellen Begegnungen mit Workshop- der interkulturellen Annäherung zwischen Charakter und natürlich auch die Spracharbeit beiden Ländern? in Schulen, Universitäten und im Institut selbst. In diesen mehr als 40 Jahren haben sich sicher Mit umfassenden Bilanzen ist es im Bereich der auch Gewichte verschoben, ungefähr in dem

© Goethe-Institut kulturellen Begegnungen gar nicht so einfach, Maße, wie sich professionelle Strukturen des Dr. Stefan Dreyer, weil es so viele Facetten, Geschichten und Austausches etwa im Bereich klassischer Musik Leiter des Goethe- persönliche Erlebnisse gibt, die ja auch immer herausgebildet haben oder neue mediale Ver- Instituts Seoul ein Teil von interkultureller Annäherung sind. mittlungsformen und -formate wie zum Beispiel Man darf aber wohl getrost feststellen, dass das Internet entstanden sind . Wichtig in all den das Goethe-Institut in den zurückliegenden 44 Jahren war (und bleibt) für uns, dass interkultu- Jahren zu einem der tragenden Pfeiler deutsch- relle Begegnungen von gegenseitigem Respekt koreanischen Kulturaustausches geworden ist geprägt sind und sich auf Augenhöhe vollzie- und mit einer Vielzahl von konkreten Begeg- hen. Und natürlich hoffen wir, dass wir unseren nungs-und Kooperationsprojekten in allen Auftrag zu interkultureller Zusammenarbeit Bereichen der Künste, gleichermaßen aber auch tatsächlich auch als Zweibahnstraße, das heißt im akademischen Umfeld oder z.B. in Architek- unter Einschluss der Vermittlung koreanischer tur und Stadtplanung, zu einem lebendigen Kultur nach Deutschland, haben gestalten kön- Austausch zwischen Deutschland und Korea nen. Die Wertschätzung, die unserer Kultur- und beigetragen hat. Typisch für die Arbeitswei- Spracharbeit in Korea entgegengebracht wird, se des Goethe-Instituts ist dabei, dass zu der deutet darauf hin, dass uns das gelungen ist enormen Bandbreite von Veranstaltungen die und freut uns natürlich außerordentlich.

20 Welcher Stellenwert kommt der deutschen Sprache und Wo besteht Ihrer Ansicht nach Handlungsbedarf Kultur in Korea heute zu? Hat sich das Interesse im Laufe bezüglich der Intensivierung des interkulturellen der Jahre gewandelt? Inwiefern, und welche Gründe Austausches zwischen Korea und Deutschland? vermuten Sie? Handlungsbedarf besteht natürlich immer, schon weil es Wir kommen nicht umhin zu konstatieren, dass die deut- eine Fülle von kooperativen Projektideen und –vorschlägen sche Sprache in Korea, vor allem an Schulen und Universi- gibt, die Unterstützung bei der Realisierung verdienen. täten, nicht mehr die gleiche hohe Bedeutung genießt wie Besonders reizvoll dürfte es aber wohl in der Zukunft noch vor 10 oder 20 Jahren. Das ist bedauerlich, hat aber zu- sein, die - wie erwähnt - traditionell guten und historisch nächst mit zwei externen Faktoren zu tun: einerseits mit der gewachsenen Kulturbeziehungen ins Zeitgenössische zu zunehmenden Bedeutung des Englischen als Lingua franca übersetzen und zu transportieren. Dazu gehören jugend- einer globalisierten Welt, andererseits mit der regionalen liche Lebenswelten, geprägt von Popkultur und Lifestyle Integration in Ostasien, der zunehmenden Kooperation genauso wie Herausforderungen hinsichtlich der Gestal- zwischen Korea, Japan und China, und dem Aufstieg Chinas tung lebenswerter Städte und eines verantwortungsvol- zur wirtschaftlichen Weltmacht. Es sind die ostasiatischen len Umgangs mit unserer natürlichen Umwelt und ihrer Sprachen Japanisch und Chinesisch, die in den letzten Jah- Ressourcen. Ich glaube, es könnte reizvoll sein, in diesen ren enorme Zuwächse verzeichnen – verständlicherweise, Arbeitsfeldern gemeinsame koreanisch-deutsche Projekte muss man wohl hinzufügen. Wir versuchen mit gezielten zu entwickeln und Austauschprogramme in den Blick zu Maßnahmen an Schulen und Universitäten für Deutsch zu nehmen. Interkultureller Austausch sollte so früh wie mög- werben und deutlich zu machen, wie wichtig diese Sprache lich beginnen, weshalb zum Beispiel Schulpartnerschaften insbesondere in Europa heute ist, und wie nützlich es sein und Schüleraustauschprogramme besonderer Unterstüt- kann, sie zu sprechen und zu verstehen. Erstaunlicherweise zung und Anregung bedürfen. Ganz grundsätzlich sollten haben wir am Goethe-Institut selbst keineswegs mit einer wir außerdem längere Aufenthalte im jeweilig anderen sinkenden Nachfrage zu kämpfen, im Gegenteil: Wir unter- Land auch im kulturellen Bereich fördern, also durch mehr richten inzwischen an sieben Tagen in der Woche, die Kurse Künstlerresidenzen in Korea und in Deutschland. sind voll. Wir überlegen sogar, über Daejeon [fünftgrößte Stadt Südkoreas] hinaus in anderen städtischen Zentren Auf Ihrer Website ist zu lesen: „Wir stellen uns den Kurse anzubieten. Unsere Kursteilnehmer haben fast alle kulturpolitischen Herausforderungen der Globalisierung eine konkrete persönliche Perspektive in Richtung Deutsch- und entwickeln innovative Konzepte für eine durch land, häufig mit Studien- oder Arbeitsvorhaben oder aber Verständigung humanere Welt, in der kulturelle wegen der Arbeit in deutschen Firmen. Vielfalt als Reichtum erkannt wird.“ Welches sind die maßgeblichen kulturpolitischen Herausforderungen einer Wie beurteilen Sie die deutsch-koreanischen globalisierten Welt, und welche Bedeutung hat Kultur für Beziehungen auf kulturellem Gebiet? die Verständigung der Nationen untereinander?

Die sind vielleicht auch deshalb so besonders gut und Kultur kann politische Verständigungsprozesse nicht intensiv, weil sie eine tiefe historische Dimension haben. ersetzen und sollte auch nicht politisch instrumentalisiert Namen wie Möllendorf 1 oder 2 stehen ja werden. Kunst und Kultur müssen mit ihren Eigengesetz- heute noch für hoch angesehene deutsche Beiträge zur lichkeiten ernst genommen und respektiert werden. Wenn historischen Entwicklung Koreas und begründen eine dies geschieht, können aber gerade künstlerische und ausgeprägte „Grundsympathie“ Deutschland gegenüber, kulturelle Begegnungsprojekte in Bereiche vorstoßen, die die deutscherseits, besonders mit Blick auf die parallelen von der Politik nicht erreicht werden und Verständnis und Entwicklungen beider Länder - Teilungserfahrung und Verstehen des jeweils Anderen befördern, von dem wir in wirtschaftlicher Aufstieg - in der zweiten Hälfte des 20. einer globalisierten Welt nicht genug haben können. Nicht Jahrhunderts herzlich erwidert wird. Das sind gute Vor- alle Konflikte auf dieser Welt haben kulturelle Wurzeln, aussetzungen für intensive kulturelle Beziehungen. Hinzu aber viele haben eine kulturelle Dimension, derer wir uns kommen starke kulturelle Institutionen auf beiden Seiten, in bewusst sein sollten. Kulturbegegnung heißt ja generell Korea sind das besonders die Festivals und Biennalen, aber auch immer, sich in gemeinsamen Prozessen nicht nur des auch die Museen, Konzertsäle und Theater. Die klassische Verbindenden, sondern in gegenseitigem Respekt auch der Musik, gleichermaßen konzertant wie auch bezogen auf die Unterschiede bewusst zu werden und mit diesen friedlich Ausbildung von Musikern und Komponisten, ist ein Bereich umzugehen. Schließlich haben Kunst und Kultur, ganz be- besonders intensiver und fruchtbarer Kooperation. sonders in Umbruchsituationen und in der Transformations- gesellschaft, ihr innovatives Potenzial unter Beweis gestellt,

21 indem sie Neues vorausgeahnt und formuliert haben. noch in keinem anderen Land erlebt habe. Insofern reagieren eine auf Gegenseitigkeit ausgerichtete Kulturarbeit, die Schaffung von Plattformen für Begegnun- Gibt es in Ihrer Eigenschaft als Leiter des Goethe-Instituts gen und die Auseinandersetzung mit dem Fremden oder ein Anliegen, das Ihnen besonders am Herzen liegt und Fremdartigen auch auf eine Globalisierung, die ja nicht nur das Sie gern umsetzen würden? positiv erfahren wird, sondern nicht selten auch Verlust- ängste, bezogen auf die eigene Kultur, auslöst. Das ist kein exklusiver Wunsch, aber er liegt angesichts der Situation auf der koreanischen Halbinsel auf der Hand: Wun- Welcher Reiz geht von Südkorea für Sie persönlich aus? derbar wäre es, einmal eine gemeinsame Veranstaltung mit Welches war für Sie die größte Umstellung und die größte Musikern aus Deutschland und beiden Koreas realisieren zu Herausforderung, als Sie nach Seoul kamen? können.

Bevor ich nach Seoul kam, habe ich knapp sechs Jahre in Das Interview führte Dr. Stefanie Grote Indien gearbeitet, zwar auch in Asien, aber unter gänzlich anderen Bedingungen. Das Tempo, die Effizienz und Profes- 1 Paul Georg von Möllendorff, Jurist und Sinologe, von 1882 – 1885 sionalität in Korea haben uns sehr positiv beeindruckt. Hin- als erster westlicher Berater am Hofe des koreanischen Königs Gojong zu kommt die Freundlichkeit und Gastfreundschaft, die wir tätig (Anm. d. Red.). an vielen Begegnungen mit Menschen hier erleben durften 2 Franz Eckert, preußischer Musikkapellmeister am Hofe des koreani- und die ganz erheblich zu unserem Wohlbefinden in unse- schen Kaisers (koreanisches Kaiserreich: 1897 – 1910) und Schöpfer der ersten koreanischen Nationalhymne Daehan jeguk rem Gastland beitragen. Die Tatsache, dass mein Koreanisch (대한제국 애국가) (Anm. d. Red.). bislang nur extrem rudimentär existiert, macht manche Alltagssituation nicht ganz einfach. Was mich übrigens regelmäßig beeindruckt, ist die Begeisterungsfähigkeit, die Weitere Informationen unter: Bildung und das Interesse eines mehrheitlich sehr jungen http://www.goethe.de/ins/kr/seo/deindex.htm Publikums bei Kulturveranstaltungen, was ich so eigentlich © Robert Seidel „Foto der Woche” des Medienkünstlers Robert Seidel, der auf Einladung des Goethe-Instituts mit drei anderen deutschen Künstlern seine Arbeiten auf der Fassade des Seoul Square zeigte, in dem das Goethe-Institut untergebracht ist.

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Akademischer Austausch wirkt lange Von Anne Schneppen

ls Kim Hwang-sik im Oktober 2010 die Zahl der in Korea befindlichen Deutschland- zum südkoreanischen Premiermi- Alumni insgesamt. Vor allem in den Siebziger- nister berufen wurde, erreichten ihn und Achtzigerjahren war Deutschland als Stu- viele Glückwünsche aus aller Welt dienort ausgesprochen gefragt, beliebte Fächer A– auch aus dem kleinen Marburg an der Lahn. waren Jura, Ingenieurswissenschaften, Geistes- Dort hatte der junge Kim von 1978 bis 1979 als wissenschaften, Kunst und natürlich Musik. Stipendiat des Deutschen Akademischen Aus- tauschdienstes (DAAD) Rechtswissenschaften Doch auch wenn die Heimkehrer die Erin-

Foto: privat Foto: studiert. An seiner alten Alma Mater erinnert nerung an Deutschland durchaus pflegten man sich, dass „sein besonderes Interesse dem - Kontakt zueinander hielten die inzwischen 49 Anne Schneppen lebte deutschen Zivilrecht“ galt. Heute ist der ehema- Alumni-Vereine kaum. Eigentlich schade, denn von 2005 bis 2007 mit lige DAAD-Stipendiat Deutschland noch immer die versprengten Stützpunkte der Nostalgie ihrer Familie in Seoul und verbunden – als Vorstandsmitglied des Alumni1- könnten als Netzwerk und Basis noch intensive- arbeitete von dort - wie Netzwerks Deutschland-Korea (ADeKo). rer koreanisch-deutscher Kooperation genutzt schon zuvor aus Tokio - werden – Fundus eines reichhaltigen Reper- als Fernost-Korrespon- dentin der Frankfurter Premierminister Kim ist nicht der einzige toires, Beispiele für „Best Practice“, wie man Allgemeinen Zeitung. In frühere Stipendiat, der inzwischen die Politik, heutzutage sagen würde. So entstand die Idee, Korea beschäftigte sie Wirtschaft und Kultur seines Landes prägt. Lee ein übergreifendes „Netz“ zu schaffen, die Inte- sich vor allem mit politi- Kang-kook, Präsident des südkoreanischen ressen und Potenziale vor allem im kulturellen, schen, aber auch gesell- Verfassungsgerichts, studierte einst an der wissenschaftlichen und technologischen Be- schaftlichen Themen. Georg-August-Universität in Göttingen, einer reich zu bündeln und zu vernetzen. Im Mai 2008 Institution, die auf 274 Jahre Geschichte zurück- wurde ADeKo, der Gesamtverband koreanischer blicken kann. Rhyu Si-min, Gesundheitsminister Deutschland-Alumni, geboren. unter Roh Moo-hyun2, führt seine Wirtschafts- studien an der Johannes Gutenberg-Universität Das Bundesministerium für Bildung und For- Mainz im Lebenslauf. Knapp 7000 Mitglieder schung (BMBF) stellte finanzielle Mittel bereit, sind in der Datenbank des Alumni-Netzwerks und in Korea machte sich ein Team innerhalb gespeichert, darunter zahlreiche bekannte des DAAD Seoul und unterstützt von der Deut- Namen. Viele von ihnen hatten traditionsreiche schen Botschaft mit dem Gründungskomitee an Universitäten in Deutschland ausgewählt, Fakul- die Arbeit. täten mit Renommee, mit Professoren, deren Ruf weit über Europa hinaus einen guten Klang Das ADeKo-Team, Vorstand und hatte. Ziel waren Universitätsstädte, wie sie Ko- diverse Ausschüsse, organisiert rea damals kaum kannte, Marburg, Göttingen, regelmäßig Veranstaltungen, Freiburg, Tübingen, aber auch „westdeutsche“ Metropolen, in denen schon viele Koreaner Tagungen, wissenschaftliche eine neue Heimat gefunden hatten: Düsseldorf, Gesprächskreise und Workshops Frankfurt oder Berlin. für und mit Alumni, so etwa eine jährliche interdisziplinäre Konferenz Schon seit Anfang der Fünfzigerjahre besteht zu aktuellen Gesellschaftsthemen. zwischen Korea und Deutschland ein reger aka- demischer Austausch, wobei es von jeher weit Projektweise Förderung kommt neben dem mehr Koreaner zum Studieren und Forschen BMBF auch von koreanischer Seite, zudem zum nach Deutschland zieht als umgekehrt: Auf Teil von privaten Sponsoren. Nach 2012, so rund 20.000 schätzt Michael Paulus, der stell- das hoch gesteckte Ziel, soll sich das Netzwerk vertretende ADeKo-Generalsekretär in Seoul,

23 aus Mitgliedsbeiträgen, Sponsorengeldern Dennoch ist Deutschland für und selbst generierten Mitteln tragen können. koreanische Studenten weiterhin Vize-Generalsekretär Paulus zeigt sich in Seoul attraktiv; etwa 5200 sind derzeit verhalten optimistisch: „Das Ziel wirklicher fi- nanzieller Unabhängigkeit steht noch in einiger an deutschen Hochschulen Ferne.“ eingeschrieben.

Was will und kann ADeKo erreichen? Für Paulus Nach Einschätzung von Michael Paulus ist dies geht es neben der Vernetzung der ehemaligen nicht zuletzt auf die zunehmende Internationali- Stipendiaten auch um die „Vermittlung deut- sierung der Universitäten, den Bologna-Prozess scher und im Gegenzug auch koreanischer und die Einführung vieler englischsprachiger Werte“. Als Beispiele nennt er aus deutscher Kurse zurückzuführen. Perspektive z.B. das „Humboldtsche Bildungs- ideal“, das Sozial- und Rechtssystem, „grüne Freilich studieren junge Koreaner heute zumeist Themen“ wie die erneuerbaren Energien. Auf andere Fächer als seinerzeit Kim Hwang-sik: koreanischer Seite etwa das hohe Bildungsideal, Das Interesse an den deutschen Rechtswissen- das ausgeprägte Arbeitsethos, die gelungene schaften hat aufgrund der Einführung von Law Demokratisierung und die erfolgreiche wirt- Schools nach US-Muster erheblich nachgelas- schaftliche Entwicklung. „Darüber hinaus will sen, ebenso an der Germanistik. Geistes- und sich und hat sich ADeKo bereits als Wissen- Sozialwissenschaften liegen dagegen noch schaftsorganisation entwickelt und sieht in der immer im Trend, Naturwissenschaften und Alumni-Arbeit mehr seinen Ursprung als seinen Technik, vor allen Dingen Medizintechnologie, Selbstzweck“, fasst Paulus die ersten drei Jahre ziehen an. Der akademische Austausch lebt seit Gründung zusammen. weiter.

Die Themen der Veranstaltungen reichen von Klimawandel und „Green Growth“ (2011) über Wissenschaftsjournalismus (2010), Wissen- schaftspolitik (2009), hin zur Rolle der „Neuen Medien“ (geplant für 2012). Auch eine Jobbörse soll es geben. Der Schwerpunkt der Veranstal- tungen liege, so Paulus, „allein aus logistischen Gründen erst einmal ganz klar in Korea“. Freilich hat es auch schon Tagungen in Deutschland gegeben, so einen Workshop mit koreanischen Wissenschaftsjournalisten in Berlin, was langfris- tig sicherlich noch zunehmen wird. 1 Alumni (lat.: „Zögling“, von alere, „ernähren“, „aufzie- hen“) ist der Plural von Alumnus. Umgangssprachlich Premierminister Kim Hwang-sik hatte seine steht „Alumni“ heute für Veranstaltungen und Organi- ersten Deutschland-Erfahrungen schon in der sationen, die sich um die Erhaltung der Beziehungen Schule gesammelt, im Deutschunterricht. Heut- zwischen ehemaligen Auszubildenden, Studierenden zutage lernen koreanische Kinder wie überall und Mitarbeitern bemühen (http://de.wikipedia.org/ wiki/Alumni), (Anm. d. Red.). in der Welt vor allem Englisch. Südkoreanische 2 Roh Moo-hyun († 2009), war von 2003 bis 2008 Präsi- Studenten zieht es mehr denn je nach Amerika. dent der Republik Korea, (Anm. d. Red.).

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Korea Foundation – „Introducing Korea to the World, Making Friends of Korea” 1 Von Su-Youn Sin

ie Korea Foundation (derzeitiger Eine kulturelle Brücke zwischen Korea und der Präsident: Byung-Kook Kim) wurde Welt schaffen – neue Freunde und Kooperati- 1991 gegründet, um das weltweite onspartner Bewusstsein und Verständnis für Ko- Durch die Förderung von internationalen Drea zu fördern und die Beziehungen innerhalb Konferenzen wie z.B. das „KF Global Seminar“ der globalen Gemeinschaft zu stärken. Als und von akademischen Austauschprogram- repräsentative internationale Austauschorga- men werden unter anderem „Spezialisten nisation Koreas initiiert die Korea Foundation und Führungspersönlichkeiten der nächsten

Foto: privat Foto: eine Vielzahl an Programmen und Aktivitäten Generation“ aus verschiedenen Ländern nach wie die Unterstützung der Koreastudien an Korea eingeladen. Den künftigen Experten Su-Youn Sin wurde 1986 Universitäten, akademische und kulturelle und Führungspersönlichkeiten aus allen Teilen als Tochter koreanischer Austauschprogramme, Foren und Politikfor- der Welt soll die Möglichkeit gegeben werden, Eltern in Duisburg gebo- schung sowie Korea betreffende Publikatio- sich mit Fachleuten in Korea auszutauschen ren. Als sie drei Jahre alt nen und Medien. Neben der Hauptzentrale in und kooperative Beziehungen aufzubauen. war, erfolgte der Umzug Korea gibt es Büros in Berlin, Washington D.C., Kulturelle und künstlerische Austauschpro- der Familie nach Berlin. Sie studiert im Master- Los Angeles, Peking, Moskau und Hanoi. gramme weltweit sollen auch das Bewusstsein studiengang Koreastudien für die koreanische Kultur fördern. Um diese an der Freien Universität Weltweite Etablierung der Koreastudien einem großen Publikum zugänglicher zu Berlin und arbeitet seit Eines der wichtigsten Aufgabenfelder der machen, unterstützt die Korea Foundation Januar 2011 im Büro der Korea Foundation stellt die Unterstützung der ausländische Museen bei der Einrichtung und Korea Foundation Berlin. Koreastudien im Ausland dar. Dies geschieht Erweiterung von koreanischen Galerien und nicht nur durch die Mitwirkung bei der Ein- führt weitreichende kulturelle und künstleri- führung von Kursen für Koreastudien und der sche Programme durch. koreanischen Sprache oder der Einrichtung Im Zuge dieser Förderung findet bis 2013 die von Lehrstühlen an ausländischen Univer- von der Korea Foundation finanzierte und sitäten, sondern auch durch die finanzielle organisierte Wanderausstellung „Entdeckung Förderung von Professuren. Vergangenes Jahr Korea – Schätze aus deutschen Museen“ statt. unterstützte die Korea Foundation Profes- Von über 6000 koreanischen Kunstwerken aus suren an der Harvard University, der Oxford zehn deutschen Museen wurden 116 reprä- University und an 107 weiteren Universitäten sentative Objekte zu einer Austellung zusam- in zwölf Ländern. Derzeit arbeitet die Korea mengefasst. Foundation außerdem an dem „KF Global e-School“-Modell, welches eine Vorlesung an Ausstellungstermine: den Hochschulen durch ein Tele-Lecturing- - GRASSI Museum für Völkerkunde, Leipzig: System ermöglichen soll. Dadurch können 17. Februar - 27. Mai 2012 Koreastudien-Experten aus der ganzen Welt - Museum für Angewandte Kunst, Frankfurt: eingesetzt werden. 28. Juni - 09. September 2012 Die Stiftung engagiert sich auch in For- - Linden-Museum, Stuttgart: schungsprojekten, Tagungen und Workshops 11. November 2012 - 17. Februar 2013 sowie in Bezug auf Veröffentlichungen führender politikorientierter Forschungsein- Zusätzlich bietet die Korea Foundation Work- richtungen (Think-Tanks) und internationale shops für Kuratoren koreanischer Kunst („KF Austauschorganisationen, um zu Diskussionen Workshop for Korean Art Curators“) an. Dazu über Korea anzuregen.

25 acht Sprachen herausgegeben wird: Deutsch, Englisch, Französisch, Spa- nisch, Arabisch, Russisch, Chinesisch und Japanisch. Sie befasst sich mit verschiedensten Aspekten des kore- anischen Lebensstils, koreanischer Kunst, Natur und Literatur. Als Internetmagazin abrufbar er- scheint monatlich „KOREA FOCUS“. Das Magazin gibt einen Einblick in politische, soziale, kulturelle und wirtschaftliche Beziehungen Kore- as. Zusätzlich unterstützt die Korea Foundation die Veröffentlichung von Büchern über koreanische Kultur sowie von Dissertationssammlungen, fachspezifischen Wörterbüchern und Korea Foundation Day, Präsident Dr. Byung-Kook Kim Katalogen für koreanische Kunst. werden die Kuratoren nach Korea eingeladen und lernen durch Exkursionen, Vorträge und Diskussionsrunden, Projekte im Jahr 2012 – koreanische Filme und die korea- ihre koreanischen Sammlungen besser zu handhaben. nische Sprache Außerdem erhalten sie so die Gelegenheit, ihre persönli- Die Korea Foundation unterstützt im Jahr 2012 unter chen Beziehungen mit Kunstspezialisten aus Korea und anderem das „Korean Film Festival“ in Berlin, welches in anderen Ländern auszubauen. Zusammenarbeit mit dem „Haus der Kulturen der Welt“ und dem „Busan International Film Festival“ zustande Kulturzentrum der Korea Foundation in Seoul – Begeg- gekommen ist. Das Filmfestival wird vom 03. bis 13. Mai nungsort für kulturellen Austausch 2012 innerhalb von zwei Wochen eine Auswahl an korea- Das Kulturzentrum der Korea Foundation in Seoul (E-Mail: nischen Filmen zeigen und dabei Diskussionsrunden mit [email protected]) hilft Koreanern und ansässigen Aus- Regisseuren und Schauspielern ermöglichen. ländern, verschiedene Kulturen kennenzulernen. 2005 Darüber hinaus wird die Korea Foundation auch dieses eröffnet, war das Kulturzentrum die erste Begegnungs- Jahr auf der 25. Internationalen Messe für Sprachen und stätte für interkulturellen Austausch in Korea. Das ganze Kulturen „Expolingua“ in Berlin die koreanische Sprache Jahr über wird ein vielseitiges kulturelles und künstleri- vertreten und den Besuchern durch Vorträge, Lehrbücher sches Programm dargeboten, das - von Ausstellungen und Informationen die koreanische Sprache nahebringen. über Vorführungen bis zu Filmen - alle Facetten der Kultur umfasst. Begleitet werden diese Programme durch Vor- träge und internationale Konferenzen zu ausgewählten 1 „Introducing Korea to the World, Making Friends of Korea“: Korea Themenbereichen, um Koreanern und auch Ausländern der Welt vorstellen und Freunde für Korea gewinnen (Anm. d. Red.). die Möglichkeit zu geben, ihr Wissen über andere Kultu- ren zu vertiefen (Adresse: Mirae Asset CENTER1 Building West Tower, 67 Suha-dong, Jung-gu, Seoul).

