Lachend. Carl Lampert In
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Doppelnummer Nr. 32/33 Sonntag, 14. / 21. August 2011 Preis: € 0,65 (Abonnement), € 1,- (Einzelverkauf) www.kirchenblatt.at 2 Tanztheater. Mit Brigitte Walk im Märchenwald. 6 Ai Weiwei. Das Kunsthaus Bre- genz zeigt Profil. 8 Rumänienreise. Die KirchenBlatt- Reise war ein Erlebnis. ARCHIV DER DIÖZESE FELDKIRCH Ein Märtyrer, der sich am Leben freut, lässt das Opfer dieses seines Lebens Lachend. Carl noch gewichtiger erscheinen. Unmittelbar vor seiner Hinrichtung am 13. November 1944, sagte Carl Lampert: „Gerne würde ich das En- de dieser Schreckensherrschaft erleben, aber Lampert in Rom wenn es sein muss, sterbe ich auch gern, denn ich weiß, dass mein Erlöser lebt“. 67 Jahre nach seiner Hinrichtung wird das Glaubenszeugnis Carl Lamperts mit Fixiert: Carl Lampert wird am 13. November in Dornbirn St. Martin seliggesprochen. dessen Seligsprechung gewürdigt. Es ist die erste Seligsprechung in der Geschichte der Diözese. S. 5 WOLFGANG ÖLZ Doppelnummer 2 Thema 14./21. August 2011 Vorarlberger KirchenBlatt AUF EIN WORT Das Walk-Tanztheater holt den Märchenwald nach Feldkirch. Die Schönheit Bei Grimms hängt m August macht auch das IKirchenjahr Pause. Moment! Ausgenommen davon ist das Fest „Mariä Aufnahme in den der Haussegen schief Himmel“, hierzulande feierlich umrahmt von einer frommen Bodenseeflotte, die zu Ehren der Gottesmutter in See sticht. Es war einmal. Alle guten Geschichten be- Variationen bis in die Literatur der Gegen- Der Schreiber dieser Zeilen ginnen mit diesem Satz. Gut in dem Sinn, wart. nutzte die Pause und befand als man sich bei Märchen doch berechtigte Die Figuren, die das Märchenland regieren, sich am Traunsee im schönen Hoffnungen auf ein Happy End machen machen dasselbe und überspringen dabei Salzkammergut und las in den darf. Und wenn im Märchenwald dann doch auch schon einmal die Grenzen der Fiktion. „Salzburger Nachrichten“. einmal der Haussegen schief hängt, dann Gut, der Prinz gehört zum Standardinventar. stecken garantiert das Walk-Tanztheater, Meist mit weißem Ross. Immer klug, jung, n einem Beitrag über die eu- Elfriede Jelinek und die „Prinzessinnen- schön. Ein Held. Und auf den warten die Prin- Iropäische Aufklärung wurde dramen“ dahinter. zessinnen, als hätten sie doch sonst nichts zu dort eine Abgrenzung zum tun. Dann ist da noch die böse Stiefmutter, Christentum versucht. Allem VERONIKA FEHLE die Hexe – die als Abwandlung ja auch dem Christlichen wurde unisono bösen Weiblichen schlechthin Gestalt gibt – „Misstrauen gegen Lust und Also, es war einmal eine kleine Prinzessin. und unzählige Tiere gibt es auch. unseren Körper, die Trennung Und weil die abends doch so ungern schlafen zwischen schmutziger Materie ging, erzählte ihr ihre Mutter – an der Bett- Klingt das nicht nach Hufgetrappel? Im und reinem Geist“ attestiert. kante sitzend – Geschichten, Prinzessinnen- Prinzip aber lässt sich alles auf eine ganz ein- „Nein, stimmt nicht!