Kultur Korea 한국문화 Ausgabe 1/2012

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Kultur Korea 한국문화 Ausgabe 1/2012 Kultur Korea Korea Kultur 한국문화 Ausgabe 1/2012 Ausgabe 한국 문화 Kultur Ausgabe 1/2012 SPEZIAL: INTERKULTURELLER AUSTAUSCH Austausch unter Nachbarn. Berührungspunkte zwischen Süd- und Nordkorea Berlin auf der Insel Anjwa. Als Artist in Residence am Gelben Meer „Korea scheint näher an Deutschland zu liegen als Deutschland an Korea“ Titelbild: © Choe Dong-Ha Erstsemester (WS 2011/2012) der Koreastudien an der Freien Universität Berlin (FU) beim Fotoshooting im Hanbok (traditionelle koreanische Kleidung) Choe Dong-Ha ist Koreaner der zweiten Generation in Deutsch- land. Er lebt seit 14 Jahren in Berlin und arbeitet als freischaffender Fotograf. Weitere Informationen unter: www.dongha-choe.de Choe Dong-Ha © EDITORIAL ls sich der Zivildienstleistende Mark Koslik ge- danklich mit einem Auslandsaufenthalt als Au-pair Abeschäftigte, hat er sich mit Kindern singen, aber keineswegs im Stall eines südkoreanischen Ökodorfes Hühner füttern sehen. Dass eine freundschaftliche Umarmung zum Abschied eher ein deutscher denn ein koreanischer Habitus ist, weiß die Studentin Sanja Ströh, seitdem sie ihren männlichen Kommilitonen aus Korea auf diese Weise die Schamesröte ins Gesicht trieb. Wer in Seoul einmal 645 Euro für einen großen Cappuccino und einen Bagel bezahlen sollte, weiß, wie hilfreich Fremd- sprachenkompetenz ist, wenn sich der Preis im Ergebnis einer unzweideutigen Verständigung etwa auf ein Hun- dertstel verringert. „Austausch bedeutet, die Weltsicht zu erweitern“, sagt die Künstlerin Prof. Ryu Min Ja im Interview und dürfte damit bei all jenen auf breite Zustimmung treffen, die eine Annäherung mit dem Unbekannten wagen, sich hinausbe- geben in die Welt, sich überraschen lassen. Wir haben mit denen gesprochen, die es wissen müssen – dem Leiter des Goethe-Instituts in Seoul, einem ehemals in Korea tätigen deutschen Botschafter, einer koreanischen Krankenschwes- ter in Deutschland, Austauschschülern und -schülerinnen, -studenten/-studentinnen, -künstlern/ und -künstlerinnen. Wir wollen zeigen, wie vielseitig Austausch sein kann und auf welchen lebenspraktischen und virtuellen Ebenen er stattfindet – auf Inseln, Schulbänken, Festivals, in Industrie- komplexen oder im Internet. Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen und ein GLÜCKLICHES JAHR 2012! Die Mitarbeiter des Koreanischen Kulturzentrums © Soo Eun Lee 1 INHALT 1 EDITORIAL „Introducing Korea to the World, Making Friends of Korea” von Su-Youn Sin 2 INHALT 27 „Im Einzugsgebiet von Hamburg leben HISTORISCHES ca. 2500 Menschen koreanischer Abstammung.“ 4 Korea und Deutschland um 1900 Interview mit zwei Vertretern der Deutsch-Koreanischen Gegenseitige Wahrnehmung und Bewertung in zeitge- Gesellschaft Hamburg e.V. (DKGH) von Gesine Stoyke nössischen Reiseberichten von Florian David Neuß 29 „Integrierte Koreastudien BA Plus“ 8 eine koreanische Krankenschwester in Neuer Studiengang am Institut für Koreastudien an der Deutschland Freien Universität Berlin von Dr. Stefanie Grote Sie kam als „Fremde“ und wurde zu einer kulturellen Botschafterin ihres Heimatlandes von Gesine Stoyke KALEIDOSKOP JUGEND 30 Austausch unter Nachbarn Berührungspunkte zwischen Süd- und Nordkorea 13 Vorfreude auf ein Austauschjahr in von Malte E. Kollenberg Südkorea von Leslie Olesch 33 „DIE KULTUR RÜCKT DURCH EINEN TAN- 14 Das deutsche Youth For Understanding DEMPARTNER VIEL NÄHER ALS DURCH EINE Komitee e.V. VORLESUNG.“ Eine Koreanistik-Studentin berichtet über ihre Lern- 15 „Das Leben der koreanischen Jugend- erfahrungen mit Muttersprachlern von Dr. Stefanie Grote lichen spielt sich in der Schule ab.“ Erfahrungsbericht einer Austauschschülerin in Südkorea 35 안녕하세요[ANNYEONG HASEYO], IHR von Julia Söhnholz HÜHNER! Als Volontär im Ökodorf von Malte E. Kollenberg 17 „Wir möchten bereits Jugendliche an das spannende Land Korea heranführen.