Die Präsentation Koreas in einer globalen Welt Um verschiedene Aspekte Koreas in der Welt vorzustellen, gibt die Korea Foundation eine Vielzahl an Publikationen Weiterführende Informationen: und multimedialem Material heraus. So veröffentlicht sie Korea Foundation Berlin Office Direktor Jaejin Choi regelmäßig koreabezogene Druck-, audiovisuelle und c/o Botschaft der Republik Korea Multimedia-Materialien, die weltweit sowohl an staatliche Stülerstr. 8-10 und öffentliche Bibliotheken als auch an Forschungszent- 10787 Berlin ren, Kunst- und Kulturorganisationen sowie Universitäten im Ausland vergeben werden. E-Mail: [email protected] Tel.: 030/ 260 65 459 Darunter ist auch die viertjährlich erscheinende Zeit- Fax: 030/ 260 65 399 Fotos: Korea Foundation Korea Fotos: schrift „KOREANA“, die von der Korea Foundation in www.kf.or.kr

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„ Wie viele Mitglieder hat die len Veranstaltungen erleben wir Deutsch-Koreanische Gesell- ein positives Feedback und eine Im Einzugsgebiet schaft Hamburg e.V. (DKGH), und Zunahme von Mitgliedern. was sind die Schwerpunkte ihrer Am letzten Septemberwochen- Arbeit? ende 2011 hatten wir in Zusam- von Hamburg menarbeit mit dem Museum Die Deutsch-Koreanische Gesell- für Völkerkunde Hamburg das leben schaft Hamburg hat derzeit ca. erste Koreafestival in Hamburg 150 Mitglieder. Der Hauptschwer- veranstaltet. Allein dabei konnten ca. 2500 Menschen punkt unserer Tätigkeit liegt sieben neue Mitglieder gewonnen darin, die Beziehungen zwischen werden. Deutschland, insbesondere koreanischer Hamburg, und Korea zu vertiefen. Mit welchen Institutionen und Dies gilt vor allem für die Bereiche öffentlichen Einrichtungen arbei- Abstammung. der kulturellen, persönlichen, tet die DKGH zusammen? beruflichen und wirtschaftlichen Hier können wir über eine “ Belange von Deutschen und Kore- erfolgreiche Kooperation mit anern. Ein besonderes Augenmerk einer Vielzahl von Institutionen richten wir auf unsere eigenen (in alphabetischer Reihenfolge) Interview mit der Vorsitzenden öffentlichen Veranstaltungen, bei berichten, u.a.: denen wir versuchen, Korea den Okhoa Meyer von der Twer und dem Hamburgern näherzubringen. • Asien-Afrika-Institut der Geschäftsführer Ivo Möller der Deutsch- Universität Hamburg (AAI, Koreanischen Gesellschaft Hamburg e.V. Wie groß ist die koreanische Koreanistik) (DKGH)1 Community in Hamburg, und wie • Generalkonsulat der Republik intensiv werden Ihre Angebote Korea in Hamburg von den in Hamburg lebenden • German Institute of Global Koreanern genutzt? Wie groß and Area Studies (GIGA), ist das Interesse der deutschen Hamburg Öffentlichkeit? • Goethe-Institut Hamburg • Handelskammer Hamburg Im Einzugsgebiet von Hamburg • Hochschule für angewandte leben ca. 2500 Menschen kore- Wissenschaft (HAW) Ham- anischer Abstammung. Interes- burg santerweise ist das Verhältnis von • Hochschule für Musik und Deutschen und Koreanern an Theater (HfMT) Hamburg den Veranstaltungen/Aktivitäten • Internationales Maritimes unserer Gesellschaft mit 60/40 ei- Museum Hamburg (IMMH) nigermaßen gleichmäßig verteilt, • Kulturabteilung der Botschaft wobei wir aber erfreulicherweise der Republik Korea in Berlin ein zunehmendes Interesse der • Korea Trade-Investment deutschen Öffentlichkeit an unse- Promotion Agency (KOTRA) ren Veranstaltungen/Aktivitäten Hamburg beobachten. Daher betrachten • Museum für Völkerkunde wir diesen Bereich als weiterhin Hamburg ausbaufähig und als eines unserer • Senat, Bürgerschaft und wichtigsten Ziele für die nächsten Kulturbehörde der Freien und Jahre. Hansestadt Hamburg Foto: privat Foto: Inwieweit ist es Ihnen gelungen, Wie aus der Aufzählung ersicht- Okhoa Meyer von der Twer kam 1974 als durch Ihre Aktivitäten neue Mit- lich ist, gibt es unter unseren Krankenschwester nach Deutschland. Seit glieder zu werben? Kooperationspartnern für jedes März 2008 ist sie Vorsitzende der 1984 Themenfeld einen herausragen- gegründeten Deutsch-Koreanischen Gesell- den Spezialisten. schaft Hamburg e.V. (DKGH). Speziell nach größeren kulturel-

27 Inwieweit unterstützt die DKGH Stadt. offizielle Kontakte der Stadt Hamburg nach Korea? Gibt es offizielle Koope- Welche Schwierigkeiten ergeben sich rationen zwischen Hamburg und bei der praktischen Umsetzung Ihrer Korea? Arbeit?

Ja, es gibt offizielle Kooperationen Nun, wie immer spielen Fördergelder zwischen Hamburg und Korea. eine wichtige Rolle, da die uns zur Verfügung stehenden Mittel begrenzt Dies ist zum einen das Austausch- sind. Deswegen sind wir bei unseren projekt zwischen Mitarbeitern der Veranstaltungen weitgehend auf Spon- Behörden in Hamburg und in Busan. soren angewiesen, für deren Hilfe wir Wir waren daran beteiligt, indem in ausdrücklich dankbar sind. den letzten beiden Jahren zwei unserer

Foto: privat Foto: Mitglieder im Rahmen dieses Aus- Welches waren Ihrer Einschätzung tauschprogramms bei einem jeweils nach bislang die größten Erfolge der halbjährigen Aufenthalt die speziellen DKGH? Ivo Möller wurde 1971 in Seoul geboren und 1972 von deutschen Eltern adopti- Strukturen verschiedener Behörden in ert. Seitdem lebt er in Deutschland. Er Busan kennengelernt haben und viel- Als größeren Erfolg bewerten wir, dass ist Volljurist und derzeit als Coordinator seitige persönliche Kontakte knüpfen die DKGH bei den neuen Mitgliedern Security Trade Control (Koordinator Außen- konnten. einen hohen Anteil jüngerer Men- handel und Exportkontrolle) in einem in- ternationalen Konzern tätig. Seit 2010 ist er schen, speziell die in Korea Geborenen Geschäftsführer der Deutsch-Koreanischen Zum anderen existiert ein Austausch- und als Kinder nach Deutschland Gesellschaft Hamburg e.V. (DKGH). programm für junge Studenten zwi- Adoptierten, für ihre Arbeit gewinnen schen der Hochschule für angewandte und begeistern konnte. Können Sie weitere Beispiele für Wissenschaft (HAW) Hamburg und der Aktivitäten nennen, durch die die Kangnam Universität (KNU), Yongin, Was bereitet Ihnen an Ihrer Arbeit die Deutsch-Koreanische Gesellschaft Südkorea; eine Initiative der Professo- größte Freude? Hamburg den Austausch zwischen ren Dr. Keun Hong Kim und Dr. Wolf- Korea und Deutschland fördert? gang Schütte, einem DKGH-Mitglied. Viele Menschen bestätigen uns die erfolgreiche Vermittlung der Werte Seit vielen Jahren initialisiert und Die Deutsch-Koreanische Gesellschaft beider Kulturen. Wir empfinden dies als organisiert die Deutsch-Koreanische Hamburg ist hierbei mit Rat und Tat un- Zustimmung für unsere Arbeit und als Gesellschaft Hamburg kulturelle, terstützend tätig, sei es dadurch, dass Ansporn, weitere interessante Veran- wirtschaftliche und gesellschaftliche ihre Mitglieder an diesen Programmen staltungen anzubieten. Veranstaltungen, wie z.B. Pansori- und maßgeblich beteiligt sind oder dass Wir werden uns zusammen mit den Samulnori-Aufführungen, koreani- Kontakte hergestellt werden, die sol- Mitgliedern und Freunden der DKGH sche traditionelle Musik, u.a. mit dem che Vorhaben unterstützen können. weiterhin engagieren, das freund- National Gugak Center Seoul, Vorträge schaftliche Verhältnis zwischen Deut- zum koreanischen und zum deutschen Wir engagieren uns auch bei einem schen und Koreanern zu vertiefen und Recht. Austauschprojekt für Jugendliche zwi- zu festigen. schen Hamburg und der koreanischen Auch veranstalten wir monatlich einen Stadt Chung-Ju. Das Interview führte Gesine Stoyke deutsch-koreanischen Stammtisch in Hamburg, wobei wir versuchen, einen Außerdem gibt es ein kulturelles För- regen Austausch zwischen Deutschen derprogramm zwischen Hamburg und und Koreanern zu fördern. Busan, in dessen Rahmen Künstler der 1 Die Fragen wurden von Frau Meyer von jeweiligen Stadt ihre Exponate in der der Twer und Herrn Möller im Rahmen eines schriftlichen Interviews gemeinschaftlich Auf unserer Webpage finden Sie anderen Stadt ausstellen, Erfahrungen beantwortet. entsprechende Bild- und Ton-Doku- austauschen und ihre persönlichen mentationen der „Highlights“ sowie Netzwerke ausbauen können. Wir hel- die Ankündigung unserer künftigen fen hierbei durch Kontaktvermittlung Weiterführende Informationen unter: Veranstaltungen. und Orientierungshilfe in der fremden www.dkgh.de

28 INSTITUTIONEN

„Integrierte Koreastudien BA Plus“ Neuer Studiengang am Institut für Koreastudien an der Freien Universität Berlin Foto: Institut für Koreastudien Foto:

Von Dr. Stefanie Grote

Das Institut für Koreastudien (IKS) der Freien Universität Berlin (FU) hat die Austauschprogramme mit den koreanischen Partneruniversitäten in den letzten Jahren kontinuierlich ausgebaut, um den Studierenden des Bachelor (BA)-Studiengangs Koreastudien/Ostasienwissenschaften ein Teilauslandsstudium (in der Regel ein oder zwei Semester) in Korea zu ermög- lichen. Mit dem Zuschlag auf die Bewerbung des IKS um die Förderung durch den Deutschen Akademischen Austausch- dienst (DAAD) zur Einführung des achtsemestrigen Studiengangs „Integrierte Koreastudien BA Plus“ haben diese Austausch- programme eine neue Qualität erreicht.

Das BA Plus-Programm bietet den Studierenden die Möglichkeit, mit einer finanziellen Unterstützung durch den DAAD einen einjährigen Studienaufenthalt in Korea als Teil ihres offiziellen Studienprogramms zu absolvieren. Nach zwei Jahren des Grundstudiums an der FU nehmen die Betreffenden ein einjähriges Studium an der Sogang- oder der Ewha-Universität in Seoul auf und machen danach im vierten Jahr – dann wieder an der FU – ihren BA-Abschluss.

In das BA Plus-Programm ist ein sechswöchiges Praktikum in Korea integriert, das den Studierenden einen Einblick in den Lebens- und Arbeitsalltag in Korea gibt. In der Verknüpfung von Studium und Praxis bildet das Berufspraktikum einen idea- len Abschluss des Studienaufenthalts in Korea.

Weitere Informationen unter: www.fu-berlin.de/koreastudien

29 KALEIDOSKOP

Austausch unter Nachbarn Berührungspunkte zwischen Süd- und Nordkorea Von Malte E. Kollenberg

„In Gaeseong zu produzieren ist Sicherheitsgesetzes in Südkorea, das diese unter Strafe stellt. Davon ist dann auch der sagt der eigentlich gar kein Problem“, Kunsthandel betroffen. deutsche Künstler Dirk Fleischmann. „Made in “ hat er sein Projekt genannt. Nord-südkoreanischer Austausch findet oft 500 Hemden hat er in der nordkoreanischen indirekt über Dritte statt. Eine Ausnahme Sonderwirtschaftszone Gaeseong, in der bildet der Industriekomplex in Gaeseong, die südkoreanische Unternehmen produzieren, heute eigentlich einzige direkte und perma- herstellen lassen. Während der Produkti- nent bestehende Austauschader zwischen onszeit hat er Zeitungsartikel gesammelt, in den beiden Koreas. Produkte aus anderen Foto: privat Foto: denen das Stichwort „Gae- Teilen der Demokratischen Volksrepublik seong-Industrie-Komplex“ vorkommt. Nun Malte E. Kollenberg, Korea, die bis vor zwei Jahren noch direkt wird jedes Hemd mit einer Zeitung aus all aufgewachsen in Bonn aus dem Norden nach Südkorea exportiert und Gummersbach, hat diesen Artikeln ausgeliefert. „Wenn du über wurden, „kommen nun über China“, sagt in Bamberg und Seoul die Internetseite der Sonderwirtschaftszone Bernhard Seliger, Leiter der Hanns-Seidel Politik- und Kommu- mit einer der südkoreanischen Firmen in nikationswissenschaft Stiftung in Seoul. „Und die Chinesen streichen Kontakt getreten bist und ihr euch über den studiert. 2007 hat er die Margen ein“, seitdem der direkte Handel Preis geeinigt habt, dann kann die Produktion zusammen mit einem mit Nordkorea in knapp drei Jahren auf ein Partner das Journalis- in Nordkorea eigentlich losgehen“, erzählt Minimum heruntergefahren worden ist. tenbüro KOLLENBE- Fleischmann von seinen Erfahrungen. „So CKER gegründet. Jetzt einfach ist das.“ lebt und arbeitet er „Aber Gaeseong hat tendenziell zugenom- als Korrespondent in men“, erläutert Seliger. Die Sonderwirtschafts- Oder der deutsche Architekt Philipp Meu- Seoul. zone ist das letzte Überbleibsel der „Sonnen- ser, der sich mit nordkoreanischen Bauten scheinpolitik“ der Jahre 1998 bis 2008. Nach beschäftigt und seine Arbeit in Südkorea einer etwas schwierigen Phase nach dem präsentiert. Er hat einen „Architekturführer Ende des Kalten Krieges Anfang/Mitte der Pjöngjang“ herausgegeben. Nordkoreanische 1990er, hatten sich die innerkoreanischen Archive, alte russische und amerikanische Fo- Beziehungen und der innerkoreanische tografien hat er durchforstet, um ein Bild der Austausch in zehn Jahren Annäherung auf ein nordkoreanischen Hauptstadt zu zeichnen, vorher nie dagewesenes Niveau gesteigert. wie es bisher nicht existiert hat. Nachdem der Führer auf Deutsch und Englisch erschienen Nach 1998 wurde in Korea erstmals ange- ist, soll nun auch eine Ausgabe auf Korea- fangen, das umzusetzen, was bereits kurz nisch folgen. nach dem Ende des Kalten Krieges vereinbart worden war. Am 13. Dezember 1991 unter- Oder eben Menschen wie Bernhard Seeliger. zeichneten Nord- und Südkorea ein Abkom- Alle paar Wochen fährt er beruflich über men über Aussöhnung, Nichtangriff, Zusam- Peking nach Nordkorea. Mal geht es zu einem menarbeit und Austausch zwischen dem Seminar nach Pjöngjang, mal in die weit im Norden und dem Süden. Nur einen Monat Norden gelegene Sonderwirtschaftszone später wurden gegenseitiger Gewaltverzicht, Rason, in der die Chinesen ihren Einfluss Reisefreiheit, die Einrichtung von Verkehrs- mehr und mehr ausbauen. Seliger erzählt von und Kommunikationskanälen sowie politi- nordkoreanischer Kunst, die es vereinzelt im sche Nichtintervention, die Errichtung eines Süden gäbe. Problematisch sei aber Propa- institutionalisierten Dialogs und sicherheits- ganda aus Nordkorea, wegen des Nationalen politische Vertrauensbildung vereinbart.

30 Grenzübergang Panmunjeom in der entmilitarisierten Zone zwischen Süd- und Nordkorea. Blick von Nord- nach Südkorea.

Die um die Jahrtausendwende eingeleiteten Kontakte zwischen Ost- und Westdeutschland geführten Telefona- zwischen Nord und Süd, die mit einem Treffen des damali- te verachtzigfachte sich zwischen 1969 und 1988 auf 40 gen südkoreanischen Präsidenten Kim Dae-jung mit dem Millionen. nordkoreanischen Machthaber Kim Jong-il in Pjöngjang ihren Höhepunkt erreichten, wurden unterstützt von Mil- Auch die westdeutschen Medien trugen ihren Teil zum lionenzahlungen gen Norden. Vorbild war die „Ostpolitik“ Austausch der Bevölkerungen bei. Im Fernsehen konnten von Willy Brandt. Als „Nordpolitik“ sollte sie erneut Erfolge die DDR-Bürger jeden Tag die Nachrichten aus dem Wes- feiern. ten mitverfolgen. Die Darstellungen von „drüben“ mit der eigenen Situation zu vergleichen, lag auf der Hand. Kom- Die Bundesrepublik zahlte für den Austausch zwischen biniert mit den Erzählungen der Rentner, die in den Wes- Ost und West, und westdeutsche Touristen, die in die DDR ten reisen konnten, entwickelte sich die Vorstellung, dass reisten, zahlten in Form hoher Visagebühren und schlech- jenseits der Mauer „Milch und Honig“ flössen. Das hatte ter Wechselkurse an den ostdeutschen Staat. Die DDR direkte Konsequenzen für die Sichtweise auf das eigene gewöhnte sich an die Mittel. Die Abschottung Ostdeutsch- Land und den eigenen Staat. Aus Sicht der Bevölkerung lands gegenüber der Bundesrepublik wurde immer war das eigene System dem kapitalistischen Klassenfeind weiter aufgegeben. Gestattet waren allerdings nur solche irgendwie unterlegen. innerdeutschen Kontakte, von denen Ost-Berlin glaubte, sie vollständig unter Kontrolle zu haben. Waren es auch während der koreanischen „Sonnenschein- politik“ lange nicht so intensive Kontakte wie in Deutsch- Als Ostdeutscher in den Westen zu reisen, war, von land, sind die wenigen Kontakte auf sozial-kultureller, Ausnahmen abgesehen, nur für Rentner möglich, die für militärischer und politischer Ebene seit 2008 weitgehend eine bestimmte Zeit im Jahr den “Klassenfeind” besuchen eingestellt worden. Austausch existiert heute fast nur durften. Doch die Kommunikation zwischen beiden Teilen noch auf wirtschaftlicher Ebene. Deutschlands nahm beständig zu. Die Anzahl der jährlich Fotos: Malte E. Kollenberg Malte E. Fotos:

31 Fotos: Malte E. Kollenberg Malte E. Fotos:

Die Jacke wurde von einer südkoreanischen Firma in Nordkorea im gemeinsamen Industriekomplex Gaeseong pro- duziert. Die Jacke ist als „Made in D.P.R.Korea” gelabelt, was mittlerweile sehr selten ist. Das Waschschild in der Jacke aus südkoreanisch-nordkoreanischer Produktion. „Made in D.P.R.Korea“ steht auf dem Schild.

Laut offiziellen südkoreanischen Statistiken arbeiten in erklärt, das für alle grenzüberschreitenden Kontakte mit Gaeseong mittlerweile rund 800 Südkoreaner – 1000 dem Norden zuständig ist. waren es noch vor ein paar Jahren – zusammen mit etwa 45.000 Nordkoreanern in mittlerweile 121 südkoreani- Seit März 2010 werden Genehmigungen für Reisen nach schen Unternehmen (Stand 2010). Vor allem Waren des Nordkorea restriktiver vergeben als die Jahre zuvor. Der täglichen Bedarfs werden in Gaeseong hergestellt - Elek- Tourismus nach Nordkorea ist im Jahr 2009 gar komplett tronik, Schuhe und Kleidung zum Beispiel. Ursprünglich eingestellt worden. In den Jahren 2007 und 2008 waren sollten einmal 300.000 Nordkoreaner im Industriekomplex über 300.000 Südkoreaner nach Nordkorea ins Geum- beschäftigt werden, doch diese Pläne liegen weitgehend gang-Gebirge und in die historische Stadt Gaeseong auf Eis, wenngleich die Zahl südkoreanischer Firmen und gereist. Nicht-touristische Reisen nach Nordkorea sind nordkoreanischer Arbeiter und auch der in Gaeseong nach der Verschlechterung der Beziehungen zwischen erwirtschaftete Umsatz kontinuierlich zunehmen. den beiden Ländern 2008 ebenfalls rückläufig.

Auch Austausch, der völlig von einer politischen Dimensi- Nach dem Angriff der Nordkoreaner auf die Insel Yeon- on befreit ist, kommt öfter vor, als es einem Formulierun- pyeong vor der südkoreanischen Westküste im November gen zu Nordkorea à la „das abgeschottetste Land der Welt“ 2010 hatte das Ministerium die Ausgabe von Reisegeneh- glauben machen wollen. Im September dieses Jahres migungen gen Norden noch einmal eingeschränkt. Nun sind 37 südkoreanische Mönche in Pjöngjang eingetrof- wird die Ausgabe wieder gelockert. Ein gemeinsames fen, um mit ihren Glaubensbrüdern aus dem Norden die Ausgrabungsprojekt beider Koreas in der Stadt Gae- 1000-Jahrfeier eines nordkoreanischen Tempels zu bege- seong, unweit des Industriekomplexes, profitiert als eines hen. Die Erlaubnis, in den Norden reisen zu dürfen, hätten der ersten. Dort hat die Zusammenarbeit schon wieder die Mönche erhalten, da der Trip rein religiöser Natur sei, begonnen. hatte das südkoreanische Wiedervereinigungsministerium

32 KALEIDOSKOP

„Die Kultur rückt durch einen Tandempartner Viel näher als durch eine Vorlesung“ Die Koreanistik-Studentin Sanja Ströh berichtet über ihre Lernerfahrungen mit Muttersprachlern Von Dr. Stefanie Grote Foto: privat Foto: Sanja Ströh (2. v. re.) mit Freundinnen und ihrer Tandempartnerin Yoo Kyeong (re.).

33 er der Kultur Koreas näherkom- kulturellen Hintergrund des anderen zu er- men und seine Sprachkenntnis- schließen und damit ein größeres Verständnis se vertiefen möchte, sollte sich zu erlangen, zumal es doch große Unter- nicht auf die Lehrveranstaltun- schiede zwischen der deutschen und der Wgen im Rahmen seines Studiums beschrän- koreanischen Kultur gibt. Ein weiterer Vorteil ken, sondern Kontakt zu Muttersprachlern su- ist das Erlernen der Umgangssprache, die zu chen. Der regelmäßige Austausch mit einem/r beherrschen in Korea von Vorteil ist, aber an Tandempartner/-in erleichtert nicht nur die der Uni nicht gelehrt wird. Junge Leute haben

Foto: privat Foto: gepflegte Konversation im akademischen ihre eigene Art, miteinander zu sprechen. Die Umfeld, sondern lehrt auch das fremdsprach- Kultur rückt durch einen Tandempartner viel Dr. Stefanie Grote, liche Fluchen, macht fit für den Plausch über näher als durch eine Vorlesung.“ Redaktion Kultur Korea Karaoke-Tauglichkeit und Seelenbelange und schafft somit einen Zugang zur Alltagskultur. Spätestens seit Sanja mit deutschen und ko- reanischen Kommilitonen/Kommilitoninnen Sanja Ströh wollte etwas Exotisches studieren, einen heiteren Abend bei gutem Essen und in einer persönlicheren Atmosphäre lernen als Soju (소주, Getreideschnaps) verbrachte und in überfüllten Hörsälen. Aufgrund ihres Inter- mit der in Deutschland üblichen Umarmung esses für Ostasien und ihrer Sympathie für die zum Abschied zumindest die männlichen Ko- Koreaner hat sie sich für Koreanistik einge- reaner verwirrte, weiß sie einmal mehr, dass schrieben – „eine sehr gute Entscheidung“, Tandem auch die Lehre jenseits der Sprach- wie sie sagt. Sie hat sich gleich zu Beginn ihres wissenschaft ist – und eine gute Vorbereitung Studiums zwei Tandempartnerinnen gesucht, auf den anstehenden Studienaufenthalt in mit denen sie je ein Mal wöchentlich über Korea. „Körperliche Nähe ist in Korea nicht Büchern und Grammatik brütete, Unterrichts- üblich und schon gar nicht, wenn man sich inhalte aufarbeitete und Irrnisse und Wirrnisse das erste Mal begegnet.“ in Lernerfolge verkehrte. „Die Tandemsitua- tion war zunächst etwas ungleichgewichtig, Wer sich in einer Tandempartnerschaft zusam- weil meine beiden koreanischen Partnerinnen menfindet, muss miteinander reden (können), schon sehr gut Deutsch sprachen, während sich etwas zu sagen haben. Die „Chemie“ ich erst seit einem Monat Koreanisch lernte.“ muss stimmen, findet Sanja. „Mir persönlich In dem Fall rette man sich ins Deutsche oder ist wichtig, nicht nur Lernpartner füreinander bediene sich der Körpersprache. Für den Fall, zu sein, sondern auch eine freundschaft- dass beide Tandempartner/-innen noch am liche Verbindung zu haben. Mit meinen Anfang stehen, empfiehlt sich eine Besinnung Tandempartnern/-innen hatte/habe ich auf die Lingua franca - wenn nichts mehr hilft, eine Wellenlänge. Wer allerdings nur lernen hilft Englisch. „Mit meinem jetzigen, mittler- möchte, hat diesen Anspruch vielleicht nicht, weile dritten Tandempartner ist das auch so.“ aber für mich ist das menschliche Miteinander sehr wichtig. Wir verbringen manchmal auch Sanja schätzt, dass nicht weniger als drei Vier- unsere Freizeit zusammen, gehen ins Kino tel ihrer Kommilitonen/Kommilitoninnen eine und feiern gemeinsam Geburtstage“, und oder mehrere Tandempartnerschaften haben. obwohl derlei Verbindungen durch Auslands- aufenthalte oder Studienabschlüsse nicht „Der Vorteil eines Tandems im Unterschied immer von Dauer sein konnten, bestehen die zum Unterricht an der Uni ist die Gleichaltrig- Freundschaften bis heute fort. keit des Gegenübers und damit die Vermitt- lung eines Teils von Jugendkultur. Meine Eine Tandempartnerschaft dieser Art ist wohl Dozenten/Dozentinnen sind ja schon eine die lebendigste Form, Koreanisch zu lernen ganz andere Generation, und die Lehrbücher und ein breites Wissen über Land und Leute sind bei diesem Thema schon nach wenigen zu erlangen. Und dennoch, ein Studienaufent- Jahren veraltet. K-Pop beispielsweise war vor halt in Korea wird dadurch nicht entbehrlich, wenigen Jahren noch niemandem ein Begriff, ist Sanja überzeugt: „Die echte Kultur kann und heute bewegt die Musik nicht nur die man immer nur in dem Land selbst erleben. In Jugend in Korea, sondern in vielen Teilen der Deutschland ist koreanische Kultur nur in der Welt. Tandem bedeutet eben auch, sich den ‚Light-Version‘ erfahrbar.“

34 KALEIDOSKOP

안녕하세요, [Annyeong Haseyo] ihr Hühner! Als Volontär im Ökodorf Von Malte E. Kollenberg

Kurz nach Betreten des Hühnerstalls ist Mark Kolesik augenblicklich von Hühnern umringt.

Foto: Malte E. Kollenberg

35 it festem Griff packt Mark Kolesik den Futtersack, klappt die Türsperre zurück, sagt „안녕하세요!“ [„Annyeong Haseyo!“, „Guten Tag!“] und tritt durch die zurückschwingende Maschendrahttür in den Hühnerstall. „Auch Hühner werden hier im Dorf beim Betreten Mdes Stalles begrüßt”, erklärt er. Dutzende Hennen umringen den 22-Jähri- gen sogleich. Er dreht eine kurze Runde durch den rund zehn Quadratmeter großen Verschlag und füllt jeden der acht Futtertröge mit Biofutter. Ordentlich nebeneinander aufgereiht fangen zwei, drei Hähne und bis zu 150 Hennen an zu picken. Bis alle Hühner versorgt sind, wiederholt sich die Szene rund 50 Mal. Dann ist Marks Tagespensum erfüllt. Es ist Nachmittag. Fast 16 Uhr, seit acht Uhr morgens ist er mit den Hennen und Hähnen beschäftigt.