“, möchte geschichten. Von jenen, die in Äpfel beißen, fache Formel bringen. Stiefmütter sind eher einer da rufen. Das ist Mani- jenen, die sich an Spindeln stechen und auch übellaunig, Väter oft Pantoffelhelden, Töchter chäismus, eine Häresie, die jenen, die kleine Rumpelstilzchen zum Plat- warten auf den Prinzenkuss und die Prinzen nichts mit den Christen zu tun zen bringen. Manchmal inkludiert das glück- holen ihre Damen bei jeder Gelegenheit zu- hat! Allerdings muss das in all- liche Ende auch einen feucht-nassen Frosch- rück ins Leben. Zumindest für Schneewitt- täglicher, mühevoller Praxis im- Kuss, aber was macht man doch nicht alles. chen, Dornröschen, Aschenputtel und Co. mer wieder bewiesen werden. Dass hier die Rede von Grimms Märchen- stimmt das. sammlung ist, dürfte inzwischen klar sein. Je- Aber stimmt es wirklich? Ist es denn tatsäch- m Hochfest „Mariä Aufnah- der kennt sie oder hat sich zumindest schon lich der Lebenszweck der Damenwelt, auf das Ime in den Himmel“ begeht einmal daraus erzählen lassen. Hufgetrappel des Prinzengauls zu lauschen, die Kirche nichts weniger als Dass alles die Chance darauf hat, gut zu wer- frei nach dem Motto: Abwarten und Tee trin- die leibliche Aufnahme Mari- den, solange noch erzählt werden kann, ist ken, dann wird er schon kommen? Nein, na- ens in den Himmel. Und dieser ein Motiv, das in diesen Märchen schlum- türlich nicht. Denn ganz so passiv gibt sich Leib kann doch so schlecht mert. Es reicht aus der Welt der Phantasie in das weibliche Geschlecht dann doch nicht nicht sein, wenn er es wert ist, und das beginnt schon ganz am Beginn. direkt in die himmlische Sphä- Natürlich weiß jeder, dass sich die Gebrüder re aufgenommen zu werden! Jacob und Wilhelm Grimm zu den Märchen- Überhaupt ist doch bei der jägern und –sammlern zählten. Wer aber weiß Schönheit aller Kreaturen jeder wirklich, dass eine Vielzahl der Grimm’schen Beweis hinfällig. Der Schöpfer Hausmärchen eigentlich den Namen Vieh- selbst hat sie so verschwende- mann tragen sollten. Dorothea Viehmann risch vom Bodensee bis ins war nämlich jene Frau, die 1755 in Rengers- Salzkammergut in die Natur hausen geboren wurde, heiratete, sieben Kin- gelegt, und möchte, dass sich der großzog und – früh verwitwet – für sich seine Geschöpfe mitfreuen. und ihre Familie eine Überlebensstrategie ent- wickeln musste. Die fand sie im Verkauf des- sen, was sie mühselig in ihrem Garten an Ge- müse und Obst anbaute. Die Frau hinter dem großen Namen. Eine tüchtige Frau. Um 1813 machte Dorothea Viehmann Bekanntschaft mit den Gebrüdern Grimm, den Märchensammlern. Und sie er- zählte ihnen die Geschichten, die sie abends WOLFGANG ÖLZ Zum zehnten Geburtstag ihres Tanztheaters erfüllt sich vor dem Schlafengehen bereits von ihrer Mut- [email protected] Brigitte Walk mit Elfriede Jelineks „Prinzessinnendramen“ ter gehört hatte. Rund 40 der Grimm’schen einen lang gehegten Bühnenwunsch. WALK Märchen haben Jacob und Wilhelm in der Vorarlberger KirchenBlatt 14./21. August 2011 Thema 3 ZUR SACHE Die Jelinek gibt's zum Geburtstag Mit den Jelinek’schen „Prinzes- sinnendramen“ macht sich das Walk-Tanztheater zum zehnten Geburtstag selbst ein märchen- haftes Geschenk. Die „Prinzes- sinnen“ wollte sie immer schon einmal auf die Bühne bringen, erklärt die Vorarlberger Schau- spielerin und Theatermacherin Brigitte Walk. Jetzt ist es endlich gelungen. Stephan Kasimir führt Regie, Johanna Tomek, Maria Fli- ri, Carsten Clemens