Maria. Mit Auf Dem Weg Der Kirche
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Nr. 34 Sonntag, 28. August 2011 Preis: € 0,65 (Abonnement), € 1,- (Einzelverkauf) www.kirchenblatt.at 2 Elmar Stüttler. Ein verdienter Diakon wird geehrt. 6 Iris Alge. „Ihr“ Spielzeugmu- seum ist einen Besuch wert. 9 Bischof Elmar Fischer. Freude über den Welt- jugendtag. SIMON FELIZETER Die alljährliche Schiffsprozession an Maria Himmelfahrt ist mehr als ein Maria. Mit auf dem stimmungsvoller, nächtlicher Bootsausflug. Im eucharistischen Segen und im Rosenkranz- gebet wird eine Haltung der Sorge um das christliche Erbe der Väter und Mütter deut- Weg der Kirche lich. Im Magnifikat, dem Lobgesang Mariens, heißt es „er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen.“ Das ist die Be- schreibung einer Revolution der Liebe. Dass An Maria Himmelfahrt 2011 fand die 30. Fatima Schiffsprozession statt. dieser Umsturz zuerst in den Herzen der Men- schen geschehen muss, ist jedem Glaubenden klar. Das Gebet darum ist immer begleitet von seinem Segen. S. 4 WOLFGANG ÖLZ 2 Thema 28. August 2011 Vorarlberger KirchenBlatt AUF EIN WORT „Für mich ist das Das Antlitz Christi ie christlichen Ikonen Dschauen den betenden Menschen in milder Strenge Nächstenliebe” an. Der Blick Christi geht durch Mark und Bein, und der Mensch erkennt in einem stil- „Schlimmer als der körperliche Hunger, ist der Hunger der Seele“, sagt Elmar len Moment sich selber, sein eigenes Wohl und Weh. Dem- Stüttler. Er ist Diakon und mit seinem „Tischlein deck dich“ lässt er gegenüber steht die Bilderflut der Gegenwart, die aus den die Nächstenliebe nicht nur ein schönes Wort sein, sondern lebt sie. neuen Medien von TV bis In- ternet über das Bewusstsein der Menschheit fließt. VERONIKA FEHLE ie Regensburger Kunstzei- Dtung bringt im Juli auf ihrer KirchenBlatt: Herr Stüttler, beginnen wir Stüttler: Angefangen hat für mich alles mit ei- ersten Seite einen kulturkriti- gleich mit einer Gratulation. Am 1. Septem- nem Inserat im KirchenBlatt. Es wurden Men- schen Kommentar des Profes- ber 2011 erhalten Sie für Ihr Engagement schen gesucht, die sich für eine Ausbildung sors für Fototheorie an der den Dr. Toni Russ-Preis. zum Diakon interessierten. Das traf auf mich Kunsthochschule Kassel, Klaus Elmar Stüttler: Den Toni Russ-Preis bekom- zu. Seit elf Jahren bin ich nun Diakon. Die Fei- Honnef. Der altehrwürdige Mit- men wir alle, die wir uns für „Tischlein deck er der Gottesdienste, die Verkündigung und organisator der Documenta 5 dich“ engagieren. Das bin nicht ich allein. Ich die Hilfe für Menschen, die am Rande unserer und 6 (1972 und 1977), der bin nur ein Rädchen von vielen. Gesellschaft stehen, sind drei Säulen, die die- Weltkunstausstellung in Kassel, ses Amt ausmachen. Für mich sollten es die ist aus katholischer Sicht völlig „Tischlein deck dich“, jeder hat die kleinen Hilfesuchenden, die Armen sein. Welchen unverdächtig. In der Kunstzei- Lebensmitteltransporter schon einmal gese- Weg ich dabei wählen sollte, das stand für tung gehört es eher zum guten hen. Wenn Sie sich als ein Rädchen unter mich nicht von Anfang an fest. Also habe ich Ton, die Kirche(n) mit Seitenhie- vielen verstehen, wer sind die anderen? gebetet, vier