Der junge Österreicher ist für drei Monate Volontär im südkoreanischen Öko- dorf Sanan, rund 80 Kilometer entfernt von der Zwölf-Millionen-Metropole Seoul. „Sanan ist ein Yamagishi-Dorf“, erklärt er. Die 14 Einwohner gehören ei- ner ursprünglich aus Japan stammenden Bewegung an, die fast vollständig auf persönlichen Besitz verzichtet und sich dem harmonischen Zusammenleben mit der Natur verschrieben hat. „Ich kannte das auch nicht, bevor ich herge- kommen bin.“ Aber Mark hat sich schnell an die Eigenheiten des Dorflebens gewöhnt.

Die Dorfbewohner haben sich von der koreanischen Kosumwelt vollständig verabschiedet. Die Menschen in Sanan haben sich für ein Leben in einer Art Kommune entschieden. Und sie zeigen gerne, was sie machen. Jeder ist ihnen willkommen. Mark ist über eine Organisation in Sanan gelandet, die Freiwilli- genarbeit im Ausland vermittelt. Der junge Mann wollte nach seinem Zivil- dienst unbedingt nach Südkorea. „Ich habe schon seit einiger Zeit Koreanisch gelernt“, erzählt er.

Ursprünglich wollte Mark als Au-pair ins Ausland. „Ich hätte gerne mit Kindern gearbeitet. Das sollte ich hier im Dorf eigentlich auch, aber jetzt arbeite ich doch die ganze Zeit mit den Hühnern“, grinst er. Mark nennt das, was er in

Nach dem Auflesen werden die Eier gesäubert und verpackt, damit sie in ganz Korea verkauft werden können.

36 Sanan macht, ein „Volontariat - so nennen wir das in Österreich. Ihr in Deutschland sagt Freiwilligenarbeit dazu.“ Mark lacht.

Dass er schon das eine oder andere Wort Koreanisch konnte, als er ankam, hat ihm die ersten Tage im Dorf sehr geholfen und ihm die Integration in das Dorfleben sehr erleichtert, glaubt er. Wenn Mark mit einigen Dorfbewohnern zusammensitzt, beim Essen oder nachmittags in der Pause, nimmt er ganz selbstverständlich an der Unterhaltung teil - auf Koreanisch versteht Mark und Ockjin (2. v. re.) mit anderen Freiwilligen und Bewohnern des Ökodorfes sich. Und wenn er dann wirklich mal nicht beim Abendessen. mehr weiterweiß, springt Ockjin ein. Wie Mark arbeitet die Koreanerin im Dorf als Freiwillige mit. Bis vor kurzem hat sie Zusammen mit Mark und Ockjin sind momentan noch koreanische und englische Literatur studiert. „Ich habe eine Indonesierin und ein Japaner mit im Dorf. In so einer mich schon immer irgendwie für biologischen Anbau und neuen Umgebung zu sein ist für Mark etwas ganz Aufre- alternative Lebensformen interessiert“, sagt Ockjin. Nach gendes. „Ich habe hier so viele neue Sitten und Gebräuche dem Studium wollte sie einfach mal eine ganz andere Art gelernt“, sagt er. „Was in einem Land eine absolute Unsitte zu leben ausprobieren. ist, ist in einem anderen Land ganz normal.“ Ockjin hat viele der Vorurteile abgelegt, die sie gegen Europäer Anders als Mark füttert Ockjin aber nicht die Hühner. Sie hatte, seit sie Mark kennt, sagt sie. „Eigentlich dachte ich, arbeitet in der Küche mit. Zusammen mit anderen weib- wir wären völlig unterschiedlich, aber ich musste feststel- lichen Dorfbewohnern kümmert sie sich um Mittag- und len, dass wir doch eine ganze Menge gemeinsam haben“, Abendessen. Und hilft sonst dort, wo’s brennt. strahlt sie. „Und das alles, während wir uns bei der Arbeit austauschen, über das Schulsystem, soziale Fragen und Jeder Dorfbewohner hat seine Aufgabe, ob in der Dorf- Politik.“ küche, auf dem Bio-Gemüseacker oder im Hühnerstall. Fast alles, was sie konsumieren, bauen die Dorfbewohner Langsam wird es dunkel in Sanan. Mark hat morgens Eier auch selber an. Ausnahmen von der Eigenproduktion sind gesammelt, nach dem Mittagessen hat er die Hühner Fleisch und Fisch. Die werden mit anderen Dörfern der gefüttert und Eier geputzt und verpackt, während Ockjin Gegend getauscht. Die eigenen Hühner zu essen, kommt das Abendessen vorbereitet hat. Bevor es um 18 Uhr in Sanan nicht in Frage. Das Federvieh ist die Hauptein- gemeinsam mit den restlichen Dorfbewohnern ans nahmequelle des Dorfes. Abendessen geht, haben Ockjin und Mark aber noch eine gemeinsame Aufgabe. Die derzeit 9000 Küken müssen Rund 30.000 Hennen legen täglich mehrere Tausend Eier. „ins Bett gebracht werden.“ Sie sollen sich daran gewöh- Am Vormittag hilft Mark den koreanischen Kollegen bei nen, an einer ganz bestimmten Stelle im Stall zu schlafen, der Eiersuche. Durch jeden Stall gehen sie. Nach dem Ein- damit sie als ausgewachsene Hühner alle nebeneinander sammeln werden die Eier gewaschen, per Hand einzeln auf der Stange Platz nehmen. überprüft und verpackt - in der dorfeigenen Verpack- station. Geliefert werden die Bio-Eier an die umliegenden Nach getaner Arbeit und einer schnellen Dusche sitzen Dörfer, in die Hauptstadt Seoul und „prinzipiell an jeden, die beiden Freiwilligen dann beim Abendessen. Wieder der Eier von uns haben möchte“, erklärt Yoon Seong-yeol. fällt Mark sofort in die koreanische Unterhaltung mit Er ist so etwas wie der Dorfälteste in Sanan. Früher – er ein. Dafür, dass er gerade zwei Monate in Korea ist, hat spricht von „damals, vor 1985, bevor wir das Dorf gegrün- er erstaunlich wenige Probleme, am Gespräch so aktiv det haben“ – war er Lehrer für Biologie. Heute kümmert er teilzunehmen. Vielleicht auch deshalb, weil er mit Ockjin sich darum, dass die Siedlung „läuft“ und dass die Freiwil- ein oder zwei Mal die Woche Koreanisch lernt. Aber das ligen aus aller Welt beschäftigt werden, die immer wieder meiste habe er so im täglichen Umgang aufgeschnappt, im Dorf mitarbeiten. beim „Austausch mit den Koreanern“, erklärt er. Fotos: Malte E. Kollenberg Malte E. Fotos:

37 KALEIDOSKOP

„Ich stelle (…) fest, dass Korea immer mehr Menschen fasziniert.“ Interview mit Johannes Barre, Gründer der Internetplattform „Meet-Korea“

Johannes Barre ist 32 Jahre alt und als Webentwickler tätig. Darüber hinaus ist er Gründer des 2005 entstandenen Internetforums „Meet-Korea“. Sein Interesse für Korea begann in seiner Studi- enzeit um das Jahr 2003, als der Liebhaber asiatischer Filme seine Vorliebe insbesondere für den ko- reanischen Film entdeckte. Später begann er dann, sich intensiver mit Korea und den Koreanern selbst zu beschäftigen - eine Faszination, die bis heute nicht nachgelassen hat. Foto: privat Foto:

Ein Internetforum eröffnet die Möglichkeit, sich mit Gleichgesinnten im virtuellen Raum zusammenzufinden und sich über ein bestimmtes Thema auszutauschen. Johannes Barre setzte sein Interesse für Korea in digitale Inhalte um und entwickel- te die Internetplattform „Meet-Korea“, deren Herzstück ein Korea-Forum bildet.

38 Herr Barre, können Sie „Meet-Korea“ einmal vorstellen? deutsche Expats3 im Forum oder Studenten, die ein oder zwei Auslandssemester in Korea verbringen. Seit einiger Zeit „Meet-Korea“ besteht im Wesentlichen aus einem Forum, in versammeln sich dort auch deutsche Koreanistik-Studenten. dem sich Koreaner und an Korea Interessierte austauschen Ebenfalls finden sich immer mehr Hallyu-Fans ein, also Fans können. Zudem gibt es das „Korea-Wiki“1, in dem dauerhaft von koreanischer Musik, Filmen und Fernsehserien. interessante Informationen über Korea hinterlegt werden können. Hier finden sich beispielsweise eine Reihe gramma- Oft wird auch nach kurzen Übersetzungen gefragt, und tikalischer Regeln der koreanischen Sprache oder eine Liste natürlich ist das Forum auch bei Deutschen beliebt, die die mit der koreanischen Schreibweise vieler deutscher Vorna- koreanische Sprache erlernen und hierzu Fragen haben. men. Der neueste Bestandteil der Plattform ist Dogil.net, ein Und nicht zuletzt wird es besonders im Frühling oft von deutsch-koreanisches Online-Wörterbuch. Leuten konsultiert, die nach Korea reisen möchten und sich nach Tipps und Sehenswürdigkeiten erkundigen - zu dieser Können Sie Näheres zu dem Online-Wörterbuch sagen? Jahreszeit scheinen viele ihren Jahresurlaub zu planen. Aber natürlich wird auch über Probleme diskutiert, denen man in Die Idee hinter dem Online-Wörterbuch ist, dass eine der anderen Kultur begegnen kann, und wie man am besten Gemeinschaft sicherlich ein qualitativ besseres Wörterbuch damit umgeht. Es ist also eine sehr vielfältige und interes- zusammentragen kann als eine einzelne Person oder eine sante Mischung aus Motiven. kleine Gruppe von Editoren. Deshalb muss jeder Eintrag von anderen Mitgliedern bestätigt werden, bevor er als geprüft Welche Themen werden in Ihrem Korea-Forum besonders gilt - wobei hier jeder sowohl Einträge prüfen als auch neue häufig diskutiert? erstellen kann. Zudem möchten wir mit dem Wörterbuch auch ein paar Zusatzinformationen zu den Einträgen liefern, Häufig wird über die kulturellen Unterschiede diskutiert, da es ja nicht nur eine Eins-zu-eins-Entsprechung zwischen etwa über die Fragen, was gute Gastgeschenke sind oder deutschen und koreanischen Wörtern gibt. Für den Besucher wie sich die Beziehungen innerhalb der Familie unterschei- bietet das Wörterbuch neben einer guten Qualität eine Vor- den. In Korea haben die Eltern ja häufig noch ein deutlich lesefunktion, mit der er sich viele Wörter von Muttersprach- größeres Mitspracherecht, selbst wenn ihre Kinder bereits lern gesprochen anhören kann. erwachsen sind. Auch große aktuelle Themen werden gern behandelt, etwa Nordkorea. Regelmäßig gibt es auch Fragen Wie sind Sie auf die Idee gekommen, die Plattform zu zu praktischen Dingen, etwa Visafragen in Bezug auf das gründen? Working-Holiday-Visum4, wie man in Korea arbeiten oder ein Auslandssemester absolvieren kann oder wie man eine Ich war selbst auf der Suche nach einem Internet-Forum Wohnung findet. über Korea. Es gab damals zwar bereits ein, zwei Foren, die sich mit Korea beschäftigt haben, aber zum einen war dort Welche Dienste können Ihre Mitglieder in Anspruch neh- fast nichts los, und zum anderen haben sie sich meist nur men? mit einem Teilaspekt von Korea auseinandergesetzt, etwa dem Reisen dorthin. Ich wollte hingegen möglichst ein Fo- Vor allem können sie sich mit Gleichgesinnten über mehr rum für alle bieten, wobei mir der Austausch zwischen den oder weniger jedes Thema unterhalten. Dabei war es mir beiden Kulturen besonders wichtig war. immer wichtig, dass im Forum ein freundlicher und hilfsbe- reiter Umgangston herrscht. Zudem können Firmen auch Wie viele Mitglieder hat „Meet-Korea“, und was für Men- Stellen im Forum ausschreiben. schen nutzen Ihr Angebot? Was sind deren Motive? Was für Veranstaltungen bietet „Meet-Korea“ außerhalb Wir haben gerade die 4500er-Mitgliedermarke überschrit- des Internets an, und wie ist die Resonanz? ten. Ich denke, dass sich noch eine ganze Menge stiller Leser im Forum befinden, insbesondere Koreaner. In einigen deutschen Städten, etwa Berlin, Hamburg, Frankfurt und München sowie in Seoul laden „Meet-Korea“- Die Motive der Mitglieder sind sehr unterschiedlich. Viele Ko- Mitglieder monatlich zu einem Stammtisch ein. Auch in an- reaner und Deutsche sind auf der Suche nach Tandempart- deren Städten gab es zwischenzeitlich einmal Stammtische, nern, also jemandem, der sie beim Lernen der deutschen und es werden sicher neue entstehen. Ich gebe zwar gerne bzw. koreanischen Sprache unterstützt. Beim Tandem schlie- Tipps, wie eine solche Veranstaltung organisiert werden ßen sich zwei Personen zusammen, um die Muttersprache kann, aber es sind immer Mitglieder vor Ort, die die Planung des jeweils anderen zu lernen.2 Zudem finden sich einige und Durchführung übernehmen.

39 Die Stammtische sind je nach Stadt und Menschen immer etwas anders, aber überall geht es darum, sich in freund- schaftlicher Atmosphäre zu treffen und auszutauschen.

Meist versammelt man sich in einem Restaurant, aber teil- weise wurde auch schon ein gemeinsamer Kinobesuch ver- abredet oder gemütlich in einem Park gegrillt. Die Resonanz ist generell sehr positiv, und eigentlich hat sich überall ein harter Kern von Teilnehmern herausgebildet, der regelmä- ßig kommt. Es tauchen aber auch fast jedes Mal neue Leute auf - eine Mitgliedschaft bei „Meet-Korea“ ist natürlich nicht erforderlich. Bei dem ersten Stammtisch in Frankfurt habe ich übrigens meine heutige Frau kennengelernt.

Inwieweit hat „Meet-Korea“ dazu beigetragen, Menschen aus Korea und Deutschland zusammenzubringen und das Verständnis zwischen beiden Ländern zu fördern? Können Sie einige Erfolgsbeispiele nennen?

Ich höre immer wieder, wie sich Menschen über das Forum kennengelernt haben und gute Freunde oder gar ein Paar geworden sind. Das Forum trägt sicherlich auch dazu bei, Ängste bezüglich einer unterschiedlichen Kultur abzubauen, und sicherlich haben schon einige auf diese Weise den letz- ten Ruck erhalten, eben doch das Abenteuer Korea, sei es als Reiseziel, als Studienort oder als Arbeitsplatz, zu wagen. Ich stelle jedenfalls fest, dass Korea immer mehr Menschen fasziniert und hoffe, dass „Meet-Korea“ dazu beiträgt, diese Faszination zu erhalten und zu verstärken.

Das Interview führte Gesine Stoyke

Weiterführende Informationen: www.meet-korea.de

1 Ein Wiki (hawaiisch: „schnell“) ist ein Hypertext-System für Webseiten, deren Inhalte von den Nutzern nicht nur gelesen, sondern direkt über den Internet-Browser bearbeitet werden können (http://de.wikipedia. org/wiki/Wiki), (Anm. d. Red.). 2 Siehe dazu den Beitrag „Die Kultur rückt durch einen Tandempartner viel näher als durch eine Vorlesung“ in dieser Ausgabe (Anm. d. Red.). 3 Ein Expat (Expatriate) ist jemand, der zeitweise oder dauerhaft im Ausland lebt, ohne dort eingebürgert zu sein. Es handelt sich vielfach um eine Fachkraft, die von einem international tätigen Unternehmen im Ausland eingesetzt wird (Anm. d. Red.). 4 Working-Holiday-Visum: ein bilaterales Abkommen über die Ferien- arbeitsaufenthalte junger Menschen im jeweils anderen Staat (http:// de.wikipedia.org/wiki/Working_Holiday_Visa), (Anm. d. Red.).

40 KALEIDOSKOP

Sprachlos in Korea Von Thomas Hahn

ie Reise nach Daegu war ein wunder- dem Irgendwo des Häusermeeres zurück zum bares Erlebnis, und das hatte weniger Motel fahren lassen wollte, aber den Namen mit den Leichtathletik-Weltmeister- des Motels in koreanischen Schriftzeichen in schaften zu tun, die der Grund für besagtem Motel vergessen hatte. In Daegu gibt Dmeinen zweiwöchigen Südkorea-Aufenthalt es Taxifahrer, deren Armaturenbrett aussieht waren. Ich bin der Leichtathletik-Reporter einer wie das Cockpit von Raumschiff Enterprise, so größeren deutschen Tageszeitung, und als sol- zumontiert ist es mit Computern und Naviga- cher erlebe ich Leichtathletik-Weltmeisterschaf- tionsgeräten. Aber was nützt das, wenn der

Foto: Süddeutsche Zeitung Süddeutsche Foto: ten alle zwei Jahre. Diese Zusammenkunft der Taxifahrer nicht mal den Namen „Mellow Motel“ besten Läufer, Springer und Werfer ist immer versteht? Manche Fahrten kamen deshalb gar Thomas Hahn, 39, seit ein hochkommerzielles, am Ende recht humor- nicht zustande. Zum Beispiel an einem meiner 1999 Sportredakteur der loses Menschentheater, von dem kein Außen- ersten Abende in Daegu: Alles begann damit, Süddeutschen Zeitung, stehender genau weiß, wie sehr der Faktor Do- dass der Taxifahrer zurückfragte: „Mll-Mll-ll?“ nach dem Studium der ping es beeinflusst. Im Grunde wiederholt sich Kein Zweifel, der Taxifahrer hatte die Bestel- Theaterwissenschaf- ten in München und bei Leichtathletik-Weltmeisterschaften ständig lung verstanden: Jawoll, zum Mellow Motel. Canterbury. Berichtet alles: die Geschichten, die Fragen, die Antwor- Vor Gericht würde der Taxifahrer nun natürlich unter anderem von ten. Leichtathletik-Weltmeisterschaften sind so schwören, dass er in Wirklichkeit „Nvv-ll-ll?“ Großereignissen des gesehen auch in Südkorea nichts Besonderes. zurückgefragt habe, und vielleicht stimmt das olympischen Kernsports Leichtathletik. Die Reise ja auch. Jedenfalls endete die Fahrt nicht am nach Daegu war seine Etwas Besonderes sind dagegen die vielen klei- Mellow Motel, sondern am Novotel. Souverän erste nach Südkorea. nen Episoden am Rande, denen man als sprach- ist, wenn man trotzdem aussteigt und so tut, lich halbwegs gebildeter Europäer in Südkorea als fände man den Weg allein zum Motel, das in ausgesetzt ist. Und gerade diese Episoden der Nähe liegen musste. Klug ist es allerdings machten den Aufenthalt zu einer außerge- nicht, wenn man weder Orientierungsinn noch wöhnlich lehrreichen Erfahrung. Städte veran- Ortskenntnisse besitzt. Nach einstündiger stalten Leichtathletik-Weltmeisterschaften, um Nachtwanderung durch unbeschilderte Straßen sich als internationaler Standort bekannt zu ma- war klar: Das wird nichts. Taxi! chen, auch Daegu hatte deshalb die WM zu sich geholt. Aber das heißt noch lange nicht, dass Zur Hand war nur ein Touristenstadtplan, auf Daegus Bevölkerung den Schritt zur internatio- dem ich dem Taxifahrer zeigte, in welche Ecke nalen Metropole schon gänzlich mitvollzogen ich wollte. Dem Taxifahrer gefiel das nicht. hätte. Keineswegs. In Daegu traf ich sehr häufig Widerwillig nahm er die Karte, schaute drauf, auf eine große Ratlosigkeit, wenn ich meine grübelte, flüsterte was, gab die Karte zurück Anliegen in der sogenannten Weltsprache Eng- und veranstaltete eine kleine Pantomime, mit lisch vorbrachte. Und zwar gerade dort, wo man der er mir bedeutete: Ich weiß nicht, was Sie ohne Verständigung nicht sehr weit kommt. Im wollen, gehen Sie weg. Beim nächsten Taxifah- Taxi. Im Café. Im Kaufhaus. rer war es ähnlich.

Kein Vorwurf an die Südkoreaner. Erstens kann Die Geschichte endete tiefer in der Nacht am ich ja auch kein Koreanisch. Zweitens weiß Tresen von Burger King. Die diensthabende keiner, was die Taxifahrer, Coffeshop-Barista Hamburger-Verkäuferin konnte Englisch. Sie oder Kaufhaus-Angestellten statt Englisch sonst übersetzte das Reiseziel ins Koreanische und sprechen, ob sie vielleicht verkappte Swahili- schrieb es auf einen Kassenzettel. Danach ging Dolmetscher sind oder den Konversationskurs alles ganz schnell. „Altmalaiisch für Fortgeschrittene“ besuchen. Ein Hindernis war es trotzdem oft, dass die Die koreanische Sprachverwirrung hat etwas sogenannte Weltsprache Englisch nichts half. unfreiwillig Komisches: „10 million 800 Won“ Erst recht, wenn man sich von einem Taxi aus forderte ein Coffeeshop-Kassierer mit großem

41 Selbstbewusstsein auf Englisch. vielleicht auf den Kopf setzen - übers 1.000.800 Won waren zu dieser Zeit Hinterteil bringen sie sie nicht. Es umgerechnet ungefähr 645 Euro. Ein dauerte eine Weile, bis durch Panto- bisschen teuer für einen großen Cap- mime die Situation erklärt war und puccino und einen Bagel. Der Mann auch angezeigt, dass die Beinlänge meinte 10.800 Won [ca. 5,50 Euro]. der Hosen wohl ein Witz des Hauses sei: 34. Gibt´s das nicht kürzer? „Um Allmählich entwickelte ich Stra- Himmels willen, nein“, sagte der Blick tegien, um meine Wünsche auch der Verkäuferin. ohne Sprache auszudrücken. Zum Beispiel beim morgendlichen Muffin- Aber dann war da dieser junge Ver- Frühstück. Irgendein Banause hat käufer, der mit stiller Entschlossen- den Koreanern die Schnapsidee heit sein nicht vorhandenes Englisch eingeblasen, Muffins in der Mikro- in eine Sprache des sprachlosen welle warm zu machen. Ein Frevel. Bedienens übersetzte. Er brachte Aber wie sagt man´s den Koreanern? sogar zu weite Hosen, er korrigierte, Zeichensprache allein reicht da nicht. und als die Taille passte, aber die Also warten. Füße in viel zu langen Hosenbeinen © Choe Dong-Ha verschwanden, machte er eine kurze Rumschleichen vor dem Tresen, als Bewegung mit der Handkante und wär´ nichts. Aus dem Augenwinkel sagte: „Cut.“ – „Keine Zeit, die Hose beobachten, wie der Koreaner den zum Schneider zu bringen.“ Da eilte Muffin auf einen Teller praktiziert, er zur Kollegin am Computer, schau- wie er diesen Teller zur Mikrowelle te kurz, sagte: „Twenty minutes.“ Und trägt, wie er die Mikrowelle tatsäch- eine halbe Stunde später packte lich öffnet – und dann: „Stop!“ Zeige- die Frau am Computer die akkurat finger heben. „No!“ Streng schauen. gekürzte Hose in eine Tüte, übergab Das funktionierte über alle Sprach- die Tüte einer zweiten Frau, welche barrieren hinweg. Sogar so gut, dass mir die Tüte feierlich übergab. Happy der Koreaner im Coffeeshop meines End. Vertrauens eines Morgens gar nicht erst versuchte, den Muffin in der Mi- Und die kleine Lehre zum Abschluss krowelle aufzuwärmen. Dafür waren der bewegten Tage in Südkorea: dann Eiswürfel im Kaffee. Wenn die Geduld eine Chance bekommt und sich der Blick fürs Am Schluss musste ich noch eine Fremde öffnet, dann kann man sich neue Hose kaufen. Ich war beim verstehen, auch wenn man sich ei- Wettrennen mit dem Redaktions- gentlich gar nicht versteht. Es bringt schluss am Ausgang der Pressetri- ja nichts, so zu tun, als müssten die büne im Stadion so blöd gestolpert, anderen immer das können, was dass meine alte Hose ein Loch einem selbst gerade weiterhilft. Bei davontrug. Kaufhaus also. Die Hosen- Missverständnissen und schleppen- abteilung war gut sortiert und hatte der Kommunikation in Korea ist man ein paar Sonderangebote, die ein als Ausländer schließlich immer zu 50 Verkäufer auch sogleich wortreich Prozent selbst das Problem. Zumal erläuterte. Natürlich auf Korea- man dem Problem mit ein bisschen nisch. Das zweite Problem waren Eifer ganz gut vorbeugen könnte. die Größen: Dass die Asiaten nicht Indem man nämlich Koreanisch lernt. die Elefanten unter den Menschen Das hilft auf jeden Fall. sind, zeigt sich an den Hosen, die sie © Choe Dong-Ha verkaufen. Die meisten weisen eine Fiona Finke, Studentin im 1. Fachsemester, Bachelor Taillen-Größe von 28 auf. So schmale (BA), Koreastudien/ Hosen können sich die Europäer Ostasienwissenschaften

42 KALEIDOSKOP

60. Geburtstag. In unserem Fall aber war der Anlass ein Fotoshooting. Der größte Teil der frischen Kernfachstudenten Koreanis- tik traf sich im Institut für Koreastudien, um in die Tracht zu schlüpfen, Fotos zu schießen, zu tanzen und Spaß zu haben. Durch gewisse Unterschiede im Körperbau von uns Studentinnen und den Frauen, auf die der Hanbok einmal zugeschnitten wurde, konnten wir unter unseren Röcken leider häufig nicht wirklich viel von unseren Schuhen und Füßen verstecken – aber die Freude an den vielen Farben, unterschiedlichsten Stoffen und den komplett veränderten Kommilitoninnen und Kommilitonen hat von so kleinen Ungereimtheiten doch komplett ablenken können. Nach- dem jeder einen (mehr oder weniger) passenden Hanbok gefunden und angezogen hatte, wurden dann die offiziel- Hanbok len Fotos von einem ehemaligen Fotografie-Studenten der Universität der Künste (UdK) geschossen. Erst in Grüppchen Ein Stück koreanische Kultur mit fünf bis sechs Studenten, dann alle Studenten – und schließlich mit dem gesamten (anwesenden) Team des Von Fiona Finke Instituts. Ich brauche wohl kaum zu erwähnen, dass die Fotos nicht alle unbedingt sehr förmlich und „gestellt“ im Als Studenten und Studentinnen der Koreastudien an der klassischen Sinne geworden sind. Wir studieren schließ- Freien Universität Berlin (FU) hatten wir in der Einführungs- lich nicht nur die Vergangenheit Koreas, sondern auch die woche die Möglichkeit, mit einem Stück koreanischer Kultur zeitgenössische Kultur – Koreas Jugend, junge Erwachsene, in Kontakt zu kommen - dem Hanbok [한복], der traditio- Dramen und K-Pop [koreanische Popmusik] sind uns nicht nellen Tracht. Der Hanbok besteht für Männer aus einer lo- ganz unbekannt. Daher gibt es viele Fotos mit den bekann- ckeren Hose, die um die Knöchel gebunden wird, und einer ten V- und Herzposen.1 Im Vorraum des Seminarraumes sakkoähnlichen Jacke. Die Frauen tragen einen weiten Rock wurde dann auch spontan in Hanboks zu 2ne1, Super Junior – Chima [치마], welcher über der Brust sitzt und ein Jeogori und den Wonder Girls 2 getanzt. [저고리], ein kurzes Jäckchen, das mit einer großen Schleife Da diese Veranstaltung in der zweiten Woche des Einfüh- vor der Brust gebunden wird. Der Rock reicht bis zum rungskurses stattfand und wir den größten Teil der Zeit Boden, sodass die leicht gebogenen Spitzen der Schuhe in einer festen Zweiteilung im Unterricht saßen, war die beim Laufen unter dem Rock hervorschauen. Im Laufe der Anprobe eine sehr willkommene Möglichkeit, auch die Stu- Zeit veränderte sich die Länge der Jäckchen der Frauen und denten der jeweils anderen Gruppe kennenzulernen. der Jacke des Mannes immer wieder. So reichten die Jeogori Nicht unerwähnt bleiben darf auch die Tatsache, dass man zum Beispiel einst bis zur Taille – und entsprechend wurde durch den Hanbok eine unglaublich elegante Ausstrahlung auch der Chima über der Taille gebunden. Die Farbwahl ist und Haltung bekommen hat. Ich konnte die Kommilito- historisch mit dem Anlass, dem Alter und dem Rang der ninnen und Kommilitonen von einer ganz anderen Seite Person verbunden gewesen. Junge, unverheiratete Frauen wahrnehmen, einer Seite, die ich wohl sonst nicht so schnell und Kinder trugen helle und farbenfrohe Hanboks. Mit dem hätte sehen können. Alter und/oder nach der Hochzeit wurden die Farbtöne Ein herzliches „Dankeschön“ an das Institut, das Koreanische dezenter und sanfter. Die Bürgerlichen waren gesetzlich auf Kulturzentrum und alle Hanbok-Spender, dass wir die Mög- weiße Hanboks ohne Verzierungen eingeschränkt – zu Fei- lichkeit bekommen haben, ein so schönes Stück koreani- ern durften aber auch ganz sanfte Rosa-, Blau-, Grün- und scher Kultur auszuprobieren! Grautöne getragen werden. Man hat also an der Farbe und der Verzierung eines Hanboks die gesellschaftliche Stellung der Person ablesen können. In der gehobenen Gesellschaft 1 Die V-Geste gilt gemeinhin als das Zeichen für Victory (Sieg), stand die Farbe des Chimas auch für eine bestimmte Eigen- unterstreicht in Südkorea aber vor allem Freude und ist vielfach auf schaft – so bedeutete ein marineblauer Chima zum Beispiel, Fotos oder im Rahmen von Filmaufnahmen zu sehen. Das Herz steht dass eine Frau einen oder mehrere Söhne hat. als Symbol für „Sarang Haeyo“ [사랑해요] – „Ich liebe dich“ (Anm. d. Getragen wird der Hanbok heutzutage vor allem zu großen Red.). 2 Festen wie dem ersten Geburtstag, der Hochzeit und dem Namen berühmter K-Pop-Bands (Anm. d. Red.).