und Wolf- gang Pevestorf schlüpfen in die Rollen von Dornröschen, Schneewittchen und den „Über- drüber“-Prinzen. Und Brigitte Walk, die hat für sich eine besonders reizvolle Rolle reser- viert - die der Bösewichtin. Der Natur die Flügel gestutzt. „Jelinek-Texte sind von sich aus Die sieben Zwerge. Eine Besonderheit des Walk-Tanztheaters ist schon einmal unglaublich dicht. die Zusammenarbeit von Theater-Profis, Laiendarstellern und Asylanten, Mit ihrem bösen Humor stellen die hier eine Bühne für ihre Kreativität finden. TANZTHEATER/AMANN sie einfach dar, ohne sich mit Wertungen und Interpretationen anbiedern zu wollen“, stößt Re- Viehmann’schen Stube mitnotiert. Es stand bleibt ihnen nur der Platz der bösen Stiefmut- gisseur Stephan Kasimir die Tür also schon damals eine Frau hinter den gro- ter oder der dämonischen Hexe. Eine selb- zum Märchenwald auf. Der um- ßen Namen. ständig denkende Frau, das geht gar nicht. fasst in Feldkirch den ehemali- Wo käme man denn da hin? Die Frage lässt gen Botanischen Garten des Spieglein, Spieglein. Wenn man jetzt den sich leicht beantworten. Man käme nämlich Jesuitenkollegs Stella Matutina. Märchenwald einmal ganz genau unter die in jenen Märchenwald, den Brigitte Walk und Und dort, wo einst Gewächshäu- Lupe nimmt, dann fällt noch etwas auf: Es Stephan Kasimir derzeit hinter dem Alten ser gepflegt und der wilden Na- sind oft die Frauenfiguren, die die Geschich- Feldkircher Hallenbad aufspannen. Dort las- tur die Flügel gestutzt wurden, ten in Gang bringen. Wollte die Königin nicht sen sie die Jelinek’schen „Prinzessinnendra- holt sich genau diese unzähmba- die Schönste im ganzen Land sein, wäre men“ auf die Menschheit los. re Naturschönheit zurück, was Schneewittchen wohl nie bei den sieben Da kann es schon einmal passieren, dass ihr entrissen wurde. Auch ein Zwergen gelandet. Hätte die böse Stiefmutter Schneewittchen mit ihrem Jäger eine Diskus- Thema für Jelinek. Denn was ist nicht eine gute Partie im Sinn gehabt, hätte sion darüber anfängt, was das eigentlich alles das schon, wenn man von Natur Aschenputtel auch nie ihren Schuh verloren. soll, und Dornröschen sich den Prinzenkuss spricht. Gibt es sie heute über- Hätte sich die dreizehnte Fee nicht hinters etwas romantischer vorgestellt hätte. Das ist haupt noch und wenn ja, ist sie Spinnrad geklemmt, dann hätte Dornröschen dann auch der Punkt, an dem es im Märchen- nicht nur ein blasses Zitat ihrer wohl auch kein Schläfchen gemacht. wald zu kriseln beginnt. selbst? Dann kommen die Prinzen vorbei und alles ist wieder in Butter. Prinzen sind eben so. Rosarote Märchenwolke. Elfriede Jelinek Messerscharf. Jelinek hebelt Warten also die Prinzessinnen, schön wie sie stürzt die rosarote Märchenwelt also in eine gesichert Geglaubtes einfach aus sind, auf ihren Prinzen, ist alles in bester Ord- kapitale Sinnkrise und das macht sie so ge- und überlässt das Zusammenset- nung. Werden die Damen aber aktiv, dann schickt, dass sich doch ein jeder selbst seinen zen des Puzzles ihrem Publikum. Reim darauf machen muss. Irgendwo zwi- Und es schmerzt oft, was man da schen Natur und Kultur, zwischen Märchen im Spiegel der Jelinek’schen „Prinzessinnendramen“ und harter Wirklichkeit hat der doch