“ 38 „ICH STELLE (…) FEST, DASS KOREA IMMER Interview mit Gesche Jin-Ah Saupe, Leiterin des Jugend- MEHR MENSCHEN FASZINIERT.“ austauschprojektes „Building Bridges – Brücken bauen“ Interview mit dem Gründer der Internetplattform von Gesine Stoyke „Meet-Korea“ von Gesine Stoyke INSTITUTIONEN 41 SPRACHLOS IN KOREA von Thomas Hahn 20 Das Goethe-Institut in Seoul 43 HANBOK Interview mit dem Leiter Dr. Stefan Dreyer Ein Stück koreanische Kultur von Fiona Finke von Dr. Stefanie Grote KUNST UND KULTUR 23 Akademischer Austausch wirkt lange von Anne Schneppen 44 BERLIN AUF DER INSEL ANJWA Als Artist in Residence am Gelben Meer 25 Korea Foundation von Bodo Hartwig 2 48 changeexchange [만남, Mannam] KOREA IM ALLTAG Deutsch-koreanisches Künstlertreffen Interview mit SOOKI Koeppel und Frau Prof. Ryu Min 67 Koreanischer Sprachführer Ja von Dr. Stefanie Grote 68 KOREANISCH AM LSI 51 „Austausch bedeutet, die Weltsicht Was wird da gelernt? von Dorothea Hoppmann zu erweitern.“ Interview mit Frau Prof. Ryu Min Ja 70 Buchtipps von Dr. Stefanie Grote „Sprachkurs Plus Koreanisch“ „Das Korea-Kochbuch“ 52 ERFAHRUNG ALS AUSTAUSCHSTIPENDIATIN IN DEN GOYANG ART STUDIOS UND ALS SCHÜ- 71 Der Geschmack Koreas - detailgetreu LERIN AM BUKCHON CULTURAL CENTER nachgezeichnet von Nadine Rennert Interview mit der Illustratorin und Pop-Up Designerin Tina Kraus von Gesine Stoyke 56 „Busan hat sich (…) als Pilgerstätte eines kinobegeisterten Publikums etab- 74 Mutter aus Leidenschaft mit Talent liert.“ fürs Kochen Interview mit Kim Ji-Seok, Gründungsmitglied des Sunkyoung Jung, eine der Autorinnen des Busan International Film Festival von Ansgar Vogt „Korea-Kochbuchs“, im Porträt von Gesine Stoyke LITERATUR VERANSTALTUNGEN 59 Essay-Wettbewerb 2011 in Deutsch- KOREANISCHES KULTURZENTRUM - RÜCKBLICK land „Meine Eindrücke beim Lesen koreanischer Literatur“ 76 „Moon Tides - Jeju Island Grannies of von Dr. Moon-Ey Song the Sea” Lesung und Fotoausstellung mit Begleitprogramm 60 Prämierter beitrag des Essay-Wett- von Dr. Stefanie Grote bewerbs „Die Universalität menschlicher Grausamkeit“ 78 Südkoreanischer Pop in Berlin von Janis Walter Zweites Konzert der JYJ Europa-Tour 2011 von Theresa Maria Loske 62/63 KOREANISCHE LITERATUR DES 20. JAHR- HUNDERTS - Rezension von Dr. Stefanie Grote KOREANISCHES KULTURZENTRUM - VORSCHAU PORTRÄT 80 KURSE 64 „Korea scheint näher an Deutschland 81 AUSSTELLUNGEN zu liegen als Deutschland an Korea.“ Interview mit Michael Geier, Botschafter a.D. 82 BUNDESWEITE VERANSTALTUNGEN von Dr. Stefanie Grote JANUAR - MÄRZ 2012 84 IMPRESSUM 3 HISTORISCHES Korea und Deutschland um 1900 Gegenseitige Wahrnehmung und Bewertung in zeitgenössischen Reiseberichten Von Florian David Neuß Als der Journalist Siegfried Genthe (1870 - 1904) in Korea waren „Zivilisation“ (문명, Munmyeong) im Auftrag der Kölnischen Zeitung von der Küste und „Aufklärung“ (개화, Gaehwa). des Gelben Meeres nach Korea kam und in den Als Mitglied der sogenannten ,,Gaehwa-dang“ ersten Junitagen 1901 Incheon erreichte, hatten (개화당, Aufklärungspartei) gehörte Yu Kil-chun bereits einige Reiseschriftsteller vor ihm über zu denjenigen, die sich für weitreichende Refor- Korea geschrieben. Viele waren es zwar nicht, men einsetzten. Sie forderten Koreas Öffnung für aber ihre Berichte reichten aus, der deutschen Außenhandel, westliche Technologie und Wissen- Leserschaft einen zweifelhaften Eindruck vom schaft. Während das allgemeine Bild westlicher „geheimnisvollen, unbekannten“ Korea zu ver- Ausländer traditionell von Geringschätzung mitteln. geprägt war, versuchte Yu Kil-chun, dieses zu Foto: Soobin Ahn Foto: revidieren, indem er in der Einleitung des ,,Seoyu Florian Neuß, aufge- Reiseberichte waren in Deutschland überaus Gyeonmun“ schrieb: wachsen in Hamburg, erfolgreich. Seit Anfang des 19. Jahrhunderts interessierte sich stieg das Interesse an Bildungsreisen beim Adel schon früh für ostasi- „Wenn man über diese