43 KUNST UND KULTUR

Berlin auf der Insel Anjwa Als Artist in Residence am Gelben Meer

Von Bodo Hartwig

Bereits zum zweiten Mal fand im den Reeders genoss er das Privileg ten der Kunsthochschule in Mokpo Sommer 2009 auf der südkoreani- einer guten Schulbildung und konnte haben unlängst damit begonnen, auf schen Insel Anjwa im Gelben Meer in Japan studieren. Er lebte und der Insel Reproduktionen von Kims das „Kim Whan-Ki International Art arbeitete einige Jahre in Tokio, bevor Werken an Häuserfassaden zu malen. Festival“ statt. Unter dem Motto „Eco er im Anschluss an eine Lehrtätigkeit Seit 2008 verwandelt das Festival Zone, Echo & Ecology“ waren erstmals in Seoul nach Paris und schließlich regelmäßig die gesamte Inselregion auch einige Berliner Künstler einge- weiter nach New York ging. Dort ver- in einen lebendigen Ort der Kunst. laden. Zusammen mit koreanischen brachte er die längste und kreativste Unter dem Einfluss internationaler Malern und Bildhauern haben sie sich Zeit seines Lebens und starb 1974 im Kreativität könnte diese bald richtig zwei intensive Wochen lang von der Alter von 61 Jahren. Inzwischen wird zu blühen beginnen, so die Idee. maritimen, fernöstlichen Landschaft Kim Whan-Ki als Pionier für Abstrakte inspirieren lassen. Malerei in Korea geehrt. Das Kunstfes- Der Flug von Berlin über Frankfurt tival, das diesem Maler gewidmet ist, streckte sich. Anders als ich, reisen die Anjwa-do (안좌도) ist eine von folgt dem gegenwärtigen Trend der meisten der kleinen Gruppe Berliner insgesamt 1004 bergigen Inseln des Rückbesinnung Koreas auf seine zu- Künstler zum ersten Mal nach Korea Landkreises Sinan (신안군) in der erst im Ausland bekannt gewordenen und wissen noch nicht so recht, was Provinz Jeollanam-do (전라남도) Söhne und Töchter. Das Geburtshaus sie hier erwartet. Am Flughafen In- im Südwesten Koreas. 1913 wurde des Malers auf Anjwa-do wird seit ei- cheon werden wir von zwei koreani- hier der Maler Kim Whan-Ki (김환기) niger Zeit verstärkt von koreanischen schen Künstlern empfangen. Beherzt geboren. Als Sohn eines wohlhaben- Kunstliebhabern aufgesucht. Studen- greifen sie nach unseren Koffern und

44 Ebbe. Zu Fuß zum „Godsum“, vorgelagerte Inseln im Watt von Anjwa-do. Foto: Bodo Hartwig

verstauen sie im Laderaum eines cken gelangen wir schließlich doch turm ziert. Bei Ebbe ist es möglich, Kleinbusses. Es ist diese koreanische noch an unseren Zielort und können zu Fuß dort hinüberzugelangen. Es Art von Freundlichkeit, die mich uns im Quartier erst einmal ausruhen. ist ein strahlender Vormittag, an dem immer wieder aufs Neue beeindruckt. Festivalleiter Dr. Oh Nam-Suk uns dort Die Fahrt von hier dauert noch einmal Die Gastfreundschaft der Festivalor- hinführt. Der Rest einer angenehmen gut vier Stunden. Der Himmel ist ganisation ist überwältigend. Hotel morgendlichen Brise liegt noch in der grau, es ist schwülwarm, und das mit Blick aufs Meer, gemeinsames Luft, aber die Temperaturen steigen koreanische Sommerwetter zeigt sich Mittag- und Abendessen, Ausflüge an unaufhaltsam. Mit Strohhüten und von seiner wahrhaften Monsunseite. die sehenswerten Plätze der Inseln. So Sonnencreme gewappnet stehen wir Mehrmals werden wir mit warmen verwöhnt, fällt es uns ausländischen am Ende eines dammartigen Weges, Regengüssen förmlich überschüttet. Künstlern nicht schwer, sich auf die von dem aus der Fußweg übers Watt Dass es auch die Tage und Wochen lokalen Gegebenheiten einzustellen beginnt. Rechts ehemalige Reisfelder, zuvor viel geregnet haben muss, kann und davon inspirieren zu lassen. Einer links das Meer. Stolz weist Dr. Oh in man an dem üppigen Grün sehen, der interessantesten Orte ist zwei- Richtung Leuchtturm. Bald schon soll das über der malerischen Landschaft fellos das sogenannte „Godsum“, ein hier der Bau des zukünftigen „Kim liegt. Dann staut sich der Verkehr. Als idyllisches Areal am nordöstlichen Whan-Ki Art Centers“ beginnen. Ein wir in Mokpo bei der Fähre ankom- Rand der Insel. Dort ragen aus dem Zentrum für moderne Kunst, das ein men, ist es bereits dunkel. Es gibt jetzt Wattenmeer zwei kleinere Hügel - Magnet und Pilgerort für kunstin- nur noch ein letztes Schiff zu einer vorgelagerte Nebeninseln - deren teressiertes Publikum aus aller Welt Nachbarinsel von Anjwa-do. Über Brü- nördlichstes Ufer ein weißer Leucht- werden könnte. Über das feuchte

45 Watt laufen wir in Richtung der beiden Grundschule im Ort Dae-ri. Das großzügige Hügel. Muscheln und Steine knirschen unter Gelände steht seit diesem Jahr als Atelierhof unseren Schritten. Hier und da huschen zur Verfügung. Aus den früheren Klassen- kleine Krebse zur Seite, man muss gut auf- zimmern wurden geräumige Studios, in passen, wo man hintritt. Einer der korea- denen Künstler ungestört arbeiten können. nischen Künstler bückt sich und zieht eine Doch bevor‘s losgehen kann, machen wir schwarze Tonscherbe aus dem Schlamm. An noch einen Tagesausflug in die Hafenstadt ihr haften kleine weiße Muscheln. Er säubert Mokpo. Im staatlichen Rundfunksender KBS

Foto: Karsten Bartel Foto: die Scherbe in einem Rinnsal und zeigt auf sollen wir live über das Festival erzählen. Die ungewöhnliche Verzierungen, ein Muster anfängliche Anspannung legt sich bei den Bodo Hartwig lebt in aus zahlreichen kleinen, quadratischen meisten Künstlern rasch, und es entwickelt Berlin und arbeitet als Vertiefungen. Mindestens 800 Jahre alt sei sich eine lebhafte Diskussion unter anderem freier Tonmeister und die Scherbe. Sie könnte von einem Krug darüber, wie Künstler in Deutschland leben Autor für den öffentlich- stammen. Das Gebiet an der Südwestküste und arbeiten. Anschließend treffen wir den rechtlichen Rundfunk. Seit 2007 reist er re- Koreas liege an einem Ausläufer der Seiden- Bürgermeister von Sinan. Nach einer herzli- gelmäßig zu Recherche- straße, sagt er, zahlreiche Schiffe seien hier chen Begrüßungsrede werden viele Gedan- zwecken und Tonauf- gestrandet und haben ihre Ladung dem ken ausgetauscht und neue Ideen geboren, nahmen nach Südkorea. Gelben Meer anvertraut. Weiter geht’s über so auch die symbolische Erschaffung eines 2009 und 2010 hat er unter anderem als Artist riesige Halden angeschwemmter Muscheln. „Berliner Tores“ auf dem Gelände der ehema- in Residence am Kim Material, das der Künstler für eine Installati- ligen Schule, als Zeichen des Beginns einer Whan-Ki International on nutzen möchte. Unten am Ufer greift eine fruchtbaren, künstlerischen Zusammenar- Art Festival auf der Insel junge Seouler Künstlerin ins Wasser, holt beit zwischen Deutschland und Korea. Mich Anjwa teilgenommen. eine Auster heraus und öffnet sie. Genüss- beeindruckt insbesondere die Warmher- lich schlürft sie den Inhalt aus und ruft uns zigkeit und Aufgeschlossenheit gegenüber verblüfften Deutschen zu, es ihr gleich zu der Kunst, mit welcher der Bürgermeister tun. Doch keiner traut sich. Auch frische zu uns spricht. Angeregt von dem Gespräch Algen sind dort zu finden, Dr. Oh nimmt ein machen wir auf dem Weg zum Hafen noch Blatt, faltet es und steckt es in den Mund. letzte Besorgungen in einem Fachgeschäft Er ist sich sicher, die Naturbelassenheit der für Künstlerbedarf, bevor es am Spätnach- Inselregion ist ein großes Plus für das Art mittag mit der Fähre zurück zur Insel Anjwa Center Projekt. geht. Auch wenn sich das Motto „Eco Zone“ Mit der Fähre kommt am nächsten Tag zunächst nur von der Naturbelassenheit des auch ein auf der Flugroute Berlin – In- zukünftigen Art Center Baugrundes ableitet, cheon abhanden gekommener Koffer mit ökologisch fortbewegen können sich die Farbpigmenten an. Zum Glück fehlt von Festivalteilnehmer schon heute. Dafür wur- dessen Inhalt nichts und seine Besitzerin, den im vergangenen Jahr hunderte Fahrrä- die Künstlerin Jainem Jeong, kann sich der angeschafft. Wer damit fährt, lernt an der ihrer Arbeit widmen. Die Wahlberlinerin mit frischen Luft selbst die entlegensten Ecken koreanischen Wurzeln hat für das Residenz- der Insel kennen. Im Süden beispielsweise programm als Koordinatorin von deutscher gibt es einen geradezu paradiesischen Ort, Seite eine besondere Rolle übernommen. Ihr von dem man über kilometerlange Fuß- hat die Berliner Künstlergruppe sehr viel zu gängerbrücken mit hübschen Bögen und verdanken. Als Arbeitsstätte wählte sie das überdachten Stegen zwei weitere kleinere Kim Whan-Ki Geburtshaus, ein idealer Ort Inseln erreichen kann. Die Brücken im Holz- für die Herstellung von Farbe nach histo- look, in Wahrheit aus recyceltem Kunststoff rischer Methode. Aus der früheren Küche gebaut, tragen den Namen „Engelsbrücken“ des alten Lehmhauses dringt das Geräusch und werden in der Nacht von hunderten des Porzellanmörsers, mit dem sie die Farbe kleiner Lampen erleuchtet, Energiespar- anrührt. Es mischt sich mit dem Rasseln der lampen, versteht sich. Im Dunklen wirkt Zikaden in einem alten Kakibaum hinter es, als seien Perlenschnüre übers Wasser dem Haus. Die schwarzen Keramikschindeln gehängt - sehr romantisch. Mit dem Fahr- des leicht geschwungenen Daches bilden zu rad gut erreichbar ist auch die ehemalige den weißen, von Holzbalken eingefassten

46 Flächen der Wände einen guten Kontrast. Gebäude im traditionellen Hanok-Stil sind hier nur noch selten zu finden. Die Künstlerin macht es zu einem Bestandteil ihres Konzeptes. Nachdem sie zwölf monochrom ge- staltete quadratische Leinwände fer- tig bemalt hat, bringt sie diese jeweils paarweise daran an. Für den Moment erscheint das Haus zu neuem Leben erweckt. „Berliner Tor“, Skulptur von Karsten Konrad, Insel Anjwa, 2009 Für mich als Klangkünstler sind einerseits die vielfältige Natur der Insel, andererseits deren Bewohner in ihren Alltagsaktivitäten ein interes- santes akustisches Spannungsfeld, in das ich mich mit Mikrofonangel und Aufnahmegerät direkt hineinbegebe. Ganz nebenbei treffe ich so auf viele freundliche Menschen. Meine noch bescheidenen Sprachkenntnisse sind mir dabei mitunter sehr nützlich. Die meisten anderen Künstler arbeiten in der alten Schule. Auf der Suche nach Klängen komme ich auch dort mit dem Fahrrad vorbei. Der Lärm einer elektrischen Säge dringt aus einem

der vormaligen Klassenzimmer. Choi Keun-Il Fotos: Bildhauer Karsten Konrad zerteilt „Memory“, Installation von Jainem Jeong am Kim Whan-Ki Haus, Insel Anjwa, 2009 längliche, hohle Gebilde aus gelbem und grünem Kunststoff, ehemalige dem Vorbild traditioneller koreani- Meine Hoffnung, einige von ihnen Schwimmkörper aus der Fischzucht. scher Hoftore darauf. Anregungen bald in Deutschland wiederzusehen, Das bunte Sägemehl verteilt sich auf hierfür lieferte ihm das Tor zum Kim sollte sich ein knappes halbes Jahr dem Linoleumboden. Dort lagern Whan-Ki Haus. Die Grundidee sei, später erfüllen. Dann nämlich zeigte noch andere seltsame Dinge: Eine so Konrad, einerseits so ein erhabe- eine Gemeinschaftsausstellung in türkisfarbene Schranktür, bunte nes Tor zu schaffen, durch das man Berlin viele der in Korea entstan- Zierleisten, Schilder, Tapetenreste, ein schreitet, andererseits dafür recycel- denen Arbeiten, bevor diese in die altes Barometer. Typischerweise sind tes Material zu benutzen. So sind die Sammlung des zukünftigen Art Cen- es Fundstücke, aus denen Karsten letzten Tage auf der Insel sehr von ters übernommen wurden. Das Kim Konrad seine Kunstwerke macht, in Arbeit geprägt und gehen entspre- Whan-Ki International Art Festival diesem Fall solche von der Insel bzw. chend schnell vorüber. Zum Anden- ging 2010 in die dritte Runde. Zusam- von dem ehemaligen Schulgelän- ken an unseren Aufenthalt pflanzt men mit Künstlern aus Japan, China, de. Die zersägten Schwimmkörper jeder von uns noch ein Bäumchen. der Schweiz und den USA hatten er- werden die Dachschindeln für das Zusätzlich werden unsere kreativen neut auch Berliner Künstler Gelegen- „Berliner Tor“ am Eingang des neuen Hände auch noch in Gips abgeformt. heit zum kreativen Austausch auf der Atelierhofs. Der Künstler fand es reiz- Mit etwas Wehmut verabschiede ich Insel Anjwa. Man darf gespannt sein, voll, hier vor Ort diese symbolträch- mich von Festivalleiter Dr. Oh und ob daraus eine Tradition entsteht. Für tige Arbeit zu machen. Gemeinsam den koreanischen Künstlern, die uns 2012 haben sich die Organisatoren mit seinem koreanischen Kollegen auf der Fähre nach Mokpo begleitet eine weitere Internationalisierung Kim Nam-Sul schweißte er die letzten haben. vorgenommen. Tage an dem Dachgerüst und mon- tiert nun die farbigen Schindeln nach

47 KUNST UND KULTUR

changeexchange [만남, Mannam]

changeexchange ist ein deutsch-koreanisches Ausstellungsprojekt zwischen dem Verein Berli- ner Künstler (VBK) und dem Künstlerverein Yang Pyeong aus Korea. Im vergangenen Jahr haben 20 deutsche und 17 koreanische Künstler zum Thema „Teilung und Verbindung“ gearbeitet und ihre Werke im Rahmen von zwei Ausstellungen (September/Oktober 2011) in den Räumlichkei- ten des VBK und des Koreanischen Kulturzen- trums in Berlin präsentiert. Im Oktober dieses Jahres ist eine Gegenausstellung von change- exchange in Seoul geplant.

SOOKI, „Blick auf die Ruine des Palastes der Republik“, 2011

Deutsch-koreanisches Künstlertreffen zum Thema „Teilung und Verbindung“ Interview mit SOOKI Koeppel und Frau Prof. Ryu Min Ja

SOOKI Koeppel lebt seit 28 Jahren als Künstlerin in Deutsch- 20 Jahren überwunden wurde und in Korea noch immer land und hat die Organisation von changeexchange über- besteht. nommen. Im Vorfeld der Ausstellung ist sie zu Vorgesprächen mit Künstlern und Entscheidungsträgern mehrfach nach Auf welchen Ebenen hat ein Austausch zwischen den Korea gereist. Ihre Arbeit „Blick auf die Ruine des Palastes der koreanischen und den deutschen Künstlern stattgefun- Republik“ (2011) war ebenso Teil der Ausstellung, wie die von den? Frau Prof. Ryu Min Ja, Malerin und Vorsitzende der Koreani- schen Künstlerinnenvereinigung der Republik Korea, Seoul. Die koreanischen und deutschen Künstler sind sich erst Sie hat das Thema „Teilung und Verbindung“ in ihrem Bild wenige Tage vor Ausstellungsbeginn in Berlin persön- „Richness“ (2011) bearbeitet. Beide Künstlerinnen schildern lich begegnet. Es war die Zeit eines intensiven Informa- Eindrücke, Erfahrungen und Wünsche, die sich mit dem tions- und Gedankenaustausches über die Bilder und Kooperationsprojekt für sie persönlich verbinden. die jeweilige Arbeitsweise, über Inhalte und Umsetzung zukünftiger Ausstellungsprojekte sowie über Möglichkei- Frau Koeppel, Sie sind Initiatorin und Organisatorin von ten der Vertiefung der Zusammenarbeit. Wir haben auch changeexchange. Welches zentrale Motiv liegt diesem über die Schaffung eines Online-Forums zur Bearbeitung Projekt zugrunde? ausgewählter Themen diskutiert. Im Vorfeld hatte es be- reits einen virtuellen Austausch via Internet gegeben. Auf Es geht um den Vergleich des ähnlichen Schicksals, um dieser Ebene wurden Arbeitsergebnisse verglichen und weiterentwickelt. Es fand also eine sukzessive Annäherung die Problematik der Teilung, die in Deutschland vor über © SOOKI

48 statt, die dann durch gemeinsame Atelierbe- Was erwarten Sie von der Gegenausstel- suche vor Ort intensiviert wurde. lung im Oktober dieses Jahres in Korea, die sich erneut dem Thema „Teilung und Wie würden Sie die Zusammenarbeit Verbindung“ widmen wird? beschreiben? Welches sind die wichtigsten Ergebnisse des Austausches? Ich hoffe, dass sich die Künstler untereinan- der besser kennenlernen, um ein Gemein- Die Künstler beider Länder haben sich über schaftsbild zu entwerfen bzw. malen zu ihre Arbeit, ihre Werke näher kennengelernt können. Ich wünsche mir, dass wir zusam- © SOOKI und dabei große Sympathien füreinander men das Ziel erreichen, kritische Botschaften entwickelt. Die deutschen Künstler haben im Bild zu vermitteln und zu analysieren. SOOKI, Vorstandsmit- glied im Verein Berliner ein starkes Interesse an der koreanischen Künstler, Dozentin im Malerei gezeigt. Ich wünsche mir, dass die Inwiefern kritisch? Künstlerhaus Spiekeroog, koreanische Bevölkerung durch dieses im Kunsthaus Kirchweh- fortlaufende Projekt mehr Hoffnung auf eine Ich meine eine politisch kritische Auseinan- ren und im Bereich der Erwachsenenbildung. Sie Wiedervereinigung ihres Landes gewinnt. dersetzung mit dem Thema. hat ihre Arbeiten mehr- fach im In- und Ausland Sie haben sich nicht nur als Organisatorin, Welche Verbesserungsmöglichkeiten ausgestellt und diverse sondern auch als Künstlerin mit dem The- sehen Sie in Bezug auf die Umsetzung des internationale Kunstpro- jekte geleitet. ma „Teilung und Verbindung“ auseinander- bilateralen Kunstprojekts und die Zusam- gesetzt. Im Rahmen von changeexchange menarbeit? wurde Ihre Arbeit mit dem Titel „Blick auf die Ruine des Palastes der Republik“ (2011) Die Zusammenarbeit und Themenbear- ausgestellt. Welche Botschaft möchten Sie beitung sollten über die Nutzung eines mit Ihrem Werk übermitteln? gemeinsamen Internetforums intensiviert und verbessert werden. Dies ist gerade mit Die Vergänglichkeit eines totalitären Re- Bezug auf vorbereitende Diskussionen über gimes, symbolisiert durch die Ruine eines die Inhalte der diesjährigen Ausstellung in Wahrzeichens der DDR, des Palastes der Korea bedeutsam. Republik. Es wäre wünschenswert, wenn sich die staat- lichen Institutionen auf beiden Seiten durch Sie leben seit 1984 in Berlin und haben Ankäufe der Kunstwerke und Preisverlei- sowohl ein geteiltes als auch ein vereintes hungen deutlicher engagieren. Auch daran Deutschland erlebt. Ihr Heimatland ist müssen wir arbeiten. nach wie vor geteilt. Inwiefern waren Ihre Erfreulich ist, dass von Seiten eines Künst- Biografie, Ihre persönlichen Erfahrungen lervereins aus Japan großes Interesse an Impuls für die Realisierung des Ausstel- einer Erweiterung des deutsch-koreanischen lungsprojekts changeexchange? Künstlertreffens hin zu einer trilateralen Zusammenarbeit besteht. Dieses Vorhaben Nach der Wende wurde Berlin Hauptstadt werden wir auf den Weg bringen und kon- des vereinten Deutschlands und bald das kretisieren müssen. Zentrum Europas, wo ich lebe und arbeite. Mein persönlicher Bezug war ein maßgebli- Das Interview führte Dr. Stefanie Grote cher Faktor für die Realisierung des Projekts. Ich habe versucht, koreanische und deut- sche Künstler über ein gemeinsames Aus- Weitere Informationen unter: stellungsprojekt unter dem Motto „Teilung www.sookikoeppel.de und Verbindung“ zusammenzubringen und an der Planung und Umsetzung zu beteili- gen. Mein persönlicher Wunsch ist es, dass sich meine alte Heimat wiedervereinigt.

49 50 Ryu MinJa, „Richness“, 2011

© Ryu Min Ja „Austausch bedeutet, die Weltsicht zu erweitern.“ Interview mit Frau Prof. Ryu Min Ja

Frau Prof. Ryu Min Ja, changeexchange ist schön, und es gibt eine Beeinflussung der ein deutsch-koreanisches Ausstellungspro- Künstler durch das Umfeld - eine Harmonie, die jekt zwischen dem Verein Berliner Künstler sich in dem Stil niederschlägt. und dem koreanischen Künstlerverein Yang Pyeong. Wie bedeutsam sind Austausch und Wo ist der Bezug zwischen Landschaftsidylle Kooperation der Künstler zweier Kulturkreise und dem „politischen Schwergewicht“ der Ihrer Ansicht nach? Teilung? Ist hier eine Abschwächung der Ernsthaftigkeit der politischen Situation

Durch den Austausch können sich beide Seiten durch die Sprache der Kunst intendiert? Liefert Tobias Foto: besser verstehen lernen. In der koreanischen Malerei gibt es beispielsweise eigene traditio- Ja, die an dem Ausstellungsprojekt changeex- Prof. Ryu Min Ja, Malerin nelle Techniken, z.B. Tuschemalerei. Die deut- change teilnehmenden koreanischen Künstler und Vorsitzende der Koreanischen Künstle- schen Künstler haben großes Interesse an dem mildern mit diesem Stil die politische Dimen- rinnenvereinigung der ostasiatischen Stil, und koreanische Künstler sion des Themas ab. Es ist eine koreanische Republik Korea. Sie ist haben ihrerseits schon seit jeher großes Inte- Tradition und Tugend, auf missliche Umstände als Jurymitglied und zeit- resse an westlicher Malereikunst, haben sich mit Besonnenheit zu reagieren. weise auch als Leiterin der Jury der Großen sogar beeinflussen lassen. Austausch bedeutet, Kunstausstellung der die Weltsicht zu erweitern. Wie haben Sie persönlich das Thema „Teilung Republik Korea tätig. und Verbindung“ bearbeitet? Können Sie Die Ausstellung widmet sich dem zentralen Ihr Werk mit dem Titel „Richness“ (Reichtum, Thema „Teilung und Verbindung“ und nimmt Fülle, Vielfalt) kurz beschreiben? damit Bezug auf die Teilungserfahrung, die Korea und Deutschland gleichermaßen Eine Zusammenführung von „Teilung und Ver- prägt. Welche Gemeinsamkeiten und welche bindung“ findet sich in dem Wort „Treffen“ Unterschiede würden Sie zwischen koreani- (만남, Mannam). Das Bild bedeutet Heimat, schen und deutschen Künstlern im Umgang und Heimat bedeutet Wohlstand. Es sind Ber- mit dem Thema, in der Herangehensweise ge, Felder und Bäume gemalt und in der Mitte skizzieren? Häuser, auf die sich all diese Naturelemente konzentrieren. Das soll einen großen Wunsch Die Herangehensweise der deutschen Künstler nach Heimat ausdrücken. Die einzelnen Striche ist radikaler und politisch motiviert, der Stil in dem Bild stellen Menschen dar, die sich in ist sehr direkt. Die der koreanischen Künstler den Häusern treffen. In der Heimat und im ist weniger direkt, sie konzentrieren sich eher eigenen Haus fühlen Menschen sich geborgen, auf die Natur, die Landschaft, auf Idylle. Der können dort Ruhe finden. Umgang mit dem Thema ist also sehr unter- schiedlich. Allerdings ist durchaus denkbar, Wie präsent ist das Thema der Teilung des dass es durch den kontinuierlichen Austausch Landes in der Künstlerszene Koreas? zwischen deutschen und koreanischen Künst- lern in Zukunft eine Annäherung im Umgang Das Thema Teilung und Vereinigung ist für mit dem Thema geben kann, das würde ich mir uns Koreaner von großer Bedeutung, und ich wünschen. würde im Rahmen einer anderen Ausstellung gern die Aspekte Harmonie, Frieden, Freiheit Worin begründen sich Ihrer Ansicht nach die berühren, um sie mit der Idee der Vereinigung Unterschiede in der Herangehensweise? zu assoziieren.