Jahre lang. Ich habe Gott darum ben zu bedenken. Umso bemer- Stüttler: Heute arbeiten in ganz Vorarlberg gebeten, mir jenen Weg zu zeigen, der für kenswerter, wenn die Stoßrich- rund 250 Menschen an und für „Tischlein mich der richtige ist, den Weg, den ich gehen tung plötzlich die gleiche ist. deck dich“, darunter auch drei Zivildiener der darf. Und dann kam der 4. Oktober 2004. Diözese Feldkirch und einige Langzeitarbeits- ie einzige Alternative zum lose. Und dann ist da auch meine Frau. Ohne Und was brachte dieser 4. Oktober 2004? Doptischen Fließband sieht sie ginge gar nichts. Stüttler: Eine Radiosendung über die „Münch- Honnef nämlich darin, sich in ner Tafel“, die Lebensmittel an hilfsbedürftige eine Höhle zu verkriechen. Soziales Engagement ist eine schöne Sache. Menschen ausgibt. Am 11. Oktober 2004 sind „Substanzielle Bilder“ dagegen Dennoch, vom „man sollte doch“ zum meine Frau und ich nach München gefahren (wie die Christusikonen welche „das mache ich jetzt“ ist es noch ein weiter und haben uns die Arbeit der „Münchner Ta- sind) „blicken aus der Tiefe zu- Sprung. fel“ direkt vor Ort angesehen. Wir waren be- rück und berühren das größte geistert. Also habe ich begonnen, mit Lebens- Tabu der modernen Wohl- mittelhändlern in Vorarlberg zu verhandeln, standsgesellschaft: den siche- habe Behördengänge erledigt und mit 25 Hel- ren Tod“. Da gibt es nach Hon- fern die erste Lebensmittelausgabe im Feldkir- nef nur eine Möglichkeit: Die cher Kapuzinerkloster vorbereitet. Trotzdem Löschtaste. Der Glaube kennt aber habe ich immer noch auf ein Zeichen ge- noch eine andere: Sich der wartet, dass das wirklich mein Weg sein soll. Barmherzigkeit Gottes ausset- zen und Heilung annehmen. Dieses Zeichen, die Bestätigung, kam dann aber noch? Stüttler: Ja. Ich hatte zu Hause unsere Garage schon komplett ausgeräumt, Tiefkühlgeräte und Kühlschränke gekauft und den ganzen Raum mit Lebensmitteln für „Tischlein deck dich“ vollgeräumt. Um die Ware ausliefern zu können, brauchten wir ein Kühlauto. Das war finanziell nicht drin. Und dann rief ein Händ- ler aus Lustenau an, der uns genau jenes Kühl- WOLFGANG ÖLZ Wir leben im Überfluss der Wegwerfgesellschaft. Am auto, das wir so dringend brauchten, finan- [email protected] Rand dieses Lebensmittelluxus aber stehen jene, für die „Tisch- ziell leistbar angeboten hat. Das war mein lein deck dich“ die letzte Rettung darstellt. FLICKR/PETER PIKOUS Zeichen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Vorarlberger KirchenBlatt 28. August 2011 Thema 3 HINTERGRUND „Tischlein deck dich“ Begonnen hat alles mit einer Radiosendung, über die der Vor- arlberger Diakon Elmar Stüttler mehr oder minder zufällig gestolpert ist. Es war eine Sen- dung über die „Münchner Tafel“, einer Organisation, die Lebensmittel an hilfsbedürftige Menschen inmitten unserer Ge- sellschaft ausgibt. Nach einem Lokalaugenschein in München war für das Ehepaar Stüttler klar, dass hier auch in Vorarlberg Handlungsbedarf be- steht. Engagement von Anfang an Auf die ersten Inserate zur Grün- dung des „Tischlein deck dich“- „Herr, hilf mir, weil ich es nicht mehr schaffe“, betete Elmar Stüttler Vereins meldeten sich sofort 25 und aus diesem Gebet entstand die Kraft, die heute