Dinge nach- und gehobenen Bürgertum nach immer weiter atische Kampfkunst denkt, ist es offensichtlich, dass es un- entfernten Zielen. Eine regelrechte „Fern-Sehn- und Philosophie. Er ter den westlichen Menschen mit den studierte am Asien- sucht“ nach orientalischen und fernöstlichen Afrika-Institut der Ländern und Kulturen erfasste dann im Laufe des roten Haaren und den blauen Augen Universität Hamburg Jahrhunderts alle gesellschaftlichen Schichten. welche gibt, die herausragende Fähig- Koreanistik, Religi- Genthe bereitete sich anhand der Reisebeschrei- onswissenschaften keiten und Wissen besitzen, sodass, und Sport. Ausgelöst bungen seiner Vorgänger intensiv auf seinen entgegen meiner früheren Ansicht, durch seine Erfahrun- Besuch vor und erwartete dementsprechend das gen bei verschieden Schlimmste. nicht alle als Barbaren zu bezeichnen Austauschprojekten sind.“ zwischen Südkorea Der Koreaner Yu Kil-chun (1856 - 1914), Verfasser und Deutschland, In erster Linie kamen westliche Kultur und Wis- setzte er seinen For- des in mehrfacher Hinsicht außergewöhnlichen schungsschwerpunkt Buches ,,Seoyu Gyeonmun“ (서유견문, 西遊見 senschaft aber indirekt, durch die Vermittlerrolle auf die historische 聞), ,,Beobachtungen einer Reise in den Westen“, Japans, nach Korea. So waren westliche und Beziehung beider war im Vergleich zu Genthe in einer gänzlich japanische Einflussnahme auf Korea miteinander Länder. Diesbezüglich anderen Ausgangsposition. Das Bedürfnis seiner gekoppelt. befasste er sich vor Japan war für viele Reformwillige das „glänzende“ allem mit Reisebe- Landsleute nach Informationen über Europa und richten, da diese einen Amerika entsprang einer Notwendigkeit, denn Vorbild, dem es nachzueifern galt, und so wurden spannenden Eindruck Korea befand sich in einem radikalen Wandlungs- viele Veränderungen auch nach diesem Modell von der gegenseiti- prozess.
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    27 Feature II Franz Eckert und „seine“ Nationalhymnen. Eine Einführung1 von Prof. Dr. Hermann Gottschewski und Prof. Dr. Kyungboon Lee Der preußische Militärmusiker Franz Eckert2, geboren 1852, wurde 1879 als Musiklehrer nach Japan berufen, wo er kurz vor seinem 27. Geburtstag eintraf. Er war dort bis 1899 in ver- schiedenen Positionen tätig, insbesondere als musikalischer Mentor der Marinekapelle. Für mehrere Jahre unterrichtete er auch an der To- yama Armeeschule, außerdem an der Musik- akademie Tokyo und nicht zuletzt an der Musi- kabteilung des Kaiserhofes. In die Zeit seines Wirkens in Japan fällt der Japanisch-Chinesi- sche Krieg, in dem die Militärmusik einen sehr großen Einfluss auf den öffentlichen Musikge- schmack gewann. Von der musikhistorischen Forschung wird dieser Einfluss als einer der wesentlichen Faktoren für die Durchsetzung der westlichen Musik in der modernen japani- schen Musikkultur gesehen. Abb. 1: Aus dem Nachruf Eckert von 1926, in: Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft 1899 kehrte Eckert zunächst nach Deutschland für Natur- und Völkerkunde Ostasiens, zurück, aber nach einer kurzen Interimszeit in Band XXI. Dieser Nachruf fehlt in dem Berlin erhielt er einen Ruf an den koreanischen Nachdruck der Mitteilungen von 1965. 1 Dieses Feature geht auf 2 Vorträge zurück, die von den Autoren am 18.9.2013 in der OAG gehalten wurden. 2 Die bisher eingehendste Forschung zu Eckerts Biographie ist von Nakamura Rihei: Yōgaku Dōnyūsha no Kiseki ‒ Nihon Kindai Yōgaku-shi Josetsu (Die Spuren der Einführer westlicher Musik ‒ Eine Einführung in die Geschichte westlicher Musik in der japanischen Moderne), Tōsui Shobō 1993, S. 235- 363. Die grundlegendste Forschung zu Eckerts koreanischen Jahren ist von Namgung Yoyŏl: Gaehwagi ŭi Hanguk-ŭmak ‒ Franz Eckert rŭl jungsim-ŭro (Die koreanische Musik der Aufklärungszeit, insbesondere über Franz Eckert), Seoul: Segwang Ŭmak Chulpanja, 1987.
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