Die Landschaft von Yang Pyeong ist sehr Das Interview führte Dr. Stefanie Grote

51 KUNST UND KULTUR

Erfahrungen als Austausch- stipendiatin in den Goyang Art Studios und als Schülerin am Bukchon Cultural Center Seoul in der Klasse Dakdoll Von Nadine Rennert Foto: privat Foto:

Nadine Rennert, Jahrgang 1965, studierte an der Hochschule der Künste Berlin Freie Kunst und arbeitet seither mit ver- schiedenen Materialien dreidimensional. Durch Stipendien war sie unter anderem in Paris, New York und Seoul tätig. Sie hielt Vorträge über ihre Arbeit an mehreren Kunsthochschulen und war in zahlreichen Aus- stellungen vertreten.

on April bis Juli 2011 bin ich auf Einladung des auf die Lektüre von koreanischen Märchen bewusst unvor- Künstlerhauses Schloss Balmoral und des bereitet in meinen Korea-Aufenthalt gestartet. Nationalmuseums Korea in die Artist Residency [Künstlerresidenz] der Goyang Art Studios nach Die Residenz zu finden, fiel auch dem Taxifahrer schwer, der VKorea eingeladen worden. Mein Aufenthalt basierte auf mich nach meiner Ankunft am Flughafen und der Busfahrt einem dreimonatigen Austauschprojekt, in dessen Rahmen zur U-Bahn Station Gupabal chauffierte. Die Künstlerunter- ein deutscher bildender Künstler nach Korea geht und ein kunft liegt nordwestlich außerhalb und jenseits der koreanischer Künstler nach Deutschland kommt. letzten U-Bahn Stationen in einem Tal in einem ländlich- Als bildende Künstlerin mit dem Schwerpunkt Skulptur kleinindustriellen Gebiet. In dem Haus befinden sich ca. 22 hatte ich vor, in Korea mehr über handgeschöpftes Papier zu Ateliers, von denen die meisten für ein Jahr von koreani- lernen. Denn ich stellte mir vor, dass es in Korea als traditio- schen Künstlern mit einem Stipendienplatz belegt sind. Die nelles Material stärker im nationalen Bewusstsein verankert ausländischen Stipendiaten kommen entweder aus Ländern sei, als dies in Deutschland der Fall ist. Im Übrigen war ich bis des asiatisch-pazifischen Raumes wie Vietnam, Bangladesch

52 Nadine Rennert, Installation „Vom Feuer, das sieben Generationen brannte“, 2011

oder Thailand oder aus europäischen Ländern wie Deutsch- kann ich komplizierte koreanische Namen weder korrekt land und Frankreich. aussprechen, noch im Gedächtnis behalten. Auch nachdem ich versuchte hatte, mir die Namen über die Schrift einzuprä- Nach meiner Ankunft kam ich mir vor, als hätte man mich gen, was bei meinem optischen Gedächtnis besser funkti- an einem sehr abgelegenen Ort fallen gelassen. In den oniert hätte, hat die Übersetzung der Namen in lateinische ersten Tagen bzw. Wochen hatte ich Schwierigkeiten, die Buchstaben gezeigt, dass die Aussprache im Koreanischen Gesichter meiner asiatischen Kollegen und der Mitarbeiter völlig anders ist als die, die ich „gelesen“ habe. Dies hat nur der Residenz auseinanderzuhalten. Es ist eine verblüffende zu noch mehr Verwirrung geführt. Erfahrung für mich gewesen, wie ungeübt die Wahrneh- mung ist, wenn die Objekte der Wahrnehmung andere sind Die nun folgenden Wochen habe ich im Wechsel damit ver- als gewohnt. Die Schwierigkeit der Unterscheidung der Ge- bracht, meine nähere Umgebung zu Fuß kennenzulernen, sichter wurde allerdings von dem Problem, mir die Namen Seoul zu entdecken und meiner Arbeit im Atelier nachzu- meiner Kollegen zu merken, noch übertroffen, und bis heute gehen. Was die Erkundungen in nächster Nähe betrifft, so Foto: privat Foto:

53 ist die Lage der Residenz günstig, um in den Wäldern zu gegangen, weil ich mit der grundlegenden Orientierung in wandern und die vielfältigen Pflanzen und Blumen Koreas zu und um das gigantische Seoul vollauf beschäftigt war. In entdecken - wobei jeder Spaziergang zu mehr oder weniger meiner Arbeit mit dem Titel „No” habe ich das Handzeichen bekannten Gräbern führte, die sich auf den Hügeln ringsum für „Nein” benutzt, das in Korea allgemein verwendet wird, befinden. Besonders im April war ich von den im Wald wild um ohne Sprache das Wort „Nein“ oder eine Unmöglichkeit blühenden Azaleen begeistert, aber auch in allen folgenden auszudrücken. Das Handzeichen war mir vorher völlig unbe- Monaten hat mich die natürliche Blumenvielfalt erstaunt. In kannt. Aufgrund meiner mangelnden Sprachkenntnisse des der Gruppe meiner Kollegen war ich wohl die einzige, die Koreanischen ist es mir aber schnell begegnet. Es wird durch den Wald erkundet hat, der vor der Haustür lag, und ich habe das Kreuzen der Arme vor der Brust dargestellt. alle immer wieder mit wunderbaren Blumensträußen über- rascht, die ich dort gepflückt habe. Später hat man mir dann Eine zweite Arbeit, die ich realisiert habe, ist die Installati- erzählt, dass in Korea die Menschen, die wandern - und das on „Vom Feuer, das sieben Generationen brannte“, die auf sind ja nicht wenige - ganz besondere und selbstredend na- dem gleichnamigen koreanischen Märchen beruht. Ich turverbundene Menschen sind. Daraufhin war ich besonders benutzte dafür in Korea alltägliche Materialien, wie weiße froh, dass auch ich vom Wald, den Waldbächen, den Tempeln Baumwollhandschuhe und eine Lichterkette, aus denen ich und den Bergen angezogen war. Gesten in einer Zeitlinie darstelle, die vor dem Hintergrund eines Berges und einer Landschaft aus schwarzem Plastik- In meiner künstlerischen Arbeit habe ich zu Beginn des gewebe angesiedelt sind. Ein einzelnes Licht, das zwischen Aufenthaltes Material und Techniken angewandt, die mir den gestischen Handschuhen schwebt, verdeutlicht den aus Deutschland bekannt sind, also Zeitungen genommen wichtigsten Aspekt der Arbeit, es beschreibt die Weitergabe und zu einer Wandinstallation verarbeitet. Dabei habe ich von immateriellem Wissen an spätere Generationen. Meine mir die koreanischen Zeitungen natürlich auch angesehen Arbeiten waren im November 2011 in Seoul in der Ausstel- und versucht, von den Bildern auf den Inhalt zu schließen. lung „Translated“ zu sehen, im Rahmen derer die Arbeiten Hatte ich vor meiner Abreise noch das Ziel, wenigstens die aller Austauschkünstler präsentiert wurden. Schriftzeichen zu lernen, um manche Worte entziffern zu können, so ist mir dieses Ziel nach meiner Ankunft verloren Das Zusammenleben mit den koreanischen und aus anderen Fotos: privat Fotos: Nadine Rennert, „No“, 2011

54 Teilen der Welt angereisten Künstlern war eine spannende zu haben und das leichteste Lied zu singen, das ich finden Erfahrung. Einige der koreanischen Künstler hatten viele konnte. Aufträge und Ausstellungen, und ich habe Einblicke in ihre Meinen Aufenthalt kann ich nur als sehr inspirierend Arbeitsweise bekommen. Die Residenz verfügt über Werk- bezeichnen, und ich habe wunderbare Menschen in Korea stätten, die intensiv und sogar für große Skulpturenprojekte kennengelernt. Ich hoffe, dass ich den Kontakt zu ihnen hal- genutzt wurden. So wurden manchmal alle Künstler des ten und intensivieren kann, sei es in Deutschland, in Korea Hauses sehr direkt in den Schaffensprozess einbezogen, weil oder anderswo. Die handwerklichen Techniken, die ich dort man sich den Geräuschen und der Betriebsamkeit im Haus gelernt habe, werde ich in meine eigene künstlerische Arbeit nicht entziehen konnte. Zum anderen habe ich die Künstler integrieren und weiterentwickeln. als sehr gesellig wahrgenommen. Die gemeinsame Küche im Haus war der Ort, an dem sich alle getroffen, gekocht, getrunken und viel geredet haben.

Durch eine koreanische Malerin in der Residenz habe ich erfahren, dass es eine koreanische Tradition des Papierpup- penherstellens aus Hanji [한지: koreanisches Papier] gibt. Diese Kollegin, die in Deutschland Kunst studiert hatte, war sehr darauf bedacht, mir die Teilnahme an einem Kurs zu vermitteln. In kürzester Zeit fand sie im Internet heraus, wo ein Kurs stattfindet, wie viel er kostet und ob ich als Auslän- derin aufgrund der Sprachschwierigkeiten teilnehmen kann. Gleichzeitig hat sie mich davon überzeugt, dass ich teilneh- men müsse, da ich mich ja sowieso mit Papierskulpturen beschäftigen würde. So bin ich also einige Tage später ins Bukchon Cultural Center nach Seoul gefahren. Nun hatte ich mich nicht nur auf die Kunst zu konzentrieren, die ich selbst machen wollte, sondern wurde Schülerin für das Papierpup- penkunsthandwerk, und das Lernen wird, meiner Erfahrung nach, in Korea sehr ernst genommen, auch unter Erwachse- nen. Meine Lehrerin, die kein Englisch sprach, hatte den gro- ßen Ehrgeiz, mir in der relativ kurzen Zeit möglichst viel über die Herstellung beizubringen. Neben meiner Lehrerin wurde eine koreanische Schülerin, die Englisch sprach, als Überset- zerin zur zweitwichtigsten Person im Kurs. Nach dem Anfän- gerstück „Kürbis“ durfte ich mit einer Büste und einer ganzen Figur meine Fähigkeiten als Bildhauerin unter Beweis stellen. Und damit beginnt eine der reizvollsten Erfahrungen, die ich in Korea machen durfte: das Lernen und Arbeiten an den Papierpuppen und das Kennenlernen meiner Lehrerin und der Schülerinnen jenseits von sprachlicher Kommunikation.

Meine beiden Papierpuppen sind in den knappen acht Wochen, die ich den Kurs besucht habe, gewachsen, und das wurde von allen Teilnehmerinnen mit äußerst liebevol- ler Aufmerksamkeit beobachtet. Das Interesse an mir und meiner Arbeit war so groß, dass ich sogar Privatunterricht, verbunden mit Ausflügen, genießen durfte. Mein letzter Kurstag und die Fertigstellung der Puppe durch Herstellung der Kleidung sowie die Taufe auf den Namen „Myungchul“ wurden noch durch eine Einladung zum Essen in das Haus einer Schülerin inklusive Karaoke-Singen gefeiert. Ich bin heute noch stolz, dass ich den Mut hatte, mich zum ersten Mal in meinem Leben und neben den geübten und wun- derbaren Sängerinnen meines Kurses auf die Bühne gewagt Von Nadine Rennert angefertigte Papierpuppe

55 KUNST UND KULTUR

„Busan hat sich (…) als Pilgerstätte eines kinobegeisterten Publikums etabliert.“

Interview mit Kim Ji-Seok, Gründungsmitglied und Executive Programmer des Busan International Film Festival

56 Eröffnungsfeier des Busan International Film Festival, 2011 das asiatische Kino weiterzuentwickeln. Allerdings hatte Korea wenig Erfahrung mit Festivals und war auf diesem Gebiet nur schwach vernetzt. Wir hatten große Schwie- rigkeiten, Filme und Gäste einzuladen. Daher brauchten wir ein Merkmal, das uns aus der weltweiten Festivalland- schaft hervorhob. Wir konzipierten den Wettbewerb „New Currents Competitions“, der neue Filmregisseure aus ganz Asien präsentierte, und einen Projektmarkt mit demsel- ben Fokus. Wir nannten den Markt PPP – „Pusan Promo- tion Plan“ -, der später Teil unseres „Asian Film Market“ wurde. Im ersten Festivaljahr hatten wir bereits 200.000 Zuschauer, die unser Image zusätzlich begründeten: nämlich ein sehr leidenschaftliches Filmfestival zu sein. Diese Besonderheiten führten dazu, dass unser Festival Kim Ji-Seok für Filmemacher aus der ganzen Welt attraktiv wurde und heute ein Muss für die weltweite Filmbranche ist. Das Busan International Film Festival (BIFF)1 wurde 1996 als Koreas erstes internationales Filmfestival ge- Inwiefern hat sich Ihre Arbeit seit der Gründung des gründet. Warum ist es in Busan angesiedelt und nicht in Festivals verändert? der Hauptstadt Seoul? Seit 1996 stelle ich die Auswahl asiatischer Filme für unser Als wir das Busan International Film Festival 1996 grün- Festival zusammen. In den letzten vier Jahren bin ich da- deten, gab es in Korea noch kein wirkliches Bewusstsein rüber hinaus als „Executive Programmer“ [Leiter der Pro- für die Bedeutung eines internationalen Festivals. Die grammauswahl] tätig und somit auch Ansprechpartner Gründungsmitglieder waren seinerzeit Kim Dongho, Lee für den Asian Film Market, die Koproduktionsvorhaben, Yongkwan, Park Kwangsoo, Jay Jeon und ich. Eine weitere Projektförderungen und die Fortbildungsprogramme für Gruppe, die sich bereits Kenntnisse über internationale asiatische Filmschaffende - kurzum: für alle Vorgänge, die Filmfestivals angeeignet hatte, gab es zu diesem Zeit- mit dem asiatischen Kino zu tun haben. punkt in Korea nicht. Lee, Jeon und Kim waren damals als Professoren und Kritiker tätig – und lebten in Busan Wie schätzen Sie das Medium Film im Hinblick auf den City. Kim Dongho war zuvor Vize-Minister für Kultur und kulturellen Austausch Koreas in einer globalisierten Tourismus sowie Vorsitzender des „Korean Film Council“ Welt ein? Was kann Film interkulturell bewerkstelligen? (staatliche koreanische Filmförderungsinstitution, Anm. d. Interviewers). Mit Hilfe seines umfangreichen Netzwerks Bis in die 90er Jahre war der koreanische Filmmarkt konnte er die örtlichen Regierungsstellen von unserem ziemlich hermetisch – mit Ausnahme einiger Hollywood- Vorhaben überzeugen, sodass die Stadtverwaltung in Produktionen und einzelner Filme aus Hongkong und Busan öffentliche Gelder zur Verfügung stellte. Busan Europa, die gezeigt wurden. Korea hatte damals keinen besaß außerdem zentral gelegene Kinos, allesamt nah besonderen Antrieb, sich mit den unterschiedlichen Kul- beieinander und bequem erreichbar, und liegt direkt am turen der Welt auseinanderzusetzen. Als das BIFF erstmals Meer. Als wir die erste Ausgabe vorbereiteten, brachte stattfand und die Menschen nun die Filme auf unserem ein ortsansässiges Hotel Startkapital ein, um das Festival Festival anschauten, waren sie einem regelrechten anzuschieben. Zwar gab es damals auch in Seoul Über- Kulturschock ausgesetzt. Die Zuschauer entdeckten bis legungen, ein internationales Filmfestival aufzubauen, dato unbekannte und daher völlig neue Welten, so zum allerdings keine Fachleute. Beispiel das Dokumentar-, Animations- oder Kurzfilm- genre, aber auch generell japanische Filme. Das führte zu Unterdessen gilt das BIFF als eines der größten und ganz neuen Wahrnehmungsformen und –perspektiven. einflussreichsten Festivals seiner Art in Asien und Auch die Publikumsgespräche mit den Regisseuren nach genießt international sehr hohes Ansehen. Wie ist es den Vorführungen waren erfreulich schockierend. Busan Ihnen bereits in den Anfangsjahren gelungen, die welt- hat sich seitdem als Pilgerstätte eines kinobegeisterten weite Filmbranche in das damals unbekannte Busan zu Publikums etabliert. Allerdings ist die Rolle unseres Fes- holen? tivals nicht nur kulturell motiviert, sondern gleichzeitig wirtschaftlich, denn wir fördern auch Kino-Koproduk- Schon von Beginn an sollte das Festival dazu beitragen, tionsvorhaben in ganz Asien und haben so einen ganz Fotos: Busan International Film Festival Fotos: Eröffnungsfeier des Busan International Film Festival, 2011 57 neuen Markt erschlossen. wir bewältigt. Wir haben immer mehr bedeuten- Korea befindet sich heute in einem Wandlungs- de Talente unter den asiatischen Filmemachern prozess hin zu einer multikulturellen Gesellschaft. entdeckt, wichtige asiatische Filmprojekte unter- Beispielsweise nimmt die Zahl binationaler Ehen stützt und auf den Weg gebracht. International und Arbeitssuchender mit Migrationshinter- haben sich unterdessen auch Aus- und Fortbil- grund stetig zu. Das soziale Bewusstsein für eine dungsprogramme für Filmschaffende durchge- Multikultur wächst. Insbesondere die Zahl südost- setzt, die von Festivals organisiert werden. Bereits asiatischer Immigranten wird größer. Das BIFF im Jahr 2005 haben wir daher die „Asian Film

Foto: privat Foto: präsentiert beispielsweise zunehmend Filme aus Academy“ begründet und konnten wirklich gute dieser Region, sodass wir einen Anteil in dieser Ergebnisse erzielen. Durch solche Fortbildungs- Ansgar Vogt ist Film- Wandlungsphase beisteuern können. möglichkeiten für Filmschaffende, aber auch wissenschaftler und durch finanzielle Förderprogramme wie unseren Dramaturg. Er arbeitet im Auswahlgremium der Welche Filmemacher waren für Ihre persönliche „Asian Cinema Fund“ greifen wir Filmprodukti- Internationalen Film- und berufliche Laufbahn wegweisend? onsvorhaben praktisch unter die Arme. Dennoch festspiele Berlin in der muss unsere Mission weitergehen. Wir möchten Sektion „Forum“ und für Kim Ki-young war lange Zeit ein in Vergessenheit weitere asiatische Produzenten und Filmverleiher verschiedene deutsche Filmproduktionsfirmen. geratener Regisseur, sogar in Korea. Auf dem entdecken, die den Sprung auf den Weltmarkt Seit 2007 reist er mehr- Festival präsentierten wir 1997 eine Retrospek- noch nicht geschafft haben. Es gibt noch genü- fach im Jahr nach Korea. tive. Seine visuelle Ausdrucksform ist einzigartig gend von ihnen. An dieser Stelle können wir die An der SungKyunKwan in der koreanischen Kinematografie, die sonst asiatische Filmindustrie langfristig noch weiter University in Seoul hat er Filmanalyse unter- stark durch Realismus und Lyrik repräsentiert fördern. richtet und ist regel- wird. In meiner Abschlussarbeit an der Univer- mäßiger Besucher des sität im Fachbereich Film habe ich mich mit Das Interview führte Ansgar Vogt Busan International Film seinen Filmwelten auseinandergesetzt. Ich bin Festivals. weiterhin beeinflusst durch das iranische Kino, vor allem durch die Werke von Abbas Kiarostami und Mohsen Makhmalbaf. Ihre ungewöhnliche Verzahnung von Realität und Fiktion hat mich geradezu schockiert und meinen Blick auf das Kino verändert.

Welche Ziele konnten Sie seit der Gründung des Festivals erreichen, und welchen Herausforde- rungen stehen Sie weiterhin gegenüber? 1 Die Schreibweise „Busan“ folgt den Regeln der neuen, im Jahr 2000 eingeführten offiziellen Umschrift des koreani- schen Alphabets. Bis heute wird jedoch in verschiedenen Unser Ziel ist es, das BIFF zur Drehscheibe der Eigennamen weiterhin die alte Umschrift zur Bezeichnung asiatischen Filmkultur und -industrie zu formen. der Stadt verwendet (siehe „Pusan Promotion Plan“), Ich glaube, die Hälfte des Weges dorthin haben (Anm. d. Red.).

58 LITERATUR

Essay-Wettbewerb 2011 in Deutschland: „Meine Eindrücke beim Lesen koreanischer Literatur“ Von Dr. Moon-Ey Song

Der Essay-Wettbewerb über koreanische Auch politische Beispiele von Diktaturen, das Literatur wird jedes Jahr von einer der sechs Verhalten der USA in Guantanamo, die Koreanistik-Fakultäten an deutschen Univer- schrecklichen Fälle von Auschwitz und Jugo- sitäten gemäß Rotationsprinzip veranstaltet slawien werden als Exempel herangeführt. Der und vom Korea Literature Translation Institute Verfasser bestreitet in sehr gut argumentativer unterstützt. Form die „Naturhaftigkeit menschlicher Grau- samkeit“ [...] und reflektiert diese sehr fundiert. Im Jahr 2011 (vom 30. April bis zum 15. Ok- Sprachlich ist der Text klar und überzeugend

Foto: Bruce Anderson Foto: tober) wurde er von der Tübinger Koreanistik verfasst. Er zeichnet sich durch Verständlich- organisiert. Alle Studierenden koreabezogener keit und profunde Erarbeitung der Fragestel- Dr. Moon-Ey Song ist seit Fächer waren zum Essay-Wettbewerb, welcher lung aus.“ 1996 Lektorin für Ko- den Roman „Schwarze Blume“ von Kim Young- 2. „Das Vaterland, das Transnationale, die Iden- reanisch in der Sektion Koreanistik der Eber- ha zum Thema hatte, eingeladen. Insgesamt tität: Alles löst sich auf“ hard-Karls-Universität gab es 65 Anmeldungen von den Koreanistik- Der Verfasser beleuchtet die Fragen des Tübingen. Von Oktober Fakultäten an sechs Universitäten, und 34 Transnationalen und der Identität, die in dem 2001 bis September 2004 Beiträge wurden schließlich eingereicht. An Roman vorkommen. Die Klarheit des Textes, war sie dort Gastpro- fessorin. Sie übersetzte jeder Koreanistik waren jeweils drei Werke die überzeugende Argumentation sowie Romane, Sachbücher auszuwählen. Insgesamt standen 18 Beiträge die Nachvollziehbarkeit der aus dem Buch und Erzählungen vom zur Auswahl beim Endgutachter. Die besten zitierten Passagen sprechen für die Qualität Koreanischen ins Deut- drei Essays erhalten Preise in Höhe von 750 des Essays. sche, unter anderem „Jeonjaenggwa sahoe“ Euro, 500 Euro und 250 Euro. Die Preisträger 3. „Der Niedergang eines Kaiserreiches“ von Kim Dong-Choon sind folgende: Der Verfasser [die Verfasserin] macht durch („Der Korea-Krieg und eine klare Argumentation die Fragestellung die Gesellschaft“, Verlag 1. Preis: Herr Janis Walter „Die Universalität des Essays, nämlich den Niedergang des Westfälisches Dampf- boot, Münster 2007) menschlicher Grausamkeit“ (Freie Universität koreanischen Kaiserreiches, deutlich und zeigt und „Mandala“ von Kim Berlin) knapp und präzis, wie Literatur als Seismo- Seongdong (Pendragon 2. Preis: Herr Edgar Vogel „Das Vaterland, das graph des Sozialen geltend gemacht werden Verlag, Bielefeld 2005). Transnationale, die Identität: Alles löst sich kann. auf“ (Universität Hamburg) 3. Preis: Frau Lisa Hermann „Der Niedergang eines Kaiserreiches“ (Ruhr-Universität Bochum) Gutachter: Berlin: Dr. Holmer Brochlos Hier sind die Bewertungen des Endgutachters: Bonn: Dr. Sang-Yi O-Rauch 1. „Die Universalität menschlicher Grausam- Bochum: Hanju Yang keit“ Frankfurt: Dr. Jürgen Zaborowski Der Verfasser gibt zunächst in knapper, präzi- Hamburg: Dr. Heike Lee ser und faszinierender Form einen Inhaltsüber- Tübingen: Xenia Kirgis blick des Romans „Schwarze Blume“. Danach – und das scheint uns sehr gelungen - verweist Endgutachter: Professor. Dr. Jürgen Werthei- der Verfasser auf das literarische Beispiel von mer/Dr. Nadjib Sadikou Thomas Hobbes Leviathan, in dem menschli- (Abteilung der Internationalen Literaturen, che Grausamkeit als Motiv behandelt wurde. Tübingen)

59 KLTI Essay-Wettbewerb: „Meine Eindrücke beim Lesen koreanischer Literatur“ Textgrundlage: Kim, Young-ha: „Schwarze Blume”

„Die Universalität menschlicher Grausamkeit“ Von Janis Walter Kim Young-ha beschreibt in seinem Roman enderos können es in Kim Young-has Roman „Schwarze Blume“ das Schicksal koreanischer nicht. Er beschreibt damit einen Prozess, Auswanderer in Mexiko. Ihr Leben und Leiden der für alle Menschen zuzutreffen scheint, als Sklaven auf den Plantagen der Haziendas also, wie oft behauptet wird und wurde, in im ohnmächtigen Taumeln ihrer Heimatlo- der Natur des Menschen liege. Beschrieben sigkeit ist dabei der rote Faden des Romans. hat das unter anderem Thomas Hobbes in Schon die Hinfahrt auf dem Schiff erlaubt seinem Hauptwerk „Leviathan“ mit dem einen Ausblick auf das, was noch kommen jedoch wesentlich älteren Ausspruch: lupus