im Verein „Tischlein freiwillige Helfer bei Elmar Stütt- deck dich“ spürbar wird. RINNER ler. „Ich muss wirklich sagen, dass uns die Lebensmittelhänd- ler hier im Land von Anfang an Diesen Weg gehen Sie bis heute. unserer Arbeit aus. Nächstenliebe. „Tischlein unterstützt haben. Vielleicht Stüttler: Bei der ersten Warenausgabe in Feld- deck dich“ will nichts anderes sein als Näch- waren sie zu Beginn noch etwas kirch kamen rund 13 Menschen, zwei Tage spä- stenliebe. Wir sollten uns als Christen öfter auf skeptisch. Mitgemacht haben ter – in Dornbirn – waren es schon das Evangelium als Basis unseres Handelns be- Sie aber trotzdem“, erinnert sich rund 20. Bis heute steigt die Zahl der Men- rufen. Frère Roger Schütz hat einmal gesagt, Elmar Stüttler. schen, die wir unterstützen. Vor allem die Wirt- dass man das leben soll, was man vom Evange- Die erste Lebensmittelausgabe schaftskrise haben wir deutlich spüren können. lium verstanden hat. Und sei es noch so wenig. fand am 17. April 2005 im Kapu- Für mich ist das die Nächstenliebe. zinerkloster in Feldkirch statt. Es geht uns ja allen prinzipiell gut. Parallel zu Die zweite Station war am 19. unserer heilen Welt existiert da aber eine Ihr Tun basiert also auf dem Glauben? April 2005 Dornbirn. zweite, in der die Menschen tagtäglich ums Stüttler: Der Glaube ist mein Motor. Um halb Heute ist der Verein „Tischlein Überleben kämpfen. An diesem Punkt kommt sechs stehe ich auf und bete – jeden Tag. Es sind deck dich“ mit Bludenz. „Tischlein deck dich“ ins Spiel. Anders diese Gebete, die mir Kraft für den Tag geben. Feldkirch, Götzis, Dornbirn und gefragt. Ist es nicht schrecklich, dass unsere Es gab eine Zeit, da hatte ich alles. Eine liebe Bregenz an fünf Orten Gesellschaft Organisationen wie „Tischlein Frau, eine Werkstätte, einen Betrieb, ein Auto - Vorarlbergs mit rund 250 deck dich“ notwendig werden lässt? und ich saß am Boden und habe einfach nur Helfern und sieben Stüttler: Es ist furchtbar, das stimmt. Die Armut geweint. Ich war nicht glücklich. Ich habe also Lieferfahrzeugen regelmäßig ver- existiert auch bei uns, die wir in einer doch rei- gebetet: „Herr, hilf mir, weil ich es nicht mehr treten. Über 10 Tonnen an chen Gesellschaft, einer Wegwerfgesellschaft, schaffe.“Da habe ich gespürt, wie die Freude zu- Lebensmitteln werden so pro leben. Und die Armut steigt. Bei „Tischlein rückkommt. Woche an Bedürftige weitergege- deck dich“ geben wir Lebensmittel aus, die ben. nicht mehr in den Handel kommen können. Auf das Gebet folgt der harte Arbeitsalltag, Teilweise aufgrund eines zu kurzen Ablaufda- denn „Tischlein deck dich“ ist oft genug ein Kontrollierte Abgabe tums, teilweise weil zu viel produziert wurde wahrer Knochenjob - physisch wie psychisch. Wer zu den „Tischlein deck oder auch deshalb, weil die Verpackung be- Stüttler: Heute hat unser Tag oft 17 Stunden dich“- Warenausgaben kommen schädigt worden ist. In einer Packung von und trotzdem sind meine Frau und ich einfach kann, wird übrigens streng kon- sechs Tomaten reicht schon eine, die etwas glücklich. Wir spüren eine innere Zufrieden- trolliert - mittels Berechtigungs- fleckig ist, und alle landen auf dem Müll. Das heit. Ich denke oft, dass gerade in unserer Ge-