Foto: privat Foto: wird: Wie Vieh zusammengepfercht atmen sie est homo homini, ein Wolf ist der Mensch dem alle denselben Gestank, ist ihnen ihr Gefühl Menschen. Ursprünglich von Hobbes heran- Janis Walter ist 21 Jahre der sich den anderen ausliefernden Nacktheit gezogen, um einen vorstaatlichen Zustand alt und studiert im 3. trotz Kleidung am Körper gemein. Hier liegen zu beschreiben und damit die Notwendigkeit Semester Philosophie, Politik und Koreastudien Verwandte des Königs neben Taschendieben, eines Staates zu begründen, ist offenbar auch an der Freien Universität Priester neben Schamanen, und sie alle seh- eine verfasste Staatlichkeit nicht in der Lage, Berlin. nen das Ende der Fahrt entgegen, das jedoch unmenschliches Verhalten zu verhindern. Er nicht das Ende ihres Leidens sein soll. In Mexi- tritt sogar durch seine Repräsentanten teilwei- ko angekommen finden sie sich als Eigentum se als Träger der Grausam- und Unmensch- wieder: Als Verkaufte an den Meistbietenden, lichkeit auf. Dafür muss man den Blick nicht als Waren, die den Wohlstand ihrer Käufer einmal auf die Diktaturen dieser Welt richten. mehren sollen. Geschunden von der körper- Das Verhalten der USA in Guantanamo erfüllt lich harten Arbeit ist der karge Lohn nicht nur für mich den Vorwurf der Unmenschlichkeit, sprichwörtlich zum Leben zu wenig, doch zum nicht nur geduldet durch den Staat, sondern Sterben zu viel: Sie fristen ein Dasein, wie es auf dessen Befehl. Aber um mich nicht hinter in Korea kaum hätte schlimmer sein können. einer eurozentrischen Arroganz zu verstecken: Sie sind der Willkür ihrer Besitzer und Aufseher Auch in Europa ist Unmenschliches passiert, ausgeliefert. Der spanischen Sprache nicht man denke nur an die Geschehnisse in dem mächtig, vermittelt oft die Peitsche bei Ver- sich im Zerfall befindlichen Jugoslawien und ständigungsschwierigkeiten – die Sprache der dessen Folgestaaten. Von den beispiellosen Gewalt ist international. Bei größeren Schwie- und unvergleichlichen Grausamkeiten, die rigkeiten wird ein koreanischer Dolmetscher heute oft unter dem Stichwort ‘Auschwitz’ geholt. Er genießt – wie selbstverständlich diskutiert werden, ganz zu schweigen. Wel- – Privilegien und muss nicht auf der Plantage chen Wert hat der Begriff ‘menschlich’ noch arbeiten. Für das Schicksal seiner Landsleute für würdiges Verhalten, wenn Grausamkeit, interessiert er sich nicht. Mit der Zeit schaffen also Unmenschliches, ebenso ‘menschlich, es auch andere Koreaner, sich anzudienen allzu menschlich’ ist? In Anlehnung an ein und damit von Gepeitschten zu Peitschern Werk von Hans Jonas könnte hier auch nach zu werden. Erschreckend erinnert dies an das dem Menschlichkeitsbegriff nach Auschwitz ‘Stanford Prison Experiment’, das 1971 nur ex- gefragt werden. perimentell bewies, was sich vielerorts in der Geschichte schon ablesen ließ: Zunehmende Aber so weit will ich gar nicht gehen. Der Na- Macht und Verfügungsgewalt verleitet zu tionalsozialismus in Deutschland ist sicherlich Willkür und Grausamkeit. Ein wenig polemisch das erschreckendste Beispiel menschlicher würde ich sagen, dass nur Pippi Langstrumpf Grausamkeit. In seinem Schatten erscheint in der Lage war, der Versuchung ihrer eigenen jedoch vieles harmlos, was, obwohl ungleich, Macht zu widerstehen. Aufseher und Hazi- doch schrecklich war, zum Beispiel die demü-

60 tigende Versklavung koreanischer Auswande- Choi bloße Boshaftigkeit zu unterstellen. rer in Mexiko. Der Roman „Schwarze Blume“ Seine Chance witternd, aus der Sklaverei zu vermittelt so ein Bild von Leiden und Leid entkommen, ist er bereit, selbst zum Sklaven- zufügen, Gepeinigten und ihren Peinigern. treiber zu werden, und es fällt schwer, ihm Er zeichnet die Unterwerfung von Menschen das zu verübeln. Dies heißt jedoch nicht, dass kraft einer mit Gewalt vermittelten Macht und schwierige gesellschaftliche und ökonomi- ihre willkürliche Erniedrigung und Misshand- sche Verhältnisse von der Verantwortung lung nach. Er beschreibt Einzelschicksale mit befreien, sein eigenes Verhalten zu reflektie- universellem Charakter. Auch wenn es, so es ren und kritisch zu hinterfragen. Das jedoch ihn überhaupt gegeben hat, keinen zweiten tut Choi in „Schwarze Blume“ nicht. Kwon und keinen zweiten Ijong in dieser spezifischen Situation gibt, gibt es doch Men- Der Roman „Schwarze Blume“ ist also die Ge- schen auf der ganzen Welt, die ein ähnliches schichte von Menschen, die sich höchst eigen Schicksal ereilte oder ereilt. Menschliche Grau- mit der Gesellschaft in Beziehung setzen und samkeit und menschliches Leid, die in ihrem gesetzt werden. Er beschreibt Einzigartiges Kausalverhältnis ein untrennbares Begriffs- in Bezug auf die spezifischen persönlichen paar bilden, sind eine Seite der Medaille, die Schicksale und Universelles in der Charakte- wir als Menschheitsgeschichte bezeichnen. risierung menschlichen Verhaltens, wie ich in Sie sind kultur- und nationenunabhängig, und Bezug auf die menschliche Grausamkeit zu das wird in Kim Young-has Roman deutlich. zeigen versucht habe. Bestreiten würde ich jedoch die Naturhaftig- keit menschlicher Grausamkeit. Nicht nur, weil sie einen deprimierend resignativen Umgang Textgrundlage: mit dem durch sie verursachten Leid nahele- Kim, Young-ha: „Schwarze Blume”, konkursbuch Verlag Claudia Gehrke, Tübingen 2010. gen würde, sondern weil damit den etlichen, nicht grausamen Menschen Unrecht getan würde. In den meisten Fällen gelingt es, der Konflikthaftigkeit gesellschaftlichen Zusam- menlebens friedlich zu begegnen und eine Eskalation durch ein gemeinsames Interesse am Frieden zu verhindern. Dass Menschen tendenziell harmoniebedürftiger als streitlus- tig sind, heißt jedoch nicht, dass die Organisa- tion der Gesellschaft und der Ökonomie keine strukturellen Widersprüche produzieren wür- de. Widersprüche, die sich in Konflikten und auch menschlicher Grausamkeit äußern kön- nen. Die aktuellen Gewaltausbrüche in den Großstädten Großbritanniens [August 2011, Anm. d. Red.] zum Beispiel als Fehler Einzelner zu begreifen, wird ihrer Tragweite sicherlich nicht gerecht. Die Ursachen liegen in der ge- sellschaftlich vermittelten Perspektivlosigkeit vieler Jugendlicher und junger Erwachsener. Genauso wäre es kurzsichtig, der Romanfigur

61 LITERATUR

KOREANISCHE LITERATUR DES 20. JAHRHUNDERTS

Lee Namho · Uh Chanje · Lee Kwangho · ben mit Hinweisen zur literaturkritischen des Lebens: Yu Chihwan und Pak Mokweol Kim Mihyun Einordnung gegeben, mehrere Gedichte • Tradition und Humanität: Kim Dongni und KOREANISCHE LITERATUR DES 20. sind ganz oder in Auszügen abgedruckt. Auf Hwang Sunweon • Befreiung des lyrischen JAHRHUNDERTS eine Auseinandersetzung mit der Literatur Ausdrucks: Kim Suyeong und Kim Chunsu • Nordkoreas musste verzichtet werden, Tendenzen der Prosa: politisches Leben und Deutsche Übersetzung von Jung Youngsun obwohl eine Darstellung der koreanischen individuelle Existenz und Herbert Jaumann Literatur des 20. Jahrhunderts ohne sie nicht wirklich vollständig ist. III. 1970–1990: Literatur in der Industriege- 2011 · ISBN 978-3-86205-101-4 · 155 S. · sellschaft EUR 16,— INHALT Die Literatur im historischen Zusammen- hang der Epoche • Die Schattenseiten der Dieses kleine Buch möchte deutschen I. 1900–1945: Die Entstehung der moder- Industrialisierung • Dauerhafte Folgen der Lesern elementare Informationen für nen Literatur koreanischen Teilung • Soziale Belange und das Verständnis der Literatur Koreas im Die Literatur im historischen Zusam- ihr Ausdruck in der Lyrik • Stimmen der 20. Jahrhundert an die Hand geben, der menhang der Epoche • Untersuchung des Frauen • Erforschung des Daseins und jüngsten Produkte einer Geschichte also, Verhältnisses von Leben und Dichtung • Suche nach einer neuen Sprache • Erwei- die zweitausend Jahre alt ist. Es sollte Elegien auf eine verlorene Zeit: Kim Soweol terung der Räume für das Erzählen • „Die eine übersichtliche und leicht fassliche und Han Yongun • Der realistische Roman Epoche der Lyrik“ und Dekonstruktionen Darstellung der koreanischen Literatur des als Aufklärung über das gesellschaftliche der Sprache vergangenen Jahrhunderts in ihren cha- Bewusstsein • Frühe Meister in der Kunst rakteristischen Tendenzen und Leistungen der Erzählung • Erkundungen poetischer IV. 1990-2000: Literatur in der Konsumge- sein. Gegenstände sind Erzählungen und Phantasie 50 sellschaft Romane sowie Lyrik, nicht aber der Essay Die Literatur im historischen Zusammen- und die Kritik, Dramen nur am Rande, II. 1945–1970: Teilung des Landes und die hang der Epoche • Städtische Bilderwelt Literatur in den audiovisuellen Medien Folgen des Krieges und weibliche Lyrik • Bilder der Flucht und bleibt unbeachtet. Von den als repräsen- Die Literatur im historischen Zusammen- Neuorientierungen tativ präsentierten Werken bedeutender hang der Epoche • Seo Jeongju: ein Meister

Autoren werden eingehende Inhaltsanga- der Lyrik • Untersuchung der Natur und GmbH München 2011 Verlag © IUDICIUM

62 Rezension

Von Dr. Stefanie Grote

ieses schmale Buch gibt einen Ein- und Über- keit eines Koreaners in seinem eigenen Land und stellt blick, vermittelt Basiswissen über die in vier damit die politischen Systeme Süd- und Nordkoreas Kapitel und Epochen unterteilte koreanische gleichermaßen in Frage. Letzterer wiederum beleuchtet Literaturgeschichte des 20. Jahrhunderts. das Motiv der Hoffnung – Hoffnung auf Liebe, Verge- DMit Bezug auf die Bedeutsamkeit der kolonialen Beset- bung oder individuelle Freiheit. Er ringt mit Gegensätzen zung Koreas durch Japan erstaunt es kaum, dass das wie Freiheit und Unterdrückung, Gnade und Vergeltung, erste Kapitel im Wesentlichen dieser Ära gewidmet ist, Ideal und Wirklichkeit und versucht, diese zusammenzu- die zugleich auch Entstehungszeitraum der moder- führen. Er porträtiert zumeist aufrechte Menschen in der nen Literatur Koreas ist. Das Buch gibt Antworten auf kritischen Auseinandersetzung mit der koreanischen Ge- die Fragen, welche Zusammenhänge zwischen Leben sellschaft im Zeitalter von Teilung und Industrialisierung. und Dichtung bestehen oder welche Bedeutung der in Die dritte Epoche von 1970 – 1990 befasst sich mit der den 1930er Jahren entstehende realistische Roman als „Literatur in der Industriegesellschaft“ in Zeiten des Instrument der Aufklärung über das gesellschaftliche Wirtschaftsaufschwungs der Republik Korea. Diese Ära Bewusstsein hat. In diesem ersten Teil finden u.a. die der Expansion und Modernisierung hat eine Kehrseite Elegien von Kim Soweol (1902-1934) und Han Yongun – Vergrößerung der Kluft zwischen Arm und Reich, (1879-1944) Erwähnung, welche die Qualen, die Verluste Niedergang der Agrarwirtschaft, rapide Verstädterung, und Sehnsüchte des unterdrückten koreanischen Volkes Umweltverschmutzung und Zerfall von Tradition und beschreiben. Die Dichtung Kim Soweols beschreibt Sitten. Themen wie diese bestimmen die Prosa und auch heftigsten Schmerz und größtes Verlangen. Han Yongun die Lyrik jener Zeit. Die Autoren üben nicht nur Kritik thematisiert hingegen das Schweigen; seine Lyrik ist an den Folgeschäden der Industrialisierung, sondern geprägt von Liebe, Lebensweisheit, Tiefe, Gefühl und auch am Mangel an politscher Freiheit. Ermutigt von der fungiert gewissermaßen als Balsam für die Seelen eines Demokratiebewegung werden diese Stimmen in den leidenden Volkes. Auszüge aus Gedichten veranschauli- Achtzigerjahren lauter. Die Prosa wird nicht zuletzt dank chen Sprache und Dichtkunst – ein Konzept, welches bis Yi Munyeol, Pak Sangnyung und Kim Weonuh vielfältiger. zum Ende des Buches beibehalten wird. Auch weibliche Autoren bewegen sich wirkungsvoll von Zu Beginn eines jeden Kapitels wird die Literatur dezi- der Peripherie ins Zentrum der Literatenwelt. diert unter Bezugnahme auf den jeweiligen historischen In Kapitel IV wird die letzte Dekade des 20. Jahrhunderts Kontext beleuchtet, was dem Leser die Nachvollziehbar- beschrieben, eine Phase, die durch Demokratisierung, keit der Texte aus jener Zeit erleichtert. In der Auseinan- einen Wandel der materiellen Kultur und durch die Her- dersetzung mit der Teilung des Landes und den Folgen ausbildung individueller Bedürfnisse gekennzeichnet ist. des Koreakrieges (1950 - 1953) werden im zweiten Dichter wie Kim Kitaek, Chang Seongnam, Heo Kapitel diverse, für die Zeit von 1945 bis 1970 prägende Sukyeong, Na Huideok und Choi Jeongnye kritisieren Autoren vorgestellt, die sich infolge der Abschaffung der Konsumgesellschaft und kommerzialisierte Populärkul- literarischen Zensur und dank des uneingeschränkten tur und beschreiben das Phänomen der Entfremdung Gebrauchs der eigenen Sprache als Resultat der Befrei- in einer glitzernden Welt. Andererseits ist die Präsenz ung von japanischer Besatzung frei entfalten können. junger, selbstbewusster Autorinnen wie Sin Kyeongsuk, Im Ergebnis dieser neuerlichen Freiheiten erlebt die Kong Chiyeong, Eun Heekyeong, Kim Insuk u.a. cha- Literaturszene eine Blütezeit. rakteristisch für diese Zeit. Sie artikulieren weibliches Themen zur literarischen Bedeutung von Tradition und Begehren und lassen ihre literarischen Figuren gegen die Humanität finden in diesem Buch über die „Koreanische herrschende Sittenordnung rebellieren. Charakteristisch Literatur des 20. Jahrhunderts“ ebenso Berücksichtigung für die Autoren jener Zeit ist die Thematisierung von wie Auseinandersetzungen über das politische Leben Flucht und die Schaffung neuer Wirklichkeiten in neuen und die individuelle Existenz durch Romane von Choi Welten. Inhun oder Yi Cheongjun. Ersterer beschreibt in seinem - Ein rundum informatives, lesenswertes Buch. 1960 erschienenen Roman „Der Platz“ die Heimatlosig-

63 PORTRÄT

„Korea scheint näher an Deutschland zu liegen als Deutschland an Korea.“ Interview mit Michael Geier, Botschafter a.D.

Herr Botschafter, Sie waren von 2003 bis 2006 als Als der Koreakrieg ausbrach, war der Zweite Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Weltkrieg gerade fünf Jahre vorbei und überall Seoul tätig. Welche Vorstellungen und Erwartun- in Deutschland spürbar durch die Wunden und gen hatten Sie im Vorfeld Ihrer Entsendung nach Narben des Krieges und die Besatzungstruppen in Korea in Bezug auf die Kultur des nordostasiati- Ost und West. Was lag näher, als an einen Ausbruch schen Landes? eines Dritten Weltkriegs zu denken?

Meine Vorstellungen von Südkorea waren von Die Entführung südkoreanischer Dissidenten durch drei Ereignissen geprägt, dem Ausbruch des den südkoreanischen Geheimdienst wurde von Koreakriegs im Jahre 1950 - ich war gerade in die politisch aktiven Studenten, den „68igern“, als flag- Schule gekommen - der Entführung südkoreani- rante Verletzung des Völkerrechts und der deut- scher Dissidenten aus Deutschland, vor allem des schen Souveränität gegeißelt. Die Proteste auf den großen Komponisten Isang Yun, im Jahre 1967 - ich Straßen vieler Universitätsstädte zwangen die Bun- studierte Jura an der Universität Kiel - und der Fuß- desregierung Kiesinger, eher auf dem linken Auge ballweltmeisterschaft in Korea im Jahre 2002. blind, zu einer deutlichen Demarche gegenüber der koreanischen Regierung. Diese Ereignisse und die Massaker in Gwangju 1980 bestimmten das kritische Bild der Republik Korea in Deutsch- land für viele Jahre.

Die entscheidende Wende für mich und die meisten meiner Landsleute war die Fußballwelt- meisterschaft 2002. Die Fernsehübertragungen rückten unsere Vorstellungen über die koreani- sche Jugend zurecht: bunt, fröhlich, unkonven- tionell und fair. So entspannt hatten wir uns Ko- reaner nicht vorgestellt. Korea war ein perfekter Gastgeber und das Vorbild für Deutschland als Gastgeber der Weltmeisterschaft im Jahre 2006.

Welche Aspekte haben Sie in Bezug auf den Austausch und die Zusammenarbeit mit Ihren südkoreanischen Kollegen am meisten überrascht? Könnten Sie eine kurze Anekdote erzählen?

In vielen der etwa ein Dutzend Länder, in denen ich gearbeitet und mit meiner Familie gewohnt habe, gehörte das südkoreanische Botschafter- paar zu unseren engsten Freunden. Was uns be- sonders beeindruckte, waren die warmherzigen und persönlichen Beziehungen, ganz anders, Foto: Bundespresseamt Foto: Michael Geier, von 2003 bis 2006 deutscher Botschafter in Korea und anschließend in Bulgarien, ist jetzt u.a. Ehrenbotschafter der koreanischen Regierung für Investitionsförderung und Vizepräsi- dent der Deutsch-Koreanischen Gesellschaft.

64 als dies ein Deutscher von Ostasiaten erwartet. Die Förm- sche Küche. Die eindrucksvolle Dynamik koreanischer lichkeiten waren nach dem ersten gemeinsamen Abend Restaurants in Berlin und anderen deutschen Städten beendet. belegt dies.

Ein besonders liebenswertes südkoreanisches Botschaf- Diplomaten lieben Kultur, sind aber nicht häufig genug terehepaar trafen wir in Ouagadougou in Burkina Faso selbst Kulturschaffende. Unser Werkzeug ist der Dialog. am Rande des Sahel an. Uns boten sie koreanische Gast- Ich habe Präsident Lee Myung-bak zwei Mal in Berlin freundschaft und den ersten Kontakt mit der unglaublich erlebt, einmal als Bürgermeister von Seoul auf Einladung reichhaltigen koreanischen Küche. seines Kollegen, des Regierenden Bürgermeisters Wowe- reit [2003] , und dann wieder als koreanischen Präsiden- Wie würden Sie die bilaterale Zusammenarbeit be- ten auf Einladung des deutschen Bundespräsidenten schreiben? Wulff [2011]. Ich hatte auch die Ehre, Präsident Roh Moo-hyun 2006 auf seinem Staatsbesuch in Deutschland Jeder deutsche Politiker, der Korea bereist hat, gerät ins zu begleiten. In den Gesprächen beider koreanischer Prä- Schwärmen über das Land und seine Menschen, obwohl sidenten standen die Lage auf der koreanischen Halbin- die meisten nur Seoul und eventuell die Entmilitarisierte sel und Weltthemen im Vordergrund. Weltthemen spielen Zone kennengelernt haben. jetzt eine bedeutendere Rolle, seitdem Korea Mitglied der G 20 ist, des kleinen Kreises bedeutendster Nationen, Die erstaunlichste Erfahrung ist die Intensität der wis- die das Weltgeschehen aktiv bestimmen. senschaftlichen Zusammenarbeit, die sich weitgehend an der Botschaft vorbei entwickelt hat. Grundlage sind Was können Korea und Deutschland jeweils voneinan- häufig persönliche deutsch-koreanische Freundschaften der lernen? und gemeinsame wissenschaftliche Interessen. Stamm- vater ist meist ein koreanischer „Humboldtianer“ oder Der erste Schritt der Annäherung ist die Geschichte, die ein ehemaliger Doktorand an deutschen Hochschulen. sich in Korea und Deutschland signifikant unterscheidet. Wir haben daraus den Schluss gezogen, einen Kollegen Korea war fast immer ein zentralistisch organisierter an der Botschaft mit der wissenschaftlichen Zusammen- Staat, während Deutschland den größten Teil seiner tau- arbeit zwischen unseren Ländern zu betreuen, nicht um sendjährigen Geschichte in kleine und kleinste politische diesen erfreulichen Wildwuchs zu lichten, sondern damit Einheiten aufgeteilt war. Die heutige Ausprägung dieser die Botschaft gelegentlich als Katalysator für solche historischen Erfahrung, koreanischer Zentralstaat gegen- Begegnungen aktiv werden konnte. Erfreulicherweise über Bundesrepublik, lädt zu Vergleichen ein. Dies gilt ergreifen auch mehr und mehr deutsche Studenten die besonders für das Erziehungs- und Ausbildungssystem, Gelegenheit, in Korea zu studieren. Dies gilt auch für eine aber auch für Demokratie und Steuern. unserer Töchter, die an der Yonsei Universität Wirtschafts- wissenschaften belegte. Auf vielen Gebieten erleben Korea und Deutschland parallele Entwicklungen. Dies gilt für die umgekehrte Bei dieser Gelegenheit möchte ich den Beitrag von Bevölkerungspyramide, die alternde Gesellschaft, ebenso Koreanern zum wissenschaftlichen und kulturellen Leben wie für die Wissensgesellschaft, in der die intellektuelle in Deutschland würdigen. Ein deutsches Orchester, eine Produktivkraft zum wichtigsten Faktor des Wirtschafts- deutsche Opernbühne ist ohne Koreaner kaum vorstell- wachstums wird. Eine weitere Gemeinsamkeit ist die bar. Erkenntnis der Begrenztheit unserer Ressourcen, vor allem Energie und Wasser. An den daraus erwachsenden In der Welt der Diplomatie gelten eigene Regeln, be- Lösungsvorschlägen sollten beide Länder teilhaben. stehen andere Möglichkeiten. Wo liegen die Chancen der interkulturellen Annäherung konkret auf diploma- Schließlich ist die deutsche Wiedervereinigung ein zent- tischem Parkett? rales gemeinsames Thema, das in Korea intensiv studiert wird. Die wirtschaftliche und politische Ausgangslage Die Annäherung zwischen unseren Ländern findet war sehr unterschiedlich. Aber auch in den neuen Bun- glücklicherweise nur selten auf diplomatischem Parkett, desländern stellen sich die „blühenden Landschaften“ nur dafür umso häufiger unter jungen Menschen statt. Der sehr zögerlich ein. Die Bevölkerung wird dort wohl weiter erste Schritt ist manchmal die Neugier auf die koreani- abnehmen. Gleiches könnte nach einer Wiedervereini-

65 gung in Nordkorea geschehen, nur vermutlich sehr viel ist als seine Nachbarn China und Japan, und dass es sich dramatischer. Gravierende Unterschiede sind jedoch schon deshalb lohnt, auch Korea kennenzulernen. Wenn politischer Natur. Während Deutschland über Jahrzehnte auch die Sprache das zentrale Vehikel der Verständigung fest in die europäischen und transatlantischen Bünd- ist, gibt es auch andere Möglichkeiten in Korea: Musik, nisse eingegliedert ist – sie sind Teil unserer nationalen Kunst, Sport usw. Identität – und heute nur von eng befreundeten Ländern umgeben ist, sieht in Korea die Lage anders aus – „Gar- Der deutsch-koreanische Jugendaustausch ist noch ein nele zwischen den Walen“. Die aktive Gestaltung von zartes Pflänzchen, das auch von der Deutsch-Koreani- nachbarschaftlichen Beziehungen war und ist zentrale schen Gesellschaft unterstützt wird. Er sollte unbedingt Aufgabe der deutschen Außenpolitik. Ostasien steht auf eine breitere Basis gestellt werden. Der Austausch, noch am Anfang eines solchen Prozesses, der im Moment der auf den Gebieten der Wissenschaft und der Hoch- der koreanischen Wiedervereinigung entscheidend sein kultur so problemlos funktioniert, sollte auch zwischen könnte. jungen Menschen und Familien erleichtert werden. Der Leistungsdruck, der auf koreanischen Schülern vor dem Inwiefern hat Ihr Korea-Aufenthalt Ihre Einstellung Eintritt in die Universität lastet, und auch der zunehmend gegenüber dem Land und den Menschen verändert? notenorientierte deutsche Schulalltag begünstigen die- sen Austausch leider nicht. Je länger wir in Korea und mit Koreanern lebten, umso deutlicher wurden die Gefühle menschlicher Gemein- Das Interview führte Dr. Stefanie Grote samkeit. Das „Fremde“ schwindet, das Gemeinsame bleibt: die Freude an Freundschaften, an der Familie und an der Natur. Auch die Großstadt Seoul gliedert sich im Verlauf der Jahre immer mehr in überschaubare Nach- barschaften. Dabei verloren die koreanischen Nachbarn – und natürlich auch wir – immer mehr die anerzogene Zurückhaltung. Beide Seiten reagierten zunehmend spontan und herzlich, was nicht dem europäischen Klischee von Ostasien entspricht. Unsere koreanischen Freunde und Bekannten sind uns bei der Pflege von Freundschaften weit überlegen, und wir genießen dies sehr.

Auf welchen Gebieten sollte der deutsch-koreanische Austausch intensiviert werden?

Korea scheint näher an Deutschland zu liegen als Deutschland an Korea, wenn man die große Anzahl vor- wiegend jüngerer Koreaner sieht, die in Berlin und ande- ren großen deutschen Städten leben. Für sie scheint die Sprachbarriere kein großes Problem zu sein. Umgekehrt scheint es mühsamer, aber es gibt jedes Jahr mehr junge deutsche Studenten, Wissenschaftler und Geschäftsleute in Korea. Ziel sollte sein, die Erkenntnis in Deutschland zu verbreiten, dass Korea ein grundlegend anderes Land

66 KOREA IM ALLTAG - Sprache

Koreanischer Sprachführer

택시에서 Im Taxi 어디에서 내려야 해요? Wo muss ich aussteigen? 인사동으로 가 주세요. [Eodieseo naeryeoya haeyo] Nach Insadong, bitte! [Insadongeuro ga juseyo] 얼마나 걸려요? Wie lange dauert es? 안국역 앞에서 세워 주세요. [Eolmana geollyeoyo] Bitte lassen Sie mich vor der U-Bahnstation Anguk aus- steigen. 버스/지하철 요금이 얼마예요? [Angukyeok apeseo sewo juseyo] Wie viel kostet die Busfahrt/U-Bahnfahrt? [Beoseu/Jihacheol yogeumi eolmayeyo] 여기 세워 주세요. Bitte halten Sie hier. [Yeogi sewo juseyo] 교통카드는 어디에서 사요? Wo kann man elektronische Fahrkarten kaufen? 이 주소로 가 주세요. Bitte fahren Sie zu dieser [Gyotongkadeuneun eodieseo sayo] Adresse. [I jusoro ga juseyo] ※ Nützliche Wörter

요금이 얼마예요? Wieviel macht das? 버스 [Beoseu] der Bus [Yogeumi eolmayeyo] 지하철 [Jihacheol] die U-Bahn 택시 [Taeksi] das Taxi 택시 타는 곳이 어디예요? Wo ist ein Taxistand? 자전거 [Jajeongeo] das Fahrrad [Taeksi taneun gosi eodiyeyo] 버스정류장 [Beoseu Jeongryujang] die Bushaltestelle 지하철역 [Jihacheolyeok] die U-Bahnstation 택시 타는 곳 [Taeksi taneun Got] der Taxistand 버스정류장/지하철역에서 버스 ...번 [Beoseu ...Beon] die Busnummer (z.B. 253번 An der Bushaltestelle/ U-Bahnstation 버스 die Busnummer 253) 지하철 ...호선 [Jihacheol ...Hoseon] die U-Bahnlinie 버스정류장이 어디예요? Wo ist die Bushaltestelle? (z.B. 3호선 die U-Bahnlinie 3) [Beoseu Jeongryujangi eodiyeyo] 타다 [tada] fahren, einsteigen 갈아타다 [garatada] umsteigen 이 버스 명동에 가요? Fährt dieser Bus nach Myeong- 내리다 [naerida] aussteigen dong? 교통카드 [Gyotong Kadeu] die elektronische [I beoseu Myeongdonge gayo] Fahrkarte 교통카드 충전기 [Gyotong Kadeu Chungjeongi] der 광화문에 가려면 몇 번 버스를 타야 해요? Aufladeautomat für die teletonische Fahrkarte Welcher Bus fährt nach Gwanghwamun? [Gwanghwamune garyeomyeon myeot beon beoseureul taya haeyo]

이태원에 가려면 몇 호선을 타야 해요? Welche U-Bahnlinie fährt nach Itaewon? [Itaewone garyeomyeon myeot hoseoneul taya haeyo]

어디에서 갈아타야 해요? Wo muss ich umsteigen? [Eodieseo garataya haeyo]

67 KOREA IM ALLTAG - Sprache Foto: Karin Pyc Foto:

KOREANISCH AM LSI – Was wird da gelernt? Von Dorothea Hoppmann

Seit 1995 wird am Landesspracheninstitut (LSI) in der Ruhr- großen Unterschied es macht, Schilder lesen zu können Universität Bochum Koreanisch intensiv und sich zuzutrauen, ohne Begleitung Dinge des Alltags zu gelehrt. Das zentrale Ziel der LSI-Sprachkurse – die Spra- erledigen, davon berichten diejenigen, die schon vor ihrem chenpalette umfasst Arabisch, Chinesisch, Sprachkurs in Korea tätig waren, aber jetzt nicht mehr Japanisch, Koreanisch, Russisch, Persisch und Türkisch – ist „blind und stumm“ sind. die praxistaugliche Kommunikationsfähigkeit. Die Basis für den Unterricht – das Lehrmaterial Handlungskompetenz durch Sprache Englisch ja – aber Koreanisch macht vieles einfacher und In welchen Situationen braucht ein Deutscher in Korea tat- erfolgreicher sächlich Koreanisch statt Englisch? Auf welche Situationen muss ein Koreanisch-Kurs also unbedingt vorbereiten? Wel- Ob als Führungskraft, Tourist oder Austauschstudent: Mit che Themen und landeskundlichen Informationen gehören Englisch kommt man in Korea zunächst scheinbar bestens in ein Koreanisch-Lehrbuch? Wie kann man Schwierigkeiten klar. Fahrkarten für den KTX kann man am Bahnhof Seoul bei der Anwendung des Gelernten vor Ort vermeiden? oder im Internet problemlos auf Englisch kaufen, aber eine Welche sprachlichen Kompetenzen werden am häufigsten Fahrkarte an einem kleinen Busbahnhof in der Provinz? benötigt? Diese Fragen standen ganz am Anfang, als am LSI Spätestens hier geht nichts - außer auf Koreanisch. Natür- in den letzten beiden Jahren neues Lehrmaterial erarbei- lich wird am Arbeitsplatz Englisch gesprochen, aber die tet und erprobt wurde. Die didaktischen Erfahrungen der Kommunikation mit koreanischen Mitarbeitern ist um ein Dozenten und die praktischen Erfahrungen von ehema- Vielfaches erfolgreicher und einfacher, wenn der gängige ligen Kursteilnehmern haben den Grundstein gelegt für Smalltalk auf Koreanisch beherrscht wird und einfache An- ein Kurskonzept, das die sichere sprachliche Bewältigung weisungen auf Koreanisch erfolgen können. Was für einen einfacher Kommunikationssituationen am Arbeitsplatz,

68 auf Reisen und in der Freizeit zum Ziel hat. nachtet werden muss. In der Firma betreut Neben der Kommunikationsfähigkeit liegt ein Peter Schneider Einkäufer aus Deutschland, weiterer Schwerpunkt auf gutem Hörverständ- reserviert Hotelzimmer und einen Tisch im nis, kommunikativer Etikette und Korean Eng- Restaurant, ruft ein Taxi und engagiert einen lish. Die Dialoge und Texte sind von Anfang an Dolmetscher. Auch privat ist er am Ende des relativ umfangreich und authentisch gestaltet. Kurses sprachlich fit und meldet sich ganz Die einzelnen Sprechabsichten werden jeweils selbständig in einem Fitness-Studio an. in verschiedenen Situationen eingeübt und

Foto: Lichtrevier Bochum Lichtrevier Foto: von Lektion zu Lektion systematisch erweitert Das Lehrbuch „Koreanisch Intensiv Grund- und und wiederholt. Aufbaukurs“ (Buske, Hamburg 2011) umfasst Frau Dorothea Hopp- eine Einführung in die koreanische Schrift und mann MA arbeitet seit „KOREANISCH INTENSIV – Grund- und Auf- 16 Lektionen mit Dialogen, Texten, Übungen, 2000 an der Sektion baukurs“ vielen landeskundlichen Informationen und Sprache und Kultur Koreas. Die Dozentin be- Mit Peter Schneider durch den Alltag in einem Grammatik-Teil. Im Anhang befinden gleitet die Studierenden Seoul sich eine Grammatikübersicht, ein nach Unter- der Koreanistik in den kapiteln sortiertes Vokabelverzeichnis und ein ersten beiden Studienjah- Durch das Lehrbuch führt Peter Schneider, Gesamt-Glossar, eine Auflistung von Fragen, ren durch ihre Sprach- ausbildung. Seit 1999 der in einer mittelständischen Firma in Seoul die beim ersten Kennenlernen häufig gestellt leitet Frau Hoppmann als Trainee arbeitet. Gemeinsam mit ihm, werden, eine Übersetzung aller Dialoge und außerdem das Dozenten- seinen Vorgesetzten und Kollegen lernen die Texte der ersten zehn Lektionen und eine Team der Koreanisch- Teilnehmer nicht nur verschiedene Charak- Zusammenstellung von landeskundlichem Intensiv-Kurse (Grund- und Aufbaukurse) am tere kennen, sondern mit ihnen zusammen Basiswissen zu ausgewählten Themen. Zum Landesspracheninstitut vielfältige Situationen am Arbeitsplatz und in Lehrbuch gehört eine Audio-CD im mp3-For- in der Ruhr-Universität der Freizeit: Am ersten Tag stellt Herr Schnei- mat, auf der alle Dialoge und Texte zu hören Bochum. der sich vor, tauscht Visitenkarten aus und sind. Als Zusatzmaterial ist ein Vokabeltrainer antwortet auf die Fragen seiner Vorgesetz- erhältlich. ten zu seinem Bildungshintergrund und zu Deutschland. Peter Schneiders Hobby ist das Weitere Informationen unter: Bergsteigen, worüber er sich gerne mit seiner www.lsi-bochum.de Kollegin Frau Yu unterhält. Auf seinen Touren bestellt er Essen und kauft sich Fahrkarten, Proviant und Mückenmittel. Frau Yu freut sich über Peter Schneiders Interesse an Korea und geht gerne mit ihm ins Kino. In der Firma ist sie seine Ansprechpartnerin für alle Fragen, eben- so wie die pfiffige Praktikantin Frau Kim, die Herrn Schneider durch den Großstadt-Dschun- gel navigiert, immer ein Noraebang [노래방] (Karaoke-Bar) in der Nähe weiß und mittags den Lieferservice anruft. Herr Jeong gehört zur Generation „Mobile English“, er lernt in der U- Bahn auf dem Weg zur Arbeit fleißig Englisch und studiert neben dem Beruf. Seine Heimat- stadt ist die alte Königsstadt Gyeongju, wohin er Peter Schneider einlädt, ebenso wie zu einer Runde Baseball mit Freunden am Wochenen- de. Die Lebensgeschichten von Herrn Abtei- lungsleiter Kim und seiner Stellvertreterin Frau Lee erzählen viel über die Gesellschafts- geschichte der letzten 50 Jahre. Herr Kim lädt gerne regelmäßig das ganze Team zum Essen ein, woraufhin die jüngere Belegschaft sich entweder höflich entschuldigt oder so lange feiert, dass in einem Dampfbad über- © Helmut Buske Verlag Buske © Helmut

69 KOREA IM ALLTAG - Sprache/Küche

BUCHTIPPS

Sprachkurs Plus Koreanisch von Lextra

Auch ohne jede Vorkenntnisse ermöglichen Kursbuch und Audio-CD einen schnellen Einstieg in die Sprache. Die systematisch aufgebauten Übungen zu Wortschatz und Grammatik führen zu Niveau A1 oder A2. Trainiert wird anhand realistischer Situationen. Aussprache und korrekte Betonung können mit den 140 Minuten Audiomaterial bestens geübt werden: Die aktuellen Aufnahmen sind auf dem neuesten Sprachstand. Tipps zu Kultur, Land und Leuten hält das Kursbuch bereit. Unter www.lextra.de liegt das Audiomaterial auch zum Download auf den MP3-Player bereit – für alle, die mit besonders kleinem Gepäck unterwegs sind. Lextra Sprachkurs Plus Koreanisch ISBN 978-3-589-01867-3 Cornelsen Verlag ca. 320-seitiges Kursbuch, gebunden, 2 Audio-CDs (Laufzeit ca. 140 min) im Schuber 34,95 € (D) © 2011 Cornelsen Verlag, Berlin Verlag, © 2011 Cornelsen

Das Korea-Kochbuch

In Korea... … hat das Essen eine besondere Bedeutung. Hier begrüßt man sich traditionell mit einem „Hast du schon gegessen?“, und wenn man Freunde trifft, geht man gern ins Restaurant. Auch ist es üblich, mindestens ein oder zwei Mal in der Wo- che mit der gesamten Familie eine Mahlzeit außer Haus einzunehmen. Die koreanische Küche bietet ein vielfältiges Geschmackserlebnis. Ihr hervorste- chendstes Merkmal ist ihre großzügige Verwendung von Knoblauch und Chilipul- ver. Aber es gibt auch viele milde Gerichte wie Bulgogi (불고기), am Tisch gegrill- tes Rindfleisch, das zuvor in einer süßen Sauce mariniert wurde. Die wichtigsten Bestandteile einer jeden koreanischen Mahlzeit bildet neben dem Rundkornreis das Kimchi (김치). Diese fermentierte und meist scharf gewürzte Beilage, die aus verschiedensten Gemüsesorten zubereitet werden kann, ist Koreas Nationalge- richt. Dazu dürfen eine Suppe und Schälchen mit den unterschiedlichsten Beila- gen nicht fehlen. Beliebte Zutaten der koreanischen Küche sind Fisch, Fleisch, alle Arten von Meeresfrüchten, Gemüse, wilde Kräuter, Pilze, Sojabohnen, Tofu, Ingwer © Verlagshaus Jacoby & Stuart Jacoby Verlagshaus © und Ginseng. Darüber hinaus gilt die koreanische Küche nicht nur als sehr vielseitig, sondern auch als sehr gesund. Vielen Gerichten wird eine medizinische Wirkung zuge- schrieben. Einige werden gegessen, um die Körpertemperatur herunterzufahren, andere, um sie zu erhöhen oder eine Balance der Yin- und Yang-Kräfte zu errei- chen. Im Herbst 2011 veröffentlichte der Verlag Jacoby & Stuart ein Korea-Kochbuch der besonderen Art. In dem liebevoll gezeichneten Werk stellen drei Koreanerin- nen ihre persönlichen Lieblingsgerichte zum Nachkochen vor. Wir sprachen mit Sunkyoung Jung, einer der Autorinnen, und mit der Illustratorin Tina Kraus (siehe nachfolgende Beiträge). Sunkyoung Jung, Yun-Ah Kim, Minbok Kou: Das Korea-Kochbuch Jacoby & Stuart 2011, ISBN: 978-3-941787-43-8 19,95 €

70 KOREA IM ALLTAG - Küche

Der Geschmack Koreas – detailgetreu nachgezeichnet Interview mit der Illustratorin und Pop-Up Designerin Tina Kraus Illustrationen: Tina Illustrationen: Kraus

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, ein habe, wiedersehen. Semester in Korea zu verbringen? Hatten Sie bereits vor Ihrem Koreaaufenthalt Es gibt eine Kooperation zwischen Professor Erfahrung mit dem koreanischen Essen? Marcus Herrenberger in Münster und Profes- sor Rhie Won-Bok von der Duksung Women‘s Nur wenig. Eine koreanische Freundin hier in University, der in Münster studiert hatte. Münster hat für mich einmal Kimchibokkeum- Ich kannte Korea bis dahin nur aus koreani- bap [김치볶음밥] gekocht, bevor ich nach

Foto: privat Foto: schen Filmen und war neugierig, mehr über Korea geflogen bin. Das war sehr lecker. das Land zu erfahren. Durch die Kooperation Tina Kraus wurde 1985 war es relativ einfach, ein Auslandssemes- Ihre Illustrationen sind sehr detailgetreu und im Süden von München ter dort zu verbringen, also habe ich mich offenbaren eine gute Kenntnis der kore- geboren und ist dort auch aufgewachsen. getraut. anischen Küche. Wie haben Sie sich diese 2005 verschlug es sie für Kenntnisse angeeignet? Haben Sie in Korea ihr Design-Studium an Mit welchen Erwartungen sind Sie nach viele Märkte und Restaurants besucht? der FH Münster in den Korea gegangen? Norden. 2009 war sie für ein Auslandssemester Ja, es gab einen kleinen Markt in dem Wohn- rund vier Monate an Da ich mich das erste Mal in Asien und über- viertel hinter der Uni, über den ich gerne der Duksung Women‘s haupt außerhalb Europas aufhielt, war ich im gegangen bin. Auch den Namdaemun-Markt University in Seoul, und Vorfeld natürlich nervös, wie ich in Korea zu- und den Gwangjang-Markt in Seoul sowie 2010 legte sie in Münster ihr Diplom mit Schwer- rechtkommen würde. Aber nach den ersten den Fischmarkt im Hafen von Sokcho habe punkt Illustration ab. kleinen Anlaufschwierigkeiten habe ich mich ich besucht. Seitdem arbeitet sie als doch sehr wohl gefühlt. Viele Leute waren Da in Korea das Essen auswärts sehr günstig freiberufliche Illustratorin sehr hilfsbereit und freundlich, und ich habe ist, war ich auch oft in verschiedenen Restau- und Pop-Up-Designerin (Paper-Engineer). eigentlich nur gute Erfahrungen gemacht. rants. Sowohl in kleineren Imbissen als auch Ich möchte auf jeden Fall bald wieder nach in traditionellen Restaurants, z.B. in Insadong Korea reisen, da ich in den vier Monaten doch [Stadtteil in Seoul]. nur einen kleinen Teil des Landes kennenge- lernt habe. Und ich möchte die Menschen, Haben Sie bei der Anfertigung Ihrer Illus- mit denen ich dort Freundschaft geschlossen trationen Fotos als Vorlage benutzt, oder

71 haben Sie die Gerichte, die Sie im Kochbuch darstellen, Es folgen zwei Auszüge aus dem ,,Korea-Kochbuch’’, die selbst zubereitet und dann nachgezeichnet? uns freundlicherweise der Verlag Jacoby & Stuart zur Verfügung gestellt hat. Ich habe von den Autorinnen Fotos der meisten Gerich- te bekommen, die ich mal mehr und mal weniger als Vorlage verwendet habe. Manchmal habe ich auch selber noch mal ein Gericht gekocht und fotografiert.

Und wie sind Sie bei der Darstellung von Alltagsszenen in koreanischen Supermärkten, am Straßenimbiss etc. vorgegangen?

Zum Teil habe ich Fotos verwendet, die ich entweder selbst während meines Auslandssemesters gemacht habe oder die mir die Autorinnen zur Verfügung gestellt haben. Einige Details sind auch aus meiner Erinnerung entstanden, andere durch Recherche im Netz.

Wie lange haben Sie insgesamt am „Korea-Kochbuch“ gearbeitet?

Ein paar erste Illustrationen sind schon im Herbst 2009 nach meinem Korea-Aufenthalt im Studium entstanden. Seit Ende 2010 stand fest, dass Jacoby & Stuart das Buch mit mir zusammen machen möchte, und im Januar 2011 ging es mit der Konzeption los. Die letzten Illustrationen waren Ende Juni fertig. Allerdings bin ich in der Zeit auch umgezogen, sodass ich nicht kontinuierlich seit Januar durcharbeiten konnte. Die meisten Illustrationen sind von Anfang April bis Ende Juni entstanden.

Welches sind Ihre persönlichen Favoriten der koreani- schen Küche, und welches Rezept aus dem „Korea-Koch- buch“ würden Sie den Lesern besonders empfehlen?

Meine Favoriten sind Bibimbap [비빔밥], heiße Eintöpfe wie Kimchijjigae [김치찌개] oder Doenjangjjigae [된장찌 개] und das koreanische Barbecue in allen Varianten. Für diejenigen, die noch nicht so eng mit der koreanischen Küche vertraut sind, ist Bibimbap sicher ein guter Einstieg.

Das Interview führte Gesine Stoyke © Verlagshaus Jacoby & Stuart Jacoby Verlagshaus © Autorin: Yun-Ah Kim Dieser Auszug endet hier.

72 © Verlagshaus Jacoby & Stuart Jacoby Verlagshaus © Autorin: Minbok Kou © Verlagshaus Jacoby & Stuart

73 KOREA IM ALLTAG - Küche

Mutter aus Leidenschaft mit Talent fürs Kochen Sunkyoung Jung, eine der Autorinnen des „Korea-Kochbuchs“, im Porträt

Von Gesine Stoyke

„Im Kochbuch steht, dass ich eine leidenschaftliche Köchin Deutschland zurückzukehren. Ihr Mann hat eine Professur sei, aber das stimmt nicht!“ stellt Sunkyoung Jung belustigt an einer koreanischen Universität und besucht die Familie klar. In erster Linie sieht sie sich als Mutter in Vollzeit, die zwei Mal im Jahr. Sunkyoung Jung wird wohl so lange hier ihrer Tochter und ihrem Sohn, mit denen sie in Deutschland bleiben, bis der Sohn, der zurzeit die fünfte Klasse besucht, lebt, durch das Essen etwas von ihrer koreanischen Heimat sein Abitur gemacht hat. Denn der Einstieg in das koreani- vermitteln möchte. Dafür steht sie täglich über zwei Stun- sche Schulsystem wäre für ihn jetzt schwierig, obwohl er den in der Küche, denn zu einer richtigen Mahlzeit gehören in Deutschland sehr gute Noten hat. So rechnet sie damit, Reis, Suppe und einige Beilagen. Mit ihrer Einstellung bildet dass sie weitere fünf, sechs Jahre hier leben wird. sie unter den koreanischen Müttern keine Ausnahme: Alle ihre Freundinnen verbringen jeden Tag zwei Stunden am Als Sunkyoung Jung erfuhr, dass ein deutscher Verlag Kochtopf, manche sogar mehr. „Die koreanischen Mütter jemanden suche, der gut Koreanisch kochen kann, fühlte sind am ärmsten dran“, schmunzelt sie. Ihr Sohn besucht an sie sich gleich angesprochen, denn als im Ausland leben- ihrem Wohnort Berlin eine internationale Schule, der Kinder de Koreanerin ist es ihr Wunsch, ein positives Bild ihres unterschiedlichster Nationalitäten angehören. Wenn sie Heimatlandes zu vermitteln. Deshalb engagiert sie sich mit den Müttern seiner Klassenkameraden spricht, hört sie, auch regelmäßig in der Schule ihres Sohnes. So passte das dass keine von ihnen täglich warm kocht. Verlagsangebot hervorragend zu ihrem persönlichen Anlie- gen. Für das „Korea-Kochbuch“ wurden keine professionel- Nicht nur bei ihren eigenen Kindern, sondern auch bei den len Köchinnen gesucht, sondern Frauen, die gern zu Hause Freunden ihres Sohnes kommt Sunkyoung Jungs Essen kochen. Der Verlag verlangte von Sunkyoung Jung eher sehr gut an. Wenn ihr Sohn Besuch hat, wählt sie meist klassische und komplizierte Gerichte sowie koreanische koreanische Gerichte aus, die nicht so scharf sind. Beson- Getränke. Deshalb seien ihre Rezepte etwas traditioneller ders beliebt ist gerösteter Reis mit Fleisch, viel Gemüse und ausgefallen als die der anderen beiden Autorinnen. Pilzen, alles ganz klein geschnitten. Das farbenfrohe Gericht ist gesund und schmeckt gut, und auf diese Weise kann sie Bevor sie ihre eigenen Rezepte zu Papier brachte, orien- ihrem Sohn Pilze unterjubeln, die er sonst nicht mag. tierte sie sich an existierenden koreanischen Kochbüchern und stellte fest, dass dort keine akkuraten Maßangaben zu Ihre Kinder wurden geboren, als Sunkyoung Jung und ihr finden waren. Meist stand dort nur „ein bisschen“. Sie räumt Ehemann, ebenfalls ein gebürtiger Koreaner, in Deutsch- ein, dass auch sie in der Küche keine genauen Vorgaben land studierten, sind hier aufgewachsen und fühlen sich verwendet, sondern sich ganz auf ihren Geschmackssinn auch hier zu Hause. Mit acht Jahren wurde die Tochter, eine und ihr Gefühl verlässt. Trotzdem stimmt das Ergebnis am Geigerin, als jüngste Jungstudentin in die Universität der Ende immer. Um die einzelnen Rezepte aufschreiben zu Künste (UdK) in Berlin aufgenommen. Obwohl das Ehepaar können, musste sie deshalb Gerichte wie den Straßensnack ursprünglich plante, nach Abschluss des eigenen Studiums Tteokbokki (떡볶이, Reiskuchen in scharfer Sauce ) fünf wieder nach Korea zurückzukehren, blieb die Mutter der bis sechs Mal zubereiten – so lange, bis ihr Sohn sie bat: Ausbildung der Tochter zuliebe, denn „wir wollten diese „Mama, bitte nicht mehr!“. Und dabei ist Tteokbokki eigent- Chance nicht vergeben.“ Zwar versuchten sie einige Jahre, lich sein Lieblingsgericht. Während des Kochens fotogra- alle gemeinsam in Korea zu leben, aber nachdem der fierte sie einzelne Arbeitsschritte, um der Illustratorin des Tochter die Anpassung an das koreanische System nicht Kochbuchs die Aufnahmen zu schicken. leicht fiel, entschied die Mutter sich, mit den Kindern nach

74 Darüber hinaus sollten die Autorinnen auch über ihre per- einzelnen Städten anzuschauen, aber dann artete die Tour sönlichen Erfahrungen mit der koreanischen Küche in eine kulinarische Reise aus, auf der keine einzige lokale berichten. Sunkyoung Jung gibt zu, dass ihr die Nieder- Spezialität ausgelassen werden durfte. Die Familie, die Fisch schrift der Geschichten noch mehr Spaß gemacht habe als liebt, erinnert sich sehr gern an dieses Erlebnis zurück. die der Rezepte. Die Fertigstellung des Kochbuches dauerte nicht lange: Im Februar 2011 fingen die Autorinnen an, „Ich weiß nicht, was richtig ist: Isst man, um zu leben, oder und im Mai reichten sie ihre Texte ein. Als Frau Jung das lebt man, um zu essen?“ grübelt Sunkyoung Jung und Manuskript mehrmals Korrektur las, fand sie das Ergebnis lacht. sogar besser, als sie gedacht hätte. Und welches Rezept würde sie zum Nachkochen empfehlen? „Tteokguk (떡국) – das ist eine Reiskuchensuppe, die man an Neujahr isst. Die Zubereitung ist ganz einfach: Man kann im Laden geschnit- tene Reiskuchenscheiben kaufen, in eine Brühe geben und aufkochen.“

Für Sunkyoung Jung ist das Essen ein Stück Heimat und eine Leidenschaft, die sie mit der gesamten Familie teilt. Vor jeder Koreareise schreibt ihre Tochter eine Liste mit 50 bis 100 Gerichten, die sie während ihres Urlaubs gern probie- ren möchte. Im letzten Winter unternahm das Ehepaar mit den Kindern eine Fahrt entlang der koreanischen Küste. Ei- gentlich hatten sie vor, sich die Sehenswürdigkeiten in den

Sunkyoung Jung wurde 1963 in Korea geboren. Sie studierte Internationale Kommunikation an der Hankuk University of Foreign Studies in Seoul und siedelte 1992 zum Studium nach Deutschland über. 1999 machte sie ihren Abschluss in Gesell- schafts- und Wirtschaftskommunikation an der Universität der Künste. Nach der Promotion ihres Mannes kehrte Sunkyoung Jung mit ihrer Familie nach Korea zurück, wo sie an der Universität lehrte. 2007 ging sie wegen der Ausbildung ihrer Kinder abermals nach Berlin. Dort ist sie in erster Linie Mutter, die viel Zeit in der Küche verbringt, und in zweiter Linie freie Journalistin, die über deut-

Foto: Koreanisches Kulturzentrum Koreanisches Foto: sche Kulturereignisse nach Korea berichtet.

75 VERANSTALTUNGEN DES KOREANISCHEN KULTURZENTRUMS - RÜCKBLICK

„Moon Tides – Jeju Island Grannies of the Sea” Lesung und Fotoausstellung mit Begleitprogramm

Von Dr. Stefanie Grote

Die Autorin Brenda Paik Sunoo Foto: Jan Sunoo Foto:

Wer am 27. Oktober 2011 an der Lesung von Brenda Paik „Während meines ersten Besuches auf Jeju Island (in den Sunoo aus Ihrem Fotoband „Moon Tides – Jeju Island Achtzigerjahren, Anm. d. Red.) erfuhr ich nur am Rande Grannies of the Sea“ teilnahm, hatte zugleich die Gelegen- von diesen starken Frauen. Am meisten beeindruckte mich heit, die Tänzerin und Choreografin Peggy Choy sowie die damals ihre Einzigartigkeit. In den Vereinigten Staaten gibt Saxofonistin Meike Goosmann zu erleben, die mit ihren es generell nur wenig professionelle Taucherinnen. Die Darbietungen das Begleitprogramm gestalteten. Ein har- Ama-Taucherinnen in Japan tauchen ausschließlich nach monischer Wechsel zwischen Lesung, Tanzeinlage und mu- Perlen. Die Haenyeo hingegen ernten sowohl Seetang und sikalischem Interemezzo sorgte für einen abwechslungsrei- Krustentiere wie Abalone (Seeohren) als auch Muscheln, chen und kurzweiligen Abend, der mit einer Signierstunde Seeigel und Seeschnecken. Das Tauchen und die Landwirt- und der Betrachtung der ausgestellten Fotos endete. schaft waren schon immer ihre Existenzgrundlage. … . Viele dieser Frauen sind in der Lage, 20 Meter tief zu tauchen und Brenda Paik Sunoo, US-Amerikanerin koreanischer Ab- ihren Atem zwei Minuten oder länger anzuhalten. … Seit stammung, wurde in Los Angeles/Kalifornien, geboren und Jahrhunderten haben diese Taucherinnen den stürmischen ist dort auch aufgewachsen. Die Journalistin, Buchautorin Gezeiten der Geschichte und dem Kampf ums Überleben und Fotografin hat von 2007 – 2009 mit Unterbrechung getrotzt. Ihre enge Verbindung zum Land und zum Meer, insgesamt sieben Monate auf der südkoreanischen Insel ihr Glaube an den Schamanismus und ihr Leben in der Jeju verbracht, um das Leben der Taucherfrauen von Jeju, Dorfgemeinde haben ihnen ihr ganzes Leben Schutz ge- der Haenyeo, zu dokumentieren. währt. Dies bescherte vielen von Ihnen ein erfülltes und be- ständiges Leben bis in ihre 90er Jahre hinein“, schreibt die

76 Autorin in der Einleitung. In dieser Zeit entstand im Rah- auf Festivals. men ihres Besuches auf der Insel Jeju der Gedanke, diesen besonderen Frauen mehr Aufmerksamkeit zuteil werden zu „Meine persönliche Verbindung zu der Veranstaltung Moon lassen. „Ich erfuhr, dass in den 1970er Jahren an die 15.000 Tides besteht schlicht in der langjährigen Freundschaft zu Haenyeo als Taucherinnen arbeiteten. 2002 waren es jedoch Brenda Paik Sunoo. Ich habe in der Entstehungszeit des nur noch 5600, und über die Hälfte von ihnen waren über Buches sporadisch Neuigkeiten aus Jeju Island bekommen 60 Jahre alt. In zehn Jahren wird die Zahl der Taucherinnen und so das Buch „Moon Tides. Jeju Island Grannies of the wahrscheinlich auf die Hälfte dieser Zahl gesunken sein. … Sea“ langsam wachsen sehen. Als Brenda mich fragte, ob Ich verspürte ein starkes Bedürfnis, die Geschichten dieser ich musikalische Interludien zu der Lesung und Perfor- Frauen aufzuschreiben, bevor es sie nicht mehr gibt.“ 1 mance beisteuern wolle, entschied ich relativ schnell, dass ich diese improvisieren würde. „Moon Tides: Jeju Island Grannies of the Sea“ ist eine in sieben Kapitel unterteilte Hommage der Autorin an diese besonderen Frauen. Es handelt vom „Überleben“, den „Scha- manen“, dem „Leiden“, dem „Altern“, dem „Mitgefühl“, der „Familie“, der „Zukunft“. „Mein Ziel war es, durch Fotografien und Interviews die Frauen (im Alter von 39 bis 93) mit ihren eigenen Stimmen und in ihrem Arbeits-und Lebensumfeld zu zeigen...“.

Die Tänzerin und Choreografin Peggy Choy © Claudia Levetzow

Die Jazzmusikerin Meike Goosmann

Inspiriert vom Buch Brenda Paik Sunoos führte Peggy Choy © Claudia Levetzow (vollständiger Name: Peggy Myo-Young Choy) ihre beiden Solotänze „Haenyeo/Sea Woman“ und „The Endangered Sea“ über die Taucherinnen und das Meer auf. Ihre Kindheit Indem ich die Atmosphäre des Gelesenen aufnehme und in Hawaii und die Liebe für das Meer fließen in ihren einzig- sie dann in eine Improvisation fließen lasse, kann ich mu- artigen Tanzstil ein, der von koreanischen und javanischen sikalisch dicht an den gelesenen und getanzten Geschich- Tanzformen sowie von Kampfkünsten beeinflusst ist. Sie ten entlang spielen, sie sozusagen als meine Partituren ist bereits in Seoul und Jakarta, in Washington, D.C. und benutzen. Ich habe in der Vorbereitung auf die Lesung New York City aufgetreten. Frau Choy ist Lehrbeauftragte Moon Tides Musik der Haenyeos gehört - den rhythmischen für Tanz und Asia American Studies an der University of Gesang, der ihre Arbeit begleitet, und ich habe sie mit Wisconsin-Madison. meinem Saxophon nachgeahmt, zu ihrem musikalischen Frage-Antwort-Spiel improvisiert und bin auf diese Art in Meike Goosmann studierte Jazz- und Popmusik an der eine mir fremde Welt eingetaucht.“ Hochschule für Musik „Hanns-Eisler“ in Berlin. Sie bewegt sich von Berlin aus in der deutschen Musikszene. Hierbei wird sie inspiriert von der Zusammenarbeit mit Musiker/- 1Auszug aus der Einleitung ihres Buches „Moon Tides – Jeju Island innen, Schauspieler/-innen, Tänzer/-innen. Als Leaderin des Grannies of the Sea”, 2011, Seoul Selection. Übersetzungen der englischsprachigen Einleitung ins Deutsche durch international besetzten „Meike Goosmann Quintett“ spielt Friedhelm und Kirstin Börgen. sie ausschließlich Werke aus eigener Feder und konzertiert

77 VERANSTALTUNGEN DES KOREANISCHEN KULTURZENTRUMS - RÜCKBLICK

Südkoreanischer Pop in Berlin Zweites Konzert der JYJ Europa-Tour 2011

Von Theresa Maria Loske

Fans vor Beginn des JYJ-Konzerts vor dem Tempodrom Berlin Fotos: privat Fotos:

Am frühen Morgen des sechsten Novembers Wechsel, der ihren Fans in Europa nun zugute 2011 bot sich den Berliner Passanten an der kam. Veranstaltungshalle „Tempodrom“ ein unge- Während mir eine Freundin einen Platz in der wöhnlicher Anblick. Eine vortreffliche Menge Warteschlange freihielt, zog ich an diesem Wartender hatte sich bereits vor acht Uhr, Morgen herum, um das Publikum in Au- manche sogar am Morgen des vorherigen genschein zu nehmen. Es überraschte mich Tages, dort eingefunden, um nach Möglich- aufgrund des ersten Deutschlandkonzertes keit als erste ihre online gebuchten Tickets der Gruppe wenig, neben deutschen auch in Platzkarten umzutauschen. Der Grund: Fans aus Frankreich, Dänemark, der Schweiz Foto: Koreanisches Kulturzentrum Koreanisches Foto: Die südkoreanische Popgruppe JYJ war in und Österreich anzutreffen. Nicht erwartet Theresa Maria Loske ist die Hauptstadt gekommen, um das zweite hätte ich hingegen Besucher aus der Türkei Studentin der Koreastudien Konzert ihrer Europa-Tour abzuhalten. sowie aus China, Japan und – mit dem wahr- an der Freien Universität Berlin (FU) und steht Ihre Mitglieder - Junsu, Yoochun und Jae- scheinlich weitesten Anreiseweg – Australien. kurz vor ihrem Bachelor- joong - hatten bis 2009 der in Asien und Natürlich hatten sich auch einige koreanische Abschluss mit sieben subkulturell auch weltweit erfolgreichen Teilnehmer eingefunden. Fachsemestern. Im Sommer Fünf-Mitglieder-Gruppe DongBanShinKi Doch so verschieden die versammelten 2008 und von Septem- ber 2009 bis März 2010 (DBSK) angehört, welche sich nach Vertrags- Nationen auch waren, glichen sie sich in ihrer absolvierte sie im Rahmen schwierigkeiten von ihrem Management Begeisterung für das bevorstehende Ereignis. ihres Studiums zwei getrennt hatte. Nach anfänglichen, auf Japan Beinah fühlte ich mich auf ein Konzert im Se- Korea-Aufenthalte. In ihrer beschränkten Aktivitäten unter dem japani- ouler Olympic Park zurückversetzt, als ich die Freizeit beschäftigt sie sich mit koreanischer Pop- und schen Avex-Entertainment kamen sie 2010 selbstgemalten Banner mit den Namen und Fankultur. letzten Endes beim koreanischen Künstler- Bildern der Idole sowie auf Rucksäcke genäh- management C-JeS-Entertainment unter. Ein te Fotos und die zu erwerbenden, offiziellen

78 Fan-Artikel der Gruppe sah. Überall von plötzlichem Geschrei, wenn ein „Was geht?“ werden mittlerweile unter konnte ich „JYJ Saranghaeyo! Kamsa- Schatten über die Bühne huschte oder JYJ-Fans zum geflügelten Wort mutiert hamnida!“ [사랑해요! 감사합니다! das neueste Musikvideo eingeblendet sein. So oder so jedoch wurde jeder Wir lieben Euch! Danke!] lesen, durch- wurde. Dementsprechend aufge- Satz, den Jaejoong, Yoochun oder gehend in Hangeul [한글], dem kore- heizt folgte der Applaus, als endlich Junsu sprachen, mit Beifall geehrt, und anischen Alphabet, geschrieben. Aus die lang erwarteten Hauptpersonen bis zum unerwünschten Ende blieb Neugier über die große Anteilnahme mit leichter Verspätung die Bühne der Saal mit entfesseltem Übermut nicht nur am Konzert selbst, sondern betraten und sich sogleich einem rot erfüllt. Wie in Konzerten in Korea auch, auch über das für südkoreanische Fans glühenden Lichtermeer gegenüber sa- wurde bei jedem Lied mitgetanzt, mit- typische Verhalten befragte ich einige hen. Ob sie eine derartige Begrüßung gesungen, mitgehüpft, mitgeschrien der vorrangig weiblichen Besucher erwartete hatten, blieb unklar, dass sowie mit unzähligen Leuchtstäben im zu ihrer Begeisterung für koreanische sie sich freuten, war aber offensicht- Takt gewunken. Bei einer derartigen Popmusik. Obwohl das Durchschnitts- lich. Letztlich ist es, denke ich, auch Motivation dürfte es der Gruppe somit alter zwischen 18 und 22 Jahren lag, jenem feurigen Jubel zu verdanken, kaum aufgefallen sein, dass nur unge- beteuerten viele, sich bereits vor der dass über einige Schwächen des fähr 80 Prozent der Plätze besetzt wa- Entstehung JYJs für Musik aus Korea Programms hinweggesehen werden ren, eine Bilanz, die ich angesichts der interessiert zu haben. Begonnen bei konnte, darunter die nicht sonderlich spärlichen Werbung für dieses Ereignis der Gruppe DBSK (welche durch ihren spektakulären Choreografien und sehr bemerkenswert finde. Daher kontinuierlichen Aufenthalt in Japan die leichte Eintönigkeit des Ablaufs. ließen sich die Künstler trotz widriger die Aufmerksamkeit vieler Interessen- Beides ist aber sicherlich der fremden Umstände wie der zu kleinen Bühne, ten der japanischen Popkultur auf sich Umgebung und der knapp bemesse- dem teils schlechten Ton sowie dem gezogen hatte) weitete sich K-Pop nen Vorbereitungszeit zuzuschreiben. kalten deutschen Wetter nicht beirren. zu einem Hobby aus, das Einfluss auf Recht schleppend wirkten zudem die Sie boten ihrem Publikum bis zuletzt die Freizeitgestaltung der Fans nahm. beiden zehnminütigen Gesprächsein- eine gute Show, und spätestens, als Nicht zuletzt bekundete ein Großteil, lagen, in denen es der Gruppe möglich ein mir unbekanntes Mädchen einen bereits die koreanische Sprache im war, zum Publikum zu sprechen. Die Platz weiter während des Liedes „In Selbststudium zu lernen, um ihre Idole Sprachbarriere stellte ein scheinbar Heaven“ in Tränen ausbrach, wusste zu verstehen und wenigstens ein Mal schwer zu überwindendes Problem ich, dass JYJ ihre Mission erfüllt hatten: Südkorea besuchen zu wollen. Kurz dar. Oftmals schienen die drei über- ihre Fans glücklich zu machen. gesagt: Mit der Begeisterung für die haupt nichts und dann wieder viel zu Musik selbst übernimmt auch die viel zu sagen zu haben, sodass die in internationale Fangemeinde das Fan- mehr oder weniger gutem Englisch Verhalten südkoreanischer Jugend- übersetzten Antworten der anwesen- licher und versucht auf diese Weise, den Dolmetscher einige Male sehr Korea kulturell näherzukommen. allgemein ausfielen. Darüber hinaus So war es nicht verwunderlich, dass fungierten die beiden Dolmetscher als ich, als ich um 18.00 Uhr zum Tempo- Moderatoren-Team, welches der Grup- drom zurückkehrte, um den Einlass pe Fragen stellte, von denen niemand nicht zu verpassen, auf eine enthusi- wusste, woher sie gekommen waren. astische Masse traf, in welcher hie und Da diese allerdings dem üblichen da bereits ein paar rote Leuchtstäbe Standard entsprachen (z.B.: „Hat euch durch die Luft geschwungen wurden. deutsches Essen geschmeckt?“, „Wie Hier ist zu erwähnen, dass die Farbe findet ihr deutsche Frauen?“), konnten Rot ein Aushängeschild der Gruppen sie meine Aufmerksamkeit leider kaum JYJ und DBSK darstellt. erregen. Außerdem war eine vollkom- Dieser kompromisslosen Begeiste- men ehrliche Antwort in diesen Fällen rungsfähigkeit der Fans ist meiner Mei- kaum zu erwarten, denn wer würde nung nach auch der große Erfolg des sich in einem fremden Land negativ Konzerts zu verdanken. Schon eine darüber äußern? Dafür brachten die halbe Stunde vor Beginn feuerten sie drei die Menge aber mit ein paar in Chören ihre Idole an. Im Takt hallte gelernten deutschen Phrasen zum es minutenlang durch den Raum: „JYJ! Kochen, deren Aussprache sie nahezu JYJ!“. Nur gelegentlich unterbrochen perfekt beherrschten. „Alles klar?“ und

79 VERANSTALTUNGEN DES KOREANISCHEN KULTURZENTRUMS - VORSCHAU

KURSE Sprachkurse Koreanisch

Veranstaltungsort für alle Kurse: Grundstufe 1A (Absoluter Anfängerkurs) Grundstufe 1B (3. Quartal) Koreanisches Kulturzentrum Dozentin: Frau Paek-Un Chong Dozentin: Frau Hyunjung Kim Leipziger Platz 3 Dienstag, 17.30 – 20.00 Uhr Montag, 17.30 – 20.00 Uhr 10117 Berlin Zeit: 10.01. – 13.03.12 Zeit: 09.01. – 12.03.12 (ab 17.00 Uhr Eingang über Erna-Berger-Str. 1) Kursbuch: Sogang Korean New Series 1A Kursbuch: Sogang Korean New Series 1B Kontakt: Tel. 030/ 269 52-0 (Student’s Book + Workbook) (Student’s Book + Workbook)

Grundstufe 1A (2. Quartal) Grundstufe 2A (3. Quartal) Dozentin: Frau Hyunjung Kim Dozentin: Frau Hyunjung Kim Freitag, 17.30 – 20.00 Uhr Donnerstag, 17.30 – 20.00 Uhr Zeit: 13.01. – 16.03.12 Zeit: 12.01. – 15.03.12 Kursbuch: Sogang Korean New Series 1A Kursbuch: Sogang Korean New Series 2A Kalligrafie-Kurs (Student’s Book + Workbook) (Student’s Book + Workbook)

Dozent: Zen-Meister Byong Oh Sunnim Grundstufe 1A (3. Quartal) Mittelstufe 3A (3. Quartal) Ein Einstieg in den Kurs ist jederzeit möglich. Dozentin: Frau Paek-Un Chong Dozentin: : Frau Paek-Un Chong Mittwoch, 18.00-20.00 Uhr Montag, 17.30 – 20.00 Uhr Freitag, 17.30 – 20.00 Uhr Zeit: 09.01. – 12.03.12 Zeit: 13.01. – 16.03.12 Kursgebühr: 30,00 Euro pro Monat; bei Teilnehmern, Kursbuch: Sogang Korean New Series 1A Kursbuch: Sogang Korean New Series 3A die sich für eine dreimonatige Teilnahme am Kurs (Student’s Book + Workbook) (Student’s Book + Workbook) entscheiden, reduziert sich die Kursgebühr für drei Monate auf 80,00 Euro. Grundstufe 1B (1. Quartal) Gebühr für alle Sprachkurse: 40,00 Euro pro Dozentin: Frau Hyunjung Kim Quartal Dienstag, 17.30 – 20.00 Uhr Weitere Informationen zu den Kursen Musikkurse Zeit: 10.01. – 13.03.12 erfragen Sie bitte per E-Mail bei Frau Kim Kursbuch: Sogang Korean New Series 1B ([email protected]) bzw. bei Frau Chong Gayageum für Fortgeschrittene (Student’s Book + Workbook) ([email protected]). Dozentin: Frau Kim 1. Anmeldung direkt bei den Kursleiterinnen Montag, 16.30-18.00 Uhr per E-Mail vor Kursbeginn. Zeit: 16.01. – 26.03.12

Kursgebühr: 30,00 Euro pro Quartal Koreanisches Yoga* Derzeit ist ein Neueinstieg in den Kurs nicht mög- lich, da alle Plätze belegt sind. Beginn: 02.01.12

Kurs für Danso (kleine Bambusflöte) und Dae- Dozentin: Seohee Jang geum (große Bambusflöte) Wochentag Zeit Programm Sprache Dozent: Herr Hong Yoo Montag 19.00 – 20.00 Uhr Figur-Yoga Deutsch & Koreanisch Zeit: 31.01. – 03.04.12 Mittwoch 18.00 – 19.00 Uhr Balance-Yoga Deutsch & Koreanisch Dienstag, 19.00-20.30 Uhr 19.20 – 20.20 Uhr Figur-Yoga Deutsch & Koreanisch Samstag 11.00 – 12.00 Uhr Balance-Yoga Deutsch & Koreanisch Kursgebühr: 30,00 Euro pro Quartal 12.20 – 13.20 Uhr Figur-Yoga Deutsch & Koreanisch Ein Einstieg in den Kurs ist jederzeit möglich. Programm Die Instrumente können im Koreanischen Kultur- 1. Balance-Yoga: Ausbalancierung des Körpers/ Für jeden geeignet zentrum käuflich erworben werden. 2. Figur-Yoga: Figurformend/ Stärkung der Muskulatur Danso: 5,00 Euro (aus Kunststoff) Kursgebühr 1 Monat 3 Monate Daegeum: ca. 15,00 Euro 1x/ Woche 20,00 Euro 50,00 Euro 2x/ Woche 30,00 Euro 70,00 Euro 3x/ Woche 40,00 Euro 90,00 Euro

*Der Einstieg in alle Kurse ist jederzeit möglich.

80 AUSSTELLUNGEN

Koreanisches Kulturzentrum Leipziger Platz 3 10117 Berlin Fotos: Jae Yong Che (li.) und Gi Seob Kim (re.) Yong Jae Fotos: Gruppenausstellung Jae Yong Che und Gi Seob Kim Installation Vernissage: Donnerstag, 02.02.12 um 18.00 Uhr Ausstellung: 03.02. – 02.03.12 Fotos: Donghwan Kang Fotos: Einzelausstellung Donghwan Kang Bildhauerei Vernissage: Freitag, 16.03.12 um 18.00 Uhr Ausstellung: 17.03. – 21.04.12

Hinweis: Da die Termine für weitere Veranstaltungen bei Redaktionsschluss noch nicht feststanden, möchten wir Sie bitten, sich auf unserer Website unter www.kulturkorea.de über die aktuellen Veranstaltungen zu informieren.

81 BUNDESWEITE VERANSTALTUNGEN Januar - März 2012

04. JANUAR Jahnstr. 21, Berlin 88239 Wangen im Allgäu 24. JANUAR

MUSIK Oper Lucia di Lammermoor Berlin Mit Yosep Kang in der Rolle 18. UND 19. JANUAR Die Zauberflöte des Edgardo Chemnitz Mit Yosep Kang in der Rolle Zeit: 19.30 Uhr 5. Sinfoniekonzert des Tamino Ort: Deutsche Oper, Solistin: Hye Jin Kim, Klavier Zeit: 19.30 Uhr Bismarckstr. 35, 10627 Berlin Zeit: 19.00 Uhr Konzertein- Ort: Deutsche Oper, JANUAR Weiterer Termin: 05.05.12 führung, 20.00 Uhr Konzert- Bismarckstr. 35, 10627 Berlin beginn Weitere Termine: 28.01.12, 09. JANUAR Ort: Philharmonie Chemnitz, 24.03.12 Berlin Käthe-Kollwitz-Str. 7, „Der Gestiefelte Kater“ 09111 Chemnitz BIS 28. JANUAR Oper für Menschen ab sechs Eintritt: EUR 13,50 - 21,50 Berlin Jahren mit Kyungho Kim als

KUNST Hye-Ja: Wandering Parade Jean 19. JANUAR Zeit: bis 28.01.12, Zeit: 11.00 Uhr Berlin 12.00 – 18.00 Uhr (Di - Sa) Ort: Staatsoper Unter den Benefizkonzert für Berliner Ort: LEE Galerie Berlin, Linden im Schiller Theater, Obdachlose Brunnenstr. 172, 10119 Berlin Bismarckstraße 110, Koreanischer Konzertchor Kontakt: Tel. 030/ 417 179 73 10625 Berlin Berlin Weitere Termine: 10., 12., Programm: Koreanische Kunst- 14., 16., 18., 20., 22., 25., 28., und Volkslieder 27. JANUAR 29.01.12 Zeit: 20.00 Uhr München Ort: Philharmonie Berlin Korea – Land der Morgenstille 13. JANUAR (Kammermusiksaal), Herbert- Vortrag und Filmvorführung

Wangen im Allgäu von-Karajan-Str. 1, SONSTIGES mit Jung-Ja Holm Konzert des Remnant Piano 10785 Berlin Zeit: 20.00 Uhr Duo Karten: Tel. 030/ 43004661, Ort: Gasteig München, EG, Die Schwestern Hee Jin und 030/ 9201416 Raum 0117, Rosenheimer Hyun Joo June sind Preis- Eintritt frei, um Spenden wird Str. 5, 81667 München trägerinnen des ARD-Musik- gebeten Eintritt: EUR 6,00 wettbewerbes 2010 Kontakt: Tel. 089/ 48098-0 Zeit: 20.00 Uhr Ort: Stadthalle Wangen,

82 MUSIK MUSIK Brunnenstr. 8,33602Bielefeld freunde Bielefeld e.V., Theater-Ort: und Konzert- 20.00UhrZeit: Liszt SchumannBeethoven, und Mit denWerken von RueAh am Ahn Klavier jungeDas Konzertpodium Bielefeld 27. FEBRUAR Weitere Termine: 21.,24.02.12 Bismarckstr. 35,10627Berlin Deutsche Oper,Ort: 20.00UhrZeit: Ribbling Hyung-Wook Graf als Lee III., König von Schweden, und Mit Yonghoon Gustav als Lee EinMaskenballOper Berlin 18. FEBRUAR Zeit: 18.00UhrZeit: ise-Kirche Waidmannslust Chor derKönigin-LuBerlin, - nistin), Kaya-Tanzensemble pran), Hae-ok Noack (Pia- Park-MohrDucksoon - (So Büffet Tänze aus Korea, koreanisches Kunst- und Volkslieder sowie Nordkorea in derSonderzone Rajin, zugunsten desKrankenhauses Sechste Benefizveranstaltung Janchi) 대보름잔치 Koreanischer Kulturabend Berlin 10. MÄRZ

(Daeboreum

KUNST Ort: GRASSIOrt: Museum für 27.05.12 Die Ausstellung läuft bis zum (Di -So) 10.00-18.00UhrZeit: Museen“ Korea! Schätze aus deutschen Ausstellung „Entdeckung Leipzig 17. FEBRUAR Brunnenstr. 172,10119Berlin Berlin, LEEGalerie Ort: 10.02.–24.03.12 Dauer: Vernissage: 18.00–21.00Uhr Kim Yang-HeeSook, Shin Won-Sam, Park Hyang- Young, Ji Young, Jun Young-Ki, Kim Hyun-Kyung, Hyun- Lee Contemporary Art Gruppenausstellung Korean Berlin 10. FEBRUAR 42103 Wuppertal Wuppertal, Johannisberg 40, HistorischeOrt: Stadthalle 18.00UhrZeit: Orgel: Hyo-jong Kim strauß zumFrühlingsanfang Ein musikalischer Blumen- „Komm, holder Lenz“ Wuppertal 18. MÄRZ Organisatorin) Park-Mohr,(Ducksoon Kontakt: Tel. 030/4044948 13469 Berlin Alt-Lübbars Labsaal, Ort: 8,

KUNST SONSTIGES Eintritt frei 10961 Berlin BlücherplatzBerlin, 1, und LandesbibliothekZentral- liothek „Hallescher Komet“, Kinder-Ort: und Jugendbib- 15.00UhrZeit: vonGelesen Sabine Kolbe Korea aus Schnellhändchen –Märchen Berlin 14.FEBRUAR 04103 Leipzig Johannisplatz 5-11, Völkerkunde, stetten - Messeallee 1,76287Rhein MessegeländeOrt: Karlsruhe, 08.-11.03.2012 Zeit: (Seoul) CompanyArt MISOOLDAE AKA Space(Seoul), (Seoul), Künstlern: u.a. A&BGallery Mit diversen koreanischen wartskunst sische Moderne und Gegen- Internationale Messe- Klas für ART KARLSRUHE Karlsruhe AB 8.MÄRZ

MÄRZ FEBRUAR 83 IMPRESSUM

HERAUSGEBER Koreanisches Kulturzentrum Kulturabteilung der Botschaft der Republik Korea Leipziger Platz 3 10117 Berlin Neues www.kulturkorea.de aus dem Koreanischen Kulturzentrum REDAKTION Gesine Stoyke Veranstaltungen: Umstellung von Post- auf E-Mail-Versand Dr. Stefanie Grote Das Koreanische Kulturzentrum wird die Einladungen für sämtliche Veranstaltungen aus Umweltschutzgründen künftig nicht mehr per GESTALTUNG Post, sondern per E-Mail versenden. Wenn Sie weiterhin regelmäßig Setbyol Oh über Ausstellungen, Konzerte, Lesungen und andere Veranstaltungen Soobin Ahn des Koreanischen Kulturzentrums informiert werden möchten, bitten wir Sie, sich bis zum 31.03.2012 unter http://registrierung.kulturkorea.de MITARBEIT zu registrieren. Smartphone-Besitzer können nachstehenden QR-Code Jongmin Lee einscannen, um direkt zum Anmeldeformular zu gelangen. Informationen auf dem Postweg schicken wir nur noch in KONTAKT Ausnahmefällen zu. Tel. (030) 269 52-0 Fax: (030) 269 52-134 Vielen Dank für Ihre Unterstützung! E-Mail: [email protected]

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VERTRIEB Koreanisches Kulturzentrum Kulturabteilung der Botschaft der Republik Korea

Kultur Korea erscheint vierteljährlich als Print-, Digital- (PDF-Datei) und Online-Ausgabe unter http://magazin.kulturkorea.de Bezug gratis über den Herausgeber.

Sämtliche, von Redaktionsseite erfolgten Übersetzungen sind durch eckige Klammern kenntlich gemacht.

Haftungshinweis: Die Redaktion übernimmt keine Haftung für die Inhalte und Angaben der veröffentlichten Autorenbeiträge. Die Geltendmachung von Ansprüchen jeglicher Art ist ausgeschlossen.

Kontaktieren Sie uns bitte unter [email protected], falls Sie unser Kulturmagazin nicht mehr erhalten möchten.

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REDAKTION Gesine Stoyke Dr. Stefanie Grote

GESTALTUNG Setbyol Oh Soobin Ahn

MITARBEIT Jongmin Lee

KONTAKT Tel. (030) 269 52-0 Fax: (030) 269 52-134 E-Mail: [email protected]

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